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25. Januar 2024 – Ausgabe 5

 

Leserbriefe zum Titelthema „Sind Sie noch der Richtige, Herr Scholz?“ „Der Geist ist aus der Flasche“ Gespräch mit Olaf Scholz geführt von Tina Hildebrandt und Giovanni di Lorenzo

Scholz sieht Europa im Rechtsdrift. Deutschland wäre eine Insel der Seligen, wenn das hier anders sein sollte. Somit wäre es folgerichtig, diesen Strömungen nicht mit leeren Versprechungen, sondern mit Taten entgegenzutreten. ZB mit einem Stopp der Migration. Dafür hätte er reihum Bundesgenossen und würde obendrein der AfD das Wasser abgraben. Doch nichts dergleichen, was erfolgversprechend wäre. Töricht sein Einwand, der Atomwirtschaft würde bald der Brennstoff ausgehen. Offenbar von Wiederaufbereitung noch nichts gehört. Kein Wort auch zum Attentismus gegenüber der Ukraine und dem Taurus. Das Interview eine vertane Chance.
Christoph Schönberger

Der unruhige „Geist“ wohnt nicht mehr in der Flasche – zu eng – er ist entflammt bei Putin und Trump und der Rechtsextremismus das ist längst noch nicht alles.  Da ist ein Kanzler Olaf Scholz mit seiner Ampelregierung eine innerdeutsche Baustelle, die miteinander streitet, so viel wie möglich, Auslöser ist meist die Profilsucht der FDP. Die Harmoniesucht der Deutschen ist groß, denn „Mutti“ hat’s 16 Jahre lang vorgemacht. Der Kanzler Olaf Scholz beruhigt den Bürger mit einem Satz: „Wir lassen niemanden zurück und allein in der Krise“. Nur die Umfragewerte für Olaf Scholz passen nicht zu seinem Selbstbild.
Thomas Bartsch Hauschild

Es ist traurig, einen Bundeskanzler zu haben, der Menschen ablehnt, „die rechte Gesinnungen haben.“ Wie will er dann mit Menschen zusammenarbeiten, die Mitglieder von CDU/CSU und Freien Wähler sind? Von den Wählern der AfD mal abgesehen, aber die hat er wohl ganz für seine Art von Demokratie abgeschrieben. Fast schon witzig, dass er sich für einen zähen Kämpfer hält. Er kämpft nicht, er sitzt bloß aus. Wenn jetzt keine Zeit für einen Rücktritt ist, wann dann?
Rolf Schikorr

Hat der Olaf samt Adlaten also den Antifaschismus entdeckt. Wie unglaubwürdig. Als Hamburgs Innensenator ließ er noch kleine Dealer foltern, bis einer starb. „Eh nur a Neger!“, dachte es vielleicht in Olaf. Seltsamerweise dreht ihm keiner einen Strick daraus. „Eh nur a Neger!“ halt. Heute ruft die deutsche Regierung – und die Scharen kommen.  Warum? Weil ein paar Rechte über den Vollzug bestehender Gesetze mittels Remigration gesprochen haben. Brandfaschistisch! Dass SPD & Co dasselbe wollen- wurscht!  Wenn Olaf foltern lässt, ist das ok!  Wenn Sellner über Abschiebungen im Rahmen der Gesetze plaudert, steht der Hitler vor der Tür. Wie naiv, wie autoritär sind die, die auf Zuruf demonstrieren? Und jetzt auch noch ein Einreiseverbot für Sellner. Vielleicht sollte man Folter-Olaf die Einreise nach Österreich verbieten…?
Matthias Urban

Dank seines, im Interview erkennbaren Unvermögens, eine lebendige Demokratie zu begründen und dafür Begeisterung zu entfachen, trägt der Kanzler wesentlich dazu bei, dass die Republik ein politisches Abklingbecken wird.
Jürgen Dressler

Sehr eindringlich fand ich das Aufmacherbild des Interviews, welches den Kanzler in seinem Büro im Berliner Bundeskanzleramt zeigt. Erinnert es doch so sehr an die Bilder von Edward Hopper, der die Menschen in ihrer Einsamkeit und Leere zeigt. Eine unausgesprochene Botschaft der Bildredaktion? Man könnte es meinen.
Heike Laue

Mit großem Interesse habe ich Ihr Interview mit Herrn Scholz gelesen und kann meine Enttäuschung gar nicht in Worte fassen.   Kritische Nachfragen zum Beispiel zur Atomkraft habe ich sehr vermisst.  Immerhin haben wir diese teuren Kraftwerke ja stehen und müssen nicht wie Frankreich , Schweden , Japan , China etc. Neu bauen.  Die begrenzten Vorkommen scheinen auch nur Herrn Scholz bekannt zu sein.   Seine Aussagen wurden in keiner Weise hinterfragt. Das ist kein Journalismus sondern Hofberichterstattung.   Schade.
Candida Kuroczik

ICH VERTRAUE DIESEM KANZLER. Olaf Scholz ist kein Kanzler für den gilt: nach der Wahl ist nur vor der Wahl. Sondern er ist ein Kanzler, der den Willen und das Pflichtbewusstsein hat Vieles anzupacken, was liegen geblieben ist. Das erfordert Mut und es erfordert Charakterstärke; gewiss nichts für feige Leute (die dann schnell überfordert sind). Aber klar, es öffnet sich eine Beliebtheitslücke, wenn ganze Fässer aufgemacht werden… Ein bisschen hilft es sicherlich, wenn man demokratisch denkt und sozial spürt. „Es geht darum, ob wir uns noch die Zukunft zutrauen in Zeiten, in denen große Veränderungen stattfinden“. Es geht um das Rückfahren einer sich selbst befeuernden Bürokratie. An etlichen Stellen könnte man sogar von Wendemanövern in der Sackgasse sprechen, welche Industrie, Handwerk, Agrarwirtschaft hart belasten. Nicht nur in den Kirchen gibt es toxische Hierarchien, krank machende Hierarchien, die nun zu erbitterten Fronten geführt haben (vgl. Klunckers Müllmänner). Schlussendlich leben wir in Kriegszeiten. Allerschlussendlich stehen wir am Beginn möglicherweise hinterfotziger Zeiten (vgl. Künstliche Intelligenz). Und da ist noch der unbestritten dringend nötige Kampf für das Klima und für die Schöpfung. Die andere Seite sagt nun, dass dafür das Geld knapp wird. Dieses Argument sticht erst einmal. Aber der Mindset bei Reparaturen, Erneuerungen und Investitionen ist gesetzt, weitgehend irreversibel sogar.
Das explorative Suchen nach unbekannten Lösungen ist die Eigenschaft, die den Homo Sapiens in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft hat bestehen lassen. Das ist unser Kapital. (Und da sind nun alle verpflichtet zuzutun oder wenigsten Schaden abzuhalten.) Natürlich ist exploratives Suchen riskant. Auf der Neuronal-Ebene erfordert es eine stark rückgekoppelte Struktur mit einer genauen Feineinstellung (Fine-Tuning, nicht zuletzt soziales Tuning). Und es kostet sehr viel an Energie. Da ist reproduktives Assoziieren deutlich einfacher (vgl. Künstliche Intelligenz). Wenn man so will: die Krone des reproduktiven Assoziierens ist das Vorurteil. Es ist schnell bei der Hand, es ist nie völlig verkehrt … und es richtet immer Verwirrung/Schaden an. Kanzler Scholz denkt ein Stück weit avant la garde. Das ist das Problem. Falls dies ein wirkliches Problem ist, lieber Focus, liebes Handelsblatt, lieber Spiegel. Kritik hingegen muss es unbedingt geben. Errare humanum est. Das ist gute Opposition. Der Neid und die Zerstörungsbereitschaft geistig weniger glücklich ausgestatteter Menschen sind zum Fürchten. „Er ist ein Scheißkerl, aber er ist ein fantastischer Anführer.“ Auf offener Bühne, vor aller Welt bahnt sich wieder Hochstapelei an. Das Geld, das Geld, das Geld, das Geld, das Geld!
Sehr verehrter Herr Harari, ist es nicht so, dass in der Geschichte der Menschheit immer wieder ein Trottel kam, der versucht hat, alle um sich zu scharen. Ist deswegen für die Geschichte der Menschheit nicht diejenige Fähigkeit am wichtigsten, die es ermöglicht so einen (überforderten) Trottel gesellschaftlich einzufrieden. Kommt gemeinschaftlicher Schutz also noch vor der Fähigkeit zu konstruktiver Kooperation. Ist somit eine lebendige, funktionierende Gemeinschaft mit der Fähigkeit zu einer Selbstheilung von Fehlentwicklungen die Grundlage der Geschichte der Menschheit? Dieser Bundeskanzler verdient Vertrauen. Das ist fast schon Staatsräson. Nach vier Jahren stehen wir erneut vor der demokratischen Wahl des Bundestages. Herzlichen Dank für Ihr interessantes Interview. Dank dem Autor für die Münchner Lichterkette 1992.
Michael Scheppler

Das Interview mit Olaf Scholz ist in seiner Peinlichkeit, Selbstgerechtigkeit und Realitätsverkennung kaum zu überbieten. Es entsteht beim Lesen des Textes tatsächlich der Eindruck, dass der Regierungschef in einer Blase lebt und den Kontakt zur Lebenswirklichkeit seiner Mitbürger völlig verloren hat. Trotzig wird behauptet, dass er eine richtige Politik macht. Da fragt sich selbst der wohlmeinende Beobachter, ob Scholz die Realitäten nicht sehen will oder, noch schlimmer, sie tatsächlich nicht erkennt. Deutschland hat von allen großen Industriestaaten das geringste Wirtschaftswachstum, die Infrastruktur ist vernachlässigt und z. T. marode, die Bahn, die die Verkehrswende bringen soll, ist in einem denkbar schlechten Zustand, unser Bildungssystem erzielt im internationalen Vergleich allenfalls mittelmäßige Ergebnisse, die Arzneimittelversorgung unserer Kinder ist unzureichend, die Verwaltung ist gelähmt durch überbordende Bürokratie, die Bundeswehr hat kaum einsatzfähiges Material, tut sich schon  schwer, eine Brigade nach Estland zu verlegen, die offensichtlich unreformierbare EU ist dabei, im Konzert der Großmächte nur mehr eine Nebenrolle zu spielen, das flache Land verödet, die Unterschiede zwischen den Lebensbedingungen in Stadt und Land werden immer größer, die Bauern und der Mittelstand sind wütend und unzufrieden, die Integration von Neubürgern gelingt kaum, gleichzeitig nimmt die illegale Immigration weiter zu, auf den möglichen Wahlsieg von D. Trump ist man nicht vorbereitet, der Haushalt 2024 ist mühsame Flickschusterei… Wie sich ein Regierungschef bei einer solchen Halbzeitbilanz hinstellen kann und ohne ernsthafte Selbstkritik behaupten kann, seine Politik sei richtig, ist schwer nachvollziehbar.  Es sei die Frage erlaubt, wieviel Realitätsverweigerung herrscht im Kanzleramt? Leider gehen die Zeitjournalisten allzu pfleglich mit Herrn Scholz um und nageln ihn nicht auf seine desaströse Bilanz fest, sondern lassen Ihn mit allgemeinen staatsmännischen Floskeln durchkommen Leider eine verpasste Chance von Frau Hildebrandt und Herrn di Lorenzo, da wäre bei mehr journalistischem Mut mehr drin gewesen, so aber bleibt leider vieles unverbindliches Sonntagsgerede.
Martin Klupp

Olaf Scholz zeigt sich in dem Interview – erwartbar – als kluger und bedächtiger – manchmal vielleicht allzu bedächtiger – Kanzler, dem Mensch kaum aus guten Gründen widersprechen kann. Was mir in dem Interview etwas zu kurz kommt: die Verteidigungspolitik und die Unterstützung der Ukraine. Die NATO unterstützt die Ukraine ja nicht aus Mitleid, sondern im eigenen Interesse. Ich fände es gut, wenn der Kanzler deutlicher machen würde, dass in der Ukraine nicht nur die Unabhängigkeit der Ukraine und die Freiheit der Ukrainer*innen, sondern auch die Unabhängigkeit der europäischen NATO-Mitglieder und die Freiheit ihrer Bürger*innen – soweit noch vorhanden, siehe Türkei und Ungarn – verteidigt werden. Meines Erachtens müsste Europa dafür auf Kriegswirtschaft umschalten, wie Herr Putin es in Russland tut. Es gibt nach den bisherigen Erfahrungen mit Herrn Putin doch wohl keinen Grund, daran zu zweifeln, dass Herr Putin nach kurzer Zeit den nächsten Nachbarstaat angreifen lassen wird, sollte er in der Ukraine Erfolg haben. Schon jetzt führt er – bislang, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen – einen massiven Informationskrieg gegen alle Demokratien – in Deutschland vor allem mittels der sozialen Medien und der Parteien AfD, Linke und Wagenknecht-Partei.
Ulrich Willmes

Nicht der Bundeskanzler ist enttäuschend, sondern die grünen und gelben Koalitionäre. Da prallen Ideologien aufeinander, die, zugegebenermaßen, schwierig zusammenzubringen sind. Aber das eigentlich Enttäuschende ist, dass die ausgehandelten Kompromisse nicht überzeugen und ständig sichtbar wird, dass der „Standesdünkel“ einzelner Parteien das aktuell politisch Sinnvolle überlagert. Olaf Scholz sollte deshalb tatsächlich öfter auf den Tisch hauen und dies auch durch mehr öffentliche Präsenz zeigen. Aber trotzdem imponiert mir seine Besonnenheit und ich sehe weit und breit zu ihm keine Alternative; selbsternannte Besserwisser bringen uns nicht weiter.
Wolfgang Greiner

Ja, er ist noch der richtige. Die Unzufriedenheit mit der Regierung liegt an der inneren Opposition der Fatalen-Dagegen-Partei. Es gab wohl kaum eine Zeit in der Bundesrepublik, die derartige Herausforderungen bewältigen musste. Dazu kommen die vielfältigen Versäumnisse der Regierung unter Kanzlerin Merkel.  Angesichts der inneren und äußeren Unsicherheiten durch die AfD und Putin, bald womöglich auch noch Trump, mag ich mir gar nicht vorstellen, wie Deutschland aussähe, wenn es von einem durch den sprunghaften Herrn Söder, der mit Aiwanger koaliert, getriebenen Kanzler Laschet regiert würde, dazu noch zusammen mit der FDP. Eine vorgezogene Neuwahl würde den Albtraum, auch mit Herrn Merz im Kanzleramt und seiner populistischen Anbiederung, nicht abmildern.
Annegret Benz

Danke, Herr Bundeskanzler, für Ihre klare, bündige Haltung: in jedem Satz widerlegen Sie das allgegenwärtige Menetekel-Gelärm im Land!
Rüdiger Bolz

Das Interview war enttäuschend und inhaltsleer, besonders auch durch die unterlassenen Fragen. Elefant im Raum war das Verhältnis Deutschlands zu den USA. Der Unwille vieler Menschen, die Milliardenhilfe für die Aufrüstung der Ukraine weiter zu leisten – nochmal ein paar hunderttausend Menschenleben sinnlos zu opfern – das hat sicherlich zum Aufstieg von BSW und AfD beigetragen. Treibende Kraft war hier die USA. Warum spielt Deutschland ständig den braven Schäferhund, der Prügel einsteckt und dennoch treu mit dem Schwanz wedelt? Warum kein Wort zur Pressekonferenz mit Biden, wo dieser erklärt hatte, dass er Nordstream „ein Ende setzen wird“? Warum nickt Scholz das brav ab, wenn Milliarden-teure deutsche Infrastruktur zerstört wird? Vom großartigen Partner, der in den letzten Jahrzehnten mehr Angriffskriege geführt hat als jeder andere Staat? Das wären die interessanten Fragen gewesen.
Bert Ehgartner

Einem führenden Sozialdemokraten einmal zu empfehlen was ein Friedrich Engels zu seiner Zeit zur Rolle der Arbeit, zur Arbeit als Menschwerdung geschrieben hat, das mochte ich mir vor Jahrzehnten nie vorstellen. Diese alte SPD, ihre „Traditionshüter“ sind noch da. Von dem Bewusstsein, den Überzeugungen, die heute so aktuellst wie damals sind, davon haben sie nicht einmal mehr Fragmente. Sie haben sich vollendst aufgelöst im Sumpf der bürgerlich- freiheitlichen Demokratie. Die Linke ist auf diesem Wege ebenso fast erfolgreichst angekommen. Wenn ein SPD-Kanzler daherplappert: „Als Sozialdemokrat neige ich zu einer lutherischen Sichtweise: Letztendlich ist es eine sittliche Pflicht, zu arbeiten“, sollte solches nicht zu Fragen führen? Zunächst war Arbeit zu Luthers Zeiten eine andere als Lohnarbeit. Vom „sittlichen“ Antrieb zur Arbeit bevor sich eine Klasse die Arbeit einer anderen unentgeltlich aneignen konnte, davon weiß ein Sozialdemokrat heute nichts mehr. Von „sittlicher Pflicht“ zur Arbeit zu faseln und damit nur voller Hohn und Spott zu mehr Sanktionen gegen Bezieher von Bürgergeld aufzurufen, das ist menschenverachtend in höchster Ausprägung. Das ist zugleich Schüren von Hass, das ist übelste Hetze gegen Menschen, die fast ausschließlich nicht arbeitsunwillig sind, sondern die eben nicht sittenwidrig in Arbeit gezwungen werden wollen, die ihnen nicht einmal minimalste Existenz sichert.
Arbeit, Arbeit zu Hungerlöhnen, Mehrfachjobberei und dann immer noch als Bettler dazustehen, auf staatliche Leistung angewiesen sein, dem Hass, Hohn und Spott der Gesellschaft zugewiesen werden, was ist daran sittlich? Was ist daran Menschenrecht fragen wir die Erfinder und Prediger der Menschenrechte? Ein SPD- Kanzler gehört zu denen, die bestens wissen, wie viele in diesem Lande ganz ohne „sittliche Pflicht“ bestens u d in großem Reichtum leben können, ohne eigne Leistung. Wozu dienen solche Aussagen eines führenden Politikers, wenn nicht nur um Hass auf Menschen zu lenken und damit ganz aktuell das Geschäft und die Mühlen der AfD und Co in Gang zu halten. Diesen Kanzler und sein Gefolge durften die Hunderttausenden bejubeln, als sich diese Politiker reihenweise vor und in die Demos gegen rechts begaben. Was hindert diesen Kanzler, diese freiheitlich- demokratische Politik daran, der sittlichen, christlich-lutherischen Pflicht folgend die ARBEIT, das erste Lebensbedürfnis der Menschen an deren Wiege, zur Pflicht aller zu erklären? Wer und was hindert daran, ARBEIT als Recht und Pflicht gesetzlich zu verankern, wenn es scheinbar ein Problem Deutschlands ist, dass Millionen zu faul zur Arbeit sind. Darauf gibt Kanzler keine Antwort. Recht und Pflicht zur Arbeit in einer DDR galt als Zwangsarbeit, wie sich einige noch erinnern sollten.
Wer etwas mehr über DDR wirklich weiß nicht nur Vorgegebenes nachplappert, der kann wissen, die Zwangsarbeit, Sanktionen, Strafen usw. heute sind an Unmenschlichkeit nicht zu übertreffen. Wenn kürzlich selbst ein TV- Kommentar die Wahrheit nicht verschweigen konnte, dass Menschen in Billigstjobs und mehr gezwungen, vermittelt, oft mehr Sorgen und Ängste haben müssen als jeder Bürgergeldbezieher, dem zumindest minimalste, demütigendste Existenz staatlich gesichert ist. Muss das behoben werden, indem Bürgergeldbezieher noch weniger bekommen zum Leben oder wäre die erste sittliche Pflicht des Staates und Wirtschaft jedem Arbeitenden den Lohn zu zahlen, dass er sein Leben selbst bestreiten kann? Auf die Idee scheinen SPD bis CDU usw., Regierende und Wirtschaft nie zu kommen. Warum wohl nicht?
Roland Winkler

Als allererstes muss ich sagen, dass dieses Interview mich fassungslos und völlig frustriert zurückgelassen hat. Als optimistischer Mensch gehe ich immer davon aus, dass auch Spitzenpolitiker ihr Handeln und dessen Wirkung kritisch analysieren und entsprechend anpassen können. Bei Olaf Scholz scheint es sich dagegen um einen Politiker zu handeln, der zu genau dem nicht in der Lage und sich dessen nicht einmal bewusst ist. Wenn er beispielsweise sagt, dass er u.a. die „öffentlichen Auseinandersetzungen“ und „Störgeräusche“ aus der Koalition nicht „gebraucht“ hätte, andererseits aber ausdrückt, dass er sich bewusst ist, dass er die Verantwortung trägt, dann scheint er sich dessen, was Verantwortung bedeutet, leider nicht bewusst zu sein. Nämlich eben diese unterschiedlichen Partner so zusammen zu halten, dass es zu solchen Störgeräuschen eben nicht kommt. Seine Aussage, dass dies jetzt besser wird, weil alles „weitgehend ausverhandelt ist“ klingt da schon sehr naiv. Die Frage danach, ob er seine Kommunikation aufgrund der aktuellen Situation nun ändern wird, beantwortet er damit, dass er „leidenschaftlich kämpft“ und „regelmäßig Kanzlergespräche“ führt. Dies ist jedoch nichts Neues und die Frage bleibt, wo hier die Veränderung liegt bzw. wie dies die Stimmung im Land beeinflussen wird oder soll.
Und dass er offensichtlich nicht in der Lage ist, auf Reaktionen und Demonstrationen adäquat zu reagieren äußert sich in seiner Antwort auf die Frage, ob ihn die Heftigkeit der Proteste überrascht habe. Nämlich, dass dies nicht der Fall sein, dass „Kürzungen immer zu Ärger führen“ und „Politik nichts für feige Leute“ sei. Stattdessen einmal zu reflektieren, ob es tatsächlich so sinnvoll ist, die Diesel-Subventionen nur für landwirtschaftliche Fahrzeuge zu streichen oder dies von heute auf morgen zu tun, kommt ihm scheinbar nicht annähernd in den Sinn. Und die weiteren Fragen zur Außenpolitik, dem Begriff der „Kriegstauglichkeit“, der Zukunft der EU etc. beantwortet er mit den üblichen, komplett abgehobenen Floskeln, die man immer wieder hört und die so allgemein sind, dass man konkret nur wenig damit anfangen kann bzw. die bisher auch keine Wirkung gezeigt haben. Zusammengefasst muss man erschütternderweise sagen, dass wir hier offensichtlich einen Bundeskanzler haben, der sich weder seiner Verantwortung und Aufgabe in diesem Amt bewusst ist, der nicht in der Lage ist, sich beispielsweise hinsichtlich seiner „Nicht“-Kommunikation an die aktuelle Lage anzupassen, der desweiteren die tatsächlichen Sorgen der Bürger nicht versteht und sich stattdessen in Selbstgefallen und allgemeinen Floskeln flüchtet.
Claudia Plötner

Das Gespräch mit Herrn Scholz war eher enttäuschend. Was aber wenigstens erkennbar ist: dieser Mann ist -unheilbar- nicht mehr von dieser Welt. Seit Dezember 2021 ist die Ampel am Regieren und unsere Wirtschaft im Niedergang. Die Menschen leben mit großen Sorgen, weil sie sich in ihrer Existenz bedroht fühlen. Das alles, weil unser Land von einer -im Kern uneinige- Koalition per idiologisch und sozial-schwärmerischen politischen Laiengruppe zu einer Klima-Transformation vergewaltigt wird, wie sonst nirgends mehr auf der Welt. Die Folgen sind: hohe Inflation; Teuerungen -nicht nur im Handel, sondern nicht unerheblich auch bei der öffentlichen Hand (Co2 Geld; sonst. Energie-Umlagen; Gebühren überall und bald auch noch zum Beispiel über die Grundsteuer. Da wundert sich die Regierung über Unruhen im Land? Ich nicht. Ich denke eher, dass das erst der Anfang ist…. Und Herr Scholz lächelt. Bei einer Werkseröffnung sagt er zum Beispiel: „Ja, wir haben gerade etwas unruhige Zeiten, das hören wir auch…“ ähnlich wie in Ihrem Gespräch mit ihm … und lächelt. Herr Habeck faselt von „Umsturzfantasien“, und rechtem Mob, nur weil er keine Lust hatte mit den protestierenden Bauern zu reden und die damit noch wütender waren. Und Frau Lang/Grüne meint bei Lanz, wir hätten doch in Sachen Klima-Transformation eine Vorbildfunktion, um der Welt zu zeigen, das das alles von einem reichen Industriestaat zu schaffen sei— Dass wir längst in großer Wirtschaftsnot sind, die kleinen Leute kaum noch ihren Lebensunterhalt bestreiten können; wir alle mit dem CO2 Geld wegen der ausbleibenden Rückzahlung des versprochen „Klimageldes“ übel über den Tisch gezogen wurden und und und. Herr Scholz meint dann noch, ja, es gäbe ökonomische und politische Verwerfungen. Aber, nicht die Menschen in diesem Lande, nein, die Koalition mute sich da Konflikte zu. Alle seien schuld, Putin (natürlich), die Rechten (übrigens auch Europa-weit), das Bundesverfassungsgericht und schließlich die uneinsichtigen Bürger…. aber er sei guten Mutes, denn, man habe es bis jetzt ja doch ganz gut gemacht. Nein, dieser Mann ist nicht mehr von dieser Welt.
Wolf Dieter Schwarz

Irritierend finde ich den Satz des Kanzlers „Deshalb ist es unsere Pflicht, unterschiedliche politische Perspektiven (der drei Ampelparteien) in unserer Regierung zusammenzubringen. Es sind doch gerade diese unterschiedlichen Perspektiven, besser gesagt, die völlig divergierenden Parteiideologien, die den Dauerstreit befeuern und den persönlichen Energievorrat jedes einzelnen Regierungsmitglieds aufzehren, bevor es an die eigentliche Regierungsarbeit geht. Die dann präsentierten Arbeitsergebnisse werden als „Kompromiss“ verkauft, was nichts anderes bedeutet als handwerklicher Murks, dem alsbald Nachbesserungen folgen. Nur ein Beispiel: Das mit Spannung erwartete Migrationspaket, das u.a. eine beschleunigte Abschiebung ausreisepflichtiger Migranten sicherstellen sollte, wurde schlussendlich konterkariert durch die Grünen- Forderung, jedem einzelnen Migranten einen Anwalt beizustellen, was neben erheblichen Kosten Verzögerung statt Beschleunigung bedeuten wird. Es sind gerade diese Mogel- Ergebnisse der Ampel, welche deren Dysfunktionalität offenlegt und die Wut der Bürger ins Unermessliche steigert. Die wachsenden Zustimmungswerte der AfD sind kein Zufall. Der Kanzler führt nicht, was bei den fundamental unterschiedlich gepolten Ampelparteien überlebenswichtig wäre, er moderiert nur. Dieses Interview weckt leider wenig Hoffnung, dass sich daran noch etwas ändern wird.
Michael Deil

Deutschland ist die viertgrößte, nicht die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Erschreckend, wenn der Kanzler die einfachsten Fakten nicht kennt.
Wolfgang Konrad

Danke für das Kanzler-Interview! Was für eine Wohltat, wenn in einer respektvollen, intelligenten Atmosphäre gute Fragen zu interessanten und aufschlussreichen Antworten führen!
Dorée Hullmann

Ich bin begeistert vom Erinnerungsvermögen von Olaf Scholz – dass er perfekt rezitiert, der 198. Bürgermeister von Hamburg gewesen zu sein, lässt in Bezug auf andere Erinnerungslücken ja noch hoffen.
Michael Reichert

Ja, Herr Scholz ist noch der Richtige! In dem Interview erläutert Olaf Scholz den beiden Journalisten seine soziale pragmatische Politik, die er gegen Ideologen und Profilschärfern in der eigenen Regierung durchzusetzen versucht. Aber was ist die Alternative? Die Bauern verlangen in einer riesigen Wahlkampfveranstaltung für die CDU/CSU Neuwahlen. Die Profilschärfer werden nach Neuwahlen wahrscheinlich nicht mehr zur Verfügung stehen und die SPD hat die Nase von einer großen Koalition gestrichen voll. Wenn man die Kritik an der Ampel im Detail betrachtet, stammt ein Großteil systematischer Nörgelei aus der Bildzeitungsecke. Die Zeit sollte genauer hinschauen. Ich fand das Interview der beiden Starjournalisten ziemlich dürftig.
Dieter Ehlert

Danke für Ihren Leitartikel in DIE ZEIT vom 25.1.2024 „Sind Sie noch der Richtige Herr Scholz?“ man kann ihm ja fast nicht böse sein, nachdem man den Artikel gelesen hat, und doch…sollte unser aller Kanzler nicht als der unrühmlichste Regierungschef dieser Republik in die Annalen eingehen wollen aber noch einen letzten Funken von Entschlossenheit in sich trägt, sollte er, ohne noch mehr Bürger auf die Straße zu zwingen, unserem Bundespräsidenten vorschlagen, Neuwahlen auszurufen. Dies würde unserem Kanzler einen noch unerwartet respektvollen Abgang bescheren. Und fast wie gerufen kommt da das „Potsdam Treffen“, Wut und Frust der Bürger entladen sich, scheinbar wie von selbst nicht mehr an der Regierungspolitik, ein echter Coup.
Roland Storz

In unserem Land ist es unruhig, denn die Krisen, Kriege sowie die ökonomischen und politischen Verwerfungen schaffen Unsicherheiten und auch Ängste bei den Bürgern. Der europaweite Rechtsruck ist für die weitere Entwicklung der EU unkalkulierbar. Kürzungen in den Zukunftsinvestitionen und den Sozialprogrammen aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts führen zu Ärger, wirtschaftlichen Unwägbarkeiten und politischem Verdruss. Wenn der Kanzler mehrfach die Richtigkeit seiner Politik betont, dann ist dies auch Ausdruck seiner persönlichen Verunsicherung bezüglich der Akzeptanz bei den Bürgern. Denn bisher ist auch nicht mit klarer Deutlichkeit ehrlich und realistisch vermittelt worden, dass diese Politik auch Verzicht bedeutet und alle dazu einen Beitrag leisten müssen. Im Gegenteil wird ständig betont, daß man die Belastungen begrenzen und soweit wie möglich ausgleichen wird. Dies führt dazu, dass diese Beteuerungen als unglaubwürdig empfunden werden und viele Klientelgruppen auch diesen Ausgleich drastisch fordern. Niemand weiß, ob diese gewaltige Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft gut ausgehen wird. Daher muss man als Realpolitiker auch sagen, dass die Kürzungen in allen Lebensbereichen auch zu Einschränkungen im Lebensstandard führen können. Je ehrlicher und klarer dies gesagt wird, keine Taschenspielertricks (Linke Tasche – Rechte Tasche) gemacht werden und politisch und wirtschaftlich notwendige Entscheidungen besser kommuniziert werden, um so eher werden die Bürger die Realitäten der Entwicklung akzeptieren. Es muss dagegen argumentiert werden, dass jede Klientelgruppe vom kleiner werdenden Kuchen der Subventionen aus dem Staatshaushalt für sich ein größeres Stück fordert. Denn dann geht der vielfach geforderte soziale Zusammenhalt verloren und rechte und linke Randgruppen werden die Mitte attackieren und die Gesellschaft spalten.
Klaus-Dieter Busche

Das große ZEIT-Interview mit dem Bundeskanzler habe ich mit Interesse gelesen. Die darin gestellten Fragen halte ich für wichtig. Um so enttäuschter war ich allerdings bei der Lektüre, die im Aufmacher dick gedruckte kecke und provokative Frage „Sind Sie noch der Richtige, Herr Scholz?“ im Text nirgends wiederzufinden; dort wird lediglich referiert, Scholz sei davon überzeugt, „noch immer der Richtige“ zu sein. Ist das nicht eine Art publizistischer Etikettenschwindel, den die ZEIT mit Sicherheit nicht nötig hat?
Ludwig Engstler-Barocco

Die Ausgabe der Zeit hat mich sehr angesprochen, nachdem ich mich abgewendet habe von der Süddeutschen wegen einem Artikel von Gerhard Schröder – ganze Seite – zu seiner Freundschaft mit Franz Beckenbauer. Genug ist genug! Sehr informativ, gut geschrieben, A objektiv fand ich die Artikel Was machen die da und Wie Panzerfahrer auf dem Acker. Herzlich Glückwunsch. Besonders wichtig die Aussage, dass Arbeitslose arbeiten wollen. Wie so oft verbreiten Politiker wie Lindner – Arbeitslose verdienen ungefähr genauso viel wie Arbeitenden – und Merkel früher – die Deutschen sind reich, die BRD ist ein reiches Land – Unwahrheiten, die zu einem Vertrauensverlust bei den Bürgern führt. Es reicht, wenn die Medien Lügen verbreiten. Aus meiner Sicht war der Artikel und auch das Bild von Sahra Wagenknecht sehr einseitig, wenig objektiv, stimmungsmachend, subjektiv. Man merkte dem Autor an, dass er die Bücher von Lafontaine und Wagenknecht nicht gelesen hat und das Programm nicht kapiert hat. Die Linke ist die einzige Partei, die abrüsten will und Krieg ablehnt. Sie steht für soziale Gerechtigkeit, Zügeln der Finanzmärkte, faire Arbeitsbedingungen, fairer Lohn, gute Schulen, und, und, und. Sahra Wagenknecht will die Lebensbedingungen der Menschen, die seit 30 Jahren erodiert sind, verbessern. Sehr spannend war der Artikel Sind Sie noch der Richtige, Herr Scholz. Die Fragen waren messerscharf – ich fand manchmal zu negativ. Man sollte einen Kanzler mit mehr Respekt behandeln wegen dem Amt.
Mir wurde wieder sonnenklar, wie Scholz für die Raubwirtschaft, nicht für die soziale Markwirtschaft steht. Wie könnte es anders sein bei einem SPDler, der Hartz IV unterzeichnet hat und mit Cum-Ex Geschäften involviert war. Er hat nicht dazugelernt, wenn er, wie Lindner Arbeitslose noch diffamiert, anstatt sich einzusetzen für ein höheres Bürgergeld, würdigere Arbeitsplätze, höhere Löhne, billige Wohnungen, mehr Geld für arme Kinder. Das ist das Traurige. Kein Wort im Artikel darüber, wie es dem Normalo, der dieses Land durch seine Arbeit erhält, geht. Er blickt nicht nach den Nordländern, die den Traum vom guten Leben für alle, jetzt schon verwirklicht haben. Stattdessen redet er von Wirtschaft, Klimawandel, Demokratie, Freiheit. Sehr schade! Die Grünen haben sich verabschiedet vom Frieden und Abrüstung, Baerbock spielt die Mächtige, statt sich neutral bei Konflikten zu verhalten – Machtanspruch, der schrecklich ist. Die Deutschen werden‘s richten. Alles falsche Politik. Die CDU ist mit ihrem selbsternannten Führer Merz – Black Rock, Hedge-Fonds-Millionär – der echte Raubkapitalist. Und die AFD toppt alle anderen Parteien mit ihrer menschenverachtenden Politik. Interessant war, dass Scholz das Thema Gerechtigkeit – Steuergerechtigkeit, Bildungschancen für alle, eine von Reichen unabhängige Justiz, Bekämpfen der Korruption. Was keiner außer Wagenknecht erwähnt, dass wir unsere Probleme mit einer Umverteilung von Vermögen und gerechter Besteuerung vielfach lösen könnten. Wo bleibt die Moral, der Wert, sozial unterstützt zu werden, das Recht auf gute Arbeit.
Monika Utermann

Bei diesem Interview schwanke ich zwischen Schnappatmung und Zustimmung. Mitunter sind die Ausführungen unseres Kanzlers so zäh und allgemein, dass einen ein langweiliges Gähnen und gleichzeitig Panik befällt, weil es scheint, als würde er viele Probleme nicht sehen oder sehen wollen. Das wirkt arrogant. Gleichwohl gibt es die beiden Aspekte zum Schluss des Gesprächs in Bezug auf die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands/Europas und die Sicherstellung der europäischen Unterstützung für die Ukraine, wo er endlich konkret/er wird und einen gewissen Biss zeigt, den ich von einem Kanzler erwarte. Das sollte er in allen Dingen tun, dann hätte ich zumindest das Gefühl von „regieren“.
Marie Bock

Gerade, als Scholz erklärt, welche Aufgaben alles anstehen und dass das gerade angepackt wird, stellen Sie eine Frage, die mir sehr unüberlegt und unpassend erscheint (siehe unten, aus dem Gespräch). Reicht es nicht, dass Russland über X eine Desinformationskampagne gegen unsere Regierung startet? Müssen da unsere seriösen Medien auch noch suggestiv die Regierung angreifen, sie dumm hinstellen, damit die AfD wieder Futter hat und spalten kann, nachdem der Kanzler gerade eine substanzielle Erklärung abgegeben hat? Haben Sie nicht auch eine Verantwortung für seriöse Kritik? Ich hatte bisher die Beiträge von Herrn Di Lorenzo und von Frau Hildebrandt stets geschätzt, aber diese Frage an der Stelle scheint mir unpassend, als müssten Sie zwanghaft kritisieren oder damit es spektakulär wird. Auch die weiter hinten wiederholte ausgedehnte Nachfrage nach einem möglichen Rücktritt halte ich für unangebracht. Sowas beflügelt Proteste und Blockaden, die unserer Wirtschaft schaden und hilft der AfD. Sollten wir in der historisch schwierigen Lage nicht zusammenstehen, damit wir nicht weiter gespalten werden? Der Kanzler hat doch hinreichend begründet, was die Regierung alles bewältigt.
Reinhard Döhnel

Bei uns in der Gemeinde, da gibt es nicht nur einen Kanzler, wir haben gleich mehrere Kanzler´s zu bieten! Einige dieser, die bilden den Kern der Metzgerei Kanzler. Sämtliche dieser Mitarbeiter haben ihr Handwerk von der Pike auf erlernt. Das sind alles gelernte Handwerker und die berühmten Fachkräfte eben, die man zur Führung eines Fleischereifachbetriebs so dringend braucht. Das Frage- und Antwortspiel mit Kanzler Olaf Scholz, das habe ich inmitten der dritten Spalte genervt abgebrochen. Was haben wir uns mit diesem (vergesslichen) Kanzler nur eingehandelt, außer dem bereits tausendfach gehörtem Bla Bla Bla, so gut wie nichts! Dem Himmel sei Dank, für unseren Metzgermeister Kanzler im Ort, der erstens hervorragend wurstet und zweitens dabei keinerlei Unsinn verzapft!
Riggi Schwarz

Was für eine Partei, was für Lösungen… In unserem Handwerksbetrieb für Heizung und Sanitärtechnik, mit über 30 Beschäftigten, und dem Kernthema/Aufgabe, die Umsetzung der Energiewende mitzugestalten, sind 14 Mitarbeiter mit „Migrationshintergrund“ beschäftigt. Aus Polen, der Ukraine, aus Litauen, Eritrea, dem Iran, der Türkei, 2 mit einem Elternteil aus USA und Südamerika. Menschen in Ausbildung, erfahrene Monteure, Meister und Techniker. Sollen meine sehr geschätzten, und von unserer Kundschaft, sehr gelobten Kollegen, auf dieser verachtenswürdigen Ideologie hin, das Land verlassen müssen, sieht es bald ganz düster aus für unser Land. Wir brauchen sie, und wir wollen sie, weil es fantastische Menschen sind. (Und nicht nur in unserem Betrieb / Branche !!!) AfD, wir hätten da eine durchdachtere Lösung: „Packt eure Koffer, nehmt den Teil eurer Anhänger mit, die euren hirnrissigen Plänen, eurer Verblendung anheimgefallen sind, und wandert in die Länder aus, die euch jetzt schon als Vorbild gelten. Dort findet ihr sicher, oder auch nicht, den potentiellen Beistand, der zu euch passt. Unsere Kollegen mit deren Familien und Freunden, würden wir schmerzlich vermissen, euch hingegen nicht.“ Und bewerft unsere Regierung nicht ständig mit eurem Schmutz, sie ist besser als ihr momentan dargestellter Ruf !!!
Friedhelm Groppe

Wenn unser Kanzler so mit sich im Reinen und von der Qualität seiner Politik überzeugt ist – einmal abgesehen vom Dauergezänk der drei Ampelmänner – dann sollte längst ein Heiligenschein sein kahles Haupt zieren, der weit ins Land hineinstrahlt! Warum aber erleuchtet er nur so wenige Wohnungen? Eine Ampel, die schon bei leichtem Gegenwind einknickt, ohne von den heranrollenden Traktoren gerammt worden zu sein, auf denen lediglich die Bauern ihr Maul weit aufgerissen haben, betreibt keine vernunftorientierte, sondern eine Kaninchen-vor-der-Schlange-Politik! Eine Ampel, die nicht endlich die Dauerimmigration stoppt und alle Nicht-Asylberechtigten ausweist – einem Helmut Schmidt wäre das längst gelungen – sieht nur noch die Rücken ihrer ehemaligen Wahlbürger beim Überlaufen zur AfD, neuerdings auch in die offenen Arme von Sarah Wagenknecht! Selbst der schönste Anstrich der übrigen Großbaustellen wird sie nicht bremsen! Unser Land braucht keine Flüsterer, Leisetreter, (H)Ampelmänner, sondern Politiker (m,w,d), die sich von ihrem Amtseid leiten lassen, die Bürger überzeugen und zupacken können!
Ulrich Pietsch

Die Formulierung und Floskel „den Klimawandel bekämpfen“ verschleiert die Verantwortlichkeiten. Der Schuldige verschwimmt in etwas imaginärem, etwas Größerem und nicht Greifbares. Dabei ist dieser klar definiert, es geht um die „Bekämpfung“ der Verursacher des Klimawandels und das sind wir selbst. In der Form als Unternehmer, Konsument, Autofahrer, Tourist usw.
Jörg Schanbacher

Die Frage ist listig gestellt, denn natürlich wird sich Olaf Scholz für den Richtigen halten. DIE ZEIT bietet Olaf Scholz auf Seite zwei und drei ein Podium, um alle Fragen zu beantworten und sich als großer Staatsmann, vorausschauender Stratege und souveräner politischer Lenker darzustellen. Die Fragen sind so geschickt, sanft und unverfänglich abgefasst, dass Olaf Scholz scheinbar mühelos im Plauderton alle Fragen beantworten kann. Er nutzt die ihm gebotene Möglichkeit, mit ausweichenden Antworten zu brillieren und scheint sich selbst dabei zu gefallen, begeht allerdings die Sünde des Hochmuts, um sich als unfehlbare Lichtgestalt darzustellen. Er erwähnt sehr gerne seine bisherigen politischen Erfolge, aber typischerweise verschweigt der Bundeskanzler seine politischen Misserfolge. Es entsteht der Eindruck, dass die Fragesteller mit allen Antworten zufrieden gestellt wurden, denn es fehlt das Nachhaken und jede kritische journalistische Hinterfragung? Ja gehts noch? Fehlt nur, dass DIE ZEIT Herrn Scholz mit einem Heiligenschein ausstaffiert. Wo ist die kritische unabhängige Presse? Wo sind die scharfen, kritischen, nicht abgemilderten Fragen? Noch nie war die SPD als Partei so in der Wählergunst abgesunken, noch nie zuvor hatte ein Bundeskanzler so schlechte Umfragewerte. Wann jemals zuvor, waren die allgemeine Politikverdrossenheit und der Vertrauensverlust in die politische Klasse größer als heute? Liegt das alles an der AFD, oder ist es nicht vielmehr eine Tatsache, dass der Erfolg der AFD, auf der ideologischen, verfehlten Politik, der politischen Abgehobenheit und Ignoranz der Ampelregierung und des Bundeskanzlers beruht?
Nein, die AFD ist keine Super Partei, ist sie definitiv nicht und wird sie auch niemals sein, aber die Wahrheit ist, dass der Erfolg der AFD alleine durch die schlechte Politik und die politischen Fehlentscheidungen der Ampel ihren enormen Zuwachs erhält. Wer glaubt, dass Millionen Menschen einfach aus einer Laune heraus ihr bisheriges Wahlverhalten ändern, der irrt gewaltig, denn hinter diesem Schritt steckt extreme Verzweiflung und Unzufriedenheit mit der regierenden politischen Klasse. Wer nun glaubt, mit bewusst platzierten Fehlinformationen, mit Aufmärschen, mit Agitationen und Denunziation von Millionen Wählern die Opposition zu schwächen und dadurch Wähler wieder zurückgewinnen zu können, der irrt doppelt und hat Politik und die Menschen nicht verstanden. In Zeiten politischer Unsicherheit und schwacher politischer Führung , ist die Verantwortung der digitalen und der Printmedien, gegenüber den demokratischen Werten eines Rechtsstaat ist nicht zu unterschätzen und es stimmt bedenklich ,wenn diese Verantwortung der vierten Gewalt bewusst falsch gelenkt, nur dazu dient, ohne kritische Hinterfragung, politisch organisierten, finanzierten und  gesteuerten kollektiven Stimmungsmache und der Demonstrationen der Massen zu unterstützen und einen illegal erworbenen und fragwürdigen Pressetext einer staatlich finanzierten NGO ohne genaue Recherche und ohne Zweifel  massenhaft zu publizieren.
Wo bleibt der Aufschrei der freien demokratischen Presse bezüglich, eines totalitären Stasi ähnlichen Lauschangriffs mit Mikrofonen und Kameras auf eine private Veranstaltung? Wo bleibt das Erschrecken und die Debatte darüber, dass in einer Demokratie die amtierende Regierung keine politischen Argumente mehr einsetzt, sondern dazu übergeht, die Opposition durch Massenproteste der Straße ausschalten zu wollen? Die Omnipräsenz der Medien erlebt zurzeit eine betrübliche Nivellierung der Meinungs- und Informationsvermittlung und Heute herrscht ein System der totalen Transparenz, welche die Schreckensvisionen Orwells in seinem Buch 1984 bei weitem überflügelt. Wann stellt die unabhängige Presse die kritischen Fragen zur AFD und die entscheidenden Fragen, warum Millionen Bürger ihr Vertrauen in die aktuelle Politik verloren haben und sich Alternativen zuwenden? Olaf Scholz wird sich diese Fragen nicht stellen, denn der Bundeskanzler sonnt sich selbstgefällig in der eigenen Unfehlbarkeit. Jovial erzählt er, wie er durch die Ahnengalerie Hamburger Bürgermeister  geerdet wird, aber Olaf Scholz täte gut daran, sich die Reihe erfolgreicher SPD-Bundeskanzler anzusehen.
Da wäre als bestes Beispiel der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt zu nennen.Der verstorbene Helmut Schmidt hat mit Olaf Scholz drei Dinge gemeinsam, Hamburger, SPD Mitglied und SPD- Bundeskanzler, ansonsten gibt es keine Gemeinsamkeiten mit Herrn Scholz .Helmut Schmidt war ein Bundeskanzler mit politischer Weitsicht, eine geachtete und respektierte politische Führungspersönlichkeit, ein Macher, ein Organisator, ein Manager in schwierigen Situationen, ein begnadeter Redner, welcher mit scharfer Zunge und großer rhetorischen Begabung auf demokratische Weise gegen seine politischen Gegner gekämpft hat, Ein Politiker, der, wenn notwendig, auch sehr harte Entscheidungen getroffen hat und auch dazu stand, ein echter Demokrat durch und durch, ein erfolgreicher Autor und verantwortungsvoller Mitherausgeber des Wochenblatts DIE ZEIT und ein national und international hoch geachteter Elder Statesman. Und was ist der jetzige Bundeskanzler, Herr Olaf Scholz, im Vergleich dazu? Auf die ursprüngliche Frage des Leitartikels zurückzukommen…Sind Sie noch der Richtige Herr Scholz? Gibt es nur eine vernünftige Antwort…der Richtige sind Sie nicht mehr, Herr Scholz.
Franz Tokar

Olaf Scholz hat einen undankbaren Job. Denn sind die Grundlagen einer Gesellschaft stabil und tragfähig, dann klappt das Regieren auch dann zufriedenstellend, wenn keine Genies oben stehen.  Leider sind diese Grundlagen nicht stabil. Unserer Weltgesellschaft muss eine sanfte Landung aus dem exponentiellen Wachstum von Kopfzahl und Konsum hinkriegen. Und ob das gelingt, ist offen. Mit Geld allein ist das nicht zu schaffen. Eine Regierung hat ein Problem, wenigstens lokal tragfähige Grundlagen zu schaffen, wenn die Wähler keine ausreichenden oder falschen Vorstellungen haben, wie diese aussehen müssen. Damit kommt man zur Frage, wie man zu tragfähigen Grundlagen kommt. Global geht es letztlich um die erwähnte sanfte Landung. Lokal geht es darum, dass wir nicht auf einer Insel leben und dass wir daher eine angemessene Positionierung angesichts der globalen Situation finden müssen, die uns erlaubt, den nötigen materiellen und immateriellen Beitrag zu leisten. Letztlich müssen wir vor allem eine Lösung finden beim Zielkonflikt zwischen den Menschenrechten auf Lebensgrundlagen und dem Menschenrecht auf Eigentum. Die Lösung müssen wir im Eigeninteresse selbst suchen und finden. Es ist dabei aber auch nötig, dass wir den nötigen Beitrag für die globale Variante des Problems liefern. Es geht um die Frage: Wo kann, wo muss ein Ziel liegen, das der Menschheit ein langes gutes Fortbestehen ermöglichen kann? Dafür sollte man zumindest eine ungefähre Vorstellung haben. Beim Anvisieren eines Ziels ist ein Fadenkreuz hilfreich. Ein solche besteht bekanntlich aus zwei Linien, mit jeweils zwei Endpunkten. Hier ein Vorschlag zu den zwei Linien. Für beide Linien nutze ich vorhandene Erfahrungen, eine aus dem Tierreich, eine aus der Weltgesellschaft. Die erste Linie hat als einen Endpunkt das Verhalten der Sibirischen Schneeeulen und als anderen Endpunkt die Situation der Berberaffen am Affenberg von Salem. Die Sibirischen Schneeeulen haben weniger Küken, wenn es weniger Lemmingen gibt. Sie passen also ihr Reproduktionsverhalten den begrenzten Ressourcen an. Das ergibt den einen Endpunkt der ersten Linie. Nun zum anderen Endpunkt. Den Berberaffen in Salem geht es beneidenswert gut. Sie leben ihr Sozialverhalten ähnlich aus wie ihre Artgenossen in freier Wildbahn. Auf dem 20 Hektar grossen Affenberg herrscht ewiger Frieden zwischen den drei Affen-Gruppen. Der Grund für den Frieden ist wohl eher menschenunwürdig. Um Inzucht und zu hohe Kopfzahl zu vermeiden, wird die Reproduktion der Affen über Chips mit Hormonen gesteuert. Die erste Linie steht demnach für den Zielkonflikt zwischen den Zielen Zukunft durch Eigenverantwortung und Zukunft durch notwendige Beeinflussung von Aussen.
Als zweite Linie könnte man eine nehmen, die als Endpunkte die unterschiedlichen Situationen in Korea und Nigeria in den Bereichen Demographie und Ökonomie hat. Korea hat eine Geburtenrate unter 1 (ergibt Halbieren der Kopfzahl pro Generation). Nigeria eine weit über 4 (ergibt mehr als Verdoppeln der Kopfzahl pro Generation). Die zweite Linie steht für den Zielkonflikt zwischen den Zielen Zukunft durch Vollbeschäftigung und Wohlstand und Zukunft durch Nutzen von Perspektiven, die mit wenig Wohlstand auskommen. Irgendwo in einem Schnittpunkt der beiden Linien liegt vermutlich die Situation einer Menschheit, deren Fortbestehen gesichert ist. Wie bei den meisten komplizierten Zielen genügt es auch hier nicht, das Ziel direkt anzupeilen. Es müssen diejenigen Potentiale genutzt und erweitert werden, die fürs Erreichen unabdingbar sind. Zu diesen Potentialen gehören, die Erfahrungen von Gesellschaften, die bezüglich Kopfzahl und Konsum mit den vorhandenen Ressourcen auskamen. Dazu gehören aber auch Methoden, mit denen man die dafür nötigen materiellen und immateriellen Mittel bereitstellen kann. Vgl. mein Buch „Die Technik reicht nicht“ BoD 2016.
Gernot Gwehenberger

In Zeiten wie diesen Politik zu machen, dazu gehören Besonnenheit, Klugheit, Durchsetzungsvermögen und möglichst auch eine Presse, die nicht nur „draufschlägt“, jammert, diffamiert, sondern auch bei den Lesern entsprechende „Eigenschaften“ fördert. Das vermisse ich im oben genannten Titelblatt mit der reißerischen rhetorischen Frage: Sind Sie noch der Richtige, Herr Scholz?“ Der Stil der Bild-Zeitung ist zwar nicht ganz getroffen, aber man nähert sich an. Mit Kritik hat das wenig zu tun eher mit – entspricht übrigens auch keineswegs dem Niveau des Interviews mit Herrn Scholz. Nebenbei gesagt wird hier auch noch unterschwellig suggeriert, dass Politik nur vom Kanzler gemacht wird. Die Medien sollten mehr deutlich machen, dass demokratische Prozesse nicht Ein-Mann-Entscheidungen sind, sondern getragen werden (müssen) von aufgeklärten Bürgern. Diese Aufklärung sollten die Medien dienen.
Charlotte Lammers

Vielen Dank für das informative und faire Interview mit dem Bundeskanzler. Trotz allen Ampelzwists und allem Ampel-Bashing habe ich den Eindruck, dass wir gut regiert werden, dass die großen Zukunftsaufgaben der Innen- und Außenpolitik gesehen und angepackt werden.
Dieter Mutschler


Leserbriefe zu „Nicht mit uns!“ von Giovanni di Lorenzo

Da sind Sie mit ihrem Leitartikel der regierenden Politik aber kräftig auf den Leim gegangen. Möge Ihnen auch im übertragenen Sinne mal ein Lichtlein aufgehen! Demonstrationen für! das bestehende System sind immer wohlfeil; wenn selbiges aber an allen Ecken und Enden knirscht, sind diese Demos bestenfalls bizarr. Kein Wunder, dass die Politi- Repräsentanten hier fleißig orchestrieren. Möchten sie doch weiter regieren. Wenn jedwede Kritik an der gegenwärtigen Politik & deren Repräsentanten dann als „rechts“ gebrandmarkt wird, muss man sich über eine noch weiter zunehmende Spaltung der Gesellschaft nicht wundern! Armes Schlaaand!
Patrick Roetzel

Auf den Demonstrationen gegen rechts zeigt sich die offene Gesellschaft: präsent, wach, überall, viele! Die Botschaft: Wir wollen Demokratie! Wir holen uns die Straßen zurück, die Plätze, die Öffentlichkeit! Wir sind das Volk! Wir – symbolisch und sehr real: Wir spüren die Energie der Demokratie. Wir sind die Energie, die den Wendepunkt bewirkt: Der außerparlamentarische Raum ist mehrheitlich demokratisch gesinnt und begrenzt die rechte Expansion. Der rechte Angriff ist gestoppt, die Jagd beendet. Die rechten Narrative klingen im neuen demokratischen Resonanzraum hol und implodieren. Eine Chance für die Politik. Und ein Auftrag. Sie sollte nun das mit dem Demokratisierungsschub verbundene Momentum klug nutzen: Durch gute Politik (und nicht durch Anbiederung!) eine Verbindung zu den Menschen herstellen, um sie bei den relevanten Themen unserer Zeit mitzunehmen. Und um verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen. Der Schub ist auch eine Chance für die Regierung und die demokratische Opposition, auf jeden Populismus zu verzichten und die Menschen und die Lage endlich ernst zu nehmen. So verhallt das rechte Gespenst.
Reinhard Koine

Die merkwürdig Verstummten verschaffen sich Luft, Ausdruck gelebter Demokratie und Pluralismus. Der Kommentar erweist sich dabei als Akt der Selbstvergewisserung und Approbation eigener Geisteshaltung. Es bleibt jedoch eine Ambivalenz zB gegenüber dem Mob in Neukölln und andernorts, der den Racheakt in Gaza frenetisch bejubelte. Meist verstörtes Schweigen darüber in der Medienszene, um nicht als Rassist in der rechten Ecke zu landen. Diese vor allem von den ör Funkhäusern penetrant kultivierte Doppelbödigkeit und Einäugigkeit nagen an der Glaubwürdigkeit der Protagonisten und machen es den Gegnern leicht, ihr Spiel fortzusetzen. Allein der Kampf gegen Rechts löst nicht die Flüchtlingsmisere.
Christoph Schönberger

Die Analyse von Giovanni di Lorenzo bringt es treffend auf den Punkt. Zum einen könnte die Politik seit jeher viel mehr gegen rechtes Gedankengut und auch Antisemitismus tun, indem sie beispielsweise im gesamten Bildungswesen den Geschichtsunterricht deutlich aufwertet und stärkt. Zum anderen gibt es eine nicht unerhebliche Korrelation zwischen dem rasanten Anstieg der Umfragewerte der AfD und der galoppierenden Inflation in vielen essentiellen Lebensbereichen, da es noch gar nicht so lange her liegt, dass die Rechtspopulisten bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein sogar an der 5-Prozent-Hürde gescheitert sind. Deshalb muss die Ampelkoalition die sozialen Sorgen vieler Menschen wesentlich ernster nehmen, wozu insbesondere gehört, über eine fairere Krisenlastenverteilung nachzudenken, bei der nicht mehr die Haushalte mit einem mittleren und niedrigen Einkommen überproportional stark belastet werden, da ansonsten der so gerne in den Sonntagsreden der Politik verwendete Begriff des gesellschaftlichen Zusammenhaltes nicht mehr als nur eine leere Floskel ist!
Rasmus Ph. Helt

Der Autor weist völlig zurecht darauf hin, dass sich die Politiker der wohlwollenden Parteien nicht dauerhaft auf derartige Bürgerproteste, wie wir sie jetzt erleben durften, verlassen sollten, obwohl diese Versuchung wohl sehr real sein dürfte. Deswegen können und dürfen die Massendemonstrationen der letzten Woche (leider) NICHT als Wendepunkt eingestuft werden. Sie könnten aber im besten Fall zu einer politischen Wende führen, welche die AfD mittels echter Problemlösungen entbehrlich macht.
Christian Voll

Das die AFD demokratisch gewählt und im Bundestag sitzt, das haben die VERTEIDIGER DER Demokratie nicht verhindert, zu spät sind sie vom Sofa aufgestanden und sichtbar geworden. Im diesem Wahljahr- 3 Landtagswahlen und die Europawahl werden zeigen ob es gelingt- den Rechtsextremismus zu stoppen. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, eine Aussage von Gorbatschow- die auch heute noch zutreffend ist.
Thomas Bartsch Hauschild

Der Einfluss von Sprache auf unser Verhalten und die Wirkung auf die Sprache durch unser Tun verkrampfen meine Selbstsicherheit im öffentlichen Raum zusehends. Unsere Welt ist in Unordnung. Die Sorge um das tägliche Brot treibt zwar noch nicht die ganze Menschheit um, aber die Millionen Opfer von Krieg und Vertreibung spüren als zugerichtete Migranten schon heute überall auf dem Globus den triftig anwachsenden Sturmwind der Veränderung täglich mehr am eigenen Leibe, und zwar in allen prosperierenden Staaten dieser Erde. Nichts ist heute sicherer als die Veränderung im politischen, industriell-ökonomischen und ökologischen Raum, die für die Menschheit insgesamt durch Klima und Technologie unvermeidbar scheint und uns immer stärker verunsichert als gerade noch diffuse Bedrohung. Und gerade diese und meine Magenkrämpfe sind sehr beängstigend!
Seit Karl Marx zieht Wissenschaft die Erkenntnis in alle Überlegungen der Geschichtsschreibung mit ein, dass die menschliche Geschichte die Geschichte von Klassenkämpfen ist. Krieg dagegen ist der allgemeine Topos zur langfristigen Dokumentation geschichtlicher Entwicklungen. Von den Pharaonen über Alexander den Großen, die griechischen Stadtstaaten und die Römer als Usurpatoren der halben damaligen Welt bis zu Hagen von Tronje und dem Kampf um den Nibelungenschatz – nichts als Krieg und Kämpfe. Weiter sind uns gewaltige Schlachten über Dschingis Khan zu Gustav II. Adolf von Schweden im dreißigjährigen Krieg und Napoleon vor mehr als 200 Jahren bis zu den beiden großen Kriegen der vergangenen Gegenwart des letzten Jahrhunderts als die Inhalte von Geschichte vermittelt worden. Die mittelalterlichen Ritterkämpfe waren ebenso wenig Spiele wie die Olympischen. Kampf bestimmte die Kreuzzüge und die Geschichts-Literatur der Neuzeit wird sich nicht nur mit dem Überfall der Ukraine durch Russland und der Hamas beim Abschlachten von 1.200 unschuldigen Bürgern eines zivilisierten Landes am 7.10.2023 auf israelischem Boden befassen. Überall war und ist Krieg, gibt es Kämpfe zwischen Gruppen, Parteien und Institutionen aus religiösen, politischen oder rassistischen Gründen. So what?
Das historische Vermächtnis ist nicht nur Geschichte als Bericht in Epen von Helden und über Mythen, sondern Kampf und Krieg bestimmten schon immer das tägliche Dasein von Lebewesen in Wettkämpfen und Wettspielen, in Ehe-, Rosen- und Zickenkriegen sowie in Kämpfen um Futtertröge und beste Positionen auf Marktplätzen und in der Hierarchie von Unternehmen – nicht zu übersehen Darwins Kampf ums Überleben der Besten (survival of the fittest). Selbst Liebesspiele arten in Geschlechterkämpfe aus. Eltern nennen die Kriegsspiele Jugendlicher verharmlosend Datteln, obwohl es fast immer an den Play Stations um Leben und Tod geht. Lara Croft, Spiderman und Co kämpfen für Gerechtigkeit und den Erhalt der Welt – sollen wir glauben. Jeder KHK kämpft in den täglichen Krimis um das Gute und für die Gerechtigkeit für uns. Wie gerne geben wir uns diesen Illusionen hin. Wie gut muss doch eine Welt sein, in der jeder tapfer am Arbeitsplatz ums tägliche Brot kämpft – besonders auch dann bei eigenen Krämpfen von Überfluss, Neid und Missgunst. Tröstend stellen wir uns dem Kampf gegen Viren und unterstützen die Ärzteschaft und die Pflegekräfte beim Kampf gegen Hygienegefahren. Angeblich kämpft die Verwaltung gegen zu viel Bürokratisierung und die Christen sind stark im Kampf gegen den Unglauben, den Teufel und andere Dämonen in uns.
Ich wundere mich nicht, dass sich die Gesellschaft in eine neue Richtung verändert, die allgemein als Sorge in den aktuellen Demonstrationen für Menschenrechte und Demokratie in unserem Land derzeit ihren sichtbaren Ausdruck sucht. Durch soziale Medien und moderne KI-Technologien ist ein täuschendes Klima der Unverwundbarkeit des einzelnen entstanden. Lehrer trauen sich nicht mehr, mit der nötigen Strenge zu lehren – das Wort Erziehung ist verpönt –, Polizisten werden auf Mäßigung getrimmt und zeigen extremes Verständnis für die Delinquenten. Nothelfer werden auf offener Straße angegriffen, weil es keinen Respekt mehr vor institutionellen staatsnahen Hilfskräften wie bspw. Feuerwehr und Notärzten gibt, obwohl etliche von denen freiwillig und ehrenamtlich tätig sind. Die individuelle Selbstüberschätzung ist mit Google, Amazon und Co. als Stützpfeiler einer Online-Ökonomie leicht zu haben, besonders, wenn man nichts mehr in Büchern liest, sondern sich fast ausschließlich online informiert und so immer weniger in der Lage ist, die wirkungsnahen Fakten von gezielten Meinungen zu unterscheiden. Trump lässt grüßen!
Eine schwache Presse springt auf alle Züge der uralten Werbeforschung, die nur das Negative für gute Nachrichten hält, weshalb es wohl kaum noch Gutes und Richtiges über die praktische Politik als Einsicht in die Notwendigkeit objektiv anzuerkennen gibt. Es ist zum Verzweifeln! Mehrheiten werden per Maus-Click potenziert und Likes ersetzen persönlichen Austausch von Mensch zu Mensch. Was sich in sozialen Medien abspielt, ist die einzige Wahrheit – wer zweifelt ist out. Ich schreibe und lese Bücher, also hat mich mein Enkel ‚altmodischen Opa‘ genannt – und ich habe mich dann konsequent auch bei Facebook und Instagram als OpaAFA eingeschrieben. So werde ich jetzt wie selbstverständlich und kritikfrei nur noch von wildfremden Leuten mit Opa als Vorname und AFA als Identitätsform adressiert. Die schöne neue Welt wird wohl dann real, wenn die Alternative für Deutschland endlich die missliebigen Ausländer des Landes verbannt und mein Geburtsland und das meiner Familie seit 1698 von denen zurückgewonnen hat. Ich werde dann in aller Demut mit einigen Magenkrämpfen klatschen und mich freuen, dass es die SPD dann auch nicht mehr gibt, denn selbstständig politisch denken tun ja dann die neuen Herrscher dieser blitzsauberen Welt ohne Kriege und Kämpfe, denn das herauf beschworene Neue ist offensichtlich allmächtig und enthebt unbedeutende Menschen (Rentner!) wie mich nicht nur jeder aktiven Verantwortung für Kultur und Humanität, sondern verspricht mir eine heile Welt ohne Krieg, Kampf und Krampf. Aber – sei euch ins Stammbuch geschrieben – mein krampfhafter Widerstand spiegelt sich nun auf der Straße wider. Danke schon mal an Alle, die da mitmachen, und ein Prosit auf das, was da noch kommt!
Andreas F. Achenbach

Die „Gefahr“ der AfD ist nicht gebannt und nicht einmal im Ansatz verstanden. Wäre die AfD eine fremde Macht, die uns in einem unachtsamen Moment überfällt, dann hätten sämtliche Zeit-Artikel eine Richtigkeit. Aber die AfD ist keine fremde Macht! Sie gehört zu uns. Sie ist unser Schatten. Sie ist die Resonanz etablierten Unvermögens. Je radikaler die bundesdeutsche Politik wird, desto radikaler der Widerstand. Oder will sich jemand lächerlich machen, indem er behauptet, diese Energiepolitik wäre nicht radikal? Nicht die AfD bestimmt die Themen, sondern die etablierte Politik. Nicht die AfD hat die Macht, der Ausgrenzung und eines Kontakt-Tabus. Das machen die Eliten. Ebenso wie Staatsversagen, wirtschaftlicher Niedergang und Wohlstandsverlust. Die Ausgrenzung der AfD ist von Anfang an total. Damit verweigert der etablierte Teil der Gesellschaft jedes Mitspracherecht der AfD in der Gesellschaft und genau so ein eigenes Mitspracherecht zur Entwicklung der AfD. Das Verhältnis zur AfD entspricht dem Kriegsrecht gegen eine fremde Macht. Die Etablierten lassen keinen Türspalt offen für eine friedliche oder demokratische Auseinandersetzung. Aber ein AfD-Verbot wird es nicht geben. Eine bessere Ablenkung vom etablierten Politikversagen als die AfD, wird es nicht geben. Die AfD kann man nicht bannen. Sie ist unser böses ICH. Die AfD, das sind wir selbst.
Fred Klemm 

Der Autor spricht in Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen die AfD und Rechts über Kipppunkte, überwunde Lethargie, Mobilisierung der Bevölkerung und das Bekenntnis zur Demokratie. Solch ein Aufbegehren ist so gut und richtig, wie es populär ist. Zu hoffen bleibt, dass, wie der Autor meint, es bei Teilen der AfD Anhänger zu einer Bekehrung kommt. Weiterhin spricht er von eindrucksvolleren Demonstrationen, wenn sich Politiker um Themen kümmern, mit denen die AfD auf Stimmenfang geht.  Dem ist nur zuzustimmen. Was leider sowohl in der Berichterstattung der Medien und bei oft zitierten Soziologen zu kurz kommt, ist der Verweis auf das Wahlrecht.  Es wäre viel gewonnen, wenn die Demos dafür sorgen, dass die Wahlbeteiligung erkennbar steigt.  Bei Quoten von 60 bis 75% Wahlbeteiligung bleibt deutlich Luft nach oben. Auch und vor allem die Teilnehmer der Demos sind aufgerufen hier für 80 bis 90 % zu sorgen.  Ein Mangel an Wahlen gab und gibt es nun wirklich nicht. Stimmt man für eine demokratische Partei, verringert sich der Stimmenanteil der Rechten schon rein mathematisch. Also raus aus der Lethargie und auf zu den Wahlurnen.
Wolfgang Klein

Den Gedanken dieses Leitartikels kann ich mich leider nicht anschließen. Aus meiner Sicht sind die intuitiven Demonstrationen Reflexe auf die Wahlvoraussagen für die AfD. Es sind öffentliche Bekenntnisse angesichts einer offensichtlichen gesellschaftlichen Fehlentwicklung. Die Öffentlichkeit zeigt kein Interesse, die Ursachen dieser Fehlentwicklung unserer demokratischen Praxis unvoreingenommen diskursiv zu debattieren. Die Verständigung/Auseinandersetzung mit der politischen Rechten in der Öffentlichkeit „darf niemanden diffamieren, diskreditieren und marginalisieren. Die Sicht auf den anderen als ebenso freie und gleiche Person, wie ich mich selbst sehe, als Träger menschlicher Würde, die individuellen Respekt und kulturelle Anerkennung verdient, ist kein leeres Ideal, sondern normative Grundlage der Demokratie.“ (s. S. 153/154, Julian Nida-Rümelin,“Cancel Culture“ Ende der Aufklärung). Statt „Cancel Culture“ und „Deplatforming° ist die menschliche Fähigkeit der „theoretischen Vernunft, Ereignisse zu erkennen und zu erklären“, zu fördern und zu nutzen. Dazu gehört weiterhin die argumentative Kritik mit Sicht auf andere als freie und gleiche.
R. Reiger

Ich hege keine Sympathien für die AFD, deren Verhältnis zu Putin, zur NATO und EU und zur deutschen Vergangenheit mehr als fraglich ist. Aber gerade die Weimarer Republik lehrt uns, dass man eine unliebsame Partei nicht wegdemonstrieren kann. Solide, bürgernahe Politik der regierenden Parteien ist erfolgversprechender. Und ich misstraue Begriffen, die als Platzhalter für alles Mögliche taugen. Nicht alles, was einem nicht passt, ist „rechts“, und unter „Vielfalt“ und „Toleranz“ verbirgt sich oft ganz viel Konformität mit dem Zeitgeist und Ausgrenzung Andersdenkender. In der DDR waren Regimekritiker auch alle rechts, Nazis und Faschisten; Marx, Engels, Lenin, Stalin, KGB, SED, Stasi, Mao usw. – sie alle kämpften gegen „rechts“. Ein „Kampf gegen Rechts“ (statt gegen Radikale, Extremisten, Antidemokraten und Freiheitsfeinde aller Art) ist stets eine Methode antidemokratischer, totalitärer Systeme, typischerweise mit marxistischer Prägung. Auch Putin bedient sich der Nazikeule, um seine Verbrechen zu rechtfertigen. Und der sog. Antirassismus und Postkolonialismus hätte viel Zeit gehabt, gegen den auch in Deutschland grassierenden Antisemitismus auf die Straße zu gehen. Es wäre sehr viel angemessener, wenn die Leute gegen den seit Jahrzehnten grassierenden Neomarxismus und den vorwiegend linken und migrantischen Judenhass protestieren würde. Aber nein! Stattdessen demonstrieren Sie gegen die Opposition [sic!] – aufgestachelt von den Mächtigen. Wo gibt es denn so was? Wohl nur in Deutschland. Und in totalitären Systemen. Was würde passieren, wenn jemand die LGBT-Community, Muslime und andere politisch protegierte Gruppen auch nur annähernd so schmähen würde, wie dies unter anderem die Politiker der regierenden Parteien, regierungsnahe Medien und zahllose politisch korrekte Organisationen und Personen tun? Ganz offensichtlich wird in diesem Land immer stärker mit zweierlei Maß gemessen. Im Gegensatz dazu sagt unser Grundgesetz: GG Art 3: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Francis A. Schaeffer

Mich hat Ihr Artikel in ‚Die Zeit‘ vor Weihnachten zu den fehlenden guten Nachrichten irritiert. Und nun schreiben Sie in der aktuellen Ausgabe auf der Titelseite über die Demonstrationen der letzten Tage gegen die rechte Gefahr. Das wäre mal eine der lange erwarteten guten Nachrichten. Es ist gut, dass viele Menschen gegen die rechte Gefahr demonstrieren. Aber viel wichtiger ist es, dass die Menschen bei den kommenden Wahlen für das Europaparlament, die Landtage und 2025 bei der Bundestagswahl Wahl-Entscheidungen so treffen, dass Parteien Mehrheiten bekommen, die das Land und die Themen weiterentwickeln wollen. Die nicht mit ‚Einfach Dagegen‘ oder ‚Das muss alles kaputt gemacht werden, um Neues entstehen zu lassen‘ punkten wollen. Die einfach eine miese Stimmung erzeugen und weiter verbreiten wollen. Und da sehe ich nach dem vergangenen Wochenende keine Verbesserung, geschweige denn einen Wendepunkt. Es wird beispielsweise weiter über die Ampel geschimpft, mit teilweise sehr herablassenden Begriffen gegen die Ampel gearbeitet. Hat die Ampel – es handelt sich dabei immerhin um die Bundesregierung – das so verdient? Ist das wirklich inhaltlich gerechtfertigt?
In den Schmutz gezogen und übel beschimpft zu werden? Derart herablassend? Sie können sich sicherlich noch an die bundesweite Berichterstattung z. B. über die Elbphilharmonie in Hamburg erinnern. Was ist während der Bauzeit nicht alles über dieses Gebäude gelästert worden? Jeder, der halbwegs unfallfrei in der Lage war, einen einigermaßen zusammenhängenden Satz in ein Mikrofon zu sprechen, hat einen billigen und herablassenden Kommentar zur ‚Elbphi im Bau‘ abgegeben. Das war eben schick. Und manche glaubten, besonders witzig. Und heute? Die Elbphi ist der Stolz vieler Menschen und eines der Schmuckstücke von Hamburg, vielleicht sogar von ganz Deutschland. Der Zusammenhang der Elbphi zu den Demonstrationen am Wochenende mag sich Ihnen nicht gleich erschließen. Durch unsere Sprache und das, wie wir uns ausdrücken, erwächst eine aus meiner Sicht viel größere Gefahr für die Demokratie. Wie herablassend und verroht wir andere beschreiben. Einfach einmal so, quasi nebenbei. Das sehe ich als Gefahr. Dagegen lohnt es sich zu arbeiten, um unsere Demokratie und die Art wie wir leben wollen, zu schützen und zu erhalten. Auch gerne mal auf der Titelseite. Auch mal kritisch über die Medien, sei es Print, Online oder TV.
Ralf Mertes

Hunderttausende in hundert Städten haben protestiert. Haben gezeigt: „Eigentlich sind wir das Volk“. Das sollten sich die Rechts-braun-Versauten hinter die Ohren schreiben. Diese vor Selbstbewusstsein strotzende Minderheit ist nicht die „Elite“, auf die man in Deutschland gewartet hat. Die Botschaft der Demonstranten lautet ganz einfach: Euer völkisches Denken ist Opium fürs Volk. Aber nur, wenn in Berlin Regierung und Opposition ihren kleinkarierten, ideologiefixierten Politikstil von Grund auf umstellen, wieder an Zukunft und Transformation denken, ihre Politik verstehbar machen, erst dann, wird der Protest auf den Straßen und Plätzen nicht ins Leere laufen. Können die das wirklich noch?
Ulrich Mohr

Drei Viertel des Kommentars von Giovanni di Lorenzo habe ich kopfnickend gelesen. Aber in einem wichtigen Punkt fühle ich mich als Mit-Demonstrant gegen die AfD und weitere Rechtsaußen missverstanden: Meine Erwartungen an das, was die „etablierten“ Parteien bitteschön an Konsequenzen aus der aktuellen Demonstrationswelle zu ziehen haben, beschränken sich nämlich nicht darauf, dass sie sich um die Anliegen der Bürger kümmern, „mit denen die AfD auf Stimmenfang geht“, also zuvörderst das Thema Migration. Sicher, das auch; vielmehr erwarte ich von den Dauersprechern in der Regierung und der CDU aber erstens: Tut das bitte. bitte in einer Weise, die nicht zusätzlich Wasser auf die Mühlen der AfD leitet. Zum Beispiel, indem Ihr Euch (als Kanzler) nicht als Chef-Abschieber der Nation zu profilieren versucht und (als Oppositionsführer) nicht von vermeintlichen Erlebnissen beim Zahnarzt schwafelt. Und zweitens: Kümmert Euch endlich, auch wenn Euch das keine kurzfristigen Umfrage-Erfolge verspricht, um Themen, die das Thema Migration erst richtig scharf machen, zum Beispiel die Misere am Wohnungsmarkt und in den Kindergärten und Schulen! Eine Portion Nachdenklichkeit, Gewissenserforschung und Demut wäre dabei sicher hilfreich. Leider ziehen es manche Parteigrößen stattdessen vor, sich bei den Demos ans Mikro zu drängen und die Teilnehmer teils noch zu schulmeistern: Jetzt bleibt aber nicht beim Demonstrieren stehen; nachhaltige Wirkung erzielt Ihr nur als Mitglieder bei uns! Das wirkt nur peinlich und schadet dem Ansehen der Demokratie.
Josef Pütz

In „Good-Old-Germany“ läuft nach meiner Meinung sehr vieles nur noch unrund! Deshalb gehen jetzt auch sehr viele Menschen zum Demonstrieren auf die Straße. Demonstriert wird jedoch nur gegen die rechte AfD, aber nicht gegen die linke Ampel und deren desolaten Regierungsstil! Wo ist eigentlich der „gesunde“ Menschenverstand geblieben? Ständig reden wir nur noch übereinander und durcheinander, aber nicht mehr vernünftig miteinander! Wir sollten einfach wieder mehr Leichtigkeit wagen!
Riggi Schwarz

Ein neuer Spirit auf deutschen Straßen. Endlich demonstriert die Mitte der Gesellschaft, die normalen Bürger und der ein oder andere Politiker, gegen die AfD als Symbol für eine rechte Gefahr. Die demonstrierenden und alle anderen Politiker sollten über reale Politik Lösungen anbieten die alle, außer die AfD-Sympathisanten, erkennbar mitnehmen. Eine Politik für die normalen Menschen, ohne Parteigeplänkel und ohne Bevorzugung der eigenen Blase würde sicherlich den Rechten (AfD) und den Linken sowie (BSW = Bündnis Sahra Wagenknecht) argumentativ den Wind aus den Segeln nehmen. Mit den bisherigen Angeboten der Ampel ist das eher ein laues Lüftchen. Das immerwährende Zögern und Zaudern des Bundeskanzlers, vor allem die fehlenden Erklärungen zum nicht erkennbaren, versprochenen, Führungsverhalten treiben Wähler aus Protest zur AfD und zum BSW. Dass die vielen Demonstrationen mit Millionen Teilnehmern helfen die Ampel und die CDU/CSU auf einen Kurs zu bringen der nicht als abgehoben und Realitätsfremd vom Bürger empfunden wird bleibt abzuwarten. Die Regierung und die Opposition, die AfD natürlich immer ausgenommen, sollten nunmehr den „Deutschland-Pakt“ mit Inhalten, also mit Dialogen und gemeinsamen politischen Zielen und entsprechenden Entscheidungen, für alle Bürger/innen machen. Ansonsten läuft die deutsche Demokratie Gefahr, letztendlich nicht nur im Osten, fast unregierbar zu werden, da Bündnisse (Koalitionen) ohne die AfD schwer zustande kommen werden. Minderheitsregierungen dürfen nicht zur Gewohnheit werden, da sie immer sehr fragil sind. Zumal viele Abstimmungen für gewünschte Lösungen ohne die Stimmen der AfD keine Mehrheit haben. Brandmauer hin, Brandmauer her. Gute Politik mit konkreten Angeboten, gegen Geschwätz ohne jeglichen Inhalt für eine praktikable Politik, muss das Mittel der Wahl sein. Bleibt zu hoffen, dass sich die Proteste auch in der Wahlbeteiligung und im Wahlverhalten zeigen werden. Die erste „Nagelprobe“ wird die Europawahl am 09.06.2024 sein.
Felix Bicker

Uli Hoeneß hat es geschickt angestellt. In dem Bewusstsein, dass seine Rede nicht nur von Bayern-Fans gehört werden würde, hat er die Menschen dazu aufgefordert, wieder zu dem Stolz auf Deutschland hinzukommen, den es zur WM 2006 gegeben hatte. Kurze Atempause und dann betont er ausdrücklich, dass er die AfD bei diesem Prozess nicht dabeihaben möchte. Bravo, dass hätte ich ihm gar nicht zugetraut.  Uli Hoeneß entkräftet damit in wenigen Sätzen die Behauptung der AfD, nur sie könne Deutschland (wieder) zu einem stolzen Land machen. Ich wünsche mir noch viele solche Reden von Persönlichkeiten, die außerhalb der Politik Einfluss auf die Gesellschaft haben, und deren Wort etwas gilt. Die AfD und extreme Rechte tun gerne so, auch einen großen Teil der schweigenden Mitte zu vertreten. Eine Mitte, die sich von Politik und Eliten nicht verstanden fühlt aber angeblich von diesen so eingeschüchtert worden ist, dass die nicht mehr den Mund aufmachen mag. Die Großdemonstrationen gegen die AfD und extreme Rechte beweisen genau das Gegenteil davon und entziehen ihren Vertretern den Boden für diese Lügen. Überzeugte AfD – Wähler werden sich von den Demos vermutlich nicht beirren lassen. Giovanni di Lorenzo schätzt es richtig ein, das ganze Wahljahr werden sich die Menschen nicht zu solchen Großdemonstrationen mobilisieren lassen. Aber nun steht fest, dass die Bevölkerung in Deutschland Widerstand leistet und sich die Demokratie nicht wegnehmen lassen wird. Es müssen nicht nur Großdemonstrationen sein, gegenhalten, auch im privaten und beruflichen Umfeld, darauf kommt es an und ich finde, dazu muss jeder Demokrat seinen Beitrag leisten.
Regina Stock

Richtig, nicht mit uns. „Machen wir‘s den Schwalben nach“ empfahl vor über 100 Jahren Emmerich Kálmán in der „Czardasfürstin“. Machen wir’s den Polen nach, lautet aktuell die Empfehlung. „Die größte Verantwortung trägt nicht der Staat, sondern das mündige Subjekt. Also wir.“ Richtig, Friedrich Merz. Und der Wähler ist sich dieser Verantwortung bewusst. Wie sonst könnte er auf eines seiner Protestplakate schreiben, „Wenn die AfD die Antwort ist, wie dumm ist dann die Frage?“ Ich vertraue dem Wähler.
Wolfgang Pilz

Wut braucht Mut, um öffentlich für Freiheit und Demokratie, gegen Extremismus und Gewalt aufzurufen – in totalitären Staaten! Iranische Frauen riskieren Gefängnis und Folter, ja Tod! Wer dagegen in Deutschland gegen „rechts“ und die AfD demonstriert, tritt gefahrlos Türen ein, die schon dreiviertel offenstehen! Glaubwürdiger wären die Demonstranten gewesen, hätten sie in doppelt so großer Zahl protestiert – für die Freilassung der israelischen Geiseln, gegen die bestialischen Morde der Hamas! Entweder haben diese Gräuel bei ihnen nur wenig Mitgefühl geweckt, oder sie ahnten wohl schon, dass sie auf Gegendemonstrationen militanter Hamas-Anhänger hätten treffen können, wo sie sich manch blaue Flecken und Schrammen hätten einfangen können! Lieber „verzichteten sie weise Dann auf diesen Teil der Reise“! Glaubhafter wären sie auch gewesen, wären sie gegen alle Formen des Extremismus auf die Straße gegangen, also auch gegen Linksextremismus, Putinismus, Islamismus, Terrorismus! All diese -ismen verfolgen das gleiche Ziel: Auslöschen unserer Demokratie, Freiheit, Werte! Den Nationalsozialismus kennen die Demonstranten nur aus Geschichtsbüchern, von Filmen und vom Hörensagen. Die langen Jahre der kommunistischen Diktatur dagegen haben viele noch un- oder mittelbar erlebt, manch eine(r) darunter gelitten! Putin ist zwar kein Kommunist, herrscht aber über Russland wie einst die sowjetischen Despoten: er unterdrückt die Meinungsfreiheit, lässt Andersdenkende in Lager deportieren und überfällt Nachbarstaaten, die sich seinem Einfluss entziehen wollen. Sollte er sich die Ukraine einverleiben, wird er weiter Druck auf die europäischen Nachbarstaaten ausüben, bis er sich den gesamten ehemaligen Ostblock gefügig gemacht hat! Wir sollten nicht abstrakt gegen „rechts“ und gegen die AfD demonstrieren, sondern konkret gegen die Fratzen des Extremismus jedweder Art! Meine Parole lautete daher: Alle Demokraten sind dabei Gegen Höcke, Putin, Chamenei! Nützt alles nur, wenn die Ampelmänner endlich die großen heißen Eisen entschlossen anpacken und lösen! Zuvorderst die Dauerimmigration in unser schon ziemlich „buntes“ Land! Gelingt ihnen das nicht, werden sie bei den kommenden Wahlen ihr blaues und lila Wunder erleben: einen Wahlzettel-Kreuzzug für AfD und Wagenknecht!
Ulrich Pietsch

„Gegen einen Ozean pfeift man nicht an“, notierte Kurt Tucholsky im schwedischen Exil resignierend, wohin er vor dem „Nazi-Tsunami“ geflüchtet war. Für die Wasserfluten gibt es inzwischen internationale Tsunami-Warnsysteme, die funktionieren. In der Politik scheint man sich mit „Vorwarnsystemen“ etwas schwerer zu tun. Tucholskys Warnungen wurden in der Weimarer Republik in den Wind geschlagen. „Sie wollen nicht hören.“ Dabei hatte er 1929 gleichzeitig auch klargemacht: „…und nun wollen wir auch einmal Ja sagen, Ja zu der Landschaft und dem Land Deutschland. Dem Land, in dem wir geboren sind und dessen Sprache wir sprechen…Wir sind auch noch da. Deutschland ist ein gespaltenes Land. Ein Teil von ihm sind wir. Man hat uns zu berücksichtigen, wenn man von Deutschland spricht.“ Dr. jur. Kurt Tucholsky war dreieinhalb Jahre Soldat im Ersten Weltkrieg. Zur Rolle vieler Intellektueller in der Weimarer Republik meinte der Kritiker Marcel Reich-Ranicki, bisher sei die Rolle der linken Intellektuellen in der Weimarer Republik „und ihre Mitschuld an deren Untergang“ nicht hinreichend dargestellt worden. Für die Sozialdemokraten hatte Tucholsky übrigens eine mathematische „Aufgabe mit imaginären Größen: Eine sozialdemokratische Partei hat in acht Jahren 0 Erfolge. In wie viel Jahren merkt sie, dass ihre Taktik verfehlt ist?“
Wilfried Mommert

Im letzten Absatz – nach dem Zitat des Kanzlers – schreiben Sie: „Aber die eindrucksvollere Demonstration wäre es, wenn sich Politikerinnen und Politiker um die Themen kümmerten, mit denen sonst die AfD auf Stimmenfang geht, und damit um die Rückgewinnung jener, die kein gefestigtes rechtsextremes Weltbild haben.“ Nach meiner Überzeugung müsste die Formulierung „Aber die eindrucksvollere Demonstration wäre es, …“ viel klarer und fordernder heißen: „Aber die dringender gebotene Notwendigkeit wäre es, …“. Das ist mein Anspruch an Politik gerade in dieser Zeit. Dieser – nicht mehr aufschiebbaren – Notwendigkeit müssen sich unsere Politiker bewusst werden. Auch die ZEIT sollte die absolute Dringlichkeit dieses Anspruches an die Politik klar auf den Punkt bringen. Denn wir haben keine Zeit mehr!
Norbert Schweins

Weil die bekannte Seidenweichheit – ich schätze sie, weil sie mir fremd ist – eines Giovanni di Lorenzo den erforderlichen Nachdruck vermissen lässt, gilt es, seinen zutreffenden Verweis auf die parteipolitischen Begleiterscheinungen von Demonstrationen gegen die AFD stärker zu betonen. Dem natürlichen Schweigen der AFD ist diese heuchlerische Widmung von Parteigranden oder gar Bundespräsident gleich bedeutsam, weil sich das Nutznießen der Rechtspopulisten auf die parteipolitischen Verkürzungen der eigentlichen gesamtgesellschaftlichen Handlungspflichten demokratischer Politik bezieht. Aber ist journalistisch naiv, anzunehmen, dass der durch einen „erfolgreichen“ Selektionsprozess erreichte Befähigungsrahmen in den Parteien dafür ausreicht. Das Ergebnis dieses Prozesses ist die Grundlage für die von der ZEIT an Scholz gerichtete gleiche Frage: „Sind Sie noch die Richtigen, die deutschen Parteien?“
Jürgen Dressler

Nun sind die Demokraten froh. 1.18 % der Bevölkerung war gegen die rechte Gefahr (oder AFD) auf der Straße. Aber was nutzt es? Latent war die Fremdenfeindlichkeit schon immer präsent in dieser Republik. Die DDR hatte die Vietnamesen und in der BRD wurde (und wird noch) das Thema stets von bestimmten demokratischen Parteien am Köcheln gehalten und es wird jetzt gestaunt, dass der Zauberlehrling versagt hat. Die Aussage von Strauß „rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratische legitimierte Partei geben“ ist schon lange obsolet.  Entschieden wird an der Wahlurne. Ob ein Umdenken beim AFD-Sympathisanten angekommen ist, wage ich zu bezweifeln. Der Trend von Amerika und vielen anderen europäischen Staaten (F, NL, I, S…usw) setzt sich in erschreckender Geschwindigkeit fort.
Joachim Nietupski

Nach der Lektüre von „Nicht mit uns! “ und „Könnte das Geheimtreffen…“ muss man den Eindruck gewinnen, die Recherche von CORRECTIV habe die Wahrheit ans Licht gefördert, die Ausführungen der befragten AfD-Funktionäre seien hingegen unglaubwürdig. Wenn ein Journalist erkannt hat, dass der Gesprächspartner ein leitendes Interesse an seinen Ausführungen hat, müsste er da nicht sorgfältig recherchieren, nachfragen, Beweise sammeln und Authentizität zur Bedingung für seinen Bericht oder seine Meinungsäußerung machen? Es ist doch offensichtlich, dass CORRECTIV, was man gut oder schlecht finden kann, der AfD schaden will und Gründe finden, diese Partei zu belasten. Anstatt darauf zu bestehen, dass das Recherchemedium mit konkreten Zitaten aufwartet, die den Schluss zulassen, dass der Hauptredner oder andere Teilnehmer des Gesprächskreises in Potsdam tatsächlich die illegale Abschiebung von Millionen Migranten gefordert, geplant oder empfohlen haben, verlässt man sich auf Paraphrasen. Das sind gewöhnlich ungenauere Umschreibungen mit persönlichen Einfärbungen. Sie lassen mehr Interpretationen zu als wörtliche Zitate.
Und diesen Umstand machen sich neben Politikern auch Chefredakteure und Mitarbeiter der ZEIT zunutze. Bei der Befragung der AfD-Funktionäre lassen sie dagegen größere Sorgfalt walten; da heißt es, es wird „behauptet“, „angeblich“, „versuchen in Zweifel zu ziehen“, ob das stimmt…ist nicht überprüfbar, „unsere Recherchen legen nahe“, „so richtig glaubt das … keiner mehr“,“ im AfD-Sinne“ umgedeutet, „man kann sich vorstellen“ usw. Nur weil die Recherche von CORRECTIV so summarisch und unpräzise ist und den Verlautbarungen der Teilnehmer an der Besprechung keinerlei Glauben geschenkt wird, können sich Medien erlauben, von Deportation zu sprechen und die Innenministerin von Wannseekonferenz. Gegen solche Machenschaften müssen sich die Demokraten zur Wehr setzen! Wollten ich es ihnen mit Anspielungen auf die Nazizeit gleichtun, könnte ich sagen, wenn die deutschen Behörden vor 100 Jahren den rebellischen Schlucker aus Braunau am Inn ausgewiesen hätten, statt ihm die deutsche Staatsbürgerschaft zu verleihen, wäre uns viel erspart geblieben.
Johannes Kettlack

Hilflos und lethargisch erscheint ihr von oben herab bewertender Text, jedoch sicher nicht wir, sprich diejenigen in Deutschland, die sich engagieren und aufstehen gegen Nazis, gegen Rechtspopulisten, gegen eine lethargisch und konträrinteressengeprägte an Handlungsunfähigkeit grenzende Regierungsgilde. Wenn Sie jener final eine vergleichsweise noch eindrucksfähigere Demonstration in Aussicht stellen, dann haben Sie die Wucht dieser größten deutschen Demonstrationen ebenso wenig verstanden wie die verheerenden Zeichen der Zeit. Dank gilt vielmehr allen Organisatoren und Danke! Danke! an die Million Menschen, die den demokratiefeindlichen Rechtsruck erkannt haben und eben gerade nicht lethargisch hinnehmen, sondern dafür alles liegen lassen und auf die Straße gehen. Und Schande der Polizei, die sich außerstande sah oder nicht willens war, diese wichtigsten Demonstrationen in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands zumindest ihrer Aufgabe entsprechend zu schützen, sondern sie meist unfähigkeitsbedingt abbrechen ließen.
Georg von Unold

Vielen Dank für den Kommentar auf S. 1 wie auch den dankenswerten Abdruck etlicher Leserbriefe auf S. 15 zu den zusammenhängenden Themen der Bauernproteste, der Wut und dem Zustand der Ampel, die auch die Einseitigkeit, Übertriebenheit bis Ungerechtigkeit vieler Vorwürfe kritisieren mit einer viel öfter nötigen Kritik auch etlicher Kritiker!  Die oft eine „Mitschuld der Ampel“ für die Erstarkung und Radikalisierung der AFD behauptenden haben natürlich teilweise Recht, denn sie hat mit unterschiedlichen Anteilen der drei Parteien viele Wähler und Bürger enttäuscht und frustriert, die jeweils eigene Bedürfnisse, Besitzstände, Wünsche und Sichtweisen unbefriedigt oder in Gefahr sehen.  Aber „SCHULD“?  Man kann die Ursächlichkeiten auch bei vielen anderen „Tätern“ der gegenwärtigen realen oder aufgebauschten Belastungen und Probleme sehen wie Putin, den Versäumnissen früherer Regierungen, Desinformationskampagnen seitens Geheimdiensten und rechtsradikaler wie auch mancher damit Geld machender Lügengeschichten-Erzähler  und den ebenso profitierenden a-/sozialen Medien.  Dazu gibt es viele Erwartungen und Forderungen, die vielleicht kurzfristig vorteilhaft und bequem erscheinen, aber andere umso mehr belasten und die Zukunft vor allem unserer Kinder und Enkel und denen der Welt ruinieren, was entweder ignoriert, verdrängt, verschwiegen oder gar bewusst in Kauf genommen wird mit einer Haltung „nach uns die Sintflut“ oder „nicht auf meine Kosten“, de facto dafür umso mehr vieler anderer.
Diese Haltungen, Ignoranzen und Desinformationen wurden von Herrn Gehm in den Schleswiger Nachrichten hervorragend formuliert mit einem Kommentar „Gift der Gesellschaft“ mit den eher asozialen Medien als „Adern, durch die Gift in unsere Gesellschaft fließt“ wie vergiftetes Blut in einen noch lebenden Körper.  Das ist am ehesten „Schuld“ der bisher verantwortlichen Politiker, aber vielleicht auch von Medien und Gesellschaft, dass dem zu lange, sei es aus überzogener Toleranz oder „Meinungsfreiheit“ oder wegen der Arbeit und Kosten der Bekämpfung und Kompliziertheit der Materie durch Datenschutz etc.  „wie gelähmt zugeschaut“ wurde, statt Grenzen zu setzen.  Wobei die Grenzen „idealerweise durch knallharte Geldstrafen“ sichtbar werden sollten, wie im Kommentar der Schleswiger Nachrichten empfohlen.  Es ist schwer zu ertragen, was im Internet alles unwidersprochen und ungehindert läuft, was in Rundfunk- und Print-Medien kaum denkbar oder mindestens viel seltener ist. Die oft geforderte „bessere Politik“ oder Umsetzung der Wünsche „der Menschen“ ist alles andere als einfach und oft die Quadratur der Kreise oder mit unverantwortlichen Langzeit-Risiken verbunden, und sowieso verstehen unter „besserer Politik“ die einen und die anderen oft völlig gegensätzliches oder miteinander unvereinbares.  Auch das sollte mehr als bisher bewusst gemacht werden.
Was Menschen laut AFD und anderer „spüren“ und was vermeintlich „das Wohl des Volkes“ ist, ist auch keineswegs nur von Fakten bestimmt, schon gar nicht von wissenschaftlichen Zukunftsprognosen für den Fall verschiedener jetziger Verhaltens-  und Politik-Weisen,  sondern  kann genauso Resultat von  Desinformationen und Manipulationen  und vermittelten oder selbstgewählten „Tunnelblicken“  sein.  Dementsprechend versteht unter „Wohl des Volkes“ auch fast jeder etwas anderes, auch abhängig, ob nur das jetzige oder auch das künftige, ob nur das in den eigenen Kanälen verbreitete oder auch das von Wissenschaftlern vertreten notwendige betrachtet wird.  Gegen solche Fakten und erweiterte Sichtweisen haben sich oder sind viele inzwischen derartig immunisiert und abgeschottet wie in einer Sekte oder Verschwörungs-Erzählungs-Gemeinschaft.  Es wird nur noch das geglaubt oder erlebtes so umgedeutet, dass es zur einmal gefassten Sichtweise passt.  Der „harte Kern“ ist kaum noch für andere Argumente erreichbar.  Andere können noch irgendwann durch gute persönliche Beziehungen, Erlebnisse und vielleicht vorsichtige Hinweise zunächst zu Zweifeln kommen, aus denen sich dann Bereitschaft und Prüfung zu neuen Sichtweisen entwickeln können.
Einige meinen auch, die Demos seien ein quasi unverdienter Glücksfall für „die Ampel“, da sie von deren „Fehlern“ ablenke und man müsse mit gleichem Aufwand für u. gegen vieles andere protestieren.  Natürlich gibt es mehr Gründe sich zu engagieren als „gegen rechts“, was sowieso viel zu verallgemeinert ist, wenn damit alles mit suggeriert wird, was irgendwo rechts von der Mitte einzuordnen wäre. Wenn man den Begriff „rechts“ derart weit, vielleicht inflationär, fasst oder dies mindestens offen lässt,  kann man links von der Mitte  alles in einen Topf werfen, was einem selbst nicht gefällt oder gegen den Strich geht, z.B. nicht ordentlich zu gendern oder sich Sorgen zu machen, was wir unseren Nachkommen nicht nur durch Klima und andere Zukunftsvernachlässigungen hinterlassen, sondern auch ihnen und den Inflationsopfern durch noch größere Schuldenberge,  oder wenn jemand eine stärkere Ausstattung und Befugnisse der Polizei gegen Vandalismus, Umweltverschandelung, oder  Bedrohungen, Beleidigungen und Verleumdungen in den a-/sozialen Medien befürwortet.  Besser wäre zu sagen „gegen rechts-kriminell“, gegen „rechts-verfassungsfeindlich“, „rechts-gewaltbereit“, „rechts-intolerant“ oder auch rechtsextremistisch.
Aber man kann auch nicht gegen alles gleichzeitig demonstrieren,  und man kann auch von der besten denkbaren Regierung nicht erwarten, alle seit Jahrzehnten von Vorgängern, vom ganzen Volk oder auch von ausländischen Mächten angehäuften oder gar verleumderisch erfundene Problemen sofort zu beheben, und schon gar nicht  ohne dafür mehr Steuern zu bekommen oder mehr Arbeitsbereitschaft vieler  auch für die  Integration, Qualifizierung oder Ausbildung, oft auch Spracherwerb, Therapie oder Überprüfung  der verfügbaren noch nicht erwerbstätigen Menschen, wie auch in dem ebenfalls hervorragenden Artikel auf S. 17 „was machen die eigentlich“ deutlich wird.  Bei der häufigen Verwendung des Wortes „die“ vor irgendeiner kritisierten oder verurteilten Politik zu irgendeiner Problematik wäre auch zu fragen, welche Anteile der verschiedenen Parteien auch in der jetzigen Regierung denn gemeint sind, die quasi von Wähler „zwangsverheiratet“ wurden.  Auch hätte die Erfüllung der Wünsche von Teilen der demonstrierenden zur Folge, dass andere sich umso mehr benachteiligt fühlen und umso mehr demonstrieren oder streiken oder Protestparteien wählen.  Die Entscheidungen und Maßnahmen in „der Politik“ sind schließlich voller Dilemmas und unter Druck von in gegensätzliche Richtung gehender Forderungen und Notwendigkeiten.
Auch eine gedachte beste Regierung kann unter  Zeitdruck und Dilemmas nicht unfehlbar sein, und schon gar nicht zaubern  oder Probleme weg waschen ohne jemand nass zu machen, und das schon gar nicht, wenn man auch Folgen und betroffene  in der mittleren bis ferneren Zukunft gerecht und fair berücksichtigt,  die manche protestierenden  und schnelle bequeme Lösungen fordernde — oder versprechende — ignorieren wie nach dem Motto  „nach uns die Sintflut“. Dass die derzeitigen Demos gegen Rechtsextremismus  „ein Glücksfall“  für die jetzige Regierung sind, kann man abgesehen von dem viel wichtigeren “ Glücksfall“  für die Demokratie  auch als gerechten oder gar überfälligen Ausgleich betrachten für die vielen „Unglücksfälle“ und Dilemmas, die die „Ampel“ vorher zu verkraften hatte,  noch mehr für Anteile einzelner Parteien in ihr,  die nicht selten für das, was andere Beteiligte erzwungen haben, mit in Haftung genommen werden.
Peter Selmke

Hunderttausende gehen gegen die AfD auf die Straße. Bei den Protesten mit dabei oder zumindest dafür sind auch Politiker wie Scholz und Baerbock in Potsdam sowie etliche Ministerpräsidenten. Ist das noch Chuzpe oder einfach nur dreist, wenn dieselben Personen, die durch ihr Tun oder Unterlassen den Höhenflug der AfD erst möglich gemacht haben, nun gegen die Folgen ihrer eigenen Politik protestieren – die brachiale Durchsetzung einer abenteuerlichen Energiewende oder die Weigerung, eine die Gesellschaft zersetzende irreguläre Einwanderung durch wirksame Maßnahmen zu begrenzen? Sehr viele Wähler, denen die AfD eigentlich zu unappetitlich ist, werden dennoch ihr Kreuz bei dieser Partei machen in der Hoffnung, die Ampel durch indirekten politischen Druck zu einer Politik zu bewegen, die den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Land Rechnung trägt.
Ernst-Peter Hoffmann

Es ist schon erstaunlich, dass Herr Di Lorenzo in die Lobeshymnen Des Herrn Steinmeier einstimmt. Beide sagen, dass sie froh sind, dass Das Volk gegen Rechts aufsteht und demonstriert. Es ist wohl diesen Beiden Herren nicht aufgefallen, dass zurzeit demonstrieren „en Vogue“ Ist, so nach dem Motto da hat man hinzugehen. Diese Demonstrationen Bringen nicht viel, außer eine Selbstbefriedigung der Demonstranten, so Nach dem Motto: Wir tun was gegen Rechts. Schade, ich vermisse bei Beiden Herren, die Aussage, dass eine gute Demokratie solche Tendenzen Aushalten muss, und vor allen Dingen, dass sie gegen diese Richtung Politisch ansteuern muss durch Politik, die gut und verständlich ist.
Manfred Mengewein

MENSCHEN FÜR MENSCHEN! Die aufrechte Zivilcourage einer Gräfin Dönhoff gehört in Zeiten des Hasses der Vergangenheit an. Auch in den Leitartikeln der “Zeit“, die fortschreitende Spaltung nützt den Herrschenden, getreu dem Motto: ,,wer nicht leiden will ,muss hassen!“ Ein Land auf dem Weg in die Selbstzerstörung, begleitet von der “Zeit“
Christiane Dieckmeyer

Besorgte Bürger gehen derzeit auf die Straße und protestieren „gegen rechts“. Die Politik sollte sich stattdessen fragen weshalb die AfD seit geraumer Zeit sich eines enormen Zulaufs erfreut und dass der neuen Partei BSW, die noch nicht einmal ein Wahlprogramm hat, 2-stellige Ergebnisse zugetraut werden. Es ist ganz einfach die miserable Politik, und nicht erst die der Ampel, die die verzweifelten Bürger in die Arme von Parteien am Rande drängt. Weimar lässt grüßen. Die AfD ist ganz sicher eine kritisierenswerte Partei. Ob sie wirklich verfassungsfeindlich oder antidemokratisch ist, das müsste tatsächlich erst erwiesen werden. Jedenfalls hat sie noch nie behauptet, die Demokratie abschaffen zu wollen. Ganz anders ist das bei zahlreichen Personen und Organisationen, die seit Jahrzehnten die Politik nachhaltig beeinflussen. Sie verlangen völlig ungeniert und offen, die Demokratie abzuschaffen. „Mit demokratischen Mitteln können wir die „Transformation“ nicht bewältigen“. Diese Aussage finden Sie in allen Variationen bei allen staatlich finanzierten „Klimainstituten“. Es werden „chinesische Verhältnisse“ gefordert und es muss „mehr Geld umverteilt“ werden. Eine Wiedergabe der einschlägigen demokratiefeindlichen Zitate würde wohl die Kapazität dieser Seite sprengen. Auch dürfen wir Annalena Baerbock nicht vergessen: sie meint, dass Leute, die dem anthropogenen Klimawandel widersprechen „nicht in den Medien vorkommen dürfen“ und Robert Habeck meint kryptisch „China sei eben doch das bessere Politikmodell“.
Seit über 30 Jahren betreiben alle Bundesregierungen „Klimaschutzpolitik“, obwohl es nicht den Hauch einer wissenschaftlichen Beweisführung gibt. Im Gegenteil, es gibt nur Falsifikationen. Nur mit Hilfe einer wohl noch nie dagewesenen globalen Desinformationskampagne gelang es, den Menschen einzureden, wir würden durch die Nutzung von fossilen Energieträgern die Erde zerstören. Tausende von Filmchen mit hungernden Eisbärchen erweckten unser Mitleid und Berichte von untergehenden Südseeinselchen sollten uns Angst machen. Sogar der Kölner Dom versinkt in den Fluten der Nordsee. Die deutsche Klimaschutzpolitik hat uns bisher mehr als 1,5 Billionen € gekostet. Finanziert wurde das überwiegend über Inflation, d.h. zu Lasten der vorwiegend unteren Einkommensgruppen oder aus dem Bundeshaushalt zu Lasten der Bildung, der Infrastruktur, der Bundeswehr etc. Das Ergebnis: Wir haben die höchsten Strompreise der Welt, energieintensive Betriebe wandern ab, die Rezession ist da.
Norbert Patzner

Demonstrationen gegen Rechts, AFD, sind grundsätzlich zu begrüßen! Nur habe ich die Organisatoren teilweise angeschrieben, warum sie nicht nach dem Hamas Überfall auf Israel und den bestialischen Morden an Babys, Kindern Eltern, Jugendlichen, gegen den Hass auf unseren jüdischen Nachbarn und gegen den Mob auf unseren Straßen ebenfalls demonstriert haben? Hierzu möchte ich anmerken, dass viele dieser Organisatoren antisemitische Einstellungen haben! Da bleibe ich doch lieber weg!!! Ich hatte mal gedacht, wenn jüdische Israelis in ihrem Land nicht mehr sicher sind, sollen sie doch zu uns nach Deutschland kommen! Hier sind sie willkommen! So kann man sich täuschen!
Margarete Polster

Uli Hoeneß ist zuzustimmen, die AfD bei einem kommenden, gemeinschaftlichen Schwenken der Deutschlandfahne nicht dabei haben zu wollen: AUS AfD. Die AfD stellt buchstäblich alles, was sich Deutschland national und international seit dem 2ten Weltkrieg aus Ruinen über mehrere Generationen hinweg im demokratischen Streit fleißig, beharrlich und gemeinschaftlich aufgebaut hat, in Frage. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Verschwörungstheorien als Teil der Realitätsverweigerung der AfD (und leider weiterer Parteineugründungen links und rechts der etablierten Altparteien) sind destruktiv und kein tragfähiges Fundament, auf dem das Erfolgsmodell Deutschland zukunftsfähig weiterentwickelt werden kann. Mitmenschen, die Ihr Kreuz bei der AfD machen, sollten sich klar machen, dass sie damit das Aus für Deutschland (AfD) wählen.
Detlef Mohrmann

Ganz klar. Auch mich freut der entschiedene Protest gegen Rechts/ die AfD. Dazu drängt sich mir auf: Die AfD (und andere Rechte) wollen die Nichtdeutschen und auch solche mit deutschem Pass aus Deutschland herausschmeißen. Wir sollten den Spies umdrehen, die AfD aus Deutschland herauswerfen. Dann wäre alle Probleme mit einem Schlag gelöst. Ich weiß, dass das nicht möglich ist. Aber wir sollten auch mal über nicht mögliche Dinge NACHDENKEN. AfD-Wähler sind überwiegend unzufriedene Leute mit geringem Einkommen. Eine radikale Steuerreform zu ihren Gunsten ist machbar und nicht ungewöhnlich, wenn man will.
Wolfgang Maria Beck

Die Demokratie kann sich nicht selbst schützen – Demokraten müssen es tun! Kanzler Olaf Scholz hat im ZEIT-Interview gesagt, dass in der Ampel-Koalition die „zentralen Streitfragen … weitgehend miteinander ausverhandelt“ seien und damit angedeutet, dass uns eine ruhigere Phase des Regierungshandelns bevorstehe. Leider halten sich nicht Alle daran: Christian Lindner hat im Rahmen seiner kleinteiligen Klientelpolitik bereits die steuerliche Besserstellung seiner Klientel eingefordert, und Wolfgang Kubicki attackiert Kanzler und Vizekanzler im Zusammenhang mit dem Brief der Wirtschaftsverbände an den Kanzler, so, als sei nicht auch der Finanzminister für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland verantwortlich. Erfolge der Regierungsarbeit werden damit koalitionsintern geschmälert – nicht zum ersten Mal. Sind das etwa verzweifelte Versuche, die FDP bei den anstehenden Wahlen durch „Eigenständigkeit“ über die 5 %-Hürde zu hieven, oder sollen damit nur die anderen Ampelkoalitionäre mit in den Abgrund gezogen werden? Der Streit zwischen den Regierungsparteien wird wohl ohne Rücksicht auf die Auswirkungen auf das Erscheinungsbild von Regierung, Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt in unserem Land unvermindert weitergehen.#

Auch die CDU ist sehr viel stärker auf ihre verbale Profilierung als stärkste Oppositionspartei ausgerichtet; man vernimmt auch von dort kaum strategische oder operationale Überlegungen, wie man der drohenden Gefahr durch die AfD und ihre rechtspopulistischen bis rechtsradikalen Verbündeten begegnen könnte. Auch im Hinblick auf die neue Wagenknecht-Partei, die auch aktuell regional immer wieder mal aufflammende Reichsbürgerbewegung sowie die von Maaßen/Werteunion beabsichtigte Gründung einer weiteren rechtspopulistischen Partei besteht bei allen politisch Verantwortlichen eine beängstigende Denk-, Hilf- und Tatenlosigkeit. Zudem wird man in Wahlkampfzeiten auch nicht auf die schwerfälligen Parteienapparate hoffen dürfen; ihre Innovations-, Motivations- und Organisationskraft war auch in der Vergangenheit eher begrenzt. Letzte Hoffnung: Die wehrhafte Demokratie im Sinne unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, wie sie im Artikel 21 II des Grundgesetzes festgeschrieben ist mit ihren juristischen Möglichkeiten (Parteiverbot, Grundrechtsverwirklichung, Widerstandsrecht …). Die jüngste Diskussion sowie die Beispiele aus Polen, Ungarn, der Türkei und Israels zeigen, wie hier z.B. die Befugnisse des Bundesverfassungsgerichts eingeschränkt werden können.
Nein, die Demokratie kann sich nicht selbst schützen – Demokraten müssen es tun! Wir als Mitglieder der Zivilgesellschaft sind gefordert. Hier sind die jüngsten Demonstrationen und Kundgebungen in vielen deutschen Städten mit hunderttausenden Teilnehmern ein hoffnungsvolles Zeichen. Aber der „Aufstand der Demokraten“ muss am Leben gehalten werden. Erfolgversprechend könnte sein, dass sich auf örtlicher und regionaler Ebene Menschen zusammenfinden, die weiterhin gemeinschaftlich agieren: sich miteinander vernetzen, Kooperationen mit bestehenden Gruppen eingehen, Informationen beschaffen, austauschen und streuen (z.B. dass die Steuerpläne der AfD im Wesentlichen nur Haushalten mit einem Einkommen oberhalb von 100.000 € zugutekommen würden), Argumentationen im Hinblick auf die Konsequenzen eines EU- und eines NATO-Austritts und einer Annäherung an Putins Regime usw. Es müssten zudem Überlegungen angestellt werden zu einzusetzenden Medienkanälen und zur Erreichbarkeit verschiedener Wählergruppen. Wichtig wäre auch in Wahlkampfzeiten die Unterstützung von erfolgversprechenden Wahlkandidaten „vor Ort“ – gleich welcher demokratischen Colour.
Herbert Fechtner


Leserbriefe zu „Unerhörte Signale“ von Jonas Schulze Pals

Der erste starke DGB-Vorsitzende Hans Böckler würde sich im Grab herumdrehen, wenn er von dem Vorgehen der GDL erführe. Für ihn galt in Wort und Tat zuerst das Wohl der staatlichen Gemeinschaft und dann die Ziele der Gewerkschaft. Er war letztlich auch für seine Gewerkschaften sehr erfolgreich. Jetzt schädigt ein wild gewordener Vorsitzender einer recht kleinen Gewerkschaft die Gemeinschaft massiv. Ihm wird kaum wie Hans Böckler je ein Denkmal gesetzt werden.
Klaus Dielmann

Ohne Feindbilder ist die freiheitlich- demokratische Ordnung kaum mehr aufrecht zu erhalten. Täglich werden uns angebliche Feinde vorgeführt in der Erwartung, dass sich Bevölkerung darauf stürzt. Vielleicht makaber, aber vom Russen bis zu Weselsky wird uns klargemacht wer die Bösen und Feinde sind und wer die Guten zu sein haben. So primitiv kann Politik in diesem Lande betrieben werden. Sind Lohnforderungen der Lohnabhängigen etwa weniger berechtigt als die Profit-Gier der Groß- Konzerne, deren Vorstellungen von Profitabilität, Gewinn und Boni? Streben nach Profit ist primäres Ziel marktwirtschaftlichen Wirtschaftens, realisiert sich unter den Bedingungen der Konkurrenz. Daraus erwächst beständig der Interessen- Konflikt zwischen Kapital und Arbeit, was an sich Grundverständnis ist nur gern geleugnet wird. Es ist keine Frage der Gerechtigkeit, sondern Frage der Kraft seine Interessen durchzusetzen. Unternehmer und Lohnarbeiter führen die Auseinandersetzung um die Aufteilung der sogenannten Wertschöpfung aus der Sicht der Unternehmensebene. Wertschöpfung = Summe der Löhn, Sozialabgaben des Unternehmens, Gewinn. Im Betriebsverfassungsgesetz ist die Interessenvertretung der Lohnabhängigen in den Betrieben geregelt. Abhängig sind also die sogenannten Arbeitnehmer deren Rechte besonderen Schutz bedürfen wegen persönlicher wirtschaftlicher Abhängigkeit. Warum wird das gern vergessen? Probleme eines marktwirtschaftlichen Systems sind u.a. in der Gefahr zu sehen, dass Wirtschaftssubjekte zu mächtig werden und dadurch den Marktmechanismus außer Kraft setzen.
Die Kraft und Macht liegt nie bei den Lohnabhängigen. Ihnen bleibt nur das Grundrecht auf Streik, was ohnehin beschnitten, immer behindert wurde. Die Beziehungen der Wirtschaftssubjekte zueinander bedürfen der Rechtssicherheit. Und schließlich: Die unterschiedlichen sozialen Interessen müssen die Freiheit haben, sich zu artikulieren und um ihre Berücksichtigung zu kämpfen. Am liebsten wäre es der Unternehmerseite Lohnabhängige wären nicht nur besitzlos, sondern zugleich in Rolle von Bettlern und Bittstellern. Sehen wir uns an, wohin sich der sogenannte Arbeitsmarkt seit Jahrzehnten entwickelt hat, in Richtung Rechtlosigkeit von Millionen gegenüber einem kleiner werdenden Teil tarifgebundener Beschäftigten, dann spricht das für sich. Wenn schon Feindbilder, dann bitte alle Feindbilder. Warum sollen unsere Feinde jene sein, die mit eigner Arbeit die Werte schaffen? Warum ist bei denen größter und wachsender Reichtum die ohne Leistung dazu gelangen? Wie lange wollen sich Lohnabhängige noch entsolidarisieren, Bevölkerungsteile, die sich gleicher sozialen Lage befinden? Stimmung gegen die Weselskys und damit zugleich die eigne Zukunft untergraben?
Roland Winkler

Ich fände es gut, wenn die Zeit mal Zahlen auf den Tisch – äh das Papier – packen würde. Lohnentwicklung vrs. Inflation. Der Lokführer (respektive GdL) und im Allgemeinen (andere Gewerkschaften wie IG Metall, Verdi, Lehrergewerkschaft). Damit nicht im luftleeren Raum herumargumentiert wird, dass die Forderungen der Lokführer völlig überzogen seien etc. Spannend wären auch die „Lohn“steigerungen des Vorstands im Verhältnis über die letzten 10 Jahre oder so.  Im Übrigen ist es eben nicht so klar, dass die GdL die Reisenden leiden lässt. Man könnte auch sagen: Es gab Warnstreiks. Die sind ja ein Signal an den AG: Wir sind bereit zu streiken! Man könnte an den Zahlen dann auch sehen, wie unterirdisch die Angebote der Bahn sind, dass nämlich die Inflationsrate den Lohnsteigerungen davoneilt. Dann sieht das Ganze nämlich schon ganz anders aus. Dann würde auch klar, wie unterirdisch die Forderungen der CDU sind, das Streikrecht einzuschränken. In D wird extrem wenig gestreikt. Auch das könnte man mal visualisieren.
Fritjof Möckel

Das Recht des Einzelnen endet, wo es das Recht des Anderen (anders Denkenden) einschränkt. … Ein wichtiger, ethischer Grundsatz, der sich unter anderem im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und im deutschen Streikrecht sinnstiftend wiederfindet. Arbeitsgerichte entscheiden darüber, ob die Interessen der Arbeitgeber, der Streikenden und der Allgemeinheit (!) im wechselseitigen Verhältnis gewahrt bleiben. Mit dem Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GdL) wird dieser Grundsatz der Verhältnismäßigkeit seit dem 24. Januar 2024 ab 2.oo Uhr langfristig verletzt. Naheliegende Kriege, Umweltkatastrophen, sowie die angespannte gesamtwirtschaftliche Situation, „verbieten“ jedem verantwortungsbewussten Funktionär die Durchsetzung eines an Erpressung mahnenden Arbeitskampfes. Arbeitsgerichte haben nun zu entscheiden, ob auf Grund dieser Rechtsverletzung Unterlassungs- oder Schadenersatzansprüche einzelner Geschädigter zuerkannt werden müssen.
Bernd Kropfgans

Sie können mit Zahlen spielen. Gut. Man wird immer eine Zahl finden, die in nahezu jeden Kontext passt. Geschickt dargestellt, klappt das. Aber nun zu Ihrem Artikel in der heutigen Ausgabe.  Was ist Ihre Kernaussage in diesem Artikel? Mit Verlaub, das ist mir nicht klar.  Sie halten den Streik für unangemessen. Warum? Ist Ihnen bekannt, dass das Streikrecht ein fundamentales Recht in unserer freiheitlichen Gesellschaft ist? Mit Sicherheit. Ein Streik beeinträchtigt immer irgendwen. Immer gibt es Betroffene. Menschen, die sich ärgern. Keine Frage. Warum sollen die Lokführer nicht streiken dürfen? Weil ihre Gewerkschaft, die GDL, von der Bahn vor Gericht bekämpft wird, statt mit der GDL übers Jahr hinweg zu verhandeln? Weil die GDL die wesentlich kleinere Gewerkschaft bei der Bahn ist? Weil der Vorstand der Bahn Prämien für Vieles bekommt, aber nicht für die schlichte Aufgabe, einen reibungslosen Geschäftsablauf der Bahn zu gewährleisten? Das ist die Kernaufgabe einer Geschäftsführung / eines Vorstandes eines Unternehmens. Weil die GDL die Interessen ihrer Mitglieder / Mitgliederinnen vertritt? Weil die Politik die Bahn über zwei Jahrzehnte hat links liegen lassen? Grüße nach Bayern an die dortigen ehemaligen Verkehrsminister. Weil manche den Weselsky nicht mögen? Geschenkt. Weil der Vorstand der Bahn die Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden nicht mittragen will oder kann, weil er Angst hat, die dann entstehenden Lücken nicht füllen zu können? Das ist nachvollziehbar.
Aber hier kommen wir wieder zur Kernaufgabe eines Vorstandes zurück. Aufgabe nicht erfüllt. Das Stichwort lautet: Vorausschauende Unternehmensführung. Zum Thema 35 Stunden-Woche lohnt sich ein Blick in alte Ausgaben – auch in ‘Die Zeit’. Mitte der 80er Jahre hat die IG Metall das Thema 35-Stunden-Woche durch intensive Streikmaßnahmen – auch in der Automobilindustrie – durchgesetzt. Damals standen wochenlang die Bänder still. Bitte führen Sie jetzt nicht an, dass das ja ein Privatunternehmen sei und mit dem Bahnstreik – betroffen ist ein Unternehmen der öffentlichen Logistik – nicht zu vergleichen sei. Das ist nur zum Teil richtig. Durch den Streik in der Automobilindustrie sind in dem Jahr und den Folgejahren die Gewinne der Autobauer geringer ausgefallen. Und damit auch die Steuerzahlungen. Also ist die Allgemeinheit / die Gesellschaft auch Betroffener gewesen. Warum sollen die Lokführer nicht für ihre Rechte und Ziele kämpfen dürfen? Die Bauern dürfen das aber schon, oder? Auch darüber kann man diskutieren. Wenn es nun möglicherweise Arbeitnehmerjahre werden sollten, dann ist das so. Es gab in den vergangenen 40 Jahren auch Zeiten, in denen es anders war. Das ist wie ein Pendel. Mal geht es in die eine Richtung. Mal in die andere. Ich kenne auch Jahre, die waren sehr stark geprägt als Arbeitgeberjahre.  Was folgt aus dem ganzen Thema?  Nun, wenn uns die öffentliche Logistik mehr Wert ist als schöne Sonntagsreden oder Artikel auf Seite 1, dann wird dieser Streik Geld kosten.
Aus meiner Sicht ist es ganz einfach. Wenn man den Streik beenden will, auch um Schaden von der deutschen Wirtschaft abwenden zu wollen, dann kostet das Geld. Geld, das die Deutsche Bahn in die Hand nehmen muss, um viele der Forderungen der GDL zu erfüllen. Nicht zu 100 %. Aber weitgehend. Da wird sie nicht daran vorbeikommen.  Ein Vorstand der Bahn, der sich vor Mikrofone stellt, den Streik brandmarkt und ganz irritiert tut, weil doch die Bahn 11 % mehr Gehalt angeboten habe, der ist verbrannt. Weil er ‘in der Aufregung vermutlich’ vergessen hat zu erwähnen, dass die Laufzeit für diese 11 % bei 32 Monaten liegt. Dann kommt man exakt auf eine Erhöhung pro Jahr in Höhe von 3,99%. Dann sieht das Ganze schon anders aus. Und wir sollten immer bei den Fakten bleiben.  Diese Tarifverhandlung hat die Bahn – der Vorstand – richtig vergeigt. Ja, der Vorstand.  Ich finde es absolut irritierend, wie ein Vorstand derart daneben liegen kann. Der Vorstand kennt Weselsky lange Jahre. Kennt seine Vorstellungen. Und trotzdem gibt es immer wieder diese unsäglichen Auseinandersetzungen. Unfassbar. Wo bleibt die vorausschauende Unternehmensführung? Fehlanzeige!  Es wird Zeit, dass hier manche auf Seiten der Bahn ihre großen Egos etwas herunterfahren und endlich ihren Job machen. Dafür zu sorgen, dass die Bahn einen reibungslosen Geschäftsablauf bekommt. Nicht mehr und nicht weniger.
Ralf Mertes

Wie lange will sich die DB von Herrn Weselsky und den Lokführern noch vorführen lassen? Auf der Straße gibt es schon autonom fahrende Fahrzeuge und die haben einen Freiheitsgrad mehr als die schienengebundenen Verkehrsmittel. Bei autonomen Zügen fallen bei Personenschäden außerdem die psychischen Probleme weg und die Lokführer haben mehr Freizeit als sie vielleicht wollen.
Dieter Distler Bietigheim

Der Fokus dieses Beitrages ist allein auf die GdL und den Streik gerichtet. Die andere Seite des Themas, die bundeseigene und mit Steuergeldern finanzierte Bahn, die Selbstbedienung des Vorstandes mit Bonuszahlungen trotz Nichterreichen der gesteckten Ziele, die fehlende Bereitschaft zu wirklichen Verhandlungen bleiben außer Betracht. Statt über die stufenweise Verkürzung der Wochenarbeitszeit in Verbindung mit der Geltungsdauer des Vertrages zu verhandeln, bot der Vorstand seine Vorstellung ohne jede Bereitschaft zum Kompromiss an. Andere Bahngesellschaften haben bewiesen, dass es auch anders geht. Dem Vorstand der Bahn fehlt es offensichtlich an der notwendigen Sensibilität für das „fernfahrende“ Personal auf der Schiene.
R. Reiger

Völlig unangemessen. Schon der Untertitel des Artikels von Herrn Schulze-Pals kann nur als faux pas bezeichnet werden: „Weselsky lässt Reisende so leiden wie nie zuvor.“ Was bitte soll damit gemeint sein? Streik ist ein Arbeitnehmerrecht. Der Streik der GDL ist rechtens. Es ist untragbar für die Auswirkungen und Nachteile des Streiks den Gewerkschaftsvorsitzenden in dieser Weise persönlich verantwortlich zu machen. Wie wäre es weiter, über den Grundsatz nachzudenken, dass Eigentum verpflichtet, statt darauf hinzuweisen, dass möglicherweise die Eigentümer sich zukünftig zugunsten der Arbeitnehmer mit geringeren Gewinnen abzufinden haben?
Reinhard Wick

Vielleicht begreift Herr Weselsky das noch nicht, aber: Wenn fahrerlose U-Bahnen, ja bald sogar fahrerlose Busse zu Zehntausenden Realität sind, hält uns wenig auf, die Anzahl der benötigten Lokführer zu reduzieren. KI streikt nie.
Sven Prevrhal

Ich stimme den Aussagen des Artikels zu. Einer fehlt m. E. Ich komme aus einer alten Eisenbahnerfamilie, stehe der Nutzung positiv gegenüber, habe eine Bahncard. Allerdings musste ich in den letzten zwei Monaten wegen Streiks zweimal den PkW benutzen, um meine Stadtziel zu erreichen. Ich konnte fahren, wann ich wollte, soviel mitnehmen, wie ich wollte. Ich stand nicht auf überfüllten Bahnsteigen und wartete auf Züge, die verspätet oder gar nicht kamen. Preiswerter war es auch noch (wobei dies für mich nur ein zweitrangiges Argument ist). Ich werde in Zukunft mehr das Auto benutzen, die Bahn nur, wenn es partout nicht anders geht. Verlierer kurz- und langfristig: Die DB, die mich als Kunden (fast) los ist und, und dieser Aspekt fehlt in dem Artikel, die Umwelt. Das Streikrecht ist ohne Zweifel ein hohes und zu verteidigendes (Rechts-) Gut. Die Forderungen nachvollziehbar. Aber wenn ich mich auf ein Transportmittel nicht verlassen kann (s. Interview mit Dieter Nuhr vor Wochen), dann wähle ich ein anderes. Blöd.
Gerd-Rüdiger Erdmann

Ja, der demographische Wandel, der zweitstärkste Bündnis- und Verhandlungspart der Arbeitnehmer, deren Verhandlungsmacht durch den großen Fachkräftemangel so groß ist wie nie. Und ja, wie der Autor zu Recht hinweist, Bahnmanager und Bund (nicht nur die aktuelle Regierung) haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Bahninfrastruktur kaputtgespart. Der Lohn der Manager: fette Boni für schlechte Arbeit. Die Konsequenz für Arbeitnehmer (Lokführer etc.): Personalmangel und zunehmend schlechte Arbeitsbedingungen. Weselsky, als stärkster Verhandlungspartner, versucht nun diese sukzessive für die Belegschaft zu verbessern, mit einem Tarifvertrag, den die GDL bereits mit anderen Bahnunternehmen abgeschlossen hat. Mit ähnlichen Bedingungen, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden sollen und nicht sofort. Geht doch. Skandalös ist nicht der Streik, sondern die Tatsache, dass der Bahnchef für schlechte Arbeit (marode Schieneninfrastruktur, Unpünktlichkeit der Züge, Personalmangel etc.) über 1 Million € eingestrichen hat.
Reiner Gorning

Ihr o.g. Artikel oder Kommentar hat mit vielem Recht; ich möchte ihn aber auch hier mit einigen Bemerkungen ergänzen.  die „neue Macht der Arbeitnehmer“ ist ja politisch und gesellschaftlich interessierten schon länger sattsam bekannt.  Aber wie auch Sie andeuten, kann Macht natürlich auch narzisstisch, egoistisch oder rücksichtslos missbraucht werden.  Und die Frage ist nicht nur, ob die Arbeitnehmer oder Unternehmer mehr „von Gewinn“ bekommen, sondern immer mehr auch, ob „Verbesserungen“ sei es von Löhnen oder Profiten oder Arbeitszeiten für die einen oder anderen zu großen Anteilen nicht auf Kosten dritter in der Gegenwart oder Zukunft gehen.  Dass nur um den „Gewinn“ gerungen werde, ist eine oft scheinheilige Behauptung besonders der Gewerkschaften, die leicht auch Preis-Lohn-Preis-Spiralen, Wettbewerbsunfähigkeit ihres Unternehmens oder den Druck zu Ausbeutung in Zulieferfirmen und -ländern zur Folge haben können, von Folgen für unsere Kinder und Enkel durch Druck zu weiterer Nutzung von Fossil-Energie oder beim Staat zu noch größere Schuldenbergen ganz zu schweigen. Im Folgenden möchte ich für ein Maßhalten und Rücksichtnahme auf das Allgemeinwohl auch der Zukunft für alle Beteiligten plädieren, über die eigenen Interessen und einen Tunnelblick hinaus, denn wir und unsere Kinder und Enkel brauchen wieder mehr Blick  auf das Gemeinwohl möglichst angesichts globaler Verflechtungen nicht nur der deutschen  und Rücksicht auch auf andere auch in der weiteren Zukunft,  statt eines eingeengten Blickfelds, mit dem viele nur an  das bestenfalls Gruppen-egoistische eigene und jetzige Wohl denken.
Im Prinzip klingt die Behauptung einer Hauptschuld der Arbeitgeber plausibel und oft ist es wohl so.  Aber der nur pauschale Satz „Zu einem Streit gehören zwei Seiten“ verkennt, dass die ursächlichen Beiträge von beiden Seiten auch sehr unterschiedlich sein können mit genauso unterschiedlich großen Folgen.  Wenn eine Seite unmögliches oder massiv unzumutbares fordert, wäre ein Streit auch bei maximal friedlicher und verständnisvoller Gegenseite unvermeidbar.  Und mancher Kommentar suggeriert, das Bahnmanagement sei der hauptsächliche, wenn nicht einzige „schuldige“ am Streit mit seinen massiven Folgen und Gefahren für verschiedene ohnehin auch benachteiligte und wichtige Mitglieder und Institutionen und Ziele unserer Gesellschaft.  Recht haben allerdings die Kritiker an den Boni des Managements, deren Berechtigung und Notwendigkeit zumindest meines Wissens nie plausibel kommuniziert wurde, falls überhaupt vorhanden.  Ebenso war es bei der allgemeinen Erhöhung der Vorstands-Bezüge um 14%, was natürlich das perfekte Argument aller Mitarbeiter  für mindestens ebenso große Forderungen war, zumal eine auch nur annähernd große Steigerung der Leistungen des Vorstands auch mir kaum ersichtlich ist.  Die Verantwortung, die oft als angebliche Begründung herangezogen wird wie auch die Schwierigkeit von Aufgabenstellungen, die ist wahrlich gewachsen angesichts der nachzuholenden gewaltigen Sanierungen und Kapazitätserweiterungen auch aus Klimaschutz-Gründen,  die den Staat dazu zwingen, möglichst bald möglichst viel  Güter und Personen von der Straße  und erst Recht von den Luftwegen auf die Bahn oder wenigstens in den ÖPNV  zu verlegen bzw.  die privaten Reisenden und Transportfirmen dazu zu motivieren und befähigen.  Ob der Vorstand diesen Verantwortungen und Schwierigkeiten allerdings gerecht wird, ist bestenfalls noch offen.
Diesen Klimaschutz-Zwang des Staates und dadurch die geringe Gefahr die „Firma“ durch zu hohe Forderungen und Streiks in den Ruin oder die Insolvenz zu treiben, nutzt die GDL allerdings rücksichtslos und schamlos aus.  Die Forderungen und Streiks gehen ja keinesfalls auf Kosten des Managements, der Regierungsmitglieder und auch nicht auf Kosten ungenutzter Schatztruhen des Staates, sondern auf Kosten  der Kassen und Mobilität der Kunden und des Defizite tragenden Staates bzw.. seiner Steuerzahler oder bei Schulden ihrer nachkommenden Generationen und/oder Inflationsopfer, und damit auch auf Kosten der Finanzierbarkeit gesellschaftlicher Notwendigkeiten vor allem des Klimaschutzes; daneben gehen sie auch bei längeren Streiks auf Kosten der gesamten Wirtschaft mit der Folge von weniger Gesamtwohlstand und auch noch geringeren Steuereinnahmen und damit auf Kosten aller auch sozialen Aufgaben des Staates wie auch der weiteren Finanzierbarkeit der 49-Euro-Tickets. Auch ohne zu lange Streiks oder zu hohe Forderungen ist es einerseits schon berechtigt und nötig, einen deutlich höheren Anteil des gesellschaftlichen Wohlstands und mehr Steuergelder als bisher in die Bahnstrecken und  Zugverbindungen samt Personal zu investieren, wie auch z.B. die Schweiz vorgemacht hat, und  auch für höhere ausreichend attraktive Gehälter.  Die Belastungsfähigkeit dazu seitens der restlichen Gesellschaft darf aber nicht Gruppen-egoistisch überfordert werden.
Schon beim Abschluss im öffentlichen Dienst bestand ein großer Druck die Kosten durch Leistungskürzungen des Staates wieder einzusparen, zumindest solange Mehrheiten Parteien mit Veto gegen Steuererhöhungen wählen und solange die nicht nur zwanghafte, sondern künftige Opfer von Schulden schützende Schuldenbremse besteht und der Staat auch immer mehr sonstige krisenbedingte Ausgaben zu stemmen hat. Man kann eine Gesellschaft auf ganz verschiedene Arten zugrunde richten:  Z.B. durch Kaputtsparen bei Zukunft, Sicherheit, Demokratie, Bildung und Infrastruktur, durch Kaputtverschulden und auch durch Kaputtstreiken.  Und der allgemeine Fachkräftemangel, nicht zuletzt auch schon jetzt bei der Bahn macht auch fast überall geforderte Arbeitszeitverkürzungen in der Woche wie im Leben immer problematischer, besonders  solange die vielen, die gern zusätzlich nach  Deutschland kommen nicht ausreichend mit  Spracherwerb, Integration und Ausbildung oder Nachqualifikation fertig geworden sind, wozu seinerseits  vielfach bereits Geld und Personal fehlen. Durch mehr Gehalt oder weniger Arbeitszeit allein werden Arbeitskräfte allzu oft nur auf Kosten anderer auch sozial wichtiger Branchen und Einrichtungen abgeworben. Sowohl das Management als auch die Gewerkschaften als auch Vorbild und Maßstäbe setzende Politiker*innen sind aufgerufen und zumindest moralisch verpflichtet auf das alles Rücksicht zu nehmen wie auch die Tatsache, dass das Geld für die Inflation der Energiepreise gar nicht mehr im Lande ist sondern größtenteils in den Energie-Lieferländern. Das hat zur Folge, dass Ausgleichs-Leistungen regelmäßig nur auf Kosten anderer möglich sind, z.B. bei Preis-Lohn-Preis-Spiralen auf Kosten derer, die sich keinen Ausgleich ertrotzen können.     Das alles gebietet maßvolle Forderungen und „Verbesserungen“ sowohl beim Management als auch bei den streikenden und auch anderen,  die ihre Besitzstände erhalten oder gar noch steigern wollen. Insgesamt brauchen wir wieder mehr Blick auf das Gemeinwohl möglichst nicht nur der deutschen und Rücksicht auch auf andere auch in der weiteren Zukunft,  statt eines Tunnelblicks, mit dem viele nur an  das bestenfalls Gruppen-egoistische eigene und jetzige Wohl denken.
Peter Selmke

Ich fahre regelmäßig mit der S-Bahn von Büchenbach nach Nürnberg und selbstverständlich wieder zurück. Selbst in diesen Tagen des angeblichen Stillstands, wo alle Bahnräder stillstehen sollen, da bin ich mit der Bahn gefahren! Jeder kann sich jederzeit informieren, ob und wann die Bahn fährt, genügend Möglichkeiten gibt es dazu. Selbst in den Tagen des angeblichen Ausnahmezustands fahren zwar nicht ganz so viele Züge durch die Gegend, aber sie rollen allemal! Auch bin ich sehr erstaunt, dass der Nürnberger Hauptbahnhof absolut nicht menschenleer oder total verwaist ist, wie man meinen könnte! Mit der Bahn kann man weiterhin von A nach B fahren, ebenso sind die Fahrten nach „CDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ“ sowie auch nach „ÄÖÜ“ und „ß“ jederzeit möglich! Irgendwo müssen auch diese armen Menschen Unterschlupf finden! Wie schnell könnte man selbst in eine solch prekäre Lage gelangen, dank unserer wunderbaren Ampel aus Berlin, die uns diesen ganzen Schlamassel eingebrockt haben!
Klaus P. Jaworek


Leserbriefe zu „Was machen die eigentlich?“ von Anna Mayr und Mark Schieritz

Der Artikel beginnt schon im 1. Satz mit der Irreführung, Bürgergeld sei für die, die keine Arbeit „finden.“ Finden setzt suchen voraus. Suchen oder Sich bemühen um Arbeit ist aber keine Voraussetzung für Bürgergeld. Die Beweislast wurde auf den Staat abgeschoben, der suchen soll. Irreführend ist auch, die Regeln für Bürgergeldbezug seien „verschärft“ worden, um Geld einzusparen. Es handelt sich um reine Symbolpolitik. Spricht man mit Mitarbeitern des Job-Centers, winken sie ab. Würde es ernst, komme die Krankmeldung. Ob dies auch ein Grund dafür ist, dass die von Arbeit befreiten Empfänger von Bürgergeld sich häufiger krankmelden als die Arbeitenden im stressigen Arbeitsprozess? Bei der Hartz-IV-Reform ging es der SPD darum, ihr „Hartz-IV-Trauma“ zu überwinden. Daraus wurde eine Politik mit Fehlanreizen zur Nichtarbeit, insbesondere durch die ca. 25 %-ige Erhöhung des Bürgergeldes innerhalb von 2 Jahren nebst Übernahme der sowohl stark angestiegenen Miet- als auch der Heizungskosten. Transferleistungen wie Befreiung von GEZ-Gebühren, freier ÖPNV, gebührenfreie Kita usw. kommen noch hinzu.  Nicht nur die Landrätin im Fernsehen bei Lanz gab kund: Die geflüchteten Frauen aus der Ukraine seien wie das Hotel- und Gaststättengewerbe in ihrem Landkreis zunächst froh gewesen, dass die offenen Vollzeitstellen hätten besetzt werden können.
Nachdem sie aber das deutsche Sozialsystem „verstanden“ hätten, wäre nur noch Bereitschaft zur stundenweisen Arbeit vorhanden gewesen, weil man am Bürgergeld festhalten wolle. Es verwundert nicht, dass die Beschäftigungsquote der Ukrainer in Deutschland eklatant niedriger ist als in benachbarten Ländern. Es ist auch einer Bürgergeldfamilie mit 2 und mehr Kindern, die insgesamt Transferleistungen von 3000 € netto und mehr bezieht, nicht zu verdenken, dass es wirtschaftlich keinen Sinn macht, wenn einer der arbeitsfähigen Eheleute Arbeit annimmt. Der Vorwurf richtet sich nicht gegen die Empfänger von Bürgergeld, die rational handeln, sondern gegen die Politik, die die idR vorhandene Arbeitsbereitschaft durch Fehlanreize bremst. Der Artikel redet diese verfehlte Politik schön. Richtiger wäre es, die nicht arbeitsfähigen Menschen viel stärker zu unterstützen als bisher. Und auch die arbeitsfähigen, die wegen Pflege von Angehörigen ihre Arbeitszeit reduzieren müssen. Das Pflegegeld wurde seit 2017 in 7 Jahren ab 1.1.2024 erstmals um sage und schreibe nur 5 % angehoben, das Geld für arbeitsfähige Bürgergeldempfänger dagegen allein in 2 Jahren um 25 %. Mit dieser Abwertung von Arbeit und Pflege hat die Politik die Wertschätzung völlig verschoben.
Diethelm Schroeder

Ich habe schon vor Jahren gesagt, dass wir in Deutschland ca. zwei Millionen Menschen haben, die auf Dauer keinen Job annehmen und ausführen können. Das mag verschiedene Gründe haben, der eine will nicht, ein anderer wieder bekommt kein geregeltes Leben auf die Reihe. Das ist bedauerlich, lässt sich aber nicht ändern und eine Volkswirtschaft in der Größe und Stärke der deutschen Volkswirtschaft kann sich das auf Dauer leisten. Was sie sich nicht leisten kann, ist, wenn der arbeitende Bürger das Gefühl bekommt, seine Arbeit werde nicht ausreichend wertgeschätzt, weil die Differenz zwischen dem Mindestlohn-Gehalt und dem Bürgergeld zu gering ist. Hier hakt es auch nach wie vor bei der Berichterstattung in ihrem Artikel, denn bei der genannten Differenz von € 328,00 zwischen Bürgergeld und Mindestlohn-Gehalt wird übersehen, dass der Bürgergeldempfänger anrechnungsfrei € 100,00 mtl. und der Auszubildende oder Student sogar über € 500,00 anrechnungsfrei hinzuverdienen darf. Damit kann der Student oder Auszubildende mit Bürgergeld und einem Aushilfsjob sogar mehr verdienen als jemand der 40 Stunden pro Woche arbeitet, und ein normaler Bürgergeldempfänger liegt mit minimalem Aufwand nur noch € 228,00 unter dem Gehalt eines Vollzeit-Arbeitnehmers.
Ein kleiner Job, der schwarz bezahlt wird, noch dazu und schon ist keine Lohndifferenz mehr vorhanden. Das ist für den Vollzeit-Arbeitnehmer auf Dauer frustrierend. Dass wir in Deutschland mit dieser Politik falsche Anreize setzen, zeigt sich deutlich an der Beschäftigungsquote der Ukrainer und Syrer in Ländern wie Dänemark und Niederlande. Arbeit muss sich lohnen, das ist für das Selbstbewusstsein eines jeden Arbeitnehmers eine wichtige Grundvoraussetzung. Ob sich die Zahl der Bürgergeld-Bezieher nicht doch noch ändern wird, kann man aus meiner Sicht nach einem Jahr noch nicht zuverlässig beurteilen, denn die Frage ist nicht, wer gibt seinen Job auf und wird Bürgergeld-Bezieher. Die Frage ist, wer wird gekündigt und sucht sich dann einen neuen Job oder lässt sich im üppig ausgebauten sozialen Nest auffangen. Im Ergebnis ist die Berichterstattung dann final wieder unseriös, wenn darauf verwiesen wird, dass die Zahl der Erwerbstätigen so hoch wie nie sei, da man nicht geleichzeitig erwähnt, dass die Bevölkerungszahl auch so hoch wie nie ist. Warum tun sie das? Die Zeit-Leser sind doch nicht verblödet und durchschauen das eh.
Volker v. Moers

Vielen Dank für den sachlichen Bericht über die Zusammensetzung der Bürgergeldempfänger, der sich jeder Wertung enthält und dem geneigten Leser zutraut, die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen. Leider werden solche Artikel die notorischen Skeptiker nicht überzeugen können, die gern die „arbeitende Mitte“ gegen das „Prekariat“ ausspielen. Tief verankerte gesellschaftliche Ressentiments gegenüber Arbeitslosen und Geflüchteten aufzugreifen und zu verstärken, gehört geradezu zur DNA der sogenannten bürgerlichen Parteien (Union; FDP) und der ihnen gewogenen Presseorgane. So lässt sich herrlich ablenken von dem eigentlichen Skandal: der aktuellen Einkommens- und Vermögensverteilung und der Existenz milliardenschwerer Krisengewinnler.
Rüdiger Paul

In meinem Umfeld findet eine emotionale Diskussion über die Frage “ lohnt sich Arbeit?“ statt. Konkrete Fragen nach den Unterschiedsbeträgen zwischen Arbeitserlösen und Bürgergeld können nicht beantwortet werden, stattdessen beflügeln Vermutungen und Gerüchte die Emotionen. Deshalb meine Bitte: Erstellen und veröffentlichen Sie bitte eine Tabelle mit monatlichen Nettoeinkünften von konkreten Beschäftigten verschiedener Berufsgruppen (Feuerwehr, Polizei, Einzelhandel Pflegeberufe, Jungärzte, wissensch. Hilfskräfte, Junglehrer und vor allem Rentnern). Dies untergliedert nach Alter, Familienstand, Wohnort usw. Diesen Einkünften können Sie dann die Bürgergeldansprüche der betreffenden Gruppe gegenüberstellen. Diese Tabelle würde wohl 50 bis 100 Einträge umfassen. Sie ist dann evtl. nicht vollständig repräsentativ, aber sie würde die Diskussion versachlichen und wenigstens grob darüber informieren, wie die obengenannten Unterschiede aussehen. Die Einschätzung der Verhältnismäßigkeit zwischen Arbeitserlösen und BG wird sicher strittig bleiben, aber die Diskussion würde versachlicht.
S. Rose

Die Diskussion geht von zwei falschen Annahmen aus, einerseits, dass es für jeden Arbeitslosen eine Stelle gibt und andererseits das der Arbeitslose nur eine Arbeit aufnehmen braucht. Das ist eine sehr einseitige Sicht auf die Wirtschaft. Kein Betrieb kann mehr Leute einstellen, als er beschäftigen kann. Außerdem ist das Ziel eines Unternehmens nicht die Beschäftigung der Leute, sondern Gewinne zu erwirtschaften. Es kann nicht immer für jeden einen Job geben. Dann kommt die Kostenfrage noch dazu, denn das Interesse des Arbeitnehmers besteht in einem möglichst angemessenen Lohn. Es ist wohlfeil auf die faulen Arbeitslosen zu schimpfen. Aber niemand wird ohne Lohn arbeiten wollen. Ich glaube auch nicht, dass jemand mehr einkauft, als er braucht, nur weil jemand die Waren so fleißig hergestellt hat.
Olaf Goldschmidt

Ich verlasse mich immer auf die Zeit, alles ist recherchiert und geprüft, so dachte ich. In dem Artikel „Was machen die eigentlich?“ steht das ca 500.0000 Ukrainer und ca. 600.000 Syrer Bürgergeld beziehen, in derselben Spalte, schreiben die Autoren das unter den Bürgergeldbeziehern ca. 170.0000 Ukrainer und ca 120.000 Syrer sind. Eine der beiden Aussagen muss also definitiv falsch sein!?
Ralf Korten

Die in dem o.a. Artikel aufgeführten Fakten sind ein Schlag ins Gesicht für jeden Steuerzahler. Deshalb sind etwaige Relativierungen am Ende wie die, dass es Sozialbetrug ebenso wie Steuerbetrug gibt, unangebracht. Denn wenn man von 5,4 Mio Bürgergeldempfängern ausgeht und hiervon die nicht erwerbsfähigen Personen (z.B. Kinder) mit 1,5 Mio abzieht, bleiben 3,9 Mio. Hiervon sind allenfalls noch 0,8 Mio Aufstocker (781 Tsd, die einer Beschäftigung nachgehen und zusätzlich staatliche Hilfe bekommen) in Abzug zu bringen. Damit verbleiben 3 Mio arbeitsfähige Erwerbstätige, für die es keine Ausrede wie Pflege, Kinderbetreuung, Studium etc. geben kann. Denn unter den Steuerzahlen gibt es Millionen Menschen in ähnlicher Position, die nicht Bürgergeld empfangen und arbeiten.
Jörg Nunnenkamp

Vielen Dank für den informativen Artikel. Ich habe mir eine Zusammenfassung erstellt, um bei Gelegenheit einige dieser Fakten parat zu haben. Jetzt wünsche ich mir weitere detaillierte Informationen zur Höhe der betreffenden Gelder in unterschiedlichen Konstellationen, damit ich mir auch dazu eine Meinung bilden kann.
Karla Mertesdorf

Vielen Dank für Ihren interessanten Artikel. Einige der genannten Zahlen und Fakten werfen m.E. weitere Fragen auf: 1. Sie erwähnen 1.5 Millionen nicht erwerbsfähige Menschen. Wie viele davon sind Kinder, und wer gehört außerdem noch dazu? 2. Wird Bürgergeld direkt an Kinder gezahlt, oder nur an ihre Eltern? (a) Wenn letzteres, warum werden Kinder separat als Empfänger gezählt? (b) Wenn ersteres, würden mich die Hintergründe interessieren – z.B. alleinlebende Kinder? In den 70er Jahren konnten z.B. auch Schüler Unterstützung nach dem Bundes-Ausbildungs-Förderungs-Gesetz (BAföG) beantragen, darunter auch Kinder wohlhabender Eltern, sozusagen als ein zusätzliches Taschengeld. Ist bekannt, ob solcher Missbrauch inzwischen – und auch beim Bürgergeld – unterbunden wird? 3. Auch bei Studierenden stellt sich m.E. die Frage nach der Berechtigung. Zu meiner Zeit hatten Studierende grundsätzlich Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG (auch wenn wohlhabenden Eltern diese Leistungen natürlich in Rechnung gestellt wurden). Gibt es diese Förderung noch? Wenn ja, warum dürfen Studierende überhaupt Bürgergeld beantragen?  Täuscht der Eindruck, dass da ein ziemlicher Dschungel an Förderungsmöglichkeiten entstanden ist, der der Systematisierung bedarf?
Thomas von Schroeter

Allmächtiger, von 1000 Euro brutto stehen in Deutschland bei Alleinstehenden 891 Euro zur freien Verfügung? D.h.  für Sozialabgaben und Miete (abz. Wohngeld) und Heizung fallen insgesamt nur 109 Euro an?  Deutschland ein Wunderland!? Sie wollten mit Ihrer Darstellung Fakten zu den Gerüchten liefern, liefern aber nur das Ergebnis einer Berechnung, ohne die Rechenpositionen darzustellen, damit verschwinden aber die Gerüchte nicht auf wundersame Weise. Sicher ist es Ihnen möglich, die Darstellung der Rechenpositionen nachzuliefern, um neuen Gerüchten vorzubeugen.
Heinz Gutzeit

Der oben genannte Artikel vom 25. Januar 2024 ist informativ, aber leider unvollständig. Nach meiner Erfahrung gibt es viele Empfänger von Bürgergeld, die gerne arbeiten wollen und auch tatsächlich arbeiten. Sie wollen aber nur schwarz arbeiten, auch eine Anmeldung als Minijob lehnen sie ab. Der Grund dafür liegt auf der Hand: wenn sie etwas dazuverdienen, wird ihnen der größte Teil gekürzt von ihrem Bürgergeld. Dieser Systemfehler ist leider nicht neu, wurde schon oft beklagt, aber tatsächlich geändert hat sich nichts daran. So wird der Übergang in den ersten Arbeitsmarkt seit Jahrzehnten torpediert. Mit relativ wenigen Stunden Schwarzarbeit wird die Einkommensdifferenz zur offiziellen Beschäftigung locker ausgeglichen. Bei der Suche nach Helfern bei der Gartenarbeit oder nach Putzhilfen habe ich überwiegend Personen kennen gelernt, die auch viel arbeiten wollen, aber ausschließlich schwarz.
Dirk Becker

Es gab mal Zeiten, da bauten z. B. große Unternehmen für die dringend benötigten Mitarbeiter mit ihren Familien kleine Siedlungen im Umkreis, sogar so schön, dass sie heute begehrt und unbezahlbar geworden sind. Da hat sich von beiden Seiten eine robuste Verantwortung mit einem feingeistigen Weitblick zu einer kapitalen und sozialen Wertschöpfung verbunden. Heute ist alles Verhandlungssache. Heute werden Sonderwünsche erfüllt…oder auch nicht. Lieber setzt man auf Aktienkurse und schreit, dass es auf dem Markt keine Arbeitskräfte gibt und die Menschen lieber vom Bürgergeld leben. Andere Bereiche, in denen händeringend nach Arbeitskräften gesucht wird, haben keine Gelder und noch weniger Zeit zu vergeben. Da gibt es keine Verhandlungsmassen. Stattdessen erhält man zusammengesuchte Dienstkleidung oder zahlt sie selbst. Diese Bereiche nehmen fast Jede oder Jeden, sie sprechen oft keine gemeinsame Sprache. Ihre Hintergründe sind größtmöglich verschieden. Sich darüber in einem „Team“ auszutauschen, um ein Miteinander aufzubauen, verhindern erstmal Zeit, dann Umstände, Sprache, Persönlichkeiten… Die Leiterinnen solcher Einrichtungen haben andere Aufgaben, der Personalchef arbeitet Teilzeit, die Bereichsleiterin ist nur zu sehen bei gleichem Schichtmodus. Die Mitarbeitenden verrichten Dinge, die jede und jeder von sich oftmals aus dem eigenen Alltag und dem der Familie kennt, sie sind nicht völlig fremd, erfordern aber dennoch Schulungen.
Jede und Jeder von ihnen weiß also was dem Gegenüber gut täte, denn es sind Dinge, die man sich für sich selbst in diesen Situationen auch wünschen würde. Dennoch handeln sie im Arbeitsalltag oft anders. Auch anders, als sie es in Ausbildungen gelernt haben. Die Gründe sind auch hier; Zeit, Umstände, Sprache, Persönlichkeiten, Strukturen. Leider schreien wir in unserer kurzatmigen Zeit nach dem ICH in lauter Angrenzung zum DU. Zum gestaltenden WIR fehlt uns die Zeit. Zuviele Veränderungen im rasenden Tempo und zu viele weitere, lockende Möglichkeiten rauben einfach die Kräfte. Das alles gleichmachende und zeitsparende WIR dagegen, finden wir schnell und überall. Das leise ICH geht darin aber unter. Genauso die Frage nach dem DU. Das leise ICH und das ungefragte DU sind im fordernden Alltag unerwünscht. Warum gibt es eigentlich neben der Geld- oder Aktienbörse keine Zeitbörse? Die Einen geben Geld hinein, die Anderen ihre Zeit. Beide tun auf ihre Weise etwas für die Gesellschaft mit gleichem Wert. Geld kann nachgedruckt werden, Zeit dagegen nicht. Zeit ist kein idealistisches Sahnehäubchen, sondern ein existenzieller Wert, genauso wie Geld. Lieber allerdings, schafft sich die Menschheit weitere, zusätzliche und klimasündige Währungen an als sich über das menschliche und klimafreundliche Bezahlsystem ZEIT Gedanken zu machen. Ich würde mir wünschen, dass Menschen auch mal für das Thema „Zeit“ auf die Straße gehen.
Susann Bürger

Der Artikel gibt einen sehr guten Überblick über das Bürgergeld. Interessant wäre es, aus der AOK-Statistik die wirklichen Auslöser für das Beziehen von Bürgergeld zu erfahren. Psychische Krankheiten stehen sicherlich an erster Stelle, aber Lungenkrankheiten? Das würde ja bedeuten, dass die häufigsten chronischen Lungenkrankheiten, Asthma und chronisch-obstruktive Bronchitis (v.a. bei Rauchern), im jungen oder mittleren Alter zur dauerhaften Erwerbsunfähigkeit führen. Ist das wirklich so? Ich hätte eher die Erkrankungen des Bewegungsapparates an zweite Stelle gesetzt. Und: gehen in die Statistik nur die Hauptdiagnosen oder auch die Nebendiagnosen (und da erscheint Asthma und COPD häufig) ein?
Martin Grau


Leserbriefe zu „Weniger Stunden für alle“ von Johanna Schoener

Vielen Dank für Ihren Artikel „Weniger Stunden für alle!“, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Es ist gut, dass Sie dieses Thema aufbereiten und zur Diskussion stellen, denn es geht jede junge Familie etwas an. Vorab möchte ich betonen, dass der Gedanke die Stunden zu reduzieren sehr sehr gefährlich werden kann. Denken wir nur daran, was die Kriminalstatistik anzeigt: In Deutschland sterben 3 Kinder pro Woche durch häusliche Gewalt. Vor Corona waren es statistisch 2,3 Kinder pro Woche. Im ersten Corona-Jahr wurde ungefähr alle vierzehn Tage ein Kind mehr getötet. Man geht davon aus, dass es Homeoffice, Homeschooling und geschlossene Kitas und Spielplätze waren, die für dieses Mehr an Eskalation in den Familien verantwortlich war. Darum bin ich der Meinung, dass wir die Stunden nicht reduzieren dürfen. Auf gar keinen Fall! Es gibt eine andere Lösung. Die erscheint Nicht-Fachleuten vielleicht als unverständlich oder weniger weitreichend. Meine Erfahrung als Fortbildungsreferentin ist, dass diese andere Lösung zu einer qualitativ besseren Betreuung mit weniger Personal führt. Ich sehe jährlich ca. 1.000 pädagogische Fachkräfte aus Kitas in meinen Fortbildungen und bin immer wieder erstaunt, wie wenige von ihnen nach dem offenen Konzept arbeiten. Es sind nicht mal 10%. Dabei ist das offene Konzept – dort wo es gut durchdacht und bis in die letzte Kita-Ecke gut umgesetzt wird – eins der ältesten und modernsten Konzepte zugleich.
John Dewey (1859-1952) hat bereits vor 100 Jahren die Idee der Werkstatt-Kita entwickelt, die dem heutigen offenen Konzept gleicht, welches es seit den 1970er Jahren auch Deutschland gibt. Das Prinzip ist ganz einfach und doch anspruchsvoll. Man geht davon aus, dass jedes Kind Akteur seiner eigenen Entwicklung ist und diese selbst vorantreibt. Kann es noch nicht laufen, wird es Möbel suchen, an denen es sich hochzieht. Möchte es einen Turm bauen, wird es den Bauraum aufsuchen und solange am Turm bauen, bis er geschafft ist. Wir gehen heute nicht mehr davon aus, dass die Erwachsenen am besten wissen, wann ein Kind was lernen soll. Wir wissen heute, dass pädagogische Fachkräfte keine Angebote mehr gestalten sollen. Sie sind dazu da, die Ideen der Kinder zu begleiten und ihnen zu assistieren. Mehr nicht, aber auch nicht weniger! Es ist altmodisch sich vorzustellen, dass sich eine Erzieherin „ein Kind für ein Brettspiel schnappt“. Das ist nicht ihre Aufgabe. Das Kind „schnappt sich ein Brettspiel“, wenn es Lust dazu hat und wenn das Brettspielen gerade sein Thema ist. Damit ist die pädagogische Fachkraft davon befreit zu wissen, was welches Kind gerade tun soll. Das offene Konzept sieht konkret vor, dass es in der Einrichtung Themenräume gibt, die von den Kindern täglich wechselnd und je nach Bedürfnis aufgesucht werden. Sie werden in den Räumen in ihrem Tun begleitet, sofern sie diese Begleitung brauchen. Sie entscheiden sich zwischen Bewegungsraum, Außengelände, Baumraum, Rollenspielraum, Werkstatt, Atelier, Ruheraum und Mensa. Sie entscheiden sich für eine Tätigkeit und auch für andere Kinder. Diese Selbstorganisation gelingt sehr gut, wenn die Kinder anfangs gut in das System eingeführt werden.
Natürlich darf man das offene Konzept von Trägerseite nicht einfach verordnen. Es muss von unten her wachsen dürfen. Ein Impuls und entsprechende räumliche und materielle Bedingungen müssen angeboten werden. Das inhaltliche Konzept darf man bei anderen abgucken und ausprobieren. Die offen arbeitenden Kitas, die ich als Referentin besuche, sind sehr gute Beispiele, von denen man lernen kann. Sie kommen ALLE mit deutlich weniger Personal aus. Denn die Selbstorganisation der Kinder wächst zuverlässig, während die Zügel lockergelassen werden. Das ist verantwortete Pädagogik. Es ist verantwortungslos Kinder zu gängeln. Und das passiert, wenn 25 Kinder einer Gruppe auf 60 qm eingepfercht werden. Nach der Pfeife der Fachkraft tanzen, das war einmal. Jetzt dürfen wir den Kindern mehr Selbstständigkeit und Selbstregulation zutrauen. So werden sie stark für das gesellschaftliche Leben. Und sie haben viel mehr Spaß in der Kita. Nur die Kinder? Nein, auch die Erwachsenen!
Maria Zens

Das rechtlich und arbeitsmarktpolitisch geforderte Kita-Angebot kann bundesweit nicht sichergestellt werden. Wie umgehen mit dem Mangel in den Kitas? Die Situation: Die Politik überlässt das Problem weitgehend der Selbstorganisation vor Ort. Das bedeutet: Die Stärkeren setzen sich gegen die Schwächeren und Bedürftigen durch. Der Vorschlag von Fachleuten: Den Mangel gerecht verteilen. Alle bekommen weniger, dafür haben alle ein Angebot und die Qualität wird gesichert. Diese Lösung wird sich angesichts der Widerstände der Starken nicht von alleine einstellen. So geht der Stresstest für alle Beteiligten weiter. Es ist auch ein Stresstest für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft überhaupt. Wir brauchen einen gesellschaftlichen Grundkonsens: Dass Eltern sich für das Wohl und die Entwicklung ihrer Kinder einsetzen, ist richtig. Dass Eltern ihre Kinder vorschieben, um ihr eigenes Leben auf Kosten des Wohls anderer Kinder zu optimieren, ist falsch. Es ist unsolidarisch und unmenschlich. Mit dieser Schuld ist ein erfülltes Leben nicht möglich.
Reinhard Koine

Warum werden Firmen ab – sagen wir mal – 200 Mitarbeitenden nicht in die Pflicht genommen, Kitaplätze bereitzustellen? Bei Betreuungsausfällen, geraten nicht die Eltern, sondern der Arbeitgeber unter Druck, eine Lösung für das Betreuungsproblem zu finden. Besonders Frauen würden extrem von diesem Lösungsansatz profitieren.
Stephanie König

Der engagierten Stellungnahme für eine generelle Reduzierung der Öffnungs- und Betreuungszeiten in Kindertagesstätten ist zuzustimmen – so bitter es aus Sicht eines frühkindlichen Bildungsforschers auch ist. Es gilt, stetig neue Fachkräfte für diesen Bereich durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Personalschlüssel und der Vergütung zu gewinnen und durch die Anerkennung pädagogischer Fachkräfte, die im Ausland ausgebildet worden sind, zu entbürokratisieren, einen Teil des Bedarfs zu decken. Mit keiner der beiden Maßnahmen wird es aber in den nächsten Jahren möglich sein, den extremen Mangel an Fachkräften auszugleichen. Nötig ist, die Öffnungszeiten der Einrichtungen der frühkindlichen Bildung flächendeckend auf 6-7 Stunden täglich (z.B. bis 14.30 Uhr) zu reduzieren. Für diese Zeit steht eine ausreichende Zahl an Fachkräften zur Verfügung. Dabei muss die Sprachförderung und Vorbereitung auf den Schriftspracherwerb eine hohe Priorität haben (d.h. andere Ziele der frühkindlichen Bildung müssen zurückstehen), um benachteiligten Kindern mit Migrationshintergrund, anderer Familiensprache oder anderen belastenden Bedingungen in der Familie einen guten Start in der Schule zu sichern. Das ist möglich – effektive frühkindliche Bildung hängt nicht von dem täglichen Zeitumfang der Förderung ab, sondern von ihrer fachlichen Qualität.
Im weiteren Verlauf des Nachmittags bleiben die Einrichtung geöffnet; es findet jedoch lediglich eine Betreuung der Kinder durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter statt, die keine pädagogische Fachausbildung haben. Diese Kräfte zu gewinnen, wird möglich sein, wenn ihre Betreuungsaufgabe klar definiert und angemessen vergütet wird (natürlich nicht auf dem Niveau der Fachkräfte). Ein solches Angebot muss dann vorrangig zugänglich sein für Kinder, deren Eltern auf ganztägige Berufstätigkeit angewiesen sind und im Gesundheitswesen, in öffentlichen Verkehrsbetrieben oder anderen Einrichtungen die öffentliche Grundversorgung (auch im Schichtdienst) stützen. Gutverdienende Eltern, denen dieses reine Betreuungsangebot für ihr Kind nicht ausreichend erscheint, müssen für den weiteren Nachmittag eine Alternative privat organisieren und finanzieren. Diese Einschränkungen sind bitter für alle, die in den letzten 30 Jahren mit gutem Grund für eine Erweiterung und Verbesserung der frühkindlichen Bildung für alle Kinder geworben haben – aber unausweichlich, um in dieser hoch angespannten Situation die Basisversorgung aufrecht zu erhalten.
Klaus Sarimski

„Die Kitas funktionieren nicht mehr.“ Wieso? Eltern übernehmen keine Erziehungsaufgaben. Wertevermittlung beginnt im Elternhaus. Strukturen und Regeln geben den Kindern Halt. Wieso wird dieses den Kindern nicht gegeben? Das ist in erster Linie Elternaufgabe. Auf die Idee, Kindern keine Nahrung zu geben, kommt niemand. Glücklicherweise. Genauso haben Kinder ein Recht auf Erziehung. Fatal ist, dass das Wort Erziehung für viele sehr negativ klingt – sie wollen lieber die Freunde ihres Kindes sein. Eltern sind Eltern. Freunde sind Freunde. Auch viele Eltern aus anderen Kulturen übernehme nicht diese Aufgabe! Das ist fatal für die Kinder und unsere Bildungssysteme
Anna Maier

Man fragt sich schon, warum Eltern Kinder bekommen, nur um diese nach einem Jahr dann ganztägig abzugeben. „Doppelverdiener mit 50 Wochenarbeitsstunden“ brauchen keine kostenlose Kita, weil Menschen mit einer derartigen Arbeits-, bzw. Selbstverwirklichungsbelastung regelmäßig sehr gut verdienen. Um 1900 hat sich doch auch das eigene Personal um den Nachwuchs gekümmert. Die geplante Reduzierung auf sieben Stunden Betreuungszeit entspricht annähernd der 38-Stundenwoche des normalen Arbeitnehmers. Alle Eltern, die nicht prekär beschäftigt sind, benötigen in der Regel keinen doppelten Vollzeitjob und haben für die ersten 7 Jahre der Elternschaft einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung.
Christopher Woitkewitsch

Es gibt keinen Mangel an Erzieherinnen und Erziehern!  Jedes Kind hat naturgemäß von Geburt an zwei Erziehende, nämlich eine Mutter und einen Vater! Und die sind verantwortlich für die Kinder bis zur Volljährigkeit, oder sogar darüber hinaus. Aus der Nummer kommen sie nicht mehr raus, ob zusammen oder getrennt lebend.  Nur wenn man die Erziehung eigener Kinder „outsourcen“ will, evtl. muss, ist man mit den in dem Artikel umfassend beschriebenen Problemen konfrontiert. Als unsere Kinder im Kleinkind- und Vorschulalter waren, wären wir nie auf die Idee gekommen, unsere Kinder 8 – 10 Std. täglich von fremden Menschen erziehen zu lassen.  Seinerzeit wurden mehrmals wöchentlich die sog.  Eltern-Kind-Gruppen unter Leitung einer Sozialpädagogin angeboten. Die Kinder brachten sozusagen ihre eigene Erzieherin oder eigenen Erzieher mit. Der große Gewinn lag darin, dass nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern Sozialkompetenz erweitern konnten. Die Eltern konnten auch individuelle Probleme mit den eigenen Kindern zusammen mit den Pädagogen erörtern und bekamen Lösungsansätze an die Hand.  Würde man heute stundenweise solche Eltern-Kind-Gruppen verpflichtend einführen, hätte man hier sogar eine sehr gute Möglichkeit, Integration zu fördern.  Schon alleine die Bezeichnung „Kita“, KinderTAGESstätte, ist ein Armutszeugnis für eine Gesellschaft.
Die beschriebenen Probleme beim Betreuungsschlüssel habe ich natürlich selbst auch bei meinem Enkel erlebt. Es war nur noch aufpassen möglich. Solch eine Unterbringung würde ich etwas schroff „Anbindehaltung“ nennen.  Kinder werden tagsüber in eine Betreuung gegeben, die keine kindgerechte Betreuung für den ganzen Tag leisten kann. Es fehlt die Wärme und spontane Nähe zu den Eltern bei all den kindlichen Sorgen und Problemen.   Ich kann nur empfehlen, so viel Zeit wie möglich in die eigene Familie und die eigenen Kinder zu investieren, denn das ist eine bessere und sichere Altersvorsorge als Geld auf einem Konto oder angesammeltes Vermögen.   Will man die Kindererziehung wieder verstärkt in die Familien verlagern, begleitend durch kinder- und erziehungspädagogische Angebote, muss man allerdings auch Benachteiligungen zwischen den Elternteilen staatlicherseits beseitigen, u.a.: – Die Erziehungsarbeit und Erwerbsarbeit wird abgestimmt    auf beide verteilt. – Die Einkommen aus der Erwerbsarbeit der Elternteile werden   vom jeweiligen Arbeitgeber hälftig auf zwei Konten überwiesen, eines der Mutter und eines des Vaters. – Das Gesamteinkommen wird vom Staat als hälftig von jedem Elternteil erarbeitet anerkannt und steuerlich zugeteilt. Bei getrennt lebenden und erziehenden Müttern oder Vätern könnte das grundsätzlich genauso gelten, wäre aber manchmal etwas komplexer beim Ausgleich von evtl. Ungerechtigkeiten.
Im Kern heißt das z.B., dass am Ende jeden Jahres die von Vater und Mutter gemeinsam erwirtschafteten Rentenpunkte sofort jedem Elternteil hälftig auf dem eigenen Rentenkonto gutgeschrieben werden, solange die Kinder noch nicht volljährig sind.  Allerdings wird man evtl. auch eigene Wohlstandsansprüche zurücknehmen müssen. Aber für wessen „Wohlstand“ arbeitet man eigentlich bei dieser ungerechten Wohlstandsverteilung in dieser Gesellschaft? Außerdem wird doch genau genommen ein Teil des derzeitigen Wohlstands auf dem Rücken der Kinder erwirtschaftet.  Dann will in dieser Gesellschaft keiner mehr Kinder haben? Dann wird diese Gesellschaft zu Grunde gehen? Dann ist es um so eine Gesellschaft auch nicht schade!
Manfred Kanther

Danke!! für Ihren Artikel zu der Situation in den „Massenkindhaltungen“… und der Wertschätzung von frühkindlicher Bildung! „Masse zählt, nicht Klasse“. Die Bildung und die Würde der Kinder werden in diesem – immer dümmer – werdenden Land nicht geschätzt. Warum das so ist, kann und werde ich nicht verstehen.
Klaus Busch

Vielen Dank für Ihre sehr schlüssige Analyse – und dafür, dass Sie den Schwerpunkt darauf legen wie man mit den bestehenden Ressourcen möglichst viel erreichen könnte. Das tut gut. Was die Analyse betrifft, so habe ich noch ein Anliegen an Sie: Sie sagen, dass man den Eltern zu viel versprochen hat. In unserem föderalen System dürfen leider oft die einen etwas versprechen das die anderen dann umsetzen müssen. In der Wirtschaft stellen wir in solchen Fällen gerne einen Business Plan auf. Also wie genau sieht das Ziel aus? Wer macht was wann und mit welchen Mitteln? Haben alle Beteiligten diesem Plan zugestimmt? Das hätte bei den Kitas vielleicht genau zu den Lösungen geführt, die Sie in Ihrem Artikel vorstellen. Allerdings mit weniger Stress. Und „nur“ eine Verdoppelung der Kita-Beschäftigten in 18 Jahren würden wir vielleicht als Erfolg betrachten. Es ist in der Politik en vogue, den Bürger mit Vorliebe etwas zu versprechen (oder vorzuschlagen) das andere erfüllen müssen. Bitte, fragen Sie als Journalistin dann nach einem Business Plan.
Martin Lewit

Die Kita- vor allem Krippenversorgung in Deutschland in einem Leserbrief abzuhandeln, springt viel zu kurz. Doch muss der Versuch sein, da Unsägliches passiert. Schon 2011 wies die ZEIT-Stiftung in einem Symposion nach, dass Zehntausende Erzieher*innen beim geplanten Krippenausbau fehlen würden. Anstatt nur so viele Krippen auszubauen, wie qualifiziertes Personal vorhanden war, wurde geklotzt. Der damals zuständige Senator in Hamburg sagte, „wir setzten auf Quantität statt Qualität“. So ist es geblieben. Im Elementarbereich findet häufiger Qualität statt, im Krippenbereich nicht.  Die ersten drei Lebensjahre (Krippenalter) gehören zu den sensibelsten im Leben eines Menschen. Währenddessen entwickelt das Kind wesentliche Grundfähigkeiten, deren Erwerb später nicht oder nur schwer nachgeholt werden kann.   Dazu braucht es bestimmte Bedingungen. Nur 3 seien genannt: ° Fremdbetreuung erst, wenn das Kind sicher gebunden ist: Welches Kind ist das schon mit einem Jahr? ° Wenn fremdbetreut, dann so kurz wie möglich: Viele Unterdreijährige haben einen 8-10stündigen Arbeitstag! ° Unterdreijährige lernen am besten durch Imitation im engen Kontakt zur Bindungsperson: Krippenkinder haben häufig wechselnde Bezugspersonen! Hoffentlich ist das keine Blaupause für ihr späteres Bindungsverhalten. Um 2011 haben viele sozialpädiatrische und angrenzende Fachgesellschaften detaillierte Vorschläge gemacht, wie eine gute Krippe aussehen sollte. Sie wurden komplett negiert.
Inzwischen nehmen Verhaltensauffälligkeiten (Essstörungen, Schlafstörungen etc) der überforderten Kleinsten zu, die die gestressten Eltern nicht einmal als solche wahrnehmen, da ja „alle“ sie haben. Über Unruhe der Kinder, Aufmerksamkeits- und Lernstörungen der dann älteren Kinder wird gestöhnt…. Man versuchte, die Krippenversorgung über symptomatische Änderungen zu heilen, blieb im Quantitativen, kindgerechte Qualität – um die sich die Erzieher*innen sehr, aber oft vergeblich bemühen – sieht anders aus. Eine Qualitätsinitiative entsprechend den Positionspapieren aus der Wissenschaft ist überfällig! Außerdem fehlt eine wesentliche Komponente: Wie wäre es, wenn es in Deutschland endlich die Regel würde, dass Eltern (nicht nur die Mütter!!) kleiner Kinder Teilzeit arbeiten und so auch Karriere machen könnten – und entspannt ihren Kindern Zeit schenkten? Unendlich viele Deutsche arbeiten Teilzeit (work/life-balance), nur nicht die Eltern kleiner Kinder. Dabei gab es vor Jahren eine wunderbare Studie, die zeigte, dass familienfreundliche Unternehmen gegenüber konventionellen Unternehmen eine 17% höhere Produktivität in allen wirtschaftsrelevanten Bereichen hatten, sogar der Kundenbindung – obwohl dort fast alle Teilzeit arbeiteten! Ich halte die Wirtschaftler in Deutschland für kreativ, packen Sie es endlich an!
Ursula Augener

Bei der Überschrift war ich zunächst eher alarmiert und dachte in etwa „schon wieder ein Plädoyer für noch weniger Arbeit trotz der massiven Unterbesetzungen gerade im Kita-Bereich!“  Aber dann sah ich eine gute bis hervorragende und zutreffende Analyse nach der anderen.  Teilweise  gelten diese auch auf anderen Feldern, bei anderen Themen als der  Kleinkinderbetreuung, z.B. bei den „Sieg der lauten und starken“, beim  zu viel und alles auf einmal fordern und versprechen ohne die  Bereitschaft oder Fähigkeit zu entsprechender Ausstattung mit Geld und  Personal, bei der prekären Situation und dem „unberechenbaren System“,  bei der Notwendigkeit eines ehrlichen Austausches statt Vermeidung der  auch nur Problem-An- und Aussprache, bei dem (fast, jedenfalls wenn  unbedingt schmerzlos) „unlösbaren Problem“, statt nur mit dem  wohlklingenderen und teilweise selbstüberschätzenden Begriff  „Herausforderung“ zu hantieren.  Bei dem Beh auch ländern und Bund mehr beitragen, aber auch deren Kassen sind leer bis hoch verschuldet, und zu viele Parteien haben versprochen „keine Steuererhöhungen oder  sonstigen neuen Belastungen“, womit diese in der Summe  auch von  Mehrheiten gewählt wurden.
Als wäre das noch nicht genug der Belastungen, hieß es von einem Kita-Erzieher, dem es nach ca. 8 Jahren hervorragender Arbeit und Engagements doch zu viel wurde, als weitere Begründung, dass auch die Ansprüche der Eltern vielfach deutlich höher geworden seien.  ich habe den Eindruck, dass neben allem anderen auch diese gesteigerte Anspruchshaltung mit teilweise verbal aggressiven Durchsetzungsversuchen auch viele andere  Berufstätige mit in Burnout,  Frust und Ausstiegsgedanken treiben und auch Nachwuchs-Hoffnungsträger  abschrecken.  Es ist auch von den Eltern wenigstens Verständnis, Respekt und möglichst auch Unterstützung zu fordern, insbesondere gegenüber engagierten, guten, aber überlasteten Betreuungskräften, nicht zuletzt auch durch wieder bessere Erziehung ohne Verwöhnung und Förderung von  egozentrischem  Anspruchsdenken auch bei den Kindern selbst.  Aber viele müssten auch das sicher überhaupt erst lernen, und dafür zuvor einsehen, dass das sinnvoll oder gar nötig ist, und auch dafür fehlen wieder Geld und Fachkräfte.  Ihr Lösungsvorschlag  ist wohl eine Verzweiflungslösung und für etliche  ziemlich schmerzhaft, aber vielleicht eher unausweichlich, u.a da erst  dadurch eine solche Entlastung  der Betreuungskräfte ermöglicht wird,  dass überhaupt eine Chance auf ausreichende verbleibende und  Nachwuchskräfte besteht; daneben käme vielleicht  auch eine Augenöffnung  bei vielen, idealer Weise samt der Bereitschaft  im Durchschnitt der  Gesellschaft mehr Beiträge oder Steuern zu zahlen für auch bessere und  zahlreichere Gehälter.  Wir werden diesen Mangel-Berufen zumindest teilweise künftig mehr Anteil am gemeinsamen Wohlstand zugestehen müssen, hoffentlich nicht nur einseitig über noch mehr Schulden des Gemeinwesens auf Kosten der Inflationsopfer und künftigen Generationen, sondern besser auf Kosten eher übertrieben bezahlter, übertrieben viel  erbender und/oder luxuriöse, parasitäre oder umweltschädliche  Tätigkeiten  ausführender.
Peter Selmke

Vielleicht läge ein Lösungsansatz darin, die Arbeitgeber dazu zu bringen, wenn nicht gar zumindest ab einer bestimmten Betriebsgröße sogar zu verpflichten, für ihre Beschäftigten innerbetrieblich eine KiTa einzurichten. Ich höre gedanklich schon wieder einen Aufschrei, aber ist es nicht so, dass sich über Fachkräftemangel beklagt wird und es Kreativität bezüglich der Bedienung von Soft Skills bedarf? Bekanntermaßen ist auch die Personalakquise in der privaten Wirtschaft professioneller und die Gehälter idR. attraktiver als im Öffentlichen Dienst. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass Betriebsstätte von KiTa und Arbeit (die die Unterbringung ja erfordert) zusammenlägen und dadurch auch den Straßenverkehr und den Zeitaufwand für entfallene Umwege reduzierten.
Oliver Roßmüller


Leserbriefe zu „Könnte das Geheimtreffen in Potsdam der AfD sogar nützen?“ von Johanna Jürgens et al.

Trotz aller Gerissenheit: Sellner, Du depperter Bua.
Sven Prevrhal

Ich bin erstaunt, wie viel Raum „Die Zeit“ Rechtsradikalen in ihrer Zeitung für Relativierungen und die Darstellung ihrer eigenen Geschichte des Deportations-Treffens gibt. Sehr irritiert bin ich darüber, dass die Verfasser (gewollt oder ungewollt) sogar die Correctiv-Recherche in Zweifel ziehen. Der AfD-Abgeordnete Siegmund darf behaupten, „nichts von einem Masterplan zur massenhaften Vertreibung von Menschen gehört“ zu haben (O Wunder), woraufhin „Die Zeit“ fortfährt: „Fest steht hingegen…“ Das ist Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremen. So stellt man die Ergebnisse der investigativen Recherche und die Erzählung von Siegmund und Co. als zwei „Behauptungen“ nebeneinander. Vielmehr hätte man in die Analyse gehen müssen, wie die Rechtsextremen eine menschenverachtende Debatte anheizen und für sich nutzen und welche (perfide und aus ihrer Sicht clevere) Strategie dahintersteckt. Das versäumen die Verfasser komplett.
Dennis Sohner

Sie fragen, ob das Geheimtreffen in Potsdam der AfD nutzt und auf der nächsten Seite, was diese Proteste bewirken können.  Natürlich könnte man genau so gut fragen, warum werden Politiker für ihre skrupellose ideologische Hetze nicht bestraft, sondern im Gegenteil von ihren Wählerinnen und Wählern noch mit Beifall bedacht? Offensichtlich scheinen die Enthüllung von Tabubrüchen, das „anschreiben“ seriöser Zeitungen gegen die zynischen Agitationen dieser unsäglichen Partei und Massenproteste keine probaten Mittel zu sein. Alle bisherigen Versuche das Umfrage-Hoch der AfD damit zu brechen sind, trotz marginalem Abwärtstrend, de facto gescheitert. Vielmehr festigte man damit die Solidarität der AfD-Wählerschaft. Vielleicht sollte die Regierung die Triggerpunkte der in Armut, Prekariat und unterer Mitte lebenden Menschen endlich ernst nehmen und ihnen gegenüber eine aufrichtige und solidarische Politik betreiben.
Franz Josef Dorn

Auf einen Kaffee mit Faschisten? Jetzt? Euer Ernst? Hätten deutsche Journalist*innen mehr über die interne Kommunikation, als über die Außendarstellung der rechtsextremen AfD berichtet, wäre die Zivilgesellschaft vielleicht nicht erst um zwei vor Zwölf aufgewacht! Lest deren Bücher! Lest Sezession! Hört, was sie vor Gleichgesinnten sagen! Berichtet über ihre Chats, ihre Treffen, ihre Pläne und hört endlich auf ihre Verharmlosungen abzudrucken! Diese beispiellosen Demonstrationen sind auch eine Mahnung an die Verantwortung der vierten Gewalt: gebt nicht Faschisten eine Plattform, sondern warnt vor ihnen!
Philipp Höck

Mit zunehmend mulmigem Gefühl las ich den genannten Artikel. Mit welcher Unverfrorenheit, Argumentationsverdrehung hier drei AfD-Politiker*innen und Herr Sellner unterwegs sind. Eine erschreckende Eloquenz. Aber, auch in Ihrem Wording fiel mir etwas unangenehm auf, das dagegen, zugegeben, nicht die Bedeutung hat und dennoch frage ich mich, sollte man sich nicht als seriöse Zeitung hüten, derartige Klischees zu bemühen. Ich zitiere: „Gerrit Huy tritt ans Rednerpult: 70 Jahre alt, grauer Pagenschnitt, die Autorität einer Oberstudienrätin.“. Was hat das mit deren Ansichten zu tun? Eine nicht gelungene Passage, wie ich finde.
Petra Schaus-Wagner

Erlebt die kläglich gescheiterte Affäre Aiwanger gerade eine Neuauflage unter anderen Vorzeichen? Was an groteskem Gedankengut aus Potsdam an die Öffentlichkeit gelangte, sind Vermutungen, Erinnerungsfetzen eines Puzzles, aber keine Beweise. Unstreitig ist die Teilnahme eines strammen Rechtsradikalen aus Österreich. Schlimm genug, könnte man einwenden. Doch daraus die konspirative Keimzelle eines Umsturzplans herzuleiten, ist bizarr. Wehret den Anfängen, skandieren die Demonstranten! Doch Verhältnisse wie 1933 zu insinuieren, reicht an Klippschulniveau heran. So gesehen eher eine Aiwanger Affäre ll, ein Sturm im Wasserglas.
Christoph Schönberger

Da waren und sind viele dieser Gutmenschen unterwegs, die auch mal alle auf eine Demo wollten, vermutlich, um gegen rechts zu wettern, aber genaues weiß man nicht. Natürlich verlief alles sehr geordnet, versteht sich ja von selbst! Der deutsche Michel schläft friedlich weiter seinen Schlaf der Gerechten. Anscheinend ist jetzt alles rechts oder gleich rechtsradikal, das nicht ampelgrün angestrichen. Ist überhaupt das Rechtsabbiegen noch erlaubt? Vielleicht wollten sich diese Demonstranten mit diesen Demonstrationen einfach nur bei der Ampel, für deren tolle Politik bedanken? Übrigens wurde auch ein Olaf Scholz auf dieser Demo gegen die Opposition gesichtet.
Riggi Schwarz

Mich treibt eine Frage um, von der ich glaube, dass ihre Beantwortung extrem wichtig ist, um die Gefährlichkeit der AFD (und anderer rechtsextremistischer Gruppierungen) für jedermann deutlich zu machen. Nach meinen Rechtsverständnis (eher laienhaft) ist es doch so, dass es gar nicht möglich ist, die Rechte ausgewählter Minderheiten einzuschränken, ohne eben diese Rechte letztlich für jeden einzelnen Bürger einzuschränken, weil diese Rechte ja willkürlich anhand irgendwelcher selbstgewählten Kriterien eingeschränkt werden. Wenn das möglich ist, dann können diese Rechte für jeden einzelnen eingeschränkt werden, wenn man nur die Kriterien richtig wählt. Das würde bedeuten, dass eben niemand mehr Persönlichkeitsrechte gegenüber dem Staat hätte. wie es ja in autoritären Staaten wie der Türkei, Russland, China, Iran et.al. der Fall ist. Dass in einem solchen (AFD-)Staat also jeder jederzeit weg gesperrt werden kann, wenn sich nur ein ausreichend vernetzter Denunziant findet, der ein Interesse daran hat, dass man weggesperrt wird. Dass es also eben jeden treffen kann und viele auch wird, und eben nicht „nur“ Menschen mit migrantischem Hintergrund.  Meine Frage: Sehe ich das richtig?  Ich würde mir also einen gut fundierten Artikel wünschen, in dem das auch juristisch untermauert wird, falls es so ist. Es sollte jedem, der die AFD wählt klar sein, dass er ggf. seine eigene Entrechtung voran treibt.
Fritjof Möckel

Es ist bemerkenswert, dass Sie sich die Mühe machen, mit Vertretern der AfD oder der „Identitären Bewegung“ ins Gespräch zu kommen, um über das sogenannte „Düsseldorfer Forum“ vom November 2023 bei Potsdam zu reden. Wenig überraschend allerdings, dass dabei nichts herauskam. Zumindest nichts Neues. Niemand bestreitet seine Teilnahme an der Veranstaltung. Man fühlt sich sogar bestätigt und wertet das Treffen als Erfolg. Und klar, die Berichte von „Correctiv“ werden als verleumderisch und falsch abgetan. Man habe nichts von einem Masterplan zur massenhaften Remigration gehört. Was haben Sie erwartet? Es sind die stets gleichen Floskeln, mit denen abgewiegelt und verharmlost wird. Ich hätte mir das Lesen der Seite Vier sparen können. Trotzdem danke für Ihr Engagement. Vielleicht hilft es irgendwann ja doch, das Schlimme zu beschreiben, um das Gute zu fördern…
Thomas Meichle

Nennen Sie das objektiven Journalismus? Plötzlich ist es ein „AfD-Geheimtreffen“ – ich nenne das Stimmungsmache. Sicher, es waren wohl AfD-Mitglieder dabei, aber es war kein AfD-Geheimtreffen, bzw. wenn doch können Sie sicher Beweise dazu offen legen.
Ralph Kalich

Ist das der neue Kurs der Zeit? Die „etablierten Federn“ reproduzieren vor allem völlig unreflektiert die Ausflüchte der AfD_Koryphäen – ohne jede eigene journalistische Bewertung. Ergänzendes zum Verfassungsschutz gleicht das nicht aus. Dass der ebenfalls auftretende „Sohn eines Mitveranstalters“ (Arne Friedrich Mörig) ein direkt von Alice Weidel aus Ihren Verfügungsmitteln der AfD-Bundestagsfraktion bezahlter AfD-Mitarbeiter ist, wird nicht erwähnt oder sogar noch schlimmer schlicht übersehen? Wahrlich eine Meisterleistung des investigativen Journalismus. Und die Einordnung der Proteste schiebt man schlicht an “die Jungen“ in der Redaktion ab. Nachwuchsförderung oder – wie ich zumindest meine – auch ein Stück eigener journalistischer Wurstigkeit?
Martin Hommel

Ihr Artikel macht es offenkundig, es wird der AfD wohl nicht schaden. Einzig der Gegenwind formiert sich, endlich möchte man hinzufügen. Leider gibt es aber einen Reflex aus dem Demokratielager, den man so einfach nicht teilen sollte. Selbst unsere Innenministerin hat sich dazu verstiegen! Es würden Erinnerungen an die Wannsee-Konferenz wach. Wir erinnern uns, auf dieser Konferenz wurde von den Nazis die systematische (industrielle) Ermordung der europäischen Juden geplant. Das sogenannte Geheimtreffen der AfD (u.a. auch mit Mitgliedern der CDU als Gäste!) sollte man, selbst wenn dort von Remigration gar deutscher Staatsbürger schwadroniert wurde, nicht auf eine Stufe mit den Gräueltaten der NSDAP stellen. DAS ist es unter anderem, was Wähler der AfD zu einer anhaltenden Trotzreaktion („Jetzt erst recht“) verleitet. Ganz nebenbei, es ist im Wesentlichen tatsächlich das Migrationsthema, dass den Zulauf zur AfD fortdauernd bestärkt. Würde man eine ehrliche Bestandsaufnahme zulassen, müsste man wohl feststellen, dass die übergroße Mehrheit längst genug hat von der weit gehend ungeordneten Migration Hunderttausender in unser Land (die Bevölkerung ist seit 2015 von 81,6 auf 84,5 Mio. gestiegen trotz, dass mehr Menschen sterben als geboren werden!). DAS und die echte Sorge um den langsamen Abschied Deutschlands aus dem Kreis der Länder, die sich auf der Weltbühne noch Gehör verschaffen (können), gepaart mit der Sorge um den ebenfalls schleichend begonnenen Wohlstandsverlust der breiten Mittelschicht, sind die Triebfedern des AfD Zulaufs. Hoffen wir, das all die Demonstrationen für unsere Demokratie in den Wahlkabinen der nächsten Landtagswahlen nicht vergebens waren. Sicher ist das keinesfalls.
Thomas Harnisch


Leserbriefe zu „Sind Plattenbauten die Rettung?“ Streit von Christoph Mäckler und Martin Maleschka, moderiert von Valerie Schönian und Artur Weigandt

Die Ästhetik des Plattenbaus zwischen einem zur Bourgeoisie neigenden Park Avenue – Phantasten Mäckler und einem romantisch verklärten Plattensympathisanten Maleschka im Kontext eines dringenden Wohnungsbedarfes streitig zu behandeln, darf als Verzwergung des sozialen Problems aus dem gewaltigen Defizit betrachtet werden. Wegen der räumlich-gesellschaftlichen Folgen aus diesem jahrzehntelangen Versagen einer adäquaten Versorgung mit Wohnraum belustigt es die gut situierten und in individuell gestalteten Unterkünften lebenden ZEIT-Leser bestenfalls, die in Betracht zu ziehenden Versorgungsfälle jenseits dieses Klientels möchten von der Sorge um eine adäquate Bleibe befreit werden. Und das ist vorrangig keine Frage der Ästhetik, sondern der Verfügbarkeit und sollte nicht von Stadtbaukünstlern bestimmt werden.
Jürgen Dressler

Bauen im Bestand ist eine gute Lösung, selbstverständlich auch, wenn es sich um Plattenbauten handelt: ressourcenschonend und heimatbewahrend. Heute in der früheren Plattenästhetik neue Trabantenstädte bauen zu wollen, passt allerdings einfach nicht zu unserem Menschen- und Gesellschaftsbild. Wir sind eine Gesellschaft von Individuen, die ihre Individualität nicht erst einer uniformierten Massengesellschaft abringen wollen. Wir wollen unsere Individualität von vornherein entwickeln und leben. Dabei sollte Individualität nicht mit Individualismus, dem Gegenstück der Uniformität, verwechselt werden. Wo Individualität dem Prinzip „Gleiche unter Gleichen“ folgt, mag im Rahmen von Bürgerstädten ein serielles Bauen, mit dem Vielfalt zum Ausdruck kommen kann, ein guter Ansatz sein. Kleinparzellierte Grundstücke sind eine Voraussetzung für diese Vielfalt, die mit einheitlich bebauten Großgrundstücken nicht erreich werden kann. Hier besteht die Gefahr, dass Architektur wieder zu einem uniformierenden Herrschaftsinstrument wird. Individualität beinhaltet Freiheit, ermöglicht Heimat und erhöht die Resilienz gegen jeden Totalitarismus. Der Zweck „Behebung der Wohnungsnot“ darf nicht die Mittel heiligen, mit denen das Bauen wieder in Kollektivierung und Uniformierung mündet.
Reinhard Koine

Vielen Dank für die Auswahl dieses „Streit“-Themas. Ich bin seit Mitte der 80er Marzahner und damit sozusagen ein Ureinwohner. Als ich von der Wohnungsauslosung (Genossenschaft) gleich zur neuen Adresse fuhr war dort noch eine Baugrube. Es standen aber bereits Schulen, Poliklinik, Kitas und sogenannte Dienstleistungswürfel. Meine Frau und ich zogen damals aus einer dunklen, kleinen und badlosen Parterre-Altbauwohnung vom Prenzlauer Berg nach Marzahn. Wir waren happy. Die beiden Kleinen hatten eigene Zimmer und die Wohnung war hell, trocken und warm, ohne dass man früh den Ofen heizen musste. Auch die Luft war deutlich besser. Unsere Kinder hatten ihre Schulen samt Schulgarten vor dem Haus. Viele beneideten uns damals um unsere Neubauwohnung. Mit der Wende änderte sich das. Meine Wessi-Kollegen wunderten sich, warum ein so gut ausgebildeter und verdienender Kollege in einem Hochhaus in Marzahn wohnt.
Da half auch keine Statistik, die bewies, dass Marzahn bei Straftaten und Arbeitslosigkeit besser als der Durchschnitt in Berlin ist. Es gab einige skurrile Situationen bei Besuchen. Auch die Erstbesuche unseres späteren Schwiegersohnes und seiner Mutter, beide aus Göttingen, waren bezeichnend („Hier ist Tina aufgewachsen??“). Unser Schwiegersohn hat das mal als typischen Ost-West-Clash bezeichnet: Im Westen stehen Hochaussiedlungen für soziale Brennpunkte mit billigen Wohnungen und im DDR-Osten waren das die teureren Komfortwohnungen. Anfangs hat mich dieses Westklischee geärgert, jetzt amüsiert es mich eher. Was mich aber wirklich ärgert ist, dass von den DDR-Stadtplaner bewusst frei gehaltene Grünflächen jetzt zugebaut werden. Manchmal denke ich mir, dass die Denke im Berliner Senat vorherrscht: Da stehen sowieso schon Hochhäuser und Proteste, wie in Mitte- oder in West-Bezirken sind nicht zu erwarten…
Axel Voss

Völlig zu Recht thematisiert Christoph Mäckler die verfehlte Stadtplanung vieler Großwohnsiedlungen. Mäckler knüpft an die Beiträge und Kritik von Jan Gehl – „Städte für Menschen“ – und David Sim – „Sanfte Stadt“ – an. Das der europäischen Stadt zugrundeliegende Gestaltungsmuster – nutzungsgemischt, dicht, kleinteilig, grün – ist ungebrochen beliebt, sozial und ökologisch nachhaltig. Hier möchten die Menschen wohnen, leben und tätig sein. Bauen auf der grünen Wiese ist ein Konzept von gestern und gescheitert.
Katrinka Delattre 

Interessante Ansichten zweier Architekten unterschiedlicher Vita. Man nehme von jedem etwas und mache daraus den idealen Städtebau. Ich kann da ein bisschen mitreden, nicht als Architekt, aber als Mieter. Prägend aufgewachsen in den 1940er und 1950er Jahren in dörflicher Umgebung in Südhessen. In den 1960er bis 1980er Jahren in West-Berlin; davon fünf Jahre in Kreuzberg in einer der vierstöckigen Mietskaserne der Gründerzeit und 15 Jahre in einem Hochhaus in der Rollberge-Siedlung in Reinickendorf-Waidmannslust. Und inzwischen im Elternhaus (aus den 1840er Jahren) meines Vaters in einem Dorf in Südbaden. Ich denke an meine Berliner („Wohn“-) Zeit sehr gerne zurück: Die schönen Fassaden der Kreuzberger Mietshäuser mit den „Architekturklassikern Stuck, Ornamenten, gusseisernen Balkonen und Verzierungen“ (Quelle tipBerlin) einschließlich der Gewerbe (mit fantasievollen Lastenaufzügen) in bis zu drei Hinterhöfen. Und dann den Komfort im Hochhaus der Rollberge-Siedlung mit tollem Wohnungszuschnitt, mit Zentralheizung und Aufzug sowie dem fantastischen Ausblick aus dem oberen Stockwerk. Also: Herr Mäckler und Herr Maleschka, setzen Sie sich zusammen und entwerfen Sie ästhetische Hochhaussiedlungen mit angemessenem Rundum-Komfort und mit bezahlbaren(!!) Mieten.
Rüdiger Weis

Wo Wohnungsnot herrscht, müssen Wohnungen her und zwar so schnell und günstig wie möglich. Dass dabei die Fassaden der Häuser das Wichtigste sein sollen, ist ein typisches Flaneur-Argument, arrogant, überheblich, ästhetisch-anmaßend. Wo Hunderttausende Wohnungen fehlen, ist am wichtigsten, dass Neubauten auf die Bedürfnisse der Mieter zugeschnitten sind, dass letztere sich darin wohlfühlen und entfalten können. Wo dies nicht der Fall ist und die Menschen am Morgen missmutig und schlecht gelaunt aus dem Haus treten, ist die schönste Fassade in ihrem Rücken nichts als Schein.
Ludwig Engstler-Barocco

Auch die ZEIT lässt leider immer häufiger im Ton eine Entwicklung deutlich werden, die meiner Ansicht nach mit zur Verrohung der Debatten beiträgt, weil Begriffe und Formulierungen inzwischen auch jenseits von Schlagzeilenpostillen und werbefinanziertem Fernsehen in die Debatten Eingang finden, in denen sie, sollen die Debatten sachlich und zielorientiert geführt werden, nach meiner Ansicht nichts zu suchen haben. Soweit zum Einstieg, nun zum eigentlichen Anlass dieses Briefes. Dieses Streitgespräch um den Wohnungsbau, seine Gestaltung und die Anforderungen für die Zukunft macht die Ambivalenz dessen deutlich, was da notwendig und gleichzeitig auch zu gestalten ist. In allen seinen Problemen. Da geht es nicht nur um die Baukosten oder die Verortung (grüne Wiese vs. bauliche Verdichtung). Allein im Ton erscheint hier etwas arg ins Rutschen zu geraten. Sicher hat Herr Mäckler nicht ganz Unrecht mit seiner Kritik an der (eingeschränkten oder gar fehlenden) Ästhetik der meisten Plattenbauten (in Ost wie West). Sein Ton aber dürfte für eine Menge Menschen im Osten der Republik verletzend sein, setzt er doch eine Abwertung gelebten Lebens in einem untergegangenen Land fort, die bereits kurz nach dem Ende des SED-Regimes für viele mit den Händen zu greifen war.
Die Platten im Westen lasse ich hier bewusst außen vor, ist es doch ein Streitgespräch eines „Wessis“ mit einem „Ossi“, in dem gerade die Satellitenstädte des Ostens mal wieder Thema sind, gleichwohl der Ansatz des Gespräches ja die Zukunft sein sollte. Das Manches jenseits der Elbe nicht zu halten war, was jetzt, auch von den Rechten im Osten, verklärt wird ist schon vielfach an- aber nicht ausdiskutiert worden. Das ist auf einer Seite der ZEIT auch nicht im Ansatz zu leisten. Aber so, wie Herr Mäckler intoniert, ist eigentlich keine sachliche Debatte zu führen. Damit wird nur Rückzug und Verweigerung perpetuiert, der für die Zukunft die bestehende Spaltung manifestieren dürfte. Da ist die Gelassenheit von Herrn Maleschke in seiner Reaktion bewundernswert. Die ist nicht jedem gegeben. Aber Herr Maleschke wiederum unterliegt in seiner Interpretation wohl leider einer gewissen Nostalgie. Er mag gern in der Platte gelebt haben, viele andere in der untergegangenen Republik wohl auch. Mir aber ist es damals nicht im Traum eingefallen, mich mit meiner Familie, um eine solche Schachtel-Behausung zu bewerben.
Wir haben gern in den unsanierten Altbauten in Görlitz und Dresden gelebt. Und so ging es vielen meiner Bekannten und Freunde damals. Und das ist bis weit nach 1989 so geblieben. Was mich in diesem Text aber zusätzlich sehr irritiert hat ist die Verwendung eines Begriffes, der gerade unreflektierte Renaissance zu feiern droht. Beide Herren ahnten wohl (hoffentlich) nicht, welchen Geist sie damit aus der Flasche holen und salonfähig machen. Und dass dies, von der ZEIT unwidersprochen, so abgedruckt wird lässt auch dahingehend Zweifel aufkommen. Die Nazis haben Menschen, die sie mit schwarzen Winkeln an der gestreiften Kleidung versehen haben, in KZs gefoltert, in die „Vernichtung durch Arbeit“ getrieben und in Auschwitz auch vergast. Und das SED-Regime hat unter dem Begriff „asoziale Lebensweise“ 1968 einen Straftatbestand geschaffen, der Menschen in der DDR jahrelang in den Knast brachte, denen eigentlich Sozialarbeiter*innen hätten zur Seite gestellt werden müssen, um ihren Weg im Leben zu finden. Ich wünsche mir, auch und gerade im Sinne eines gestärkten sozialen Wohnungsbaus in der ganzen Republik, eine sachliche und ausgewogene Debatte darum, wie die fehlenden Wohnungen erstellt werden können, die auf dem Wohnungsmarkt für Alleinstehende und Familien mit geringen Einkommen fehlen. Der weitere Verkauf städtischen oder staatlichen Wohneigentums zur kurzfristigen Sanierung öffentlicher Haushalte sollte rechtlich unmöglich gemacht werden, denn so werden nur neue Kosten für die Sozialkassen erzeugt, weil die Mieten der verkauften Wohnungen in absehbarer Zeit steigen und so der Veräußerungsgewinn in den Kommunen über die Kosten der Unterkunft bei Sozialleistungsbezieher*innen schneller wieder abfließt, als er als Eingang im Haushalt verbucht werden konnte.
Matthias Belke-Zeng

Plattenbauten sind günstig, schnell gebaut und schön. Sie fördern eine Durchmischung aller Milieus und sind ein Zuhause. Letzteres mag stimmen. Weshalb Herr Waleschka derartig in einer DDR-Nostalgie schwebt, lässt Rätsel offen. Dass er dabei fast schon zynisch die unfreiwillige Ansiedlung von Professorinnen, Handwerkern etc. in einem Haus anpreist, wirkt geschichtsvergessen. Dabei versucht Herr Mäckler durch Vernunft die Zukunft des Stadtbaus zu skizzieren, während sein Gegenüber auf Basis von anekdotischer Evidenz aus seinem Freundeskreis immer wieder als bestes Argument DDR-Romantik anführt. Zweifelsfrei brauchen wir serielles Bauen, um einigermaßen kostengünstig Wohnungen im großen Stil zu errichten. Doch denkt man nur ansatzweise an die Menschen, die dort leben sollen, werden es sicherlich nicht Professorinnen sein, die in eine „Platte“ ziehen werden. Nichtsdestotrotz hätte ich mir von beiden Streitenden mehr Zukunftsvisionen gewünscht. Oder den Blick in die noch länger zurück liegende Vergangenheit: Wurde nicht schon einmal durch die Bauhaus-Tradition serielles, praktisches und trotzdem (einigermaßen) ästhetisches Wohnen ermöglicht? Also besser die DDR überspringen und direkt nach Weimar schauen.
Sascha Johann

Zwei Architekten unterhalten sich darueber, welche (Art von) Architektur sie „lieben“, wie sie selbst es sagen und bekennen: Der eine sogenannte „Plattenbauten“, der andere „schoene Fassaden“. Soweit, so gut. Nun wissen wir, was in deren architektonischen Herzen die Favoriten sind. So what….? Warum sprechen die zwei ZEIT-Moderator_inn_en in der naechsten ZEIT-Ausgabe nicht mit unserem ehemaligen Bundespraesidenten Christian Wulf ueber sein vor Zeiten beruechtigtes Eigenheim oder mit … oder weniger Prominenten darueber, was wir jeweils fuer Haeuser moegen? Waere doch auch interessant…! Oder…? Aber muss dafuer eine ganze ZEIT-Seite herhalten, um diese private stories irgendwelcher Protagonisten zu erfahren. Waere es doch wissenswerter und lehrreicher fuer die Leser_innen kennen zu lernen, welches generelle und wissenschaftliche Fachwissen das heutige Bauen theoretisch und als praxisrelevant aufweist. Wo moeglicherweise Defizite sind im Wissen ueber Planen + Bauen, welche Forschungsschwerpunkte derzeitige Wissenluecken fuellen bzw. welche Neuorientierungen noetig sind in Zeiten des Re-use von Bauteilen, Rufen nach Abrissmoratorien, Streit um energetische Sanierungen, denkmalpflegerischer Probleme; ueber die Baukostensteigerung und Grundstueckskapitalismus, die Vorschriftsreduzierung oder -praezisierungen. Oder daueber, wie Architektur und Staedtebau sich global oder/und lokal zukuenftig entwickeln, wie die Bewohner- und Nutzer_innen tatsaechlich – architekturpsychologisch fundiert – die bauliche und natuerliche Umwelt wahrnehmen bzw. wie der tatsaechliche Gebrauch der baulichen Umwelt regional, sozial oder urban auf vielfaeltige Weise zu erreichen ist; z.B. ueber das Mehrgenerationen-Wohnen, Reduzierung der genutzten Quadratmeter pro Person (statt SUV-Appartements) und so weiter und so weiter… Und natuerlich soll auch fachlich gestritten werden ueber die Erscheinungsweise dieser Bauten und deren zugehoerigen Stadtraeumen, aber bitte auf einer wissensvermehrenden Ebene, und einem Wissensstand, der generalisierend, fundiert und kritisch vermittelt wird, was ich von einem Streitgespraech in der ZEIT erwarten darf. Leider verpassten es die Moderatoren offensichtlich, die Gespraechsbeitraege der beiden auf ein solides fachliches Streitniveau zu heben – denn was haben wir gelernt? Der eine Architekt liebt das, der andere jenes – beide sind Liebende – oder Verliebte – und Liebe macht bekanntlich blind. Eine schlechte Voraussetzung fuer eine „lebensnahe, angemessene Architektur“ in unseren Zeiten.
Kurzexkurs ueber „VORLIEBEN“ * Bei architektonischen Fragen ist es (oft) schwierig von ‚richtig‘ und ‚falsch‘ zu sprechen (denn d.h. eigentlich: etwas wird so – oder so bewertet!). Meist wird dies indirekt vermieden mit dem Standardsatz: ‚Das ist Geschmackssache!‘ Eine andere (Bewertungs-/ Diskussions-) Strategie ist üblicherweise, den eigenen ‚Geschmack‘ (= subjektiver Wertekanon) unbesehen als Masstab zu nehmen; deckt sich die betrachtete Gestaltungslösung mit dem eigenen Kanon, dann ist das Gebäude „gut“ (= richtig = qualitätsvoll). Wenn nicht – ist es schlecht = falsch. Das ist ebenfalls ein ‚subjektives Urteil‘; ähnlich der ‚Geschmackssache‘ oder einer (persönlichen) Vorliebe.
Vorlieben und Geschmackssachen sind privater, nichtfachlicher Natur. Jeder mag die Beatles oder Frank Sinatra oder Mozart – oder eine bestimmte Farbe („kobaltblau!“) – für sich bevorzugen…; darüber gibt es nichts zu diskutieren, ausser einem Reden als einem (Info-) Austausch: das magst Du – das mag ich. Richtig < > falsch’ gibt es auch bei Fachfragen in der Architekturlehre, zumindest bis zu einem bestimmten „Level“ bei Qualitätsfragen und bei der Anwendung systematischen Denkens bei den jeweiligen Fachthemen. Das meint, sich beim Besehen einer Sache (z.B. einer Fassade) sich darauf zu konzentrieren, was die ‚tragenden‘, konzeptualen und systemischen Grundgedanken bei der Gestaltung und Nutzungsplanung des betrachteten Bauobjekts sind; zum Beispiel:
• ein konzeptuelles (historisches) System
• eine angezielte, auch soziale Ordnung
• eine konsequente Kontinuität
• eine klare Architekturidee oder -auffassung
• die systemische Schlüssigkeit der gestalteten Teile zueinander
• eine Unterscheidung / ein Zusammenhang von Gesamt- und Teil- bzw. Subsystemen
• (falls es ein ‚Bruch‘ oder eine Collage als Gestaltungskonzept gibt:) auch diese addierende Entwurfs- und Vorgehensweise hat bestimmbare Regeln
* Auszug aus einem Lehrtext von mir zu einem lokal-bestimmten, auch sozial begruendeten staedtebaulichen, architektonischen und konstruktiven Planen + Bauen.
Klaus Brendle

Auch wenn Herr Maleschka den sogenannten Platten eine gewisse Ostalgie abgewinnen kann, ist und bleibt diese Form der Architektur menschenverachtend, weil sie durch Uniformität dem Individuellen, das eine lebendige Kultur menschlichen Miteinanders ausmacht, komplett zuwiderläuft und dieser widerspricht. Übrigens kann Herr Maleschka auch in meiner Geburtsstadt Frankfurt oder meiner derzeitigen Heimat Essen solche Bausünden bewundern. Mittlerweile versucht man mit bunter Fassadengestaltung der Tristess entgegenzuwirken.  Besser wäre es gewesen nie solche Wohnmonstren geschaffen zu haben.
S. Burda

Sicherlich sind die Plattenbauten in den Vorstädten, egal ob in Ost oder West nicht die Krönung der Stadtbaukunst, aber sie boten preiswerten Wohnraum und sind tlw. bis heute nach entsprechenden Modernisierungs- und Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen beliebte Wohngegenden. Die von Stararchitekten wie Ricardo Bofill entworfenen Hochhäuser in der Pariser Banlieue zeigen übrigens, dass sich allein mit Architektur die sozialen Probleme dieser Viertel nicht lösen lassen.

Die Vertreterinnen und Vertreter der Stadtbaukunst sollten einmal in den Spiegel oder besser aus dem Fenster schauen, dann würden sie die immer gleichen weiß verputzten Kaffeemühlen mit Staffelgeschoss und Flachdach sehen, die ohne Rücksicht auf die Umgebung überall entstehen. Auch Herr Mäckler hat in meiner Heimatstadt Bochum ein Luxuswohnviertel entworfen, über dessen neoklassizistische Fassadenarchitektur man durchaus geteilter Meinung sein darf. Die Stadtbaukunst der 20er-Jahre scheint verloren gegangen zu sein.
Ulrich Schildberg


Leserbriefe zu „Wir sind das Volk“ von Andrea Böhm

Die Zahlen der Demonstranten lösen das Problem der vorausgesagten Stimmenanteile der AfD bei den anstehenden Wahlen meines Erachtens nicht. Die Frage nach den Ursachen der gewachsenen Voraussagen für die politische Rechte bleibt unbeantwortet. Wo bleibt das kritische Hinterfragen der politischen Entscheidungen der letzten dreißig Jahre? Populismus ist nicht mit Diffamierung und Diskreditierung zu begegnen, sondern mit der Sicht auf andere als freie und gleiche im Sinne der Aufklärung. „Cancel Culture“ und „Deplatforming“ Widersprechen den Grundregeln einer demokratischen Zivilkultur.
R. Reiger

Als vor zwei Jahren die neue Regierung mit den Grünen als stärkste Partei gewählt wurde, war ich voller Hoffnung auf positive und längst überfällige Veränderungen in Sachen Natur- und Tierschutz. Aus dieser Hoffnung ist schnell Enttäuschung und mittlerweile absolute Fassungslosigkeit geworden. Die grüne Partei, die einst für Natur- und Tierschutz stand, betreibt mittlerweile Hochverrat an der Natur und den Tieren und auch an Menschen, die sich für diese einsetzen. Es wird nur noch über diesen Pseudoklimaschutz geredet und der Lobby aufgewischt. Alleine schon diese Verblendung, dass man mit Windrädern und Solaranlagen das Klima „retten“ könne, ist zutiefst erschreckend. Aber anstatt diese fragwürdige Technik wenigstens intelligent zu nutzen und bereits versiegelte Flächen zu verbrauchen, werden die letzten naturnahen Gebiete geopfert. In Brandenburg werden beispielsweise riesige Wälder für Wind- und Solarparks, sowie E-Batterienwerke zerstört, alles im Namen des „Klimaschutzes“. Leider sind Politik, Medien, große Teile der Bevölkerung und sogar einige große Naturschutzorgas, wie z. B. Greenpeace, WWF, NABU, BUND, DUH oder Robin Wood, dieser Verblendung aufgesessen. Der unglaubliche Ressourcenverbrauch für diese fragwürdige Technik wird in keinster Weise thematisiert, ebenso wie das Entsorgungsproblem ausgedienter Anlagen. Es werden Unmengen an seltenen Erden, wie z. B. Lithium oder Cobalt gebraucht, die nicht einfach so vom Himmel fallen, sondern irgendwo abgebaut werden müssen. Dafür werden großflächig Landschaften und mittlerweile auch Meere zerstört. Das Wort „Naturschutz“ ist gar nicht mehr existent, höchstens noch als ‚Unwort‘. Indigene Völker in Mittel- und Südamerika beispielsweise, wehren sich gegen diese Verschandelung und Zerstörung ihrer Heimat. Im Urwald hat man anscheinend einen größeren Weitblick als im ach so „fortschrittlichen“ deutschen Land.
Leider werden Klima- und Naturschutz in keinster Weise zusammen gedacht, sondern der Naturschutz massiv dem Klimaschutz untergeordnet. Man darf gespannt und beunruhigt sein, wohin diese Entwicklung führen wird. Der Fokus zum Klimaschutz sollte auf eine Agrar- und Ernährungswende, auf den Erhalt von Naturräumen (Wälder, Wildwiesen, Moore, Meere…) und der Artenvielfalt, sowie auf Strom sparen gesetzt werden. Leider ist die Situation jedoch ganz anders. Und um jede Schandtat durchzudrücken wird neuerdings mit „überragenden öffentlichen Interesse und Sicherheit“ argumentiert, ob dies zutrifft oder nicht. Was soll man in diesem Land noch wählen, insbesondere wenn einem ECHTER Naturschutz oder Tierschutz wichtige Themen sind? Die grünen Verräter sind ein No-Go, die FDP blockiert die wenigen halbwegs guten Ideen und zaghaften Vorstöße der Grünen, wie z. B. die Mehrwertsteuererhöhung für tierische Produkte schon im Keim und die SPD hält sich dezent im Hintergrund. Was ist die Alternative? Die CDU, mit dem rücksichts- und gewissenlosen Vollkapitalist Merz? Oder gar die aggressive und hetzerische AfD? Es kann einem wirklich angst und bange werden, vor der Zukunft in diesem Land. Es bleibt nur die Hoffnung, dass ein Ruck durch die Bevölkerung geht und endlich erkannt wird, was hierzulande Krankes passiert.
Jörg Gaiser

„Marsch durch die Institutionen“. Wie aus Demonstrieren aktive demokratische Teilhabe wird. Als in den 1980er Jahren Schüler und Studenten auf die Straße gingen, um „aus den Talaren den Muff von tausend Jahren“ zu vertreiben, begann eine neue demokratische Zeitrechnung in Deutschland. Der Aufforderung des damaligen Sprechers der Studenten, Rudi Dutschke, den Marsch durch die Institutionen in Parteien und Verwaltungen anzutreten, folgten viele, besonders junge Menschen. Sie traten in demokratische Parteien ein, brachten frischen Wind und Aufbruchstimmung mit. So hat der unbewegliche Tanker Deutschland wieder Fahrt in Richtung Zukunft aufgenommen. Dass das bestens funktioniert hat, wird von allen Historikern bestätigt. Aus den „jungen Wilden“ wurden seriöse und verantwortungsvoll handelnde Politiker. Um die Jetztzeit, 50 Jahre später bildlich zu beschreiben, soll der folgende Liedtext* helfen: „Die weißen Tauben sind müde. Sie fliegen lange schon nicht mehr. Sie haben viel zu schwere Flügel; Und ihre Schnäbel sind längst leer“. Um kein neues gesellschaftspolitisches Vakuum zuzulassen und demokratiegefährliche Rechtsaußenparteien überflüssig zu machen, werden die „Jungtauben“, die heute auf allen Plätzen in riesiger Zahl gegen rechts und für Klimaschutz demonstrieren, aufgefordert, in dem heimischen Schlag der demokratischen Parteien zu landen. Nur so können wir unsere Demokratie verteidigen.
Dirk Hartwich

„Die breiten Bündnisse der Demonstrationen gegen die AfD beschränken sich für Frau Böhm auf den links-grün-alternativen Teil der Gesellschaft. Falsch: auch Liberale und CDU waren an vielen Orten Organisatoren und Teilnehmer! Die Demonstrationsbereitschaft reicht weit in den bürgerlich-konservativen Bereich der Gesellschaft hinein. Dies zu ignorieren, erleichtert nur der AfD ihre Diskreditierung der Proteste als die „linker Spinner“. Schade – eine verpasste Chance.“
Christian M. Schlaga

Gut, dass Sie ein paar der Verbrechervisagen abgebildet haben, es wäre auf Seite 4 aber noch genügend Platz am Rande für die viele andere der selbsternannten „Herren““menschen“ gewesen. Gegebenenfalls hätte der Platz sogar noch für die Vorbilder von der Wannseekonferenz gereicht. Parteien und Politiker*innen, die sich um AfD-„Themen“ „kümmern“, wie es Herr di Lorenzo auf der Titelseite fordert, werden auch weiterhin von mir eine Abfuhr auf dem Wahlzettel erteilt bekommen, egal ob sie unter dem AfD-Label operieren oder nicht! Der Widerstand gegen die Faschisten darf ruhig militanter werden (und an einigen Stellen wird er das ja auch schon)! In der „Lesart“ auf DLF-Kultur war kürzlich Jan Philipp Reemtsma zu Gast, der sich dafür aussprach, klare Kante gegen Rechtsdraußen zu zeigen, notfalls auch mit der Polizei. Pädagogische Kongresse, wie bei Adorno, der sich dahin irgendwie verlaufen hatte, um über die Bekämpfung des Faschismus zu sinnieren, nützen da nichts. Ich lache mich kaputt, wenn sich jetzt gewisse Politiker*innen und Medienvertreter*innen über Parolen wie zum Beispiel „Ganz Düsseldorf hasst die AfD!“ aufregen. Ja, was denn sonst?! Man könnte das aber auch noch etwas expliziter zum Ausdruck bringen …Wenn Höcke demnächst etwas von einer Bundes“kristallnacht“ gegen seine NSAfD-Terrorzentralen faselt (so, wie er und sein österreichischer Kumpan Sellner jetzt die Demonstrationen als „NS-Fackelmärsche“ und „FDJ-Systemaufmärsche“ denunzieren – kann man sich da eigentlich mal entscheiden?) dann vielleicht zurecht …
Was die Lichterketten vor 30 Jahren gebracht haben, sieht man ja. Die Faschisten feiern gesponsert von einigen Unternehmern (oftmals Bankrotteure und Steuerflüchtlinge) fröhliche Urständ auf irgendwelchen schicken Dachterrassen und ermorden einen Politiker bzw. politischen Beamten und was ihnen sonst so nicht in den Kram passt. Auch die Frontex mordet im Sinne von Mölln, Solingen, Hoyerswerda etc. weiter. Wenn Herr Woidke „Wehret den Anfängen!“ ruft (S. 5), dann zeigt das nur, dass er nichts begriffen hat. Diese Anfänge liegen (mindestens) 40 Jahre zurück (Gründung der Republikaner). Von der heutigen SPD kann man eh keinen echten, aktiven Antifaschismus à la Wehner mehr erwarten. Die Asylverräter laufen den rechten Themen auch nur noch hinterher, Vorbild Skandinavien. Woidke, Merz und Kretschmer sind für mich alles Heuchler. Und die Grünen zeigen, bis auf die Basis, auch zu wenig klare Kante und gehören mittlerweile auch zu den Asyl- und Menschenrechtsverrätern. Aiwanger ist wenigstens noch ehrlich in seinem Rechtsaußentum und läuft lieber auf zig Bauerndemonstrationen rum. Söder ist genauso ein Heuchler! Einerseits möchte er der AfD die Staatsknete (so, wie der Staatspartei NPD / Heimat) abgraben, andererseits wählt er zusammen mit den Freien Wählern zwei AfD-Kandidaten zu ehrenamtlichen Richtern an Bayerns Verfassungsgerichtshof. Ich habe weder etwas mit der lahmarschigen „bürgerlichen Mitte“ noch mit irgendwelchen Pseudolinken und erst recht nichts mit faschistischen „Free Palestine“-Krakeelern zu tun und deswegen werde ich mich an diesen Demonstrationen auch nicht beteiligen, mal abgesehen davon, dass sich die Grippeviren über solche Massenansammlungen genauso wie über den anstehenden Karneval freuen werden.
Der „bürgerliche“ Protest wird sowieso direkt wieder verpuffen, weil sich die mediale Aufmerksamkeit von den Nazikriminellen sehr schnell auf die Kriminalität in der Evangelischen Kirche richten wird, die neben der Katholischen Kirche den Boden für die „modernen“ Antisemiten bereitet hat, ich erinnere nur mal an die Judenfeindlichkeit Luther und mancher Päpste und anderer Kirchenherren und -väter, wobei ich den damaligen Mob, genau wie das heutige rechte Pack, nicht aus der Verantwortung entlassen will Laut Walter Laqueurs „The Changing Face of Anti-Semitism“ schrieb Luther „everything should be done to free the world of this insufferable, devilish burden – our plague, pestilence and misfortune“ und meinte natürlich die Juden. Ich finde, das sollte besser für die Nazis gelten. Écrasez les infâmes, um mal den anderen Antisemiten Voltaire zu aktualisieren. Kant, Hegel, Herder hatten laut Laqueur ebenfalls antijüdische Einstellungen, Schelling und Rousseau nimmt er ein wenig in Schutz (Land der antisemitischen „Dichter“ und „(Vor-)Denker“ und Frankreich auch nicht viel besser, wie man später bei Dreyfus sieht). Deutschland hat jetzt die Chance, die es beim ersten Mal, nämlich im bzw. spätestens am Ende des Zweiten Weltkriegs nicht genutzt hat, nämlich sich von dem Nazigesocks selbst zu befreien. Ich hoffe, wir schaffen es diesmal. Es wird Zeit, dass das Land von dieser Pest gereinigt wird! Nach Corona sind das die nächsten Krankheitserreger, die wir beseitigen sollten, zumindest sollten wir uns dagegen immunisieren. Ich glaube, dass die Naziparasiten sogar schlimmer als Corona sind. Jaja, ich weiß, jetzt kommt der Einwand, ich würde wie die Nazis reden und das stimmt auch: Wenn Hitler sich Robert Koch als Vorbild für die Ausrottung der Juden genommen hat, dann nehme ich mir eben Koch als Vorbild für die Ausrottung der Nazis! Antisemitismus lässt sich sehr gut in die richtige Richtung ummünzen. Es wird Zeit, dass die Nazis die nächsten Juden werden! An Benabdellah M. gerichtet: Fremdenfeindlichkeit ist kein Grund, das Land zu verlassen, sondern ein Grund, sich zur Wehr zu setzen, einzeln oder kollektiv.
Thomas Manthey

Brief an die Landwirte, Spediteure und alle, die momentan unsere Straßen blockieren. Liebe Demoteilnehmer, wenn ihr mit euren riesigen Maschinen und eurer Demo fertig seid, könnt ihr uns die denn mal für ein paar Tage ausleihen? Wer wir sind? Naja, Eltern, die keinen Kitaplatz bekommen, trotz Rechtsanspruch. Eltern, die sich die Kitakosten vom Munde absparen müssen, weil Kitas in Schleswig-Holstein nicht kostenlos sind. Eltern, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken mögen, weil deren Zustand katastrophal ist. Schüler, die in der Schule kein funktionierendes WC vorfinden, deren Schulbus ausfällt und die, wenn sie Glück haben mit 60 bis 70% des vorgesehenen Lehrstoffes die Schule verlassen, weil zu viel Unterricht ausfällt. Wir sind auch die Großeltern, die häufig einspringen, wenn eben unser Schulsystem oder auch die Betreuung nicht funktioniert, weil wieder mal Personal fehlt. Seit Jahren sind die Missstände bekannt, es tut sich nichts, es wird eher schlimmer. Dass man da bei dem Pisatest nicht gut abschneidet, wen wundert´s? Wir möchten also auch mal Druck machen, denn bei euch hat es ja jetzt schon funktioniert, aber ihr macht weiter, weil es noch nicht reicht. O.K. das möchten wir auch. Es könnte sonst der Fall eintreten, dass, ich weiß nicht, zehntausend oder sogar mehr Eltern die Straßen blockieren, wir haben ja auch Autos, nicht so groß, aber immerhin. Wäre doch blöd, wenn es gerade dann passieren würde, wenn trockenes Wetter ist und ihr die Ernte einfahren möchtet. Also, bitte gebt uns eure Traktoren.
Horst Gösch

Ich war am Sonntag vor einer Woche in Freiburg bei der Demonstration dabei- und es war mutmachend. Eine Privatperson hatte die Demo angemeldet, die vielen kreativen Pappschilder verdeckten die wenigen Fahnen von Parteien und Gewerkschaften.  Mich hat beeindruckt, dass wirklich die Mitte der Gesellschaft sich versammelt hat. Parteien waren hier eher störend. Uns hat – trotz unterschiedlicher politischer Meinungen – die Sorge um unsere Demokratie vereint. Dieses Fundament ist stärker und wichtiger als parteipolitischer Dissens Es wäre wünschenswert, wenn Regierung und Opposition, Arbeitgeber und Gewerkschaften die Demokratie priorisieren und ihre Partikularinteressen depriorisieren könnten. Es kommt heute auf das Wesentliche an.
Andrea Schwarz

Die Wählerschaft wird sich demnächst entscheiden müssen, ob sie lieber in einer Demokratie oder in einer Autokratie leben will. Bei der Demokratie wird sie viel Hin und Her bei konkreten Entscheidungsfindungen hinnehmen müssen. Bei der Autokratie wird sie bei Einzelentscheidungen wahrscheinlich gar keine Rolle spielen. Bezogen auf die Treckerdemonstrationen zeigt das:  In der Demokratie lassen sich mit Demonstrationen Korrekturen erreichen. In der Autokratie könnte so etwas mit einer Konfiszierung der Trecker enden. Die Demokratie ist bekanntlich von Voraussetzungen abhängig, die sie selbst nicht schaffen kann. Sie muss nämlich gewählt werden. Gott sei Dank positionieren sich potenzielle Wähler zur Zeit mit beeindruckenden Demonstrationen als Garanten dafür.
Paul Scholz

Das Thema treibt uns alle um. Ich fahre zu Kundgebungen nach Hamburg, Bremen und Hannover. Natürlich bin ich auch in meiner kleinen Heimatstadt dabei. Die geringen Kundgebungsteilnehmer im Osten des Landes betrachtete ich fast mit Verachtung. Dann sah ich eine Berichterstattung über eine Kundgebung in Bautzen. 1.500 Teilnehmer. Lächerlich denke ich. Wir haben genauso viele Einwohner und waren 4.000 Teilnehmer bei unserer Kundgebung. Ganz gut, denke ich aber lange nicht genug. Und was läuft denn da in Sachsen eigentlich so schief? Dann höre ich, dass Teilnehmer in Bautzen nach einer Kundgebung unter Polizeischutz zum Bahnhof begleitet werden müssen, weil sie durch Rechtsradikale eingeschüchtert, massiv bedroht und angegriffen wurden. Was? Ich erinnere mich an einen Verwandtenbesuch in Halberstadt (auch wenn es zu Sachsen Anhalt gehört) im Jahr 1990 als Rechtsradikale mit Hitlergruß rufend durch die Straßen liefen und mir unfassbare Angst machten. Keiner hat was gemacht. Das wollen wir doch nicht. Wir müssen unbedingt unsere Mitbürger in Sachsen unterstützen. Helft den Sachsen! Wir sind mehr! Das müssen wir zeigen. Immer und jeden Tag. Alle von uns und in jedem Bundesland. „Helft“ auch den Nachbarn und insbesondere kleineren Gemeinden.
Sabine Meinke


Leserbriefe zu „Wie Panzerfahrer auf dem Acker“ von Bartholomäus Grill

Ein zunächst authentischer Bericht, der leider dann doch wieder das übliche Klischee von Überdüngung, Pestizideinsatz und rücksichtsloser Naturzerstörung (Panzerfahrer) bedient. Nachhaltig wirtschaftende und der Zukunft zugewandte Bauernfamilien sind dem Autor offenbar nicht bekannt und die tiefen, ursächlichen Gründe der Bauernproteste ebenfalls nicht. Hat er absichtlich die Einkommenssituation so verkürzt dargestellt, um den Neidfaktor zu bedienen? Wenigstens den Verlust des elterlichen Betriebes lastet er nicht nur der Agrarpolitik an.
Hubertus Fehring

Der gesamte Artikel zielt darauf ab, Landwirte generell als Umweltverpester, Tierquäler und Raffgierige darzustellen.  Letzteres zeigt sich daran, dass der Autor aufführt, dass die Landwirte im vergangenen Jahr 115.400 € verdient haben – im Vergleich dazu sein die geplanten Agrardiesel-Kürzungen winzig. Was der Autor verschweigt, ist, dass von diesen 115.400 € Unternehmensergebnis ca. 1,4 Familien-Arbeitskräfte leben müssen, dass hiervon noch Kranken-, Pflege- und Alterskassenbeiträge bezahlt, die Eltern und ggf. Großeltern noch mit versorgt, Steuern bezahlt werden müssen, private Altersvorsorge getroffen werden muss (aktuell ca. 800 € aus der Alterskasse reichen leider nicht zum Leben…) sowie Rücklagen für zukünftige Investitionen gebildet werden müssen. Zwar wird erwähnt, dass das Unternehmensergebnis im Vergleich zum Vorjahr um 45 % steigt, dass Vor-Vorjahr wird aber weggelassen. Hier betrug das Ergebnis nur 54.300 €. Dass so in den beiden Vorjahren, nicht alle eingesetzten Produktionsfaktoren entlohnt werden konnten (WJ 20/21 eine relative Faktorentlohnung von 77%); es wird also „draufgezahlt“, wird ebenfalls nicht erwähnt. Heißt: Der Rekordgewinn im letzten Jahr war dringend notwendig, um die angespannte Situation auf vielen Betrieben zu entlasten. Ebenso fehlt die aktuelle Prognose des Verbands der Landwirtschaftskammern für die Betriebsergebnisse für das aktuelle Wirtschaftsjahr 2023/24: Hier wird von Ergebnisrückgängen zwischen 30-50% ausgegangen … Leider muss man zu dem Schluss kommen, dass diese Informationen absichtlich vorenthalten worden sind, da diese einfach ebenfalls wie die Zahl „115.400 €“ dem aktuellen Situationsbericht entnommen werden können und sich oftmals auf den gleichen Seiten befinden. Dies darf den Qualitätsansprüchen Ihres Hauses nicht genügen und so ist es, gerade vor dem Hintergrund, dass der Artikel im Wirtschaftsressort gedruckt wurde, mehr als fragwürdig, welches (verzerrte) Bild der Landwirtschaft hier vermittelt werden sollte.
Jonas Thiel

Nach Ihrer Beschreibung war der elterliche Hof in Bayern in den 1950er Jahren total „rückständig“. Es wurde noch die Brach-Dreifelderwirtschaft praktiziert, so schreiben Sie. Im „Statistischen Handbuch Niedersachsen“ von 1950 taucht die Brache als Bodennutzungsart überhaupt nicht mehr auf. In meinem Geburtsort in Niedersachsen mit mittlerer Bodengüte gab es nach einem Bericht von 1801 bereits keine Brache mehr. Ihr Vater baute Getreide und Zwischenfrüchte an, so schreiben Sie. Keine Futterrüben für die Kühe, keine Kartoffeln für die Menschen auf dem dritten Feld? Übrigens: Zwischenfrüchte sind definitionsgemäß zwischen zwei Hauptfrüchte geschaltet, zum Beispiel Futterraps nach der Getreideernte bis zur Verfütterung im Spätherbst. Im August 1960 kamen u.a. die Mineraldünger in „ihr“ Dorf, so schreiben Sie. Ab etwa 1880 wurde ein Rückstand aus der Stahlproduktion (Thomasmehl) als Phosphor-Dünger verwandt. Gegen 1900 wurden Kali in mehreren Gegenden Deutschlands bergmännisch gewonnen. Vor dem 1.Weltkrieg wurden Phosphor- und Kali-Düngemittel in allen Landkreisen des Deutschen Reiches in nennenswerter Menge eingesetzt. Nur in einzelnen (inselartigen) Dörfern in Oberbayern nicht? Nach dem 1.Weltkrieg wurde Kalkammonsalpeter als Stickstoffdünger auf den Markt gebracht. Dies war der Auslöser für die Begründung der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. In Halmberg wurde bis 1960 nur mit Stallmist und Jauche gedüngt? Wie erreichten die dortigen Landwirte im und gleich nach dem Krieg das Ablieferungssoll?
1960 begann im Alpenvorland die Erzeugerschlacht, schreiben Sie. Schlugen da die Erzeuger, die Bauern, gegenseitig aufeinander ein? Ich kannte bisher nur den von den Nazis geprägten Begriff der „Erzeugungsschlacht“: In Vorbereitung auf den geplanten Krieg sollten alle Bauern zusammen mehr Nahrungsmittel erzeugen. Nach dem Krieg war dies wegen fehlender Düngemittel, Arbeitspferde, Maschinenersatzteile… noch schwieriger. Der Marshallplan brachte allmählich eine gewisse Erleichterung. Aber auch danach war die Erhöhung des Selbstversorgungsgrades (= Verringerung des Importbedarfes an Lebensmitteln = Verringerung des Devisenbedarfs) ein wichtiges Ziel der Agrarpolitik. Das Landwirtschaftsgesetz der BRD von 1955 und der EWG-Vertrag von 1957 formulierten als Ziele: geringe Verbraucherpreise und hohe Erlöse für die Bauern; der EWG-Vertrag ergänzte: durch Produktivitätsfortschritte. Zu Letzterem gehörte neben der Steigerung der pflanzlichen Erträge und der tierischen Leistungen zum Beispiel auch die Verringerung des Futterbedarfs der Nutztiere. Angesichts des rasanten Anstiegs der Arbeitslöhne außerhalb der Landwirtschaft war entscheidender die Verringerung des Arbeitsbedarfs, anders ausgedrückt: die Erhöhung der Arbeitsproduktivität. Voraussetzung dafür waren die Spezialisierung, Mechanisierung, auch chemische Pflanzenschutzmittel, Ertrags- und Leistungssteigerungen. Beispiel: in „meinem“ Dorf brauchte auf der Gespannstufe eine Bauernfamilie (plus einige Tagelöhner) für die Getreideernte (einschließlich Dreschen) 2 Monate; heute schafft dies der Mähdrescher (+Strohpresse) in wenigen Stunden. Eine Fortsetzung der Liste der Anmerkungen schenke ich mir. Sie haben die Entwicklung der Landwirtschaft von der Seitenlinie aus beobachtet, hatten aber fachlich anderes zu bedenken (zum Beispiel Afrika). Ihre Analyse würde bei den „Angegriffenen“ weniger Widerstand provozieren, wenn die Sprache weniger kriegerisch wäre: „Schlacht, Panzer, Kanone…“.
Adolf Ronnenberg

Mit seiner berührend nüchternen Erzählung trifft der Autor und Bauernsohn mitten ins Herz: es ist die alte Geschichte von Faust und seinem Teufelspakt für Lustgewinn. Der hat ja funktioniert, aber wie man weiß, nicht sehr lange, auf der Strecke blieb Gretchen als Kollateralschaden. Die Bauern ließen sich locken für Gewinn von Zeit und Geld, wofür sie die Natur, ihr Selbstverständnis und wohl auch ihre Seele an die Agrarindustrie und ihre Produkte verkauften. Sogleich boomten die Erträge, jetzt aber zeigt sich: der Kollateralschaden hat geradezu biblische Ausmaße. Insekten, Amphibien und Vögel sterben. Boden, Wasser und Luft werden verseucht, die Menschen erkranken. Riesige Tierfabriken für Fleisch und Milch zerstören den Planeten. Mehr und mehr enthüllt sich, dass etwas faul ist an dem Zauber. Am Pranger stehen die Bauern: statt traditioneller Würdigung erfahren sie nun die Missbilligung ihrer Arbeit, von der die kleinen Höfe immer schlechter leben. Mit den schrumpfenden Erträgen ausgelaugter Böden schwinden nach und nach auch Selbstwertgefühl und Lebensfreude. Doch die Abnahmeverträge sind unterzeichnet, der Schuldenberg für riesige Maschinen immens, die finanzielle Lage immer prekärer. Nun also das große Jammern: anscheinend hat sie niemand gewarnt. Daher wird Unterstützung gefordert, noch mehr Geld, um ein ruinöses System aufrechtzuerhalten. Und das jetzt mit aller Macht, weswegen ganze Städte lahmgelegt werden mit einer furchterregenden Armada von Treckern, die an Putins Panzerkolonnen erinnern, begleitet von Gebrüll und wütenden Drohungen: Helft uns, gefälligst! Ohne uns kein Essen! Wir sorgen für Ernährungssicherheit! Was als Schlachtruf so unsinnig wie hilflos ist, denn was auf unseren Maisäckern wächst, geht hauptsächlich ins Tierfutter oder Biogasanlagen. Man wünscht sich wirklich: Einsicht. Den fälligen Ausstieg der Landwirte aus der agrarindustriellen Doktrin, von der sie sich haben knechten lassen, dabei langsam Haus und Hof verpfändet und am Ende aufgegeben. Der Weg ist unbequem, aber der einzige, um Land zu bewirten, statt es auszubeuten. Die Weichen sind längst gestellt.
Sybilla Keitel

Vielen herzlichen Dank an Bartholomäus Grill für klare und vor allem klarstellende Worte. Die bäuerliche Landwirtschaft, der familiäre Kleinbetrieb, der sozial- und ökologieverträglich arbeitete, ist weitgehend verschwunden. Seit 60 und mehr Jahren sterben die Familienbetriebe aus und mit ihnen das ökologische Gleichgewicht auf dem Land. Treckerkonvois auf unsren Straßen, all die durchaus verständlichen Sorgen der Bauern und Bäuerinnen greifen bei der Problembeschreibung zu kurz. Nicht die Kürzung von Subventionen lassen die bäuerlichen Betriebe sterben, sondern die sich zur industriellen Massenerzeugung entwickelte Politik der Bauernverbände. Als Schwiegertochter eines traditionellen süddeutschen Bauernhofes, der nicht mehr mithalten konnte, habe ich genau die Entwicklung erlebt, die B. Grill beschreibt. Der Artikel ist eine große Hilfe, um endlich ehrlich zu werden in der derzeitigen Diskussion! Agrarwende jetzt, damit das Land wieder auflebt!
Birgit Lallathin

Sie haben, wie ich finde, sehr schön die Grundproblematik in der Agrarwirtschaft aufgezeigt, so dass es auch Menschen verstehen, die nicht zu den Insidern gehören. Als Synonym für die Agrarindustrie fällt mir das Bild eines Junkies ein, der an der Nadel hängt. Die Situation für ihn ist verzweifelt. Die Nadel macht ihn kaputt, aber jeder Versuch ihn von der Nadel zu entwöhnen führt unweigerlich zu schweren Entzugserscheinungen.
Martin Krivacek

Dieser Artikel gehört so nicht in eine qualitätszeitung. Der Informationsgehalt ist gering und die schreibweise u wortwahl tendenziös. Beim Lesen des Artikels habe ich mich gefragt, welche Art von Landwirtschaft hätte der Autor denn gerne? Subsistenzwirtschaft wie vor Jahrzehnten? Einkommen unter sozialhilfeniveau? War nicht journalismus auch besser mit der guten alten setzmaschine? Es läuft bei weitem nicht alles gut u richtig in der landwirtschaft, aber der Artikel trägt nicht zur Aufklärung bei. Subventionen helfen nur den großen – die eu-förderungen pro fläche sind degressiv gestaltet. 2022/2023 sind die Einkommen um 45% gestiegen – ja, die Preise sind in dem Jahr explodiert. Nur um im folgejahr wieder einzubrechen. Und vor 2022 waren die Preise für etliche nicht mehr kostendeckend. Das Privileg der reduzierten mineralölsteuer – die Einnahmen der mineralölsteuer waren mW lange für den Erhalt der Straßen zweckgebunden. Der Diesel wird in der landwirtschaft aber am Feld verbraucht. Die Landwirtschaft ist die weltweit am stärksten geförderte Branche – wie reihen sich hier strombranche, flugbereich und militärgütererzeugung ein? (Eine ehrlich gemeinte Frage. Der Betrag mit einer halben Billion erscheint mir auch hoch, wenn eu+us gemeinsam deutlich unter 100mrd sind)
georg schmid

Manche Städter können den Unmut der Landwirte nicht verstehen, denn auch sie leiden unter immer mehr bürokratischen Auflagen, sei es beim Arztbesuch oder der Stellung eines Antrages bei einer Behörde. Diese Städter hätten verstanden, warum bei den Bauern sich der große Frust in letzter Zeit so massiv geäußert hat, wenn sie eine der vielen Fortbildungsveranstaltungen der landwirtschaftlichen Fachbehörden besucht hätten. Hier erfahren die Landwirte welche neuen Vorschriften, Richtwerte, Terminvorgaben und unendlich viele Details bei ihrer täglichen Arbeit gelten. Zudem sind manche Verpflichtungen widersprüchlich, kaum zielführend oder verwirrend, wenn der gleiche Tatbestand aus unterschiedlichen Rechtsbereichen geregelt wird. Als krasses Beispiel möge dieser konkrete Fall dienen: Ein Landwirt erkrankte gerade als er auf seinem Hof Traktor und Pflug für die anstehende Bodenbearbeitung vorbereitete. Er hatte Glück im Unglück, denn der Betriebshilfsdienst, der unter Personalmangel leidet, konnte ihm trotzdem einen sogenannten Betriebshelfer, also eine ausgebildete Fachkraft schicken. Dieser kannte sich bestens mit der ihm nun anvertrauten Landtechnik, aber nicht mit den örtlichen Bodenverhältnissen und Topographie aus.
Aufgrund seiner fachlichen Ausbildung wusste er, dass, anders als bei seinen Vorfahren, nicht mehr der Blick aufs Wetter und den Bodenzustand die Antwort gibt, ob und wie gepflügt werden kann und soll. Er erkundigte sich bei der Fachbehörde über die regionalen Vorschriften und erhielt diesen verwirrenden Entscheidungsbaum mit dem zusätzlichen Hinweis bei leichtem Boden wären zusätzliche Kriterien zu beachten. Also musste er in Erfahrung bringen, welche Vorschriften für die einzelnen Grundstücke wegen Vorfrucht, Hangneigung, Tongehalt, Bachnähe und vielem mehr zu berücksichtigen sind. Dieses bürokratische Monster verschlang mehr Zeit als die eigentliche Pflugarbeit. Dies ist nur ein Praxisbeispiel. Angefangen haben die Vorschriften beim Pflügen wohl schon Ende der 80 er Jahre.  Die sogenannte Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung, ein Kind des ehrwürdigen und schon lange verstorbenen Minister Weiser, hat den Pflugeinsatz in Wasserschutzgebieten schon zeitlich begrenzt. Zwischenzeitlich haben die Vorschriften auf fast allen Flächen ein Niveau erreicht, das die Praktiker völlig überfordert und selbst die Fachleute auf den Ämtern Schwierigkeiten haben den Überblick zu bewahren. Wohlgemerkt das betrifft jetzt nur die Frage des Pflügens. Bei der sonstigen Bodenbearbeitung, dem Mulchen von Zwischenfrüchten oder dem Ausbringen von stickstoffhaltigen Düngern, sieht es nicht viel besser aus.
Tillmann Zeller


Leserbriefe zu „Rechte auch für Reiche“ von Kolja Rudzio

Der Streit um das Kindergeld ist leider nicht absurd. Es geht nicht um „Rechte auch für Reiche“, sondern um ihre Vorrechte. De facto sind dem Staat eben nicht alle Kinder gleich viel wert, wenn die Sprösslinge von Großverdienern bis zu 377 Euro/Monat bekommen, die Kinder von unteren Einkommensbeziehern aber nur 250 Euro. Der Grund: Das Steuerrecht kennt für Kinder zwei Freibeträge. Erstens den sog. Kinderfreibetrag. Er verringert die Steuerlast um bislang 6024 Euro/Jahr und soll angehoben werden. Zweitens gibt es aber noch den „Freibetrag für Betreuung, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf (BEA). Er liegt bei 2928 Euro und er soll so bleiben. Der Kinderfreibetrag ist verfassungsrechtlich geschützt, kann nicht abgeschafft werden. Aber beim BEA ist das anders. Den könnte man abschaffen oder zumindest senken, auch stufenweise. Das verbliebene schützenswerte Existenzminimum könnte die Regierung über ein einheitliches Kindergeld abdecken. Oder man könnte das über die neue Kindergrundsicherung machen. Das würde für die Gutverdiener (wie sprechen von Eltern mit einem Einkommen von mehr als circa 80.000 Euro im Jahr) zu einer Steuererhöhung führen. Für welche Partei in der Regierung das tabu ist, weiß man ja.
Stefan Kaisers

Ich bin weder FDP-Wähler noch ein Fan von Christian Lindner. In Ihrem Kommentar „Rechte auch für Reiche „konnten Sie es sich wohl nicht verkneifen, Ihre Argumente mit dem Hinweis auf den Porschefahrer und Sylt-Hochzeitler zu würzen. Die Zusammenhänge erschließen sich mir nicht. Was insinuieren Sie damit? Sind Herrn Lindners Vorschläge ungerecht, weil er einen Porsche (Oldtimer) fährt? Übrigens sei erwähnt, dass ich kein Porsche-, sondern begeisterter Smartfahrer bin. Oder sollten alle Smartfahrer Anspruch auf Bürgergeld haben?
Werner Mischke

Kolja Rudzio diskutiert eine der schwierigsten Fragen unserer Zeit, „Was ist gerecht“ am Beispiel Kinderfreibetrag und Kindergeld. Er kommt zum Ergebnis, dass die Anhebung des Kinderfreibetrags verfassungsrechtlich geboten, mithin also gerecht ist. Als „absurd“ bezeichnet er die Debatte, die sich an dieser Frage entzündet hat. Ziemlich einseitige und technokratische Sichtweise, ich finde für DIE ZEIT ist das etwas dünn. Hätte der Autor sich die Mühe gemacht einmal aus seinem Verfassungssilo herauszublicken und die eigene Perspektive auch nur ein wenig zu erweitern, dann hätte ihm nicht entgehen können, dass Millionen von Bürgern eine ganz andere Frage umtreiben: wieso erhalten Einkommens- und Vermögensmillionäre staatliche Leistungen, obwohl sie derer nicht bedürfen. Wäre es nicht vielmehr gerecht die Vergabe von staatlichen Leistungen an das Prinzip der tatsächlichen Bedürftigkeit zu knüpfen? Eine Minderheit Wohlhabender erhält staatliche Leistungen, derer sie nicht bedürfen, während eine Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor auf jeden einzelnen EURO angewiesen ist. Der tatsächliche Nutzen staatlicher Leistungen für Wohlhabende ist ohnehin begrenzt bis vernachlässigbar, schließlich hat der Staat doch bereits andere komfortable Steuerprivilegien sowie Steuervermeidungsschlupflöcher für Wohlhabende eingerichtet. Jetzt also on-top noch mal mehr staatliche Leistungen für die Kinder von Wohlhabenden. Ja, ja, muss so sein, wegen Verfassungsgebot. Die aufgeworfene Gerechtigkeitsfrage ausschließlich verfassungsrechtlich zu bewerten, kommt vor allem Wohlhabenden zugute, die staatlichen Leistungen nicht bedürfen und lässt die Mehrheit der Bevölkerung zurück. Tolle Schützenhilfe für die FDP, die Feudale Demokratische Partei.
Hans-Jörg Glaß

Ich bin eigentlich nicht der Leserbriefschreiber, aber der Kommentar (auch wenn es „nur“ ein Kommentar ist) von Herrn Rudzio im Wirtschaftsteil erregt bei mir schon die Gemüter. Die Darstellung, dass eine Erhöhung des Kinderfreibetrags sich nicht entlastend auswirkt, ist schlicht falsch. Der Freibetrag wirkt sich ausschließlich bei höheren Einkommen aus und stellt damit Besserverdienende einfach besser. Eine Anrechnung des Kindergeldes erfolgt zwar, nur erzielt der Freibetrag bei höheren Einkommen eben eine höhere Entlastung gegenüber dem Kindergeld (vgl. Pha. 31 Satz 4 EStG). Eine Entlastung bei geringen Einkommen erfolgt durch den Freibetrag aufgrund der Günstigerprüfung nicht. Damit ist eben vereinfacht ausgedrückt das Kind eines vermögenden Menschen dem Staat rechnerisch mehr wert als das Kind eines nicht so vermögenden. Mir scheint der Kommentar ist „absurd“.
Marcel Heinrich

Kinderfreibetrag anheben – das Kindergeld nicht soll nach Christian Lindner richtig und gerecht? sein. Ehrlich gesagt – ich habe den Artikel zu dieser Sache nicht verstanden und es leuchtet ein, dass SPD und Grüne die. Begründung nicht verstanden haben, sonst wären sie ja nicht dagegen. Mit sagt das, dass die Steuergesetze dringend total entschlackt werden müssen. Wieso müssen Reiche überhaupt Kindergeld in irgendeiner Form erhalten.—Wenn Gleichheit herrschen sollte, müssen eigentlich auch alle Kunden z.B. bei Edeka jedes Jahr eine Abrechnung ihrer Käufe mi der Folge von Eingaben verschiedener Bürger nach Einkommen erhalten, mit dem eine Nachzahlung oder Forderung sich ergibt. Die Steuern sind in etwa mit einer Versicherung zu vergleichen. Also reichte es eigentlich, die Bürger auch so zu behandeln. Man komme jetzt nicht mit dem Wegfall der Steuerberater, in den letzten 50 Jahren sind die Steuerberater um das Zigfache vermehrt worden, obwohl dieser Beruf in keiner Weise zum Wohl der Bürger beiträgt.
Wolfgang Maris Beck

Einspruch! Ihr Kommentator verteidigt die Anhebung des Kinderfreibetrages bei unveränderter Höhe des Kindergeldes mit dem Argument, der Kinderfreibetrag habe eine wichtige Funktion, er solle das Existenzminimum des Kindes vom Zugriff des Fiskus verschonen, die Kritik an der Anhebung sei irreführend und falsch, die Debatte absurd. Absurd ist für mich diese Sicht auf die Dinge. Bei bis zu 80.000 € zu versteuerndes Jahreseinkommen für ein Paar mit einem Kind steht sich bei der Günstigerprüfung das Paar mit dem Kindergeld besser. Andersherum, wer mehr Einkommen hat, gewinnt mit dem Freibetrag dazu. Dass das Existenzminimum des Kindes mit dem Kindergeld bei Jahreseinkommen auch über 100.000 € nicht mehr gesichert sei, wage ich zu bezweifeln. Am Ende ist das doch nur klassische Klientelpolitik der FDP.
Heiko Fengels

Kindergeld vs. Steuerfreibetrag. Die Debatte ist nicht nur absurd, sondern wird offenbar instrumentalisiert: so höre ich in hr-info, dass die Gutverdienenden 370 (?) Euro pro Kind bekommen „und die anderen gehen leer (!!!) aus. Genauso betrüblich ist die dpa-Meldung am Folgetag über die Äußerung des Geschäftsführers des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes: „Entlastung…um 377 Euro (??), während Familien mit geringem oder mittlerem Einkommen leer ausgehen, da das Kindergeld nach Lindner bei 250 (…was???) bleiben soll“. Meine Bedenken: andere Meldungen können genauso manipulativ sein – und man durchschaut das nicht so leicht! Bitte mehr Förderung für die Kinder, aber faire Berichterstattung!
Thomas Boeder

Da wird unter Berufung auf höchstrichterliche Entscheidungen die Logik aufgemacht „wenn A und B, dann C“. Andere Gedankengänge werden apodiktisch als absurd abgetan – als hätte der Kinderfreibetrag im heutigen Steuerrecht Verfassungsrang. Steuerfreies(!) Kindergeld nach Maßgabe des Existenzminimums für alle bei gleichzeitiger Streichung des Kinderfreibetrags muss zumindest diskutierbar sein. Kinder in vermögenden und einkommensstarken Familien sollen selbstverständlich nicht benachteiligt sein – aber weshalb muss man den dort ohnehin bestehenden materiellen Vorteil steuerpolitisch per Kinderfreibetrag noch vergrößern? Diesbezüglich unterstelle ich (auch) ein „bevölkerungspolitisches“ Motiv, über das nicht gesprochen wird – quasi ein Tabu!
Gerhard Wagner


Leserbriefe zu „Eine Republik für alle“ von Omri Boehm

Man muss sich nur die Landkarte von Israel bzw. Palästina ansehen und die Aufteilung der Gebiete für die Juden und der Palästinenser anschauen dann sieht man, dass die Konflikte dadurch vorprogrammiert sind. Wer immer sich diese Aufteilung ausgedacht hat dem muss man bescheinigen dass es ihm an Weitsichtigkeit ermangelte. Was man sieht, ist eine Situation, die an Berlin erinnert, an Nikosia, Belfast oder jeder anderen geteilten Stadt. Gebiete, die man durchqueren muss und dem Wohl oder Wehe, aber auch der Willkür der jeweils anderen Seite ausgesetzt ist. Gebiete die mit Mauern und Stacheldraht voneinander getrennt sind und kein normales Miteinander erlauben. Wenn eine Republik wie es in dem Artikel von Omri Boehm geschildert ist eine reelle Überlebenschance haben soll muss dieser Punkt für alle Seiten zufriedenstellend gelöst werden.
Gert Besner

Schön, dass Omri Boehm noch einmal in aller Deutlichkeit an die Haltung der offiziellen Stellen in Israel zu den Palästinensern erinnert, in dem er den Vize-Stabschef der israelischen Armee zitiert. „Wir sollten keine humanitären Einsätze ermöglichen. Sollen sie doch verhungern.“ Wie fühlt man sich, wenn man das liest, aber trotzdem Israel bei jeder Gelegenheit den Rücken gestärkt hat und die Nachbarstaaten als missraten beschimpft. Oder kommt das durch das Phänomen der kognitiven Dissonanz überhaupt nicht mehr an? Ich frage mich, welcher Staat hier als „missraten“ anzusehen ist, der der bereit ist, Hunderttausende von Kindern und Zivilisten verhungern zu lassen oder irgendein anderer, der wie Ägypten und Jordanien humanitäre Hilfe anbietet. Sie werden sich ihre Geschichte vorm Spiegel schon zurechtbiegen können.
Volker v. Moers

Ein demokratischer Weg zu friedlicher Koexistenz am Beispiel von Israelis und Palästinensern. Problem: Zwei (oder mehr) unterschiedliche (ethnisch, religiös, politisch definierte) „Volks“-Gruppen bewohnen gemeinsam und beanspruchen aber für sich jeweils exklusiv dieselbe Fläche Land und führen darum Krieg. Lösung: Das Land wird nach demokratischen Grundsätzen gerecht aufgeteilt. 1. Schritt: Die Größe der jeweiligen Gruppen wird per Selbstzuschreibung in freier Wahl ermittelt. 2. Schritt: Anhand von Siedlungsschwerpunkten wir das Land in zwei (oder mehr) getrennte (möglichst jeweils zusammenhängende) Gebiete aufgeteilt. 3. Schritt: Bewohner, die nicht als Minderheit in einem anderen Mehrheitsgebiet leben wollen oder können, ziehen um und werden angemessen großzügig entschädigt. Beispiel: In Israel (ohne Gaza-Streifen und Westjordanland) leben laut UN-Angaben ca. 9 Millionen Menschen, davon ca. 2 Millionen israelische Araber; im Gaza-Streifen ca. 2 Millionen Palästinenser und im Westjordanland ca. 2,5 Millionen Palästinenser sowie 0.5 Millionen jüdische Siedler (zusammengenommen 14 Millionen Menschen). Diese Zahlen müssten gemäß freier Selbstzuschreibung (also in einer idealerweise von der UNO überwachten demokratischen Wahl) bestätigt werden (1. Schritt).
Angenommen, die siebeneinhalb Millionen Israelis jüdischen Selbstverständnisses würden sechseinhalb Millionen Palästinensern gegenüberstehen, könnte das Land nahezu hälftig (im Verhältnis 54:46) aufgeteilt werden. (Sollte eine nennenswerte Anzahl Palästinenser, z.B in den Gegenden um Nazareth, lieber bei Israel verbleiben – oder umgekehrt eine nennenswerte Anzahl Israelis sich zu Palästina bekennen – würden sich die Anteile entsprechend verschieben.) Dazu würde es sich anbieten, die heutigen hauptsächlichen palästinensischen Siedlungsgebiete (Gaza-Streifen und Westjordanland abzüglich jüdischer Siedlungen) durch einen Bogen durch den (momentan weitgehend unbewohnten) Süden des heutigen Israels zu verbinden (2. Schritt). Die von beiden Seiten beanspruchte Hautstadt Jerusalem könnte wie bereits zuvor geteilt werden (in ein israelisches West- und ein palästinensisches Ost-Jerusalem; vgl. West- und Ost-Berlin 1945-1990). So gäbe es fortan ein kleineres, aber homogenes zusammenhängendes Israel im Norden und ein ebenso zusammenhängendes („from the river to the sea“, also vom Jordan bis zum Mittelmeer reichendes) Palästina im Süden. Ausblick: Ein ähnliches Vorgehen empfähle sich natürlich auch für die zwischen Russen und Ukrainern umstrittene Südostukraine (Donbass und Krim), für das von Armeniern und Aserbaidschanern umkämpfte Berg-Karabach, das Bürgerkriegsland Jemen und überhaupt für alle derartigen Konflikte weltweit.
Thomas Movtchaniouk

Im Untertitel wird schon deutlich, wie voller Dilemmas das ganze Desaster im Nahen Osten ist: Die Zwei-Staatenlösung ist derzeit sicher eine Illusion, wie Sie schreiben, vor allem aber deshalb, weil allzu viele und allzu starke Kräfte auf beiden Seiten sie nicht akzeptieren, sondern auf dem Gesamt-Gebiet „vom Jordan bis zum Meer“ bestehen, nur mit jeweils unterschiedlich vorausgesetzter Herrschaft entweder nur der Juden oder aber nur der Palästinenser oder gar nur der Hamas. Andererseits können ebenso starke Kräfte auf beiden Seiten aber kaum eine gleichberechtigte Anwesenheit und Mitbestimmung der jetzigen Gegner akzeptieren, sondern wollen diese im Gegenteil lieber ganz oder teilweise vertreiben wollen oder sie so weit benachteiligen, dass sie selbst vorziehen zu gehen.  Angesichts dessen fürchte ich, dass die „Vision“ eines friedlichen und gleichberechtigten und kooperativen Zusammenlebens beider Völker in einer „Republik für alle“ leider derzeit noch utopischer und noch viel schwerer zu erreichen ist. So wird ein dauerhafter Frieden leider von beiden Seiten der Front torpediert, zumal leider beide Seiten schon im Krieg nur teilweise oder bestenfalls soweit mit ihren Zielen vereinbar nach den theoretischen Regeln des Völkerrechts agieren.  Angesichts dessen kann man als jemand, der ein friedliches und sicheres Leben beiden Seiten wünschen würde, derzeit fast verzweifeln.
Peter Selmke

Wenn sich Omri Boehm in der Presse oder im TV zu Wort meldet, vernimmt man nur Kluges. In der ZEIT vom 25. Januar plädiert er für einen konföderierten Staat, wie evtl. die Schweiz, mit Israelis und Palästinensern als Staatsbürger. Ein Zweistaatenlösung erachtet er zu recht, wie ich finde, für einen falschen Weg. Das Massaker, das die Hamas am 7.Oktober 2023 angerichtet hat, ist etwas so Ungeheuerliches, dass Israel absolut das Recht hat, sich zu wehren. Aber das möglichst nur gegen Kombattanten. Dass die Hamas keine Achtung vor der eigenen Bevölkerung hat, indem sie die Menschen als Schutzschilde missbraucht, macht es der israelischen Armee natürlich extrem schwer, die Verbrecher zu jagen und zu beseitigen. Anfangs war es gut, dass die Bevölkerung aufgefordert wurde, in den Süden auszuweichen. Jetzt aber nimmt die israelische Armee keine Rücksicht mehr auf die leidende Bevölkerung. Und die zivilisierte Welt schaut entsetzt zu. Warum haben die Israelis nicht im Süden einen Übergang in israelisches Gebiet für Frauen und Kinder und alte und kranke Menschen geschaffen, um diese armen Opfer der eigenen verbrecherischen Regierung in einer Lazarettstadt zu versorgen? Natürlich hätte man an der Grenze alle Personen handverlesen müssen. Hätte Israel diese Lösung für die geplagte Bevölkerung umgesetzt, die zivilisierte Welt hätte Israel Beifall geklatscht und Israel unterstützt.
Jetzt aber hat sich Israel einen Bärendienst erwiesen und wird mit Putins Zerstörungskrieg gegen die Ukraine verglichen. Israel hätte wahrlich eine bessere Regierung verdient. Die Täter des Massakers vom 7.10.2023 auszuschalten, wird wohl kaum mehr möglich sein. Wofür sich Israel dank der Hemmungslosigkeit Netanjahus und seine Rechtsregierung in Zukunft fürchten müssen, sind die Zigtausende von palästinensischen Kindern, die in wenigen Jahren Mitglieder der Mamas werden dürften. Die Hamas ist wie ein Krake: Schlägt man einen Kopf ab, wachsen zwei neue nach. Wenn Israelis und Palästinenser nicht in einem Staat zusammenfinden, wird Israel nie mehr zur Ruhe kommen, und der Antisemitismus findet immer mehr Anhänger in der restlichen Welt.
Jochen Wagner

Wie auch immer pragmatische Lösungsansätze für ein akzeptables Neben- und Miteinander von jüdischen Israelis und Palästinensern formuliert werden, es geht auch um die Frage, auf welcher Basis man sich denn wirksam annähern könnte. Beide Seiten stehen diesbezüglich vor grundsätzlichen Herausforderungen zu vorurteilslosen Hinterfragungen. Juden sollten zu ihrem eigenen Geschichtsverständnis akzeptieren, dass der zu ihrem Gründungsmythos gehörige Auszug aus Ägypten zwar eine lehrreiche Parabel, aber kein Tatsachenbericht ist. Und als Konsequenz daraus sollte so weit wie möglich auf das Anspruchsdenken vom „Heiligen Land“ und vom „auserwählten Volk“ verzichtet werden. Solche Begriffe entstanden als mentale Ertüchtigung zur Existenzsicherung, sollten heutzutage bestenfalls nur noch im musealen Sinn verwendet werden. Und die muslimischen Palästinenser sollten akzeptieren, dass der Koran von Menschen verfasst und nicht von Allah diktiert wurde. Beispielsweise ist das im historischen Zusammenhang entstandene Glaubensbekenntnis „Allahu Akbar“ doch in vieler Hinsicht längst zum Schlachtruf geworden und widerspricht damit jeglichem religiösen Anspruch. Leider muss man von beiden Seiten sagen: Je rituell religiöser sich Einzelne oder Gruppen wähnen, desto gründlicher und illusionärer täuschen sie sich über ihre wahren, sprich menschlichen Identitäten. Also: Mut zur Ent-täuschung, das wäre ein echtes Zu-sich-selbst-Kommen.
Christoph Müller-Luckwald

Endlich einmal ein artikel der den deutschen toxischen israel-palästinadiskurs, der allzu oft im antisemitismus- und bds-bekämpfungsnebel versinkt, hinter sich lässt. ist es antisemitisch mit dem grundgesetz artikel 1 zu fordern, dass die würde des menschen unantastbar ist? und dass dies auch in israel-palästina für alle menschen gelten sollte.
fred sobiech

Man kann Omri Boehm nur zustimmen: Israels Recht auf Selbstverteidigung darf nicht dazu missbraucht werden, das Völkerrecht und die Verpflichtung zum Schutz der Zivilbevölkerung zu unterlaufen. Dies geschieht allerdings seit dem 7.Oktober 2023 vor unser aller Augen und dennoch fordert uns unsere Regierung ständig dazu auf, „fest an der Seite Israels zu stehen“. Das geht nicht!
Björn Luley


Leserbriefe zu „Was krank macht, muss mehr kosten“ von Jan Schweitzer

Danke für den Artikel, aber ich möchte fragen, in welchem europäischen Land geht es den Tabakfirmen, den Alkoholfirmen, den Autofirmen sowieso und wahrscheinlich auch den Zuckerfirmen besser als in Deutschland ??? Was mit der Zuckersteuer passiert ist, vermute ich, war einen Brief ans Gesundheitsministerium von der Lebensmittelindustrie, aber wir hoffen noch.
Brian Agro

Der Ansatz der unterschiedlichen Besteuerung von Lebensmitteln bzw. Nahrungsmitteln (Unterscheidung nach der Tabelle von Prof. Kollath) ist längst überfällig. Ich hätte die Überschrift zu diesem Thema eher „Was gesund macht/erhält, soll weniger kosten!“ genannt, da immer das Positive im Vordergrund stehen sollte. Der Vorschlag Nr. 5 „Fördern statt Fordern – neuer Steuerkurs für Lebensmittel“ des Bürgerrates Ernährung im Wandel sollte schnellstmöglich umgesetzt werden. Allerdings wäre eine erhöhte Besteuerung nicht nur auf zuckerhaltige Softdrinks zu empfehlen, sondern auch auf sämtliche zuckerhaltigen Süßigkeiten. Dann bliebe auch keine Ausrede mehr, dass gesunde Lebensmittel zu teuer sind. Wir leben seit 30 Jahren ohne Fleisch und fast ausschließlich von Lebensmitteln aus kontrolliert biologischem Anbau, gerne Demeter oder Bioland. Ja, während der Pandemie, als die (konventionellen) Lebensmittel teurer wurden, sind unsere Kosten in etwa gleich geblieben. Wir gehören auch nicht zur Oberschicht, sondern verzichten bewusst auf andere Dinge, die uns weniger wichtig erscheinen als unsere Ernährung. Auch die Verpflegung der Kindergarten- und Schulkinder würde dadurch günstiger werden und sollte in meinen Augen überwiegend aus pflanzlichen Lebensmitteln bestehen und nur einen geringen Anteil an Fleisch enthalten. Die Steuererhöhung für Fleisch und Fleischprodukte sollte in jedem Fall kommen, gerne zusätzlich zur Tierwohlabgabe. Verknüpft mit Unterricht in Ernährungskunde würden auch die Kleinsten bereits in einem anderen Bewusstsein groß werden. Das wünsche ich mir auf jeden Fall für meine fünf Enkelkinder und alle anderen Kinder dieser Welt auch.
Rita Metz

Dem Grundsatz „Was krank macht, muss mehr kosten“ ist natürlich voll und ganz zuzustimmen, aber der andiskutierte Vorschlag einer Erhöhung der Zuckersteuer scheint mir zu kurz zu greifen. Hat da wirklich noch niemand weitergedacht? Die ungesunde Ernährung (durch beispielsweise zuviel Zuckerkonsum) wird vor allem zu enormen Folgekosten bei den Krankenkassen führen! Ich befürchte, dass unser Gesundheitssystem an der sich aufbauenden Kostenwelle durch falsche Ernährung (und Lebensweise) in naher Zukunft zerbrechen dürfte. Gibt es dazu keinerlei Studien? Hat noch niemand eine seriöse Prognose veranlasst? Deswegen schlage ich vor, die Zucker-Steuer abzuschaffen und durch eine wesentlich höhere Abgabe zu ersetzen, deren Erlös direkt den Krankenkassen zufließt. Dies wäre im Prinzip eine verursachergerechte Kostendeckung. Damit entfiele auch das Argument der „staatlichen Bevormundung“, oder gar der „staatlichen Bereicherung“. Den gleichen Zusammenhang haben wir natürlich auch bei Tabak und Alkohol: momentan „verdient“ der Staat durch Steuereinnahmen an der falschen Lebensweise seiner Bürger, aber die krankheitsbedingten Folgekosten tragen die Krankenkassen, und damit wir alle über unsere Beiträge. Wie lange noch?
Wolfgang Heckl

Im Prinzip haben sie alle Umstände für die zunehmende Politikverdrossenheit und den Zuspruch der AFD auf dem Tisch liegen. Der Bürger wird um seine Mitarbeit gebeten, er ist trotz der Erfahrungen aus der Vergangenheit (Sommerzeit) bereit, sich einzubringen, macht dann sogar sinnvolle Vorschläge und wird nicht gehört. Was soll der Blödsinn mit einer Bürgerbeteiligung, wenn man die Vorschläge und Wünsche später sowieso ignoriert? Außer ein paar weiteren frustrierten Bürgern, die sich zukünftig auch überlegen, wenn sie wählen, ist nichts dabei herausgekommen. Nicht einmal ihr Autor ist dann abschließend in der Lage, den richtigen Schluss zu ziehen. Sein Fazit: der Staat solle seiner Fürsorgepflicht nachkommen. Geht´s noch? Schönes Argument, um in Zukunft nicht nur in meinen Heizungskeller, sondern auch noch in meinen Kühlschrank hineinzuregieren. Ich frage mich, wann der Staat mir dann jeden Tag einen zehnminütigen Dauerlauf vorschreibt, weil das nachgewiesenermaßen das Herz-Kreislauf-Risiko senkt? Mit dem Argument der Fürsorgepflicht eine wichtige und vollumfänglich zu rechtfertigende Maßnahme. Für Bürger fürzusorgen, ist natürlich die falsche Politik, Bürger zu ertüchtigen und zu mündigen Menschen heranzuziehen, wäre definitiv wichtiger. Aber dann müsste man für eine Wiederwahl auch sinnvolle und nachvollziehbare Politik machen und nicht nur ein paar Plattitüden heraushauen, wie Scholz in seinem Interview in derselben Ausgabe. Der Staat hat keine Fürsorgepflicht und darf die auch niemals übernehmen, denn das ist der erste Schritt zu einer Fürsorgediktatur. Er mag für Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit sorgen und dafür, dass niemand auf der Straße verhungert, ansonsten hat er sich aus dem Leben seiner Bürger herauszuhalten und darf allenfalls Anreize setzen, z.B. durch kostenlose Sportangebote oder über das Deutschland-Ticket.
Volker v. Moers

Höhere Steuern werden gegen ungesundes Essen leider nicht helfen. Dazu sind Zucker und dessen Ersatzstoff aus Mais, High Fructose Corn Syrup (HFCS), einfach viel zu billig. Und dabei ein ganz großes Geschäft. Das Problem ließe sich viel einfacher angehen – durch Begrenzung der maximalen Kohlenhydratmenge auf 5% in Getränken (5 g pro 100 ml). Warum sollte man das überhaupt tun? 50% der Deutschen, darunter viel zu viele Kinder, sind zu dick. Ein Grund ist dabei die übermäßige Kalorienaufnahme über Essen und Trinken. Was einmal da ist, verschwindet leider entweder sehr langsam oder gar nicht mehr. Was ist das Problem? Zucker besteht zur Hälfte aus Fruktose, auch Fruchtzucker genannt, in HFCS ist es noch deutlich mehr. Glucose ist der andere Bestandteil von Zucker. Glucose zirkuliert in unserem Blut zur Versorgung des Körpers mit Energie, gelangt mit Hilfe des Hormons Insulin in unsere Zellen und kann in der Leber als Glykogen gespeichert werden. Bei Fruktose ist das anders. Sie wird entweder direkt zu Körperenergie, kann aber nicht gespeichert werden. Wenn jetzt zu viel Fruktose in den Körper gelangt, wird sie daher zu Fett umgewandelt – und an Ort und Stelle gelagert. Nicht ohne Grund haben mehr als 70 Millionen Amerikaner eine Fettleber, auch nicht-alkoholische Fettleber-Krankheit (im Englischen NAFLD) genannt. Gesund ist das nicht. Im Obst ist Fruktose ein kleiner Bestandteil eines komplexen Lebensmittels. Man isst daher auch maximal einen Apfel. In Fruchtsaftkonzentrat oder in HFCS ist Fruktose dagegen ein hochkonzentrierter Stoff, der dick machen kann. Süßigkeiten, Fruchtjogurts, Kinderschokolade, Smoothies – wirken genauso. Tragisch ist dabei, dass die eine Industrie uns dick gemacht hat, während die andere jetzt durch eine Abnehmspritze (Ozempic, Wegory) ein Milliardengeschäft macht.  Es wird höchste Zeit, dass es Regeln bei hochkalorischen Getränken und Essen gibt – und
Christian Ungermann

Ja, sie haben recht: es ist ein Skandal!  Was sie nicht erwähnen: die Rolle der Opposition (sowie der Opposition in der Regierung) und der Zuckerlobby. Die CDU/CSU haben ja seit einiger Zeit Spaß daran Lügen zu verbreiten… „Skandal, Zucker wird verboten…“ „ich lasse mir das Fleischessen nicht verbieten“ „Sie werden uns zwingen Insekten zu fressen“…. Cem Özdemir wollte ja einiges verändern in diesem Bereich. Warum werden die Kräfte, die ihn daran gehindert haben, nicht genannt? Was ich mich auch frage: warum ist es so unumstritten, dass unsere Parteien von der Industrie (über Spenden, die sie von den Steuern absetzen können) finanziert wird? Es kann mir doch niemand erzählen, dass das keinen Einfluss auf Entscheidungen hat, wenn eine Partei jedes Jahr große Summen aus einer Branche bekommt! Es gibt ja kein sachliches Argument eine Zuckersteuer abzulehnen. Aber warum wird es dennoch verhindert. Daran einfach nur „der Regierung“ die Schuld zu geben scheint mir zu einfach.
Andreas Dill

In Deutschland gibt es bei vielen Wähler*innen und Politiker*innen die Vorstellung einer Freiheit ohne Verantwortung. Wenn schon das Rasen auf der Autobahn, bei dem nicht nur das Klima geschädigt wird, sondern auch die Gefahr der Schädigung Dritter durch einen Unfall erhöht ist, als Ausweis von „Freiheit“ gilt, dann müssen demnach doch erst recht gesundheitsschädliches Essen und Trinken sowie die Herstellung und der Verkauf entsprechender Produkte als Ausweis von „Freiheit“ akzeptiert und dürfen finanziell nicht bestraft werden. Schließlich schadet mensch damit im Wesentlichen „nur“ sich selbst und finanziell den anderen Krankenkassenbeitragszahler*innen, nicht aber wie bei einem Autounfall direkt und körperlich anderen Menschen. Erst wenn sich die Ansicht durchsetzt, dass mensch – und Unternehmen – immer auch Verantwortung für andere Menschen, selbst für zukünftig lebende Menschen (und für Tiere, insbesondere „Nutztiere“) haben und ethisch verpflichtet sind, das beim Reden und Handeln zu berücksichtigen, wird sich daran etwas ändern.
Ulrich Willmes


Leserbriefe zu „Halt die Klappe, Paul“ von Moritz von Uslar

Mit welcher Respektlosigkeit sich Herr Moritz von Uslar über das Statement von Paul McCartney auslässt, ist unerträglich. Die Art und Weise und vor allem die Wortwahl seines Kommentars lassen tief blicken – es geht ihm nicht um Bewertungen oder Diskussionen des wiederentdeckten Beatles-Songs. Er bedient sich schlicht der Altersdiskriminierung und versucht dies noch als „hip“ zu verkaufen. Einfach peinlich.
Monika Schulte

Danke für den Artikel, aber als Komponist ich bin der Meinung, Paul M. kann sagen, was er will und tragen was er will.
Brian Agro

So weit sind wir nun schon gekommen. Im Alter nichts mehr sagen, die Wohnung nicht mehr verlassen und sich anders anziehen. Da möchte man dem Autor nur noch zurufen: „Halt die Klappe, Moritz.“ (von Uslar)
Walter Conrad

Wie kommen sie darauf, Herr von Uslar, das einer der weltweit größten Musiker aller Zeiten die Klappe halten sollte? Weil er Ihnen zu alt ist? Weil Sie Ihn nicht mögen? Warum sollte er sich zurückziehen, sich unsichtbar machen, in den Schottischen Highlands verschwinden und Füchse jagen? Weil er angeblich seine Würde verliert, wenn er über die von Ihm komponierte Musik spricht? Warum macht Sie die Jeansjacke von Paul McCartney aggressiv? Ich weiß nicht, was Sie zu dieser „Meinungsäußerung“ getrieben hat, aggressiv macht es einzig und allein Ihren substanzlosen Artikel zu lesen und ich rätsele, welches Problem Sie mit diesem großartigen Menschen und Künstler haben. Würdelos ist nicht Sir Paul McCartney, sondern einzig und allein die Art und Weise wie Sie, Herr von Uslar, sich über Ihn auslassen! Let it be !
Wolf-Dieter Proppe

Abpfiff, ich könnte auch in dasselbe Horn blasen, wie dieser respektlose Schnösel und STYLE Autor von diesem Bericht – halt die klappe Paul – Es würde der Sache, um die es hier geht, nicht gerecht! Paul Mc Cartney ist eine Ausnahmeerscheinung, ein bedeutender Teil des einzigartigen und genialen Songwriter Team`s Lennon / Mc Cartney ! Aber es geht noch um viel mehr, es geht auch um eine tief verwurzelte Männerfreundschaft. Auge in Auge Songs zu schreiben, sich zu ergänzen, sich gegenseitig zu pushen, um zu sehen, wer gerade die Nase vorn hat. Teenage Queen gegen Seventeen zu ersetzen, nicht weil es besser klingt, sondern weil es tiefsinniger ist. Es ist nur eines von vielen Beispielen ihrer gemeinsamen Kreativität gute, richtig gute Songs zu schreiben. Fast 27 Nr. One Hits in ihrer gemeinsamen Beatles Zeit abzuliefern ist unglaublich. Ende der 60ger Jahre gab es innerhalb der Band Abnutzungserscheinungen und Streitigkeiten. Verletzungen wegen Nichtbeachtung eines Songs für eine LP und vieles mehr, führte zu Querelen. Das Rooftop Konzert in Savile Row Anfang 69 führte die vier Freunde aus Liverpool zunächst wieder etwas zusammen, alles schien wie damals. Lennon vergaß eine Textzeile und ersetzte sie spontan, Mc Cartney quittierte mit zustimmendem Blick und einem Lächeln diese Szenerie seines Freundes. Später erzeugte die Anwesenheit von Yoko Ono bei Studioaufnahmen der Beatles in den Abbey Road Studio für zusätzlichen Sprengstoff von außen. Es gab Streitigkeiten bei der Besetzung und der finanziellen Wertschätzung des Beatles Managers. Lennon wollte einfach kein Beatle mehr sein, er wollte Künstler, Maler, Buchautor und Songschreiber sein. Mc Cartney hatte ein Problem, seine Kreativität lahmte, seine Songs waren gut, hatten aber nicht mehr die Qualität, nicht das Magische Etwas eines Beatles Songs. Imagine hätte Paul nicht schreiben können, es war John Lennon vorbehalten überraschende Melodien und anarchische Textpassagen aus dem Hut zu zaubern. Lennon erging es ebenso wie seinem Freund, der ganz große Zauber war bei beiden verschüttet !
Mc Cartney ist ein Gesamtkunstwerk, es scheint, als gelänge ihm einfach alles ! Anfang der Neunziger komponierte Mc Cartney und Carl Davis das Liverpool Oratorium. Es ist gewagt, ich empfinde ich es als Frevel, Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich die geistige Hand reichen zu wollen. Seine Freunde hätten ihm davon abgeraten sollen. Er hat es gemacht, weil er es kann und sich berufen fühlte. Bewerten sollen es andere Menschen. Die Mc Cartney Paintings in Siegen 1999 waren mit viel Vorschusslorbeeren gestartet. Das einzig wirklich überzeugende Mc Cartney Gemälde war für mich eine Meer Szenerie. Ein Haifisch in bewegter See ist mit knallroter Finne dargestellt. Mc Cartney ist Künstler. Komponieren, malen, schreiben, fotografieren und vieles mehr sind Ventile, seine unerschöpfliche Kreativität auszuleben, und deshalb wird sich Paul Mc Cartney nie und nimmer auf ein Chalet zurückziehen und keine unkreative Dinge tun, sie fallen ihm einfach zu, sie springen ihn an, er wird sich keine Sekunde langweilen ! Dem jungen Autor des Zeit Berichtes sei nachzusehen, dass er außerhalb des goldenen Beatles Jahrzehnt aufgewachsen ist – diese armselige Socke ! Sein schriftstellerisches Vermögen sollte er besser als Sportreporter in der Mittelrhein Kreisliga sonntags verwenden! Anpfiff 15h
Wolfgang Stein

Jeder Beatle Fan – zu diesen zähle ich mich auch – wird sich beim Lesen ihres Beitrags zu Paul McCartney im Feuilleton verwundert fragen: „Was will uns der Autor sagen?“ Wie jeder Mensch im vorgerückten Alter (70-80) werden bei Zusammenkünften mit Freunden Erlebnisse, Anekdoten und Erinnerungen ausgetauscht, die logischerweise niemand Außenstehenden interessieren. Nun ist das bei McCartney etwas anderes. Wenn Paul spricht, hört eine ganze Schar von Menschen zu. Woran liegt das? Das liegt daran, dass er sich von einem einfachen Liverpooler Jungen zu einem Musik Hero entwickelte und uns gerne und auch charmant erklären kann, wie sich das ereignete.  Man nehme nur McCartneys Carpool Karaoke mit James Corden, bei der man den Wunsch verspürt, die Fahrt durch Liverpool möge niemals enden. Oder aber wie im Artikel erwähnt im Gespräch mit Rick Rubin (es ist nicht der Nikolaus), wo einige Songs der Beatles und McCartneys aus der Sicht des Produzenten seziert werden, was für einen Musiker aufschlussreich ist und erstaunliche Details zu Tage fördert. Und dann: Warum sollte McCartney keine Jeansjacke mit Cord-Kragen tragen? Vielleicht hat seine Tochter Stella sie gestylt und Paul trägt sie mit Stolz. Außerdem wäre es vermessen, als Superstar und mit 80 Jahren aussehen zu wollen wie ein Working Class Hero. Ihr Beitrag sollte deshalb lauten: „Erzähl uns mehr, Paul.“
Manfred Geißen


Leserbriefe zu „Kann Kafka glücklich machen?“ von Stefan Willeke

„Das Theater wirkt am stärksten, wenn es unwirkliche Dinge wirklich macht. Dann wird die Bühne zum Seelenperiskop, das die Wirklichkeit von innen beleuchtet.“ (Zitat von Franz Kafka, 1883-1924, deutschsprachiger Schriftsteller) Die Art seiner Schilderungen von absurden und bedrohlichen Situationen, die könnte man als „kafkaesk“ beschreiben. Irgendwie muss ich gerade an ein Deutschland im Jahr 2020 denken. Da waren beispielsweise sämtliche dieser inhumanen Maßnahmen in der Corona-Pandemie. Die GroKo (CDU/CSU & SPD), hat damit den ersten großen Versuchsballon gestartet, um herauszufinden, wie weit man gehen kann, um die Bevölkerung voll und völlig undemokratisch, hinter diese neu errichteten Schranken zu verweisen. „Ich schreibe anders als ich rede, ich rede anders als ich denke, ich denke anders als ich denken soll, und so geht es weiter bis ins tiefste Dunkel.“ (Frank Kafka) Nun regiert uns seit 2021 die Ampel (SPD, die Grüne Partei & FDP) in Grund und Boden oder besser gesagt, sie fährt Deutschland voll gegen die Wand, aber einige von uns, die demonstrieren trotzdem, jedoch auf Geheiß der Ampel voll gegen die AfD. Die AfD sitzt aber nicht auf der Regierungsbank! „Die Lüge wird zur Weltordnung gemacht“ (Zitat von Franz Kafka aus seinem Werk: „Der Prozess“) Kafka macht mich nicht unbedingt glücklicher, aber seine Werke, die haben mich etwas nachdenklicher gemacht. Ich hinterfrage jetzt viel mehr, aber Gottlob ist mir meine gewisse Art der Leichtigkeit erhalten geblieben!
Klaus P. Jaworek

Das Schwerpunktthema „Die Magie des Franz Kafka“ ist hochinteressant und sehr informativ. Vielen Dank an die Autoren Stefan Willeke und Adam Soboczynski. Ergänzend dazu möchte ich noch anmerken, dass Thomas Mann bis zum 1.8.1921 von Franz Kafka noch nichts gehört hatte, obwohl Kafka bereits den Berliner Fontane-Preis erhalten hatte. So schreibt Thomas Mann in seinem Tagebuch am 1.8.1921: „Zum Thee L.Hardt, der mir Prosa eines Pragers, Kafka, vorlas, merkwürdig genug.“ Bereits am 22.9.1921 schrieb dann Thomas Mann in seinem Tagebuch: „Sehr interessiert war ich von den Schriften Franz Kafkas, die der Recitator Hardt mir empfahl.“
Roderich Buhlheller

Voll Freude und Interesse lese ich in der Ausgabe Nr. 5 vom 25. 1. 24 relativ gründlich über Franz Kafka und seinen Biografen Reiner Sach, bis ich im Dossier auf Seite 13, Spalte 2, wo es um Kafka und die Tiere geht, ziemlich unten an der Seite: „Josephine, die Sängerin: eine Maus. Der berühmte Käfer aus der Verwandlung. Der Geier. Die Schakale. Der Panther“. Hier stutze ich, ist der nicht von Rainer Maria Rilke? Wäre zu klären.
A.M. Conz

Mag sein, dass Reiner S. sich einen Teil seines Lebens mit Franz Kafka beschäftigt hat. Er kann aber nur ein Abklatsch von Max Brod sein. Er hat Kafka nicht erlebt, er hat ihn nur beschrieben, so wie ein Biograf eben beschreibt. Er hat sich einen Namen mit Franz Kafka gemacht. Wenn er glaubt, etwas über Kafka zu wissen, dann veröffentlichen es die Zeitungen. Er darf sich ein schönes und warmes Leben auf Teneriffa und La Palma machen. Er kann gut Leben mit Kafka, und das wird honoriert. Aber Kafka braucht ihn nicht. Wenn Reiner S. die Hauptrolle in einem ZEIT – Kafka-Dossier spielt, dann wird Kafka verdrängt, in den Hintergrund geschoben, dann sieht es so aus, als gäbe es Kafka gar nicht, nur den Biografen, der wie ein Statistiker nach Zahlenbeweisen sucht wie ein Überwachungsorgan mit Google und Drohnen nach Daten sucht, die aus Kafka das machen, was er gar nicht war-ein Mensch wie jeder andere, der zufällig Schriftsteller sein könnte. Als Max Brod mir die Hand schüttelte, damals in Köln, beim Weggehen, sagte er mir, „Schreiben Sie nicht über Kafka, das hätte er nicht gewollt. Vielleicht war er ein ganz anderer.“<
Rolf Moenikes

Herr Stach könnte seinen Alptraum relativ einfach verkürzen, indem er gleich am Anfang mit dem Schiedsrichter eine Partie Schach spielt. Aber wahrscheinlich gäbe es in diesem Labyrinth dann wieder ganz andere, neue Hürden. Mit Kafka hatte ich in der Schule merkwürdigerweise überhaupt nichts zu tun. Vielleicht auch ganz gut so. Wahrscheinlich hätte ich das in der 10. Klasse (oder wann auch immer man das in der Schule normalerweise liest) eh nicht kapiert und als langweilig empfunden. Der Deutschunterricht (und die entsprechenden Lehrkräfte) war leider ziemlich ermüdend. Ich habe zu der Zeit auch noch das Wort „kafkaesk“ völlig falsch interpretiert, so ahnungslos war ich da noch, dass ich ihn aufgrund dieses Wortes für einen Lyriker gehalten hatte. Das erste Mal näher mit ihm in Berührung gekommen bin ich erst Anfang der 90er, weil er mich für meine Camus-Lektüre interessierte. Die Einflüsse sind ja unübersehbar. Ein weiterer Einfluss auf Camus ist natürlich auch Melville. An Kierkegaard und Dostojewski habe ich mich hingegen noch nicht herangewagt. Und Nietzsche interessiert mich nun gar nicht. Ich habe gerade Lyndal Ropers „Martin Luther – Renegade and Prophet“ angefangen zu lesen. Dem Vorwort und den ersten Kapiteln nach zu urteilen, geht die Tendenz dahin, dass Luther, genau wie Kafka, unter einem herrischen bzw. patriarchalen Vater, einem Minenleiter in Luthers Fall, gelitten hat, was Luther dann wohl auf Gott projiziert hat. Über Kafkas Mutter erfährt man in Ihrem Dossier leider nichts und über sein Verhältnis zur Religion auch nichts. Muss mich wohl mal bei Wikipedia schlaumachen.
Thomas Manthey


Leserbriefe zu „Ich habe nur ein Leben“ von Olivia Kortas

«die Ukraine braucht mehr Soldaten», «so oder so muss die Ukraine mehr Männer mobilisieren». Wie ist das mit dem Gleichheitsgrundsatz in Einklang zu bringen, oder gibt es in der Ukraine keine Gleichberechtigung? In Zeiten von Frauenquoten zur Erlangung gleicher Rechte sollte außer Frage stehen, dass auch Frauen ihren Teil zur Verteidigung der Heimat beitragen müssen – nicht nur in der Ukraine. Gleiche Rechte, gleiche Pflichten. Ihr Artikel ist insofern etwas einseitig.
Andi Pfaff

Wie sehr sich der ukrainische Präsident Selenskyj immer wieder bemüht und wie gerne man den Ukrainern die Eingliederung in die EU gönnen mag, wird es leider noch längere Zeit nicht möglich sein. Schuld daran ist die in der Ukraine nach wie vor florierende Korruption. Die eben aufgeflogene fand in den höchsten Kreisen statt und liess Millionenbeträge, die für die Verteidigung des von Putin gebeutelten Landes bestimmt waren, in eine ganz andere Richtung verschwinden. Der Kampf gegen die herrschende Korruption wäre möglicherweise erfolgreich, würden die Brüder Klitschko mit Selenskyj nicht nur gegen den Aggressor im Kreml, sondern auch im bislang aussichtslosen Kampf gegen die nach wie vor nicht ausgemerzte Korruption kämpfen.
Hans Gamliel

Nur ein Leben, ja, und das ist im Krieg möglicherweise innerhalb von Augenblicken verloren. Was aber sollen wir davon halten, dass Soldaten dringend benötigt werden, sich die dafür in Frage kommenden Männer und evtl. Frauen jedoch dem Dienst entziehen? Besteht dann in der Ukraine überhaupt ein echtes Interesse, das eigene Land unabhängig halten zu wollen? Warum soll der Westen weiter unterstützen, wenn die Bereitschaft dazu im eigenen Land nicht vorhanden ist?
Albert Kaifer

Mich erinnert der Artikel immer wieder an die Situation in der Pandemie, als es um die so dringend benötigten Intensivbetten ging…. Und die in Deutschland auch vorhanden waren… Ohne aber dabei zu berücksichtigen, dass Intensivbetten ohne Pfleger und Ärzte nutzlos sind
Stefanie Braasch


Leserbriefe zu „Wir sind keine tragischen Einzelfälle“, Gespräch mit Katharina Kracht und Henning Stein, geführt von Evelyn Finger

Das von Frau Finger geführte Gespräch lässt sehr gut erkennen, wieviel Leid und Schaden entsteht, wenn sich Missbrauchsbetroffene im (zu) guten Glauben direkt mit der „Täterorganisation“ auseinandersetzen. Opfern von Missbrauch bleibt unabhängig vom Tatort nur der steinige, mühevolle und oft erfolglose Weg, den die unabhängige Justiz bietet. Schließlich sind in den Kirchen keine besseren, sondern normale Menschen, die keine Sonderbehandlung brauchen. Dass im juristischen wie im kirchlichen Bereich, gerade was Missbrauch angeht, Verbesserungsbedarf besteht – keine Frage. Aber braucht es dafür eine neue Einrichtung, oder reicht es, bestehende Möglichkeiten besser zu nutzen? Das hoffe ich. Und ich hoffe auch, dass so engagierte Menschen wie Frau Kracht und Herr Stein in den Kirchen zu finden sind – sie werden gerade dort dringend gebraucht, glaube ich. Danke für dieses ZEIT-Gespräch!
Annette Lukat

Keine Frage: Schnelle und ehrliche Aufklärung ist dringend nötig! Was mich nur so wahnsinnig dabei stört, ist Volkes Stimme: Wie kann man nur noch bei dem ‚Verein‘ sein! – Völlig undifferenziert, wie es gerade opportun ist, zum Zeitgeist oder zur eigenen Bequemlichkeit passt! Das war vor 2000 Jahren auch schon so: „Bist du nicht auch einer von seinen Jüngern?“ Petrus leugnet dreimal (Joh.18). Die Menschen haben sich nicht geändert!
Helga Leppert

Die Missbrauchs-Diskussion wird allein deshalb mit der Zeit abflachen, weil der Begriff „Missbrauch“ in den letzten 10 Jahren semantisch derart durchgereicht wurde, dass mit ihm alles zwischen “jemand in den Haaren wuscheln“ und „schwere Vergewaltigung“ subsummiert werden kann, weshalb die Rezeption von einschlägigen journalistischen Äußerungen mit der Zeit abstumpft. Des Weiteren ist es nach wie vor intellektuell unredlich, die Missbrauchs-Thematik auf die Kirchen zu fokussieren. Missbrauch findet überall statt, wo Erwachsene und Kinder oder Jugendliche zusammentreffen, egal ob dies Sportvereine, Schulen, Kirchen oder ganz besonders Familien sind. Widerspruch gegen eine ideologische Heraushebung von Kirchen als Whataboutism zu bezeichnen, ist zwar rhetorisch geschickt und verfängt auch, entspricht aber nicht gerade dem, was vor langer Zeit einmal mit kritischer Aufklärung gemeint war. Wie auch immer: Wir leben in unserer Zeit, wir müssen da jetzt durch.
Kurt Schäfer


Leserbriefe zu „Olpe ist down“ von Christian Parth

Der Landrat und Aufsichtsratschef Theo Melcher wird mit einem Vergleich zitiert, in dem sinngemäß das Risiko beim Betrieb „seines“ kommunalen IT-Dienstleisters mit dem „beim Fliegen“ verglichen wird. Ich bin der Meinung, dass dadurch deutlich wird, wie wenig die Bedrohungen und vor allem der Bedarf an Sicherheitsvorkehrungen bei den kommunalen Entscheidungsträgern verstanden werden. Während „beim Fliegen“ unter anderem eine Vielzahl redundant ausgestalteter Sicherheitssysteme, extrem häufige und genaue technische Prüfungen, top-ausgebildetes Personal und häufiges Training von Prozeduren für den Notfall dazu führen, dass das Flugzeug als eines der sichersten Verkehrsmittel überhaupt gilt, lässt sich das eben gerade nicht auf die kommunale IT übertragen. Oft fehlender Sachverstand und Ressourcen bei der Planung, Umsetzung und Betrieb von Infrastruktur auf heutigem Stand der Technik führt dort dazu, dass es nicht erst hochprofessionelle Angriffskampagnen braucht. Bildlich ist es vielmehr häufig so, dass ein gezielter Tritt gegen einen kommunalen Server schon für Datenverlust und längeren Ausfall ausreicht. Fast alles, was „beim Fliegen“ als normale und erforderliche Sicherheitsvorkehrung akzeptiert und gesetzlich vorgeschrieben ist, fehlt in der kommunalen IT. Hauptgründe dafür, dass sich zum Beispiel der IT-Planungsrat zuletzt dafür ausgesprochen hat, die Länder- und Kommunalebene von den Vorgaben der neuen europäischen NIS-2-Richtlinie auszunehmen sind meines Erachtens wohl das genannte fehlende Verständnis bei den richtigen Menschen und – Geld. Aber Sicherheit, nicht gegen Angriffe, sondern gegen deren katastrophale Folgen, kostet nun einmal Geld und muss von gut ausgebildeten Fachleuten hergestellt werden.
Ich freue mich, wenn ich Artikel in der ZEIT und anderswo sehe, die dieses Thema aufgreifen, danke dafür an den Autor und, stellvertretend für viele andere, auch an seine Kollegin Eva Wolfangel, die sehr an dem Thema dran ist. Insgesamt fehlt mir in der öffentlichen Diskussion aber weiterhin, dass über eine Beschreibung der IT-Sicherheitsrisiken hinausgegangen wird. Expert*innen erklären seit Jahren die erforderlichen Strategien, um mit diesen Risiken umzugehen, doch es scheint oft weiter die Annahme in den Behörden zu sein, dass „es uns schon nicht treffe“. Obwohl die klapprigen Server und die z.T. uralte Software darauf offensichtliche und einladende Angriffsziele darstellen. Argumente gegen dringend nötige Maßnahmen wie „kein Geld“ und „Fachkräftemangel“ sind ja auch oft richtig, aber ich vermisse Lösungen. Forderungen, z.B. nach bundesweiten Sicherheitsstandards, Stärkung des BSI und weitere kommen nicht voran, denn alle Beteiligten beharren auf föderalistischer Eigenständigkeit. Das passt nicht zusammen. Ich würde mir von Journalist*innen wünschen, hier tiefer zum aktuellen Sachstand zu recherchieren und dazu zu berichten. Ich wage die Voraussage: wenn eine daraus folgende Geschichte die IT der Verwaltungen auch mit dem Fliegen vergleicht – die Leser*innen würden, wenn überhaupt, nur noch mit angelegtem Fallschirm und Sauerstoffmaske ihr Bürgeramt betreten.
Oliver Augustin

Wieder ist eine Verwaltung gehackt worden. Und wieder ist der Grund für diese Außerbetriebnahme primär nicht eine Sicherheitslücke. Es sind auch nicht die Hacker, die in Olpe «Wahnsinniges» angerichtet haben. Und die Sicherheitsarchitektur der deutschen Kommunen wird nie der Bedrohung durch Hacker gewachsen sein, auch nicht mit einem IT-Grundschutzprofil «Basis-Absicherung». Primär und mit wenigen Ausnahmen ursächlich für all diese Schäden sind Anwender, die jeden Link in einem E-Mail anklicken, wenn er nur interessant genug aussieht. Ein neues iPhone für 299 Euro? Eine Telefonrechnung mit 300-Franken-Gutschein für ein Tablet von einem Provider, bei dem man gar nicht Kunde ist? Alles gesehen. Einer meiner Kollegen beim vorherigen Arbeitgeber hat drei Mal hintereinander solche Links angeklickt, die von unserem Malware-System Gott-sei-Dank erkannt wurden. Das Unternehmen hat die IT von fünf großen Krankenhäusern im Raum Zürich betrieben. Mein Hinweis an meinen Vorgesetzten, dass dieser Mann von PCs ferngehalten werden muss, wurde nur mit großen Augen beantwortet. Ein halbes Jahr, nachdem ich das Unternehmen verlassen hatte, musste dessen CEO im Fernsehen Rede und Antwort stehen, weil Teile der Infrastruktur verschlüsselt wurden und möglicherweise sensible (Gesundheits-)Daten abgeflossen sind.
Fast ausnahmslos jeder Angriff läuft per E-Mail ab, und da auch die allerbeste Absicherung nichts, egal was die Sicherheits-Ausstatter uns erzählen. Es gibt sog. Zero-Day-Lücken, die von keinem dieser Systeme erkannt und verhindert werden. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, daran etwas zu ändern: Schulungen, Schulungen und nochmals Schulungen. Parallel dazu muss mindestens zwei Mal pro Jahr ein Test-Mail an alle Mitarbeiter versendet werden. Wer den Link in einem E-Mail anklickt, wird zur Nachschulung gebeten, und wenn das auf Dauer nicht hilft, dann muss man auch unbequeme Entscheidungen treffen. Bei einer Schweizer Krankenversicherung arbeitet ein früherer Arbeitskollege. Dort werden alle 6 Monate solche Testmails versendet. Beim ersten Fehler wird man zu einem Gespräch gebeten, beim zweiten Mal erhält man eine Abmahnung, beim dritten Mal wird man entlassen. Klingt furchtbar? Ein einziger Mitarbeiter kann für eine Firma das Ende bedeuten, und das hat man hier und dort erkannt. Ich arbeite für die IT der größten Schweizer Stadt in der Abteilung Netzwerk-Sicherheit. Wir werden von 30 Tausend Arbeitskollegen eher als Verhinderer gesehen, denn als Unterstützer. Das ist gar nicht mal falsch: wir versuchen mit allen Mitteln zu verhindern, dass so etwas auch bei uns passiert. Denn zur Verwaltung gehören zwei Krankenhäuser, die Elektrizitätswerke, die Wasserversorgung, Stadtpolizei, der gesamte ÖV, die Müllabfuhr, Schutz und Rettung (Feuerwehr, Notärzte, Krankenwagen) und noch ein paar mehr. Ich will mir gar nicht ausdenken, was die Folgen bei uns wären. Ganz abgesehen davon, dass unsere Abteilung zu denjenigen gehören, die dann monatelang Tag- und Nacht durcharbeiten müssen, um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Während der-/diejenige, die den verseuchten Link angeklickt hat, drei Monate lang zuhause bleibt, und dem Nichtstun frönt.
Andi Pfaff

Offensichtlich hat die Firma Südwestfalen IT grob fahrlässig gehandelt. In der freien Wirtschaft wäre sie von ihren Kunden verklagt worden und hätte Konkurs anmelden müssen. Anscheinend werkeln dieselben „Fachleute“ aber immer noch weiter und „betreuen“ weiterhin ihre bedauernswerten Kunden.
Peter Pielmeier


Leserbriefe zu „Es sind gerade magische Tage“. Gespräch mit Dorota Maslowska geführt von Emilia Smechowski

Vielen Dank für das erhellende Gespräch mit Ihrer Jugendfreundin Dorota Maslowska im ZEIT MAGAZIN. Besonders ein Absatz liest sich wie eine Blaupause für den Kampf gegen radikale Parteien: In Polen ist die Zivilgesellschaft beharrlich und entschlossen gegen den Demokratieabbau auf die Straßen gegangen, für das Abtreibungsrecht und gegen den Hass. Und auch wenn es lange nichts genützt hat: es blieb die Erkenntnis, es würde bei dieser Wahl um alles gehen. Dass es – trotz der Probleme der neuen Regierung Tusk – funktioniert hat, macht Mut. Wir sollten von den Polen lernen und es erst gar nicht so weit kommen lassen. Nochmals Danke. Auch für die aktuelle „ZEIT“ und für ein hervorragendes Magazin.
Thomas Meichle

„Die eine ging, der andere blieb“ – eine solche Gegenüberstellung von jungen Menschen aus anderen zu uns gewanderten Kulturen würde ich mir sehr wünschen.

Die jetzige finde ich sehr informativ, die behosten Beine auf dem Foto sind super und der Blick der jungen Frauen auf ihr Selbstgefühl in der jeweiligen Gesellschaft könnte uns anregen, unseren  eigenen Selbstgefühl in der Gesellschaft nachzuspüren.
Elke Blancke

Ich freue mich über das ausführliche Interview mit der polnischen Schriftstellerin. Vor allem auch deshalb, weil Alltagsphänomene zur Sprache kommen, Mentalitätsunterschiede angesprochen werden und Einblicke in die Gedankenwelt der neuen Regierung deutlich werden.
Wolfgang Hönnicke


Leserbriefe zu „Das Bekenntnis“ von Götz Hamann

Der Roman „The Great Gatsby“ ist ein Schlüsselroman insofern, als er vordergründig seichtes Leben der besseren Leute beschreibt und hintergründig schweigt. Der Roman wird Blaupause für viele Hollywood Filme. Mit keinem Wort wird erklärt, wie sich der American Dream erfüllt hat, in kürzester Zeit. Andeutung ist der Verweis auf die sehr blutige Schlacht am Isonzo (vgl. „In einem anderen Land“ von Ernest Hemingway). Ihr Artikel gibt Einblicke in die Psychologie absoluter Macht. Und die Bedeutung des Geldes. Wer hat wen in der Hand? Und doch: Ich finde, man muss diese (nüchternen) Einsichten nutzen, um Gesprächsfäden zu ziehen/suchen, auch wenn ein klassischer Dialog schwer vorstellbar ist. Eher wird man sich erst mal anbrüllen und dann wieder anschweigen. Ja, sehr verehrter Herr Münkler, wer heute verhandelt, der schießt weiterhin. Herzlichen Dank für Ihren Artikel.
Michael Scheppler

Auf S.23 (2.Spalte, letzter Absatz) verlegt Götz Hamann die Pipeline Nord Stream 1 in die Nordsee! Nach meiner Kenntnis verläuft diese Pipeline durch die Ostsee. Das darf nicht passieren. Warum merkt das die Schlussredaktion nicht?
Norbert Meyer


Leserbrief zu „Wir werden uns nicht wegduken“ von Robert Pausch

Sie schreiben, dass das BSW „im ehemaligen Berliner DDR-Kino Kosmos“ zu seinem Gründungsparteitag zusammentreffen wird (Was ja inzwischen geschehen ist.) und liefern damit ein wunderschönes Beispiel für Framing. Es hat mich beschäftigt, welche Assoziationen dieses „ehemalige Berliner DDR-Kino Kosmos“ bei einem geneigtem ZEIT-Leser z.B. im Süden unseres Landes auslösen könnte? Vielleicht folgende: Woißt Kerle, des isch im Friedrichshain, wo i meim Bua die billige Eigentumswohnung kauft han. No, isch ja klor, dass die BSW so a Oschdding isch, wie die AfD. Die knapp 20 % von denne in de Umfrage bei uns – koa Problem, im Oschden ha die jo 30%. Das Kosmos Berlin wurde nach dem Beitritt der DDR zur BRD von der UFA übernommen und bis 2005 als Multiplexkino betrieben. Seit 2006 ist es ein Veranstaltungszentrum für Konferenzen etc.  Im Übrigen war es das Kosmos, wo 2006 Klaus Wowereit vom Landesparteitag der Berliner SPD zum Spitzenkandidaten für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus nominiert wurde. Aber vielleicht haben Sie da (Achtung Framing!) an irgendeinem Provinzgymnasium noch von der großen weiten Welt geträumt.
Michael Kluge

Warum so garstig lieber Herr Pausch? Eine gewisse Würde, große Intelligenz und Schönheit kann man der ernsten Frau Wagenknecht doch nicht absprechen. Auch die Rolle der USA, bei vielen internationalen Konflikten, zu hinterfragen, halte ich nicht für verkehrt.
Karin Renker


Leserbrief zu „Womit keiner rechnet: Haie werden gesetzlich zwar stärker geschützt als früher – …“ von Marc Widmann

Der Autor berichtet: „Haie werden gesetzlich zwar stärker geschützt als früher-dennoch töten Fischer in jeder Stunde mehr als 11.000 dieser Tiere auf den Weltmeeren. Wie kann das sein?“ Ein Fischer könnte über Bord gehen und kann gebissen werden. Also die Haie töten. Aber auch hier geht es wohl mehr ums Geschäft. Die Flossen der Haie sind in China sehr beliebt zum Kochen der Haifischflossensuppe. Dieser Brühe werden magische Kräfte zugeschrieben, wie Potenzsteigerung. Die Suppe ist sehr teuer, liest man bei Google. Und wird aus Prestigegründen gelöffelt, da zeigt der Chinamann, was er sich leisten. Vom Verzehr des Haifischfleischs wird abgeraten, unbekömmlich. Na wenigstens eine Chance, dass Vielfraße sich an den Haien vergiften. Die Rache der Haie, so könnte ein Hollywoodreißer heißen.
Hans-Emil Schuster


Leserbrief zu „Zum Beispiel Samuel“ von Volker Weidermann

Nun denn: Parlamente per Losverfahren fordert Lukas Rietzschel, Poet und Basisdemokrat gleichermaßen. Die griechische Demokratie der Antike lässt grüßen; schon damals war nicht zuletzt das Theater eine hochpolitische Angelegenheit. Politisch brisant auch das Thema von Rietzschels Theaterstück, in dem der Protagonist, mit der Faust in die Welt schlagend, um seine Ost-Identität ringt. Ich habe den Eindruck, dass das Stück viel mehr ist als eine bloße Widerspiegelung der AfD- Bewegung. Es geht auch um die Wirkungsmacht von Kunst, die „ein Raum der Fiktion“ (L.R.) ist und bleiben soll: die Bühne als moralische Anstalt, die am Wahrheitsanspruch festhält. Was für eine gute Idee, alles weiß auf der Bühne zu lassen, – in einem Theater im weiß verschneiten Zittau! „Wir können unsere Vorstellungen auf sie projizieren“, schreibt Weidermann. Und dann ist da der Scheinwerfer, der, die Zuschauer lenkend, diese mit der Frage konfrontiert: „Was ist dein Anteil?“ Ein solches Theater will keine Besserwisser, auch keine Allesversteher. Das Theater als Ort des Dialogs – zu einem solchen Ort könnten doch eigentlich auch die Parlamente, ob ausgelost oder gewählt, werden: Abgeordnete, die sich unverzagt mit der Wahrheit der anderen auseinandersetzen, statt ständig aufs Handy wie in einen tiefen Brunnen zu schauen oder, viel schlimmer, mit rüpelhaften Zwischenrufen die Atmosphäre zu vergiften.
Ingeborg Lukas


Leserbrief zu „Der Schwindel der Freiheit“ von Andrea Petkovic

Bei ihrem Problem möchte ich gerne helfen und schlage alternativ die Gründung des/r Andrea Petkovic.a) Tenniscamps für Kinder aus sozial benachteiligten Familien, b) Tafel für selbige Bevölkerungsgruppe, c) Pilatescamps für sportliche und intelligente Männer (immer 30min Workout , 30 min Reflektion ihrer Problemlage, Lit: Aristoteles, Nikomachische Ethik (in:, ders. , Hauptwerke, Kröner Verlag, 8. Aufl. 1977), oder Upanischaden, Reclam Universal-Bibliothek 2002, (S.36, Kap. 8.11.1, es ist schließlich ein dt. Verlag,) vor. Letztere Quelle bietet als d) in dem Unterkapitel „Das Selbst ist in der stillen Heiterkeit des Tiefschlafs“ evtl. eine dauerhafte Option an.
Frank Habann


Leserbrief zu „Oben ohne“ von Johannes Gernert

Das Format „Entdecken“ und dann noch die Rubrik „Reise“ – beides zumindest für mich schon im besten Falle sehr, sehr gewöhnungsbedürftig. Herr Gernert aber setzt mit seinem Erlebnisbericht „Oben ohne“ noch locker einen drauf. Zunächst hat er in früheren Zeiten seine Skier oder Boards wohl kaum obenrum getragen, durch seinen diesjährigen Verzicht auf die Wintersportausrüstung ist er wohl eher „Unten ohne“. Ihrem Autor ist es angeblich nicht zu doof, in ein Skigebiet zu fahren, um eigentlich was zu tun? Sieben Urlauber hangeln sich vor Ort von Pommes über Germknödel zum Kaffee, um dann in die Sauna zu gehen. Zum einen verfügt er als Redakteur offenbar über ein zu hohes Einkommen, wenn er das Geld in der geschilderten Art und Weise zum Fenster rausschmeißt. Zum anderen lässt sein Mindset daran zweifeln, dass die Journalistenschule eine Art akademische Ausbildung darstellt, spitze Lederschuhe im Schnee waren dort wohl eher kein Thema. Schließlich stellt sich die Frage, was genau er auch noch seinen Kindern vorlebt: in meinen Augen hemmungslosen Konsum, gepaart mit Zeittotschlagen. Es ist ihm zu raten, das vermeintliche Grund- und Menschenrecht „Reisen“ nicht mehr auszuüben und das gesparte Geld und CO2 lieber in eine Immobilie zu investieren, die sich dort befindet, wo er sich wirklich gerne aufhält – sein sinnfreies Verhalten bliebe hierdurch der Umwelt erspart und sein trivialer Erlebnisbericht der Leserschaft. Wer lässt eigentlich den Abdruck eines solchen Erlebnisberichtes in einem der führenden Intelligenzblätter der Republik zu?
Hannes Raßbach


Leserbrief zu „Als das Gold vom Himmel fiel“ von Urs Willmann

Habe es leider erst jetzt gelesen: Wissen: Artikel: „Als das Gold vom Himmel fiel“, Vorletzter Absatz: Platin ist teurer als Gold Das stimmt nicht. Die Preise beider Edelmetalle sind natürlich Schwankungen ausgesetzt. Seit etwa 2020 ist Gold aber deutlich teurer als Platin. Quelle: z.B. www.agosi.de (allgemeine Gold-und Silberscheideanstalt)
Michael Bodesheimer


Leserbrief zu „Das Recht brechen, um den Rechtsstaat zu retten?“ von Heinrich Wefing

Die Regierungskrise in Polen ist ein Lehrstück, wie durch formaljuristische Tricks der Staat quasi zur Beute einer politischen Strömung werden kann. Auch wenn das manche nicht hören wollen, den Nährboden dafür gibt es auch hierzulande. Sollte zB die AfD in den Landtagen eine Sperrminorität erreichen, werden die gegen sie verhängten Restriktionen zum Bumerang. Ihr den Posten eines Vizepräsidenten (auch in Berlin) entgegen parlamentarischem Brauch vorzuenthalten, wird selbst von liberalen Beobachtern als Fehler betrachtet. Ähnlich die Zusammensetzung der Verfassungsgerichte, jetzt in Bayern mit Beteiligung. Solange eine demokratisch gewählte Partei auf mehr als 20 % kommt, sitzt sie nicht auf der Reservebank. Diese Lektion wird im parlamentarischen Alltag schmerzhaft.
Christoph Schönberger


Leserbrief zu „Wahrheit statt Werbung“ von Hannah Knuth

Mein Gott Herr Habeck, hab´ ich mich da etwa verlesen oder geschehen doch noch Zeichen und Wunder aus dem Hauptsitz der EU in Brüssel. Wenn das wirklich so kommen würde, dann hätte ich doch noch etwas Hoffnung für dieses Bürokratiemonster EU. Vielleicht ist ja alles nur ein ganz fauler Trick zu den Europaparlamentswahlen 2024. Ob jetzt Herr Habeck im Dreieck springt, das möchte ich gar nicht wissen! Die Ampel sollte auf der Stelle aufhören Ampel zu spielen, danach würde sich das Klima in allen Bereichen in Deutschland bestimmt schlagartig verbessern.
Riggi Schwarz


Leserbrief zu „In der Ewigkeit“ von Helga Schubert

Der o.g. Kurzartikel hat mich besonders bewegt und zum Nachdenken zu dieser Zuschrift angeregt:  Sie haben vollkommen Recht:  Die „Sekunden, die wir als sterbliche Menschen auf dieser winzigen Erde sind, diesem blauen Planeten . . . sind ein Gechenk, . . . “ und wir alle gehören dazu.  Und das gilt auch bei der Begrenztheit unseres persönlichen Daseins, dessen Wert kaum genug zu schätzen ist, auch wenn wir wissen, dass es leider eine meist unklare „Ablaufzeit“ hat. Man kann auch bei „verlorenen“ geliebten Menschen dankbar sein, dass es sie zumindest für ihre Zeit gegeben hat und wir sie jedenfalls für diese Zeit erleben durften. Ob alle, die wir lieben, noch leben, auch wenn nicht mehr in unserer Welt, weiß ich nicht.  Es gibt dazu ja die verschiedensten tröstlichen Glaubensvorstellungen und Philosophien.  Mich würde auch schon trösten, wenn die noch lebenden Menschen, die ich schätze und liebe, oder wenigstens solche, die wie sie sind, weiter leben mit dem wenigstens guten Teil der Menschheit dieser schönen Schöpfung auf diesem schönen blauen Planeten, die es auch für die künftigen Menschen so sehr gilt zu bewahren, was ich in meinem Gedicht „Eltern, Großeltern und Freunde des Planeten, vereinigt Euch“ so ausgedrückt habe:     “ . . . .
Wir wollen alle, dass ihr Leben und Wohl weiter geh‘n, / sie Glück und Frieden haben und entgeh‘n / den Katastrophen, Unheil, Leid, / die jetzt und mehr noch künftig sind zu sehn, / wenn wir nicht ändern unsre Zeit, / wir droh‘ndem Einhalt bieten und vorsorgen, / selbst dem nach unsrer Zeit, denn borgen / konnten wir nur diese Welt, um sie am Ende / zurückzugeben in der Kinder, Enkel Hände. / Für sie lasst uns bewahren diese Welt, / von der ein jeder ein Stück in den Händen hält, / selbst wenn’s mehr Mühe macht als schien in Träumen / selbst wenn wir für sie, ihre Zukunft was versäumen,/ denn wer nur sich allein lebt, versäumt mehr, / da wo der Sinn des Lebens, bleibt‘s oft leer. /. . .Lasst einig kämpfen uns, wo wir auch steh’n, / dass sie nie mehr von uns gemachtes Unheil sehn, / … Auch sie soll’n einst wie Julia und Romeo sein, / sympathisch, schön und voll lebendigem Gefühl, / und dann so liebevolle Eltern, für neuer Kinder Glück und Spiel, / dass auch in 1000 Jahren noch Menschen sich des Lebens freu’n, / es auch dann Engel gibt, die nicht nur fragen / „wer nutzt uns und mir?“, die gutes nicht nur sagen,/ die sehen, fühlen mit, wo Hilfe, Tat und Änd‘rung  fehlt,/  und tun’s auch selbst, weil alles und auch jeder zählt.  / Lasst uns zusammenschließen, alle, die auf dem Planeten ihre Kinder, Enkel lieben und auch, die gleichgesinnte sind, / denn nur, wenn wir das große Rad auch drehten, / wird’s glücken zu bewahr‘n  die Zukunft für fast jedes Kind. / . . . . dies Ziel mit guter Chance zu schau’n: / Auch ihre Zukunft auf zu bau’n.“
Peter Selmke


Leserbrief zu „Kinder, wie die Zeit vergeht“ von Alexander Cammann

der Bericht über das Buch und die Hintergründe von „Abschied von den Boomern“ ist sehr interessant und zum Nachdenken anregend, wobei der Titel wie der Berichterstatter schon konstatiert, irreführend — zumindest teilweise.  Denn ein wirklicher „Abschied“ steht nicht in jeder Hinsicht an und selbst da wo er voraussichtlich meistens bald stattfindet, in den Berufstätigkeiten, wäre ein vollständiger Abschied unter den heutige Bedingungen und gesellschaftlichen Problemen eher fatal, angesichts z.B. der Herausforderungen der Rentenfinanzierung oder des Fachkräftemangels auch für die dringende Sprachschulung, Integration, Ausbildung und Nachqualifizierung der Hoffnungsträger für die künftigen Fachkräfte,  die noch nicht berufstätigen Einwanderer oder  gesundheitlich und biographisch beeinträchtigten. Wenn diese fehlenden Fachkräfte leicht durch Digitalisierung, Roboter und sonstige Maschinen ersetzbar wären, hätte das eigentlich längst passiert sein müssen.    Notwendig und gefordert ist ein „Abschied“  nicht von den Baby-Boomern,  sondern von den Garantiewünschen nach immer mehr relativen Anteilen der Arbeitszeit am Leben oder an der Woche  und an der Vorstellung von einem völlig pflichtfreien gewohnt frühen Renteneintritt trotz immer längeren Lebens und vor allem noch relativ fitten Lebens, solange diese Segnung nicht durch die zunehmenden Einschränkungen der Gesundheitsversorgung, durch weitere Pandemien mit Dauerfolgen wie bei Post-Covid oder durch vielfach immer ungesundere Lebensgewohnheiten und Verhaltens-Süchte  beendet wird.
Einige Hinweis-Sätze des Buches und des Berichtes sind herrlich weise und pointiert wie „Es geht zwar immer alles weiter, es kann jedoch auch plötzlich alles auf dem Spiel stehen“ oder „Wer über den Untergang der Welt hinweggekommen ist,  hat ihn nicht erlebt . . . denn das schlimmste stehe ja noch bevor“.    Ähnlich mahne ich selbst als noch etwas vor dem Baby-Boom geborener oft, aus dem Fakt der „schon angekommenen Klimakrise“ nicht zu folgern, dass das schon alles wäre und damit vielleicht gar nicht sooo schlimm, oder man sich ohnehin nur noch anpassen könne.  Ich selbst schreibe im satirisch sarkastischen Gedicht „Die Katastrophe und ihre Egos, Scheinheiligkeit, Tunnelblick und Traumtänze:“     “ . . .   für uns ist es doch immer gut gegangen in der Welt; / wir glauben nur dem Fakt, dem Rat, der uns gefällt, / sonst hör’n wir nicht, was Wissenschaft für nötig hält;  /  doch glauben wir an ihre Zauberkunst und Kraft: die zählt / um  jetzt und künftig das schmerzfrei zu heilen, / dass sie dafür die Lösung wird austeilen, /  wovor sie warnt bei unserm Tun und Lassen,  /  nur so kann sie zu unserm Willen passen . . . “  Auch ich verweigere eine zumindest einseitige pauschale  „Rolle des Verteidigers (meiner)  eigenen Generation“. Fehler, Uneinsichtigkeiten, Inkonsequenz und Egoismen gab und gibt es in jeder Generation, und ALLE heutigen Generationen sind gefordert und zumindest ethisch verpflichtet zu mehr Rücksicht auch auf die anderen Generationen und deren Wohl teils auch über die eigene „Restlaufzeit“ hinaus, denn jede Generation ist auch auf die anderen angewiesen und können die Welt und die Zukunft, wenn überhaupt, nur durch gemeinsame Anstrengung aller zusammen „retten“.
Ein weiterer weiser und unglaublich wichtiger Satz ist „Nichts ist sicher“.  Die Größe der Ignoranz und Traumtänzerei vieler zeigt sich daran wie immer wieder allzu viele dennoch eine Sicherheitsgarantie zumindest für sich selbst als selbstverständliche Pflicht und Schuldigkeit „der“ Politik sehen, meist sogar ohne sich selbst dafür irgendwie mit verantwortlich zu fühlen, jedenfalls soweit es über das übliche Fordern, Protestieren, Demonstrieren und streiken und in Kollektiven reden hinausgeht, z.B. zu mehr Arbeit oder Zahlungen für das Gemeinwesen.   Damit sind viele auch gefordert, die Notwendigkeit für ein schlechtes Gewissen, wenn überhaupt, dann zuerst bei sich selbst zu überprüfen.  Gründe dafür gibt es in allen Generationen. Dass es als wichtig auf das „Storytelling“ ankommt, ist natürlich ebenfalls berechtigt, wobei aber fast noch wichtiger ist,  eine nicht nur schöne und begeisternde Erzählung zu verbreiten, sondern eine vor allem realistische,  die Hofffnungen nur unter der Bedingung macht,  dass die Voraussetzung für ihre Verwirklichung  das Anpacken und mehr tun (oder zahlen oder priorisieren) sehr vieler ist und nicht  nur der wenigen Regierungsmitglieder.  In meinem Gedicht „An die Heuchler, Greenwasher u. Trittbrettfahrer der Zukunftsverantwortung“  habe ich ein abschreckendes Beispiel so ausgedrückt:  “ Ihr brüstet euch, die Welt zum bess’ren Ort zu machen, / zu mehr’n nicht den Profit, die Macht, nein, aller Herzenssachen. / Ihr liebt’s zu helfen, doch mit Gütern, die nicht eure, / die ihr von ignorierten und zukünft’gen nehmt, dass man euch fei’re / für das was gut, doch heimlich bleibt der Preis, der Rechnung Säure. / Ihr bietet sogenannte „Lösungen“ für Groß-Gefahr’n, Probleme / Die so bequem und billig sind, dass man sie nehme / als zu schön, falsch zu sein, und Euch Macht und Profit gewährt, / Und denkt, mehr tun, Verzicht sei doch verkehrt, . . . „
Eine weitere herrliche Analyse ist der Satz über den Stil der „Boomerin Merkel“:  „. . . — flexibel wie ihre normativ abgerüstete Generation nun einmal ist — eine „Politik der permanenten Orientierung an der Jetzt-Zeit“  hierzulande etablierte. . . .“.  Dies ist ja nicht nur bei Frau Merkel so gewesen, sondern wird immer wieder immer noch mehr oder weniger praktiziert, am meisten von denen, die nicht regieren, aber umso mehr fordern, verlangen oder gar als selbstverständliche Pflicht u. Aufgabe „der Politik“ sehen oder darstellen, allzu oft auf Kosten der Zukunft und der in ihr von den Folgen betroffenen.  Auf Kosten derer tendieren die einen dazu,  Ausgaben und andere schmerzliche Maßnahmen für Investitionen oder anderweitige Sicherung der Zukunft zu vermeiden oder bis ultimo aufzuschieben,  die anderen dazu, solche  Maßnahmen nicht etwa durch mehr Steuern oder mehr Arbeit von allen zumindest im Durchschnitt zu finanzieren, sondern durch immer mehr Schuldenaufnahmen, jeweils mit verschiedenen Ausreden und Scheinargumenten,  aber immer mit Priorisierung  des jetzigen Wohls, der jetzigen „Entlastung“  und Schonung der Jetzt-Generation,  deren  jetzige  „Lebenswirklichkeit“  das einzige ist,  was auch bei den meisten Wählern relevant ist und punktet. Ich habe das — auch im o.g. Gedicht „An die Heuchler, Greenwasher . . . „ so ausgedrückt:  „. . . . Ihr wollt, dass Tun und Lassen vor all’m dem Jetzt-Wohl dienen / und schadet und beraubt nicht nur Eisbären, Wald und Bienen. / Ihr raubt, zerstört auch Zukunft unsrer Kinder, wie Euch lehrten / Verfassungsrichter, Wissenschaft, wo nicht die Tunnelblick‘ verwehrten / Bewusstsein der Verantwortung für die, die leben ferne u. in Zukunft, / die Not, die kommt, erklärt ihr weg mit Eurer Jetzt-Vernunft, / die euch lässt blicken nur auf Sorgen groß und klein der Gegenwart, / für die wollt ihr, dass man jetzt Wohlstand mehrt, Vorsorge spart, . . . „
Peter Selmke


Leserbrief zu „Über unschöne Songtexte“ von Harald Martenstein, Autor im ZEIT Magazin

Hier wird sehr plastisch vorgeführt, wie ein überraschter Vater auf Zitate sexualisierter Songs von seinem 9-jährigen Sohnes reagiert. Dieser hat bei seinem gleichaltrigen Kumpel im Beisein dessen Erziehungsberechtigten die Hits mitangehört; der Freundesvater hat diese schräge Vorführung folgendermaßen konspirativ legitimiert: Rammstein beleidigen Frauen; Kinder „dürfen“ das nur hören, wenn ein Erwachsener dabei ist. Nein, Kinder sollen das eben ganz und gar nicht von Erwachsenen vorgespielt bekommen und sich damit auf eine falsche Ebene gehoben fühlen… und dann? Die Reaktion von Martenstein ist nicht etwa eine zur Redestellung oder Hinterfragung des anderen Erwachsenen, sondern ergeht sich in negierender Abwehr, Ratlosigkeit, aufschiebenden Interventionsgedanken (erst dann, wenn) und generalisierenden Betrachtungen über den Konsum schockierender Liedtexte als eine Art Generationenphänomen. Die Unfähigkeit/Scheu, das deutlich gefühlte Unbehagen gegenüber dem Sohn und auch unter den Eltern zu verbalisieren, ist überdeutlich. An dieser Stelle wäre es so wichtig, sich mit dem grenzverletzenden Gehörten und Mitgeteilten auseinanderzusetzen, um den Sohn und dessen Freund zu berichtigen und den anderen Vater auf sein zweifelhaftes Tun hinzuweisen. Wer das nicht vermag, sollte sich beraten lassen. Es ist so wichtig, bei solchen Situationen deutlich aufzumerken. Kinder sind keine Verbündeten bei sexualisierter Frauenfeindlichkeit.
Gertrud Tammena


Leserbrief zu „Ich will weniger Scheinkämpfe ausfechten“ von Martin Machowecz

Wie schon im vorigen Jahr geschrieben: Ich stelle mir Herrn Klamroth und Frau Neubauer auf der Couch vor. Sie gesteht ihm, dass immer noch kein Journalist oder Politiker gemerkt hat, wie abenteuerlich hoch (trotz niedriger Schätzung) der (natürlich) „grüne“ Wasserstoff-Bedarf für ein klimaneutrales Deutschland gemäß dem FFF-Gutachten von Oktober 2020 sein wird. Auf Herrn Klamroths Reaktion wäre ich doch sehr gespannt! Oder weiß es es schon längst und verschweigt es lieber aus „taktischen Gründen“? DAS wäre doch auch für DIE ZEIT eine gute Frage gewesen.
Wolfgang Ströbele


Leserbrief zu „Die Position: Stärkt begabte Azubis!“ von Alexandra Gerstner

Ich war 45 Jahre lang handwerklich tätig und habe es außerhalb der Bundeswehr so gut wie nie erlebt, dass jemand nach Eignung und Leistung aufsteigt. Oder, wie meine Vorgesetzten mir mehrfach unter vier Augen versichert haben: „Wir bestimmen, wer hier was wird!“. Diese Vorgesetzten sind zugegebenermaßen sehr gut vernetzt. Früher nannte man das „Seilschaften“. Das berufliche Bildung gestärkt werden muss, steht außer Frage. Keinesfalls aber dadurch, dass einzelne noch in ihrer „Auserwähltheit“ bestärkt werden. Übrigens: Wer soll diese Azubis auswählen? Vermutlich die Betriebe. Da liegt schon der Hase im Pfeffer. Als ich anfing, galt ein Altgeselle in der betrieblichen Hierarchie noch etwas. Sie kannten auch das, was nicht auf einer Zeichnung war, und wurden bei technischen Schwierigkeiten zu den Beratungen hinzugezogen. Heute sind diese Leute allenfalls Spezialisten und haben nur noch zu „funktionieren“. Kompetenzen wurden, da es immer mehr sogenannte Führungskräfte gab, nach oben verschoben, eben alles, was nicht mit Arbeit verbunden war. Schon Adam Smith hat erkannt, dass eine solche berufliche Verengung auch den geistigen Horizont verengt und diese Leute den Sinn einer staatlichen Gemeinschaft aus den Augen verlieren. Zum Thema Begabung hat Kant gesagt:“ Aus einem stumpfen Kopf kann man mit einiger Übung noch einen Professor machen.“ Berufsbilder müssen breiter aufgestellt werden. Politik und Geschichte müssen über die ganze Lehrzeit hinweg unterrichtet werden in der Hoffnung, dass diese Menschen später auch eine vernünftige Zeitung und einen demokratischen Staat zu schätzen wissen und ein großes berufliches und bürgerliches Selbstverständnis entwickeln. Literatur gibt es inzwischen schon reichhaltig: Anfangen kann man vielleicht mit Andreas Reckwitz Gesellschaft der Singularitäten und Michael Andrick Erfolgsleere. Was mich umtreibt, ist, dass viele meiner Kollegen Verschwörungstheorien auf den Leim gehen und politischen Rattenfängern. Meine Erfahrung ist, dass die politisch/historische Bildung insgesamt mehr als mau ist!
Michael Schmitz


Leserbrief zu „Der einsame Joe“ von Tobias Timm

„Der einsame Joe“ – auch dann: wenn man (sich) selbst kulturpolitisch vereinsamte im Unverständnis dieser einsamen Entscheidung: ohne die Kunst-entfreiheitlichten Konsequenzen vorher zu berücksichtigen… Dass der CDU-Kultursenator in Berlin, Joe Chialo „mit der sofortigen Wiederaussetzung seiner gerade erst eingeführten diktatorischen (Antidiskriminierungs)-Klausel“ – wiederum durch eine „Blitzaktion“ diese (nun auch wirklich persönlich einsichtig (?) von ihm) außer Kraft und Vollzug gesetzt wurde: erstaunt nicht! Zu antidemokratisch und diskriminierend gegenüber der Kunst, den Künstlerinnen und Künstlern: war jene „Wohlverhaltensklausel“, die durch die Unterschriften der Kunstschaffenden – ein für alle Mal – bestätigen sollte: dass keinerlei Un-ART von diesbezüglicher „Diskriminierung“ je mehr in denjenigen (und deren öffentlichen Kunstansichten) auftauchen werde, ansonsten (auch bei nachträglicher Nichtunterschrift?) die Kulturförderungsgelder gestrichen bzw. gar nicht erst vergeben würden… Nun sei ihm dennoch vergeben – und in der Verdeutlichung über eine Metapher vermittelbar: „Von den leichten französischen Landweinen: ist mir der Cognac noch am liebsten!“ Und dann könnte doch auch z.B. das alkoholische Bier verboten werden, weil es die verschiedensten Unberechenbarkeiten auslösen kann bis hin zum hirnpromillevollen Suff. Doch nicht selten ist Kunst ohne Alkohol (und Suff) wie eine Gitarre ohne Saiten – wo versucht würde aus ihr noch Musiktöne herauszulocken… Kunst (sowieso in dieser alkoholisierten Kombination kann und soll also auch (im doppelten Sinne der Un-Erträglichkeiten) ausfallend und auch unerträglich werden! Wie heißen doch all die Alkoholiker, um nur einige kunst-voll in ihren Metiers zu benennen: Beethoven, Mozart, Vincent van Gogh, Paul Gauguin, Modigliani, Francis Bacon (der Maler), Erich Kästner, Rudolf Augstein (Autor), Willy Brandt (auch Schriftsteller), Erich Maria Remarque, Eugen Roth, Charles Bukowski, Ernest Hemingway, Rimbaud, Verlaine, Baudelaire, Schubart, Ingeborg Bachmann, Marlene Dietrich, F. Scott Fitzgerald, Stephan King, Udo Lindenberg, J.W. von Goethe – und der vielen Promille-Kunst-Prominenten weltweit mehr an süchtigen Erkennbarkeiten zu ihren Werken… Oft hemmungslos in ihrem Benehmen und in ihren Äußerungen und außerdem wohl ohne diese alkoholischen Auffüllereien letztlich: andersartig kunstimpotent! Nehmen wir noch diesen französischen ehemaligen Dior-Couturier John Galliano, der besoffen und mit Drogen im Hirn sich in Paris in einem Bistro durch antisemitische und rassistische Beschimpfungen und Beleidigungen übelster Ausbreitungen plus „I love Hitler“ öffentlich extrem unkultiviert und ekelhaft zur (unzurechnungsfähigen?) Schau (außerhalb der Mode) stellte: vom Modehaus entlassen wurde und vor Gericht stand… (Danach ein einsamer John!) „Er selbst erinnere sich an fast gar nichts mehr“, beteuerte aber: „…solche Äußerungen würden nicht zu ihm passen, er sei kein Rassist und Antisemit.“  Was also versteckt sich in den (angeblich oft nüchtern) getarnten Hirnen so mancher Unerträglichen in ihren ansonsten doch undurchschaubaren äußeren Fassaden?
Selbstverständlich aber sind in der Kunst auch die jüdischen Belange, deren öffentlichen Besichtigbarkeiten in Vergangenheit und Gegenwart plus Zukunft: nicht von der Kritik auszuschließen, und niemand kann für sich in dieser sogenannten stets inventarisierten „jüdischen Diaspora“ (?) im doch weltoffenen Deutschland , zudem erwarten können – dass unter einer Art von politischem Zwang (auch durch Förderungsgeldentzug) diese jüdische Minderheit (oder besonders der politische Staat Israel) sakrosankt von jeder kritischen Äußerung und „entgleisender“ – aber kunstbewusster Kunstargumentation (auch im Werk) befreit sei… Die anteilige „Documenta“-Entsorgung in Kassel hat hier aufgezeigt: wie extrem aufgeregt die entsprechenden Staatsorgane sich hierbei einmischten, um der dortigen vorgebrachten (ausländischen) Kunstfreiheit: diese per Dekret und sogar „par ordre du Mufti“ zu entziehen, somit der Kunst ihre Grenzen zu setzen. Quo vadis Germania? Das hat mit Schutz einer Minderheit in diesem Land überhaupt nichts zu tun – dies wirkt höchst gefährdend gegenüber der Freiheit der Kunst (und bewirkt die Schere im Kopf der Kunstschaffenden).
Klar doch auch: dass diese Berliner Chialo-Klausel eine „Gesinnungszensur“ darstellt(e)! – und erstaunlich scheint dem RvM-Leserbriefschreiber (der als Maler, Dichter und Schriftsteller veröffentlicht): wie selbstherrlich solch ein Joe Chialo sich als CDU-Politiker in dieser absolut weltoffenen Stadt Berlin gegen jede Vernunft und geistige Freiheitlichkeit, quasi auflehnte bzw. eklatante Einschränkungen sich erdreisten wollte: solch ein kunstfeindliches kontraproduktives Anti-Kunst-Kultur-Gesetz durchzusetzen beabsichtigte… Nach intensiven öffentlichen Protesten (nicht nur) seitens der Kulturschaffenden – kam er, der vorlaute Kultursenator: dann doch zur (erzwungenen) Einsicht der Aussichtslosigkeit dieses diktatorischen Unterfangens – und verklausulierte alsbald diesen „Rückruf“ mit der durchsichtigen Begründung: „…der juristischen Bedenken: dass die Klausel in dieser Form nicht rechtssicher sei.“ Herr Unkultursenator – sind Sie eigentlich derart beratungsresistent – oder kuschen Ihre anteilig „Beratenden“ mit bereitgestelltem (zwar nicht vorauseilendem) Gehorsam vor dem sich allmächtig aufspielenden „Senator sensa Sensibilitate“ in seiner eigenartigen Kulturhoheit…Desweiteren aus seinem (Joe Chialos) seltsamem Nachdenken im Bedenken bedacht: „Und sein Haus arbeite ja intensiv an „Austauschformaten, die dazu dienen sollen, den Diskurs in den kommenden Monaten zu „intensivieren“. Was also soll nun noch auf den künftigen Kulturbetrieb, die Kunstschaffenden (in und um Berlin herum) „intensivierend“ zukommen dürfen – im Sinne dieses kulturell „unberechenbaren“ Kultursenators des freien Stadtstaates Berlin, der Hauptstadt (und erkennbaren Weltstadt) der Bundesrepublik Deutschland… Und welche Pamphlete werden aus „seinem Haus“ durch ihn noch auf uns Kunstbetreibende hinzuverfügt? Man liest in DIE ZEIT Nr. 5 von Tobias Timm: „Joe Chialo, CDU-Kultursenator in Berlin, ist ein zupackender Mann. Der Quereinsteiger aus der Musikindustrie versucht Probleme gern ohne großes Blabla zu klären. Das betrifft auch das heikle Thema Antisemitismus im Kulturbetrieb. In einer Blitzaktion erließ er vor einem Monat eine Antidiskriminierungsklausel, die alle Empfänger von Kulturfördergeldern, darunter auch die Ausstellungshäuser und Festivals, unterschreiben sollten.“ He Joe (als ehemaliger Türsteher und vielleicht auch Rausschmeißer?) – komm er bloß wieder auf den Teppich in „seinem Haus“ als Kultursenator und überlegen Sie sich: wie sehr schnell (ohne viel Blabla) das Kunstgeschehen durch solche staatlichen Einforderungen als Gesetzesmaßnahmen: in der kapitalistischen Demokratie erheblich mit an die Wand gefahren werden kann!
Man muss sich nur in unserer Bundesrepublik umschauen, um deutliche demokratische Mißstände zu erkennen: auch in Bezug der Meinungsfreiheiten z.B. in manchen Redaktionen: Dieserhalb ist ja bekannt, dass die JournalistInnen, RedakteurInnen bei der Springer-Presse gleichwohl auch eine Klausel unterschreiben müssen, eingefügt in den Anstellungsvertrag: nichts Negatives (wenn der RvM richtig informiert ist) über den Staat Israel zu schreiben: sich redaktionell-öffentlich grundsätzlich pro-Israel zu verhalten haben… Wenn dem so ist, hat dies nichts mehr mit einem freien Journalismus zu tun, wird hierbei deutlich die Pressefreiheit mit außer Kraft gesetzt! Und letztlich müßte der Rechtsstaat diese Klausel in solchen Arbeitsverträgen verbieten im Sinne der Demokratie einer freien Presse in der Bundesrepublik Deutschland. Die Presse ist die „dritte Macht im Staat“ – und ohne eine freie Presse (die es als Lesende/r auswahlweise da und dort noch gibt): könnten wir zu unseren jetztigen, derzeitigen deutsch-angepassten Maulkörben, auch noch die schriftlichen Presse-Veröffentlichungen geistesunfrei kaum mehr aussortieren… Was eigentlich ist noch erkennbar in diesem Land der manipulierenden Unterdrückungen von Nachrichten und Berichten zum wahren Geschehen der bundesweiten Auswirkungen z.B. durch die massenhaften Migrationen und den dadurch extremen Veränderungen in Deutschland. Bewirkt dies nicht auch die Abtriften von so vielen Bürgerinnen und Bürgern in die AfD – die dann pauschalisierend zudem noch als Rechtsextreme und darüber hinaus als „Neofaschisten“ an den öffentlichen Pranger gestellt werden… Hat denn Deutschland kein Format mehr?!
Kürzlich wurde ich von drei Israelis (in der Regional-Bahn – Worms-Mannheim) zufällig konfrontiert: zu einem Gerichts-Prozess in München gegen einen sehr alten ehemaligen (in der NS-damaligen Position eines höheren) SS-Mannes – und mir wurde im Abteil ein diesbezügliches Video vom Prozessumfeld (ungefragt) vor die Augen gehalten: dieses Deutschland von ihnen als das Land der Mörder deklariert. Zudem mir lautstark hinzugefügt: „Und dieser Adolf Hitler als ein Deutscher sei der größte Verbrecher und Massenmörder in der Geschichte der Menschheit!“ Was sollte ich mehr als dazu schweigen können, weiterhin als (Jahrgang: 1949)-Deutscher national-moralisch mit schuldbeladen und keiner Wortefindungen mir bewusst, mich evtl. durch die „Gnade der späteren Geburt (nach 1945)“ irgendwie hierdurch herauszumanöverieren oder herauszuwinden… Dennoch aber wollte ich diesen Ver-Führer und befehlenden Massenmörder und größten Verbrecher aller Menschheitszeiten nicht als geburtlichen Deutschen so im Raum (des Zugabteils) be/stehen lassen, sondern äußerte mit bescheidener Stimme: „Adolf Hitler war ein geborener Österreicher!“ Woraufhin ich als Lügner beschimpft wurde, der die Schuld vom deutschen Volk ablenken wolle… Also googelte ich in meinem Mobilphone und gab mein Handy an einen der jungen Israelis weiter, worin auf dem Display zu lesen war: „Adolf Hitler, geboren am 20. April 1889 in Braunau am Inn, Österreich.“ Schweigen im Abteil – gegenseitiges sich Anschauen der drei Israelis; mich merkwürdig fixierend und nun hinterfragend: „Dieser Hitler war gar kein Deutscher?!!“ Ich wollte jetzt nicht „entschuldet“ den Wissenden und „Nichtösterreicher“ darstellen, sondern eben nur klarlegen: dass Hitler geburtlich ein Österreicher war! Eigenartige Stille im Abteil – die drei Israelis, die mir erklärt hatten: dass sie stolz darauf sind: Juden und in Israel geboren zu sein – konnten nunmehr das Argument einer Nationalität per deutscher (Hitler-)Geburt nicht mehr aufweisen, gaben mir die Hand und einer von ihnen sagte mir kurz vorm Aussteigen am Hauptbahnhof Mannheim: „Wir müssen das mit dem Zuweisen einer Nationalität zur Geburt nochmals überdenken. Für uns ist das ein Schock: dass dieser Hitler kein Deutscher war!“ Und im nächsten Moment noch die (für ihn wohl erleichternde) Verlautbarung des jungen Mannes aus Israel (der mir zuletzt die Hand gegeben hatte): „Aber der Jude Albert Einstein war ein Schweizer und kein Deutscher!“
Irgendwie war ich mir nicht sicher gewesen, schaute bei meiner Weiterfahrt nach Heidelberg in mein Handy – las dort in Wikipedia: „Albert Einstein – geboren am 14. März 1879 in Ulm, verstorben am 18. April 1955 in Princeton, New Jersey, Vereinigte Staaten. Und desweiteren: „…hatte ab 1901 die Schweizer- und ab 1940 zusätzlich die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Preußischer Staatsangehöriger war er von 1914 bis 1934“. Eigentlich war der RvM-Leserbriefschreiber zu diesem Adolf Hitler überhaupt nicht gedanklich „grenzgängerisch“ gewesen, hatte er sich zeitlebens diesen Hitler eher als einen Deutschen einverprägen lassen, und nun arbeitete es (zeitlich so spät noch mit 75 Jahren) in ihm, um vielleicht doch einige der unentwegten deutschen (moralischen-grenzüberschreitenden) Schuldmitbedingungen auch mit über diese nahe Grenze nach Braunau in Österreich mit wegzutransferieren… Wieso vereinnahmt Österreich den Mozart, der doch nahe der deutschen Grenze in Salzburg geboren war – und zudem unseren Beethoven gleich mit für sich beanspruchend. Aber dieser Adolf Hitler wird (von den Österreichern) als Deutscher exventarisiert! Ist das geschichtlich-historisch erlaubt – wo sich doch die jeweiligen Staaten, Länder und Nationen so stolz befinden für ihre Großen, die dort jeweils geboren wurden – und es z.B. immer noch Streitverbleibungen gibt: ob nun die Italiener, die Republik Genua, die Spanier oder Portugiesen ein wahres jeweiliges Anrecht auf Cristoforo Colombo, Cristóbal Cólon, Crisóvao Colombo einfordern könn(t)en… Im deutschsprachigen Raum nennen wir Deutschsprechenden und Beschreibenden ihn als Christoph Kolumbus… Und sicher würde es kein wissender Deutscher wagen: diesen Christoph Kolumbus als Deutschen zu bezeichnen… Und verbleiben wir bei Franz Kafka oder Frantisek Kafka– dem jüdisch-tschechischen, deutschscheibenden Schriftsteller und Dichter aus Prag (im heutigen Tschechien), der von all jenen Seiten (auch national) beansprucht wird – aber nehmen wir ihn doch weltweit so zur Kenntnis als einen der ganz bedeutenden Schriftsteller für uns alle jeweils Zeit-Anwesenden…
Oder nehmen wir noch verdeutlichender den Nikolaus Kopernikus, der am 19. Februar 1473 (lt. Wikipedia) im (heutig benannten) Torun im jetzigen Polen geboren wurde. Entlatinisiert hieß er Niklas Koppernigk und wurde im damaligen Frauenburg im Ermland in Preußen geboren, die Familie gehörte zur deutschsprachigen Bürgerschaft – und er war dort späterhin Domherr, Astronom und Arzt, Mathematiker und Kartograph… Ja wat denn nu? Jawoll: unbestreitbar ein Europäer! Und Adolf Hitler (im un/denkbaren Sinne) auch ein Europäer österreichischer Geburtsabstammung aus dem Waldviertel nahe der deutschen Grenze… Hat sich der RvM als Deutscher nun anständig deutschdevot in der geburtlichen Causa Hitler verhalten– und sich nicht wesentlich danebenbenommen und bekäme somit keinen Maulkorb verpasst…Streiten wir uns nicht um diese oder jene Nationalitäten zu solchen Menschen, die in der (öffentlichen-manipulierten) Überschau auch einen besten Ruf (scheinbar genießen) – dennoch: auch bei Columbus muss gesagt werden: dass ohne ihn und die/seine „Entdeckungen“ von der „Neuen Welt“ (vorerst aufhaltend damals noch): den indigenen Bevölkerungen viel Leid, Elend, Massenmorde und Genozide (zeitlich in der Verzögerung zur späteren „Entdeckung“ durch die Europäer) noch nicht angetan worden wären… Es waren doch die Europäer, die dann Furchtbares und Schreckliches in Nordamerika und Südamerika verbrachen (auch im Namen ihrer Religion und Kirchen) – zudem die Sklaverei über Jahrhunderte hinweg, den Menschen (aus Afrika) grauenvoll antaten… Aber: der RvM-Leserbriefschreiber will nicht ablenken von dem brutalsten Lebewesen auf Erden: dem Homo sapiens bis in die neueste Evolutions-Zeitanteiligkeit – und um nochmals auf diesen Österreicher Adolf Hitler zu schreiben zu kommen: auch er ein Homo sapiens unserer Art als furchtbarste Lebewesen-Anteiligkeit auf dieser Erde! Und dennoch wird der RvM seine impulsiven Gedanken als Deutscher nicht los, dass er diesen Wahnsinnigen und Massenmörder Hitler doch beständig der kritischen Auseinandersetzungen zum Deutschsein: ihn über die Grenze nach Braunau, nach Österreich abschieben könnte für die Momente der Widerlegungen von eindeutiger Nationalität und Inanspruchnahme desjenigen/derjenigen Geburt im jeweiligen (eigenen) so deklarierten Land… – wenn es denn manchmal angebracht erscheinen könnte: sich diesen Massenmörder als „geboren in Braunau“ von der deutschen Landkarte zu streichen… Kann und darf man (in der Ohnmacht zu all dem Bösen) manchmal sich grenzüberschreitend wegbeamen von unserer deutschen damaligen Mentalität und den Österreicher Hitler (der sich auch stets als Künstler sah) dorthin in sein Geburtsland transferieren… Originalton A.H. am 13. März 1938 in Wien auf dem Heldenplatz (wo über 500.000 Menschen diesem Adolf Hitler zujubelten – darunter aber keine Wiener und Österreicher anwesend gewesen sein sollen…: „Als Führer und Kanzler der deutschen Nation und des Reichs melde ich vor der deutschen Geschichte nunmehr den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich.“
Um kurz noch zurückzukommen auf die Titelüberschrift des Artikels in die ZEIT „Der einsame Joe“ – der sich nun doch noch besonnen hat und einen geistig vernünftigen Rückzieher zustande brachte! Und um gleichzeitig an DIE ZEIT Nr. 3 im ganzseitigen Feuilleton-Artikel („Das Gift des Grundsätzlichen“ von Thomas E. Schmidt) zu erinnern – kann durchaus nunmehr deutlich vermittelt werden: dass dieser Bericht mit dazu beigetragen hat, dass sich die Meinung gegen diese Klausel des Kultursenators Joe Chialo umwandeln konnte: in eine vernünftige, befreiende Besichtigung und Beibehaltung der künstlerischen Freiheit in diesem Land. Auch das ist eine demokratische Vorfindung, dass sich DIE ZEIT für die Meinungsfreiheit der Kunst dann stark machte – selbstverständlich die Haltung zur Anti-Diskriminierung keiner moralischen Infragestellung bedarf! Auch wenn wir Menschen immer wieder diese Grenzen überschreiten (könn/t/en) aus welchen Gründen (und ohne verständliche Begründungen!) der Dressiertheiten und Manipulationen und der seltsamen Traditionen auch immer… Ein Sprecher von Claudia Roth sagte, dass sich Bund und Länder in Sachen Antisemitismus auf ein Vorgehen abstimmen müssten: „Alleingänge sind dem gemeinsamen Anliegen hier wenig dienlich.“ Joe Chialo hatte in dieser Debatte zu schnell, zu einsam und zu schlecht beraten agiert: meinte DIE ZEIT durch Tobias Timm sehr ausdrücklich und nachdrücklich. „He Joe – Where you gonna run to now? Where you gonna run to?“
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld


Leserbrief zu „Lasst uns was reißen“ von Simone Bucholz

Ich bin froh, dass Sie nicht Hayley Mary, Frontfrau der Jezabels, abgebildet haben. Aus ihrer Pumuckl- / David-Bowie-Phase ist sie zum Glück wieder raus, aber Leopardenfell ist bei ihr (leider!) immer noch angesagt. Musikalisch ist Australien bei mir momentan ganz vorne, modisch nicht immer. Ich meine, dass Georgia Maq von Camp Cope auch schon mal ein Leopardenoutfit trug, das habe ich bei ihren vielen anderen Modesünden aber schon wieder verdrängt. Für mich ist Leopardenfell ein pathologisches Symptom der 70er-Jahre, die ich noch selber miterlebt habe. Man muss die Geschichte nicht immer ausplündern. Vor allem sollte man den Müll da lassen, wo er hingehört (hat). Aber erstaunlich, wie lange sich so etwas hält und dass das schon weit vor den 70ern angesagt war.
Thomas Manthey


Leserbrief zu „Prüfers Töchter: Ich liebe K-Pop“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

Ich bin 12 Jahre alt und lebe in Sud Frankreich. Ich bin ein großer K-Pop fan am meisten von Blackpink oder New Jeans. Ich habe Euren Artikel durchgelesen und habe gemerkt, dass Sie Fehler gemacht haben. Nämlich, „Rata-tat-ta-ta-ta“ ist in Pink Venom und nicht in Kill This Love. In Kill This Love ist es „Ram-pam-pam-pa-pam-pa“. Das solte man doch wissen, diese Lideer gehören zu den berühmtesten. Mein Vater ist leidet mit Ihnen. Ich liebe auch so sehr wie Ihre Tochter Blackpink, und bei ihrem nächsten Konzert in Frankreich werde ich da sein.
Charlotte Milverstedt