Von Hannah Paltzer (12 Jahre)
Lou zog ihren gelben Mantel enger um sich und umklammerte das Buch fester, das sie heute aus der Bücherei mitgebracht hatte. Am Himmel zogen dunkle Wolken auf. Es würde bald regnen. Lou ging schneller und folgte mit gesenktem Kopf dem Muster der Steine auf dem Marktplatz, den sie überquerte, als ein dicker Regentropfen sie im Nacken traf. Sie bog in eine schmale Seitenstraße ein. Die viereckigen Platten waren leicht zu überspringen und Lou hüpfte über die Fugen, aus denen eine Menge Unkraut wucherte. WHOOM.Lou torkelte zur Seite und konnte sich gerade noch an einer Hauswand abstützen. „Kannst du nicht…“ , fing Lou an, doch der Anblick des Jungen, mit dem sie zusammen gestoßen war, war so erstaunlich und unglaublich, dass sie ein paar Mal blinzelte und sich selbst in den Oberschenkel kniff, bis sie davon überzeugt war, nicht zu träumen. Ein pummeliger Junge mit einem ovalen Gesicht und einem breiten Mund stand ihr nun gegenüber. Seine roten, lockigen Haare steckten unter einer bunten Kappe, doch ein paar besonders widerspenstige Strähnen hatten sich links und rechts seines Kopfes heraus gezwängt. In seinem Gürtel steckte – und das war wahrscheinlich das außergewöhnlichste an ihm – ein Bogen mit einem einzigen, dünnen Pfeil mit platter Spitze. Doch noch seltsamer war das Tier, oder besser gesagt das Wesen, das er an einer langen Hundeleine mit sich führte. Ein dicker Kater mit Oberlippenbart und Augen, die auf dünnen Stängeln saßen, wie bei einer Schnecke. Lou zuckte zusammen, als ein Eichhörnchen aus seinem T-Shirt krabbelte und es sich mit auf seiner linken Schulter bequem machte. Lou blickte das Eichhörnchen ängstlich an, was der Junge wohl bemerkt haben musste, denn er grinste breit und streckte Lou eine wurstbefingerte Hand entgegen. „Tschuldigung. Muss dich wohl ziemlich erschreckt haben, was?“, fragte er mitfühlend. „Ja, ja..“, stotterte Lou leise und gab ihm ebenfalls die Hand, den Blick nicht von dem rotbraunen Katzenwesen an Leine abwendend. „Ach, das ist Scott.“ Der Junge war ihrem Blick gefolgt. „Er ist eine Kreuzung aus einer Katze und einer Schnecke“, setzte er nach, als Lou ihn fragend ansah. „Mein Vater ist Professor im Forschungsinstitut für Tierkreuzungen und zu Hause erzählt er oft, deshalb hab ich mal versucht…“, setzte er zu einer Erklärung an. „Du hast eine Katze mit einer Schnecke gekreuzt?“, rief Lou entsetzt. „Ja, ich mache gerne Experimente, während andere lieber draußen Fußball spielen. Weißt du, zu welcher Gruppe du gehörst? Ich kann einen Test mit dir machen! Selbst entwickelt!“, sagte der Junge begeistert, während Lou ein paar Schritte rückwärts machte. „Nein. Nein, ich glaub ich weiß ganz gut wozu ich gehöre. Ich muss jetzt sowieso los“, log sie schnell. Hastig wandte Lou sich um und lief den Weg weiter entlang, bevor er richtig in Fahrt kam. „Hey, warte! Ich hab dir Froggie noch gar nicht vorgestellt!“, rief er ihr nach. Er rannte ihr nach und verlangsamte sein Tempo neben ihr. „Froggie ist mein Eichhörnchen“, sagte er keuchend. Er nahm ihn von seiner Schulter und hielt ihn Lou mit der freien Hand vor die Nase. Lou beugte sich so weit zurück wie sie konnte ohne anzuhalten. Sie konnte Eichhörnchen nicht ausstehen, seit ihr, als sie 4 Jahre alt gewesen war, eins auf den Kopf gesprungen war und ihr neustes Zopfgummi zerbissen hatte. Er setzte das Eichhörnchen zurück auf seine Schulter und es verschwand sofort wieder im T-Shirt. „Und ich bin übrigens Boris. Bo tut’s aber auch.“ Er hatte seinen Atem bereits etwas beruhigt. „Ich bin Lou.“ Bo nickte langsam, zum Zeichen dass er verstanden hatte. Lous Blick wanderte zu seinem Bogen, der immer noch im Gürtel steckte. „Und was…?“, begann sie. „Was hat es damit auf sich hat? Ich meine, man könnte ja mal… ACHTUNG!“, schrie Bo. Er packte Lou an der Schulter und zog sie zurück. Diesmal fiel sie tatsächlich hin. Das Buch aus der Bücherei flog ihr aus den Armen und sie härte es ein paar Meter weiter“ zu Boden klatschen. Mit einem lauten Hupen fuhr ein schwarzes Auto vorbei. Lou hatte nicht bemerkt, dass es zu regnen begonnen hatte, doch nun, nachdem sie auf dem matschigen Bürgersteig gelandet war, prasselte der Regen auf ihr Gesicht. „Komm, ich helfe dir.“ Bo stand über ihr, streckte ihr die Hand entgegen, zum zweiten Mal in einer Stunde, wie Lou auffiel. Sie ergriff sie und Bo zog sie hoch. Er hatte mehr Kraft, als man sich auf den ersten Blick vorstellen konnte. Lou klopfte sich den Dreck vom Hosenboden und blickte sich suchend nach ihrem Buch um. Es lag am Straßenrand, aufgeschlagen auf einer Seite, auf der ein neues Kapitel anfing. Sie hob es auf und lies den Blick über den Text schweifen.
„Der Koffer der Bücher“ hieß das Kapitel. „Hast du schon mal etwas über den Koffer der Bücher gehört?“, fragte Lou, sogar zu ihrer eigenen Überraschung. „Keine Ahnung.“ Bo zuckte mit den Schultern. „Zeig mal her.“ Lou zeigte auf die Überschrift und gab Bo das Buch. Dieser begann vorzulesen:
„Der Koffer der Bücher ist ein großer Lederkoffer, der mit Hunderten von Büchern gefüllt sein soll. Wer ihn findet kann mit ihm in jede beliebige Zeit und an jeden beliebigen Ort fliegen und die ganze Welt von oben betrachten. Man kann zwar nicht landen, aber es ist trotzdem ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Auf der gesamten Reise kann man in den Büchern blättern und sich in die verschiedenen Geschichten vertiefen. Man muss den Ort bzw. die Zeit an/in den/die man reisen will nur auf einen kleinen Zettel schreiben und unter das Stoffpolster des Koffers schieben. Dann geht die Reise auch schon los.“
Als Bo seine Vorlesung beendet hatte, sah Lou ihn aufgeregt an. „Steht da auch wie und wo man diesen Koffer finden kann?“, fragte sie neugierig. Bo blätterte eine Seite um. „Ja, hier!“
„Im Keller einer jeden Bücherei kann der Koffer gefunden werden, indem man sich in die Mitte des Zimmers stellt und die Augen schließt. Wenn man nun ganz fest an ein beliebiges Buch denkt und die Augen ohne jedes Geräusch wieder öffnet, müsste der Koffer vor einem stehen.“
„Interessant“, murmelte Lou und kratze sich nachdenklich an der Nasenspitze. Etwas kitzelte sie am Schienbein. Sie blickte auf den Boden und zuckte zusammen, als sie Scott, Bos merkwürdiges Tier, an ihr vorbeihuschen sah. „Wir müssen jetzt hier lang.“ Bo deutete über die Straße. „Hier ist noch dein Buch.“ Lou packte das Buch und blieb stehen, um Bo vorbei zu lassen. „Vielleicht sehen wir uns ja noch mal wieder. Ich bin öfter in dieser Gegend unterwegs.“ Er zwinkerte ihr zu. Bevor Lou zurückwinken konnte, war er auch schon verschwunden. Lou ging weiter und bog schließlich in die Petersstraße ein. Irgendwie muss man doch an diesen Koffer kommen. Es wäre bestimmt spannend, um die Welt zu fliegen, dachte Lau und drückte die Haustür auf.
„Und du bist dir sicher, dass du dir das nicht bloß eingebildet hast?“ „Nein, wie oft soll ich dir das denn noch erklären?“, fragte Lou und ballte eine Faust. Ihre beste Freundin Emilie lies nervös ihre Spielkarten durch die Finger gleiten. Ein Seil peitschte vor den Freundinnen auf den Boden. „Wann gehen wir endlich wieder zurück?“, rief Emilies kleiner Bruder Clemens und lief an ihnen vorbei. Emilies Federschmuck, den sie nur zum Schlafen absetzte, wehte leicht im Wind. Clemens trug einen blauen Piratenhut in den eine Feder gesteckt war und eine Augenklappe. Er konnte sich nie entscheiden ob er lieber ein Pirat oder ein Cowboy sein wollte. Der Vater der Geschwister war Maskenbildner im Theater und brachte viele Verkleidungen mit nach Hause. So hatte er auch seine Kinder mit der Begeisterung des Verkleidens angesteckt. Emilies Kopfbedeckung passte zwar nicht zu ihrem zweifarbigen Top und ihrem roten Rock, aber sie liebte ihn trotzdem über alles. Das bunte Trio überquerte jetzt den Marktplatz und bog in die schmale Seitenstraße ein, in der Lou gestern Bo getroffen hatte. Sie hoffte dass er wieder da sein würde, denn Emilie wollte ihr einfach nicht glauben. Vielleicht lag es an dem Wesen, dass an einer Hundeleine durch die Gegend laufen sollte oder an dem im Gürtel steckenden Bogen, von denen Lou natürlich berichtet hatte, dass Emilie ihr nicht glauben wollte, aber sie hatte sich Bo nicht einfach nur eingebildet, sondern er war wirklich da gewesen und sie hatten zusammen den Text über den Koffer der Bücher entdeckt und davon hatte Lou auch berichtet. Clemens sprang über die viereckigen Platten, so wie Lou es gestern getan hatte. Schließlich kamen sie am Ende des Weges an und waren Bo nicht begegnet. Vor der Straße hielten sie an. „Wo ist denn dieser Boris jetzt?“, fragte Emilie und mischte ihre Spielkarten. Lou raffte ihren Mantel, um ihre Nerven zu beruhigen. Hatte Bo sie nicht gestern aufgefordert wieder zukommen? „Er ist wohl nicht da. Ich weiß ja noch nicht mal, ob er jemals da gewesen ist“, sagte Emilie, während sie sich zum Gehen wandte. „Warte!“, rief Lou ungeduldig, „er kommt bestimmt gleich!“ Emilie stöhnte. „Komm schon, wenn du unbedingt willst, kommen wir morgen wieder“, schlug Emilie vor. Lou nickte und sie machten sich auf den Rückweg. Clemens rannte mit seinem Lasso vorne weg. „Lass uns zur Bücherei gehen, dann können wir uns um den Koffer… „, begann Emilie. „Lou! Lou!“ Lou drehte sich blitzschnell um. Bo rannte über die Straße auf sie zu und winkte wild. Lou blickte neugierig über die Schulter. Emilie stand mit offenem Mund und die Hände beim Mischen der Karten erstarrt auf der Mitte des Weges. Clemens hatte sich zur Seite gebeugt und starrte an Lou vorbei auf Bo und vor allem auf Scott, der schnell an seiner Hundeleine vor Bo her lief. „Du…, du hattest ja doch recht“, murmelte Emilie erstaunt. Bo hielt keuchend neben Lou an. Rennen war wohl nicht das Richtige für dich. „Du bist wiedergekommen! Toll Lou!“ Sein Blick wanderte über Emilie, deren Federschmuck leicht schief auf ihrem Kopf saß und über Clemens, der seine Augenklappe hochklappte, um besser sehen zu können. „Wen hast du denn heute mitgebracht?“, schnaufte er neugierig. „Das ist Emilie, eine Freundin von mir. Sie wollte dich unbedingt kennenlernen.“ Lou warf Emilie einen warnenden Blick zu, damit sie nichts erwiderte, doch es schien, als ob sie dachte, dass sie besser nie gesagt hätte, dass es Bo nicht gab. „Und das ist Clemens, Emilies kleiner Bruder“, erklärte Lou ruhig. „Er kann sich nicht entscheiden, ob er lieber ein Pirat oder ein Cowboy sein möchte“, fügte sie flüsternd hinzu. „Also ist er so was wie ein Cowrat“, sagte Bo, ohne sich zu bemühen leise zu sprechen. „In Kreuzungen bin ich halt ganz gut. Weißt du ja.“ Bo grinste breit und die Blicke aller, die an dem bunten Treffen teilnahmen, wanderten zu Scott, der auf den Hinterbeinen saß und mit wackelnden Augenstängeln in die Runde schaute. „Dann können wir ja zusammen zur Bücherei gehen“, sagte Emilie eintönig. Es war das erste Mal, dass sie sprach seit Bo aufgetaucht war. „Gute Idee! Wir wollen nämlich nach dem Koffer der Bücher suchen. Was meinst du?“, fragte Lou den lockigen Jungen. Er hob den Daumen und grinste erneut. Die Kinder setzten sich in Bewegung. „Ist Froggie heute nicht mitgekommen?“ Lou wollte, dass Emilie den Eindruck hatte, dass sie schon ziemlich viel über Bo wusste. „Doch, klar.“ Bo schob die Hand ins T-Shirt. „Du hast auch einen Frosch?“, fragte Emilie sofort. Die Spielkarten raschelten jetzt wieder in ihren Händen. „Nee.“ Bo schüttelte den Kopf und zog sein Eichhörnchen unter seinem Oberteil hervor. Emilie musterte das Eichhörnchen überrascht. Clemens hüpfte aufgeregt von einem Bein aufs andere. Froggie sprang auf Bos Schulter. „Hier lang“, erinnerte Lou die anderen. Sie gingen über die Hauptstraße. Auf der anderen Seite begann ein Park. in dem die Bücherei lag. „Ich weiß nicht, ob die uns mit Scott da rein lassen.“ Bo nickte bedächtig und stieß einen leisen Pfiff aus. Scott kletterte an seiner Hose hinauf und verschwand unter dem T-Shirt. Er gab Froggie einen kleinen Schubs und erst jetzt fiel Lou auf, dass das Eichhörnchen heute einen klitzekleinen, hellblauen Rucksack trug. Lou lächelte. Da war es auch schon in Bos Ärmel verschwunden. „Ich hab Glück. Ich hab halt ein wenig Tarnung vorprogrammiert“, erklärte er ernst und klopfte auf seinen rundlichen Bauch, der jetzt noch ein bisschen dicker war, da Scott darunter versteckt war. Sie betraten die Bücherei. „Und wie kommen wir in den Keller?“, flüsterte Emilie. „Ich kenn die Bücherei wie meine Manteltasche!“, sagte Lou grinsend und klopfte auf ihre gelbe Lieblingsjacke. „Kommt!“ Clemens tollte mit seinem Seil hinterher, während sie die Bücherei durchquerten. Im letzten Lesesaal waren kaum Leute und die, die da waren, achteten nur auf ihre Bücher. langsam drückte Lou eine Tür auf, an der „Nur für Personal! Unbefugten ist der Zutritt untersagt“ stand. Emilie sah sich nervös um. Sie traten in einen dunklen Gang. Die Tür quietschte leise, als Bo sie hinter sich schloss. Lou knipste das Licht an. Eine Treppe aus
Holz erstreckte sich vor ihnen. Lou ging als erste hinunter und als sie um eine Ecke bog lag ein großer, rechteckiger Raum vor ihr. An den Wänden stapelten sich Kartons, wahrscheinlich voller Bücher, vermutete Lou. „Wie war das jetzt noch mal mit dem Koffer?“, überlegte Bo. Lou zog das Buch unter ihrem Mantel hervor und schlug es auf der richtigen Seite auf, die sie mit einem Lesezeichen markiert hatte. „Also: ‚Im Keller einer jeden Bücherei kann der Koffer gefunden werden, indem man sich in die Mitte des Zimmers stellt und die Augen schließt. Wenn man nun ganz fest an ein beliebiges Buch denkt und die Augen ohne jedes Geräusch wieder öffnet müsste der Koffer vor einem stehen.’“, las sie den entsprechenden Absatz vor, „dann mal los.“ Die Gruppe stellte sich in die Mitte des Kellerraumes. „Schließ schön die Augen und vergiss bloß nicht an ein Buch zu denken!“, ermahnte Emilie ihren Bruder. Sofort kniff Clemens die Augen zusammen. Emilie nickte zufrieden und schloss nun auch ihre Augen. „Also gut!“, sagte Bo. Die beiden schlossen gleichzeitig die Augen. Lou dachte so fest wie möglich an den dicken Krimi, den sie erst vor kurzem in die Bücherei zurück gebracht hatte. Nach einigen Sekunden öffnete Lou erwartungsvoll die Augen. Sicherheitshalber kniff Lou sich in den Oberarm, denn sie dachte sie würde träumen. Vor ihnen stand ein riesiger Koffer aus Leder. Der Deckel war geöffnet und lehnte an einem Stapel aus Kartons. In ihm lagen riesige Stapel Bücher. Sie blickte zu den anderen. Auch Emilie und Bo hatten mittlerweile die Augen geöffnet und staunten. Nur Clemens hatte die Augen noch immer fest zusammengekniffen. Vorsichtig stieß Emilie Clemens an der Schulter an. Er öffnete blitzartig die Augen und holte gerade Luft. um etwas zu seiner Schwester zu sagen, doch diese legte ihm schnell eine Hand auf den Mund. Womöglich würde der Koffer sonst wieder verschwinden. Lou winkte alle zusammen. „Alle einsteigen“, flüsterte sie ehrfürchtig. Clemens sprang sofort an den Rand des Koffers und lies sich auf einen Stapel Comichefte fallen. Auch Bo und die beiden Freundinnen machten es sich auf den Büchern bequem, die überall in dem mit rosa Samt gepolsterten Koffer verstreut waren. Lou zog einen Notizblock und einen Bleistift aus dem Mantel. „Also, wo wollen wir hin?“, stellte Bo die Frage, der sie beobachtet hatte. „Ich bin dafür in die Zukunft zu reisen. Dann könnte ich sehen, was für Tiere ich gekreuzt habe.“ Bo zwinkerte den Mädchen zu. Auch Emilie und Lou fanden die Idee gut und so entschieden sie sich für das Jahr 2018, wollten aber in ihrer Stadt bleiben. Lou klappte eine Ecke des rosa Polsters hoch und schob den abgerissenen Zettel darunter. Emilie rückte erwartungsvoll ihren Federschmuck zurecht und Clemens schob die Augenklappe an den richtigen Platz. Gerade als Bo Scott unter seinem T-Shirt hervor lies und Froggie auf einem besonders hohen Bücherstapel platzierte, wurde alles dunkel um sie herum. „Was passiert hier?“, flüsterte Emilie. Noch bevor Lou „Keine Ahnung“ erwidern konnte wurde es wieder hell. Über ihnen war strahlend blauer Himmel. Lou spähte über den Rand des Koffers. Unter ihnen war alles weiß. „Wir sind über den Wolken!“, rief Bo. Plötzlich spürte Lou unter ihrem Knie etwas Hartes. Sie zog es ruckartig heraus und hielt eine große Lupe in der Hand. Sie blickte durch das dicke Glas und beobachtete Scott, der wild mit den Augen wackelte. „Ob ich wohl mal meinen Bogen ausprobieren solle?“, fragte Bo mehr sich selbst als die anderen. Er zog ihn aus dem Gürtel und spannte einen Pfeil ein. Sein Eichhörnchen krabbelte an seinem Rücken hoch und sprang wagemutig auf die platte Spitze des Pfeils. „Nee, nee. Dich schieße ich auf keinen Fall weg!“ Bo lachte. Ein Windstoß erfasste den Koffer und zwei Comics flatterten davon. „Jetzt hättest du dein Lasso mal nützlich machen können!“, sagte Emilie zu Clemens und lies ihre Karten durch die Anger fliegen. Clemens schwang sein Lasso durch die Luft, doch er war zu spät und die Hefte waren schon zu weit weg. Da sackte der Koffer ab. Die Kinder erschraken und Froggie kletterte wieder auf den Bücherstapel zurück. Sie stießen durch die Walkendecke. Alle sahen über den Rand. Unter ihnen konnten sie jetzt 4 Kinder erkennen. Ein dunkelhaariges Mädchen in einem gelben Mantel, die sich einen Stapel Bücher unter den Arm geklemmt hatte, ein Mädchen mit einem Indianerschmuck auf dem Kopf, indem ein schwarz-weißer Zauberstab steckte und die in ein Spiel mit ihren Karten vertieft war, ein kleinerer Junge, der eine Totenkopfflagge über dem Kopf schwang und einen Cowboyhut trug und ein pummeliger Junge mit roten Locken, der ein Dutzend verrückter Tiere an Leinen hinter sich erzog und auf dessen Schulter ein kleiner, rotbrauner Punkt saß.