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Die machen Wirbel!

 

© Getty Images

Hubschrauber sind ungemein wendige Fluggeräte. Wofür sie heute schon eingesetzt werden und wie die Helis der Zukunft aussehen könnten

Von Claudia Kniess

Probier mal aus, ob Du eine Murmel auf einem Buch balancieren und damit kreuz und quer, vorwärts und rückwärts durchs Zimmer laufen kannst, ohne dass sie herunterfällt. Falls das klappt, hast Du gute Voraussetzungen, um Hubschrauberpilot zu werden – ungefähr so schwierig ist es nämlich, einen Helikopter zu steuern.

Hubschrauber sind faszinierende Fluggeräte. Lange nachdem Menschen angefangen hatten, mit Flügeln zu experimentieren und die Grundlagen für die heutigen Flugzeuge zu schaffen, kam Leonardo da Vinci im Jahr 1485 als Erster auf die Idee zu einem sogenannten Drehflügler. Aber warum eigentlich? Was unterscheidet einen Hubschrauber von einem Flugzeug?

Wenn Du beide Fluggeräte schon einmal beobachtet hast oder sogar selbst mitgeflogen bist, hast Du die auffälligsten Unterschiede bestimmt bemerkt: Das Flugzeug hebt von einer Startbahn ab, fliegt ausschließlich vorwärts und beendet, auf einer Landebahn ausrollend, seinen Flug. Der Hubschrauber dagegen kann direkt senkrecht in die Luft starten, in alle Richtungen, auch rückwärts, fliegen und sogar in der Luft stehen. Zum Landen braucht er nur wenig Platz. So kann er die unterschiedlichsten Aufgaben erfüllen: Er transportiert zum Beispiel Menschen und Lasten dorthin, wo andere Verkehrsmittel gar nicht oder nur langsam hinkämen.

Ein Rettungshubschrauber kann Menschen nach Unfällen im Gebirge oder nach Schiffsunglücken auf hoher See bergen. Die Polizei kann flüchtende Räuber verfolgen. Am Ferienanfang macht sich die Verkehrsüberwachung aus der Luft ein Bild von den Staus auf den Straßen. Hubschrauber löschen Waldbrände oder setzen Wintersportler auf Gipfeln ab, zu denen kein Lift führt. Große Transporthubschrauber bringen Waren oder Hilfsgüter an unwegsame Orte. Nach Erdbeben oder Überschwemmungen haben die Menschen oft keine andere Chance, mit Nahrung und Medikamenten versorgt zu werden. Dank Hubschraubern können so oft viele Leben gerettet werden.

Ingenieure arbeiten daran, Drehflügler immer schneller, beweglicher, sicherer und seit einigen Jahren auch umweltfreundlicher zu machen. Herzstück der Technologie aber sind und bleiben die Rotorblätter: Ähnlich den Tragflächen eines Flugzeugs sind sie gewölbt, sodass die Luft beim Drehen schneller darüber- als darunterfließt und von oben weniger dagegendrückt als von unten. Dieser Druck von unten reicht aus, um den Hubschrauber abheben und fliegen zu lassen. Werden die Rotorblätter geneigt, erzeugen sie zusätzlich Vortrieb, also Schub in eine bestimmte Richtung. Mit dem Hauptrotor allein würde sich allerdings der komplette Hubschrauber ständig drehen. Deshalb erzeugt ein Heckrotor seitlichen Schub. Mit seiner Hilfe kann sich der Hubschrauber genau dann drehen, wenn der Pilot es möchte.

Wie ein Autofahrer steuert auch ein Hubschrauberpilot mit beiden Händen und den Füßen, aber statt eines Lenkrads bedient er zwei Steuerknüppel: Mit dem in der rechten Hand entscheidet er, in welche Richtung der Hubschrauber fliegt. Dafür verändert er die Neigung einzelner Rotorblätter. Die linke Hand bestimmt, ob es aufwärts oder abwärts gehen soll, indem gleichzeitig der Anstellwinkel aller Rotorblätter verändert wird. Mit den Fußpedalen steuert der Pilot den Heckrotor.

Bevor der Pilot aber losfliegen kann, sind viele andere Menschen an der Entwicklung und Konstruktion eines neuen Helikopters beteiligt. Es dauert etwa 100 Tage, einen Hubschrauber zu bauen. Er wird aus ungefähr 15000 Einzelteilen, davon allein 14 Kilometer Elektrokabel, zusammengebaut. Das meiste ist Handarbeit. Roboter, die zum Beispiel in Autofabriken eingesetzt werden, gibt es beim Hubschrauberbau kaum. Zelle und Rotorblätter bestehen heute aus sogenanntem Kohlefaserverbundwerkstoff. Das ist ein robustes Gewebe, das mit Klebstoff in einem Ofen zu einer stabilen Form gebacken wird. Dieses Material ist viel leichter und widerstandsfähiger als Metall.

Hubschrauber sehen höchst unterschiedlich aus: Wenn der kleinste und der größte nebeneinanderstehen, ist der Unterschied etwa so wie zwischen einem kleinen Auto und einem Reisebus. Für die Polizei werden Helikopter mit Nachtsichtgeräten und Wärmebildkameras ausgestattet. So können Polizisten auch im Dunkeln Verbrecher verfolgen. Über Nationalparks dürfen nur besonders leise Hubschrauber mit umweltschonender Technologie fliegen. Die Küstenwache benötigt Schlauchboote an Bord und ein Rettungshubschrauber moderne medizinische Geräte.

Das alles macht die Fluggeräte sehr teuer. Normalerweise werden sie von großen Organisationen oder von Staaten bestellt. Die bezahlen sie von Mitgliedsbeiträgen, Spenden oder Steuergeldern, das heißt, viele Leute legen zusammen, damit Rettungsdienste, Polizei, Küstenwache oder ADAC mit Helikoptern ausgerüstet sind. Manchmal gibt es aber auch einzelne Menschen, die so reich sind, dass sie sich einen eigenen Hubschrauber kaufen können. Ein Milliardär zum Beispiel will einen Helikopter haben, der auf seiner Jacht landen kann.

Und wie könnten die Hubschrauber der Zukunft aussehen? Einige Ingenieure träumen von Fluggeräten die auch kopfüber schweben können – wie in Weltraumfilmen. Andere tüfteln bereits an Modellen, die ganz allein, ohne Pilot, fliegen. Und vielleicht erfindet ja auch jemand umschnallbare Propeller. Damit könnten wir dann alle ein bisschen wie Karlsson vom Dach sein.