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Auf der Suche nach kreativen Spielwiesen

 

Der Medienwandel ist im Gange – es kriselt allerorten. Im Print-Journalismus brechen die Werbeanzeigen weg, im Online-Journalismus kommen sie aber nur noch zu Bruchteilen an. Dazwischen suchen Verlage wie freie Journalisten händeringend neue Geschäftsmodelle. Drei kritische wie optimistische Texte seien angesichts dessen dringend empfohlen:

Tom Schimmeck denkt über „Glanz und Elend auf der digitalen Galeere“ nach und  kommt – im Glauben an die Notwendigkeit des Journalismus  („Die Komplexität steigt, die Verwirrung wächst. Wir müssen wieder mehr Aufklärung als Zerstreuung liefern.“) – zu dem Schluss:

„Das Internet ist nicht nur Bedrohung, es macht uns alle potentiell zu Medienbesitzern, bietet riesige Möglichkeiten für großen Journalismus – auch jenseits des Geplappers über News aus fünfter Hand.“

Matthias Spielkamp analysiert mit scharfem Blick die Lage des Journalismus in Deutschland und erkennt angesichts der geringen Wertschätzung, die gute Journalisten seitens ihrer Geldgeber erfahren, einen Brain Drain in den Verlagen, der sich letztlich eher negativ auf die Fähigkeiten der Verlage auswirken wird, die Krise auch kreativ zu bewältigen.

Es ist nämlich nicht nur pure Not, die Journalisten vom klassischen Journalismus abbringt – es ist auch die mangelnde Wertschätzung seitens der Verleger, die sich in Dumping-Honoraren ausdrückt. Spielkamp:

„Kürzlich war ich bei einem Treffen des Freischreiber-Verbands, bei dem es darum ging, Ideen für einen Kongress zu entwickeln, bei dem freiberuflichen Journalisten Wege in die Zukunft aufgezeigt werden sollen. Nach der Vorstellungsrunde war klar, dass von den etwa 20 Anwesenden ungefähr zwei Drittel ihr Geld nicht nur mit Journalismus verdienen. Nicht, weil sie nicht könnten, sondern weil sie nicht mehr wollen. Denn die Verlage sollten und können davon ausgehen, dass es genau diese Kolleginnen und Kollegen sind, die Alternativen dazu haben, Journalisten zu sein. Die mit ihren Fähigkeiten in anderen Branchen reüssieren können, wo sie besser behandelt und besser bezahlt werden. Und die das nur deshalb bisher nicht getan haben, weil sie leidenschaftliche Journalisten und schlechte Geschäftsleute sind. Aber irgendwann ist auch bei ihnen das Maß voll.“

Journalisten könnten sich im Zuge des Medienwandels auch andere Umgebungen als die der Verlage entwickeln, meint Spielkamp:

„Was dem einen staatliche Zensur und Überwachung, also der Mangel an negativer Pressefreiheit, ist dem anderen ein lachhaftes Honorar, gekoppelt mit einem Total-Buyout-Vertrag, also ein Mangel an positiver Pressefreiheit.  Was also dem einen seine Socke, ist dem anderen sein Weblog. Oder sein Spot.us, sein ProPublica, sein Perlentaucher.“

Dabei rechnet er übrigens auch mit dem seit Jahren heftig umstrittenen Punkt 5 des Medienkodex des Netzwerk Recherche ab, der da lautet: „Journalisten machen keine PR“. Für Spielkamp zeigt das

„eine unglaubliche Ignoranz und Arroganz, die sich hinter solch wohlfeilen Kodizes verbirgt, die meist ausschließlich von Gehaltsempfängern gezimmert werden: alle Medien, auch die selbst ernannten Qualitätsmedien, von „FAZ“ über „Süddeutsche Zeitung“ bis hin zu den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, lassen sich ihre Zeitungen und Sendungen verdeckt von den PR-Abteilungen von Daimler und Siemens subventionieren. Wie ich darauf komme? Bei knapp der Hälfte der freiberuflichen Journalisten reichen die Einnahmen aus journalistischer Arbeit nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Ulrike Langer zeigt schließlich ganz pragmatisch auf, welche neuen Wertschöpfungsstrukturen sich ausbilden und nimmt sie kritisch unter die Lupe. Patentrezepte sieht sie keine, aber sie empfiehlt:

„Jedes Medium muss auf seine Weise durch Versuche, durch Trial und Error und schamloses Kopieren erfolgreicher Modelle herausfinden, was bei ihm am besten funktioniert. Man muss wahrscheinlich sehr vieles ausprobieren und man muss aus Fehlern lernen.“

In der Tat: Wir brauchen mehr kreative Spielwiesen – und weniger aggregierte  Duplikate.