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Hund und Katze

 

© kikifotosbolivien/flickr.com
© kikifotosbolivien/flickr.com

Wie der Mensch zum Haustier kam und warum sie einander nicht immer verstehen

Von Ulrich Baron

Hat man so etwas schon erlebt? Die großen Ferien sind endlich da, und die Familie will los in den Urlaub. Das Auto ist voll­ge­packt. Doch dann durchsucht Papa alles nach den Wagenschlüsseln, bis Mama sie schließlich auf dem Autodach entdeckt. Papa beruhigt sich langsam wieder. Und auch Baby Lisa, die wie am Spieß geschrien hat, ist vor Erschöpfung eingeschlafen. Jetzt könnte es doch endlich losgehen. Doch da ist die Katze weg, und der Hund trödelt herum. Während Katze Minka auf ihrem Lieblingsplatz hinterm Haus gefunden und ins Körbchen verfrachtet wird, lässt sich Hund Fido alle Zeit der Welt. Statt ins Auto zu springen, schnüffelt er und hebt gemütlich das Bein.Da fragt man sich, ob die Tiere einen ärgern wollen. Doch Minka und Fido wissen natürlich nicht, dass ihre Familie die Fähre bekommen muss und schon spät dran ist. Sie benehmen sich in dem großen Durcheinander schlicht so, wie es ihrer Art entspricht.
Katzen sind Einzelgänger. Das liegt daran, dass schon ihre Vorfahren sich auf kleine Beutetiere spezialisiert haben: auf Mäuse und junge, unvorsichtige Vögel, an die sie sich anschleichen, um überraschend zuzuschlagen. Die Beute ergibt kleine Portionen, von denen meist gerade mal eine einzelne Katze satt wird. Zum Glück haben die Katzen später die Menschen für sich entdeckt. Von ihnen werden sie gefüttert, gewärmt und gestreichelt (wie einst als Katzenbaby von der Katzenmutter). Von ihnen lassen sie sich verwöhnen, aber nur, solange man ihnen ihre Ruhe lässt. Wenn alles durcheinanderrennt, wenn die Stimmen lauter und schriller werden, dann ziehen sich Katzen zurück. Und so sitzt Minka lieber hinterm Haus, statt freiwillig ins Auto zu klettern.
Die Vorfahren der Hunde, die Wölfe, jagten dagegen im Rudel und brachten dadurch sogar riesige Elche zur Strecke. Da mussten alle mitmachen. Während die einen besonders gut Beute aufspürten, waren andere ausdauernde Verfolger, zähe Kämpfer oder verstanden es, die Welpen zu schützen. Ohne Rudel muss ein Wolf ein elendes Leben fristen.
Hunden geht es nicht anders. Sie lieben nicht nur die Jagd, sondern auch ihr Familienleben. Ihre Besitzer sind für sie ihr Rudel, und sie reagieren empfindlich auf jede Veränderung. Fido kann nicht begreifen, dass seine Menschen ihr Lager auseinanderreißen und es ins Auto stopfen. Sie benehmen sich in Fidos Augen so aufgescheucht, als ob etwas Schreckliches bevorstünde. Der Hund weiß nicht, dass am Ende der Reise ein Ferienhaus wartet – und ein Strand voller wunderbar stinkender Fische. Er hat den Eindruck, seine Familie löste sich auf. Deshalb trödelt er. So will er zeigen: Kein Grund zu Hektik und Eile! Schaut mich an! Ich sehe alles ganz gelassen! Der »blöde Köter« (wie Papa meint) verhält sich wie seine Vorfahren. Wenn Streit droht oder Panik, muss man erst mal wieder Ruhe ins Rudel bringen.

Man sollte also mit Fido und Minka Geduld haben. Außerdem lebt der Mensch nicht zufällig ausgerechnet mit Hund und Katze zusammen (statt mit Wiesel und Waschbär). Die Tiere waren oft sehr nützlich – und sind es bis heute.
Fido zum Beispiel wird am Strand wie ein geölter Blitz zwischen den Mitgliedern der Familie hin- und herjagen. Nicht nur aus Freude am Spiel, sondern auch, damit keiner den Anschluss verliert. Der Hund hält sein Rudel zusammen. Das haben die Menschen sich schon vor Jahrtausenden zunutze gemacht. Sie züchteten und dressierten besondere Hütehunde, die zum Beispiel Schafherden bewachten und zusammenhielten.
Natürlich ging das nicht von heute auf morgen. Wie und wann der Mensch nun genau auf den Hund kam, ist nicht abschließend geklärt. Man weiß aber, dass der Hund vom Wolf abstammt und seit mindestens 10 000 bis 12 000 Jahren mit dem Menschen zusammenlebt.

Immer wieder hat man später auch versucht, Wolfswelpen zu zähmen, doch es ging dabei wie mit den meisten wilden Tieren. Solange sie jung waren, kamen sie mit ihrer Ersatzfamilie aus. Doch je älter sie wurden, desto stärker machte sich ihr wildes Erbe bemerkbar – sie wurden scheu oder streitsüchtig. Manche Wissenschaftler meinen deshalb, dass die Vorfahren der Hunde lange Zeit am Rande menschlicher Siedlungen gelebt, Abfälle gefressen und so langsam ihre natürliche Scheu abgelegt haben.
Mit den Katzen könnte es ähnlich gewesen sein. Dass sie seit Jahrtausenden mit den Menschen zusammenleben, weiß man von Bildern und Statuen. Es gibt in Ägypten sogar Katzenmumien, die beweisen, dass man diese Tiere besonders geschätzt hat. Auch das hatte einen guten Grund. Die alten Ägypter lebten vom Ackerbau, also von Getreide. Mäuse lieben Getreide, und so klein sie sind, so schnell können sie sich vermehren. Katzen aber haben nicht nur Mäuse zum Fressen gern, sie lieben auch ruhige Plätze wie Getreidespeicher.
Vielleicht hat man Katzen für wohltätige Geister gehalten, die Kornlager vor der Mäuseplage bewahrten. Vielleicht hat eine ägyptische Bäuerin einmal Milch verschüttet. Die Katze hat sie aufgeleckt und gemerkt, dass es so gut schmeckt wie einst bei ihrer Mama. Sie ist der Spenderin so lange um die Beine geschlichen, bis diese für Nachschub gesorgt hat. So könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft gewesen sein.

Fido sieht das allerdings etwas anders. Er hält Katzen wie Minka für faule, hochnäsige, verfressene Viecher. Aber um des Familienfriedens willen lässt er ihr das durchgehen.

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