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Ausschnitt: Stures Nordlicht

 

© Joern Pollex/Getty Images
© Joern Pollex/Getty Images

Vom Bauernhof zum Regiestuhl: Detlev Buck wuchs auf dem Land auf, heute macht er Filme – ein Glück für die Zuschauer!

Von Susanne Gaschke

Der Mann, der aus Cornelia Funkes Roman Hände weg von Mississippi einen wunderschönen Film gemacht hat, versteht wirklich etwas von Tieren. Vielleicht allerdings mehr von Kühen als von Pferden: Der Regisseur Detlev Buck, der heute 48 Jahre alt ist, wuchs auf einem Milchbauernhof in Schleswig-Holstein auf. Zunächst machte er eine Landwirtschaftslehre, bevor er in Berlin Regie studierte.
Seine Eltern waren überhaupt nicht begeistert davon, dass ihr Sohn Bauer werden wollte – als Landwirte wussten sie ja, wie hart man auf einem eigenen Hof mit 30 Kühen arbeiten muss. Sie hätten es besser gefunden, wenn der Junge Beamter geworden, vielleicht zur Polizei gegangen wäre: Als Beamter hätte er nämlich abends Zeit und könne tun, wozu er Lust habe, meinten sie. Ihr Sohn sah das ganz anders. Warum sollte er nicht auch am Tag tun, wozu er Lust hatte?
Detlev Buck stellte sich also stur und hörte nicht auf seine Eltern. Man sagt von Menschen aus Norddeutschland oft, dass sie zur Sturheit neigen. Für Detlev Buck trifft das ganz bestimmt zu, aber seine Sturheit war ein großes Glück für die Kinozuschauer, denn auf dem Lande hörte und sah er viele interessante Dinge, die man in Städten nicht erleben kann und von denen andere Regisseure keine Ahnung haben. Und glücklicherweise wollte er eben nicht nur melken, Hühner füttern und Ställe ausmisten, sondern auch anderen Leuten von seinen Erlebnissen erzählen: am liebsten, indem er Filme darüber machte.
Sein erstes Werk (es hieß Erst die Arbeit und dann …) drehte Detlev Buck sogar, noch bevor er an der Berliner Filmakademie gelernt hatte, wie so etwas eigentlich funktioniert. Offenbar war er ein Naturtalent. Erst die Arbeit und dann … handelt von einem jungen Bauern, der, noch mit Mist an den Gummistiefeln, nach Hamburg fährt und dort in schicke Kneipen geht, wo Bauern sonst nur selten gesichtet werden. Das Publikum fand diesen Film sehr witzig – wahrscheinlich auch, weil Buck den Jungbauern gleich selbst spielte.

Filmszene

Er hat überhaupt in vielen seiner eigenen Filme mitgespielt, was zwar manche Regisseure tun, was aber doch eher eine Ausnahme ist. Auch in Hände weg von Mississippi stolpert er als Dorfpolizist durchs Gelände, versucht, unglaublich streng und würdig auszusehen – und muss doch erleben, dass die Kinder-Helden des Filmes sehr viel bessere Ordnungshüter sind als er.
Dass Detlev Buck komisch wirkt, hat auch mit seiner norddeutschen Sprechweise zu tun, die sich für Leute aus Bayern oder Nordrhein-Westfalen seltsam anhört: Norddeutsche vernuscheln gern Silben, verschlucken einzelne Laute und sagen »äääää«. »Hintereinander weg« wird in Buck-Aussprache zu »hinternanner wäch« – und die Zuschauer lachen. Von sich selbst sagt Detlev Buck, dass er sich am Telefon oft betrunken anhöre – »Ich weiß auch nicht, woher das kommt«. Die Schauspielerin Heike Makatsch hätte ihn wegen eines neuen Filmes einmal fast nicht zurückgerufen, weil er auf ihrem Anrufbeantworter so lallend geklungen hatte.
Aber lallend oder nicht: Mit seiner Polizistenrolle kann der Regisseur immerhin seinen Eltern eine Freude machen, selbst wenn die sich inzwischen mit seinem jetzigen Beruf angefreundet haben dürften. Außerdem zeigt Buck, der selber drei Töchter hat, in Hände weg von Mississippi auch ganz ernsthaft, wie wahnsinnig schön es gerade für Kinder sein kann, vor dem Leben in der Großstadt Reißaus zu nehmen.