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Die Balkanisierung Pakistans

Wer die Sichtweise Pakistans auf den Krieg in Afghanistan begreifen möchte, dem empfehle ich Arshad Zamans Artikel in der pakistanischen, englischsparachigen Zeitung DAWN

 

Sowjetische Erinnerung

„There is no piece of land in Afghanistan that has not been occupied by one of our soldiers at some time ora another. Nevertheless much of the territories stays in the hands of the terrorists. We control the provincial centers, but we cannot mantain the political control over the territory we size.

Our soldiers are not to blame. The fought incredibily bravely in adverse conditions. But to occcupy towns and villages temporarily has little value in such a vast land where the insurgents can just disappear into the hills. We need more soldiers. Without them, without a lot more men, this war will continue for a very, very long time“

Das klingt als wären es Worte des amerikanischen Generals, Stanley McChrystal, der Kommandant der Nato in Afghanistan, der von seinem Präsidenten 40.000 Soldaten mehr fordert. Doch sind dies die Worte des Generals Sergej Akhromejew,  Kommandant der sowjetischen Truppen in Afghanistan. Akhromejew sagt dies alles zum Politbüro der Sowjetunion – am 13. November 1986.

 

Kampagne gegen Karzai

Es ist keine Geheimnis, dass die Regierung Obama nicht viel von Hamid Karzai hält. Seit Amtsantritt Obamas fehlte es nicht an Versuchen, den afghanischen Präsidenten zu schwächen oder gar aus dem Amt zu drängen. Doch Karzai konnte sich bisher halten, natürlich betrieb er dabei auch ein schmutzige Spiel: Er fälschte die Wahlen vom 20.August massiv. Nun muss er am 7. November in die Stichwahlen, auch dazu musst er gedrängt werden. Er selbst nämlich sieht sich als Sieger der Wahl.

Gestern nun veröffentlichte die New York Times eine Geschichte, wonach Wali Karzai, der Bruder des Präsidenten jahrelang auf der Gehaltsliste der CIA stand und immer noch steht. Das mag man überraschend finden oder nicht. Die interessante Frage ist: Wer hat diese Nachricht an die New York Times gesteckt? Und warum?

Klar ist: Der Artikel wird Hamid Karzai schaden. Darum wird man in der Annahme nicht fehlgehen, dass die „Enthüllungsgeschichte“ Teil des schmutzigen Wahlkampfes ist – der eben auch von Washington aus geführt wird.

 

Von der Demokratiezone zur Kriegszone

Erinnert sich noch jemand an die „Greater Middle East Initiative“? Wahrscheinlich nicht. Es ist jedoch an der Zeit diesen großen Plan des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush in Erinnerung zu rufen.  Bush und seine Männer wollten mit dieser Initiative den Bogen islamischer Länder „aufschließen“ – von Marokko über Ägypten, Irak, Iran und Afghanistan bis nach Pakistan sollten  blühende demokratische Landschaften entstehen. Das Mittel dazu war das Militär. Der mit Gewalt von Saddam Hussein befreite und demokratisierte Irak sollte der erste Schritt sein. Der Rest, so die Überlegung der Männer um Bush, würde dem leuchtenden Beispiel folgen. Denn wer, das der zentrale Gedanke, will nicht in Freiheit leben?

Die Nachrichten aus dem „Greater Middle East“ allein in dieser Woche sind niederschmetternd – 120 Tote bei einem Bombenschlag in Bagdad am Sonntag; 9 Tote, darunter sechs UN-Mitarbeiter, bei einem Angriff auf eine Gästehaus in Kabul; 80 Tote durch einen Autobombe in der pakistanischen Grenzstadt Peshawar;  Aus der imaginierte Demokratiezone ist eine sehr reale Kriegszone geworden.

 

Ein harter Schlag

Heute morgen haben Attentäter ein Gästehaus in Kabul attackiert. Dabei kamen neuen Menschen ums Leben, darunter sechs Mitarbeiter der UN. Vom Standpunkt der Taliban ist es eine Erfolg. Sie haben gezeigt, dass sie mitten im Herzen der Haupstadt Kabul zuschlagen können, in dem Stadtviertel Shar-e-Now, das von afghanischen Sicherheitskräften schwer bewacht wird.

Polizei22
Militärpolizist im Kabuler Viertel Shar-e-Now@Ulrich Ladurner, Kabul Oktober 2009

 

Die Attentäter habe mit der UN eine „weiches“  Ziel getroffen. Nach diesem Anschlag wird die UN sich noch weiter hinter Schutzmauern zurückziehen. Die Distanz zu der afghanischen Zivilbevölkerung wird weiter wachsen.

 

Rücktritt eines Kriegers

Matthew Hoh ist keine Friedensaktivist. Er selbst sagt von sich: „“I’m not some peacenik, pot-smoking hippie who wants everyone to be in love!“ Und über Al Kaida und die Taliban in Afghanistan sagt er: „“There are plenty of dudes who need to be killed.“ Hoh diente als Captain der Marines in Irak und er war bis vor kurzem eine der wichtigsten US-Beamten in der afghanischen Provin Zabul, einer Hochburg der Taliban. Mit anderen Worten: Hoh ist ein genau der Typ auf den die Regierung Barack Obama setzt, um Afghanistan doch noch zu gewinnen. Doch Hoh ist nun zurückgetreten.

Er hat seinen Rücktritt in einem lesenswerten vierseitigen Brief begründet. Eines der zentralen Argumente Hohs: Mehr Soldaten bringe nichts, denn das würde nur die Aufstandsbewegung befeuern. Man müsse, im Gegenteil, die Truppenpräsenz reduzieren.

Hoh hat es sich nicht leicht gemacht, das erkennt man in jeder Zeile seines Briefes. Eines der Schlüsselerlebnisse hatte er im Korengaltal. Dort war er vom US-Generalstabschef entstandt worden, um eine Antwort auf die Frage zu finden, warum Us-Soldaten seit Jahren in diesem Tal kämpften und Verluste erlitten. Hoh fand eine für ihn schockierende Antwort: „“I realized how localized the insurgency was. I didn’t realize that a group in this valley here has no connection with an insurgent group two kilometers away. That’s really what kind of shook me. I thought it was more nationalistic. But it’s localism. I would call it valley-ism“

Zur Lage im Korengaltal empfehle ich die Geschichte von Elizabeth Rubin

 

Was der Krieg kostet

Sollten Sie sich in Zukunft fragen, was der Krieg in Afghanistan kostet, dann gibt es eine einfache Formel: 1000 US-Soldaten in Afghanistan kosten rund 1 Milliarde Dollar jährlich. Das sind Zahlen des Pentagon. Derzeit haben die USA 68.000 Soldaten stationiert, das macht rund 68 Milliarden. Der Nato-Oberbefehlshaber, Stanley McChrystal, will noch mal 40.000 Soldaten. Das macht weitere 40 Milliarden Dollar.

 

Was uns Afghanistan lehrt

1.) Afghanistan ist kein Land in dem man so etwas wie einen Sieg erringen kann. Darum sollte man aufhören von Sieg oder Niederlage zu reden. Mit Afghanistan kann man nur eine mehr oder weniger guten modus vivendi finde – freilich gilt das auch umgekehrt.

2.) Der Westen ist in Afghanistan an die Grenzen seiner Macht gestoßen

3) Soldaten sind nicht für den Wiederaufbau von „failed states“ geeignet.

4) Der Westen ist nicht unersetzlich