Das NiemanJournalismLab der Havard Universität berichtet über die Studie einer texanischen Medienökonomin namens Iris Chyi, die eine interessante Feststellung gemacht hat: Während die Menschen immer mehr Online-Medien konsumieren, bewerten sie diese neuen Medien dennoch weiterhin als schlechter als etwa gedruckte Zeitungen oder das Fernsehen. Obwohl sie also ihren Medienkonsum de facto immer mehr ins Netz verlagern, heißt das noch lange nicht, ziehen sie die traditionellen Formate eigentlich noch immer vor.
Chyi erklärt das mit dem ökonomischen Prinzip minderwertiger Güter („inferior goods“): Wenn die Einkommen wachsen, kaufen die Konsumenten viele normale Waren, also zum Beispiel Steaks, und weniger minderwertige Waren, also zum Beispiel Tütensuppen. Sinkt das Einkommen, verlagert sich ihre Präferenz. Das ist die Chance für die Tütensuppe. Die Nachfrage nach günstiger Nahrung steigt, obwohl das Steak den Menschen immer noch besser schmeckt.
Man kann sich fragen, warum Onlinejournalismus als minderwertig, also als Tütensuppe wahrgenommen wird. Eine von Chyis Thesen lautet, dass das Lesen auf dem Bildschirm weniger angenehm ist als das Blättern in einer Zeitung. Eine weitere besagt, dass die Online-Medien noch optische Probleme haben, etwa mit hässlichen, billig anmutenden Werbeanzeigen. Die dritte These wäre Wasser auf die Mühlen der Bezahl-Dienst-Verfechter: Kostenlose Güter werden automatisch als minderwertig wahrgenommen. Das wäre dann sozusagen ein Teufelskreis.
Chyi kommt aber zu dem Schluss, dass es zu diesem Thema noch kaum aussagekräftige Studien gibt. Auch das NiemansLab schließt sich hier an: Es bestünde aktuell Forschungsbedarf auf diesem Gebiet.
Der Test in der Praxis ist ja bereits im vollen Gange. Immer mehr Zeitungen stellen derzeit auf Bezahlinhalte um. Die spannende Frage lautet also, ob die Leser die Inhalte danach tatsächlich höher bewerten als zuvor. Oder ob die Erkenntnis, dass es im Netz wie am Kiosk Steak UND Tütensuppe gibt, nur einfach noch eine Weile braucht, um zu reifen.