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„Passen Sie auf die Kinder auf!“

Der Bahnhofspark des serbischen Subotica wird von riesigen Platanen beschattet, eine Labsal dieser Tage, denn das Thermometer zeigt tagsüber bis zu 40 Grad. In der angenehmen Kühle sind nicht viele Menschen zu sehen: Eine Frau sitzt allein auf einer Bank, ein Pärchen auf einer anderen, und auf dem Gras, nahe am Stamm eines Baumriesen, haben sich rund 20 Menschen niedergelassen. Es sind drei Familien aus Afghanistan. Keines der Kinder ist älter als zehn. Weiter„„Passen Sie auf die Kinder auf!““

 

Das vergiftete Dorf

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Das bosnische Dorf Pale war früher einmal weltbekannt. Für einige Jahre tauchte es fast täglich in den Nachrichten auf, sehr oft an erster Stelle. Wahrscheinlich hat kein Bewohner Pales dies je erwartet, noch gewollt. Im Schatten des Berges Jahorina, 20 Kilometer von Sarajevo entfernt, ließ es sich vermutlich recht gut leben. Ein „Luftkurort“ zu sein, das reichte den Einwohnern wahrscheinlich. Doch dann kam 1992 der Krieg, es kam die Belagerung Sarajevos, es  kam der politische Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadžić. Er machte Pale zu seinem Hauptquartier. Der Name des Dorfes erhielt einen sinistren Klang. Journalisten, Diplomaten und Unterhändler aus aller Welt kamen hierher, um Karadžić zu interviewen oder ihm, dem Herren des Krieges, Zugeständnisse abzuringen. Wenn Pale als Ortszeile in der internationalen Presse zu lesen stand, folgte meist nichts Gutes. Denn Karadžić und die Seinen hatten nur Hass zu verkünden.

Der Krieg ist lange vorbei, Radovan Karadžić steht in Den Haag als angeklagter Kriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof. Pale freilich ist immer noch da, wo es vorher war, umrahmt von grünen Bergen. Die Lage ist dieselbe geblieben, aber ein Ort der Erholung ist Pale nicht mehr. Sein Ruf ist ruiniert.

Das Dorf, das einmal eine Art Welthauptstadt des Kriegsverbrechens war, hat zwei Hauptstraßen. An der Stelle, an der sie sich kreuzen, gibt es ein paar Restaurants und Cafés. Das ist das Zentrum. Gegen Abend füllen sich die Restaurants und Cafés mit Leuten, die lange hier sitzen bleiben und etwas trinken. Das ist das einzige sichtbare öffentliche Vergnügen für Erwachsene, das es in Pale gibt.

Und dann gibt es noch Tomo Dukics Vergnügungspark, aber den nehmen nur Kinder und Jugendliche in Anspruch. Für eine Konvertible Mark (50 Cent) lassen die sich die jugendlichen Besucher von einem ziemlich in die Jahre gekommenen Kettenkarussell in die Luft heben und ein paar Runden drehen. Das ist in Pale eine Attraktion. Dutzende Kinder und Jugendliche stehen auf der Wiese und warten, sofern sie sich das Ticket leisten können, bis sie einen Platz auf dem Karussell bekommen. Tomo Dukic hat auch eine Spielzeugente mit einem Seil an einer langen Eisenstange befestigen lassen. Die Karussellfahrer können versuchen, sie mit den Händen zu fangen. Dafür müssen sie sich vom Boden abstoßen, während das Karussell sich zu drehen beginnt, wofür es einer besonderen Geschicklichkeit und auch ein wenig Mutes bedarf. Die Spielzeugente ist die Attraktion in der Attraktion von Tomo Dukics Vergnügungspark. Außerdem gibt es noch eine kleine Schießbude, ein Trampolin, ein winziges Karussell für Kinder und ein schwer ramponiertes Tischfußballspiel.

Tomo Dukic sitzt in einem kleinen Wohnwagen, auf dem in roten Lettern „Kasa“ steht. Er nimmt das Geld für die Karussellfahrten mit einem Lächeln entgegen, manchmal sagt er etwas Nettes durch das Mikrofon. Seine angenehme Stimme hallt dann via Lautsprecher über die Wiese.

Dukic stammt aus Sarajevo, aus dem Stadtteil Ciglane. Nach dem Friedensvertrag von Dayton im Jahre 1995 zog er nach Pale. „Sarajevo, das ist eine schöne Stadt“, sagt er. Aber dorthin zurück will er nicht.

„Zwischen Serben und Muslimen klappt es nicht gut!“

Mehr sagt er nicht.

Kurz nachdem die Sonne untergegangen ist, ruft Tomo Dukic die letzten Runden auf seinem Karussell aus. Wenig später leert sich die Wiese. In Pale wird es sehr still.

 

Die Frauen von Banja Luka und ihre Männer

Ein Gespräch zwischen einem Mann, der zum ersten Mal in Banja Luka war, der Hauptstadt der serbischen Teilrepublik von Bosnien, und einer Frau, die schon öfters dort war. Stattgefunden in Sarajevo, auf der Terrasse eines Cafés in der Fußgängerzone. Es ist früher Abend eines sehr heißen Tages, Straße und Häuser strahlen die Hitze ab. Der Kellner bringt eisgekühlte Limonade. Die Eiswürfel klirren. Eine frische Brise weht um die Ecke. Er ist Fremder, sie ist Bosnierin. Weiter„Die Frauen von Banja Luka und ihre Männer“

 

Investieren Sie ihr Geld in Mostar und sie werden reich!

Brücke Mostar
Die Brücke von Mostar @Ulrich Ladurner


Bosnien-Herzegowina ist ein kleines Land, das dringend Geld braucht, für Straßen, für Brücken, für Fabriken, für Stromleitungen, für Staudämme, für Schulen, für Universitäten, für Krankenhäuser, für gierige Politiker, eigentlich für fast alles. Investoren werden dringend gesucht, aber wer will schon in einem Land investieren, das einen so schlechten Ruf hat? 150 Minister für ungefähr 4 Millionen Einwohner?! Bitte, wenn Sie Ihr Geld schon verbraten wollen, dann doch lieber woanders! In Las Vegas etwa haben Sie gewiss mehr Spaß als zum Beispiel in Mostar, wo es immer noch völlig zerschossene Häuser zu besichtigen gibt, sichtbare Spuren eines Krieges, der vor zwanzig Jahren zu Ende ging – und ansonsten ist herzlich wenig zu sehen, außer der weltberühmten Brücke über die Neretva; aber zu ihr kommen wir noch. Weiter„Investieren Sie ihr Geld in Mostar und sie werden reich!“

 

Tatsachen sind nichts als Sinnestäuschungen

Banja Luka 1

Jeder Mensch, der mehr als 24 Stunden in Banja Luka verbringt, wird das Gefühl haben, dass die Welt wie er sie kannte in Wahrheit nicht existiert und dass alles, was er bisher im Leben gelernt hat, was man ihm beigebracht und was er geglaubt hat, eine Art Sinnestäuschung ist. Gewiss, die Sonne scheint auch in Banja Luka, und es regnet hier, es stürmt und windet, es kann auch windstill sein, heiß und schwül; der Himmel ist auch über Banja Luka blau, Menschen leben in Häusern, Tiere in den Ställen, Autos fahren auf den Straßen und  in den Bäumen zwitschern die Vögel.

Alles das sieht und hört man, so wie man Tatsachen nun mal sehen und hören kann, doch Tatsachen sind hier nur Fassaden, zu dem einzigen Zweck errichtet, etwas zu verbergen.

Wenn Sie eine Tatsache in Banja Luka sehen, dann misstrauen Sie ihr sofort! Das ist eine Grundregel für die Bürger dieser Stadt.

Da gab es zum Beispiel mitten in der Stadt diesen Park, oder sagen wir: die Leute kannten ihn als Park. Im Volksmund hieß er Picin-Park, was ein bisschen derb ausdrücken wollte, dass sich an diesem Ort die Liebespaare zu treffen pflegten, über viele Jahrzehnten gingen die Verliebten hier spazieren, hielten Händchen, küssten sich und nur Gott und die Liebespaare wissen, was sonst noch alles geschah. Die Stadtregierung nun wollte in diesem Park einen gewaltigen Bürokomplex bauen.

Als sich Protest regte, hieß es sinngemäß von Seiten der Regierung: „Ihr wollt einen Park verteidigen? Das ist ein wichtiges Anliegen. Wir verstehen euch! Wir sind auf eurer Seite! Die Sache ist nur: Das ist gar kein Park! Das war nie ein Park!“

Das hat freilich viele Bürger Banja Lukas verwirrt, denn die meisten waren irgendwann im Laufe ihres Lebens schon mal im Picin-Park gewesen und sie hatten das Gefühl, dass sie wirklich Bäume gesehen hatten, auf dem Gras gelegen und auf Bänken gesessen hatten, also, dass sie in einem Park gewesen waren. Auch an die frische Luft können sie sich noch erinnern, an das prickelnde Gefühl in der Nase.

„Aber nein! Ihr täuscht euch. Lasst euch von den Tatsachen nicht verwirren. Da ist kein Park!“ – das blieb die Botschaft der Stadtregierung, und sie baute dort, wo angeblich nie ein Park war, ein großes, hohes, hässliches Bürogebäude.

Das Volk von Banja Luka nun steht der Regierung in nichts nach und behauptet, es handle sich bei dieser Hässlichkeit gar nicht um ein Gebäude, sondern um etwas anderes, nämlich um eine gigantische Waschmaschine für schmutziges Geld. Der Bauherr sei auch gar kein Bauherr, sondern ein Chauffeur des Präsidenten gewesen, einer seiner Günstlinge. Aber wie das eben so ist in Banja Luka: Tatsachen gelten nichts.

Die Sache mit dem Picin-Park liegt schon ein paar Jahre zurück, bald schon wird sie vergessen sein. Bald wird keiner glauben, dass es wirklich je einen Park dieses Namens mitten in Banja Luka gegeben hatte.

„Seht ihr“, wird dann die Regierung sagen, „selbst das Volk kann sich nicht mehr erinnern, dass es hier je einen Park gegeben hat. Und das Volk hat immer Recht!“

Banja Luka kann also verwirrend sein. Darum ist es ratsam, sich etwas zu suchen, woran man sich festhalten kann, etwas Unbestreitbares.

Wer in die Stadt kommt, sollte schnell Stift und Papier zur Hand nehmen und folgende unwiderlegbaren Tatsachen niederschreiben:

Banja Luka ist die Hauptstadt der Republika Srpksa.

Diese serbische Republik ist ein Teil von Bosnien-Herzegowina.

Der Präsident der Republika Srpska heißt Milorad Dodik.

Alles andere ist eine Behauptung.

 

Keine Versöhnung am Massengrab

Es ist 20 Jahre her, dass serbische Milizen die kleine bosnische Stadt Srebrenica eroberten und danach binnen weniger Tage mehr als 8.000 muslimische Männer und Jungen ermordeten. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat diesen Massenmord als Völkermord bezeichnet – ohne jeden Zweifel war es das.

Kann Srebrenica zu einem Ort der Versöhnung zwischen Serben und Bosniaken werden? Weiter„Keine Versöhnung am Massengrab“

 

Ein Land voll nackter Ziegel

Bosnien: Ein Land voller nackter Ziegel
Das Stadzentrum von Gorazde@Ulrich Ladurner

Zwischen dem Trebinje und Goražde in der südöstlichen Ecke Bosniens gibt es viele Häuser mit unverputzten Ziegeln. Sie stehen am Straßenrand, krallen sich an Berghängen fest, kauern in den Tälern und blinken in den Feldern. Zwischen Goražde, Višegrad und Tuzla und besonders zwischen Tuzla und Banja Luka stehen sie herum, einzeln und in Gruppen, winzig klein und riesig groß sind sie, hoch und niedrig, breit und schmal. Mit nie nachlassender Aufdringlichkeit halten sie dem Vorbeifahrenden ihr nacktes, rotes Gesicht entgegen. Bosnien-Herzegowina ist ein wunderschönes Land, doch seine unverputzten Häuser sind eine Obszönität.

Das muss man beklagen. Weiter„Ein Land voll nackter Ziegel“

 

Wo Monica Bellucci ins Wasser sprang

Die Stadt Trebinje@Ulrich Ladurner
Die Stadt Trebinje@Ulrich Ladurner

Nicht weit von der malerischen bosnisch-herzegowinischen Stadt Trebinje entfernt, ist unlängst die italienische Schauspielerin Monica Bellucci in die kalten Fluten des Flusses Trebišnjica getaucht. Das erzählt man sich hier. Es soll sogar Einheimische geben, die beobachtet haben wollen, wie Bellucci bibbernd aus dem Wasser stieg und sogleich von herbeieilenden, eifrigen Helfern in ein großes Badehandtuch eingehüllt wurde. Überwacht wurde das ganze von dem weltbekannten bosnischen Regisseur Emir Kusturica, der seit 2005 auf den serbischen Vornamen Nemjana hört, weil er zum orthodoxen Glauben übergetreten ist und sich taufen ließ. Er dreht mit Bellucci einen Film. Es handelt sich um eine Liebesgeschichte, die im Krieg spielt. Liebe und Frieden soll der Streifen heißen.

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Arabische Touristen lieben Sarajevo

Wenn es am Persischen Golf unerträglich heiß wird, bekommen die Fiaker von Ilidža viel zu tun, dann landen Flugzeuge aus der Golfregion in Sarajevo und bringen urlaubende arabische Familien in diesen Vorort der bosnischen Hauptstadt, die sich in den schattigen Parks Ilidžas von der Hitze in ihrer Heimat erholen wollen.

Arabische Touristen lieben Sarajevo

Die Fiaker kutschieren dieser Tage tief verschleierte Frauen samt Kindern die drei Kilometer lange prächtige Allee entlang, zur Quelle des Flusses Bosna, die wie ein Wasserfall aus dem Fuß des Berges Igman schießt. Im Park Vrelo Bosna spazieren die arabischen Familien über malerische hölzerne Brücken. Sie kommen vorbei an grün schimmernden Teichen, atmen die prickelnde Luft ein, lassen sich auf Bänken nieder, um das viele Grün zu bestaunen und genießen, das sie umgibt und das sie aus ihrer Heimat so nicht kennen. Der Park Vrelo Bosna ist ein kleines Paradies. Weiter„Arabische Touristen lieben Sarajevo“