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11. April 2024 – Ausgabe Nr. 16

 

Leserbriefe zu „Revolution“ von Hedwig Richter und Bernd Ulrich

Was wollen die Autoren eigentlich in endlosen Schleifen? Sie wollen eine gelenkte Demokratie wie in Krisenzeiten, euphemistisch repräsentativ genannt, wo das „Stimmenvieh“ nicht viel zu sagen hat und vier Jahre quasi auf dem Abstellgleis steht. Beschämend für Vertreter einer politischen Strömung, die einst in plebiszitären Elementen den demokratischen Jungbrunnen sahen. Mit dem Aufkommen der AFD plötzlich Teufelszeug, so valide sind gefestigte linke Weltbilder. Eine eigenwillige Interpretation von Evolution. Übersehen wird zudem im Furor gegen rechts, dass die Lebensader der AfD die Flüchtlingsmisere ist. Alle Parolen von Höcke & Co haben dort ihren Ursprung. Mit nicht bloß kosmetischen Lösungen wäre der Spuk längst vorbei. Die Mehrheit würde es wünschen. Auf ganz demokratischem Weg.
Christoph Schönberger

Dieser Artikel von Hedwig Richter und Bernd Ulrich ist der wichtigste der letzten 2 Jahre, mindestens. So klar, so richtig. Er sollte sofort ins Unterrichtsmaterial deutscher Schulen aufgenommen werden. Ich gehöre zur Mehrheit der komfortabel Lebenden und hätte überhaupt nichts gegen Einschnitte einzuwenden. Macht doch endlich! Leider sehe ich die Regierung nicht, die sich das traut. Für das Bisschen an „Zumutung“, das die Grünen durchgesetzt haben, werden sie übelst angefeindet und der Rest der Parteien sieht mit gar nicht so heimlicher Freude zu.
Sabine Korsukéwitz

Noch nie wurde der Begriff DEMOKRATIE so willkürlich ge- und missbraucht, wie in diesem Text. Je nach Bedarf werden Freiheit, Mehrheit, Wissenschaft und jedes beliebige Thema und jede Partei oder gesellschaftliche Gruppe vom eigenen Demokratieverständnis in die Flucht geschlagen. So stelle ich mir einen Eheberater vor, der Probleme mit seiner eigenen Frau hat. Um seine Frau zu „überzeugen“, benutzt er, wie die Autoren das Wort Demokratie, das Wort Ehe. Er erklärt ihr, dass Ehe nicht nur nehmen ist, sondern auch geben. Und sie solle doch nicht vergessen, dass das Entscheidende ist, dass sie mit ihm schon verheiratet sei. Alles andere ergibt sich aus „Einsicht“, „Beschränkung“ und „Disziplin“. Im Übrigen habe er die Wissenschaft auf seiner Seite und sie solle bloß nicht auf die Populisten hören.  Er wird ihr sagen, dass ihre Ehe nach all den guten Jahren jetzt nichts weniger braucht als eine Revolution.  Und sie wird antworten: „Wie konnte ich mich nur so irren? Eine Scheidung von Dir ist fast zu wenig. Ich brauche zwei oder drei und ganz schnell!“
Fred Klemm

Ich möchte mich von Herzen für Ihren Artikel „Revolution “ bedanken. Er hat mich so tief bewegt wie kein anderer Beitrag seit Jahren und trifft aus meiner Sicht den Nagel auf den Kopf. Mögen dieser Artikel und ihr Buch die Herzen und den Verstand ganz vieler Menschen sowie Politiker erreichen und bewegen, sodass wir zu einem konstruktiven Weg durch die Krise finden!
Jana Sommerfeld

Ich stimme Bernd Ulrich und Heike Richter absolut zu! Demokratie also die Macht durch die mündigen Staatsbürger impliziert immer auch das Erfordernis von Disziplin. So geschehen unter Corona, wo weitgehende Einschnitte in die Freiheitsrechte der Bürger von einem großen Teil dieser diszipliniert umgesetzt wurden. Auch wenn das in der Rückschau teilweise überzeichnet war. Die meisten Menschen hatten eine Einsicht in die Notwendigkeit. Auch bei Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und beim Schutz vor Angriffen von außen sollte bürgerliche Disziplin eingefordert werden können. Voraussetzung dafür ist aber eine valide Analyse der Situation und eine klar umrissene Strategie zur Lösung der Probleme. Im Falle Corona funktionierte die Disziplin im eigene Schutzinteresse. Bei den Themen Klimawandel und auch Ukraine-Krieg liegt die Situation anders. Zwar gibt es auch hier ein eigenes Schutzinteresse, aber sowohl die Maßnahmen gegen den Klimawandel als auch gegen den Krieg wirken völlig inkonsistent. So ist es zwar nötig die Nutzung schädlicher fossiler Brennstoffe möglichst schnell zu beenden, gleichzeitig wird aber großflächig LNG/Frackinggas eingesetzt das noch klimaschädlicher ist als Kohle. LNG-Schiffe verpesten den Naturpark Wattenmeer und Widerspruchsmöglichkeiten für Bürger wurden entzogen. Auch der Ukraine Krieg ist ein großes menschliches und klimaschädliches Desaster. Doch statt nichts unversucht zu lassen diesen Krieg so schnell wie möglich und auf allen Wegen die zur Verfügung stehen zu beenden herrscht ein heilloses politisches Durcheinander. Und statt die beiden Parteien zum Verhandeln zu bringen, werden klimaschädliche Waffen in nie gekanntem Ausmaß hergestellt und verbraucht – und weiter bewaffnet bis hin zum einem in Kauf genommenen, noch „klimaschädlicheren“ Atomwaffeneinsatz. Vor diesem Hintergrund wird die von Ulrich und Richter geforderte Selbstdisziplin der Bürger nicht zu erreichen sein. Es fehlt die Eindeutigkeit und Konsistenz von Maßnahmen zur Erreichung der Ziele, die zur Reduzierung weiterer Schädigung des Klimas und zur Beendigung des Krieges führen könnten.
Brigitte Kamps-Kosfeld 

Mich wundert, dass so ein Artikel erst jetzt und ziemlich einsam in die BRD kommt. Ich denke schon seit vielen Jahren so, lange vor den in dem Artikel beschriebenen Herausforderungen verstand ich schon nicht, wie die “ Regierungs”-Politik in Deutschland und Europa im Schlafwagen durch die Welt fuhr, einzig offenbar darauf bedacht, dass es den Superreichen „nicht ans Leder geht“. Leider sehe ich gegenwärtig trotz der Herausforderungen noch keinen charismatischen und durchsetzungsfähigen Politikansatz. Im Gegenteil; Immer kleinteiliger versuchen die ehemaligen Volksparteien, aber auch die übrigen demokratischen Kräfte, “lediglich” ihre Wähler bzw. Parteimitglieder zufrieden zu stellen. Und das gilt nicht nur für Deutschland, sondern leider auch für die übrigen westlichen Demokratien. Warum gibt es nicht mehr mediale Fundamentalkritik ( Fünffachwumms) an den herrschenden Verhältnissen? Und hier haben die antidemokratischen Kräfte recht. Irgendwie scheinen sich die Eliten einig zu sein in ihrem tiefen Schlaf.
Peter Stein-Spitczok von Brisinski

Mehr Reife, Mündigkeit und Lebensqualität. Was uns gerade fehlt, sind staatstragende Parteien und politische Köpfe, die, der Demoskopie zum Trotz, das Notwendige mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln tun, die uns vieles abverlangen, uns mitreißen und aufgeweckte Bürger*innen, die das auch honorieren. Keine Zeit mehr für schräge Nostalgie, Luft-Anhalten, Weiter-So, die Katastrophen wachsen. Einfach mal machen: schädliche Gewohnheiten und überflüssigen Konsum einschränken, Ambivalenzen aushalten, keine Partei aus reinem Protest wählen, uns in Ehrenämtern engagieren, und viel auch außerhalb unserer Blase diskutieren und überzeugen. Das ist doch kein Verzicht, das ist ein Gewinn an Reife, Mündigkeit und Lebensqualität.
Gregor Berhorst

Danke für die deutlichen Worte! Die Dekadenz der westlichen Welt: Das Großkapital kauft die Bodenschätze, die Pflanzen- und Tierwelt, die Menschen, ihre Seelen und die Politik und macht sie zur Ware!
Walter Moritz

Schade, dass es in der Zeit einen Artikel über „Revolution“ gibt, aber mit keinem Wort das Problem an der Wurzel gepackt wird, weswegen unsere Demokratie in einer Krise ist und eine Revolution vonnöten. Die Autoren sehen die Nebenfolgenkrise als das Hauptproblem, dass zur Krise der Demokratie geführt hat. Warum dann nicht die Ursache dessen in Angriff nehmen? Die Antwort ist trivial, scheint den Autoren aber zu viel Angst zu machen, als dass sie es beim Namen nennen – Der Kapitalismus.
Lowik Hardeel

der Artikel von Hedwig Richter und Bernd Ulrich ist mutig und unterstützenswert. Ich hoffe, dass er Wirkung an den „richtigen Stellen“ zeigt.
Ernst Kreuzfelder

Wohlstand ist ein zentraler Herrschaftsstabilisator, in Demokratien genauso wie in Diktaturen. Es ist ein Risiko für jeder Herrschaft, wenn der Wohlstand gefährdet ist. In Demokratien treibt der intensive politische Wettbewerb mit seinen Wohlstandsversprechen die Erwartungen der Bürger fortlaufend nach oben. Selbst jetzt, wo wir mit dem Wohlstand, so ungleich er auch verteilt ist, die Grundlagen für das Überleben der Menschheit nachhaltig ruinieren. Tatsächlich will es auch der Ampel einfach nicht gelingen, den Kampf gegen den Kollateralismus aufzunehmen. Hedwig Richter und Bernd Ulrich zeigen, wie wir aus der Sackgasse herauskommen. Der Weg führt über ein weiterentwickeltes Demokratiebewusstsein: weg vom verbreiteten Konsumentenverständnis, hin zu einer gereiften Verantwortungsbereitschaft. Immerhin haben wir in der Demokratie die Freiheit zur Stärkung unserer Selbstbeherrschung. Erst eine in der Bevölkerung fest verankerte Einsicht in die erreichten bzw. bereits überschrittenen Grenzen des Wohlstands wird die demokratischen Parteien dazu bewegen, in einen Wettbewerb um die beste Politik für mehr Nachhaltigkeit einzutreten. Diese Politikentwürfe werden geeignete Anreiz, Regulierungen und logischerweise auch notwendige Beschränkungen und Verbote beinhalten.
Reinhard Koine

Bernd Ulrich, ein Schwergewicht der ZEIT, schreibt: „… Stattdessen verstanden die Menschen die systemische Sorglosigkeit, ihre endemische Bequemlichkeit zunehmend als ein Grundrecht und begannen die Nebenfolgenfreiheit mit der Freiheit an sich zu verwechseln.“  Es fallen Begriffe wie „Selbstdisziplinierung“, „verschleppte Klimawende“, „Flüge …  so weit wie möglich reduzieren“, „Ökodisaster“und „Kollateralschäden der eigenen Lebensweise“ mit Bezug auf die bereits stattfindende Klimakatastrophe. Gleichzeit bietet ZEIT-Reisen beispielsweise einen Trip auf die Galapagos-Inseln an. Vier Flüge um die halbe Welt. Ein ökologischer Fußabdruck Schuhgröße King Kong. Für 12 Tage. Finde den Fehler.
Markus Berger

Was wird hier vorgeschlagen? Die Repräsentanten der Demokratie sollen gegen den Willen der Wähler*innen entscheiden, weil das irgendwie moralisch vertretbarer sein soll? Weil die dümmlichen Wähler*innen zu bequem sind vernünftige Entscheidungen zu treffen? Das wird dann auch gerne als Ökodiktatur bezeichnet. Aber eine Demokratie muss den Willen der Menschen umsetzen. Sonst ist es keine Demokratie.  Auch diese Autoren müssen respektieren, dass die meisten Menschen einen moderaten Wandel, etwa in Bezug auf die Klimapolitik bevorzugen. Sie möchten ihren Wohlstand erhalten und sehen nicht ein, weshalb sie sich unbedingt viel besser verhalten sollen als etwa Amerikaner. Global betrachtet fallen die Emissionen aus Deutschland eher wenig ins Gewicht.
Aelin Maltin

Revolutionen werden beflügelt von Träumen, Visionen, Utopien – also von der „Lust auf Zukunft“. Wobei diese Lust keineswegs vordringlich gerichtet ist auf das „Haben“ (materieller Güter), sondern auf ein sinnstiftendes „Sein“ in einer selbstbestimmten Welt. Das von dem Philosophen und Sozialpsychologen Erich Fromm entwickelte Konzept der „Biophilie“, d.h. der Liebe zum Leben, geht von der Erkenntnis aus, dass der Mensch ein angeborenes primäres Bedürfnis hat, in einem konstruktiven Austausch mit seinen Mitmenschen und seiner Umwelt zu leben. Allerdings: Unterminieren gesellschaftliche Zwänge dieses Bedürfnis, dann führt dies dazu, dass die „Liebe zum Leben“ behindert wird und letztlich in Destruktivität umschlägt (Hass, Narzissmus, Neigung zu autoritärem Verhalten usw.). Im digitalen Zeitalter drängt sich die Frage auf, wie sich die Lust auf Zukunft bewahren lässt, denn die Nutzung digitaler Techniken und elektronischer Medien ersetzt zunehmend die Fähigkeit der Menschen, selbst etwas zu denken, zu fühlen, zu wollen und zu beurteilen. Von dieser Fähigkeit aber hängt das Zustandekommen der Revolution ab, von der im Artikel die Rede ist.
W. E. Fischer

Die Autoren beschreiben zu Recht, dass die Zeiten der verantwortungslosen Dekadenz dem Ende zugehen. Allerdings ist mir noch nicht klar, wie die Demokratie ohne ein Wohlstandsversprechen überleben soll. Die Demokratie ist (war) gerade deshalb stark, weil sie Aufstieg und Wohlstand ermöglicht(e). Diktatorische Regime dagegen ermöglichen einer kleinen und korrupten Oligarchen-Gruppe Aufstieg und Wohlstand. Die Masse leidet – und stützt das System trotzdem: Diktaturen – siehe Russland – fordern das Leiden ein als notwendige Zumutung für das „große Ganze“, für „unsere Identität“. Kann die Zustimmung zu einer Demokratie (die aufgrund äußerer Zwänge nicht mehr „liefern“ kann) allein darin bestehen, dass die Demokratie ja die Lieferung selbst sei, wie die Autoren schreiben?  Die Zustimmung zur Demokratie ergäbe sich dann daraus, dass es freie Wahlen, Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit gibt. Kann der Wert der Demokratie an sich auf Dauer ausreichen, um die Demokratie zu schützen? Reicht die Erkenntnis einer Notwendigkeit zur Selbstbeherrschung („Gürtel enger schnallen“) aus, also eine gesamtgesellschaftliche „Disziplin-Disziplin“? Ich fürchte, nein. Aber vielleicht besteht die Kunst darin, unsere Definition von Aufstieg, Wohlstand und Glück völlig neu zu schreiben. Das wäre ein mühsamer, steiniger und konfliktreicher Weg.
Dennis Sohner

Vielen Dank für den o.g.  so umfangreichen und mutigen und einsichtsvollen Artikel „Revolution“, zu dem ich zunächst all meine Zustimmung und Übereinstimmung äußern möchte und erst am Schluss die skeptische Anmerkung über das, was m.E. — wie bis vor ein paar Jahren lange auch bei mir selbst — noch fehlt. Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen und den vertretenen Notwendigkeiten hierfür alle denkbare Verbreitung, Aufmerksamkeit und Zuspruch. Mit diesem Artikel haben Sie mir  soooo aus der Seele geschrieben wie seit Jahren kein Artikel mehr, vielleicht wie noch nie ein Artikel einer Zeitung oder eine Sendung der Funk-Medien. Sie haben die Botschaften der quasi billigen und bequemen Transformation und Klimarettung oder auch Freiheit, Demokratie, Solidarität  und sonstigen Werte entlarvt als ein feiges Aus- und Zurückweichen vor dem Denken im „Nur noch hier, jetzt und ich“  oder „wir“, also den zukunftsvergessenen Ego-Denken, dem Wunschdenken, dem unangemessenen Angstdenken (vor z.B. dem unbequemen Klimaschutz statt vor der viel größeren Gefahr einer Klimakatastrophe), der Unreife, dem süchtigen Bestehen auf Gewohnheitsrechten, dem Anspruchsdenken, den Scheinlösungen (wie z.B. Greenwashing),  dem „Wunderglauben“, dem Vorrang von Mehrheitswünschen und -verweigerungen nicht nur vor den in der Zukunft und der Ferne lebenden, sondern selbst über Naturgesetze und Mathematik-Erkenntnisse, der Verdrehungen von Realitäten und alleinigen wutbürgerlichen Beschuldigung von immer neuen Sündenböcken, der Abwälzung von Verantwortung, Rechnungen und zusätzlicher Arbeit auf immer wieder nur andere, sei es „die Politik“,  die Zukunft,  den globalen Süden,  „den Kapitalismus“, „die Arbeitgeber/Wirtschaft“. Und Sie haben soo Recht mit der Feststellung, dass   es letztlich undemokratisch ist, wenn die Regierenden die Bürger wie launische Tyrannen behandeln, denen sie jeden Wunsch von den Mehrheitslippen ablesen und sofort erfüllen müssten, — sei er noch so unvernünftig — und mit denen sie lieber in den Untergang gehen statt   ihnen „zu sagen, wie die Dinge nun mal liegen“.  Sie haben mir mit dieser öffentlichen Stimme auch wieder nach fast erneut eingekehrter Resignation etwas mehr Hoffnung gegeben, dass Deutschland und vielleicht sogar die Menschheit  doch noch  die Kurve kriegt zu realistischem und ehrlichem Verantwortungsdenken statt dem von Ihnen und mir beklagten „Nur noch hier, jetzt und ich“  oder „wir“, beschränkt auf eine jeweilige Interessengruppe, statt dem Wunschdenken, dem „Wunderglauben“, statt der Verdrehungen von Realitäten  etc. etc. s.o.
Allerdings:  Leider ist derzeit die „Konterrevolution“  noch immer — trotz der Demokratie-Demonstrationen — ungebrochen oder gar stärker auf dem Vormarsch mit ihren multiplen Lügen-botschaften,  die genau an die o.g. bequemeren und egozentrischeren Denkweisen und Haltungen appellieren.  So damit, unsere Demokratien  als „westliche Kulturen“ oder „dekadente, verkommene“  zu verdrehen statt als  menschenrechtliche, ehrlichere, korrigierbarere, gerechtere und verantwortlichere Demokratien im Gegensatz zu den „gelenkten“ oder „Volks-Demokratien“, welche gerade die Freiheiten und Toleranzen, die schwachen milden Strafverfolgungen und Gerichtsurteile  in den wahren Demokratien schamlos ausnutzen, um diese mit Tunnelblick-Wahrheiten auf negative Vorkommnisse schlecht zu machen, zu verteufeln, zu verleumden, zu schädigen und zu zersetzen.
Und noch immer kämpfen allzu viele allzu erfolgreich für eine weitere  Abwälzung  der Verantwortung und Kosten der „Nebenfolgen unseres Tuns“  auf den globalen Süden, auf  die in der Zukunft lebenden, auf die Natur  oder einseitig auf jeweils nur andere Interessengruppen, während fast jede Gruppe für sich selbst  eine Beteiligung an Kosten, zusätzlicher Arbeit, Verzichten  oder sonstigem ablehnt oder tabuisiert, oft mit pseudo-rationalen  denkfehlerhaften und wunschdenkenden und tunnelblickartigen  Argumenten.   Ja, selbst die Gewohnheiten von quasi Luxus und  Verschwendung  werden von Mehrheiten, angestachelt von Populisten, als eine Art Menschenrecht empfunden und damit jedes Opfer zur Rettung von Werten und Zukunft als „unmenschlich“  oder „unsozial“.  In diesem Denken sind  die Bösen  nicht diejenigen,  die die Zukunft zerstören durch ihr „Nur noch hier, jetzt und ich“  oder „wir“, sondern  die irgendeine der Gewohnheiten, „Freiheiten“ und Besitzstände — vermeintlich oder wirklich — antasten wollen,  die irgendein Entzugs-Symptom  von der Sucht der bequemen Gewohnheiten und Verschleppungen  „zumuten wollen“,  deren Argumente angeblich nur  „moralinsauer“,  „belehrend, bevormundend“  oder freiheitsraubend sind,  als wäre die Freiheit jemals die Möglichkeit gewesen zu tun, was immer jemandem beliebt,  statt begrenzt durch Verantwortung, durch Wohl und Freiheit von anderen, auch denen in der Zukunft oder der Ferne. Ein unschönes Beispiel sieht man ja gerade beim Verkehrsminister,  der das Ringen um wenigstens Reste des  auch durch das seinerzeitige Verfassungsurteil bedingten  Gro-Ko-Klimagesetztes  so zu verdrehen versucht, als wollten Grüne und Klimaschützer  nur den freien Bürgern an zwei Wochentagen unverschämter Weise das Autofahren verbieten.  Damit versucht er  ja zumindest abzulenken von der erwartbaren Tatsache, dass mit jedem Tag, Monat und Jahr  der Verschleppung allen Klimaschutzes  die nötigen Maßnahmen immer drastischer werden mussten, wenn auch selbst jetzt wohl noch nicht ganz so drastisch, wie er es  in blindwütiger Selbst- und Macht- und Ideologie-verteidigung an die Wand malt.  Die Abkehr von der ressort-bezogenen Verantwortung für das jüngste Verhalten  in jedem Ministerium auch individuell bedeutet ja eine Verantwortungsdiffusion, wobei bekanntlich letztlich kaum einer verantwortlich zu machen ist wenn jeder verantwortlich sein soll. So, als würde man den individuellen Steuerhinterzieher nicht mehr zur Verantwortung ziehen, sondern nur noch prüfen, ob alle zusammen genug gezahlt haben oder in der weiteren Zukunft zahlen werden,  und dem Hinterzieher die Ausrede gelten lassen, es komme auf ihn ja nicht an, denn andere könnten ja entsprechend mehr zahlen, denen es vielleicht leichter falle als ihm/ihr.
Leider wagen selbst die Grünen kaum eine „Erwachsenen-ansprache“, kaum etwas anderes  zu sagen, als dass  der Klimaschutz  den einfachen Bürger,  zu denen höchstens die „Superreichen“ nicht gehören sollen,  fast nichts kosten darf, nichts an Geld, nichts an Unbequemlichkeiten, an „Freiheiten“, nichts an sonstigen  „Opfern oder Zumutungen“.  Das kam u.a. in dem Satz zum Ausdruck „Wir brauchen nicht bessere Menschen, sondern bessere Politik“.  Auch dieser Satz war in dieser Absolutheit irreführend,  denn die „bessere Politik“  kann nicht gottgleiche Wunder wirken, sondern braucht auch Menschen, die real mögliche und nötige Maßnahmen und ihre Notwendigkeit einsehen,  sie akzeptieren, zumindest tolerieren,  auch wenn es bedeutet, sie zu bezahlen und für sie — mit — zu arbeiten oder „Opfer“ zu bringen, wenn man die schwächsten und ärmsten einmal ausnimmt.  Und auch für normale, nicht unbedingt „bessere“ Menschen sollte es normal sein, neue Einsichten und auch Verhaltensweisen zu lernen, wie es auch in jeder Reife-Entwicklung oder Psychotherapie geschieht. Ihre Aussage, dass es mit einer rein technologischen Transformation nicht getan ist, erinnert auch an eine kürzliche Informations-Sendung der hervorragenden Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen Kim, wo es hieß  „Ohne Technologie geht es nicht,  aber Technologie allein wird uns nicht retten“, zumal auch neue Technologie ja erst einmal mit Mühen — zusätzlich — erlernt, erarbeitet und bezahlt werden muss.  Dort wurde auch der irrsinnige erneuerbare Energieverbrauch von E-Fuels durch die mehrfachen Umwandlungsverluste der anfänglichen Stromenergie entlarvt.
Ja, auch damit haben sie Recht:  Eigentum verpflichtet; m. E. allerdings nicht nur das, sondern auch Gesundheit, Macht und Intelligenz, Redegewandtheit und Bildung verpflichten, sie alle — auch — zum Gemeinwohl einzusetzen und nicht nur zum eigenen Nutzen und Wohlstand.  Und auch damit haben Sie Recht, dass die ökologische Zerstörung die Demokratie — auf die Dauer — unterminiert,  so wie auch Luisa Neubauer sagte,  dass im Fall der — noch schlimmeren — Klimakatastrophe der Notstand regiert — statt der Demokratie. Eine skeptische Anmerkung habe ich jedoch leider:  Wie Sie selbst schreiben, sind die Antworten/Angebote der Rechtspopulisten zwar „sachlich so falsch, wie sie emotional adäquat sind“, denn „sie bieten Wut, Empörung, Normalität, Heimat im Gestern und einen Sündenbock“, worauf die Demokraten eher mit Beschwichtigungen und oberflächlichem Schönreden reagieren, statt mit Entlarvungen (außer der „Nazikeule“)  und  dagegengesetzten Emotionen.  Die Entlarvungen liefern Sie schon, zumindest teilweise, aber es fehlen die Emotionen, die die sachlich richtigen und logischen und ethischen Aussagen begleiten, stärken oder würzen müssen,  wenn sie denn auch die Herzen der Menschen erreichen und damit den „Kampf“ gewinnen sollen, nicht nur gegen die Rechtspopulisten, sondern auch gegen die allzu menschlichen „inneren Schweinehunde“  der von ihnen verführten und ins Unglück, in die Irre geleiteten.  Denn leider ist die Emotion immer wieder übermächtig gegen die Stimmen der Vernunft und der Verantwortung und der Weitsicht.  Ich selbst habe lange nachgedacht und diskutiert, wie man dieses fehlende Element  einbringen kann und es ist ja schon sehr vieles versucht worden:  Filme über die Szenarien  der drohenden und schon passierten Katastrophen mit anschaulich dann leidenden Menschen (und Tieren), Sarkasmus, Ironie,  Satire,  Kunst,  Appelle an Ethik und Moral,  spektakuläre  Aktionen wie von Greenpeace,  Festkleben an Straßen,  Vorleben von adäquatem suffizientem Lebensstil, auch um zu demonstrieren, dass es geht und nicht zwingend zu einem Unglücksleben führt,  Ableitung des Klimaschutzes aus den Religionen,  Appell an die Liebe zu den Kindern und Enkeln, oft sogar die eigenen der angesprochenen,  oder schließlich  „Angst gegen Angst“,  eben die realen größeren Ängste vor den Langzeit-Folgen des Beharrens  gegen die kurzsichtigen Ängste vor den „Nebenwirkungen der Therapien“ gegen die große Katastrophe.
Ich habe wie wohl viele andere fast alles irgendwann irgendwo ausprobiert, und bin  immer wieder auf Ablehnung oder Achselzuckendes Desinteresse gestoßen, selbst bei Grünen,  denen auch teils verständlich allzu oft  Vermeidung von enttäuschten Klientelgruppen, Vermeidung von „Zumutungen“, Kompromisse,  Wählerstimmen  und Gegenwartswohl  der von ihnen fürsorglich beschützten und geförderten  wichtiger waren als  etwa Vorrang für Klimaschutz und sonstigem Zukunftsschutz insbesondere vor den Folgen von noch viel mehr Schuldenaufnahmen für Inflationsopfer und in der Zukunft lebenden.  Und auch Greta Thunberg sagte ja meiner Erinnerung nach einmal „nichts hat funktioniert“.   Es wird wohl noch eine Art Wunder  brauchen, etwa wie bei  dem gesellschaftlichen Schmetterlingseffekt und/oder sehr langen Kampf und lange Arbeit, vielleicht auch noch schlimmere „Warnschuss-Katastrophen“ wie manchmal bei Süchtigen, ehe eine Wende eintritt, wenn überhaupt noch rechtzeitig. Ich selbst versuche es seit Jahren mit Teilnahme an Demos, Reden, privaten Gesprächen, Leserbriefen und meinen Gedichten für Klima, Zukunft und Demokratie,  in denen ich verschiedene Strategien der Sprache und der Kunst verwende,  um die sachlichen Argumente mit Emotionen zu verstärken.  Aber um gegen die Kräfte des Egoismus, der Unvernunft, der Demagogie und der Lügen anzukommen, wird es zusätzlich noch eine Art Wunder brauchen, zum Glück keines gegen die Naturgesetze, sondern „nur“ gegen die Wahrscheinlichkeit und die bisherigen Erfahrungen.
Peter Selmke

Dieser Darstellung der Situation unserer Gesellschaft kann ich nur zustimmen. Es bleiben jedoch viele Fragen offen. Wie konnte es soweit kommen? Die politisch verantwortlichen Repräsentanten des Souveräns haben offensichtlich diese Entwicklung nicht bemerkt. Mein Eindruck, sie betrachten sich als „Einäugige unter den Blinden (der Masse der Wähler) als Könige“ und daher alternativlos, bar eines demokratischen Grundverständnisses. Die Demokratie wird bis heute als Institution verstanden, nicht als lebendige Maxime. Der weltweite Export dieser Institution in die „Dritte Welt“ gelang nicht. Diese Völker haben eine Jahrhunderte alte eigene Geschichte, Traditionen, Kultur und univeränderbare religiöse Dogmen. Die im 18. Jahrhundert in Europa entwickelte aufklärerische Denkweise, d. h. Duldung sachlich begründeter Kritik, Argumente anstelle physischer und kultureller Gewalt, Respekt, genseitige Toleranz, Wahrhaftigkeit in der Öffentlichkeit, werden in den Hintergrund gedrängt. „Cancel Culture“ und „Deplatforming“ bestimmen den Politischen Alltag. Das ständige Wachstum von Wirtschaft und Wohlstand drängte die ursprüngliche gemeinsame Identität in den Hintergrund. Stattdessen schuf sich jede gesellschaftliche Gruppe je nach Interessenlage ihre eigene Identität.  Autoren wie Julian Nida-Rümelin, Michael Hampe, Hans Herbert von Arnim, Eduard Reuter und Persönlichkeiten, wie der ehemalige Präsident des Bundestages, Wolfgang Thierse (2017 über Identität) wurden von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen. Die politischen Aktivisten hatten und haben kein Interesse an einer öffentlichen Debatte. Das journalistische Interesse war ebenfalls sehr eng begrenzt. Aus meiner Sicht sollten wir uns des aufklärerischen Denkens als Grundvoraussetzung für die Demokratie bewusst werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist unsere jüngste Geschichte offen und ehrlich zu hinterfragen.
R. Reiger

„Das gewaltige mentale Problem besteht bei diesem Epochenbruch darin, dass die Mehrheit in den westlichen Ländern das atemberaubende Privileg, nur für einen kleinen Teil der eigenen Kollateralwirkungen aufkommen zu müssen, keineswegs als Privileg erlebt hat. Stattdessen verstanden die Menschen die systemische Sorglosigkeit, ihre endemische Bequemlichkeit zunehmend als ein Grundrecht und begannen, die Nebenfolgenfreiheit mit der Freiheit an sich zu verwechseln. Deswegen erscheint ihnen jetzt der schrille Klang des eigenen materiellen und moralischen Echos als ein Angriff auf die Freiheit höchstselbst. Gekränkt in ihrem Freiheitsgefühl, rebellieren viele, eifrig sekundiert von Rechtspopulisten, gegen: die Klimawende, die Agrarwende, die Energiewende, die Verkehrswende, das Lieferkettengesetz, gegen die westliche Militärhilfe für die Ukraine, aber auch gegen das Impfen, denn auch da muss man für die Folgen des eigenen Tuns zugunsten der Allgemeinheit einstehen“. Aha…… so eine große Sch….. (mit Verlaub), schon lange nicht mehr gelesen!  Natürlich ist, -nach Herrn Ulrich-, alles was er als Kollateralschäden bezeichnet, fraglos die Folge von  „richtigem und notwendigem Regierungshandeln“. Nur wir vom Staate verwöhnte Schmarotzer wollen nicht einsehen, dass wir auch noch „die Kosten für dieses Regierungshandeln“ übernehmen sollen. Und wenden uns daher an die Rechtsparteien. So einfach, die Analyse des fixen Buchverdieners. Jeder Widerstand ist daher für Ulrich nur eine ökonomische unzufriedene Reaktion der wohlstandsverwöhnten Bürger, die zur Aufrechterhaltung ihrer Bequemlichkeit dann also demokratieverdrossen Rechts wählen. Von der Agrar-zur Energiewende über Lieferkettengesetz bis hin zur Coronapolitik wird jeder Einwand als „antidemokratische Bequemlichkeit“ gebrandmarkt. Aha, so einfach ist also alles.
Wie nennt in der gleichen „Zeit“ Ausgabe die amerikanische Philosophin Nancy Feser sowas: (…wurde wegen ihrer (selbst engagierte amerikanische Jüdin) unpassenden Haltung zum Gazakrieg von der Uni Köln wieder ausgeladen)Fatal ist vor allem das Signal, das in die Welt geht: Wer von der offiziellen Linie abweicht, ist in Deutschland nicht willkommen und wird bestraft« ZEIT: Deutschland hat seit 1945 eine international respektierte Erinnerungskultur geschaffen und wird als selbstkritische Demokratie geachtet. Was ist heute Ihr Bild von Deutschland? Ist das Land dabei, sich selbst zu provinzialisieren? Fraser: Gerade hat eine viel beachtete Berlin-Reportage in der New York Times beschrieben, wie das einst so weltoffene Deutschland gegenwärtig immer provinzieller wird. Diese Sorge teile ich. Fatal ist vor allem das Signal, das in die Welt geht: Wer von der offiziellen Linie abweicht, ist in Deutschland nicht willkommen und wird bestraft.
Roland Peter

Ich bin vermutlich einer der treuesten Zeit-Leser; seit nunmehr über 50 Jahren. Heute muss ich mir ein wenig “Luft” machen. Ich mag dieses Gerede und Geschreibe über Rechtspopulistische Gruppierungen nicht mehr hören bzw. lesen. Wenn es Missstände in der politischen und wirtschaftlichen Landschaft gibt und sich die Bürger eines Landes ganz offensichtlich nicht mehr von den regierenden Parteien repräsentiert und verstanden sehen, tuen sich natürlich Parteien und politische Gruppierungen auf, die in dieser Lücke versuchen “Land” zu gewinnen. Genau diese Situation hatten wir vor ungefähr 30 Jahren mit den GRÜNEN, die versucht haben, daraus Kapital zu schlagen, dass sich die damals etablierten Parteien sich um Umwelt-Fragen gar nicht oder nur sehr wenig gekümmert haben … es hat funktioniert; die Grünen haben genau diesen Vorteil für sich erkannt und haben sich seither von der damaligen Norm abgehoben.  Heute haben wir natürlich ganz andere Umstände, eine völlig andere Situation.  Allerdings ist ganz offensichtlich für die Deutschen und auch für das angrenzende Ausland zu erkennen, dass die Ampelkoalition ihre “Hausaufgaben” aufgrund von mangelnder Kompetenz nicht zufriedenstellend verrichtet; dies wird von nahezu allen Fachleuten konstatiert. Die Außenministerin reist, als GRÜNE, durch die ganze Welt – auch China -, verheizt Flugkraftstoff als wenn dieser umweltneutral wäre und heißt der nahezu gesamten Weltbevölkerung, in Deutschland willkommen zu sein und sagt Notleidenden Ländern unverzüglich und großzügige Hilfeleistungen zu. Sie ist die höchste deutsche Diplomatin und muss mit derartigen Aussagen sehr, sehr vorsichtig sein. Es ist letztendlich nicht ihr Geld, welches sie verschenkt. Anstatt den notleidenden Menschen über sämtliche Social-Media-Kanäle mitzuteilen, nicht ihr Heimatland zu verlassen und sich somit auf waghalsige und todesmutige Abenteuer zu begäben, bevor sie nicht eine Chance sehen, in Deutschland eine permanente Bleibe zu bekommen. Jede Einreise in Europäische Länder ohne die offiziellen Grenzen zu benutzen ist illegal!
Deutschland benötigt Arbeitskräfte die unser Land unterstützen und nicht Menschen die ihre Zukunft auf Almosen ausrichten!  Der Wirtschaftsminister, den wir als Philosophen und Buchautor sehr schätzten, kann sein Amit, mangels Kompetenz leider nicht ausführen, Aufgrund von Entscheidungen die er zu verantworten hat, haben Deutschland bereits “Wirtschaftsleister” in Höhe von ca. Euro 250 Mrd. verlassen.  Die Deutsche Bevölkerung ist mit dem Tun und Handeln der Regierung nicht zufrieden, ansonsten würden sie sich nicht nach Alternativen orientieren. Jedes vierte Kind lebt in Armut und sind von sozialer Ausgrenzung bedroht. Wir haben auch für unsere “eigenen Kinder zuwenig Kindergartenplätze und Schulen. Die Arztpraxen sind überfüllt, so dass die Menschen sich an die Notaufnahmen in den Krankenhäusern wenden müssen.  In der Wirtschaft gibt es eine Devise: mache Gutes und spreche darüber …. spreche nicht darüber, was deine Mitbewerber nicht oder schlecht können und machen. Das gleiche gilt für die Presse; berichten Sie objektiv und suchen nicht Fehler bei der AFD ….. unser Kanzler hat ebenfalls “Dreck am Stecken”.  So sich unsere Regierung wandeln würde hin zu dem, was die Bevölkerung braucht und haben möchte, hätten extreme Oppositionen keine Chance. Jeder mündige Bürger weiß, dass das Leben kein bunter Teller ist, die Basisbedürfnisse allerdings sollten zufrieden- stellend befriedigt werden.
Peter H. Witt

Eindeutig, logisch und fast widerspruchsfrei. Ich war 1989/ 90 junger Student in Dresden. Es gab nach dieser kurzen Revolution für uns aus dem Osten einige Ungerechtigkeiten und wir mussten in den Folgejahren kämpfen. Aber ich will nicht zurück in meine alte DDR (eine neue war nicht möglich). Ich bin froh in die Freiheit entlassen worden zu sein- und ich weiß, was sie wert ist, und sie hatte ihren Preis. Das wir uns beschränken müssen, um auf dieser Erde eine Daseinsberechtigung zu behalten, ist schon lange klar. Und mit Eiapopeia klappt das nicht. Doch – woher soll die Macht kommen, die Demagogen, wie Höcke, Kubitschek, etc. ins Gefängnis bringt, woher soll die Macht kommen, die das das sinnlose und ungerechte Beamtentum abschafft, inklusive der vielen sinnlosen Krankenkassen, wo eine Person bis zu 333000 EURO im Jahr verdient. Woher soll die Macht kommen, die uns sinnlosen krank machenden Konsum verbietet, welcher uns und unsere Erde zerstört? Bewusstsein? Das hatten wir schon mal, kann man vergessen. Ich glaube nicht, dass wir die Kraft haben, diese Macht aufzubringen und oder zu akzeptieren, wie im Sinne von Max Weber. Trotzdem- man soll nicht aufgeben. Vielleicht doch Paulus? „..da waren Glaube, Hoffnung und Liebe, aber die Liebe war die Größte unter Ihnen.“
Jörg Templin

Es ging mir beim Lesen und danach richtig gut. Eine wunderbare Zusammenfassung der aktuellen Lage in unserem Land und auch noch Lösungsansätze. Hedwig Richter und Bernd Ulrich sei Dank dafür. Ich hoffe, dass nicht nur die, die sowieso schon dieser Meinung sind, den Artikel und das Buch lesen und endlich begreifen, wo wir uns tatsächlich befinden. Ich jedenfalls habe das Buch bereits bestellt.
Marita Kruckewitt

Die Notwendigkeit eines grundlegenden Mentalitätswandels ist unbestritten, das führen uns die Autoren überzeugend vor Augen. Die Kernfrage dabei ist: Wie geht der Bürger, der Souverän, damit um, fügt er sich dieser unbequemen Erkenntnis oder verschließt er sich dieser Einsicht? Das westliche Wohlstandsmodell basiert ideologisch auf der Behauptung, den Bewohnern des Globalen Nordens stünde aufgrund ihres Fleißes, ihrer Arbeitstugenden, ihres Organisationstalents und ihrer Vernunftorientierung ein Mehrfaches an den endlichen natürlichen Ressourcen des Planeten zu, als den Einheimischen in den  „unterentwickelten“ Regionen des Globalen Südens. Das wird von der Mehrheit nicht als ungerechtfertigtes Privileg, sondern als Selbstverständlichkeit erachtet –  und der Erfolg der Rechtspopulisten ist zum großen Teil dieser Tatsache geschuldet.  Politiker der demokratischen Mitte stehen vor einem Dilemma, haben sie doch jahrzehntelang von diesem Wohlstandsmodell profitiert, aber die ökologischen, geopolitischen und sozialen Kollateralschäden lassen sich nicht länger verleugnen,  beherztes politisches Handeln ist angesagt. Und genau das vermissen die Autoren  und werfen der etablierten Politik vor, die Veränderungsbereitschaft der Bürger zu  unter- und die rechtspopulistische Versuchung zu überschätzen.
Die Ampel ist klimapolitisch keinesfalls untätig, aber selbst die – zugegebenermaßen – wenig ambitionierten Maßnahmen stoßen mehrheitlich auf Ablehnung, anders ist  der drastische Popularitätsverlust der Regierungsparteien kaum zu verstehen.  Hierfür nur Kommunikationsdefizite und handwerkliche Fehler verantwortlich zu  machen, wie dies in vielen Kommentaren geschieht, greift entschieden zu kurz.  Hedwig Richter und Bernd Ulrich appellieren an die Bereitschaft zu einer „demokratischen  Bürgerlichkeit“, doch gerade die politischen Repräsentanten der konservativen und  wirtschaftsliberalen Milieus verneinen die Notwendigkeit eines grundlegenden  Mentalitätswandels und geraten dabei in das Fahrwasser rechtspopulistischer Agitation.  Grünen-Bashing führender Unionspolitiker gehört mittlerweile zum politischen  Alltag.  Exemplarisch für den Unwillen bürgerlicher Kreise, die eigene Lebenspraxis  auch nur ansatzweise zu überdenken, ist der Beitrag von Thomas E. Schmidt („Und immer, immer wieder geht die Sonne auf!“), der sich von der vermeintlich moralisierenden Art und Weise, wie über den Klimawandel und die Gefährdung  der Demokratie berichtet wird, abgestoßen und persönlich gedemütigt fühlt  und gar eine „erpresste Betroffenheit“ beklagt.
Rüdiger Paul

Revolution titeln die Autoren ihren Beitrag und reden dann von einer Revolution in der Demokratie und für die Demokratie. Doch ihr Rezept ist nicht nur nicht aufregend, sondern so alt wie die Demokratie selbst: der mündige Bürger. Ihn solle die Politik ansprechen und nicht den „launischen Tyrannen, dem jeder Wunsch von den Lippen abgelesen würde“. Und an den mündigen Bürger selbst wird lediglich der altbekannte Appell wiederholt, Flüge und Autos zu reduzieren und weniger Fleisch zu essen. Mit dem mehrfach benutzten Begriff Revolution, der in der Regel Veränderung durch Gewalt bedeutet, schwingen die Autoren die begriffliche Extremkeule. Am Ende säuselt dann nur noch der Appell an die individuelle Verantwortung des Einzelnen. Als Tiger gesprungen und auf dem Bettvorleger gelandet – sagt in solchen Fällen der Volksmund. Wohlfeile Appelle solcher Art stärken die Demokratie nicht. Intensiver Demokratieunterricht an den Schulen, Wertschätzung und Stärkung der Institutionen, die unsere Demokratie ausmachen (Parlament, Bundesverfassungsgericht, öffentlich-rechtliche Medien usw.)  sowie konsequente Förderung der demokratisch engagierten Zivilgesellschaft sind dagegen geeignete Maßnahmen, um den Gefahren, die der Demokratie drohen, zu begegnen.
Ortlieb Fliedner

Diese Analyse zum Niedergang der demokratischen Systeme ist das Klügste und Zutreffendste, was ich in letzter Zeit gelesen habe. Chapeau mal wieder …. Ich freue mich auf das Buch
Rainer Seidel

Die brillante Analyse über das Demokratieversagen in unserer jetzigen Gesellschaft berücksichtigt zu Recht, dass der demokratische Parlamentarismus der Nachkriegsjahre wesentlich beeinflusst war durch die Prämisse des Wiederaufbaus. Entbehrungen gehörten zum anfänglichen Alltag der Menschen und die gewählten Parlamentarier waren getragen vom Willen des „Nie wieder „.  In den letzten 50 Jahren hat sich dieser Wille verändert hin zu einem „Noch mehr “ ungeachtet der Nebenwirkungen des ungehemmten Kapitalismus. Es geht nunmehr nicht mehr ausschließlich um das Wohl, sondern um die Ruhigstellung der begehrlichen Ansprüche des satten Plebs.
Herbert Büttner

Nahezu niemand verzichtet gerne – nicht einmal zugunsten der eigenen Sicherheit oder der eigenen Kinder und Kindeskinder. Lieber redet frau+man sich ein (oder lässt sich einreden), Verzicht sei gar nicht notwendig – weder für das Klima noch für die Ukraine oder die Bundeswehr noch gegen das Artensterben oder gar zugunsten von Menschen in Afrika, Asien oder Lateinamerika. Nicht einmal aufs Rasen möchten die Herren von der FDP verzichten. Meines Erachtens brauchen weder Deutschland noch die Demokratie eine Revolution, sondern „lediglich“ Politiker*innen, die mutig genug sind, den Menschen die Wahrheit zuzumuten, und fähig sind, Auswege aus den Krisen aufzuzeigen und Hoffnung zu vermitteln.
Ulrich Willmes

Demokratie und Fortschrittsglaube versprachen den Menschen einen steten Zugewinn an Freiheit und Wohlstand. Umweltschäden und kriegerische Konflikte fressen die Gewinne teilweise auf. Nun sind Einsicht in die Notwendigkeiten und Bescheidenheit gefragt. Doch da reichen keine Appelle. Eher schon eine Analyse der systematischen Hindernisse bzw. der sog. Sachzwänge, die den Wachstumszwang und die ökonomischen Höchstleistungen begründen. Da ist z. B. der Anspruch auf Geltung der eigenen Weltsicht, der die Welt in Gut und Böse teilt und die allgemeine Aufrüstung nötig macht. Hinzu kommt: Wir erwarten, dass der Verlierer in einem „friedlichen Wettbewerb“ sich gelassen mit seiner Niederlage abfindet. Doch wir unterschätzen regelmäßig die Wucht des Selbstbehauptungswillens. In diesem Klima der Feindschaft und dem Streben nach Hegemonie hat die Suche nach der gerechtesten und umweltverträglichsten Gesellschaftsform keine Chance. Noch die demokratischsten Verhältnisse allein schaffen es nicht, Egozentrik, Verschwendungslust und Streitsucht auf das nötige Maß zu begrenzen. Wenn eine abstrakte Vernunft je eine globale Geltung erzielen könnte, müsste sie eine formal totale Gleichberechtigung aller Menschen bei gleichzeitiger Verantwortung für die existenziellen Belange des Erhalts der Lebensbedingungen anstreben.
J. Kirchhof

Ihren o.g. ausgezeichneten Artikel finde ich sehr treffend. Die darin aufgeführten Maßnahmen wären zielführend und sicher wirksam. Nur mir fehlt die Fantasie, was die politische Umsetzung angeht. Wenn es allein darum geht, was den Beitrag der Reichen in diesem Lande angeht wird Herr Lindner und die FDP dies gewiss blockieren. Wie so manches was im Sinne der ökologischen Transformation wichtig wäre. Herr Lindner hat nur ein Mantra, das er vor sich herträgt: Einhaltung der Schuldenbremse. Diesen Artikel als Leitlinie für politisches Handeln wäre ein wohltuender Fortschritt, der Fortschrittskoalition.   Aber, aber….
Gerd Kaußen

Haben Sie nicht – vielleicht bewusst – das Fundament des „Rechtspopulismus“ ignoriert, so dass Ihr ganzes Gedankengebäude in sich zusammenzufallen droht: der politische Kampf gegen die Dauerimmigration aus Asien und Afrika, die seit Jahren in unser Land strömt, unkontrolliert, obergrenzenlos und von Schleusern betrieben? Zu deren Bewältigung untaugliche, verstaubte Gesetze angewandt werden, bei deren Abfassung die Mütter und Väter des Grundgesetzes nicht im Traum an eine Völkerwanderung dachten! Wo sind hier die „Vorteile“ für die Wahlbürger, wenn „die Gewählten nicht die Lüste und Launen der Wählenden (da sträubt sich mein Sprachgefühl!) umsetzen müssen, sondern verpflichtet sind, zum Wohl des Volkes auch zunächst Unangenehmes zu beschließen“. Worin besteht das „Wohl des Volkes“, wenn es ohne zwingende Notwendigkeit belastet wird durch eine Pseudointegration, zahllose zusätzliche Lehrer, Sozialarbeiter, Polizisten, Betreuer, Verwaltungsangestellte und als Dank für diese Leistungen und Lasten steigende Kriminalität, Islamismus, ethnische und religiöse Konflikte erhält? Statt beim Wahlvolk „Rechtspopulismus“ zu wittern, sollten unsere „Gewählten“ endlich ihre Augen öffnen, um einmal die ungeschminkte Wirklichkeit wahrzunehmen, die sich außerhalb des Reichstagsgebäudes abspielt, und ihren Blick weiten für eine Hochrechnung in die Zukunft; müssten sie überholte Gesetze ändern, demokratische Stärke und Wehrhaftigkeit zeigen! Solange dieser Wille zur Veränderung nicht erkennbar ist, wird der Unmut der Mehrheit des Wahlvolks über die zusätzlichen Belastungen nicht verstummen, verursacht durch Kriege, Klimawandel, Vermüllung, Schutz von Flora und Fauna und einen rückstandsfreien Produktions- und Entsorgung-Naturkreislauf! Riesenherausforderungen, die aber von der Mehrheit mitgetragen würden, weil sie deren Sinn und Notwendigkeit erkennen! Erst dann gelänge es den „demokratischen Revolutionären“, wie Fische im Wasser des Volkes zu schwimmen!
Ulrich Pietsch

„Revolution“ als Überschriftsbegriff kann einen Leser aufschrecken. Schließlich signalisiert dieser Ausdruck die grundlegende Umwälzung herrschender Verhältnisse. Es geht der Verfasserin und dem Verfasser nicht nur um die notwendige Reaktion auf eine „geopolitische“ und zugleich „geomoralische“ Krise, sondern auch um die Abwendung einer gleichgearteten Bedrohung im Innern unserer Republik. Revolution bedarf eines ausführenden Trägers, eines sog. revolutionären Subjekts. Richter / Ulrich meinen damit die einsichtsvollen Bürgerinnen und Bürger, die erkennen, dass wir die Freiheit von den Nebenfolgen unseres zerstörerischen Produzierens und Konsumierens mit der Freiheit an sich verwechseln. Diese Erkenntnis müsste idealerweise zu „Erwachsensein, Augenhöhe – und Selbstwirksamkeit“ führen. Es geht ihnen darum, „Würde und … Demokratie zu bewahren“, indem die Einsichtigen „ihr Leben ändern“. Das revolutionäre Subjekt wären also die Menschen guten Willens, die als demokratische Mehrheit die herrschenden Verhältnisse umwälzen. Herrschaft allerdings ist eine Frage der Macht. Während Individuen darüber entscheiden können, ihr Leben zu ändern, steht der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse eine Macht entgegen, die sich nicht so leicht entmachten lässt: die Systemarchitektur der Eigentümer von Produktionsmitteln. Insbesondere das global aufgestellte Kapital folgt nicht der Einsicht der Menschen guten Willens, sondern dem Zwang zu Wachstums- und Renditesteigerung. Während seiner langjährigen Haft in den Kerkern der italienischen Faschisten hat Antonio Gramschi, PCI-Mitglied, seine Erkenntnis niedergeschrieben, dass keine Parteidiktatur leninschen Typs die Umwälzung der Verhältnisse gewährleisten könne, sondern nur das Bündnis von Menschen mit unterschiedlichen Interessen, die von einem gemeinsamen Narrativ überzeugt sind und die demokratische Mehrheit bilden. Wo, so frage ich mich, soll die Bildungsrevolution herkommen, die das Narrativ eines ökologischen und gerechten Wirtschaftens in die Köpfe und Herzen der Menschen senkt? Antonio Gramschi ist 1937 an den mörderischen Haftbedingungen gestorben.
Victor Rintelen

Ihrer Idee liegt m. E. leider ein begrifflicher Schwindel zugrunde. Wo Sie „Revolution“ sagen, meinen Sie tatsächlich Diktatur. Es ist der Versuch die Demokratie über diktierte, diktatorische Maßnahmen zu retten. Ihre Rechtfertigung, Frau Richter, Herr Ulrich, lautet zugespitzt zwischen den Zeilen ausgedrückt: Aber wir haben ja recht! So wirkt Ihr wohlgemeinter Ansatz leider ebenso anmaßend wie die tumben Strategien der Gegner der Demokratie auf der anderen Seite des Spektrums. Das betrübt mich sehr.  Wahrhaftige Demokratie, verstanden etwa im Sinne der Interaktionsmodelle eines Habermas, würde voraussetzen und versuchen in einen echten Diskurs mit der Gegenseite zu treten, freilich verbunden mit der ‚Gefahr‘, der Unsicherheit eines offenen Diskursendes für alle Beteiligten. Eine solche Lebendigkeit der Debatte, eine solche Streitkultur, ein solches Wagnis einzugehen jedoch scheint heute nicht mehr gefragt zu sein. Warum nicht? Vielleicht weil die Populisten von sämtlichen politischen Richtungen, Lagern, Gesinnungen aus attackieren. Weil sie ihre jeweilige Gesinnung mit ‚Wahrheit an sich‘ verwechseln. Keine Seite scheint gefeit zu sein vor dieser grob vereinfachenden Verkürzung, die anmaßend ist, die einer wirklichen, einer hygienischen politischen Streitkultur nicht gerecht wird.  Sarkastisch gefragt: Soll am Ende etwa KI das letzte Wort haben, den Streit der Lager entscheiden?
Andreas Schäfer

Hedwig Richter und Bernd Ulrich haben recht, wenn sie eine „Revolution“ fordern um die Demokratie, wir wir sie schätzen, zu retten. Doch wer sollte auf die Barrikaden steigen wie seinerzeit die französische Marianne oder der Deutsche Friedrich Hecker? Unsere Parteien, soweit sie sich demokratisch nennen, ruhen noch allzu bequem auf dem Sofa des Gewohnten und wagen sich nicht, dem Volk den bitteren Trank einzuschenken: Die Nebenfolgen der Kompromisse können in der Bequemlichkeit der herrschenden Babyboomer-Generation nicht mehr bewältigt werden. Es geht nicht mehr um Wachstum, sondern um Umkehr und Solidarität. Beim Totalitarismus regieren sonst die Starken. Wehe den Anderen!
Werner Bohn

Sie haben zur Gestaltung der Seite 2 ohne Bezug zum Text einen der schönsten Schmetterlinge, einen Morpho, ausgesucht. Leider wurden dazu die sehr schönen Flügeloberseiten in der halb geöffneten Stellung gleichsinnig verwendet, damit es schöner aussieht, vermutlich. In dieser Position blickt der Betrachter aber li auf eine Unterseite und nur beim rechten Flügel auf die schöne Oberseite…. Kommt es bei dem Thema auf Genauigkeit einfach nicht so an, oder ist es keinem sonst aufgefallen? Ich empfinde diesen -groben- Fehler als störend und dabei so leicht vermeidbar. Ist der Text auch von solchem Zuschnitt?
Conrad Hauptmann

Der Beitrag von Hedwig Richter und Bernd Ulrich kann nicht anders denn als Plädoyer für eine illiberale Einengung der Demokratie gelesen werden. Dabei missverstehen die beiden Autoren auf verstörende Art das Wesen der Demokratie, der sie offenbar kein Vertrauen mehr entgegenbringen. Demokratie ist nicht nur Herrschaftsform, es ist immer auch Verfahren der Konsens- und Policy-Bestimmung, sowie – im besten Falle – ein gelerntes Miteinander, mithin eine diskursive Haltung. Beides scheinen die Autoren hinter sich lassen zu wollen. In den Verfahrensfragen wollen Richter und Ulrich sich dem demokratischen Wettstreit um die besten Wege aus der globalen Klima- und Ökologiekrise entziehen. Stattdessen schwebt ihnen eine Expertokratie vor, die den Unvernünften, ja Uneinsichtigen den Weg vorgibt. Schlimmer wiegt der verächtliche Blick auf die Menschen („Sofa-Ruhe und privilegierte Sorglosigkeit“) Wie geschichts- und schichtsvergessen kann man auf die Entbehrungen wie auch Leistungen ganzer Generationen, zumal unterprivilegierter Gesellschaftsteile, blicken? Stringent werden in einem solchen Weltbild sämtliche anderen globalen Akteure – Russland, China, Saudi-Arabien – zu reinen Echokammern westlichen Handelns, mithin jeder Selbstverantwortlichkeit enthoben. Die Autoren haben recht: Demokratie ist die Lösung. Aber es wird nur gelingen, wenn man sie schützt und erhält, nicht, indem man sie einschränkt oder abschafft, wie es schon so viele wollen.
Daniel Bielenstein

Wichtige Notwendigkeiten werden benannt und der Mangel an Einsicht beklagt. Der Ruf nach einer Revolution wird selbige wohl kaum fördern. Im Gegenteil. Die Revolutionäre ermächtigen sich der Zwangsvollstreckung und bedienen damit ihr Gefühl, selbst wirksam zu sein. Sich der Gewalt zu bemächtigen ist der emotional einfachste Weg, einer schier unerträglichen Ohnmacht zu entfliehen – bis die nächsten Revolutionäre alles wieder auf den Kopf stellen. Um Einsicht und (Handlungs-)Macht zu verbinden, braucht es ein Verstehen, welches „unter die Haut geht“. Ein Wissen, das nicht nur „beweisbar“ ist, sondern überzeugt. Mir scheint, daran mangelt es. Verstehen wir gut genug, wie die Naturgesetze wirken, worauf die Stabilität lebendiger Organismen beruht, das Meisterwerk der Evolution? Steuern, Lenken, Beherrschen sind immer noch die Leitideen menschlichen Handelns. Doch (selbst- und fremd-)Beherrschung haben keine Bedeutung in der evolutionären Geschichte. Selbstsorganisation ist das Prinzip, welches die dynamische Stabilität komplexer Strukturen hervorbringt. Darauf beruht auch unsere Lebendigkeit. Nach Herrschaft zu gieren, in welcher Funktion und über welche Legitimation auch immer, schafft keine Einsicht, sondern nur andere Herrschaftsverhältnisse, und nährt genau jene düsteren Verlockungen der Feinde offener und freiheitlicher Gesellschaften. Wenn überhaupt, brauchen wir eine Revolution weg vom Wunderglauben hin zur Einsicht, dass wir die Welt nicht bewohnen können, wenn wir Komplexität und Lebendigkeit falsch verstehen. Dann nämlich würde so ein Satz wie „Demokratie ist schon die Lieferung, sagt die Demokratie“ so richtig unter die Haut gehen.
Jürgen Pilz

Vielen Dank für Ihren großartigen Beitrag zur Demokratiedebatte. Ich bin sehr beeindruckt von Ihrer klugen, zutreffenden Analyse der Entwicklung unserer Gesellschaft und hoffe sehr, dass Artikel und Buch breite Aufmerksamkeit finden und angemessenes Handeln anstoßen.
Bärbel Kappe

Hedwig Richter und Bernd Ulrich halten dem Globalen Westen den Spiegel vor: «Siebzig Jahre lang war es für die Privilegierten in den westlichen Demokratien möglich, alle wesentlichen Kosten und Kollateralschäden der eigenen Lebensweise abzuschieben in die Zukunft, die Meere, die Böden, die Atmosphäre und den Globalen Süden.» Diese Interpretation unserer Situation ist nicht ganz falsch. Mal abgesehen davon, dass sich auch die Privilegierten im Globalen Süden nicht viel anders verhalten haben. Zudem auch die Nicht-Privilegierten in den westlichen Demographien haben oft ein Auto oder nutzen zumindest den öffentlichen Verkehr und vieles andere was ebenfalls Kollateralschäden bewirkt. Doch schlimmer ist, dass diese Interpretation keinen Ausweg zeigt, da sie nicht den Kern der Sache trifft. Einen Ausweg aus dem Schlamassel gäbe es selbst dann nicht, wenn wir im Globalen Westen in uns gingen und alles täten, um uns zu bessern. Notwendig ist zunächst eine Interpretation, die den Kern trifft und daher einen Ausweg weist: Unser Schlamassel ist Folge des exponentiellen Wachstums von Kopfzahl und Konsum: Seit 1900 hat sich die Zahl der Menschen verfünffacht und die Wirtschaftsleistung pro Kopf versiebenfacht. Beide Steigerungen sind weltweit unterschiedlich verteilt, haben aber eine ähnliche Auswirkung. Wäre die Weltbevölkerung seit 1950 gewachsen wie die Bevölkerung Afrikas, gäb’s heute 16 Milliarden Menschen. Hingegen bei einem Wachstum wie in Europa gäb’s heute nur 3,7 Milliarden Menschen. In Europa schrumpfen Geburtenraten und Co2 Ausstoß, währen in Afrika das exponentielle Wachstum der Kopfzahl anhält. Als dortige Lösung fürs Senken der Geburtenraten wird Wirtschaftswachstum empfohlen, was aber wohl eher auf einem Irrtum beruht. Die tiefen Geburtenraten im Globalen Westen beruhen nicht auf Wohlstand, sondern auf verschiedene Arten von Zwang. Und die hohen Geburtenraten im Globalen Süden beruhen nicht so sehr auf Armut, sondern auf das Fehlen von Zwang.
Das wird beispielsweise ersichtlich durch einen Vergleich zwischen den demographischen Entwicklungen in Italien und im Gazastreifen. Das nur als Beispiel. Es gibt viele Möglichkeiten, ähnliche Vergleiche zu machen. Der Gazastreifen hat eine Geburtenrate von 3.5 und hat 2 Millionen Einwohner. Beim Fortsetzen der Entwicklung hätte der Gazastreifen nach einer, zwei, drei bzw. vier Generationen Einwohnerzahlen von 3.5, 6.1, 10.7 bzw. 18.8 Millionen. Italien hat 59 Millionen Einwohner und eine Geburtenrate von 1.25. Das ergäbe bei Fortsetzung der Entwicklung nach einer, zwei, drei bzw. vier Generationen Einwohnerzahlen von 36.9, 23.0, 14.4 bzw. 9.0. Also gäb’s in Italien (als Beispiel für ein Land des globalen Westens) dann nur noch halb so viele Einwohner wie im Gazastreifen. Das Beispiel illustriert Komponenten einer möglichen Lösungs-Kombination: Reduktion von Konsum UND Geburtenrate. Für Italien gilt: Viele junge Leute bleiben bei den Eltern wohnen, weil sie sich keine eigene Bleibe leisten können, geschweige eine geeignete Familienwohnung. Migration verschärft die Situation und trägt aber gleichzeitig dazu bei, den nötigen Druck auf zu hohe Geburtenraten in den Herkunftsländern zu senken. Was unsere Schuld betrifft, so ist der Co2 Ausstoß im Globalen Süden aus einem einfachen Grund tief: Dort fehlen die wirtschaftlichen Grundlagen. Der Ausstoß der dortigen Eliten ist allerdings ähnlich hoch oder höher, beruht aber oft nicht auf eigener Wirtschaftsleistung sondern auf Korruption.
Wie gesagt, das Problem ist das bisherige ungleich verteilte exponentielle Wachstum von Kopfzahl und Konsum. Nach bisheriger Lesart ist der Konsum die einzige Hauptursache mit dem Effekt, dass das exponentielle Wachstum der Kopfzahl nicht nur nicht negativ, sondern sogar positiv gewertet wird. Denn mit hohem Bevölkerungs-Wachstum im Süden steigt die Armut und damit sinkt der Öko-Fußabdruck pro Kopf und wächst die angebliche Hauptschuld des Westens. Die Autoren des Artikels haben Recht, wenn sie auf die Schuldfrage eingehen. Doch dabei muss auf die tiefere Ursache eingegangen werden, das exponentielle Wachstum von Kopfzahl und Konsum. Vergleiche dazu das Buch „Die Technik reicht nicht“, BoD 2016.
Gernot Gwehenberger

Dass (reale) Demokratie eine weitaus größere Herausforderung sein kann als bis dahin angenommen, ist mir während der Corona-Pandemie sehr bewusst geworden. Es hat sich in der Tat gezeigt, dass Revolution und Demokratie nicht nur im Werden die zwei Seiten derselben Medaille sind, sondern ebenso im Sein und Bewahren. Dieser „etwas andere“ Blick auf die jeweilige Kehrseite unseres gesellschaftspolitischen Lebens, den Hedwig Richter und Bernd Ulrich auch anhand ihrer subkutanen Veranschaulichung vorgenommen haben, ist deshalb überaus lehrreich. Hiernach lässt sich freilich eines wiederholt konstatieren: Ohne Wahrheit und Aufklärung, ergo ohne die Wahrnehmung von Mündigkeit, kann eine zweckmäßige Demokratie weder errungen, noch erhalten oder transformiert werden.
Matthias Bartsch

Ein Teil der Revolution bei Ihnen könnte sein, Texte zu verfassen, die nicht nur zeigen, wie klug der Autor ist, sondern auch dem Leser Spaß machen und zum besseren Verständnis eines Sachverhalts beitragen. Ich freue mich auf Ihre nächsten Arbeitsproben.
Arnold Messer

Zur Rettung der Demokratie wird die Parole ausgegeben: Folge den Eliten und der Wissenschaft; beschränke dich selbst und verzichte auf direkte Mitbestimmung; lass die Regierenden dir endlich die notwendigen Zumutungen auferlegen; lass die Repräsentanten dir das vernünftige Handeln aufzwingen; dann wird die Volksherrschaft in neuem Glanz erstrahlen – in der „dritten Kampfphase“ der Demokratie. Gruselig.
Ralf-Stefan Gärtner

Ja, es gibt einige Probleme im demokratischen Apparat, aber die Revolution wird leider ausfallen.  Der Volkssouverän hat sich entschlossen ein Heer von Politologen ins Amt zu Wählen deren Kompetenz bei Bindung von Interessengruppen und Führen von Wahlkampf bei minimierter Angriffsfläche endet. Die Fähigkeit ein Land durch Sachkompetenz und wohlstandsfördernde praktische Entscheidungen zu führen ist nicht gefragt. Es bleiben ein wenig Ideologie und im wesentlichen ein Brot und Spiele Modell. Wir befinden uns folglich in einer dekadenten Phase.  Dekadente Gesellschaften verlieren an Bedeutung und verschwinden. Der Verlauf dieses Modells ist vom römischen Reich, den spanischen Conquistatores, dem britischen Empire und vielen anderen Imperien bekannt. Heute wird der Niedergang wahrscheinlich schneller gehen als früher, aber der Prozess besteht.  Bitte stören sie diese überaus angenehme dekadente Phase nicht mit lärmenden Revolutionen, sondern lassen Sie uns den Niedergang genießen.  Da sind dann auch Artensterben, Klimakrise, und das lästige quäken der Moralapostel doch nicht so bedeutsam, oder?
Michael Horbaschk

Der Artikel von Lukas Hermsmeier in derselben Zeitausgabe, „Steven Donzigers verzweifelter Kampf gg. Chevron…“ ist Beleg für die Erkenntnis, dass das Kapital bzw. die Großkonzerne über Recht und Gesetz stehend die wahren Herrscher in unseren Demokratien sind.
H. Giller

Statt zur Revolution und zur Rückkehr zu vermeintlich ewiggültigen Prinzipien der unbefleckten Demokratie aufzurufen, sollte man sich in der heutigen Zeit – wollte man wirklich etwas zur Lösung dringender Probleme beitragen – eher damit beschäftigen, warum einige dieser Prinzipien ganz offensichtlich nicht mehr funktionieren, weder im liberalen Westen noch, oder schon gar nicht, im ‚Rest‘ der Welt, und warum die Menschen weltweit den Heilsbotschaften westlich-liberaler Demokratien und ihrer Intellektuellen nicht mehr folgen mögen. Mir hängen – man verzeihe mir die Formulierung – derartige Erlösungsprogramme, präsentiert unter den uns tagtäglich anschreienden Buchtiteln à la „Der Welt geht es schlecht – und was wir deshalb jetzt tun müssen“ langsam zum Hals heraus. Für mich ist die für mein eigenes Leben verwertbare Botschaft des Beitrages gleich Null. Gott sei Dank ging mir zum Trost dann auf Seite 47 tatsächlich die Sonne auf.
Matthias Wagner


Leserbriefe zu „Daheimchen“ von Jana Hensel

Ton und Menschenbild sind anmaßend und das Gesellschaftsbild antiliberal.  Und „Daheimchen“ ist ein Milchmädchen. Es ist sinnlos Berufstätigkeit gegen Kind und Familie auszuspielen. Mehr Berufstätigkeit von Eltern geht in den Aufbau und die Bezahlung von professionellen Betreuungsstrukturen.  Und ob es im demographischen Wandel überhaupt noch Personal dafür gibt, ist sehr fraglich. Und wer sind Sie, Frau Jana Hensel, dass Sie über das Leben von Menschen aus volkswirtschaftlicher Sicht abstrahieren? Wie ein General, der den Einsatz seiner Truppen mit Zinnfiguren darstellt. Krieg und Sozialismus haben Frauen in die Berufstätigkeit befördert. Das Ehegattensplitting in diese Reihe zu stellen, um auch zukünftig Wohlstand und Gerechtigkeit zu befördern, überzeugt mich davon, dass die Freiheit in diesem Land auch ohne AfD  einer ungewissen Zukunft entgegen geht. Und glauben Sie nicht, ich hätte etwas gegen Frauen oder ihre Berufstätigkeit. Ich bin alt und klug genug, um zu wissen, dass Männer genau so wenig taugen, wie Frauen!
Fred Klemm

Frauen und Mütter, die heimliche Arbeitskraftreserve? Glaubt wohl der Kolumnist.  Er ist der penetranten Lebenslüge von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufgesessen. Da mag die Kitabetreuung noch so ausgefeilt sein, zwei Fulltimejobs sind mit einem geordnetem Familiendasein illusorisch zumindest dann, wenn nicht nur ein Kind, sondern wie in meinem Fall drei zu versorgen sind. Die Fixierung auf den Arbeitsmarkt übersieht zudem die Demographieproblematik. Was wäre gewonnen mit einer höheren Frauenerwerbstätigkeit, wenn darunter der Nachwuchs verkümmert? Dieses Szenario ist nicht abwegig und wäre das Menetekel einer umso rascheren Alterung der Gesellschaft, die die Renten endgültig unbezahlbar macht. Und die Defizite auf dem Arbeitsmarkt wären allenfalls aufgeschoben. Wie gesagt… die ewige Lebenslüge.
Christoph Schönberger

Man traut seinen Augen kaum: An der lahmenden Konjunktur in Deutschland sind also die Frauen schuld! Nicht etwa die männlichen Manager z.B. der Autoindustrie, die seit Jahren darauf setzen, fette Gewinne mit dicken Autos zu machen, und es dabei versäumt haben, die deutsche Autoindustrie zukunftsfähig zu machen. Auch nicht die überwiegend männlichen Politiker, die dafür sorgen, dass der Strom in Deutschland zu teuer ist, weil sie die Regel nicht aufheben, dass der am billigsten produzierte Strom (aus den Erneuerbaren) zum gleichen Preis verkauft werden muss, wie der am teuersten produzierte Strom (aus den Fossilen). Selbstverständlich auch nicht diejenigen, die dafür verantwortlich sind, dass in Deutschland unattraktive Löhne gezahlt werden, insbesondere in den sozialen Berufen, die vor allem von Frauen ausgeübt werden. Die von Ihnen herbeigewünschten (schlecht bezahlten) Stellen in der Kinderbetreuung sollen natürlich auch die Frauen übernehmen, stimmt’s? Ein solch einseitige Analyse auf der Seite 1 – schämen Sie sich!
Beatrix Dürrschmidt

wie würden Sie denn eine Abschaffung des Ehegattensplittings umsetzen wollen? Meistens ist es ja so, dass sie mit Steuererhöhungen, die nicht pauschal für alle oder alles gelten, Lenkungseffekte herbeiführen wollen. Z.B bei einer Steuer auf Fleisch könnte man erreichen, dass mehr nicht-fleischliche Lebensmittel nachgefragt würden. Die Bürger hätten die Chance nahezu kostenneutral weiterzuleben. Wenn Sie aber das Ehegattensplitting abschaffen bedeutet das für Millionen von Menschen eine signifikante Steuererhöhung, aus der sie sich kaum befreien können. Sie können nach vielen Berufs- und Ehejahren nicht mehr so einfach Änderungen herbeiführen, die das Ehegattensplitting ausgleichen würden. Durch Verbesserung der Kinderbetreuung und Motivation von Mädchen mehr gut bezahlte Jobs anzustreben, könnte sich der Effekt des Ehegattensplittings von allein verringern. Das sind aus meiner Sicht die Hebel, wo man ansetzen muss, wenn Sie keinen Aufstand riskieren wollen.
Christian Voss

Das Problem ist nicht (nur) das Ehegattensplitting oder fehlende Kinderbetreuung. Vielmehr entscheiden sich Mütter – wenn sie es denn irgendwie darstellen können – für die eigene Erziehung ihres Nachwuchses, weil diese nur dadurch wirklich gewährleistet wird. Es macht nämlich keinen Sinn zu arbeiten und die Erziehung „Fachgruppen“ (wie Kitas, Lehrern, Sozialarbeitern, Psychologen…, wenn anwesend, alle überlastet!) zu übertragen. Die beste Erziehung findet in der Familie statt. Und ganz klar ist: nicht einseitig durch Mütter, sondern in gleichem Umfang auch durch Väter. Muss man(n) halt umdenken. Und das Problem mit der Rente gleich mit-regeln. Es geht z.B. nicht an, dass Mütter auch die Last Altersarmut einseitig tragen. Geht alles nicht? Bitte keine Denkfaulheit!
Michael Borris

Die Ehe als vermeintlich verstaubtes Konstrukt muss in Gänze betrachtet werden. Ein Paar übernimmt für sich (und für den gemeinsamen Nachwuchs) Verantwortung und entlastet den Staat. In Zeiten wachsender Ausgaben für Rüstung und Selbsterhalt incl. Energiewende kann der Staat eine Entlastung gut gebrauchen. Die Ehe zu fördern und zu schützen ist zudem Auftrag des Grundgesetzes. Und was genau daran verwerflich ist, wenn sich ein Elternteil nachmittags um den eigenen Nachwuchs kümmert, ist auch angesichts der drastisch zunehmenden psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen nicht wirklich verständlich. Ob das „Daheimchen“ – nebenbei gesagt eine pauschalierend abwertende, verunglimpfende Schlagzeile auf der Titelseite eines Leitmediums – ein Männchen oder ein Weibchen ist, möge der Staat getrost den Paaren selbst überlassen. Ein mündiger Bürger sollte auch Teil eines mündigen Paares sein dürfen.
Christian Voll

Viele Frauen antworten auf die Frage, wie sie sich ihre Zukunft mit einem oder mehreren Kindern vorstellen, mit dem Wunsch erst einmal zu Hause zu bleiben und dann halbtags zu arbeiten. Sie setzen doch nicht ein Kind in die Welt, um es dann fremdbetreuen zu lassen. Sie wollen dann auch etwas vom Kind haben und ihm beim Aufwachsen zuschauen, Einfluss nehmen. Um das komfortabel zu realisieren, braucht es einen Partner, der möglichst viel Geld verdient. So zementieren viele Frauen überalterte Rollenbilder. Diese Frauen wissen auch, dass die eigene Betreuung dann sinnvoller für das Kind ist, wenn der eigene Bildungsstand höher ist als in der Fremdbetreuung, was bei Akademikerin in der Regel der Fall ist.
Susanne Bern

Zwei Artikel die für entgegengesetzte Positionen stehen. Das ist durchaus etwas, was ich an der ZEIT liebe. Ein Artikel ruft Frauen dazu auf, mehr zu arbeiten, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Der andere Artikel ruft zur demokratischen Revolution auf, um die Folgen des Wirtschaftswachstums entschlossen zu begrenzen. Mir scheint dringlich zu sein, endlich zu verstehen, dass Demokratie, freiheitliche Grundrechte und endloses Wirtschaftswachstum unvereinbare Gegensätze repräsentieren. Wenn wir die Folgen unserer Lebensweise ernsthaft begrenzen, und weiter in der Freiheit einer Demokratie leben wollen, müssen wir dem bisher ungebremsten Wirtschaftswachstum ein Ende setzen. Mein Blick kommt aufgrund meines Berufs primär aus der gesundheitlichen Perspektive. Ich beobachte seit Jahrzehnten sowohl in meiner Praxis als auch in Statistiken eine stetige Zunahme von Ängsten, Depressionen, Erschöpfungssyndromen, Autoimmunerkrankungen (z.B. juveniler Diabetes bei immer jüngeren Kindern), Adipositas, AD(H)S, Autismusspektrumstörungen etc. Als Ursachen dafür steht der so genannte Stress im Fokus. Folge unserer Lebensweise, die – wie man in dem Artikel von Frau Hensel schön erkennen kann – dem Wirtschaftswachstum dient. Daher kann ich allen Frauen, Männern und Kindern in Ost und West nur raten, sehr genau auf die körperlichen Signale zu achten, die uns die individuellen Grenzen unserer Belastbarkeit anzeigen. Wir sollten unsere Lebensweise danach richten, anstatt uns dem Diktat des Wirtschaftswachstums weiter zu unterwerfen. Unsere Art des Wirtschaftens diktiert uns unsere Lebensweise ungerührt von den Folgen für die Erde mit allem, was zu ihr gehört, inklusive des Menschen; unsere demokratische Politik hat dagegen nichts auszurichten. Hier braucht es wirklich eine Revolution
Sibylle Riffel

Ich gehe davon aus, dass Sie keine Kinder haben und wenn ja Sie in keinster Weise Erziehungsarbeit von Frauen wertschätzen, die daheim bleiben möchten und Ihre Kinder der Wirtschaft vorziehen. Sie nennen Sie ja auch, offen ablehnend, Daheimchen. Frauen, die ihre Kinder daheim betreuen, um sie aufwachsen zu sehen haben meinen größten Respekt, weil sie Kinder in die Welt setzten und Ihnen Ihre Werte und Normen weitergeben und es nicht Erzieherinnen überlassen, von denen sie meistens nur den Namen kennen. Abgesehen davon braucht ein Kind die mütterliche Liebe die ihm eine Erzieherin in dem Maße wie die eigene Mutter nicht geben kann. Es gibt noch mehr im Leben als Wirtschaftswachstum, eben Menschen, die ihre Kinder aufwachsen sehen wollen und sie zu sozialen, verantwortungsvollen und empathischen Menschen heranziehen. Denn es gehört schon was dazu Kinder lebenstüchtig und lebensfähig zu machen, auch wenn Sie sie nur als „Daheimchen“ bezeichnen und ihren Wert ganz offensichtlich abwerten. Ich jedenfalls bin ganz froh, dass ich nur ein „Daheimchen“ mit Teilzeitstelle war und viel Zeit mit meinen Kindern verbringen konnte, denn diese Zeit kommt nie mehr wieder und sie können sie auch nicht mehr wiederholen.
Angelika Fischer

Ohne Zweifel sind mangelnde Kinderbetreuung und Ehegattensplitting die Hauptgründe, dass besonders im Westen so wenige Frauen berufstätig sind. Andere Gründe sind jedoch auch die Minijobs, gerade wieder von der Politik aufgestockt, die Frauen dann dazu animieren etwas „dazu zuverdienen“.  Man sollte sie abschaffen außer für Studenten und Rentnern. Es gibt aber auch wunderliche Regelungen.  Ich kenne den Fall einer Erzieherin, die eine 3/4 Stelle in einer Kita hat und dort gern arbeitet.  Sie wurde früh Witwe und hatte Lust wieder ganztags zu arbeiten, die Kita freute sich schon.  Dann stellte sie fest, dass sie mit einer Ganztagsstelle weniger Einkommen hätte, als mit der ¾-Stelle, weil ihr dann mehr von ihrer Witwenrente abgezogen worden wäre! Verständlich, dass sie dann bei ihrer ¾-Stelle blieb.
Dorothea Fehsenfeld

Das Grundgesetz stellt die Familie unter besonderen Schutz; das Ehegattensplitting hat hier seine Wurzeln. Letztlich sollte jede Familie selbst entscheiden, wie sie ihr Arbeitsleben organisiert. Der Staat hat sich da nicht einzumischen, er sollte nur faire Bedingungen schaffen. Dazu ist das Ehegatten- oder besser noch, das Familiensplitting eine wichtige Komponente. Die Wirtschaft braucht ausreichend Fachkräfte, die fehlen, weil es zu wenig Nachwuchs gibt. Darunter leiden auch unsere Sozialsysteme und sind langfristig nicht zu halten. Während die „Daheimchen“ sich der Kinder annehmen und für spätere Rentenzahler sorgen, können Kinderlose sich hohe Rentenansprüche erarbeiten, die jene Kinder dann zahlen. Gerechtigkeit sieht anders aus!
Ernst Lothar Helwig

Influencer, Fitfluencer, Finfluencer, Youtuber, Instagramer und was sonst noch so youtoubt und rumfluenct! Wie wäre es, mal zu arbeiten anstatt daheim vor dem Smartphone herumzuhampeln?
Ulrich Niepenberg

Schon allein diese Überschrift ist eine Frechheit. – Es geht im Leben nicht nur um Wirtschaft und Konjunktur, sondern auch um die Betreuung von kleinen Kindern bis zu drei Jahren im Hause durch die Mutter oder den Vater, bzw. durch eine feste Bezugsperson. Die ersten Jahre im Leben des Menschen sind die wichtigsten für sein ganzes Leben. Es ist erwiesen, dass Kinder unter drei Jahren keine sozialen Kontakte brauchen. Im Übrigen bleiben die Mütter (meistens sind sie es) nicht im Hause, weil „sie solch ein Leben bequem finden mögen“ (Zitat), sondern weil sie ihren Kindern den besten Start ins Leben geben wollen, indem sie ihnen Zuwendung und Zeit widmen – deshalb brauchen sie auch keine „Quality Time“ am Abend. Aber heutzutage wollen viele auf nichts verzichten; sicher gibt es Paare, bei denen ein zweites Gehalt nötig ist, da müssen beide arbeiten – und ist die Betreuung von Kindern keine „Arbeit“? Wie wäre es, wenn man von z. Zt. nicht berufstätig sprechen würde?
Wiebke Robl

Wenn sich ein Paar entscheidet, auf Einkommen zu verzichten, damit eine/r die nötige Zeit für Familienarbeit und Kinder hat, dann hat dies nichts damit zu tun, dass es Frauen gibt, „die dies ganz bequem finden mögen“. Diese Unterstellung ist empörend. Ob Erwerbsarbeit unter Inkaufnahme von Fremdbetreuung der Kinder oder Familienarbeit unter Inkaufnahme geringeren Einkommens bequemer ist, mag jede/r für sich entscheiden. Das Ehegattensplitting ist die steuerliche Konsequenz eines bewährten Ehe- und Familienbildes: Ein Ehepaar bzw. eine Familie bildet ein System mit einem Gesamteinkommen, bei dem es steuerlich gleichgültig ist, wer wie viel dazu beiträgt. Dies entscheidet das Paar in aller Freiheit. Steuerlich ist lediglich von Bedeutung, dass von diesem Einkommen zwei Personen leben und es darum steuerlich auf zwei Personen aufgeteilt wird, bzw. auch Kinder davon leben, die dann durch den entsprechenden Steuerfreibetrag berücksichtigt werden. Das Ehegattensplitting benachteiligt niemanden, auch nicht die Paare, die sich entscheiden, dass beide voll erwerbstätig sind. Sie würden bei Abschaffung des Splittings nicht besser dastehen. Steckt hinter der Forderung der Abschaffung neben dem Druck, mehr Frauen in die Erwerbsarbeit drängen zu wollen, auch Neid den Paaren gegenüber, die sich entscheiden, dass eine/r nicht voll erwerbstätig ist, um mehr Zeit für die Familie zu haben?
Dorothea und Alexander Bothe

Ich finde es bedauerlich, dass dieses komplexe Thema so oft auf wirtschaftliche Bedürfnisse und mangelnde Kinderbetreuung reduziert wird. In unserer Gesellschaft geht es zu selten darum, was wir als Menschen brauchen. Vielleicht sollten wir uns anders aufstellen und den Konsum nicht in den Vordergrund stellen. Solange der Wunsch des Staates an mich als Frau lautet, ich soll früh einen hohen Abschluss erreichen, jung mehrere Kinder bekommen, in Vollzeit arbeiten, dabei beruflich flexibel sein und rechtzeitig zur Pflegebedürftigkeit der eigenen Eltern wieder am Heimatort wohnen, muss ich an irgendeiner Stelle ausscheren, um meine Gesundheit zu schützen. In meiner unterhälftigen Teilzeit fühle ich mich dennoch nicht wie ein Daheimchen. Eher wie ein Hetzrümchen.
Nina Felber

Wir möchten auf den Artikel „Daheimchen“ von Jana Hensel in der Zeit- Ausgabe 16 eingehen. Die Autorin stellt u.E. zurecht das Ehegattensplitting und die damit verbundenen Fehlanreize infrage (ungünstige Besteuerung von Arbeit beider Elternteile). Wir meinen auch, dass es nicht zumeist die Mütter sein sollten, die in Teilzeit gehen, während die Väter 100% zur Arbeit gehen. Die Forderung, dass nun beide Eltern in Vollzeit gehen sollten, zeigt unseres Erachtens auf einen großen blinden Fleck in der Debatte: Die Grundbedürfnisse der Kinder bzw. die Erfordernisse der Familienorganisation durch Carearbeit. Diese erfährt in diesem Artikel „Daheimchen“ eine ungerechte Geringschätzung. Es scheint, als könne man Kinder wie eine Ware behandeln, die man in die Betreuung abstellt, wo sie den ganzen Tag mit über 20 Gleichaltrigen auf engem Raum verbringen – ohne ausreichende Ruhe, individuelle Ansprache oder emphatische Anleitung. Man müsste, um Grundbedürfnisse der Kinder nach Bindung und Selbstwirksamkeit zu erfüllen, ganz andere Betreuungsschlüssel finanzieren- mit (kaum vorhandenen) hoch qualifizierten(!) gut bezahlten Arbeitskräften, die anderswo wieder für die Produktivität fehlen dürften. Ob sich das volkswirtschaftlich rechnet und realisierbar ist? Wir finden es ungerecht, wenn der Artikel den in Teilzeit arbeitenden Frauen „Bequemlichkeit“ unterstellt, wenn sie „nur“ in Teilzeit arbeiten. Diese Menschen (Frauen oder Männer) tun viel für die Gesellschaft! Beide Elternteile sollten sich möglichst gleichrangig beruflich engagieren und entsprechende Rentenansprüche erwerben können. Dies geht unseres Erachtens aber nur in Vollzeit, wenn Großeltern (oder andere enge Bezugspersonen) mit viel Zeit zur Seite stehen. Oder meint die Autorin, die Eltern sollten das Einkaufen, Kochen, Wäschewachen und Saubermachen nachts erledigen? Wer soll sich denn zuhause um ein krankes Kind kümmern, mit ihm zum Arzt gehen. Von der Pflege älterer Menschen ganz zu schweigen! Diese ganze Cararbeit schafft Rückhalt für die „produktiv“ erwerbstätigen Menschen und die Basis für eine psychisch gesunde Kindesentwicklung (die nicht im Hort allein abgedeckt werden kann).
Peter und Bärbel Graaf

Eine höhere Beschäftigungsquote der Frauen würden auch das Schulproblem ein wenig entspannen: Die meisten Lehrenden in den Grundschulen sind Frauen und die meisten Lehrerinnen arbeiten nur Teilzeit.
Peter Pielmeier

Ich weiß nicht, ob jemand den o.g. Artikel von Hensel vor Drucklegung zumindest angelesen hat. Ihr Ausführungen sind jedenfalls längst überholt, falsch und neben der Sache liegend. Es sieht so aus, als hätte ein im Steuerrecht völlig unbewanderter Laie den Artikel geschrieben.  Im Einzelnen:  1. Die Individualbesteuerung gab es immer und gibt es immer noch. Man kann sie wählen, wenn man will, muss es aber nicht, § 26 Absatz 1 Satz 1 EStG. Eine zweite Einführung wäre unnütz und verwirrend 2. Der Streit um das Splitting ging in Wahrheit immer nur um folgendes Problem: Allen Eheleuten, die das Splitting wählen, legt das Finanzamt bei der Veranlagung am Ende des Kalenderjahres die gleiche Steuer auf, egal, ob sie Steuerklasse III, IV oder V hatten.  Sie können allerdings während des Kalenderjahres jederzeit entweder beide die Steuerklasse IV wählen oder die Steuerklassen III und V. Die Wahl der Steuerklassen III und V führt dazu, dass bei Steuerklasse III „prozentual“ erheblich weniger Steuern abgezogen werden als bei Steuerklasse V; deshalb entscheiden sich solche Paare sich meist dafür, dem weniger Verdienenden die Steuerklasse V zuzuschreiben. Bei Steuerklasse IV entspricht der Abzug ungefähr der sich aufgrund des Splittingverfahrens am Jahresende ergebenden Steuerlast. Am Ende des Kalenderjahres wird aber für beide Ehepaare die gleiche Steuer festgesetzt und ausgeglichen. Es handelt sich also maximal nur um einen Zinsvorteil. Dagegen wandten sich die Gegner des Splittings, hier insbesondere die Grünen, weil sie u.a. die Splitting-Veranlagung mit dem Lohnsteuerabzugsverfahren verwechselten. Die jetzige Regierung plant aber die Abschaffung der Steuerklasse III und V. In Zukunft soll nur noch die Steuerklasse IV maßgebend sein mit diversen Faktoren, um zu erreichen, dass der Abzug der Steuern ungefähr dem entspricht, was bei der Veranlagung am Jahresende herauskommt.  Aus genau diesem Grund, nämlich der Änderung der Lohnsteuerklassen, verfolgen die Grünen die Abschaffung des Splittingverfahrens nicht mehr, weil nun schon im Lohnsteuerabzugsverfahren das Splitting annähernd durchgeführt wird.  3. Das Essener Leibniz Institut hat nicht nachgewiesen, dass mit einer Individualbesteuerung eine halbe Million Arbeitskräfte entstehen. Womit sollte das nachgewiesen worden sein, wenn es die Individualbesteuerung angeblich noch gar nicht gibt? (Es gibt sie, wie gesagt).  Es wäre schon schön, wenn zumindest die Leitartikel oder die auf der ersten Seite erscheinenden ein bisschen kontrolliert würden.
Reiner Bühling

Obwohl mich die Überschrift des Artikels schon Schlimmes befürchten ließ, hat mich der Inhalt dann doch wütend gemacht. Mein Mann und ich (beide Jahrgang 1959) haben uns bewusst dafür entschieden, dass ich nach der Geburt unserer Töchter in Teilzeit arbeite. Dabei war sicher nicht das Ehegattensplitting der ausschlaggebende Punkt (der Unterschied zwischen dem Gehalt eines Polizeibeamten und einer Industriekauffrau war nicht so groß), sondern der Wunsch, möglichst viel Zeit mit unseren Kindern zu verbringen, sie aufwachsen zu sehen und begleiten zu können. Diese Aufgabe war sehr erfüllend und sicher nicht immer „ganz bequem“. Selbst das Risiko der Altersarmut – falls die Ehe irgendwann scheitern sollte – habe ich dafür auf mich genommen. Vielleicht würde eine stärkere Berücksichtigung der Erziehungszeiten bei der Rente jungen Familien die Entscheidung für (mehr) Kinder erleichtern und so (jedenfalls langfristig) dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Diana Schuster

Unter der diskriminierenden Überschrift „Daheimchen“ kritisieren Sie die nicht auf dem Arbeitsmarkt tätigen Frauen und fordern u.a. die Abschaffung des Ehegattensplittings. Es trifft sich gut, dass am Tag nach dem Erscheinen der Zeit, n.tv im Internet ein Rechenbeispiel gebracht hat, das ich hier gern zitiere: „Steuervorteil kann enorm sein. Ein Rechenbeispiel schafft Klarheit: Die Ehefrau arbeitet in Vollzeit und verdient pro Jahr 60. 000 Euro. Der Mann arbeitet in Teilzeit und verdient 15.000 Euro. Lässt sich das Paar einzeln veranlagen, müsste sie für das Jahr 2024 14.680 Euro Steuern bezahlen, er 581 Euro. Die Gesamtbelastung läge also bei 15.261 Euro. Lassen sich die Eheleute zusammen veranlagen, liegt die steuerliche Bemessungsgrundlage bei 37.500 Euro (75.000 Euro geteilt durch zwei). Hierfür beträgt die Steuerlast 6699 Euro. Mit zwei multipliziert ergibt sich für das Paar eine Gesamtbelastung von 13.398 Euro, also 1863 Euro weniger – pro Jahr.“ Sind Sie wirklich der Überzeugung, dass es angemessen ist, bei gleichen gemeinsamen Einkünften Ehepaare unterschiedlich zu besteuern?
Manfred Wiech

Immer wieder wird in den Aufrufen an die Frauen, endlich in allen Phasen ihres Lebens Vollzeit zu arbeiten, vergessen, dass sie es schon längst tun – wenn auch nicht immer bezahlt. Auch Jana Hensel geht in ihrem Artikel davon aus, dass es sich hier ein paar Frauen einfach bequem machen zu Hause, und unterstellt damit, dass Care-Arbeit auch einfach nicht getan werden könnte (Daheimchen?!). Ja, es braucht gerade im Westen und in den CDU regierten Bundesländern Ganztagsplätze in der Kita, es braucht Ganztagsschulen; aber auch diese Entwicklungen werden Männer und Frauen nicht davon entbinden, Essen zu kochen, Kranke zu versorgen, wach und aufmerksam ihre Kinder beim Aufwachsen zu begleiten, die Alten zu versorgen, sich um Freunde zu kümmern, Verantwortung in der Nachbarschaft zu übernehmen, sich in Kita uns Schule zu engagieren, profanerweise aufzuräumen und zu putzen. 2x Vollzeit bedeutet hier vor allem eine strukturelle Überlastung von Frauen, das gilt umso bei bei Vollzeit für Alleinerziehende. Die Interessen der Wirtschaft sind schlicht nicht die einzigen Interessen, die in dieser Debatte berücksichtigt werden müssen. Mein Vorschlag: Schaut darauf wieviel Erwerbsarbeit Familien in ihren unterschiedlichen Phasen leisten können und teilt die Teilzeit-Erwerbstätigkeit und die Carearbeit gerecht auf. Es sind übrigens oft queere Eltern, die vormachen, dass das geht. Wenn dann auch noch Kinder und nicht Ehegatten im Fokus der steuerlichen Entlastung stünden, wäre viel gewonnen. Die Wirtschaft könnte mit dem Schließen des Genderpaygaps ein Weiteres tun. Und schwupps haben wir sie am Start, die ausgeruhten Frauen mit höherer Erwerbsbeteiligung.
Heike Schmidt

In Unkenntnis der grundrechtlichen Anforderungen der deutschen Verfassung an die Besteuerung halten Sie das Ehegattensplitting für eine Manifestation der Ungleichheit. In Wirklichkeit ist das Gegenteil richtig. Das Ehegattensplitting stellt die steuerliche Gleichbehandlung der Ehepartner mit Ledigen sicher und erfüllt damit die Anforderung des Art. 3 GG, der die steuerliche Gleichbehandlung gemäß dem Leistungsfähigkeitsprinzip fordert, das im Fall der Besteuerung durch das Prinzip der Opferfähigkeit konkretisiert wird. Die Höhe des steuerlichen Opfers „ist so zu bestimmen, dass jeder an seinem Opfer zugunsten der Allgemeinheit gleich schwer zu tragen hat“ (Heinz Haller, Die Steuern, S. 13 f.). Dabei wird berücksichtigt, dass in der Ehe nicht das individuelle Einkommen die Grundlage für den Unterhalt bietet, sondern das Haushaltseinkommen, von dem jedem Ehepartner die Hälfte zuzurechnen ist. Nicht die Individualbesteuerung ist deshalb für Ehepaare die richtige Besteuerungsform, sondern die Globalbesteuerung. Selbst wenn es stimmte, wie von manchen Ökonomen durch eine unrealistische Verhaltensannahme der Ehefrauen unterstellt wird, dass das Ehegattensplitting Frauen zum Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit verführe, dürfte es wegen der grundrechtlichen Forderung nach steuerlicher Gleichbehandlung mit Ledigen nicht abgeschafft werden.
Aber es stimmt auch nicht, dass das Ehegattensplitting für einen Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit verantwortlich ist. Denn erstens ergibt sich der vermeintliche Verzichtseffekt auf eine Erwerbstätigkeit aus einer falschen Verhaltensannahme, die Frauen zugeschrieben wird. Es wird unterstellt, dass sie ihr Arbeitsangebot von der Höhe des erzielten Nettoeinkommens abhängig machen. Da das Splitting zu einer höheren Steuerbelastung des individuellen Einkommens des geringer Verdienenden führt, wird geschlussfolgert, dass die Erwerbstätigkeit eingeschränkt wird. Dabei wird zum einen vernachlässigt, dass die Frauen sehr wohl den positiven Splittingeffekt auf das Nettohaushaltseinkommens kennen. Zum anderen wird übersehen, dass die emotionale Bindung an das neugeborene Kind von entscheidender Bedeutung für einen zumindest temporären Rückzug aus der Erwerbstätigkeit ist. Eine Untersuchung des tatsächlichen Verhaltens von Frauen nach einer Eheschließung auf der Grundlage der Erhebungsdaten des Sozialoekonomischen Panels (SOEP) von 2002 bis 2015 hat genau dies bestätigt: Frauen verändern ihre Erwerbstätigkeit nach einer Heirat nicht. Erst wenn Kinder geboren wurden, wird die Erwerbstätigkeit eingeschränkt (Untersuchung Malte Chiri).
Zu beachten ist aber auch noch, dass der Splittingeffekt selbst bei einer großen Einkommensdifferenz zwischen den Ehepartnern zwar beachtlich ist, dass seine Höhe aber erheblich niedriger ausfällt als das Einkommen, das bei einer weiteren Erwerbstätigkeit anfallen würde. Wenn der höher verdienende Partner beispielsweise 7.000 Euro im Monat verdient und der geringer Verdienende 1.500 Euro, ergäbe sich ein Splittingeffekt von 3.408 Euro im Jahr, d. h. von 284 Euro im Monat. Schon eine Steigerung des Einkommens des geringer Verdienenden um 500 Euro würde den Splittingeffekt deutlich übersteigen, so dass gemäß der unterstellten Verhaltensannahme der Frauen die Erwerbstätigkeit attraktiver wäre als ein Verzicht auf die volle Erwerbstätigkeit. Die von Ihnen zitierte Untersuchung des Essener Leibniz-Instituts beweist keineswegs, dass die Individualbesteuerung mehr als eine halbe Million Vollzeit-Arbeitsplätze entstehen ließe. Denn dieses Ergebnis folgt aus der Simulation der wirtschaftlichen Entwicklung mit der falsch unterstellten Verhaltensannahme, dass Frauen durch die splittingbedingte Verminderung des Nettoeinkommens weniger Arbeit anbieten. Es handelt sich nicht um eine Untersuchung des tatsächlichen Verhaltens der Frauen, sondern um eine theoretische Simulation, die von der Annahme ausgeht, dass Frauen ihr Erwerbsverhalten wegen des Splittingeffekts einschränken.  Das tatsächliche Verhalten der Frauen, das sich in den zitierten SOEP-Befragungsdaten zeigte, widerlegt die Berechtigung dieser Verhaltensannahme.
Ernst Niemeier

Ihr Leitartikel zu o.g. Titel veranlasst mich nun doch mal einen Leserbrief zu Ihrem Artikel und der Thematik zu schreiben (diese ist ja häufiger Gegenstand von unterschiedlichsten Artikeln in der ZEIT) – die Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern, i.d.R. Vollzeit-Tätigkeit der Männer und Teilzeit (oder gar keine) Tätigkeit der Frauen bei gemeinsamer, partnerschaftlicher Erziehung der Kinder. Ihr Artikel verweist richtig auf die Unterschiede zwischen Ost und West und den Willen, begründet allerdings dann auch mit der fehlenden Kinderbetreuung. Meines Erachtens ist es a priori das Denken von Männern wie aber auch von Frauen und der gemeinsame Wille, im Einzelnen wie in der Gesellschaft. Als nächstes, bereits aus dem Denken der Gesellschaft folgernd, sind es die Arbeitssituationen und Arbeitgebenden, von denen es abhängt, wie flexibel man familiäre Situationen verteilen und managen kann (Schließzeiten Kita/Schule, Krankheit Kinder etc.). Das Handhaben der „fehlenden Kinderbetreuung“ ist daraus eher „nur“ die Konsequenz. Dies als Eltern gemeinsam zu betrachten und die gemeinsame Aufteilung abzuwägen und zu handhaben, auch zu ändern ist hierzulande leider noch viel zu sehr geprägt von alten Denkmustern, v.a. in West-Deutschland. Und ja, Frau Hensel, das kann man noch sehr gut genau so eindeutig kategorisieren in West- und Ost-Deutschland – leider. Mein Mann und ich (Jg. Mitte und Ende 60er Jahre) mit zwei Kindern (11 + 15 Jahre) stellen im Jahr 2024 immer noch eher eine Minderheit dar, was mich, v.a. als Frau, in diversen Gesprächen und auch beim Lesen einiger Artikel in der ZEIT, sehr erstaunt – bei uns bin ich durchgängig die Vollzeit-Berufstätige mit eher „Karriere“, mit höherem Verdienst und diejenige, die nun überwiegend den Familienunterhalt einbringt, mein Mann ist mit einer freiberuflichen Tätigkeit flexibel und sehr viel weniger tätig, d.h. quasi „Teilzeit“. Das Ehegattensplitting nützen wir – „andersherum“ verteilt. Bei uns funktioniert das m.E., weil mein Mann aus Ost-Deutschland kommt und für ihn das selbstverständlich ist.
Ich selbst komme aus West-Deutschland, wurde in meinem eigenständigen Denken aber von einer sehr selbständig denkenden Mutter geprägt. West-deutsche Männer wie aber auch Frauen in meinem Alter oder auch jünger (!) fragen mich nach wie vor häufig, wenn man von vorhandenen Kindern erzählt, 1. ob ich Teilzeit arbeite und als 2. – wenn ich sage Vollzeit – wie ich das mit den Kindern mache. Diese Fragen machen mich mittlerweile fast wütend – als wären die Kinder immer nur Aufgabe der Frau. Von ost-deutschen Männern oder Frauen bekomme ich solche Fragen i.Ü. nie. Erstaunlich ist auch, dass Frauen selbst so reagieren. Wenn sich in dem Denken und Willen von Männern, aber gerade auch von Frauen – v.a. aber gemeinsam – nichts ändert, ist die fehlende Kinderbetreuung nicht relevant – überspitzt formuliert. Bei gut ausgebildeten Männern und Frauen ist im Zweifel der ökonomische Druck auch nicht ausreichend hoch, sodass es den Bedarf gäbe, dass beide erwerbstätig sein müssten. Das war sicher ein Grund in der ehemaligen DDR mehr, weswegen es dort selbstverständlich war, dass beide Eltern gleich erwerbstätig waren. Frau Hensel, Sie können aus Ihrer Biographie und Kenntnis das evtl. ähnlich bewerten. In anderen europäischen Ländern wie in Skandinavien, selbst Portugal ist die Gesellschaft viel weiter.
Karin Ocker

Ich empfinde schon mal die Überschrift dieses Artikels gegenüber Frauen/Männern, die zu Hause Kinder erziehen und den Alltag stemmen, als abwertend und entspricht BILD-Niveau. Ich habe sowohl die Zeit der Kindererziehung als auch Berufstätigkeit erlebt. Richtig finde ich, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden sollten, dass vor allem Alleinerziehende und auch Paare die Möglichkeit haben, ihre Kinder unterbringen zu können, wenn sie arbeiten müssen bzw. beide möchten. Richtig finde ich die Gleichstellung von Gehältern bei Männern und Frauen. Richtig finde ich, dass man das Ehesplitting überdenken und diskutieren muss. Auch veränderte Rahmenbedingungen würden bestimmt viele Eltern nicht davon abhalten, dass sie die Erziehung ihrer Kinder zeitlich und persönlich intensiver erleben möchten. Daher wäre es respektvoller diese Eltern wertzuschätzen, die diese Energie aufbringen und die Erziehung ihrer Kinder übernehmen. Ebenso ist es nicht das Ziel aller Eltern, ihre Kinder von 7 Uhr – 17 Uhr in eine Kita zu bringen, um Karriere zu machen und dafür, dass es dem Staat ökonomisch besser geht. Daher ist es sehr gut, dass es noch die Möglichkeit gibt, dies zum Teil frei zu entscheiden. Aus oben genannten Gründen arbeiten viele Paare nicht beide in Vollzeit, setzen ihre Prioritäten in andere Bereiche als Sie es für sinnvoll halten. Und die ökonomische Situation des Staates auf dem Rücken von nicht willigen Frauen/Männern, die in Teilzeit arbeiten und es sich zu Hause bequem machen, auszutragen, finde ich sehr schade. die Argumentation, dass alles besser wird, wenn alle Vollzeit arbeiten und alle Kinder in der Kita wären, das bezweifle ich unter Berücksichtigung noch anderer Fakten sehr.
Helga Brinskelle

Habe gerade eine Freundin die hat Zwillinge, die geht nicht wieder arbeiten, da ein Platz bis 14.00 Uhr im Kindergarten für die Familie 700 Euro kostet. Sie meinte wörtlich: „Da gehe ich fast nur für den Kindergarten arbeiten.“ Es fehlt in Deutschland nicht nur an Plätzen, man muss erstmal so viel Geld verdienen, dass sich das Arbeiten lohnt für die Frauen. Selber bin ich Mutter von drei Kindern und ich hatte das gleiche Problem. Mein Arbeitgeber möchte bis heute, dass ich mehr arbeite. Doch die Doppelbelastung ist mir zu hoch.
Sonja Weber-Graf

Woher wollen Sie, als Journalistin, die im Osten sozialisiert wurde, wissen, warum westdeutsche Frauen ihre Hände, ihren Kopf und ihr Herz ihren Kindern widmen möchten, anstatt diese in einer Ganztagskindertagesstätte ihrem Schicksal zu überlassen? Absolut unverschämt und respektlos ist der Vorwurf, dass einige Frauen so ein Leben ganz bequem finden mögen. Möglicherweise finde ich so ein Journalistenleben ganz bequem: Man hockt gemütlich im Homeoffice, plaudert nebenbei mit dem Postboten, bringt das Kind in die Kindertagesstätte, lässt die Waschmaschine laufen, wirft eine Tiefkühlpizza in den Backofen, geht einkaufen und recherchiert locker im Internet bar jeder tieferer Kenntnisse über das Thema. Vorurteile? Ganz bestimmt. Leider auch ebenso aus der Luft gegriffen wie Ihr Artikel. Der steht auf der ersten Seite der ZEIT, für mich ist das mittlerweile nicht mehr die liberale Wochenzeitung für objektive Berichterstattung.
Martina Lorch

Jana Hensel irrt gewaltig und versteckt ihre dürftige Argumentation hinter Provokationen. Es geht an der Lebenswirklichkeit vorbei, das Ehegattensplitting für die im zeitlichen Umfang geringere Erwerbstätigkeit von Frauen verantwortlich zu machen. Die wenigen Hundert Euro pro Jahr, die ein Ehepaar mit mittlerem Einkommen durch diese Steuerberechnung spart, wird wohl bei so gut wie keinem Paar den Umfang der Arbeitsstunden bestimmen. Die Autorin selbst erwähnt die mangelnde Kinderbetreuung im Land. Es ist ein Skandal, wie die Politik in den Ländern und Kommunen die jungen Familien im Stich lässt. Die Kita-Versorgung ist in vielen Regionen unterentwickelt, oft zu teuer und vielerorts unzuverlässig. Egal ob Mann oder Frau – beide sind durch dieses Versagen von Politik und Gesellschaft gehindert, so viel zu arbeiten, wie sie möchten. Und Frauen, die selbst bestimmen, wieviel sie arbeiten, als „bequem“ oder als „Daheimchen“ zu verunglimpfen, ist einfach nur unverschämt. Wo bleibt das Recht darauf, die Gestaltung des eigenen Lebens selbst zu bestimmen? Ist das die neue frauenpolitische Korrektheit?
Klaus Keßler

Das Ehegattensplitting kann richtigerweise kein Grund für einen Ehegatten sein, eine steuerpflichtige Beschäftigung nicht aufzunehmen. Dieses Besteuerungsverfahren ist jeweils nur ein vorläufiges, das in dem darauf folgenden Jahr durch die endgültige Steuerveranlagung ersetzt wird. Für diese können die Ehegatten zwischen Zusammenveranlagung und Einzelveranlagung wählen. Im Falle der Zusammenveranlagung werden die Einkünfte beider Ehegatten zusammengerechnet, so dass sich Belastungsunterschiede zwischen ihnen nicht ergeben können. Allerdings kann ein Ehegatte die Zusammenveranlagung verhindern, wenn er die Einzelveranlagung wählt. Auch dann ergeben sich keine Belastungsunterschiede, weil für jeden der Ehegatten die gleichen Regeln angewendet werden. Wohl aber können sich im Jahr der Berufstätigkeit unerwünschte Steuerfolgen ergeben, die darauf beruhen, dass die Lohnsteuer progressiv erhoben wird, d.h. der Steuersatz steigt mit der Höhe der Bezüge, die der Lohnsteuer unterworfen werden. Diese Nachteile können dadurch gemindert werden, dass die Ehegatten von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, eine im Einzelfall günstigere Besteuerung zu wählen. Statt der eher abschreckend wirkenden Kombination Ehemann Steuerklasse III und Ehefrau Steuerklasse V, welche die Ehegatten wählen können, werden die Bezüge beider Ehegatten ohne einen Antrag der Besteuerung einheitlich nach der Steuerklasse IV unterworfen.
Vor allem aber berücksichtigt die Kritik am Splittingverfahren nicht, dass der Gesetzgeber wegen dieser Kritik mit Wirkung ab dem Jahre 2010 das sog. Faktorverfahren eingeführt hat, das die Ehegatten an Stelle der Besteuerung nach Steuerklasse IV wählen können. Es nimmt auf der Grundlage der dafür erforderlichen Schätzungen die Wirkungen der Steuerveranlagung im Folgejahr im Rahmen des Möglichen vorweg. Allerdings setzt dieses Verfahren eine entsprechende Entscheidung des Finanzamts und die Mitwirkung der Steuerpflichtigen voraus. Bei dieser Rechtslage ist nicht zu verkennen, dass die Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berufstätiger Ehegatten vor allem eine enge Kooperation der Partner voraussetzt. Das sollte aber kein Problem sein.
Joachim Schulze-Osterloh

Statt im Interesse der Wirtschaft an mehr Arbeitskraft eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen zu fordern, wäre es höchste Zeit, die viele Arbeit zu würdigen, die Frauen klaglos seit Jahrzehnten leisten, und zwar ohne Entgelt, meist ohne Feierabend und oft ohne Anerkennung. Die ganz überwiegend von Frauen in Familien erbrachte unbezahlte Care Arbeit zugunsten von Kindern, Eltern oder Großeltern würde ja nicht wegfallen. Sie käme zum erweiterten Pensum an Erwerbsarbeit, das Jana Hensel den Frauen abverlangt, noch obendrauf. Haushaltshilfen, die die tatsächlich anfallende Care Arbeit weitgehend übernähmen, wären schließlich unbezahlbar, wenn man Arbeits- und Sozialrecht beachten und nicht Menschen – meist Frauen – aus Osteuropa oder dem globalen Süden ausbeuten will. Die Forderung, Kinderbetreuungsangebote deutlich auszubauen, ist richtig. Aber nicht als Mittel zum Zweck, der Wirtschaft die Mütter als Arbeitskraft zuzuführen. Sondern natürlich um der Kinder willen! Wenn Kinder in Betreuungseinrichtungen mit gut ausgebildeten Fachkräften regelmäßig Kontakt zu anderen Kindern haben, können sie in ihrer Entwicklung nur gewinnen. Gerade Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Verhältnissen würden von guter frühkindlicher Bildung in Kindertagesstätten und von Ganztagsgrundschulen am meisten profitieren. Dass hier quantitativ und qualitativ vieles im Argen liegt, ist ein Skandal. Wenn nicht an dieser Stelle in der Bildungskarriere so viele Talente ungeweckt und auf der Strecke blieben, wäre dies langfristig übrigens ebenso im Interesse der Wirtschaft und des Sozialstaats wie der betroffenen Kinder selbst. Wirklich feministisch wäre es, Care Arbeit von Frauen endlich anzuerkennen. Ideell, indem man sie wahrnimmt und achtet und ihnen nicht noch mehr Arbeit abverlangt und materiell, indem man Care Arbeit finanziell besser bewertet, z.B. beim Erwerb von Anwartschaften in den Sozialversicherungen.
Kira Heyden

Es wäre nett, wenn Jana Hensel auch ein bisschen in Zeit online gelesen hätte. Nicht umsonst steht dort unter dem Namen “ Mir blutet das Herz dabei, unser Kind dem aussetzen zu müssen“ ein langer Artikel darüber, dass die Kinderbetreuung für berufstätige Eltern heutzutage nicht zu stemmen sei. Frau Hensel selber aber widmet diesem Umstand in ihrem Leitartikel, abfällig-ironisch betitelt mit „Daheimchen“, ganze drei Zeilen mit dem beiläufigen Eingangssatz „es fehlt auch einfach die Kinderbetreuung“. „Einfach“ macht sie es sich damit selbst auf jeden Fall. Denn ohne weiter auf diese bedeutsame und überhaupt nicht „einfache“ Tatsache einzugehen, setzt sie sich in Folge über 50 Zeilen lang außerordentlich stark für die Aufhebung des Ehegattensplittings ein, mit dem kleinen Seitenhieb, dass es auch ein paar Frauen gebe, die ein nicht voll berufstätiges Leben ganz bequem finden mögen. Wir könnten das Ehegattensplitting vielleicht in ein Elternsplitting umwandeln, aber heben wir es auf, hätten die Familien weniger Geld, aber die schlechte Kinderbetreuung bliebe und betreuen müssten die Eltern ihre Kinder dennoch.  Eine einseitige Win-Situation für die Wirtschaft, denn die muss um jeden Preis profitieren, indem bedingt beide Eltern voll arbeiten!  Man liest allgemein wenig über die Kinder und welche Auswirkungen die schlechten Betreuungen auf sie haben. Sie scheinen hinter den Notwendigkeiten der Wirtschaft zurückzustehen. Auch die Großeltern dürfen nach lebenslanger Arbeit weiter der Wirtschaft dienen. Sie sind nun in Rente, wunderbar, denn „für den Rest des Tages müssen freilich nicht nur die Mütter zuständig sein“. Da ein Mütter-Väter-Tausch in der Kinderbetreuung der Wirtschaft keinen Vorteil bringen würde, können hier nur die Großeltern gemeint sein.  Warum auch nicht?  Sie haben ihr Leben lang gearbeitet, nun können sie wieder Kinder betreuen, während die Eltern die deutsche Wirtschaft voranbringen. Schon mal darüber nachgedacht, dass das Problem nur zu lösen ist, wenn BEIDE Eltern nicht mehr Vollzeit arbeiten müssen, sondern sich zu gleichen Teilen auch ihren Kindern widmen können, statt sie ganztags in schlechte Tageseinrichtungen abschieben zu müssen? Seit wann hat sich die Idee, dass Kinder für die Eltern und das Land ein störendes Problem sind, eigentlich etabliert?
Angelika Baker

Zweifellos sind in unserem Land der politisch minimalen Zumutbarkeiten ganz dringend Maßnahmen erforderlich, um die – nicht nur vom IWF- bemängelten miserablen Produktivitätsdaten wieder nach vorn zu bringen. Aber muss denn gleich der feministisch angehauchte Gerechtigkeits- Hype bemüht werden, um den Anteil der Frauenarbeit zu pushen? Ich bezweifle sehr, dass dies dem Verständnis und der Lebensplanung vieler Frauen entspricht; Kinder in die Welt zu setzen und diesen zumindest in den ersten Lebensjahren Nestwärme zu bieten ist ein Fulltime- Job und kann gar nicht genug gewürdigt werden. Dies lässt sich eben nicht mit einer beruflichen Vollzeitbeschäftigung kombinieren und die Stolpersteine wie fehlende Kindergärten wurden ja bereits im Artikel erwähnt. Sucht man Gründe für den Niedergang der Produktivität in unserem Land so landet man automatisch bei den abstrusen Gewerkschaftsforderungen nach deutlich weniger Arbeitsstunden (35-Stundenwoche) bei gleichzeitig zweistelligen Lohn- und Gehaltserhöhungen. Die Wirksamkeit dieser Formel erschließt sich mir auch nach gründlichem Nachdenken nicht. Schafft sich Deutschland ab?
Michael Deil

Das unerbittliche Primat der Ökonomie. Jana Hensel wünscht sich die Abschaffung des Ehegattensplittings, wodurch Hausfrauen oder in Teilzeit arbeitende Mütter künftig dazu gezwungen werden können, einer Erwerbsarbeit nachzugehen oder in Vollzeit zu arbeiten. Was bei diesen und ähnlichen Artikeln auffällt, ist der extreme Fokus auf die Wirtschaft. Demgegenüber trete ich für das individuelle Recht ein, dass Mütter oder Väter das Aufwachsen ihrer Kinder tagtäglich intensiv begleiten dürfen. Ich persönlich hätte nicht auf die vielen entspannten gemeinsamen Aktivitäten mit meiner Tochter verzichten wollen und nehme dafür ein gewisses Risiko für Altersarmut meinerseits in Kauf. Bei der Aussicht auf eine fast komplette und qualitativ eher schlechte Fremdbetreuung hätte ich persönlich auf Kinder verzichtet. Jana Hensel ignoriert die Tatsache, dass Eltern verschieden sind und demnach auch verschiedene Lebensentwürfe anstreben.  Manche meistern die Doppelbelastung von Beruf und Familie einigermaßen oder haben Großeltern, die sich zeitweise um die Enkel kümmern.  Andere wählen die traditionelle Aufteilung der Aufgaben, weil sie eine Doppelbelastung nicht verkraften würden. Bei anderen müssen beide Eltern aus finanziellen Gründen arbeiten und würden es vielleicht gerne anders machen, wenn sie könnten.  Bei der Vielfalt an heutigen Lebensmodellen Eltern das Doppelverdienermodell zu diktieren und Hausfrauen als „Daheimchen“ abzuwerten, diese Monotonie der Vorstellungskraft passt nicht in unsere Zeit.
Angela Winkler

Unter diesem verächtlichen Titel ist der Text einfach nur ärgerlich. Keines der Argumente sticht, das Ehegattensplitting trägt nur der Tatsache Rechnung, dass die Ehepartner im Guten wie im Schlechten füreinander einstehen und der Staat sich tunlichst heraushalten sollte, wie sie intern ihre Arbeit aufteilen, nur das Familieneinkommen zählt. Es ist auch Unsinn, dass die Frauen als solche die Familienarbeit machen. In meinem personellen Verantwortungsbereich arbeiten auch Väter mit gut qualifizierten Frauen in Teilzeit, um sich um die Kinder zu kümmern. Schlussendlich erhöht mehr Kinderbetreuung zwar das Bruttosozialprodukt, weil sonst unentgeltliche Arbeit bezahlt wird, aber echter Wert entsteht dadurch für niemanden. Auch der Staat gibt das eingenommene Geld für die Betreuung wieder aus. Effektiv findet hier sogar eine Umverteilung statt von eher schlecht bezahltem Pflegepersonal zu Mittel- und Gutverdienern. Warum sollte man alles das wollen?
Frank Scholze

Hauptsächlich das Ehegattensplitting für eine niedrige Frauenerwerbsquote verantwortlich zu machen, greift doch viel zu kurz. In unserem Fall lag die Aufgabe einer (gut bezahlten) Stelle an dem nicht verfügbaren Betreuungsangebot. Die Steuererleichterung gleicht den finanziellen Nachteil der wegfallenden Einkünfte bei weitem nicht aus. Hinzu kommt noch eine Einbuße bei der späteren Rente. Überhaupt wird die singuläre Betrachtung einer vermeintlichen Ursache der Komplexität des Arbeitsmarkts nicht gerecht. Passen denn die Qualifikationen der Frauen zu den zu besetzenden Stellen? Und waren nicht auch schon die Immigranten von 2015 vielfach als Segen für den Arbeitsmarkt gepriesen worden?
Wolfgang Naujoks

Der Artikel „Daheimchen“ von Jana Hensel ist ein weiterer Beitrag, der die Erziehungsarbeit von Müttern geringschätzt und Frauen glauben machen soll, dass sie nur dann emanzipiert und somit etwas wert sind, wenn sie genauso viel Karriere machen wollen wie Männer. Glauben Sie denn wirklich, dass die Frauen, die ihre Kinder mittags aus der Kinderbetreuung holen, zu Hause entspannt die Beine hochlegen? Kinder zu erziehen, ihnen die Welt zu erklären, sie halbwegs entspannt durch die Schule zu bringen – das alles ist knochenharte Arbeit. Dass diese Mütter sich trotzdem gegen mehr Geld und für ihre Kinder entscheiden, stimmt mich persönlich positiv. Entwicklungspsychologen, Kinderneurologen und -ärzte weisen seit Jahren auf die Risiken von zu früher und zu langer Fremdbetreuung hin. Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass Krippenkinder im Durchschnitt verhaltensauffälliger und lernschwacher sind als Kinder, die zu Hause betreut wurden. Dass diese Wissenschaftler und ihre Studien nicht viel mehr Gehör finden, liegt zum einen an der Politik, die sich den Wünschen der Wirtschaft beugt und zum anderen an Publikationen wie dieser, die den Frauen kräftig eins vors Schienbein gibt, wenn sie ihre naturgegebene Mütterlichkeit zu sehr ausleben möchten. Dabei ist diese wertvolle Pflegearbeit als langfristige Investition in eine seelisch gesündere Gesellschaft zu begreifen. Zudem sollten wir uns klar machen, dass nicht nur Geld und Karriere im Leben zählen. Ein Kinderlachen, gemeinsames Kuscheln auf der Couch, ein spontaner Ausflug in den Wald – es sind diese Momente, die nicht nur ein Kinderleben reicher und glücklicher machen, sondern zuletzt auch unser Leben. Denn wenn wir mal alt und gebrechlich im Pflegeheim sitzen und uns nichts weiter bleibt als unsere Erinnerungen, werden es solche Momente sein, die uns durch den Tag tragen. Ich kann nur an alle Eltern appellieren: Seien Sie gerne ein „Daheimchen“, es lohnt sich!
Annette Hörwick

Wieder einmal wird hier ein bornierter Artikel veröffentlicht, der sich rein dadurch auszeichnet, einen anderen als den eigenen Lebensentwurf mit negativen Konnotationen zu belegen. Sachlicher und neutraler Journalismus sieht anders aus. Allein der Titel ist eine Anmaßung. Was ist demzufolge Fr Hensel, ein ‘Schreibchen’? Emanzipation bedeutet im übrigen, die freie Wahl hinsichtlich eines Lebensentwurfs zu haben. Derartige Publikationen, die auf Verhöhnung, Zwängen und Diskriminierung aufbauen, sind ein Schritt in die völlig falsche Richtung.
Michaela Graef

Wollte ganz gemütlich die „Zeit“ lesen, dazu fange ich von hinten an. Aber diesmal war ein Elefant auf der Titelseite, und ich glaubte es würde mal das Elefanten bzw. das Tier leben im Zoo kritisiert. Also lese ich die erste Seite und traue meinen Augen nicht: Es geht um NICHT berufstätige Frauen und da, um Frauen im Westen. Wer diesen Artikel geschrieben hat, ist gerade aus dem Ei geschlüpft. Frauen mussten immer arbeiten Doch es gab bis in die 70ger Jahre ein Gesetz , das sie die Erlaubnis der Männer haben mussten. Und Die (Männer) wollten es bequem. Ich bin 1948 geboren, war berufstätig, bis ich Kinder hatte.  Hatte niemand zur Betreuung, Kindergarten ab 3 Jahre, Kindergartenzeiten   8-12 Uhr, nachmittags 13.30 -16 Uhr. Wo sollte da noch ein Beruf reinpassen? Warum suchen sie die Probleme nicht in der Politik? Steuerklasse und Kindergartenplätze? Der Artikel daneben hat indirekt damit zu tun. Denn im Osten haben Frauen einen guten Beruf gehabt. Kindergärten waren vorhanden und MÄNNER durften im Haushalt helfen. In Russland war das auch so. Wenn ich heute alleinerziehende Mütter sehe, habe ich großes Mitleid mit allen Beteiligten. Der Staat und die Politik hat mal wieder versagt.
M. Ellerbrok


Leserbriefe zu „Fünfte Kolonne“ von Mariam Lau

Die Kreml Fixierung der AfD ist vor allem ein ostdeutsches Phänomen, eine Reminiszenz aus alten DDR-Tagen. Ähnlich auch bei Frau Wagenknecht. Das könnte zu einer Zerreißprobe innerhalb der Partei werden und den Rechten jede Chance auf höhere Weihen auf Bundesebene nehmen. Denn die „Brandmauer“ wird zumindest in dem Punkt nicht wanken, da kaum vorstellbar ist, dass Friedrich Merz die Ukraine fallen lassen würde, Putin zuliebe. Vielleicht zerlegt sich die Partei auf diese Weise auch ohne mediales Trommelfeuer.
Christoph Schönberger

Als Verfassungspatriot, den einzigen Patriotismus, den ich für sinnvoll halte, wird mir sehr klar, dass der Fall des AfD-Bundestagsabgeordneten Peter Bystron symptomatisch für die Attitüde der AfD ist und nur als hochgefährlich bezeichnet werden kann. Die Tatsache, dass möglicherweise ein Abgeordneter des deutschen Bundestages sich von einer der Bundesrepublik feindlich gesinnten Macht Russland für regimefreundliche Statements bezahlen lässt, ist in der Tat ein Symptom für die moralische und politische Verkommenheit der AfD. Es ist schon frappierend und lässt tief blicken, in welch hohem Maße Kontakte der AfD zum Regime in der russischen Föderation gediehen sind. Ja, ich bekenne mich als Verfassungspatriot, der die Werte unseres Grundgesetzes wie Menschenwürde, Gewaltenteilung und Frieden zu leben versucht und hierbei im tagtäglichen Kampf gegen die aktuellen Faschisten von heute schon einiges beobachtet hat, was klar belegt, dass die AfD und der größte Teil ihrer Anhänger mit den Werten unserer Verfassung nichts aber auch rein gar nichts anzufangen weiß. Die Moskauhörigkeit von Herrschaften wie Tino Chrupalla, Alice Weidel oder Björn Höcke mit dem Ziel, unsere Demokratie von innen auszuhöhlen, liegt auf der Hand. Und es ist eine besondere Tragik, dass sogenannte Linke im BSW, das eher eine One-Woman-Show von Sahra Wagenknecht ist, sich dafür hergeben, einer menschenrechtsverletzenden russischen Oligarchie zuzuarbeiten. Diese Tatsache zeigt auch, wie nah sich AfD-Mitglieder und das BSW sind.
Es geht ihnen vor allen Dingen darum, unsere rechtsstaatliche Demokratie zu zerstören, die aber unbedingt geschützt werden muss. Nein, mit Friedensliebe hat das wirklich nichts zu tun und Willy Brandt würde sich im Grabe umdrehen, wenn er mitbekommen würde, wie von bestimmter Seite seine wirkliche Friedens- und Entspannungspolitik, die er eingebettet in das Nordatlantische Bündnis praktizierte, nun zu brauner und antiliberaler Politik missbraucht wird. Es geht ganz einfach um den Gegensatz zwischen der großen westlichen Demokratie Bundesrepublik und dem riesengroßen autokratischen und diktatorischen russischen Reich, das von Menschenrechten nichts hält, und jeden Oppositionellen wie etwa Alexej Nawalny mundtot macht. Es geht um den Gegensatz zwischen Demokratie und Diktatur. Der Fall Peter Bystron ist ein erneuter Mosaikstein in den Beweisen, wie verfassungsfeindlich die AfD ist und ein Verbot, auch wenn es bis dahin noch eine lange Zeit dauern kann, ist unausweichlich. Die AfD will hierzulande ein Regime installieren, das dem menschenverachtenden System der Russischen Föderation entspricht. Doch kein Volk, so auch das russische, lässt sich auf Dauer so knebeln, wie wir es in Russland erleben. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik, die Wählerinnen und Wähler über den wahren Charakter der AfD im Klaren sein werden und ihre Stimmen nicht den braunen Demokratiefeinden geben werden. Die Gefahr für die Demokratie von außen und von innen war noch nie so groß wie heute.
Manfred Kirsch

Mariam Lau zeigt mit Ihrer schlüssigen Zusammenstellung vieler Fakten das Bild einer AfD, die sich von Putin gegen unser Land in den Dienst nehmen lässt. Eine wichtige journalistische Arbeit: Wahrnehmen, was ist (nicht wegschauen), und ansprechen, was ist (nicht schweigen, auch wenn es einem die Sprache verschlägt oder die passende Sprache noch nicht geläufig ist). Die Zeiten, als in den seriösen Medien der Ansatz verfolgt wurde, durch weitgehendes Schweigen eine Aufwertung der AfD zu vermeiden, sind vorbei. Die unheilvolle Dynamik einer Radikalisierung der AfD setzt sich inzwischen auf einer Ebene fort, für die Mariam Lau treffend den Begriff Vaterlandsverrat verwendet. Was ist in der Logik der fortschreitenden Radikalisierung als nächster Schritt zu erwarten? Erhofft sich die AfD als Erfüllungsgehilfin von Putin aus einer Destabilisierung von Deutschland tatsächlich eine eigene Machtperspektive, die sie selbst ausfüllen kann? Die AfD-Wähler sollten sich die Frage stellen, was sie da unterstützen. Den Preis für die Illusionen der AfD zahlen wir alle, natürlich am Ende auch die AfD selbst. Es lohnt sich, es mit Demokratie zu versuchen.
Reinhard Koine

So ist es. Wer offene Augen und Ohren hat, wird mit erschreckendem Erstaunen feststellen, und dann hoffentlich nicht sprachlos sein, wie weit dieses Thema in unserer Gesellschaft schon eingesickert ist. Vaterlandsverrat, so könnte man es nennen. Eine AfD hätte auf Grund ihrer Affinität zu Russland, sicher keine Probleme, unbedeutendere Fälle, Aussagen, mit diesem Begriff zu besetzen, und schnelle Lösungen parat. Noch haben wir es, der „demokratische Rest“, in der Hand, und da soll es auch bleiben…
Friedhelm Groppe

Aufgepasst mit dem Begriff „Vaterlandsverrat“! Die Demokratie gibt der rechten Szene große Angriffsflächen, weil sie sich selbst immer wieder verrät! (Siehe dazu auch den Artikel auf der folgenden Seite Ihrer Ausgabe „Revolution“!)
Walter Moritz

„Autorenintention“ und „Grundgesetz“ gehören zusammen. „Autorenintention“ bedeutet aus Sicht eines seriösen Journalismus, die Akteure, hier die AfD, zu befragen, was aus deren Sicht ihre Absichten sind, statt diese losgelöst durch das Prisma des eigenen Narrativs zu interpretieren. „Grundgesetz“ bedeutet aus Sicht von zuständigen und standhaften Behörden zu prüfen, ob autoren-intentionale Auffassungen gegen das Gesetz sind. Dazu gehört auch, dass die Legislative das Grundgesetz nicht beugt, um mit gefälligen Gesetzen dominierende weltanschauliche Ansichten zu stützen. Stellt sich im Geiste der Verfassung heraus, dass die AfD-Intention gesetzeskonform ist, handelt es sich um eine demokratische Meinungsäußerung, über die man miteinander trefflich streiten kann. Aber Vertreter dominant-narrativ missliebiger Meinungen wie die der AfD des „Vaterlandsverrats“ zu bezichtigen, ist undemokratisch. Dies auch noch mit der Behauptung zu verbinden, „der demokratische Rest hierzulande“ müsse dagegen aufstehen, ist verantwortungslos, weil man unterschiedliche verfassungskonforme Meinungen nicht in „Wir sind demokratisch, Ihr aber nicht“ aufteilen darf, vom empörungs-hedonistischen Ansatz ganz zu schweigen, Deutschland sei eine Nation, in der die Demokratie nur noch von einem „Rest“ vertreten werde. Vielmehr sollte man Vertrauen in unsere und die europäische Verfassung haben, solche widerstreitenden Meinungen aushalten zu können und sogar zu wollen.
Denn genauso wie Le Pen oder Meloni wird sich auch die AfD am Ende als Ganzes verfassungskonform verhalten, weil sie gar keine andere Wahl hat.  Man darf also gelassen sein. Sicherlich ist es auch aus meiner Sicht anstößig, Vertreter eines Staats zu hofieren, der einen völkerrechtswidrigen Krieg führt, der hinwiederum möglicherweise hätte vermieden werden können, hätte der Westen in den letzten drei Jahrzehnten ausreichendes Interesse an einer gesamteuropäischen Friedensarchitektur gezeigt. Auch darüber lässt sich streiten. Aber man dürfte nicht darüber streiten müssen, ob das Vertreten traditioneller abendländischer Werte etwa in Sachen Dekadenz und sexueller Weltanschauungen verfassungskonform sei, selbst wenn sie heute im Westen nicht en vogue sind. Man sollte zudem der Versuchung widerstehen, die traditionellen russischen Werte und etwa den verbrecherischen Umgang mit Nawalny in einen Topf zu werfen. Eine Kultur definiert sich nicht über die Verbrechen an ihr. Warum eigentlich muss man als Außenstehender regelmäßig aus demokratischer Pflicht die AfD in Schutz nehmen?
Kurt Schäfer

Es gab ja auch schon Artikel, da fand ich Ihre Wortwahl beim Thema Faschisten zu lasch, aber diesmal gibt es aus meiner Sicht nichts an Ihrem Leitartikel auszusetzen. Wundert es eigentlich noch jemanden, warum diese Politkriminellen von der AfD (bzw. von der AFDP, der ewig wandernde Nazi mal wieder im Falle von Bystron, bei Krah mit seiner CDU- und Jungen-Union-Vergangenheit passt der Ausdruck ja auch) so oft nach Russland fliegen? Bargeld lacht! Follow the ruble (and the Swiss franc)! Und dann gibt es auch noch die krummen Dinger, die diese Typen im Netz mit Gold drehen. Ich bin ja kein Jurist, „Vaterlandsverrat“ ist wohl nicht justiziabel. Landesverrat setzt offenbar einen Geheimnisverrat, also Spionage, an eine fremde Macht voraus. Hochverrat könnte vielleicht bei den Leuten um Heinrich XIII. in Betracht kommen. Wenn Trump seinen Umsturzversuch vom 6. Januar bei uns veranstaltet hätte, würde ich denken, dass man ihn als Hochverräter vor Gericht stellen könnte. Ich möchte mal Ton Steine Scherbens „Rauch-Haus-Song“ umdichten. Man muss nur das Wort „Haus“ in „Ihr kriegt uns (also alle, die den Nazis missliebig oder nicht „deutsch genug“ sind) hier nicht raus! Das ist unser Haus!“ durch „Land“ ersetzen, auch wenn es in „Der Traum ist aus“ heißt: „Dieses Land ist es nicht!“. Jedenfalls nicht, bevor Höcke, Weidel, Chrupalla, Storch, Krah, Bystron, Gauland (und wie sie alle heißen mögen) hier endlich rausgeschmissen, am besten auf Madagaskar entsorgt, worden sind. Sellner ist schon mal ein guter Anfang. Der kommt hier wenigstens nicht mehr rein.
Thomas Manthey

Dank an Mariam Lau, dass sie die scheinheilige Doppelzüngigkeit der AfD in der Ukrainefrage so deutlich entlarvt. Auch von manchen demokratischen Politikern würde man sich wünschen, dass sie sich mehr konkret mit den Inhalten der AfD auseinandersetzen und deren Widersprüche aufzeigen, statt nur abstrakt über die Gefahr des Rechtsextremismus zu lamentieren. Wer von Deutschland als „Kanzlerdemokratie“ schwadroniert, in der die Meinungsfreiheit gefährdet ist, und dem Westen Kriegstreiberei vorwirft, aber gleichzeitig das diktatorische System von Herrn Putin gutheißt und für verteidigungswürdig hält, der zeigt, wessen Geistes Kind er ist.
Dieter Schütz

Vielen Dank. Jeder Satz ein Treffer! Und dennoch geht die Schlussfolgerung am Kern vorbei. Es bringt nichts, die wirklich Vaterlandsliebenden von den wahren Vaterlandsverrätern zu unterscheiden, oder die Zuschreibung als „5 Kolonne Moskaus“, wahlweise mal dem linken oder dem rechten Rand anzuhängen. Der Begriff ist vergiftet. Vaterland! In sich selbst zersetzender Weise wirkt hier das alte, strenge Bild vom Vater. Es ist für die AfD hier, wie weltweit für alle Anhänger eines politischen oder religiösen Totalitarismus, das Bild vom Führer, der unangreifbar und mit Härte den Zugehörigen den Weg weist, und sie vor allem Fremden beschützt. Ein verhärmter Vater, der Niemanden neben sich dulden kann, und die treu Ergebenen mehr liebt als seine eigenen Töchter und Söhne. Unter solcher „Vaterschaft“ können Liberalismus und Demokratie nur verkümmern. Die AfD liebt ein Führerland. Darin liegt das Problem.
Jürgen Pilz

In der Auseinandersetzung mit der AfD genügt es m. E. nicht, gegen die von dieser Partei vertretenen Meinungen zu sein. Es kommt darauf an, sich auf die Grundsätze einer sachlichen Debattenkultur, auf die Abwägung aller zum Thema gehörenden Tatsachen zu einigen, bevor es zu Schlussfolgerungen und zur Darstellung der unterschiedlichen Meinungen kommt. Voraussetzung für die in Rede stehende Debattenkultur ist das Denken im Sinne der Aufklärung und die Klarheit über die eigene Identität und über die der Mehrheit der Gesellschaft, in der wir leben. Um Wähler zu überzeugen, geht es In der Auseinandersetzung mit der AfD nicht um Sieger und Verlierer, nicht um Gut oder Böse, sondern darum, welche Tatsachen schwerer wiegen. Eine Debatte ohne gegenseitigen Respekt, in der Absicht, den anderen öffentlich vorzuführen, wird schnell erkannt. Sie führt zu nichts. In den vergangenen etwa zehn Jahren wurden diese Denkweise durch „Cassel Culture“ und „Deplatforming“ ersetzt. Diese Praktiken bedeutet Kulturelle und nicht selten sogar physische Gewalt. Sie sind stellen die Demokratie in Frage.
R. Reiger

Während ein bekannter Sozialdemokrat, einst Vorsitzender der ältesten deutschen Partei, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und Geheimnisträger höchster Stufe öffentlich seinen achtzigsten Geburtstag feiert, stolz auf seine unverbrüchliche Freundschaft mit dem russischen Präsidenten und seit Jahren auf dessen Gehaltsliste, arbeitet sich Mariam Lau an einem Abgeordneten der AfD ab, der freundliche Kommentare zur russischen Politik veröffentlicht hat, und kreidet ihm an, voreilig und inzwischen widerlegt,  dafür Geld genommen zu haben. Dieser „Ausverkauf deutscher Interessen“ wird anschließend der ganzen AfD unterstellt und gipfelt in dem Vorwurf, „Vaterlandsverrat“ zu begehen. Das Übergehen der Causa Schröder in diesem Zusammenhang mögen die gefestigt Grünen goutieren; die Unredlichkeit und Unfairness gegenüber Petr Bystron ist eine Zumutung für den wachen ZEIT-Leser
Johannes Kettlack

Zu dem versprengten Haufen von Männern in der AfD die den Diktator und menschenverachtenden Kriegsverbrecher Putin und sein unterdrücktes Russland als gelobtes Land betrachten und dies auch öffentlich kundtun fällt mir als Begriff nicht nur die „Fünfte Kolonne“ sondern auch „Vaterlandslose Gesellen“ ein. Die Herren Höcke, Bystron, Chrupalla und Gauland, um nur die Spitze des Eisberges zu nennen, lassen sich vom deutschen Staat (also dem Volk) bezahlen und treten den „Volkswillen“ mit Füßen. Trotz solcher kruden Ansichten, nicht nur zu Russland, sondern auch zur EU, der Migration usw. werden voraussichtlich bei den Wahlen zum Europaparlament und den Landtagen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen sehr viele Wählerinnen/Wähler der AfD ihre Stimme geben. Wenn im schlimmsten Fall in Thüringen die AfD, um Herrn Höcke, 30% bekommen sollte sind aber immer noch 70% gegen die AfD. Außer markanten Sprüchen hat diese Partei inhaltlich recht wenig zu bieten. Zu wirtschaftlichen und sozialpolitischen Fragen und vor allem Lösungen trägt die AfD nichts bei. Die Freiheitlich, Demokratische Grundordnung ist für viele Vertreter der AfD ein Fremdwort. Wenn einer der beiden Vorsitzenden dieser Partei sich Russland dermaßen anbiedert und offensichtliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit verharmlost, ist eine Grenze des Anstands, des Wohlwollens und des tolerierbaren überschritten. Da wundert sich die AfD tatsächlich das der Verfassungsschutz hier einen Verdachtsfall ausmacht? Die AfD und die Linke sowie das Bündnis Sahra Wagenknecht verkennen die imperialistische Gefährlichkeit Russlands unter Wladimir Putin. Das kann man als „blauäugig“ oder richtigerweise als „strohdumm“ bezeichnen. In jedem Fall ist es gefährlich! Man sollte nicht vergessen, dass Putin versucht über KI in allen politischen Feldern hier im Lande Einfluss zu nehmen. Mir würde landauf landab schon normale Intelligenz reichen um den Fake News keinen Glauben zu schenken. Aber da habe ich bei den drei genannten Parteien ganz wenig Hoffnung.
Felix Bicker

Im Moment gibt es nur 3 Feinde der Demokratie, Reihenfolge austauschbar, Putin, Trump, AfD. Damit müsste man denken, dass Putin das Telefon von Angela Merkel abgehört hat, aber der „Freund“ der Deutschen, Barack Obama, beauftragte den amerikanischen Geheimdienst dazu! Ein Aufschrei würde durch die Presse gehen, wenn Putin dies angeordnet hätte.
Dieter Jacobsen

Frage: Was ist die „Fünfte Kolonne“? Den Begriff die „Fünfte Kolonne“ sollte man nicht unbedingt als einen positiven Begriff deuten. Dieser Begriff besagt, dass man insgeheim mit den Interessen einer äußeren feindlichen Macht sympathisiert. Nächste Frage: Was wäre nun wiederum eine „feindliche“ Macht? Wer wird, und dann von wem zu einer feindlichen Macht erklärt? Gerade drängt sich mir der Begriff: „Wer möchte gern das fünfte Rad am Wagen sein? Auch irgendwie ein erneut negativ belasteter Begriff! Könnte das fünfte Rad am Wagen, nicht auch das Reserverad sein? Und noch eines, ein kluger Mensch hat mir mal gesagt, dass man besser (s)eine Frau oder (s)einen Mann lieben sollte und nicht irgendein Vaterland oder sonstiges!
Klaus P. Jaworek

nach dem Lesen Ihres Artikels bin ich erschüttert. Nicht ob der Tatsache, dass die AfD beste Verbindungen zu Putins Russland unterhält und darüber ganz offensichtlich mithilft, unsere demokratischen Institutionen zu erschüttern. Was mich erschüttert ist, dass eine Partei, die den letzten Wahlen zur Duma „einen absoluten korrekten Verlauf“ bestätigt, hier zur Wahl antreten kann und mit über 20% Zustimmung rechnen darf. Wenn ich das zu Ende denke, fürchte ich, Sie werden die Überschrift Ihres Beitrags ändern müssen:  von „Fünfte Kolonne“ in „Zweite Kraft“. Es schaudert mich! Vielen Dank für Ihre klaren Worte und für ein gut gemachte ZEIT mit zahlreichen lesenswerten Artikeln.
Thomas Meichle

Der Aufruf zum Schutz unseres Landes von innen heraus ist mehr als gerechtfertigt. Dass zum Ende des Artikels lediglich von einem ‚demokratischen Rest‘ gesprochen wird, der sich gegen den Verrat am eigenen Lande stemmen solle, bedarf zumindest einer kritischen Interpretation. Die Demos der letzten Monate gegen Ausgrenzung und politischen Extremismus haben eindrucksvoll und Gott sei Dank das Vorhandensein einer besonnenen Mehrheit bestätigt, die tief in unseren demokratischen Grundwerten verankert ist.  Allerdings können selbst stabile Mehrheiten untergehen, wenn in der öffentlichen Debattenbrandung gefährliche Klippen übersehen oder schlimmer noch, ignoriert werden. Dabei reicht der achtsame Blick in die extremen Lager leider nicht mehr aus, denn es waren die gemäßigten politischen Kräfte der letzten gut zwanzig Jahre, die unser Land beinahe in eine Art sicherheits-, wirtschafts- und energiepolitisches Schachmatt geführt haben. Die tiefe Spaltung unserer Gesellschaft ist vermutlich eine direkte Folge daraus. Die verfehlte Politik geschah gewiss nicht aus Hass aufs eigene Land aber vielleicht doch, weil das eigene Vaterland und dessen Wohlergehen oft nicht als Kompassnadel für das eigene Handeln im Vordergrund stehen durfte. Für ein Land wie Deutschland ist es ein extrem schwieriger Balanceakt das Konzept ‚Vaterland‘ in verträglichen Bahnen auszuprägen. Die Erkenntnis darüber, dass es nun durch dunkle Kräfte von Innen bedroht wird, ist vielleicht ein erster wichtiger Schritt in Richtung Stolz über eine starke und konstruktive Rolle im Herzen Europas, die es wert ist zu schützen.
Johannes Warbeck

Es wundert mich nicht, wenn sich AfD-Politiker Putin andienen. Verkörpert Putin doch jenen Typ eines Staatsführers, den sie vermutlich gerne für Deutschland hätten. Autoritär und angeblich vom eigenen Volk wegen seiner Stärke geliebt und bewundert. Nur dient er dem russischen Volk ganz und gar nicht, er unterdrückt es rücksichtslos, schickt es in den Krieg, lässt Kritiker eliminieren. Freie Wahlen gibt es nicht, von Meinungsfreiheit ganz zu schweigen. Was für ein gruseliges Vorbild und es schüttelt mich vor dem Gedanken, dass es in Deutschland je so aussehen könnte. Mariam Lau bezeichnet diese AfD-Politiker zu Recht als Vaterlandsverräter, allerdings glaube ich nicht, dass sie Russland als Vaterland ansehen. Liebten sie Deutschland so sehr, wie sie es vorgeben zu tun, hätten sie zwingend einen anderen Umgang mit Putin und Russland. Putin versucht mit allen Mitteln, westliche Demokratien und natürlich auch Deutschland zu destabilisieren. Jeder nützliche Handlanger aus AfD-Kreisen ist ihm willkommen. Leider hat die AfD mittlerweile Volksparteigröße erreicht, in Thüringen wird sie nach den Landtagswahlen ziemlich sicher stärkste Kraft werden, obwohl sie dort als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden ist, mit Rechtsaußen Björn Höcke ganz oben. Die Nähe zu Russland, das Geheimtreffen in Potsdam im Januar, das ist übel, sehr übel. Viele Menschen hält all das nicht davon ab, die AfD wählen zu wollen. Diese Wählerinnen und Wähler mögen vielleicht wirklich glauben, das sie „das Volk“ sind und die AfD es repräsentieren wird; sie blenden dabei aber aus, dass die Mehrheit der Menschen demokratischen Parteien und nicht der AfD ihre Stimmen geben wollen. Zum Glück!
Regina Stock

Ich bin beim Lesen des Leitartikels über den Begriff „Vaterlandsverräter“ gestolpert, bzw. ich habe mich beim Lesen verschluckt. Erst dachte ich, na ja, es trifft ja die richtigen, aber dann fand ich es ungehörig so einen 1. Weltkriegsbegriff wieder ins Spiel zu bringen. Damals warens die Sozis, die so bezeichnet wurden. Heute sind es andere. Es spricht die neue Generation, für die die Geschehnisse der Weltkriege ferne Geschichte ist. Und die ein solches Hetzwort bedenkenlos benutzt.
Thomas Huber

Ihr Leitartikel spricht klar und deutlich und entlarvt, dass und wie in dem von der AfD behaupteten „Patriotismus“ genau das Gegenteil zutage tritt. Dies habe ich mit Gewinn und Zustimmung gelesen. Dass Sie allerdings der AfD für diesen „Ausverkauf deutscher Interessen“ den Begriff „Chuzpe“ zuschreiben, halte ich für einen Fehlgriff. Der Begriff Chuzpe kommt aus dem Jiddischen, allein dieser Umstand sollte genügen, um ihn für eine Beschreibung von AfD-Einstellungen auszuschließen! Näher betrachtet, bezeichnet Chuzpe eine Geisteshaltung von Widerständigkeit, die immer auch geistreich, kreativ, mitunter witzig daherkommt und die stets auch eine gewisse Selbstironie beinhaltet. „Chuzpe“ ist Teil des Jiddischen und damit von einer dialogischen Wahrheitssuche geprägt. Was die AfD an Gedankengut produziert, trieft dagegen von kalter Abgrenzung und Selbstisolierung. Die von Ihnen also sehr überzeugend identifizierte Gedankenstruktur der AfD sollte bitte nicht mit „Chuzpe“ beschrieben werden, vielleicht einfach mit dem deutschen Wort „Unverschämtheit“?
Johannes Kevenhörster


Leserbriefe zu „Und immer, immer wieder geht die Sonne auf“ von Thomas E. Schmidt

Mit „erpresster Betroffenheit“ ist die Welt nicht zu retten – mit „trotziger Ignoranz“, um die eigene Komfortzone zu verteidigen, aber erst recht nicht.  Es ist schon erstaunlich, wie ein Liberaler, der doch an die Wirkmächtigkeit des freien Individuums glaubt, sich von jeglicher Verantwortung für den gegenwärtigen Zustand unseres Planeten freispricht. Und welchem reduzierten Freiheitsbegriff er am Ende huldigt: Frei ist, wer sich von „alarmistischen“ Klima-Experten und   -Aktivisten sowie „pädagogisierenden“ Medienberichten nicht „nötigen“ lässt, seinen eigenen Lebensstil auch nur ansatzweise zu überdenken oder gar  minimal zu verändern – und das Adorno´sche Credo „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“ angewidert als moralisierend, übergriffig und im Kern totalitär  zurückweist.
Rüdiger Paul

Doch es gibt die Pflicht zum Universalengagement, da man die zu lösenden Probleme selbst geschaffen hat. Und das haben wir. Wer das Privileg hat bei einer Flasche Rotwein aus Südafrika und angenehmer Zimmertemperatur Vokabeln aufs Blatt zu zaubern, der muss sich auch der Aufforderung zur Verantwortung stellen. Alles andere ist zynische Arroganz und Ignoranz der Gutsituierten. Wenn man den fairen Preis für die liebgewonnenen Lebensstandards schon nicht zahlt. Man muss sich zumindest die Blöße geben sich den Preis anzuhören. Die neben dem Traubensaft aufgetischten Wahrheiten in Form von Rechtsextremismus und Klimawandel sorgen natürlich für schlechte Laune in der wohltemperierten Schreibstube. Doch nur dieses Unwohlsein setzt die nötigen Kräfte zur globalen Veränderung frei.
Marcel Steven

Zwischen Frühstück und Mittagspause muss ich nur noch schnell die Welt retten, wenn ich angesichts all der drohenden Apokalypsen nicht als sorglose Hedonistin dastehen soll. Die chronische Panikstimmung wird allerdings auch geschürt von dauererregten Medien und Aktivisten, die in der Gefahr das Rettende nicht sehen können oder wollen. Da tut es gut, wenn Thomas E. Schmidt für ein Recht auf „Selbstentpflichtung“ plädiert, was wohlweislich nicht mit Verantwortungslosigkeit oder naiver Sorglosigkeit verwechselt werden sollte.
Mia Herber

Mein Kompliment für Ihren Beitrag im Feuilleton der ZEIT No. 16 vom 11.04.2024. Ich halte das für den einen der sinnvollsten und kompetentesten Beiträge, jedenfalls seit vielen Monaten. Ich für meinen Teil gehen diesen Weg, den Sie implizit empfehlen, seit vielen Jahren, weil mich dieses maximale Erregungspotenzial nicht interessiert. Ich habe mich aus der Aufregung ausgeklinkt und spiele ganz einfach nicht mehr mit. Ich werde nämlich die Welt nicht retten, keine Kriege beenden und auch keine Pandemie abwenden können! Punkt! Ich halte es schon für einen Erfolg, wenn ich meine Pflichten im eigenen Bereich ordentlich erfüllen kann. Das ist gar nicht so selbstverständlich, wie man auch manchem Beitrag in der ZEIT entnehmen kann. Wenn mir da neben der „Pflicht“ auch ein bisschen „Kür“ gelingt, kann ich schon durchaus zufrieden sein.
Günther Lettau

Sie haben teilweise Recht, scheren aber viel zu sehr alle über einen Kamm:  Abgesehen von der Einhaltung von Gesetzen gibt es natürlich das Recht, sich heraus zu halten, allerdings um den Preis, dass man damit das Feld allzu leicht denen überlässt,  die sich aus sehr egoistischen  oder missbräuchlichen Gründen eben nicht heraushalten, sondern kräftig zündeln und Brände stiften. Beispiele sind genug bekannt.  Teilweise ist das sich Raushalten natürlich auch nötig, um nicht an Erschöpfung gelähmt oder krank zu werden und noch Zeit für das existenziell nötige zu haben wie Familie, Kindern, Arbeitsstelle, Angehörige, Erholungsphasen etc. etc. Und natürlich wird das befeuern von Emotionen auch vielfach hysterisch übertrieben  oder schändlich manipulativ missbraucht,  denn gerade die Egoisten und Bösen der Welt wissen wieviel Macht und „Kampfkraft“ Propaganda, Desinformation und insbesondere Emotionen entfalten oder geben können. Aber es gibt eben auch Ziele und Gefahren, die Aufmerksamkeit und Emotionen — dafür — verdienen und brauchen, um große Gefahren und Bedrohungen für Land, Menschheit, Zukunft und ein Mindestmaß an Humanität abzuwehren, nicht nur um die Welt  immer weiter zu „verbessern“.  Einige Beispiele sind ja gerade in dieser Ausgabe wieder behandelt worden. Es ist eben eine Balance zwischen dem einen und dem anderen, immer wieder, manchmal auch eine Art Triage, wo man einteilen muss zwischen wichtiger und unwichtiger, zwischen völlig aussichtslos und noch Chancen, zwischen eigenen Möglichkeiten und völliger Ohnmacht, und zwischen Selbstschutz und Selbstfürsorge und Fürsorge für andere oder Land oder Menschheit etc. etc.
Peter Selmke

„Freut euch des Lebens!“ – oder: „Singe, wem Gesang gegeben“ macht vieles, vor allem Gemeinschaft leichter – im Guten wie im Bösen. Ein Muntermacher, wie es auch im mitreißenden Lied der Wandervogel-Bewegung zum Ausdruck kommt: „…Heute hört uns Deutschland und morgen die ganze Welt!“ – wie nicht anders zu erwarten, von agitatorischen Begeisterungs-Ideologen mit der Vorsilbe gehört zum überstilisierten Kampflied erhoben. Wie bei frühkindlichem Schutzbedürfnis ist Gehorsamsergebenheit nicht weit, wenn Ängste vor Unbill geschürt und mit „Mein Kind: Wir wollen nur dein Bestes! Fürchte dich nicht! Glaube nur!“ zu einer lebenslangen Blaupause von Untertanenschaft werden. In dieser ererbten Überantwortungsmentalität „göttlichen Ratschlusses“ unter Eliten rechtfertigen und praktizieren wir ein Zucht- und Ordnungs-Affentheater, das uns (gewiss gehören wir zu den Auserwählten, die der Fährmann zur Insel der Seligen überholt!), delegiert an KI-Unfehlbarkeit, gewiss zum Alptraum-Offenbarungs-Finale führt.
Andreas Weng

Sie haben Recht: Die*der durchschnittliche Berufstätige und meistens auch familiär Eingespannte hat außer bei Wahlen kaum eine Möglichkeit, strukturell etwas für Klimaschutz, Artenschutz, Umweltschutz, Verteidigungsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit, Schutz vor Desinformation, Schutz vor Verbrechen usw. zu tun. Sicherlich können sie und er versuchen, weniger und nachhaltiger zu konsumieren und ethisch korrekt zu investieren, aber letztlich müssen der Gesetzgeber und die Regierung(en) die Bedingungen für das Erreichen der genannten Ziele schaffen. Ständige Erregung und Empörung bringen da wenig: Im Wesentlichen reicht es, bei Wahlen jene Partei zu wählen, der frau*man am ehesten zutraut, sowohl den jetzt lebenden als auch künftigen Generationen ein gutes Leben zu ermöglichen.
Ulrich Willmes

Danke, dieser Artikel war überfällig und spricht mir aus der Seele. Ich kann das Heißluft-Geplärre der Politiker und angeblichen Interessenvertreter auch nicht mehr hören. Einziger Verbesserungs-Vorschlag: Ich hätte diesen Text lieber auf Seite 2 gesehen und dafür das dort gedruckte, wieder brillant geschriebene, aber wie üblich leicht nervige Kassandra-Geunke von Hedwig Richter und Bernd Ulrich („Revolution“. Darunter tun wir es ja im Klimaschutz nicht mehr), ins Feuilleton verschoben.
K.H. Lindenlaub

Ultrakurzes Feedback: DANKE! DANKE! DANKE!
S. Reginald

Tief empfundenes, sehr herzliches Danke für diesen Artikel! Kein Mensch für viele Worte:
D. Mohl


Leserbriefe zu „China, eine toxische Beziehung“ von Max Hägler und Xifan Yang

Bedrohliche Abhängigkeiten gibt es. Doch der Warenverkehr ist keine Einbahnstraße. Deutschland exportiert für 107 Mrd. und importiert im Gegenzug für 192 (2022). China würde sich mit Restriktionen also ins eigene Fleisch schneiden. Obendrein müsste es mit weniger Investitionen rechnen, die tendenziell ohnehin rückläufig sind. Allerdings tut sich eine Diktatur leichter mit negativen Folgen für die Bevölkerung. Insofern ist die Ausgangsposition hier delikater, zumal der Staat nur begrenzt einschreiten kann. Aber Risikominimierung kann sich dereinst dennoch auszahlen, wie das Beispiel Russengas zeigt.
Christoph Schönberger

BASF baut für 10 Milliarden Euro ein Werk in der VR China. Erhält aber hier Millionen Fördergelder für die Erzeugung grünen Wasserstoffs. Das ernüchternde Resultat: In Ludwigshafen werden tausende von Arbeitsplätzen eingespart. Der normale Menschenverstand fragt sich: Wie passt das alles zusammen? Es ist nicht mehr zu verstehen, aber nicht erst seit der Ampel!
Ulrich Niepenberg

In dem Artikel heißt es, dass sich Gallium als Beiprodukt bei der Herstellung von Aluminiumoxid gewinnen lässt. hier stockt der Leser. Warum sollte ich Aluminiumoxid herstellen. Das kommt doch massenhaft in der Natur vor als Mineral Bauxit. Oder hat der Schreiber was verwechselt und meint die Herstellung von Aluminium aus Aluminiumoxid? Falls ja, warum kommt das Gallium dann nicht aus Island, wo mehrere Aluminiumhütten stehen? Der Prozess braucht sehr viel Energie. Man stellt Aluminium also dort her, wo es billigen Strom gibt, wie auf Island.
Monika Forster

China hat mithilfe der bedingten Reflexe des Kapitalismus‘ eine Falle gebaut. Und die westliche Wirtschaft ist freudig hineingekrochen. Da die Konzernlenker nichts anderes können als bedingten Reflex, baut z.B. BASF lieber auf eigene Kosten eine chinesische BASF auf, als auch nur zu versuchen, sich aus der Falle zu befreien. Die Betrachtung der Welt ausschließlich durch die BWL-Brille und daraus folgende totale Leugnung, dass es Machtpolitik gibt, macht uns zum Jo-Jo der chinesischen Führung.
Hans List

Wiederholt wurde in der Presse angedeutet, so auch im Artikel, dass ggf. die Beziehung zu China gekappt wird, wenn es Taiwan angreift. Das sollte jedoch kein automatischer Mechanismus sein. China ist zweifellos eine Autokratie und ein Angriff auf Taiwan wäre aufs schärfste zu verurteilen. Ein gänzliches Abkoppeln von China dürfte jedoch in der Konsequenz unsere Wirtschaft massivst schädigen, zu sehr ist diese auf chinesische Rohstoffe und Produkte angewiesen. Bedauerlicherweise befinden sich fast alle Rohstoffe in autoritären und/oder aggressiven Staaten. Ein Abkoppeln verändert diese nicht. Aber vielleicht ein kleiner, jedoch stetiger Einfluss.
Reiner Gorning

Kanzler Olaf Scholz weilt gerade in China, während ich diese Zeilen schreibe. Immerhin scheint er verstanden zu haben, dass man ohne China und ohne Waren und Produkte aus China, Deutschland auf der Stelle abschließen und vermutlich auch gleich einmotten könnte. Irgendwie hatte man in früheren Zeiten zu einem Land Wirtschaftsbeziehungen, wie eben hier zu China, aber heutzutage sind aus diesen wirtschaftlichen Beziehungen auf einmal nur noch Abhängigkeiten geworden! Das Ganze könnte man vermutlich auch die neue links-grüne Ampel-Logik betiteln
Klaus P. Jaworek

Es ist ja inzwischen fast eine Binse, dass die Beziehung zu China, insbesondere die Handelsbeziehungen, toxisch, einseitig und abhängig machend geworden sind.  Das hinzunehmen war der Preis für das Ausmaß an Effizienz, Lohnproduktivität der Deutschen, Wohlstand auch bei sehr gut bezahlten Stammbelegschaften und das gleichzeitig, ohne die Firmen und Betriebe im internationalen Wettbewerb in den Ruin zu treiben.  Der andere Preis lag bekanntlich bei den Menschenrechten und der Ausbeutung von Natur und Mensch in auch anderen „günstigen“ Lieferländern und indirekt vielleicht auch bei den Bedrohungen der Souveränität der Nachbarländer am Südchinesischen Meer, Taiwans und des Völkerrechts.  Die Kunst ist eine Balance zwischen Effizienz und damit Wohlstand einerseits und  größerer Resilienz, will heißen Unabhängigkeit oder geringerem Risiko von Erpressungen andererseits. Wir müssten wohl mittelfristig auf das meiste nicht verzichten, höchstens bei ruckartiger Abkopplung,  aber sicherlich müssten wir mehr zahlen und mehr Arbeitsstunden und Arbeitsjahre im Leben leisten,  wenn wir diese bessere Sicherheit, mehr Menschenrechte und Resilienz haben wollen. Vielleicht wäre das auch gar nicht soooo schlecht, weil wir dann vielleicht auch weniger Ressourcen auf Kosten von Natur und Zukunft verschwenden, unsinnig oft wie in der Mode die Produkte wechseln  und uns mehr bewegen würden, statt ein eher ungesundes Leben im Sitzen und Liegen und mit immer weniger gesunden trainierenden Anstrengungen — körperlicher und geistiger Art — zu führen. Teilweise werden wir solche Änderungen schon aus anderen Gründen vornehmen müssen:  Wegen der Demographie, wegen der Naturerhaltung, dem Klima, den wieder zunehmenden Unsicherheiten vor militärischen Aggressionen,  der Migrationen, der Schulden etc. etc.
Peter Selmke

Ein Vorschlag zur Lösung. Wie richtig in dem Artikel beschrieben, sind wir inzwischen von zahlreichen als strategisch wichtig einzuordnenden Gütern abhängig. Das hat vor allem die Pandemie gezeigt, nun aber auch die Energiekrise. Folglich ist es für unsere Volkswirtschaft und die Gesundheit unserer Bevölkerung extrem wichtig, die eigene Produktion solcher strategischen Güter nicht zu „verlernen“. Folgender Lösungsvorschlag ist nach Deutschland bzw. an alle dauerhaft zuverlässigen EU-Partner gerichtet: 1. Die Politik erstellt eine Liste strategisch wichtiger Güter, 2. Wirtschaft und Politik ermitteln den jeweiligen notwendigen und sinnvollen Produktionsanteil dieser Güter in D/EU, 3. Wirtschaftsexperten ermitteln die Investitionen und Fertigungskosten in D/EU für diese Güter, 4. die Mehrkosten über den Weltmarktpreisen werden aus einer Umlage (keine Steuer, kein Zoll!) gespeist, die bei den Importeuren dieser strategisch wichtigen Güter erhoben wird. Diese Umlage dient ausschließlich dem obigen Zweck und muss der Höhe nach immer für einen vollständigen Ausgleich der Mehrkosten sorgen. (Hinweis: die Umlage könnte man prinzipiell so handhaben wie die schon seit Jahrzehnten erfolgreich praktizierte Schwerbehindertenabgabe), 5. es müssen Unternehmen gefunden werden, die diese Produkte erstellen wollen. Wahrscheinlich gibt es bei diesem Verfahren wieder diverse rechtliche Bedenken und Probleme, diese sollten aber für dieses existenziell wichtige Ziel der EU auf jeden Fall ausgeräumt werden. Wir können uns in der EU/D nicht immer durch eine bürokratisch komplexe Gesetzgebung in unserem Handeln selbst blockieren. Übrigens sollte China nichts dagegen haben, da seine Exporteinbußen nicht so erheblich sein werden bzw. wesentlich geringer sein werden als im Fall eines Kollapses der EU-Wirtschaft. Es ist außerdem vorstellbar, dass durch diese Maßnahme in der EU/D ein Investitionsschub ausgelöst wird und viel neue Unternehmen dadurch entstehen.
Dietrich Junker

Dies war ein Beitrag mit sehr klarer Warnung an Politik und Wirtschaft, die ja auch von vielen anderen Stellen von Wirtschaft und Gesellschaft ausgesprochen wird. Wie man am aktuellen China- Besuch des Kanzlers und dem angeschlossenen Wirtschaftstross sieht, leider mit wenig Beachtung. Die Regierung überlässt der Industrie die Maßnahmen und diese schaut zuerst nach dem kurzfristigen Profit. Wie wir an den Lieferbehinderungen der jüngeren Vergangenheit (Corona, Suezkanal-Blockade) sehen konnten, wird die Allgemeinheit in Form von Kurzarbeitergeld und Subventionskrediten die Zeche für die Lieferkettenoptimierung zahlen ’müssen‘. Wann wachen die Verantwortlichen endlich auf? Die Russland-Gas-Erfahrung sollte doch als Warnung ausreichen?
Eberhard Goette


Leserbriefe zu Titelthema „Wohin mit den Elefanten?“ von Fritz Habekuß

„Der Artikel stellt m.E. einseitig die Elefanten als die Schuldigen dar. Natürlich ist es traurig, wenn Menschen durch Elefanten zu Tode kommen. Aber wie geschrieben, sollen in den Achtzigerjahren allein im Park Malawis 1000 Elefanten gelebt haben. Menschen haben deren Bestand auf 50 Tiere durch Mord reduziert. Es ist doch verständlich, dass sich die verbliebenen Elefanten den Lebensraum nehmen, den sie benötigen. Man sieht doch eindeutig die Unverhältnismäßigkeit der Flächen der drei winzigen Nationalparks in denen Elefanten Leben zugestanden wird, im Vergleich zu den großen Flächen, die Menschen für sich beanspruchen. Wie wäre es, mit der Vielweiberei Schluss zu machen und menschliche Geburtenkontrolle einzuführen, anstatt den Elefanten ihren Lebensraum zu stehlen, weil Menschen sich ungebremst vermehren?“
Gabriele H. Steinbach

Der Vorschlag aus Botswana, 200 Elefanten nach Deutschland umzusiedeln, wird sich Malawi sicher gern anschließen. Dem Ministerium in Berlin, das die Einfuhr von Jagdtrophäen verbieten lassen will, fiel in der Manier der „alten weißen Männer und Frauen“ nichts Besseres ein, als die Afrikaner auf ihr Unwissen über die ungünstigen Lebensbedingungen für Elefanten in Deutschland hinzuweisen, obgleich man wissen sollte, dass gerade Botswana ein sehr gutes Management für Elefanten betreibt und der dortige Naturschutz das Überleben der Elefanten garantiert, was durch die Zunahme der Population bewiesen ist.  Wie wäre es, wenn Botswana und Malawi mit Berufung auf das Artenschutzabkommen die Regierung in Berlin dazu aufrufen bzw. verklagen würde, in Deutschland die Wisente wieder einzubürgern, die bekanntlich nicht seit dem Pleistozän ausgestorben und ausgerottet wurden. Aus Polen und aus Gehegen könnten Wisente wieder ausgewildert werden, was ein Beitrag dazu wäre, die ursprüngliche Biodiversität wieder herzustellen. Natürlich gehörte dazu ein absolutes Verbot der Trophäenjagd. Bei uns macht schon der Wolf Angst und Probleme, aber auch wir könnten lernen, mit Großwild zusammenzuleben!  Es ist eine Unverschämtheit, in Deutschland für die angeblich bedrohten Elefanten Spenden zu sammeln, von den Afrikanischen Ländern einen absoluten Schutz der Tiere zu verlangen und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zu verbieten, das erfolgreiche Wildtiermanagement durch Einnahmen aus der Jagd zu finanzieren. Diese Europäische Überheblichkeit des Besserwissens ist nicht mehr zu überbieten!
Artur Behr

Die Population der Elefanten in Afrika ist von geschätzt 25.000.000 im Jahr 1500 auf 400.000 im Jahr 2015 gesunken1, eine Abnahme von fast 98,5 %. Die Bevölkerung Afrikas ist im gleichen Zeitraum von geschätzt 46.000.000 auf 1.200.100.000 gestiegen2, eine Zunahme von 2.509 %. Das diese gewaltige Zunahme der Art Mensch auf Kosten von Natur, Ressourcen und anderer Arten geht, ist trivial, nicht neu und hat bereits vielen Tierarten ihre Existenz gekostet. Man geht davon aus, dass mindestens 200 große Säugetierarten (> 10 kg) der Expansion des Menschen zum Opfer gefallen sind3. Neu ist, dass wir es jetzt in der Hand haben, die letzten Großsäuger zu erhalten. Mit „wir“ sind alle Menschen gemeint und nicht nur die, welche in unmittelbarer Nähe zu Schutzgebieten und in der Regel im globalen Süden leben. Es sollte als globale Aufgabe betrachtet werden, dass es auch in 100 Jahren noch wildlebende Tiger, Nashörner, Löwen, Elefanten usw. gibt. Dies ist in vielen Gegenden nur mit sicheren Wildtierzäunen und Korridoren zwischen Schutzgebieten möglich und das kostet Geld. Es gibt mittlerweile genügend Beispiele für funktionierende Wildtierzäune und Korridore, die großen Säugetierarten die Wanderung zwischen verschiedenen Schutzgebieten erlauben, z.B. Ngare Dare in Kenya4,5. Es gibt viele Pläne und gute Ideen für eine Ko-Existenz von wilden Tieren und Menschen6, allerdings bedarf es bei der Umsetzung Geld und Engagement der globalen Gemeinschaft. Nur ein globaler Ansatz hilft mittelfristig allen, den Elefanten, den Kleinbauern am Rande eines Schutzgebietes, der moralischen Verantwortung des Menschen gegenüber aller Arten, die derzeit auf dem Planeten Erde existieren und dem Erhalt von Ökosystemen, von denen letztendlich auch das langfristige Überleben des Menschen abhängt.
Der Konflikt um die Elefantenumsiedlung nach Malawi ist nicht neu und wurde kürzlich vom Guardian wieder aufgegriffen7, aus dem Jahr 2022 gibt es bereits eine sehr sachliche Stellungnahme von African Parks dazu8. Auch wenn der Tod von 9 Menschen in zwei Jahren auf Grund von Human-Wildlife Konflikten tragisch ist, bleibt die Frage, warum nicht die jährlich über 6.200 Verkehrstoten in Malawi9 eher diskutiert werden sollten. Auch wenn in dem Artikel der ZEIT zum Glück darauf verzichtet wird, eine mögliche Verquickung von Prinz Harry mit der Elefantentranslokation zu erwähnen (siehe Titel des Artikels in The Guardian7), werden vor allem Emotionen durch detaillierte Schilderungen der Einzelschicksale geschürt, hinter denen die in Ansätzen vorhandene Diskussion von Lösungen verblasst. Die nötigen Wildtierzäune, zu denen es bereits viele Studien gibt10, 11 werden nicht selten von den lokalen Communities zerstört oder aufgehalten12. Es ist an der Zeit Lösungen für eine langfristige Ko-Existenz der letzten Wildtiere und Wildnis Gebiete dieser Erde und dem Menschen zu finden. Dies kann nur ein Kompromiss sein, der die weitere Expansion von Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume stoppt und sogar zurücksetzt. Auf der Seite der natürlichen Lebensräume und der Wildtiere sollten die Vernichtungen und Ausrottungen der letzten Jahrzehnte für diesen Kompromiss ausreichen.
1 https://ourworldindata.org/elephant-populations (Zugriff 13.04.2024)
2 https://en.wikipedia.org/wiki/Demographics_of_Africa#External_links (Zugriff 13.04.2024)
3 https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/artensterben-mensch-liess-grosse-saeugetiere-aussterben-a-973198.html
4 https://www.standardmedia.co.ke/article/2001394847/new-tunnel-cuts-elephant-attacks
5 https://ngarendare.org/
6 https://news.mongabay.com/2022/03/in-plan-for-african-wildlife-corridors-theres-more-than-one-elephant-in-the-room/
7 https://www.theguardian.com/environment/2024/feb/16/prince-harry-malawi-elephant-relocation-project-dead-aoe
8 https://www.africanparks.org/elephant-conservation-context-high-human-wildlife-conflict
9 https://www.worldlifeexpectancy.com/malawi-road-traffic-accidents
10 https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0006320718306578
11 https://www.giz.de/de/downloads/GIZ%20Partnership_Study%20HEC%20Africa_81236
12 https://manaonline.gov.mw/index.php/feature/item/1855-boundary-dispute-mars-park-fence-project714.pdf
Viola Clausnitzer

Leider haben sich sowohl der Autor als auch unsere Umweltministerin aufs Glatteis führen lassen. Durch Trophäenjagd wurde noch nirgends auf der Welt Tierpopulationen reguliert. Im Gegenteil: Um entsprechende Trophäenträger heranzuziehen, ist ein möglichst hoher Grundbestand nötig. Eine entsprechende Entgegnung zum populistischen Vorschlag des botswanischen Präsidenten wäre Aufgabe von Experten des Umweltministeriums gewesen. Trophäenjagd ist eine zutiefst unmoralische und neokolonialistische Erscheinung. Die Gewinne kommen in den wenigsten Fällen den „kleinen Leuten“ in den entsprechenden Ländern zugute. Und selbst wenn es so wäre, gibt es moralische Grenzen. Niemand wird Kinderprostitution gutheißen, bloß weil es Geld in arme Länder bringt. Die vom Autor beschriebenen Unglücksfälle sind tragisch, aber die angestellten Vergleiche z. B. mit fiktiven Wolfsopfern in Deutschland hinkt sehr. Es gibt in Ländern wie Malawi ganz viele andere Todesursachen wie verkehrsuntüchtige Fahrzeuge, die eine enorme Zahl an Todesopfern fordern und die man dort gezwungenermaßen ebenfalls akzeptiert und in Deutschland nicht akzeptieren würde. Elefantenpopulationen können nur wirksam reduziert werden, indem komplette Familienverbände ausgelöscht werden. Dies ist eine brutale Vorgehensweise, die nur von entsprechend ausgebildeten Rangern durchgeführt werden kann und die in Botswana tatsächlich praktiziert wird. Nur so bleiben keine traumatisierten Tiere zurück. Umsiedlungsaktionen wie im Artikel beschrieben, scheinen ähnliche Effekte wie Einzelbejagung zu haben und könnten ein Grund für die Aggressivität der dortigen Elefanten sein.
Norbert Wimmer

Das Problem Mensch gegen Tiere lässt sich mit Zahlen gut veranschaulichen. Während die Zahl der Menschen täglich um etwa 220 000 Individuen steigt, sterben täglich 150 Tierarten aus. Das ist tragisch und wird unweigerlich irgendwann die Menschheit selbst betreffen. Auch in dieser Familiengeschichte ist das Thema präsent, ein Bauer hat 9 Kinder von 2 Frauen. Deshalb ist kein Platz für 2000 Elefanten. Aber es wird von den Politikerinnen, Entscheidungsträgern, sogar Umweltschutzorganisationen konsequent ignoriert, dass das enorme Wachstum der Weltbevölkerung ein sehr großes Problem ist. Warum? Weil viele Menschen viel kaufen und viele billige Arbeitskräfte stellen. Und weil das Patriarchat sehr gut damit lebt, dass Frauen durch ständiges Gebären machtlos gehalten werden. Das muss sich endlich ändern, Frauen müssen selbst bestimmen, ob und wie viele Kinder sie haben.
Sabine Kiermaier

Es stimmt schon, was Sie schreiben: In Deutschland können wir froh sein, dass es kaum gefährliche Tiere gibt. Mir fallen eigentlich nur Bienen und Wespen ein, vielleicht auch mal ein verirrtes Wildschwein. Am schlimmsten sind aus meiner Sicht aber Hunde! Die würde ich eher zum Abschuss freigeben als Wölfe oder gar Katzen. Ich finde zwar, dass wir über hundert Jahre gut ohne den Wolf ausgekommen sind, aber eine echte Gefahr sind sie weniger für den Menschen als für seine Nutztiere (Schaf, Rind, Pferd). Katzen abzuschießen, weil sie angeblich zu großen ökologischen Schaden anrichten, finde ich schwachsinnig bis kriminell. Gerade gestern striff einer dieser sogenannten „Vogelmörder“ durch meinen Garten, wobei „streifen“ das falsche Wort ist. Die Nachbarskatze saß da minutenlang einfach nur herum und schien die untergehende Sonne zu genießen. Wenn die Katzen bei uns etwas jagen, dann Mäuse, keine Vögel. Bei der Jagd auf Vögel habe ich jedenfalls noch keine beobachtet. Die Mäuse scheinen auch eher im Feld als in meinem Garten vorhanden zu sein, da sitzen die Katzen auch gerne längere Zeit, da sieht man auch, dass sie lauern und nicht nur in die Abendsonne starren. Richtig aktiv werden sie aber erst nachts. Ich sehe immer eine weit nach Mitternacht ums Haus herumlaufen, nach der könnte man die Uhr stellen. Und dann fallen mir immer Camp Copes Zeilen „The cat’s been crying out / Wandering all alone around the house, saying / ‚I really hope you’re happier where you are now'“ ein. Ich hoffe, dass die Leute in Malawi etc. demnächst auch happier sein werden, was die Elefanten(plage) angeht. Katzen haben zum Glück keine Stoßzähne und können normalerweise auch keine Menschen niedertrampeln, sonst wären sie auch eher Säbelzahntiger. DIE ZEIT hat offenbar immer noch nicht das große Eszett für die Überschriften entdeckt. Laut Netz schreibt Ihr Name sich mit „ß“. Aus Herrn Voßkuhle wurde auch schon einmal ein „Vosskuhle“ gemacht.
Thomas Manthey

Ich möchte Ihnen nur meine Meinung dazu schreiben, weil ich den vollen Eindruck habe, dass Sie was Wichtiges übersehen: Auf der ersten Seite hätten Sie den ersten Satz gleich schreiben müssen „150 Arten sterben jeden Tag aus, die Menschen verursachen es“. Außerdem ist es eigentlich schon immer klar, dass Tiere nur zur Verteidigung aggressiv werden – nicht so wie die Menschen heutzutage, die es nur aus Profit/Luxus… machen. Man sieht es z.B. bei Elefanten genauso wie bei Wölfen, die würden nicht einfach zum Spaß aggressiv werden. Nur wenn wir Menschen deren Lebensgrundlagen zerstören, sind sie darauf angewiesen, in Richtung der Menschheit zu gehen, weil sie nichts mehr zur Ernährung… finden bei sich. Jetzt will man in Deutschland gleich Wölfe töten, weil sie gefährlich für Schafe werden könnten. Man liest hierzu aber nicht eine Zeile, wieviele Tiere die Menschen jeden Tag töten. Der Mensch darf es, ein Wolf z.B. nicht? Das widerspricht sich 100%ig! In der Psychologie ist es eindeutig: wie man mit anderen umgeht, ist ein Spiegelbild zu sich selbst. Die Menschheit ist absolut rücksichtslos geworden. Das ist der Hauptgrund, warum man den wahren Gott nicht mehr versteht. Man hat allein deswegen vor 2000 Jahren Jesus Christus getötet, weil der das Gegenteil bewusst machen wollte. Wenn ich auch in Fernsehberichten Kommentare von Einheimischen höre „dann gibt es diese Tiere halt bald nicht mehr“ – und wieviele Tiere allein bei uns gegessen werden. Ich will nicht wissen, wie die Welt in 50 Jahren aussieht. Oder vielleicht schon in 20 – kaum Tiere mehr, kaum mehr Gräser auf dem Lande. Es wird nur noch Trockenheit und Wasser-Überschüttungen geben.
Martin Heim

Welch ein grandioses Foto– vom Transport eines Elefanten!  Dass ein armes Land wie Malawi solch einen Aufwand betreibt, um Elefanten in seinen Nationalpark umzusiedeln – beachtlich. Nur dass man dann die eigene Bevölkerung nicht vor diesen Tieren schützt, ist ein Skandal. Wenn die Population der Tiere so zugenommen hat, ist es nur vernünftig, sie zu bejagen. Die europäische Haltung, einen Jagdtourismus zu erschweren, erinnert mich an koloniales Denken. Wir Europäer wissen, was die Afrikaner zu tun haben. Durch unsere ideologische Brille tragen wir dazu bei, dass Menschen sterben. Tierschutz auf Kosten von Menschenleben, das darf nicht sein– weder in Afrika noch in Europa.
Erika Schlegel

Ihr Artikel  „Wohin mit den Elefanten?“ beleuchtet ein wichtiges Problem, in dem aber über das vordergründige hinaus viel mehr steckt, so wie bei der Spitze eines Eisbergs: So ist nicht nur zwischen Menschen und Elefanten eine Konkurrenz um Flächen und damit Ressourcen, sondern mit wachsender Zahl an Menschen zwischen diesen und der Natur allgemein, ja sogar zwischen den  Menschen unter sich und zwischen ihren Gegenwartsbedürfnissen und ihrer Zukunft, die eben auch von wenigstens noch halbwegs intakter Natur und dafür wie dadurch auch Klima abhängt, wie gerade in der selben Ausgabe am Raubbau und der Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes deutlich wird. Im geschilderten Beispiel wäre der aktuelle Konflikt wohl recht einfach lösbar durch  bessere Zäune  und Bejagung von einem winzigen Anteil der Elefanten, wenn sich denn genug fleißige für die Arbeit und Geber des nötigen Geldes finden würden (im Fall der Zäune).  Was aber,  wenn die weiter  steigenden Menschenzahlen samt ihren weiter steigenden Bedürfnissen oder Ansprüchen an Wohlstand immer mehr Flächen brauchen:  Für ihre Ernährung, Ackerbau,  Viehhaltung, Wohnen, Holz für Heizung, Kochen und als Baustoff,  Produktion von Gütern aller Art, Arbeitsplätze etc. etc. ?  Wird es dann noch genügen, auf ein paar % der Elefantenpopulation zu „verzichten“, oder auf einen nochmals kleinen Anteil der restlichen Wälder und/oder Moore, die wir eigentlich massiv vermehren müssen, weniger für Natur und Artenvielfalt, viel mehr noch für unsere eigene Zukunft?
Es wird nicht mehr anders gelingen (können) als  mit dem Antasten von Tabus, die bisher gemieden wurden wie ein Fass Nitroglycerin:  Das Wachstum der Menschheit muss — viel stärker und schneller als  von allein oder durch steigenden Wohlstand zu erwarten — gebremst und gestoppt werden,  gleichfalls das Wachstum von — durchschnittlichem — fossilem  naturzerstörerischem Wohlstandswachstum, insbesondere Luxus und Verschwendung.  Und um das zu ermöglichen,  müssen die wohlhabenden Länder, vor allem natürlich deren privilegierte auf einen Teil ihres Wohlstands incl. Freizeiten verzichten, um sich an den — auch indirekten — Kosten der Naturerhaltung oder Naturwiederherstellung und der verschiedenen ökologisch bedingten immer dringenderen Wenden auch im globalen Süden angemessen zu beteiligen, wozu natürlich auch Renten/Behandlungen  für durch Elefanten verletzte und hinterbliebene gehören, wenn nicht sogar für Entschädigungen für die Verursachungen von Dürren, Fluten, Bränden, Klimafluchten etc. etc. Ich weiß, ich weiß,  das ist alles mehr oder weniger aussichtslos oder „unmöglich“, weil „die Menschen“ das mehrheitlich nicht akzeptieren,  wie mir selbst eine sehr menschenfreundliche und fürsorgliche Grüne antwortete. Ich selbst schätze die Chance nur noch auf einige Promille.   Aber wenn wir dieses „Wunder“  nicht mehr erreichen:  Die noch rechtzeitige Abwendung des Kippens von Natur- und Klima-elementen allein durch „kluge Politik“, durch ein „anderes System“ (wenn dieses noch demokratisch sein soll statt ökodiktatorisch), oder allein durch innovative Technologie,  das wäre ein noch größeres Wunder.  Wie im anderen Artikel der gleichen Ausgabe verkündet:  Es braucht eine „Revolution“,  nicht nur, aber auch in den menschlichen Verhaltensweisen und Kulturen.  Ansonsten würde wohl auch für unsere Spezies das eintreten, was  laut einer wissenschaftlichen Theorie der Grund ist, dass wir noch keine Aliens bei uns gesehen haben:  Solche Zivilisationen haben sich selbst ggf. indirekt ausgelöscht,  ehe sie so weit entwickelt waren, dass sie über viele Lichtjahre hinweg andere Planeten um andere Sonnen hätten besuchen können.   Sollte das allgemein oder nur für uns zutreffen,  dann fehlte jedem Individuum vor seinem Tod der Trost, dass  andere, vielleicht sogar seine Kinder und Enkel, das so liebenswerte am menschlichen Leben weiter fortsetzen werden.
Peter Selmke


Leserbriefe zu „Heul leiser, Sibel“ von Sibel Kekilli

Nein, liebe Sibel, heul lauter, viel lauter! Ich danke dir für deine treffenden Sätze. Jeden einzelnen davon. Herzliche Grüße von einer im Ruhrgebiet geborenen Deutschen mit türkischen Eltern, die sich auch nach über 50 Jahren ab und an anhören muss, wie toll akzentfrei Deutsch sie doch spreche.
Oya Schwab

Man kann nur hoffen, dass möglichst viele in diesen Spiegel, den uns die großartige deutsche (jawohl!) Schauspielerin Sibel Kekilli vorhält, auch hineinsehen und sich darüber, was sie sehen, ernsthaft Gedanken machen. Danke, Sibel, für diesen Text! Aber bitte weine nicht!
Björn Luley

Der Vorwurf des „strukturellen Rassismus in der Berichterstattung über Menschen mit Migrationsgeschichte“ ist ein scharfes Schwert. Ein Rückblick in die Nachkriegsgeschichte zeigt, dass eine Migrationsgeschichte nicht über die Präsenz in den Medien entscheidet. Viel mehr entscheidet die Beliebtheit beim Publikum. Beispiele hierfür gibt es zu Genüge. Andererseits frage ich mich, wie die Herabwürdigung und Verächtlichmachung wegen meiner traditionellen Essgewohnheiten einzuordnen ist.
R. Reiger

Ich möchte Ihnen gerne mitteilen, wie sehr mich Ihre Ausführungen und Erzählungen berührt und angerührt haben. Ich möchte Ihnen gerne Recht geben, dass Sie die intoleranten und rassistischen Erfahrungen nicht unkommentiert lassen können und dürfen. Es ist wichtig, dass wir in Deutschland, die wir keinen Migrationshintergrund haben, mitbekommen, welchen ignoranten und inhumanen Anfeindungen Menschen wie Sie ausgesetzt sind. Ich denke da auch ganz anders: Ich finde es bereichernd und interessant, wenn ich in Filmen Darstellerinnen und Darsteller sehe, die tiefschwarze Haare und dunklen Teint haben, die mit Rothaarigen und Blonden gut zusammenarbeiten können. Für mich waren und sind Sie immer eine schöne, reizvolle, sympathische und intelligente Schauspielerin.
Michael Benz

Wie der Titel schon besagt: Larmoyante „Victimhood-Culture“!
Elmar Philipp

Ich habe Ihnen und Herrn Friedmann schon einmal geschrieben, weil mich das Lamentieren über strukturellen Rassismus – ein großes Wort, wenn es sich vielleicht “nur” um Diskriminierung handelt – und über Antisemitismus bei jedem noch so leichten Zweifel an Israels Vorgehen im Gaza-Streifen in der Zwischenzeit nerven. “Natürlich” haben weder Sie noch Herr Friedmann, die doch so sensibel auf jede Nicht-Beachtung reagieren, Zeit für eine Antwort gefunden. Unsere Gesellschaften befinden sich in einem Übergangsstadium, um nicht zu sagen, in einem Umbruch, in dem viele Neuigkeiten und die immer zahlreicheren Diversitäten irgendwie verkraftet werden müssen, und das ist ein langwieriger und schmerzlicher Prozess. Ich sehe diesen ganzen strukturellen Rassismus übrigens nicht so krass, wie Sie. Im Fernsehen sind sogar die Tatorte inzwischen so divers besetzt, dass sie nicht dem Proporz der einzelnen Kategorien (ich möchte nicht von Rassen sprechen) entsprechen. Anstelle der alten erfahrenen, glaubwürdigen männlichen Kommissare agieren nun zu junge, meist zu schöne, zu unwahrscheinliche weibliche Kommissare, es gibt jede Menge von “diversen” Darstellern: Schwarze, Türken, Araber, Schwule, Lesben, Blinde, Rollstuhlfahrer usw. und diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen. Ich weiß, von was ich rede: Ich lebe seit 1956 in Italien, habe einen deutschen Namen und Nachnamen, den ich überall durchbuchstabieren muss. Außerdem habe ich einen leichten Akzent, der mich sofort als Ausländerin, wenn nicht als Deutsche zu erkennen gibt. Und das ist in Italien ein Handicap. Wenn jemandem etwas nicht passt, und sei es, dass ich protestiere, weil jemand die Reihenfolge in einer Schlange nicht beachtet oder mich mit dem Fahrrad auf dem Laufweg streift, wird mir als inzwischen 76-ähriger Frau per Du beschieden, ich solle in mein Land zurückkehren oder erst einmal Italienisch lernen, bevor ich den Mund aufmache (zur Information: ich war Universitätsprofessorin und spreche und schreibe ein hundertmal besseres Italienisch, als die Mehrzahl der Italiener).
Noch unangenehmer war es, wenn auf der Universität irgendwelche langweiligen Arbeiten zu erledigen waren und ich dafür bestimmt wurde, da ich “als Deutsche” ja akkurat sei oder, noch schlimmer, wenn ich als “Nazi“ beschimpft wurde, weil ich in der Bewertung der Studenten etwas strenger als die italienischen Kollegen war. Seien Sie doch froh (und stolz), dass sie trotz all der Vorurteile und Hürden eine erfolgreiche Karriere gemacht haben und nehmen Sie ein paar Ungerechtigkeiten und Verletzungen Ihrer Sensibilität in Kauf. Alles braucht seine Zeit und kann nicht von jetzt auf gleich in die Realität umgesetzt werden, eine Realität, die immer etwas zäher, als unsere Wunschträume ist. Und heulen Sie bitte nicht leiser, sondern am besten gar nicht.
Michaela Böhmig

Vorab erkläre ich in Vorbeugung von Entschuldigung für Entrüstungsmodi, mich seit nahezu 70 Jahren über küchenphilosophisches Schreiben selbst zu therapieren – und nicht Belehrung, sondern Hilfe zur Selbsthilfe mein Fokus ist. Von Person zu Person, in jeder Familie, Stamm, Volk, trägt Fremdeln unterschiedlich provinzielle Züge. In Achtung und Selbstachtung, Karrieren und ihren Knicken, in Ehrerbietung, Beachtung und Missachtung ist Beständigkeit ein flüchtig Ding. Ob in muttersprachlichem Stallgeruch, ob Bergler oder Flachländer, manchmal vom Parterre zum Loft oder zwischen Unter- und Oberstadt, aber immer von Dorf zu Dorf bestimmen Toleranz und Vorbehalte den Grad der Akzeptanz in Auf- und Abwertung, Liebe und Verachtung. Was uns, unabhängig vom Geschlecht, als Persönlichkeit adelt, ist mehr als Abstammung, Titel, Beruf und Geldbeutel. Bauen wir auf unsere inneren Werte, erfahrungsgestählt hin zu einer Aura, die uns zu Blockaden gegen Verletzlichkeit wappnet – und sich an Endpunkten zwischen Agape, Hera und Zeus im Sich selbst-bewusst-sein aufrichtet ( dem Mars das Zepter zu überlassen, entspricht der niedrigst-impulsiven Reaktion des Faustrechts!), finden wir zu selbstvertrauender Wesenheit, bei der Wehrhaftigkeit und mitfühlende Rücksichtnahme nicht vom „Wie du mir, so ich dir“, sondern „von der Liebe, die wir geben, kehrt unendlich Wertvolleres ins eigne Herz zurück!“ dominiert wird.
Fliehen wir wegen Verletzungsgefahr oder Verunsicherung der Nähe zueinander, verlieren wir das Spiel wegen der vielen Eigentore, für die wir ehrlicherweise nicht den Gegner verantwortlich machen sollten. Genau dieser mitmenschlichen Wahrnahme trauen die Wenigsten über den Weg wohl auch deshalb, weil ihr Umfeld sie von Klein auf lehrte, sich in Seins-Entwicklung Schutzwälle des Scheins zuzulegen – als gelernte Kopisten stets auf die erfolgreichen, das heißt durchsetzungsstarken Vorbilder schielend. Meines Erachtens ist vieler Menschen fast manisches Streben, sich im Glanz anderer zu sonnen – was bei Monotheisten deutlich wird in Sätzen wie: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, Du bist mein!“, indem sie sich als unterwürfig Dienende ihres Glaubensgottes erhöht fühlen (und besser dünken, wie der Lakai eines Kaisers gegenüber dem Lakai eines Königs), natürlich Hochmut-berechtigt, ihrerseits Unterrangige, erst recht das Prekariat zu kujonieren. (Verliert nicht auch der Schütze eines Garderegiments seinen Kopf ehrenvoller als der Schütze Arsch im Füsilier-Regiment?) Tränen lügen nicht? Am gesamten Kaleidoskop menschlicher Eigenschaften sind allein die Leidenschaften dermaßen facettenreich, dass wir uns inmitten impulsiver Reaktionen oft selbst nicht wiedererkennen. Auch ich, als Sensibelster mit drei Schwestern aufgewachsen, musste lernen, heißes Herz und wunde Seele hinter einem rationalen Vorhang zu verbergen, um nicht am Leben um mich herum zu verzweifeln.
Gerade ihr Frauen, gesegnet und gestraft mit einer Vielschichtigkeit, an die Männer (auch sogenannte Frauenversteher) nicht im Entferntesten heranreichen, überreagiert auf derzeit zeitgeistige Strömungen in Regentschaft des Mars dermaßen verstörend-folgenreich, dass vermeintliches Oberwasser Schlick und seine giftigen Gase zu einer ungenießbaren Vermischung nach oben treibt und sogar das Schwimmen gefährlich macht. Viele von euch nehmen sich die Eindimensionalität männlicher Konnotation zum Vorbild, leichtfertig auf die Grundzüge weiblicher Souveränitäts-Vorzüge verzichtend.  In diesem Alarm-Dauerzustand kommt es zu Überlastungen des „Hallo wach-Systems“, wie in ständiger Flucht- und Angriffsbereitschaft am Limit lavierend, was sogar ureigenste Stärke dermaßen überstrapaziert, dass die Psyche Amok fährt, der Körper kollabiert und der Geist sich von Feinden umzingelt sieht. Im Dirigat unseres Behauptungsdaseins muten wir uns und unserem Gegenüber mitunter mehr zu, als bewältigbar ist. In selbstkritischer Erkenntnis, dass der Lern- und Reifeprozess bei aller Detail-Meisterschaft nie endet, sollten wir uns bescheiden, um nicht in dieser Überforderung über Unterforderung zu klagen. Hochkonjunktur bei solchen Erregungszuständen versprechen Lebenshilfe-Angebote. Dieses Coaching, oft in Anlehnung an Religionsgemeinschaften mit ihren Glaubensgewissheiten, lebt vom Schein trügerischer Geborgenheit. Es macht sich Verunsicherung zunutze zu eigenem Nutz und Frommen, indem es sich menschlich-zwischenmenschlicher Regungen zwischen Logik und Gefühl bedient wie bei den Jahwe/Adonai-Konstrukten des liebenden und strafenden Gottes. (Rituale hingegen sind als Anker nicht zu verachten, solange sie nicht diejenigen ausschließen, die sich ihnen verweigern!)
Übrigens basiert auch unsere gesamte nationalstaatliche Ordnung auf diesem Unterordnungs-und Einfügungsprinzip, was uns seit Menschengedenken verleitet, diesen Zustand als Maß der Dinge zu akzeptieren! In diesem systemischen Polarisieren gerät uns Oben und Unten bis ins Private hinein nicht mehr zu Verbindungspolen der großen Mitte, sondern zu einem Zerrbild der Wirklichkeit, von Konkurrenz-Abwehrmechanismen geradezu infiltriert zu werden, die in Wahrheit doch nur erlernt rücksichtlosem Ego zu verdanken sind.  „Wer nicht für mich ist, wird wider mich sein!“ ist parteiische Trenn- und Spaltungslogik schrift-gelehrter Demagogie gegen wahre Fremdliebe in Eigenliebe des „Was du nicht willst, das man dir tue, das füg auch keinem andern zu!“ Da sich diese Dünkel-Ressentiments, von den Europäern ausgehend auf viele, auch außerhalb religiösen Fundaments basierende Machtstrukturen (imperiale Gelüste gibt es auch innerhalb der Familie) ausdehnte, sind besonders heutige Rechthaber-Freund/Feindbilder mit vergifteten Schleifchen versehen. Wer sie zu lösen versucht, kann sich glücklich schätzen, von den Unterstützern einer Seite nur gemobbt zu werden! Dazu passt wie Faust aufs Auge auch die von nationalsozialistischem Gedankengut entlehnte Behauptung: „Wer den Frieden will, soll sich auf den Krieg vorbereiten!“ Hätten dereinst die Osmanen den Atlantik bis zur Nordsee erreicht, könnte Europa heute von der sprichwörtliche islamischen Toleranz profitieren. Stattdessen verteilen radikale Agitatoren im Namen ihrer Überzeugungsgötter (siehe Taliban, Evangelikale und Konsorten) ihren Taubenkot über alle Unbelehrbaren und rühmen sich ihrer Taubenschläge edelster Zucht.
Dabei werden Gesinnungsparameter mit Feindbildern bemüht, die sogar Frieden und Verständigung mehrerer Jahrzehnte verunglimpfen für ein Nachher NATO-konnotierter Weltordnung, was Besonnenen Schweißperlen auf die Stirn treibt. (Das zu gegenwärtigem Gesinnungsterror, der auf alle Ebenen unseres Miteinanders abfärbt. Dass bei diesem zynisch-hinterhältigen Schachspiel die Bauern und Offiziere für ein Damengambit geopfert werden, wollen die wenigsten Verführten wahrhaben – und das Gros von uns, als willfährige Jünger jedweder Verführungsmeister, praktiziert im Kleinen, was die Großen uns aufs Gemüt drücken…!) Ihnen, Frau Kekilli, kann ich nur zurufen: Gräme dich nicht, Sibel! Sorge dich nicht, lebe mit der Liebe, die ins eigne Herz zurückkehrt! Das verleiht Ihnen Selbstwert zu einer spürbar damenhaft-adelnden Aura, der kein kunstbetrieblicher- oder gesellschaftlicher Zirkus Entscheidendes anhaben kann. Der große Rest geht niemanden etwas an. Allerdings – auch weil sie ihre Augen – und Körpersprache verraten kann, benötigen Sie viel Beherrschung ihrer Sensibilität, was Sie ja auch zum Schauspielern prädestinierte. Mit Ihrer aktivierten Sensorik sollten sie in der Lage sein, Kleingeister nachsichtig zu belächeln im Zugetan Sein denen gegenüber, die an ihrer Zugewandtheit wachsen und diese erwidern. Andernfalls machten auch Sie sich mitschuldig als Opfer und Täter zugleich eines Investments von Tarnen und Täuschen zwischen Vereinnahmen und Ausschließen, bei dem wir viel zu leichtfertig den Genuss gemütlicher Muße verlernt haben.
Andreas Weng

Bravo Frau Kekilli (i leider mit Punkt). Bitte weiter lauter heulen. Der Artikel hat zu 100% ins Schwarze getroffen.
Dorle Koller


Leserbriefe zu „Wie waren Sie als Lehrer, Winfried Kretschmann?“. Gespräch mit Winfried Kretschmann geführt von Jeannette Otto und Martin Spiewack

Rubrik Wissen? – Heilige Einfalt! Dass die Grünen in Baden-Württemberg den Zusammenhang von Sprache, Bewusstsein und Macht nicht kennen oder nicht in einem emanzipativen Sinn nutzen möchten, haben sie uns mit ihrem Kabinettsbeschluss Anfang des Jahres noch einmal vorgeführt: Gendersternchen, großes Binnen-I etc. dürfen in der Amtssprache des Landes nicht mehr genutzt werden. Dass Sprache konstitutiv für die Realität ist, das hätte der grüne Ministerpräsident auch bei der von ihm angeblich so geschätzten Hannah Arendt lesen können. Winfried Kretschmann findet Sprachdebatten aber „völlig überflüssig“, was er als wortkarger Bruddler gerne betont. Dass er jetzt auch noch den gemeinsamen Bezugsrahmen der deutschen Hochsprache – über Jahrhunderte ausgeformt, gehegt und gepflegt –, in die Tonne treten will: „Ich frage mich, ist Rechtschreibung tatsächlich so wichtig, wenn das Schreibprogramm alles korrigiert“ ,ist eine interessante Weiterentwicklung, die an Ignoranz kaum zu überbieten ist. Dazu passt, dass er auch eine zweite Fremdsprache in der Schule als Pflichtfach für verzichtbar hält. Heilige Einfalt! Sicher ist dieses Interview versehentlich unter der Rubrik „Wissen“ erschienen?
Johanna Lembens-Schiel

„Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!“ Die Quelle ist „Faust: Der Tragödie erster Teil (1808)“ von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), Dichter, Politiker und Naturforscher aus Deutschland. Soviel zu ihrem Gespräch mit Jeannette Otto und Martina Spiewak mit dem Ministerpräsident Winfried Kretschmann (*1948) in Baden-Württemberg! Hätte ich es nicht gelesen, so wäre ich bestimmt keinen Deut unklüger geblieben!? (Haben seine Schüler nun an den Kröten geleckt oder doch nicht?)
Klaus P. Jaworek

Gut gebrüllt, Herr Kretschmann – da hat der Ministerpräsident von Baden-Württemberg viel Wahres gesagt und einmal mehr hat man den Eindruck, dass sein grünes Mäntelchen sehr stark gelb-schwarz gefärbt ist. Leider hat er in seiner langen Amtszeit, wie er auch selbst sagt, viel zu wenig davon in „seinen“ Schulen umgesetzt – sonst wäre sein Bundesland in den letzten Jahren im Pisa-Ranking nicht so heftig abgestürzt. Mit dem Vorschlag, die zweite Fremdsprache abzuschaffen, öffnet er zudem die Büchse der Pandorra, könnte man mit seiner Begründung doch genauso über die Berechtigung der meisten anderen Schulfächer nachdenken. Wenn junge Menschen aber mehr und mehr zu reinen Anwendern der KI degradiert werden und nicht mehr lernen, warum etwas so ist wie es ist, bringen wir sie in eine irreversible Abhängigkeit von der KI und berauben sie ihrer geistigen Freiheit- Goethes Zauberlehrling lässt grüßen.
Manfred Hensler

Der Logik von Herrn Kretschmann zufolge, wonach Rechtschreibung und Fremdsprachen obsolet sind, wird auch schwimmen lernen überschätzt: es gibt schließlich Boote.
Katja Diegmann- Hornig

Als Lehrerin für Englisch und Deutsch muss ich Herrn Kretschmanns Fragen, ob „Rechtschreibung tatsächlich so wichtig“ sei, da doch Schreibprogramme alles korrigieren, und ob man denn in Zeiten von Handy-Übersetzungen noch „eine zweite Fremdsprache in der Schule als Pflichtfach“ brauche, vehement bejahen. Rechtschreibung ist, wie der korrekte Gebrauch einer Sprache ganz allgemein, eine unverzichtbare Kulturtechnik. Wer als Vielschreiber mit den oft zweifelhaften „Korrekturen“ der Rechtschreibprogramme konfrontiert ist, weiß, dass die Kenntnis von Rechtschreib- und Grammatikregeln nötig ist, um die Qualität der Korrektur bewerten zu können. Fremdsprachennutzung wiederum ist nicht einfach eine Übertragung bestimmter Vokabeln von einer Sprache in die andere. Bei einer korrekten Übertragung sind kulturbedingte Konnotationen dieser Wörter situationsgerecht mitzudenken. Damit sind mit dem Erlernen einer Fremdsprache auch immer Einblicke in den kultur-soziologischen Hintergrund eines Sprachraums verbunden – etwas, was in unserer so eng verknüpften Welt für echte Verständigung unverzichtbar ist. Ganz nebenbei: haben Sie sich nicht auch schon beim Lesen der computergesteuerten Übersetzung einer Gebrauchsanweisung gefragt, wovon die Rede ist?
Ursula Engelhardt

Dieser erschütternde autobiographische Bericht von Winfried KRETZSCHMANN über „Schläge im Internat“  berührt mich deswegen so tief, weil er bei mir selbst schlimme  Erinnerungen geweckt hat an ähnliche Formen der Misshandlung von Internatsschülern im Deutschland der Nachkriegszeit, d.h. in meinem eigenen Fall in Bayern, wo ich selbst, worüber ich u.a. auch in meinen eigenen „Lebenserinnerungen eines Altachtundsechzigers“ berichte,  von 1959 – 1960 Internatsschüler im protestantischen Alumneum zu Weiden  (in der Oberpfalz) war. Auch dort wurden nämlich von brutalen Aufsehern und einem paranoiden Direktor die Internatsschüler regelmäßig geschlagen, geprügelt und gedemütigt, natürlich im Namen „christlicher Erziehungsprinzipien“, zu denen, wie die Bibel es u.a. ausdrückt und rechtfertigt (und dies ist ja die einzige Referenz für diese konservativen Protestanten und „Pädagogen“), eben auch und v.a.  die körperliche Züchtigung gehört. Dabei wurde scheinheilig von diesen Spezialisten der „schwarzen Pädagogik“ betont, wie „liberal“ es in diesem protestantischen Internat, das von der „Evangelisch-lutherischen Kirche“ des Freistaats Bayern betrieben wurden, doch zugehe, im Vergleich etwa zu den katholischen Internaten“… Der Unterschied zur Behandlung in den berüchtigten katholischen Internaten bestand jedoch lediglich darin, dass  in diesem protestantischen Alumneum die Internatsschüler zwar keine Stockschläge auf den Kopf bekamen, so wie in dem schwäbisch-katholischen Internat von Herrn Kretzschmann; stattdessen aber wurden sie regelmäßig und ziemlich brutal v.a. im Studiersaal während der Beaufsichtigung der Schularbeiten von den Aufsehern geohrfeigt und auch psychologisch sehr gedemütigt….
Nähere Details dazu liefert das Kapitel „Internatsschüler im protestantischen Alumneum zu Weiden“ meiner Autobiographie „Leben als Widerstand“ (S. 58-63), Verlag Deutsche Literaturgesellschaft, Berlin, Europa-Center, 2010. Dort kann man u.a. Folgendes lesen: „Das Dilemma war, dass wir Mitschüler und Internatsinsassen von der allgemeinen Atmosphäre, die in dieser repressiven Erziehungsinstitution herrschte, so eingeschüchtert und terrorisiert waren, dass wir all diese Ausschreitungen und Strafaktionen passiv grollend über uns ergehen lassen und mit ansehen mussten, ohne dass es zu irgend einer Form des kollektiven Widerstands dagegen kam. Dafür war offensichtlich die Zeit noch nicht reif und der Terrorzusammenhang zu groß. Um die skandalösen Zustände in diesem Heim zu enthüllen, hätten die Eltern der betroffenen Internatsschüler Strafanzeige erstatten müssen. Dazu waren jedoch die meisten dieser Eltern, die ja mit der Einweisung ihrer Kinder in das Internat ihre Erzieherrechte (einschließlich des Rechts auf körperliche Züchtigung) an die Internatsleitung und ihre „Pädagogen“ mit ihrer Unterschrift weiterdelegiert hatten, nicht bereit; Es war die damalige Verfassung der bundesdeutschen Gesellschaft insgesamt damals, in der Adenauer-Zeit, der Zeit der Restauration, die bedingte, dass all diese Formen der ritualisierten Gewaltausübung  in der Erziehung als mehr oder weniger „normal“ angesehen wurden, wenngleich der Unmut und die Unzufriedenheit mit diesen Zuständen von tag zu Tag grösser wurde. (Vereinzelt gab es wohl auch hier und da schon  kleinere Revolten gegen die Heimerziehung, die aber alle sofort i Keim erstickt wurden.)Auf jeden Fall aber war damals so etwas wie eine „anti-autoritäre Erziehung “ in diesem CDU-CSU-Staat Bundesrepublik Deutschland völlig undenkbar.
Erst im Zeitraum 1967-68 änderte sich dies schlagartig mit der anti-autoritären Studentenrevolte. Für mich selbst kam dies allerdings viel zu spät; denn meine rein körperliche Verfassung war  bereits nach einem Jahr „Internatsleben“ in Weiden so schlecht geworden, dass ich infolge der Kälte, der nicht geheizten Schlafsäle, der schlechten Ernährung und der schlechten Behandlung eines Tages plötzlich schwer krank wurde. „Sanatoriumsreif“ musste ich dann mit einer schweren Lungenentzündung dieses „Heim“ verlassen, was gleichzeitig auch der Beginn meiner langjährigen Odyssee durch eine ganze Reihe von Sanatorien in Deutschland und in der Schweiz war, was wiederum zur Folge hatte, dass ich mein Studium in Tübingen erst mit einer mehrjährigen Verspätung aufnehmen konnte. In Tübingen aber „wartete“ auf mich i.J. 1963 der Philosoph Ernst BLOCH, mit dessen Philosophie der Hoffnung und der „konkreten Utopie“ ich mich sofort anfreundete und der mich ermutigte, mich intensiv viele viele Jahre lang mit seiner Philosophie und der Philosophiegeschichte allgemein zu beschäftigen, was mich dann u.a. auch dazu brachte, 1967 nach Paris zu gehen, wo ich kurz  nach meiner Ankunft sofort Augenzeuge der größten anti-autoritären Studentenrevolte in Europa wurde, die ich zufälligerweise dann sogar auch noch „am eigenen Leibe“ erfahren konnte, u. zwar auf den Barrikaden in der Rue Gay Lussac im Pariser Quartier Latin, einer spontanen Revolte, die dann auch noch am 13 Mai 1968 zu dem unbefristeten politischen Generalstreik führte, den die französischen Gewerkschaften aus Protest gegen die brutale Auflösung der Demonstrationen im Quartier Latin durch die Polizei ausgerufen hatten. All die schlimmen Erinnerungen an diese Internatszeit in Bayern hatten dann auch noch zur Folge, dass ich eines Tages den Entschluss fasste, nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren und zu versuchen, in Frankreich, dem Land der bürgerlichen Revolution und der „Erklärung der Menschenrechte“, zu bleiben und dort „ein neues Leben“ zu beginnen….
Nachdem auf Betreiben der „Grünen“ im Bundestag die Gründung des „Runden Tisches zur Aufarbeitung der Heimerziehung“ beschlossen wurde, meldete sich eines Tages bei mir telefonisch eine Beauftragte der evangelischen Landeskirche in Bayern , die mich genau zu meinem Heimaufenthalt in Weiden 1959-60 befragte und auch sogleich die Möglichkeit einer „Entschädigung“ durch die EKD andeutete. Diese erfolgte dann auch einige Monate später, nachdem ich einen detaillierten Bericht meiner damaligen „Internatserlebnisse“ abgegeben hatte. Was bleibt, das sind diese schrecklichen Erinnerungen an eine „zerstörte Jugend“ im Internat im Nachkriegsdeutschland…..
Arno Münster 

Sie sagen richtig, Herr Kretschmann wurde 1948 in Spaichingen geboren, er ist 10 Jahre jünger als ich, bin in Ebingen/Würt. geboren, heute Allbstad und wurde 1944 dort in Nazideutschland eingeschult, diese Lehrer von damals sind ihm glücklicherweise erspart geblieben, ebenso der Bombenterror ab Spätsommer 1944 bis zum totalen Zusammenbruch im April 1945. In Wahrheit, die Besetzung durch die Franzosen war für mich eine Befreiung, auch Spaichinen wurde von den Franzosen befreit, deshalb ist Herr Kretschmann nicht in Baden-Württemberg geboren, sondern in der Französischen Zone Württemberg. Dies nur zur geschichtlichen Korrektheit. Herr Kretschmann hat Recht, wenn er sagt, jene Lehrer waren teilweise schlimme Typen, jedoch nicht so schlimm wie die meinen im ersten Schuljahr, bis zum Zusammenbruch hatten wir sogar verbrecherische Nazis als Lehrer, üble Schläger und niemanden in der deutschen Bevölkerung hat ihnen Einhalt geboren.   Im Nachkriegsdeutschland, im Biounterricht haben wir nicht an Kröten geleckt, das ist ja so in Ordnung, in der Grundschule mussten wir Maikäfer in den Unterricht bringen, der Lehrer, ein komischer Typ, hat sie als Anschauungsmaterial zerpflückt, diejenigen die danach noch gezappelt haben, hat er auf der Schulbank zerquetscht.
Nichtdestotrotz waren wir fleißig, Ebingen und Reutlingen haben mich geprägt, als Textilingenieur habe ich die Welt kennen gelernt, Nach dem Studium an der Textilingenieurschule in Reutlingen habe ich noch 2 Semester am Polytechnikum in Loughborough (Leicester) Rund- und Flachstrickmaschinenbau studiert. Später habe ich dort mehrere Jahre gearbeitet und danach in Amerika für einen Albstädter Rundstrickmaschinenbauer als Geschäftsführer tätig. Diese Firma baute auch Feinstrumpfrundstrickmaschinen über viele Jahre in Spaichingen, sie kämpft allerdings heute in der 4. Generation in Tailfingen um das Überleben.   Ich schätze Herr Kretschmann sehr, erwarte aber von ihm als Realo, dass er den Warmongers in seiner Partei Einhalt gebietet. Wir als Kriegskinder und erfolgreiche Generation wissen, dass man mit Waffen keinen Frieden stiftet.
Jürgen Karrer


Leserbriefe zu „Ein echter Herr und sein Vermächtnis“ von Robert Habeck

Ich teile die hohe Wertschätzung von Robert Habeck für Wolfgang Schäuble, nicht aber die mit den Begriffen Aura und Herr verbundene Überhöhung. Statt Aura würde ich sagen: Präsenz. Statt Herr: Persönlichkeit (Herr stammt aus Zeiten, als die Männer verherrlicht werden und herrschen wollten. Ja, herrisch konnte Schäuble auch sein. So hatte er z.B. als Finanzminister seinen eigenen Pressesprecher öffentlich gedemütigt). Schäuble hat sein Leben sehr nachhaltig in den Dienst für unser Land gestellt, und für die CDU. Jeweils auch zum eigenen Schaden. Seine Stimme hatte immer ein großes Gewicht. Ja, sein ernsthaftes und beharrliches Ringen fehlt in unserer unübersichtlichen Zeit, in der sich so viel unreifer Unernst ausbreitet. Nun wirkt Schäuble mit seinem Vermächtnis fort. Aus seiner väterlichen Autorität müssen wir uns aber auch befreien und eigene Wege gehen, um am sich beschleunigenden Puls unserer Zeit sein zu können. Dabei kann uns Wolfgang Schäuble mit seiner konservativen Gestaltungskraft ein bleibendes Vorbild sein. Seine innere Stärke hat ihm die Freiheit gegeben, stets auf der Höhe der Zeit zu sein und mit den Veränderungen in unserer Welt verantwortungsvoll umzugehen und nicht gegen sie zu arbeiten. Bei allem Ringen mit diesen Veränderungen ist er sich stets treu geblieben. Darauf gründete die überzeugende Präsenz dieser großen politischen Persönlichkeit der Bundesrepublik Deutschland.
Reinhard Koine

Ich weiß nicht, ob es richtig war, Habeck als Rezensent von Schäubles „Erinnerungen“ einzuladen. Kein Nachruf erwähnte den Eklat Schäubles mit seinem Sprecher Michael Offer. Der Stern fragte damals: Darf ein Minister so ausrasten? Kein DAX CEO hätte so einen Ausraster schadlos überstanden. Wieso hat eigentlich kein Journalist die Pressekonferenz unter Protest verlassen? Aura? Ich weiß nicht. Vermutlich haben die Folgen des Attentats ihre Spuren hinterlassen – „harter Knochen“. Aber Wolfgang Schäuble war doch lange in den Niederungen der Politik engagiert: Von Parteispenden bis zu nationalistischen Themen. Bei der Kritik am Euro lag Schäuble richtig. Die hohen Schulden Griechenlands, Italiens und Frankreichs sind bis heute ein Problem. Diese Länder haben eine andere Wirtschaftsauffassung, die bislang nur durch die deutsche Finanzstabilität noch kompensiert wird. Früher haben sie regelmäßig abgewertet. Griechenland hat sich nur mit gemogelten Derivate-Beständen einer US-Bank im Euroland gehalten. Ich weiß nicht, welchen Beitrag der Euro zur europäischen Integration geleistet hat. Es gibt dazu Positionen von Prof. Hans Werner Sinn und Yanis Varoufakis. Das zeigt eher, wie unbedarft Habeck in wirtschaftlichen Fragen ist. Früher hat Karl Schiller als Wirtschaftsminister die Industrie aufgemuntert: „Die Pferde müssen wieder saufen“. Der Jammer Habecks ist nicht motivierend.
Gerhard Schroeder

Ich möchte Ihnen von Herzen für Ihren Beitrag in der ZEIT über Herrn Wolfgang Schäuble danken. Sie haben mir diesen großartigen Menschen und Politiker damit auf so wunderbare Weise nahegebracht, wie es mir in all den Jahren seiner Tätigkeit nicht gelungen ist. Ihre Gedanken haben sich mir tief eingeprägt, weil sie so ehrlich und überzeugend sind. Ich werde die Erinnerungen von Wolfgang Schäuble kaufen und einem meiner Söhne zum Geburtstag schenken. Ihnen wünsche ich weiterhin neben gutem Erfolg bei Ihrer Politik auch ein starkes Rückgrat und ein dickes Fell.
Herma Brandenburger

Ihr Beitrag zu Wolfgang Schäuble grenzt für mich an eine Apotheose. Kein Wort zu Schäubles Verwicklungen in die CDU-Parteispendenaffäre, wo dieser „Christ“ sich nicht zu schade war, von dem Waffenhändler Schreiber 100.000 DM in Empfang zu nehmen. Dass Nestlé in diese Affäre involviert war, war mir nicht mehr bewusst, habe ich eben erst bei meinen (vergeblichen) Recherchen, wie dieser „Bimbes“ nochmal genau genannt wurde (hundert alte?, graue? / braune? Männer? / Herren? Herr würde bei diesem „Herren“ Schäuble ganz gut passen.), erfahren. Schöne Grüße an Frau Klöckner! Ein echter „Christ“ sollte sich vielleicht auch nicht unbedingt auf den Atheisten Camus berufen, höchstens noch auf „Die Pest“, wo über Ideologien hinweg gemeinsam gegen die Krankheit (gemeint ist der Faschismus) gekämpft wird. „Sein eigener Herr“ wird man im Katholizismus eh nicht (dafür sorgen schon die katholischen Mütter, die darin, wenn ich dem Allen-Interview im letzten ZEITmagazin glauben kann, den jüdischen sehr ähnlich sind), aber Schäuble war ja auch Protestant. Ohne die Gnade Gottes scheint mir das im Protestantismus mit dem „eigenen Herren“ aber auch nicht zu klappen. Sisyphos jedenfalls braucht eine derartige „Gnade“ nicht. Ich weiß nicht, wie man das als „säkularer Christ“ (Selbstbezeichnung laut Wikipedia, ich habe mal geguckt, ob Sie auch für Klett-Cotta schreiben. Offenbar nicht.) wie Sie sieht. Ich weiß nicht mal, was ein „säkularer Christ“ sein soll, abgesehen davon, dass ich immer misstrauisch bin, wenn sich jemand als „Christ“ und nicht als „Katholik“ oder „Protestant“ etc. bezeichnet. Schäuble war kein Populist und auch kein Demagoge, aber ein Polemiker war er in den Bundestagsdebatten schon. Immerhin recht unterhaltsam. Bei allen Verdiensten als Bundestagspräsident (die Brandstifter sitzen ja längst im Parlament, da ist es auch nicht mehr so entscheidend, dass mittlerweile nicht mehr jeder braune Hinz und Kunz auf Einladung und mit den Schlüsseln der AfD dort herumspazieren und -pöbeln kann) und Europäer sollte man nicht vergessen, wer uns die deutsche „Einheit“ konkret eingebrockt hat: Schäuble mit dem damals schon kriminell veranlagten Krause! Und an Berlin als Hauptstadt trägt Schäuble ebenfalls maßgebliche Mitschuld.
Thomas Manthey

Schon aus Christine Lagardes Beitrag zum Tode Wolfgang Schäubles vor einigen Wochen konnte ich tiefe persönliche Zuneigung zu dem großen Politiker und Menschen Schäuble herauslesen. Und nun artikuliert auch R. Habeck seinen großen Respekt vor der Persönlichkeit des Verstorbenen. Besonders sympathisch ist mir dabei der Sisyphos-Vergleich. Denn nur wenigen Politikern dürfte es gegeben sein, mit solcher „Ernsthaftigkeit und Beharrlichkeit“, dabei mit so offensichtlich fröhlichem Gleichmut das letztlich unerreichbare Ziel zu verfolgen, im demokratischen Handeln „den Ausgleich widerstreitender Interessen“ zu suchen und dabei doch regelmäßig Rückschläge verschiedenster Art mehr oder weniger gelassen, aber unbeirrt hinzunehmen. Gerade angesichts eines utopisch entfernten Ziels einer friedlichen, gerechten und ökologisch intakten Erde sollten wir alle uns an Sisyphos und Wolfgang Schäuble orientieren!!
Wilhelm Kösters


Leserbriefe zu „Die Lust am Leben“ von Michael Schmidt-Salomon

Sehr geehrte Damen und Herren: der Autor zitiert „Carpe diem“ als „Pflücke den Tag“. Das hat die KI zwar nicht völlig falsch übersetzt, aber wo bleibt hier die Bildung des Autors! „Genieße den Tag“ kann ich ihm nicht wünschen!
Erdmann Pfuhl

Unsere Streben nach Glück bewegt sich stark entlang der Koordinaten Status und Konsum. Hohe Erwartungen sind Quelle von Unglück. Selbst in Relation zum Staat sehen wir uns als anspruchsberechtigte Kunden. In unserem Streben nach einem solchen individuellen Glück drohen wir auch als Gesellschaft, als Menschheit, in einem großen Unglück zu landen, wenn wir nicht bereit sind, uns zu besinnen. Die Erinnerung an Epikur ist hier sehr hilfreich. Auch von Epikur können wir Achtsamkeit lernen: Akzeptanz, Mitgefühl, Autonomie, Wandel. Aus einer Lebenspraxis entlang dieser Koordinaten können Einsichten wachsen, wie wir ein gutes, richtiges und glückliches Leben führen können. Individuell und Kollektiv. Eine Politik, die unser Leben und Wirtschaften erfolgreich in die überlebenswichtige Nachhaltigkeit transformieren möchte, findet bei Epikur Anknüpfungspunkte. Es ist falsch, immer wieder Anreize zu setzen, die uns letztendlich immer tiefer uns Unglück bringen.
Reinhard Koine

Wie schön wäre es, wenn man Epikur und Kant sich nicht nur zusammendenken könnte, sondern die Menschen danach handeln und leben würden.
Ilse Papsch

Herzlichen Dank für den schönen und trefflichen Artikel.
Michael Scheppler

Der nachweislich mehr zweifelnde als glaubende Autor besticht einmal mehr durch eine zeitgemässe Analyse epikureischen Denkens. Es ist jedoch zu befürchten, dass seine vielfältigen Beiträge zur ‘Entprovinzialisierung des Denkens’ angesichts der heutigen ‘Macht der Doofen’ auch fünfzig Jahre nach Sagan und zweitausend Jahre nach Epikur nicht die erwünschten Früchte tragen. Dass der Autor mit seinen Aufrufen zum rationalen Denken dagegen in der aktuellen ZEIT landet und nicht auf dem Scheiterhaufen wie vor 400 Jahren, kann dennoch als kleiner Hoffnungsschimmer für die Zukunft gelten.
Manfred Mutter


Leserbriefe zu „Benehmt euch, aber richtig!“ von Florian Eichel

Höflichkeit lernen – ab nach Paris! Ja, zu den Parisern! Wann immer ich deutsches Trampelchen im Gedränge geschmeidige Eleganz vermissen lasse, höre ich vom Gegenpart ein „Pardon!“ oder „Excusez moi!“ Und taumle zwischen Scham und Bewunderung. Berliner, auf nach Paris!
Alexandra Foghammar

Eine Telefonhotline gibt häufig Grund zum Ärgern. Oft wartet man 10 Minuten und länger, manchmal wird man aus der Leitung geschmissen, die MitarbeiterIn, die man dann schließlich erwischt ist mit der Frage überfordert, häufig spricht er/sie nur gebrochen deutsch. Das ist alles nicht Schuld der MitarbeiterIn. Sondern Schuld des „Leiter Qualitätsmanagement des Bereichs Customer Care“. Dieser sollte sich um die Qualität der Telefonhotline kümmern. Z. B: – mehr Mitarbeiter anstellen – Mitarbeiter besser bezahlen – Mitarbeiter besser schulen – Muttersprachler anstellen. Natürlich wird dann das Produkt teurer, aber es ist dann auch mehr wert. Anstatt aber den Support für den Kunden zu verbessern, gibt hier ein „Leiter Qualitätsmanagement des Bereichs Customer Care“ den Kunden  Benimmhinweise. Dafür gibt es ein treffendes deutsches Sprichwort: „den Bock zum Gärtner machen“
Adam Romoth

Als eifrige Leserin der Printausgabe interessierte mich auch Ihr Artikel ,,Benehmt Euch, aber richtig“. Sehr schnell fand ich allerdings eine Stelle in Ihrem Text, welche schlechtes Benehmen deutlich ausdrückt. Es ging um soziale Platzangst und Sie verglichen das ,,kleine Kaff“ mit der Großstadt. Diese Unhöflichkeit einen kleinen Ort ,,Kaff“ zu nennen oder anderweitig das Landleben abzuwerten, gehört mittlerweile zum guten Ton von JournalistInnen, obwohl dies ja eigentlich offensichtlich unhöflich ist. Ich (wir) sind vor wenigen Jahren aus einer Großstadt in ein kleines Dorf gezogen, würden aber niemals diesen liebenswürdigen kleinen Ort abwertend als Kaff bezeichnen. Und schon vor unserer Lebensveränderung haben wir das Wort ,,Kaff“ nicht einmal gedacht, denn es ist die pure Entwertung der Heimat von Menschen, welche oft schon Generationen dort leben und wie überall auf dem Land, die Dinge im Ehrenamt ,,wuppen“, da wo der Städter und die Städterin machen lässt. Also lassen Sie es bitte auch von ,,Käffern“ zu sprechen, ansonsten sind Sie arrogant, herablassend und schlichtweg unhöflich. Trotz dieser Kritik verbleibe ich sehr wohlwollend und wünschen Ihnen natürlich alles Gute.
Heike Westermann

Vielen Dank für den informativen Artikel, dessen soziologisch-philosophischer Ansatz allerdings dazu führt, dass wesentliche Aspekte, d. h. (massen-) psychologische, zu kurz kommen. So heißt es, dass die Deutschen nicht dafür bekannt sind, sonderlich höflich zu sein. Warum ist das so? Ist das im Süden Deutschlands auch so? Warum sind Briten und US-Amerikaner höflicher? In dem Artikel ist oft die Rede von Höflichkeit und Respekt, diese scheinen in Dt. eben nicht „internalisiert“ zu sein, sondern angelernt/aufgesetzt (benehmt euch..,), denn warum spricht der Autor von Vorder- und Hinterbühne? Kann es sein, dass Briten und US-Amerikaner dies nicht oder weniger ausgeprägt haben? Das sie internalisiert haben, den gegenüber „wertzuschätzen“, also kein Dünkel, keine Arroganz. Wertschätzung, die sich in Form von Höflichkeit zeigt. Was trägt die Unterscheidung zwischen der Person (Ober) und seinem Verhalten (von der falschen Seite serviert) dazu bei, so etwas möglich zu machen? Ich schätze den Ober wert (keine Herablassung), aber sein Verhalten kritisiere ich. Gerade die Figur des Hans Lauda/Ch. Waltz, eines dt. SS-Offiziers, zeigt das dt. Problem prototypisch auf (kultivierte blonde Bestie). Wie ist es zu bewerten, wenn jemand in einem hohen Haus spricht und viele Abgeordnete/Kabinettsmitglieder sind nicht da oder mit ihrem Handy beschäftigt? Keine Wertschätzung. Das höfische Ritual hatte sich nach Elias am franz. Hof herausgebildet (Der Prozess der Zivilisation). Wo finden Sie derartiges in Deutschland?
Gerd-Rüdiger Erdmann

Sehr interessant, dass Sie ganz genau wissen, dass 22 % der Bevölkerung, „aus moralischen Gründen“ gendergerecht sprechen. Und diese Menschen damit natürlich automatisch unhöflich sind – weil sich 77% davon (angeblich) „verprellt“ fühlen. Das Mitdenken von vermeintlichen Befindlichkeiten der Mehrheit ist ohnehin nicht immer der beste Ratgeber für eigenes Tun. Wichtiger ist aber, dass es durchaus auch andere Gründe als „Besserwisserei“ für gendergerechte Sprache geben könnte. Nämlich zum Beispiel den Wunsch, andere Lebenswirklichkeiten wahrzunehmen und zu respektieren. „Achtsamkeit – mal für die anderen“: So leicht könnte es gehen.
Claudia Wagner


Leserbriefe zu „Wie weit weg ist Buchenwald?“ von Malte Henk

Wer in der aktuellen Situation die erklärte Staatsraison für die Existenz Israels weiter aufrechterhält, leistet einen fatalen Beitrag gegen den Schutz des jüdischen Lebens in Deutschland. Das jüdische Leben in Deutschland darf nicht schon wieder eine politische und gesellschaftliche Exklusivität erfahren, sondern den Status absoluter Normalität eines deutschen Staatsangehörigen behalten. Von einer Nazi-Mutter erzogen, gilt die existenzielle Normalität des jüdischen Lebens zu meinen elementaren Bedürfnissen und wird mich auch mit 77 immer noch zu einem engagierten Beschützer aktiv sein lassen. Der Staat Israel und die von einer Mehrheit gewählte Politik hat jedoch bei mir jeglichen Kredit an Rechtsstaatlichkeit verloren und wird mit Kriegstreibern wie Putin gleichgestellt, weil sie ein scheußliches und verdammungswürdiges Ereignis der Hamas zum Anlass für einen eigenen Staatsterrors genommen haben.
Jürgen Dressler

Vielen Dank für Ihren gründlichen und mehrperspektivischen Artikel über Buchenwald. Als gelernter DDR-Bürger (Jahrgang 1958) ist mir Buchenwald natürlich nicht fremd, auch wenn ich nicht – wegen meiner Nichtteilnahme an der Jugendweihe – an der obligatorischen Fahrt nach Buchenwald teilgenommen habe. Auf meine Klassenkameradinnen und -kameraden hat diese Fahrt nach meiner Erinnerung keinen allzu großen Eindruck gemacht. Pausengespräch waren hinterher ganz andere Dinge – wie bei Klassenfahrten wohl üblich. Vielleicht ist die kollektive Konfrontation mit dem unvorstellbaren Grauen in diesem Alter auch nicht besonders geschickt … Erneut entsetzt war ich, als ich im Theologiestudium an den kirchlichen Hochschulen in der DDR bei meiner Beschäftigung mit DDR-Zeitgeschichte darauf stieß, dass zumindest in der sowjetischen Besatzungszone die Lager weiterhin – nun durch die neuen Machthaber – genutzt wurden, so auch Buchenwald. Probst Heinrich Grüber hat z. B. Sachsenhausen besucht und einen entwarnenden Bericht verfasst, der freilich nicht unwidersprochen blieb. (Vgl. Beckmann, Joachim (Hg.) (1949): Kirchliches Jahrbuch für die Evangelische Kirche in Deutschland. Gütersloher Verlagshaus. S. 235-239.) Die Gedenkstätte Buchenwald informiert auch über diese Zeit als „Speziallager Nr. 2“). (https://www.buchenwald.de/de/geschichte/chronologie/sowjetisches-speziallager)
In der Tat müssen die Verhältnisse in den sowjetischen Speziallagern zwar anders als in der Nazi-Zeit nicht intentional – aber doch immerhin billigend in Kauf nehmend – tödlich und jedenfalls katastrophal und menschenunwürdig gewesen sein. Unsere Familie hat sich nach der friedlichen Revolution intensiver damit befasst, da ein Bruder meines Vaters im Gelben Elend in Bautzen am 25. Juni 1949 ums Leben kam. (Ich füge zwei Literaturangaben unten an.) Das Erschreckende an dieser Entdeckung war für mich, dass diejenigen, die sich gerade erst über die Verbrechen der Nazi-Zeit und insbesondere in den Konzentrationslagern mit Recht empört hatten, keine Skrupel hatten, deren Einrichtungen in ähnlichem Sinn weiterhin zu nutzen. Das Lernen aus der Geschichte hatte ich mir anders vorgestellt… Ich könnte mir vorstellen, dass diese Vorgänge einer ebenso gründlichen Betrachtung wert sein könnten, weil sie einerseits wenig bekannt sind, andererseits daran einiges über das Funktionieren von Diktaturen an ihnen gelernt werden kann.
Karl Ludwig Ihmels

Beim Lesen dieses interessanten Artikels über die KZ-Gedenkstätte Buchenwald erinnerte ich mich an einen Besuch dort im Jahr 1985 zusammen mit einer Gruppe internationaler Deutschlerner vom Goethe-Institut Frankfurt Main, an dem ich damals unterrichtete. Der Guide hat bei seiner Führung damals doch tatsächlich behauptet, Buchenwald sei von der Roten Armee befreit worden, obwohl Fotos ausgestellt waren, die die Befreiung am 11.April 1945 durch Vorauseinheiten der U.S. Army zeigten. Meine Nachfragen wurden als „westdeutsche Hetzkampagne“ abgetan, ebenso meine Nachfrage nach der Verwendung des Lagers Buchenwald als „Speziallager der Roten Armee für Nazigefangene“ bis Ende der 1940er Jahre, was energisch abgestritten wurde. Die Geschichtsklitterei war für mich als Historiker kaum erträglich und für unsere jungen ausländischen Mitreisenden eine hervorragende Einführung in den real existierenden DDR-Sozialismus.
Björn Luley

Viel nähert als Buchenwald ist dort in Thüringen noch der Todesstreifen der nationalsozialistischen, stalinistischen Faschisten der SED, die quer durch Deutschland und am Nachbau der Mauer des Warschauer Gettos durch Berlin Tausende von Flüchtlingen ermordet haben. Aber die SED-Nazis waren ja offiziell keine „Rechtsradikalen“ mehr, sondern haben – wie bereits 1948 die NSDAP in der DDR – einfach ihren Namen geändert und sind heute gefragter Koalitionspartner der SPD.
Georg Sittig


Leserbriefe zu „Wird Paragraph 218 abgeschafft?“ von Hanna Grabbe

Ich schlief friedlich im warmen Bauch meiner Mutter, und der Vater hatte kein Bedürfnis auf sein drittes Kind. Darum schickte er einen Vertrauten in die Stadt, um besondere Nadeln zu besorgen. Damals konnte man nicht „einfach“ ins Krankenhaus gehen. Meine Mama wusste, was auf sie zukommt, und hatte höllische Angst. Darum arbeitete sie von früh bis spät auf dem Feld, schleppte die schwersten Säcke und sprang bei jeder Gelegenheit irgendwo herunter. Immer in der Hoffnung, das Problem würde von allein abgehen. Aber mir gefiel der Sport meiner Mama. Ich vermutete eine Siebenkämpferin. Dann kam der Tag und die junge Frau ging mit den langen Nadeln auf ihr Zimmer. Die Männer warteten in der Küche. Nach einigen schmerzhaften Fehlversuchen entschied sie, weder mich noch sich umzubringen. Die Männer schimpften und meine Mama sprang weiter von hohen Zäunen und Leitern. Ich war mir sicher, dass sie bei den nächsten Olympischen Spielen in Rom eine Medaille gewinnen würde. Heute wäre mein Leben schon vor dem Hundertmeterlauf beendet und alle wären zufrieden.
Fred Klemm

Die Gesellschaft bestimmt also nunmehr darüber, ob die Tötung menschlichen Lebens legitim ist oder nicht. Mit anderen Worten: Recht tritt an die Stelle von Moral. Die Bilder aus Paris von vor einige Wochen haben mich zum Weinen gebracht: Ungeborenes Leben zu töten gilt dort nun als Freiheitsrecht und hat Verfassungsrang. Nur 500 Leute fanden sich in dieser Metropole, um ihren Widerspruch zu bekunden. In Deutschland steht uns Ähnliches bevor, wie die Empfehlung der Kommission beweist. Diejenigen, die mahnten, die Abschaffung von §219 sei nur der Auftakt für einen mutwillig von links entfachten Kulturkampf gegen §218, haben Recht behalten. Inzwischen gilt es als bei denen, die §218 zu schleifen gedenken, Frevel, unerwünschte (männliche) Küken zu schreddern, aber als ein Menschenrecht, das Gleiche mit Kindern im Mutterleib zu tun. Das ist absurd, pervers und obszön. Was wäre, wenn es einen Gott gibt, der verfügt hat, dass das menschliche Leben unverfügbar ist? Herr, erbarme dich unseres gottvergessenen Landes, wo man im Begriff ist, das universellste aller Gebote mit Füßen zu treten und sich dafür auch noch feiert! Komm herein, Namenlos. / Musst nichts sagen, kenn dein Los. / Sei willkommen, Chancenlos, / Wie du bist, entstellt und bloß. Kleines Wunder, ungeseh’n. / Ein Geschenk, doch abgelehnt. / Warst gewollt und kein Versehn. / Komm herein, kann‘s nicht versteh‘n. Viel zu früh, doch trete ein. / Niemand hörte je dein Schrein. / Deine Schönheit wird allein / Vor deines Schlöpfers Auge sein. Kann kaum denken, was geschah, / Als man deinen Körper brach. / Schrei zum Himmel, ich bin da, / Litt den Schmerz auf Golgatha. Komm herein, trag meinen Nam‘. / Nimm Gestalt, die man dir nahm. / Du bist mein Kind, ich nehm dich an. / Niemand hindert meinen Plan. Netzfund
Marcel Haldenwang

Ja, es geht bei diesem Thema um Frauenrechte. Das werdende Leben befindet sich schließlich in einer Symbiose mit der schwangeren Frau. Allein ist es hilflos. Deshalb braucht es die Frau, die dem Fötus, wenn alles glatt läuft, zum Leben außerhalb des Mutterleibes verhilft. Damit alles glatt läuft, benötigt das werdende Leben auch den Schutz des Staates. Seine Organe sind zur Hilfestellung gegenüber dem sich entwickelnden künftigen Staatsbürger verpflichtet. Damit ist klar: Die Schwangere kann und darf nicht nach dem Motto „Mein Bauch gehört mir“ mit dem Fötus in ihrem Bauch machen, was sie will – in letzter Konsequenz auch töten. Was so euphemistisch Schwangerschaftsabbruch heißt, ist in Wahrheit Tötung ungeborenen Lebens. Natürlich darf man die Person, die abtreibt, nicht kriminalisieren, aber man darf auch nicht so tun, als sei eine Abtreibung das Normalste der Welt. Abtreibung ist und bleibt ethisch verwerflich, auch wenn man natürlich differenzieren muss, wie die ungewollte Schwangerschaft zustande kommt. So bleibt es ein schwieriges Unterfangen, beiden Seiten gerecht zu werden: der schwangeren Frau und dem ungeborenen Leben.
Wolfgang Wendling

Die Kritikerinnen sehen eine „Austragungspflicht“ für die Frau schreibt Hanna Grabbe. In Europa scheinen es  unterschiedlichen Schutz für die Tierwelt und Menschenwelt zu geben, und das entstehende menschliche Leben hat schlechte Karten: Das heranwachsende Leben in den Wildtieren ist geschützt , für Küken, die nicht benötigt werden, gibt es eine Aufzuchtpflicht seit 2022, im Uterus heranwachsende Menschen , zu deren Entstehung 2 Erwachsene bzw. zeugungsfähige Menschen beigetragen haben, sollen der Verfügungsgewalt (leben lassen oder Leben beenden) der von der Natur vorgesehenen Trägerin des Lebens anheimgestellt werden. Vielleicht sollten, wer keine Kinder will, eine Verhütungspflicht erfüllen müssen, dann bräuchte es keine Abtreibung, und ungeschütztes, einzigartiges und mit Würde versehenes Leben würde nicht zerstört werden müssen.
Alois Lienhard


Leserbriefe zu „Ich bin kein Staat! Ich bin ein freier Mensch!“. Gespräch mit Nancy Fraser geführt von Elisabeth von Thadden

Dieses Interview mit der sehr klugen Philosophin Nancy Fraser sollten sich alle Philosemiten und selbsternannten Israel-Freunde in unserem Land hinter den Spiegel stecken und hoffentlich erkennen, dass die gegenwärtige deutsche Politik der Gleichsetzung von Israel mit dem Judentum unser weltoffenes Land zunehmend verzwergt und in die Isolierung treibt. Die Welt schüttelt über das, was in Sachen Israel/Palästina und Antisemitismusverdacht bei uns passiert, nur noch ungläubig den Kopf. Deutschland wird zu Absurdistan! Natürlich darf die deutsche Politik jüdische Menschen wie jüngst der US-amerikanischen Philosophin Nancy Fraser, die für einen ökonomischen Boykott Israels (wegen dessen völkerrechtswidrigen Politik) plädieren, für „antisemitisch“ diskreditieren. Nur muss dieses Deutschland dann auch akzeptieren, dass es vom Rest der Welt nicht mehr für voll genommen wird. Und das ist leider mittlerweile der Fall. Der offizielle „Philosemitismus“ dominiert. Aber dass sich dahinter meist ein verkappter Antisemitismus versteckt, wird kaum wahrgenommen. Danke, Frau Fraser, dass Sie uns an diese altbekannte Binsenwahrheit erinnert haben!
Björn Luley

Diese Aussagen gelten nicht nur für Frau Fraser, sondern auch für die WissenschaftlerInnen der israelischen Universitäten, den Bauern in den Kibbuzim u.a. Auch diese “töten in Gaza nicht durch staatliches Handeln”. Das scheint mir die Antwort gewesen zu sein, die die Universität Köln erwartet hat. Wenn nun das hohe Prestige von Frau Fraser missbraucht wird, die Bundesrepublik in die Ecke der Weltpolitik zu stellen, halte ich das für fatal. Natürlich kann ich nicht erwarten, dass Frau Fraser die Herausforderung kennt, die faschistische Gruppierungen an die Bundesregierung stellen, indem sie ihren Antisemitismus in pauschalisierten Verurteilungen Israels verstecken. Diesen begegnet die Bundesrepublik, indem im Einzelfall Verbote und Ausladungen erfolgen, nicht aber durch eine generelle Einschränkung der Meinungs-, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit. Wie die Einzelfallprüfung im Fall von Frau Fraser durchgeführt wurde, weiß ich nicht. Aus dem Interview entnehme ich, dass Frau Fraser der Universität Köln keine differenzierte Antwort auf die Ausladung gegeben hat. Merkwürdigerweise hat sie sich entschieden, ihre Person in die einer Wissenschaftlerin und einer Bürgerin zu spalten. Seit Kant, spätestens aber seit der Erkenntnis- und Wissenschaftskritik-Diskussion der Frankfurter Schule ist in Deutschland bekannt, dass die “naturwüchsige Meinung” eines Bürgers die Wahrnehmung bestimmt und damit die Erkenntnisfähigkeit. Insofern ist es aus meiner Sicht erforderlich, dass Frau Fraser öffentlich eine Klarstellung vornehmen muss. Es ist inakzeptabel, dass die Bundesrepublik diskriminiert wird, weil sie einen Weg sucht, Antisemitismus detailliert zu definieren. Und dass dieses Bemühen von Prominenten – ich vermute fahrlässig – unterlaufen wird.
Ursula Lemke

Grundsätzlich muss an einer freien Universität die freie Rede gelten. Alles andere hat den Ruch von Zensur. Leider ist es im Fall der amerikanisch-jüdischen Philosophin Nancy Fraser insofern komplizierter, als sie mit ihrem Bekenntnis zu besagtem Brief „Philosophy for Palestine“ (den ich in Gänze gelesen habe) eindeutig einseitig gegen Israels Politik Stellung bezogen hat ohne mit gleicher Entschiedenheit den von den Hamas ausgelösten 7. Oktober-Moment als solchen ebenso uneingeschränkt zu verurteilen. Frau Fraser unterschätzt die gesellschaftliche und politische Bedeutung, die sie mit einem Status als Gastprofessorin an einer Universität der BRD innehat. Selbstverständlich hat Frau Fraser das Recht ihre Meinung, welche auch immer, kund zu tun; dass aber die Bundesrepublik Deutschland auf Grund ihrer Vergangenheit eine besondere Sensibilität bei derartig einseitigen Stellungnahmen zum Nahostkonflikt walten lassen muss, ist nachvollziehbar und gebietet unser Respekt vor den Millionen Opfern des Holocaust. Dafür muss man Verständnis erwarten bzw. einfordern dürfen. Dass man selbstverständlich Kritik an der israelischen Politik üben kann und muss ist ebenso unstrittig wie die Notwendigkeit einer klaren Verurteilung des Massakers vom 7.Oktober 2024. Beides ist in der Beurteilung der israelischen Politik wie siamesische Zwillinge untrennbar, das gebietet unser demokratisches Selbstverständnis und unsere Menschenwürde; auch angesichts der Bedrohung Israels von allen Himmelsrichtungen in der Region (Libanon, Jemen, Iran, das die Terrorgruppen massiv mit Waffen unterstützt und Israel das Existenzrechts verweigert) braucht es eine differenzierte historische Darstellung der Geschichte des Staates Israel, um dem heutigen Szenario in gerechtfertigter und ausgewogener Stellungnahme zu begegnen.
Besagter Brief lässt eine entsprechende Sensibilität leider vermissen und trägt in seiner einseitigen Stellungnahme eher zur Verhärtung der Fronten denn zu einem ernst zu nehmenden Versuch der Vermittlung bei. Ich kann nicht nachvollziehen, wenn eigentlich reflektierte Menschen sich für diese Art der zusätzlichen Polarisierung hergeben. Wünschenswert und sinnvoll wäre gewesen, wenn vor der Absage seitens des Rektors der Universität Köln es zu einer Aussprache vis à vis mit Frau Fraser gekommen wäre; es hätte zu einem neuen, möglicherweise fruchtbaren Ansatz, intellektuell wie menschlich, in der kontroversen Debatte führen können. Diese Chance haben die Verantwortlichen leider nicht wahrgenommen. So überwiegt der fatale Eindruck, dass in Deutschland derjenige unerwünscht ist, der bei diesem Thema nicht „auf Linie“ ist. Gerade Deutschland müsste als enger Verbündeter und Freund Israels zu einer Entschärfung der Fronten beitragen.
Berta Walter-Hamza

Obrigkeiten-verordnete Räson ist eine der gesellschaftlichen Dressur-Todsünden – wie das „gewogen und zu leicht befunden“ der Bibel. Über der gemütsbezogenen Heimat mosaischen Glaubens steht für Frau Fraser die philosophisch hinterfragte Auseinandersetzung mit den Irritationen unserer Menschenwelt. Bezögen wir uns alle auf unseren Ursprung, dem Ideal freiheitlicher Anarchie, gäbe es keine gegenwartsnormative Rechtgläubigkeit von Gesinnungs- und Gewissensprüfung, die ein- und ausschließt. Ob geistige, mentale oder körperliche Überlegenheit: Erst über den Schritt von Habachtstellung zu liebedienerndem Anbiedern kommt es zu zensierender Macht und ihrem Missbrauch auf allen argumentativen Ebenen – mit meist unverhohlenem Glaubensfanatismus, der wiederum untertänig vorauseilenden Gehorsam und nonkonformen Defätismus gebiert. Bitte bleiben Sie, Frau von Thadden (spontan fällt mir Erasmus von Rotterdam ein), Teil der kritisch Ungehorsamen, die mit Gold aufgewogen gehören, wie auch Nancy Fraser prädestiniert ist, im Rat der Alten Sitz und Stimme zu haben. Leider spricht die Geschichte Bände, wie selten Vernunft und Langmut in weisem Wägen zum Tragen kommt. Hätte, wäre, wenn doch Paris auf seine Schwester Kassandra gehört! Dem Unverstands-Tollhaus entkam bislang keine Generation vor uns – und angesichts von Rücksichtslosigkeit schwant unsereinem Böses.
Andreas Weng


Leserbriefe zu „14,4 % mehr Straftaten“ von Arnfrid Schenk

Zusammengefasst: Es kann gar nicht schlimm genug sein, weil es laut Statistik danach immer besser wird. Kriminelle Jugend-kein Problem! Die „gut ausgebaute Präventionslandschaft“ muss man nur gut pflegen. Und wie könnte man das besser als durch gute Auslastung. Noch nie hab ich nach einer Kriminalstatistik so gut geschlafen. Das nenne ich mal Anästhesie. Dank an Arnfried Schenk!
Fred Klemm

Wenn jetzt über die von 2019 bis 2023 gestiegene Gewaltkriminalität diskutiert wird, während laut Polizeilicher Kriminalstatistik des BKA bereits seit vielen Jahren die Körperverletzungsdelikte zunehmen, bleibt erstaunlicherweise der Anteil der Medienwirkung regelmäßig außer Betracht. Dabei ist doch naheliegend, dass die hinlänglich beschriebenen anonymen Zügellosigkeiten via Internet viele Menschen in ihrem Verhalten negativ beeinflussen. Von üblen Beleidigungen auf Internetplattformen über das Bepöbeln von Rettungskräften vor Ort bis hin zu Gewalttaten von Gruppen mit Handy-Dokumentation für die sogenannten sozialen Medien haben sich negative Auswirkungen gezeigt, die ohne das Medium Internet nicht denkbar wären. Und das bedeutet, dass dieser Fehlentwicklung endlich durch wirksamere Filter, De-Anonymisierung und konsequente Bestrafung bis hin zur vorübergehenden Blockade von IP-Adressen, Servern und Plattformen wie z.B. TikTok entgegengetreten werden muss!
Jürgen Sievers

Das Thema der Kriminalität insbesondere incl. Gewalt ist ja wieder in aller Munde oder Drucker. Gerade heute war es auch im Presseclub.  Und immer wieder wiederholen sich die oft leider ideologischen und einseitigen Argumente von beiden Seiten:  Die einen betätigen sich als Verteidiger der Täter mit allerhand unverschuldeten „Gründen“, die oft eher statistische Risikofaktoren sind.  Die anderen  suchen und machen Angebote in Richtung billiger und bequemer Maßnahmen, die die Wähler weder mehr Steuern noch Arbeit kosten, vielleicht sogar die Eltern  der Täter. Einiges ist aber wohl nicht so neu: Schon vor Jahrzehnten war die besondere Drucksituation von Alleinerziehenden eigentlich klar.  Auch die Zukunft war in den meisten vergangenen Zeiten unsicher, auch hinsichtlich der Teihabeperspektive, und man musste, so gut es ging damit leben lernen.  Neu ist eher  die Erwartung und der Anspruch,  dass Regierung und „Staat“  nicht nur ein möglichst sicheres, sondern ein von allen Unsicherheiten, Benachteiligungen, Belastungen und selbst  rein psychologisch bedingten Störungen und Unsicherheiten nahezu 100%ig  freies Leben zu garantieren haben.  Das zeigt sich auch an den immer wiederkehrenden Fragen von Medienschaffenden in Interviews, ob man denn dieses oder jenes „ausschließen“  könne,  womit angesichts der Erwartungen die interviewten regelmäßig unter Druck gesetzt werden  etwas zu „versprechen“,  was nicht möglich oder verantwortbar ist zu versprechen. Sehr viel wird immer wieder auf Armut von Eltern zurückgeführt, manchmal so, als sei das der alleinige Faktor für Leben, Bildung, Persönlichkeit, Verhalten und Schicksal der Kinder. Es ist aber kein unentrinnbares Schicksal als Kind ärmerer Eltern ein schlechter, adipöser, unmotivierter, bewegungsarmer oder eben straffälliger Schüler oder Jugendlicher zu werden, und es gibt außer durch staatlicherseits mangelnde Förderung von benachteiligten Kindern auch etliche andere Faktoren.
Auch beim Thema der Schüler-Gewalt und sonstigem Fehlverhalten von Minderjährigen liegt es nicht allein an Staat und Gesellschaft und System.  Eine wichtige Rolle spielen auch — abgesehen von der Familie — positive und negative Kontaktpersonen aller Art und aller Altersgruppen, weshalb ja dankenswerter Weise inzwischen auch das System von Paten eingerichtet wurde. Ansonsten gab es früher noch die Kirchen  und bis heute, wenn auch leider abnehmend  Vereine aller Art.   Zumindest moralisch gibt es schon lange eine Erziehungspflicht, die sich allerdings nur schwer staatlich erzwingen und leider oft kaum erwarten lässt, an die aber doch öfter erinnert werden muss und ohne die der Staat und die ganze Gesellschaft schnell überfordert wären, auch wenn sie alle zu wesentlich größeren Anstrengungen und Zahlungen als bisher — was wünschenswert wäre — bereit wären. Und es gibt noch viele weitere auf die es ankommt: Manchmal reicht eine einzige zufällige Kontaktperson, die ihrer Verantwortung gerecht wird und entsprechendes Interesse, Empathie und Realismus zeigt, um jemanden vom Weg zur Kriminalität, zum Terrorismus oder zu Amokläufen weg und auf einen für alle beteiligten besseren Pfad zu bringen.
M. E. entscheidend ist folgende Frage:  Wer ist verantwortlich, dass — ab welchem Zeitpunkt —  im Leben von vor allem Kindern und Jugendlichen  andere Weichen gestellt werden?   „Die“ Politik?  Deren Wähler?  Die Eltern? Die Peer-Groups? Die Drogen- und Alkohol-Szenen?  Die Schulen und Lehrkräfte?  Oder am Ende — auch — die Kinder und Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst?  Oder ist es am Ende „einfach Schicksal“, wie sich ein Kind auf dem Weg zum Erwachsenen entwickelt?   Meine Antwort kommt aus den Erfahrungen meines eigenen Lebens und auch aus meinen Erfahrungen als Therapeut und Arzt von Straffälligen Patienten mit Sucht-  und psychischen Problemen:  Alle sind  — mit — verantwortlich,  jeder da, wo er/sie mit eigenen Problemen, denen seiner oder anderer Kinder  oder von Freunden, Bekannten oder Verwandten zu tun hat, soweit das Engagement nicht zu Überlastung oder zu großen Opfern an legitimen eigenen Interessen führt.  Es gilt im Prinzip dasselbe, was Greta Thunberg einst für den Klimaschutz  sagte:  „Jeder zählt, alles zählt“.  D.h. niemand kann oder darf  sich damit entziehen oder herausreden, dass ja andere — noch mehr — zuständig seien. Keiner darf die „Lösungen“ allein von den anderen beteiligten erwarten.  Und keiner darf für seine Verantwortungs-übernahme so hohe Bedingungen stellen, dass die jeweils anderen sie gar nicht erfüllen können oder realistisch erfüllen werden.  Wir alle zusammen  sind  „der Staat“, und fast jeder hat Gelegenheiten, wo er sich selbst für einen besseren Weg entscheiden und dafür arbeiten kann,  aber auch anderen bei deren Problemen mit Verständnis, Rat und Tat dazu unterstützen und beeinflussen kann.  Und wieweit der Staat mehr tut, oder tun kann, hängt davon ab,  wieviele Arbeit und Mittel wir ihm zugestehen als Steuerzahler, Wähler, ehrenamtliche  und/oder  Staatsbedienstete,  oder aber ihm entziehen durch Anspruchsdenken, überhöhte Tarifforderungen, vermiedene Steuern, schlechte oder unterbrochene Arbeit, frühes in Rente Gehen trotz guter Gesundheit oder gar Leistungsverweigerung etc. etc. Auch während Corona wurden zu viele bequeme bis suchterzeugende Verhaltensweisen gepflegt wie die  a-/sozialen und sonstigen  Medien, Genussmittel wie Süßigkeiten oder schlimmeres.  Das alles war nicht nur Schuld eines Staatsversagens, sondern auch durch viele individuelle Entscheidungen  oder auch Nicht-Entscheidungen bedingt, sei es für sich selbst oder für andere.
Diese Verantwortungen sollten alle unbedingt  vor einer Elternschaft (kennen-)gelernt haben, wenn nicht im eigenen Elternhaus oder Freundeskreis, dann in der Schule oder in sonstigen Institutionen, denn den Eltern, weniger auch den Großeltern, soweit erreichbar, und manchmal größeren Geschwistern, fällt immer noch die Hauptverantwortung für den Weg ihrer Kinder zu.  Und es ist tragisch, wie viele  Eltern werden,  obwohl sie nicht einmal in der Lage sind, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Eigentlich sollte es eine Art Elternführerschein geben, bevor jemand Kinder in die Welt setzen und erziehen und dafür staatliche Leistungen beziehen  kann oder darf,  denn diese Aufgabe ist mindestens so schwer, verantwortungsvoll und wichtig  und manchmal folgenreich  wie die Führung eines Kraftfahrzeugs.  Dieser „Führerschein“ bzw. seine Voraussetzungen sollte dringend auch zu den Inhalten der höheren Klassen der Schulen gehören  im Rahmen einer Art  Lehrfach  Lebenskunst, wozu auch z.B. handwerkliches, soziales, finanzielles und gesundheitliches Wissen und Können gehören würde.  Das kann natürlich nicht bedeuten, die Eltern mit allem ansonsten allein zu lassen.  Aber ohne ihre Unterstützung ist auch der beste Staat leicht überfordert,  wie auch Eltern leicht überfordert sind ohne Unterstützung der restlichen Gesellschaft (nicht nur des Staatsapparats).  So hieß es in einer afrikanischen Redensart sinngemäß:  „Die Erziehung/Entwicklung  eines Kindes braucht — auch — das ganze Dorf.
Damit ist auch fast alles wichtige für das  Problem der Überschuldung und  Schuldnerberatung gesagt, die natürlich auch besser werden sollte.  Auch hier liegt die Verantwortung bei vielen, die einen Einfluss auf die Lebenswege und Lebensstile und auf die Möglichkeiten staatlicher Hilfen  haben. Auch die finanzielle Kompetenz und Resilienz gegenüber Werbung, schlechten Vorbildern und ihren Manipulationen  und gegen vermeintlichen Selbstwert aus Konsum oder Gruppenzugehörigkeit gehören zur Lebenskunst und damit schon in die Schule, jedenfalls wo es nicht im Elternhaus gelehrt oder vorgelebt wird.   Zu den schwersten Aufgaben im Rahmen dieser Lebenskunst  gehört auch damit klarzukommen,  dass man nicht garantiert zu den besten, attraktivsten, anerkanntesten, interessantesten, lustigsten oder mehr besitzenden oder verdienenden gehört oder gehören wird.  Wenn dies trotz persönlichen Bemühungen der Fall ist oder jemand gar besonders  unbeliebt oder verachtet ist, fand ich das immer sehr ungerecht, da so viel im Leben vom  „Glück“ oder Zufall der individuellen Ausstattung abhing. Ein Onkel sagte dazu „das ganze Leben ist ein Glücksspiel“.  Das ist vielfach änderbar durch Hilfen und Lernen, aber nie ganz ausgleichbar,  und für die Zukunft einer Gesellschaft kommt es nicht nur auf Gerechtigkeit, sondern auch auf Effizienz an, so dass für das Wohl des ganzen auch manchmal ein Stück Gerechtigkeit  hintangestellt werden muss. Auch Krankheit und Behinderung oder Minderheitenzugehörigkeit sollten zwar auf Rücksichtnahme und Hilfe zählen können,  aber nicht zu einer Art Thron ausgebaut werden, dem alle anderen nur noch zu dienen haben.
Ich selbst kenne viele der ungünstigen Voraussetzungen  aus meinem eigenen Leben:  Auch mir fehlten im höheren Schulalter Kontakte, Selbstwertgefühl, Geld,  Anerkennung, Vorbilder, teils guter erklärender  Unterricht statt nur  Zwang und Benotung, (auch teils nötig, aber alles andere als ausreichend)  und psychosoziale Unterstützung zu Hause und anderswo, so dass ich mit dem zusätzlichen Ballast einer chronischen Erkrankung auch ohne Corona relativ isoliert war und teilweise ausgeschlossen wurde.  Zum Glück aber gab es in den 60er Jahren in einer Kleinstadt noch wenige Drogenversuchungen  und wenig kriminelle Szenen, und Waffen für evtl. Amokläufe waren auch kaum zugänglich.  Und ich war mir  bewusst, als Schutzfaktor  vor Hass,  dass ich selbst manchmal anderen gegenüber nicht besser war als andere mir gegenüber, allerdings ohne jemals weniger begabte oder interessante zu verspotten, verachten oder verhöhnen.  Und zum Glück war ich gesegnet mit langfristigem Denken  und Ehrgeiz und der Hoffnung,  durch Anstrengung und Geduld  doch irgendwann  mehr zu erreichen,  an guten interessanten Betätigungen mit ausreichender Bezahlung, an Anerkennung und vielleicht auch attraktiven Kontakten.  Und ich lernte von Büchern und Experimentierbaukästen auch ohne Schule und Eltern, von  zufällig kennengelernten Vorbildern und Ratgebern für Verhalten,  vor allem in Studentenheimen,  und aus Verhaltensexperimenten, sogar solchen in Träumen und „kämpfte“ und lernte für viele Jahre um Erfolge und die ersehnte Anerkennung und Integration, alles auch nicht vergeblich, wenn auch ohne den erträumten Erfolg. Entscheidend waren aber Erlebnisse,  die mich lehrten,  dass gute Menschen und das Gute und Liebenswerte  im Menschen allgemein wert sein konnten, geliebt, geschützt und gefördert  zu werden  auch ohne die Aussicht auf Anerkennung und Gegenliebe für mich.  Erst mit dieser Einstellung  hatte ich die Unverkrampftheit, um fast unerwartet doch dann Liebesbeziehungen zu finden  und einen Sinn im Leben, auch wenn diese wieder vorbei  waren.
Und auch für meine im Laufe des Lebens mehrfachen chronischen manchmal existenzgefährdenden  Krankheiten fand ich Lösungen oft nicht von den zunächst  zuständigen Ärzten,  sondern musste oft über Jahre  mehrfache Anläufe machen, wie auch regelmäßig in der Visite-Sendung im NDR-TV mitzuerleben ist, bis es eine erfolgreiche Therapie gab, oder bis ich schließlich aus Literatur, Dokus und eigenen Überlegungen selbst eine Lösung fand.  Das erforderte oft jahrelange Geduld und Arbeit und „Durststrecken“.  Ähnlich war es im Beruf, wo ich vieles auch wichtiges nicht von den zuständigen Ausbildern und Institutionen lernte, sondern durch privat gesuchte „Lehrmeister“,  selbst gesuchte Fortbildungen  und  Überlegungen und Experimente.  Erst mit all dem konnte ich mich schließlich sicher und kompetent in meiner Arbeit fühlen,  die aber für wirklich gute Qualität oft mehr Arbeitsstunden erforderte als tariflich oder auch als anerkannte Mehrarbeit bezahlt wurde.  Dazu gehörte u.a.  den Patienten schon zu Beginn eines Aufenthaltes  die Funktionsweise einer Therapie  samt nötigen Leistungen von beiden Seiten zu erklären,  denn auch  Therapie am Verhalten und fühlen  ist nicht nur vom therapeutischen Team quasi  geschenkt,  sondern teils anstrengendes Lernen  und vor allem Üben  und so Arbeit von beiden Seiten. Diese Anstrengungen kann man oft auch dem unschuldigst krank gewordenen  oder durch äußere Benachteiligungen süchtig und   straffällig  gewordenen Patienten  nicht abnehmen, und man kann sich als Therapeut  bemühen und es  teils auch schaffen,  die Therapie  leichter  und manchmal auch spaßig zu gestalten,  sie bleibt aber letztlich — oft anstrengende —  Lern-  und Übungsarbeit.
Alles wäre sicher viel leichter und schneller gegangen, wenn ich schon in der Kindheit und Jugend  gute Helfer, Vorbilder und Ratgeber oder allgemein eine bessere Gesellschaft  um mich herum gehabt hätte.  Aber was hätte es genützt, darauf nur  klagend oder anklagend zu warten, oder sich gar mit Suchtmitteln zu „trösten“?  Das wäre verständlich, aber nicht hilfreich gewesen.  Ich habe im laufe der Zeit auch viele Helfer, Vorbilder und Ratgeber gefunden,  aber teils auch nur, weil ich sie gesucht und ihnen eine Chance gegeben und sie ernst genommen  habe.   Mir fällt als Fazit der Satz am Ende des Faust ein:  „Wer immer strebend sich bemüht,  der soll auch Gnade finden“.  „Gnade“ könnte man heute ergänzen oder ersetzen durch  „Hilfe, Vorbilder, Leidensminderung,  Freunde, Erfolge, Anerkennung, Selbstwert und ein lohnendes Leben“.  Das ist leider kein garantierter Ausgang, aber fast immer eine Chance,  für beide Seiten,  die hilfsbedürftigen und die Helfer  und Gesellschafts- oder Weltverbesserer. Niemand hat letztlich ein Anrecht auf eine perfekte absolut gerechte Gesellschaft oder perfekte unbegrenzte Therapien und Hilfen als Bedingung für eigene Mitarbeit, Selbstverantwortung oder anständiges Verhalten. Deshalb ist oft  die „Akzeptanz“ einer nicht zu erreichenden Perfektheit auch der Gerechtigkeit und „Teilhabe“ bei sich und anderen und auch einer gewissen objektiven Unsicherheit nicht das schlechteste.
Das alles muss uns bewusst sein, wenn wir anklagen und die „Rettung“ nur von Staat und Führungen fordern.  Vor allem: „Der Staat“  sind nicht nur die Regierungen und Parlamente, sondern wir alle zusammen,  die zusammen zu ausreichenden Steuerzahlungen und Arbeitsmengen  und Priorisierungen bereit sein müssen,  d.h. ggf.  einen größeren Anteil  des Wohlstands  und der dafür aufgebrachten Arbeitsmengen  für mehr Gesundheit und Humanität wie auch Klima, Sicherheit, Renten, Bildung oder auch im eigenen kollektiven Interesse Integration und Ausbildung von Migranten  umzuwidmen  und dafür vielleicht  bescheidener zu sein bei sonstigen Ansprüchen und Besitzständen wie Urlaubs-Fernreisen,  dicken Autos,  Modetorheiten,  Prestige-Objekten, teure regelmäßige Restaurantbesuche,  immer längere Renten auch bei noch vorhandener Arbeitsfähigkeit etc. etc.
Peter Selmke


Leserbriefe zu „Sehen Sie nicht, was hier läuft?“ von Martin Nejezchleba

Erst abklären, Beweise sammeln, dann urteilen und nicht umgekehrt! Geht es jedoch um ein Mitglied in der AfD, wie bei Petr Bystron, der dazu noch ins EU-Parlament gewählt werden möchte, dann ist das natürlich ganz was anders. Das ist dann wieder ein gefundenes Fressen für die oberdemokratischen Hüter der Demokratie mit Heiligenschein aus Deutschland. Es ist wieder Wahlkampfzeit und deshalb wird weiter mit ganz großem Halali-Getöse zum skurrilen AfD-Bashing geblasen. Alle gegen einen, Altparteien gegen die AfD!
Klaus P. Jaworek

Der folgende Artikel enthält eine falsche Ortsangabe: Fehlerhafte Passage: „Schon als sich Weidel unlängst von einem ihrer Referenten trennte, der am Wannseer Geheimtreffen zur „Remigration“ teilgenommen hatte, geriet sie parteiintern in die Kritik.“ Fakt ist: Das Geheimtreffen zur „Remigration“ fand nicht am Wannsee (Berlin) statt, sondern im Potsdamer Ortsteil Neu-Fahrland im „Landhaus Adlon“ am Lehnitzsee. Genaue Ortsangaben enthält dieser Eintrag (Die Website des „Landhaus Adlon“ ist mittlerweile offline): https://www.stadtmagazin-events.de/locations/landhaus-adlon/ Über eine zeitnahe Korrektur – online und Print – würde ich mich freuen:
Barbara Debus

Netter Artikel. Nur warum erzählen Sie uns, dass Bystron keinen Eintritt zahlen will im Strandbad – wenn die Zeit ein Foto machen mag: Ein ganzer Abschnitt nur dazu ?? Wozu die belanglose Info? Oder heißt das, dass der Kassen wart AfDler sein soll? Bystron geizig? Oder wherever? Wenn man ein Strandbad nicht nutzen will – nur ein kurzes Foto, dann ist’s nachvollziehbar, dass er kurz reingelassen wird ohne Eintritt – oder? Mich würde nur interessieren, warum auf Belanglosigkeiten Focus – nicht auf das wesentliche: Sollte es nicht versucht werden, die Herausgabe des belastenden Materials doch noch zu erreichen? Dann wäre er weg und könnte baden so viel er will …
Elisabeth Mayer


Leserbriefe zu „Haben Piraten die Aufklärung erfunden?“ von Martin Mulsow

Die Mär von Madagaskar ist miserabel recherchiert. Der Zuordnungsversuch sitzt so manch manipulativen Denkmustern auf und dreht sich mit den Winden. Geht doch alles, was fantastisch genug ist, um wahr zu sein, mit vielen „Es ist gewisslich wahr!“ in Herz und Sinne ein. An den Madagaskar-Legenden dürften die Omanis großes Interesse gehabt haben, den Fokus der gierigen Europäer von Sansibar abzulenken. Zu diesem Zweck bedienten sie sich der Komoren-Eilande mit dem Seeräubernest Mayotte, mit ihren schnellen Dhaus die Straße von Mosambik beherrschend. Was Völkerwanderungen und ihre Folgen betrifft: Das Gros der Reisigen bestand aus den wehrhaften Rüstigen zwischen 10 und 30 Jahren. Familien mit Kleinkindern und die meisten Alten verblieben auf angestammter Scholle, nachrückende Fremde willkommen heißend. Insofern übertreibt unsere gesamte Geschichtsschreibung, bei Wanderungsbewegungen von machtvoll-kämpferischer Inbesitznahme zu faseln – das allerdings elitär-räuberischen (Piraten)-Kreisen bis heute zupass kommt, regierende Staatlichkeit mit anthropo-logischem Autoritäten-Lenkungskontext rechtfertigend. (Schande über die Zweifler am heutzutage mündigen Bürger, der sich als Souverän unserer ehrenwerten Demokratie nie vergackeiern ließe.!!!) Warum nur sind wir immer noch so leichtgläubig, Schwarz auf Weiß-Belegtem (dermaleinst von Schriftkundigen unter halben Analphabeten als unumstößliche Beweise ihrer „wahren“ Ausführungen präsentiert und bis heute mit Dokumentenstatus geadelt), mehr Glauben zu schenken als unserem „gesunden Menschenverstand“?
Andreas Weng

Mit Interesse habe ich Ihren Beitrag über die Aufklärung gelesen, weil er Denkräume erweitert. Es gibt einen Aufklärer, der mit einem Text bekannt geworden ist, in dem er die Rückständigkeit Frankreichs im 18. Jahrhundert persifliert. Dieser Text war eine Übersetzung aus dem Persischen, in der zwei persische Besucher sich lustig machen. Ich bin Linguist, und Romanist und habe mich daraufhin mit der Aufklärung intensiv beschäftigt und herausgefunden, dass die Kaffeehauskultur maßgeblich war.
Gerd Stange

Wer hat’s erfunden oder – richtiger – gefunden? So möchte man fragen angesichts dieser schamlosen Produktpiraterie. Wäre es nicht an der ZEIT, endlich mit dem falschen Mythos zu brechen, der ein großartiges Geschenk an die Menschheit als Sündenfall diffamiert? Die Mutter der Aufklärung ist – natürlich! – EVA. Ohne ihren Mut zur Erkenntnis würden wir uns vermutlich heute noch auf der Suche nach Kokosnüssen durch Baumwipfel hangeln. Und Eva war großzügig: Sie war bereit, mit Adam zu teilen, und bot auch ihm von der verbotenen Frucht an. Das hätte ein gemeinsames Projekt werden können, aber Adam war schon damals autoritätsgläubig und zögerte sehr lange. Für Eva, die auch um das Verbot und die Gefahr einer Bestrafung wusste, offenbar zu lange – und so vergriff sie sich bei der Wiederholung ihrer Offerte möglicherweise im Ton: „Nun beiß schon rein, sonst bleibst Du blöd!“ Jetzt war Adam in der Zwickmühle. Er befolgte zwar gern Befehle, aber doch nicht von IHR! Andererseits wollte er nicht als Feigling dastehen, und so biss er schließlich tatsächlich – er muss es getan haben, sonst hätte er im Paradies bleiben dürfen – hinein. Anders als Eva, die aufgegessen hatte, wagte er aber nur ein ganz kleines Bisschen.
Und so nahm das Unheil seinen bekannten Verlauf: Adam verkaufte die Beschränkung als Überlegenheit. Dann verschaffte er sich die Machtmittel, seine Sichtweise durchzusetzen, Evas Potential zu leugnen und sie daran zu hindern, dieses zum Wohle ihrer Kinder und Kindeskinder zu entfalten. Zuzugeben ist, dass Adam aus seinem Bisschen sehr viel gemacht und Großes geschaffen hat. Sogar eine ganz neue Welt. Eine Welt allerdings, die nicht bis drei zählen kann: Bei null fängt es an, und bei eins hört es schon wieder auf. Maschinen kommen damit gut klar, aber Menschen….Für ein gutes menschliches Leben braucht es mehr als Freund oder Feind, Sieg oder Niederlage, Schwarz oder Weiß, Liebe oder Hass, Angriff und Vergeltung, Herrscher und Untertanen. Und so ist es vielleicht kein Zufall, sondern es war eines dieser Wurmlöcher in der Zeit, das es einer neuen Eva ermöglichte, ein Logo zu designen, das die geleugnete Wahrheit tagtäglich aller Welt vor Augen führt: Wer kennt ihn nicht, den Apfel, nur ganz leicht angebissen, den ein neuer Adam als Herrschaftszeichen für sich gewählt hat? Dieser Apfel ist genial: Er bezeugt nicht nur die Ursache schlimmer Probleme, sondern ermutigt auch, die Zukunftschancen, die so eine Frucht vom Baum der Erkenntnis jederzeit anbietet, für ein bessere Welt zu nutzen: Weiteressen!
Gabriele Kleb


Leserbriefe zu „Über mythische Anfangszeiten und langjährige Weggefährten“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Wer sagt denn, dass es nicht genau so passierte? Dass sich nicht vor wenigen Tagen genau das  fürchterliche und für  das Schicksal von „Zeit“ und Lesern so bedrohliche  zutrug, was jetzt beschrieben werden soll:   Als Herr Martenstein das „Panoptikum der Absurditäten“ von Max Kuwertz und Leif Randt in den Fahnen für das letzte ZEITmagazin sah,  dachte er na ja, SOO schafft ihrs  dann ja  vielleicht tatsächlich sogar doch noch zukünftig auch ohne mich: und dann nahm er sie wahr,  die Gelegenheit, wenn sie sich nun schon einmal bot,  und  überrumpelte seine vor Schreck erstarrenden  Leser mit der Schocknachricht von einem möglichen Ende seiner Kolumne in nunmehr nicht allzu ferner Zukunft. Nach gefühlt einem dreiviertel Jahrhundert.  so viele ganze und so viele halbe miteinander verbrachte Leben, hoffentlich wendet sich das Schicksal noch … Scheherazade musste schließlich auch jede Nacht wieder ran mit einer neuen Geschichte. Ganze tausendundein Mal, Ramadan-Nächte ausgenommen. Nun ist die Martenstein-Community zwar kein allmächtiger persischer Herrscher, ja nicht einmal ein eingetragener Verein, aber wir sind dennoch immerhin eine verschworene Gemeinschaft von nicht zu unterschätzender und durchaus beeindruckender Größe und Bedeutung. Eine repräsentative Stichprobe von mir zufällig ausgesuchter und nach ihren Lesegewohnheiten befragter Zeit-Abonnenten, Lesern   und -Sympathisanten gab mehrheitlich zu Protokoll: Ja, sie seien langjährige und treue Zeitleser und -abonnenten, aber meistens reiche die Zeit halt nur für den Martenstein.  Da ist das Fazit nicht mehr wegzudiskutieren: Er ist und bleibt unverzichtbar. Und er lebe hoch, hoch, hoch, noch lange. Zum Panoptikum der Absurditäten von Kuwertz/Randt bleibt zu sagen: Extraklasse, der Beitrag, so etwas trägt einen mit einem Schmunzeln durch den Rest der Woche.  Frau Dönhoff schickt ein like – Mit der Postkutsche gezogen von zwei Füchsen.
Gerlinde Schött-Pasqual

Großartig, Ihre Kolumne. Genau mein Humor. Hoffentlich bleiben Sie und Ihre Beiträge uns noch lange erhalten! Zu Ihrem Ritt in den Sonnenuntergang habe ich eine interessante Parallele, die ich an meinem 69. Geburtstag im vergangenen Jahr auf meiner Terrasse im Abendsonnenschein mit lieben Freunden erlebte: Neben mir sitzt mein 51jähriger Nachbar Dirk und beißt mit Genuss in den Hamburger, den er sich mit pulled pork und reichlich Soße belegt hatte. Wir schauen in den Abendhimmel. Ich sage: „Jetzt die Pferde satteln, und in den Sonnenuntergang reiten…“ Er: „Kannst Du reiten?“ Ich: „Nein!“ Er.: „Ich liebe Dich, Uschi. Wenn Du nicht so dick wärst und 20 Jahre jünger, würde ich mich für Dich scheiden lassen.“ Da kann man mal sehen, was man an einem guten Nachbarn hat. Übrigens: Für den letzten Song bei Ihrem Ritt mit Ihrem Feind würde ich vorschlagen: „Time to say goodbye…“ Aber bitte nicht so bald, Herr Martenstein!
Uschi Schulze

Danke für Ihre letzte Kolumne. Mein bester Feind als „ein Glücksfall“, um es mit Woody Allen zu sagen oder man leibt sich einfach den Artikel in der vergangenen ZEIT – wie man sich versöhnen kann, ohne sein Gesicht zu verlieren – oder so ähnlich ein. Die Idee sich im Alter zu versöhnen, in Ihrem Artikel steht natürlich das Gegenteil (nachzulesen oder noch besser nachzusingen im Text von Udo), aber ich glaube, das wird der Lästerbriefschreiber gar nicht wahrnehmen oder wie wir Österreicher sagen „schnallen“, ist prinzipiell ja gut gemeint. Aber gut gemeint ist eben nur das Gegenteil von gut, sagt man zumindest Tucholsky nach. Der Grund, warum ich ihnen schreibe, ist aber ein ganz anderer. Ich möchte dabei nicht in den Pfad von Herrn G. stolpern, aber Ihr letzter Satz mit dem Sonnenuntergang und dem von Ihnen empfohlenen Lied habe ich dann Udo gelesen. Sofort viel mir MEIN Lied dazu ein, auch von Udo aber nicht Jürgens, sondern Lindenberg, Cowboy Rocker, 1974 – https://www.youtube.com/watch?v=6-YIfqTFXiQ) Wenn Sie den nächsten Lästerbrief von Herrn G. erhalten oder bereits erhalten haben, wie ich meine, hören Sie einmal entspannt in Cowboy Rocker rein.
Arnold Hirschl


Leserbriefe zu „Prüfers Töchter“ „Ich glaube, der Vogel stirbt!“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

Danke! – Seit Jahren ist Ihre o.g. Kolumne am Donnerstagmorgen meine erste Lektüre, wenn ich DIE ZEIT der Zeitungsrolle entnommen habe (6:00 Uhr). Ich bin oft mit vielen Lichtblicken in den Tag gegangen. Da ich den Inhalt der heutigen Kolumne, „Ich glaube, der Vogel stirbt“, wieder einmal als sehr anrührend und bedenkenswert für unser Menschsein in dieser Zeit empfinde, schreibe ich Ihnen diese Zeilen. Sie haben mich mit Ihren Gedanken an Mutter Teresa erinnert, die 1979 für ihr Lebenswerk den Friedensnobelpreis erhielt. Sie hat die sterbenden Menschen in Kalkutta, die keines Blickes mehr gewürdigt wurden, wahrgenommen. Diesen hat sie mit ihren Mitschwestern in den Sterbehäusern am Ende des Lebensweges – zu Lebzeiten also – eine letzte Ehre erwiesen, hat ihnen ein Sterben in Würde ermöglichte. Mutter Teresa hat die am Rande der Straße und der Gesellschaft Lebenden noch eines Blickes, dem Augen-Blick der Liebe, gewürdigt. Insofern hat Ihre Tochter Luna im Geiste Mutter Teresas gehandelt. Ja, es mag verrückt sein, sich für einen sterbenden Vogel einzusetzen. Aber es sind eben die von ihrer Egomanie Weggerückten, die wahrhaft Ver-rückten, die noch einen offenen Blick für die Würde des Lebens haben (auch dann, wenn es zerbricht). Wunderbar, wenn Sie Ihren Töchtern weiterhin diesen Geist vermitteln möchten. Aus diesem Geist Verrückte gibt es noch viel zu Wenige.
Klaus Schilling

Vorweg, Ihre wöchentlichen Artikel im Zeit Magazin lese ich immer mit Genuss. Der Artikel vom 11.4. im Magazin hat mich an ein Erlebnis erinnert, welches sich in meiner Kindheit bei meinen Großeltern im Ruhrgebiet zugetragen hat. Die Straße dort war Anfang der 70er Jahre nicht sonderlich stark befahren, trotzdem rollten manchmal auch Lastwagen dort entlang und einer dieser Lastwagen erfasste eine Taube. Die Federn stoben nur so und der kleine Vogel flog in hohem Bogen auf den Bürgersteig, wo er vor meinen Füßen liegen blieb. Ich nahm ihn auf und streichelte das Tier. Es war warm und weich und sah äußerlich nicht verletzt aus. Ich hoffte in meiner kindlichen Naivität, dass ihm nur der Schreck in die Glieder gefahren war und er sich in meinen Händen sicher fühlen und sich ausruhen könnte. Doch nur wenig später ging ein Zittern durch den Körper und die Taube starb in meinen Händen. Ich hatte ihr nicht helfen können, das machte mich im ersten Moment traurig, aber dann dachte ich, viel schlimmer wäre es doch gewesen, wenn sie ganz alleine gestorben wäre. Ich mag damals 8 oder 9 Jahre alt gewesen sein, aber dieser Gedanke beruhigte mich. Ich habe ihr dann ein kleines Grab im Garten hinter dem Zechenhaus meiner Großeltern gegraben. Daran habe ich mich erinnert, als ich Ihren Artikel las. Ihre Tochter Luna hat absolut richtig gehandelt und ist resilienter als Sie ahnen. Instinktiv hat sie sich dazu entschieden da zu sein, da zu bleiben. Und ist es nicht der Kern des Menschlichen da zu sein, sich zu kümmern? Herzliche Grüße an Luna. Übrigens, ich bin dann mit 19 Jahren bei Greenpeace aktiv geworden.
Andre Bagehorn

Neben den Beiträgen von Herrn Martenstein sind diejenigen von Herrn Prüfer „Lichtblicke“ in den aktuellen Ausgaben des ZEITMAGAZINS. Der jüngste Beitrag „Ich glaube der Vogel stirbst“ ist echt gut. Grund genug, mal ein dickes Lob auszusprechen.
Friedrrich Schweikert


Leserbriefe zu „Kinder als Sozialfälle“ von Jeannette Otto

Mit Ihrer Kritik rennen Sie sicher bei vielen offene Türen ein, vielleicht gar bei der Union, und durchaus auch bei mir.  Allerdings halte ich es nicht für so einfach wie es bei Ihnen scheint:  Erstmal glaube ich nicht einmal bei Herrn Lindner „So viel davon vergessen“ zu haben,  sondern die Finanzierung ist offensichtlich viel schwieriger geworden:  Z.B. durch das Verfassungsgerichtsurteil zu den vorgesehenen alten Kreditermächtigungen,  durch den Krieg in der Ukraine samt Energiekrise und Aufnahme von zahllosen unerwarteten Flüchtlingen,  durch besonders hohe Tarifabschlüsse, vor allem wenn man die Kosten pro Arbeitsstunde zählt,  die nicht zuletzt auch die Staatskasse viel stärker ausbluten als erwartet. So „schwer zu verstehen“ ist die Kürzung also doch nicht.  Aber dennoch gebe ich ihnen Recht, dass wir an der Entwicklung, Betreuung und Bildung, teils auch Integration der kleinen eher zuletzt sparen sollten.  Aber wo sonst sparen, oder wo sonst das Geld hernehmen, von dem ja nicht gerade ungenutzte Überschüsse in den Kassen liegen, sondern eher Riesige Schuldenberge.  Ich weiß, ich weiß, vielen anderen Ländern geht es dies bzgl. noch viel schlechter und selbst zahllose Ökonomen befürworten eine „Reform“ der Schuldenbremse, ehrlicher wohl als Schwächung zu bezeichnen.   Vielleicht wäre tatsächlich ein noch größerer Schuldenberg und größere Inflation für die Zukunft unserer Kinder und Enkel das geringere Übel im Vergleich zu dieser und anderen Zukunftsinvestitionen, wovon es ja gleich mehrere und wohl noch für lange Zeit gibt angesichts der mehrfachen quantitativ und qualitativ und zunehmenden Krisen.
Dies letztere bedeutet allerdings, dass wir mit einer wie vorgeschlagenen nur moderaten „Reform“ der „Bremse“ gar nicht so weit kämen, zumal bei Fortdauer des gegenwärtigen Anspruchsverhaltens so vieler die Arbeitskräfte, die für das Geld zwecks Darstellung aller Investitionen zu beschäftigen wären, immer knapper und damit zusätzlich immer teurer werden dürften, nicht zuletzt wie schon begonnen bei den Kita-Kräften. Kürzlich haben zwei der Leserbriefschreiber meiner Tageszeitung wenigstens einmal  konstruktive Vorschläge gemacht, wo eingespart werden könnte, mit der Einsicht, dass man nicht alles gleichzeitig haben kann, schon gar nicht ohne mehr zu bezahlen oder arbeiten; sie wollten am Bau geplanter zusätzlicher Autobahnen in SH sparen, wobei aber unklar ist,  ob sie vom bisherigen Zustand ohne die geplanten neuen  irgendwie betroffen sind oder sein werden, sei es von Staus im Straßenverkehr, längeren Transportwegen und deren Kosten und Belastungen etc. Aber die Wähler haben — leider — der Summe von Parteien, die Steuererhöhungen und -beschränkungen des Autoverkehrs ablehnen eine Mehrheit in den Parlamenten gegeben, obwohl sie andererseits immer mehr Leistungen des Staates und sogar mehr Natur-und Klimaschutz wollen und fordern. Das grenzt oft an die Quadratur der Kreise oder der Forderung gewaschen zu werden, ohne sich nass zu machen. Oder wie von einem seriösen Arzt zu verlangen die bequeme Wunderheilung für Kassenhonorare hinzukriegen, die einige „Wunderheiler“ anpreisen.  Und wenn solche „Wunder“ dann nicht passieren (können), verlieren viele das Vertrauen nicht etwa in diejenigen, die zu großmäulige Versprechungen machen und leichte einfache „Lösungen“ anbieten, sondern in „die Schulmedizin“, „die Politik“ oder gar „die Demokratie“ allgemein.  Diesen das Blaue vom Himmel Versprechenden möchte ich zurufen, so dass hoffentlich andere es mithören: „Ihr bietet sogenannte „Lösungen“ für Groß-Gefahr’n, Probleme, Die so bequem und billig sind, dass man sie nehme als zu schön, falsch zu sein, und Euch dabei Macht und Profit gewährt, Und denkt, mehr tun, Verzicht sei doch verkehrt.“
„Der Staat, die Demokratie sind WIR. Der Staat und die Demokratie können nur so funktionsfähig, effektiv, tolerant, lebens- und liebenswert sein, wie WIR sie gestalten“. Diese Worte stammen von Joachim Gauck. Das ist die Quintessenz der Rede des Bundespräsidenten a. D., die er beim Kongress „Demokratie unter Druck“ im November 2023 in Berlin hielt. Darin kommen auch seine Weisheit und Erfahrungen aus seiner lebenslangen Arbeit für — realistische, aufgeklärte und allseits mitverantwortete — Freiheit und Demokratie zum Ausdruck. Damit gibt es einige Parallelen zwischen seiner Botschaft und meinem Standpunkt, dass viele, wenn nicht alle — mit — verantwortlich sind zur Lösung oder wenigstens Milderung der Zukunftsprobleme, wovon die Kitas ja nur eines sind. Bei den Kindern nicht zuletzt auch die Eltern und Verwandten der kleinen, bei schon im höheren Schulalter befindlichen zunehmend — auch — die Kinder selbst. M. E. bedeutet das:  Wir alle sind — mit — verantwortlich für folgende Voraussetzungen, damit nicht die ganz falschen am Ende bezahlen und der Staat nicht überfordert ist durch Verlangen von quasi „Wundern“: 1.  Mit (anderen) Erwartungen und Forderungen Maß zu halten und auf dem Boden des Realistischen zu bleiben.  2. Bereit zu sein, soweit man nicht arm und/oder zu krank ist, für das geforderte auch mehr Steuern zu zahlen, zu arbeiten (in der Woche wie im Leben, ggf. auch ehrenamtlich) und/oder auf andere Früchte dieser Arbeit und Steuern zu verzichten.   3. Für eine stärkere Bekämpfung der Steuerhinterzieher, -vermeider und sonstige Blutsauger der Ressourcen des Gemeinwesens den Verfolgungsbehörden mehr Mittel und vor allem Befugnisse (notfalls auch auf Kosten eines „perfekten“ Datenschutzes) zuzugestehen.  4.  Auf perfekte Berücksichtigung von allem und jedem zwecks 100%iger Sicherheit und Gerechtigkeit in dieser Absolutheit zu verzichten, damit Staat und Wirtschaft nicht mehr wie bisher durch Bürokratie gelähmt werden. 5. Verständnis aufzubringen für die Dilemmas und quasi Wahlen zwischen Pest und Cholera, die den Regierenden oft bei Erfüllung aller Erwartungen den Weg blockieren. 6. Für solche Haltungen, für mehr Realismus und Gemeinsinn und Zukunftsverantwortung (nicht eingeschränkt auf ein einziges Thema) auch bei anderen Menschen zu werben und einzutreten.
Die Haltung sollte auch dem Ziel der Zukunft unserer Kinder und Enkel dienen, dass:  „….wir droh‘ndem Einhalt bieten und vorsorgen, selbst dem nach unsrer Zeit, denn borgen konnten wir nur diese Welt, um sie am Ende zurückzugeben in der Kinder, Enkel Hände. Für sie lasst uns bewahren diese Welt, von der ein jeder ein Stück in den Händen hält, . . .“   (aus meinem Gedicht „Eltern, Großeltern und Freunde des Planeten, vereinigt Euch!“
Peter Selmke

Sie verweisen auf die lokale Zufälligkeit, ob ein Kind eine gute Bildung erfährt oder nicht. Sie rechnen vor, wie viel Mehreinnahmen der Staat haben könnte, wie viel Sozialausgaben er sparen könnte, wenn nur beizeiten in die Kinder investiert würde. Wen wollen Sie damit erreichen? Der Druck auf die Tränendrüse mit Blick auf das individuelle Kind ruft in der FDP nur Wiederwillen hervor. Die Aussicht auf Mehreinnahmen des Staates verursacht dort Brechreiz. Und Sozialausgaben wollen die Liberalen auch ohne Voraussetzungen kürzen. Ändern Sie Ihren Blickwinkel. Erinnern Sie daran, dass die Wirtschaft Humankapital verlangt und dass ohne Elternschaft dafür das Material fehlt, und dass es 25 Jahre der  Bearbeitung braucht, um aus dem Material Kapital zu schlagen. Erinnern Sie daran, dass die Eltern aber sofort wieder bei der Arbeit zu  erscheinen haben und sie deshalb nicht am Material arbeiten können. Mit ein bisschen Glück wird Ihnen Herr Lindner entgegnen, dass die Beschaffung von Material und Kapital Sache der Wirtschaft sei und sich  der Staat da rauszuhalten habe. Und dann haben Sie ihn. Sagen Sie ihm einfach, dass sich der Staat dann künftig Kitas, Schulen und Unis sparen  wird, die Wirtschaft könne das alles besser. Dann sieht er Belastungen auf die Wirtschaft zukommen und wird fordernd. Der Staat habe der Wirtschaft den Weg zu ebnen! So schnell kommt er da dann nicht mehr raus.
Hans List


Leserbriefe zu „Braucht es die Kindersicherung?“ Streit von Jens Teutrine und Annika Klose

Herr Teutrine spricht an, dass alleinerziehende Mütter „ihre Arbeitszeit reduzieren oder zum Teil nicht mehr arbeiten würden“. Das ist doch ein Trugschluss, da Alleinerziehende sehr viel mehr arbeiten als Andere, nur ist das halt eben unbezahlte Care-Arbeit. Witzigerweise spricht Herr Teutrine einige Absätze später die mangelhaften Betreuungszeiten in Kitas an. Dass das wohl eher der Grund ist, dass Alleinerziehende die Möglichkeit nutzen, ihre doppelte Arbeitsleistung (Care- und Lohnarbeit gleichzeitig) etwas zu reduzieren, dieser Schluss wird bei Herrn Teutrine nicht gerade deutlich. Herr Teutrine könnte auch gerne an dem Punkt ansetzen, dass die entsprechenden Väter (95% der Alleinerziehenden sind Frauen) sich mehr an der Erziehung und Betreuung ihrer Kinder beteiligen, dann hätten die Alleinerziehenden vielleicht mehr Zeit und Kraft für die Lohnarbeit. Der Staat müsste dann nicht mehr dafür aufkommen, dass Väter sich ihren Pflichten (sowohl finanziell als auch in der Betreuung) entziehen. Aber dann müsste er ja mehr an die Selbstverantwortung der Väter appellieren und diese in die Pflicht nehmen. Das tut er aber nur, wenn es darum geht, sich um die Steuererklärung kümmern (noch ein Fun-Fact: Wohlhabende müssen sich eben nicht um ihre Steuererklärung kümmern, sie können sich Steuerberater*innen leisten…) Von der Sache her kann ich zwar beide Perspektiven auf die Kindergrundsicherung gut verstehen, aber die neoliberale Sichtweise auf alleinerziehende Mütter von Herrn Teutrine geht mir ziemlich auf die Nerven. Und nein, da hilft es auch nicht, dass seine eigene Mutter alleinerziehend war.
Jette Ulmer

Die Diskussion um die Kindergrundsicherung scheint mir irreführend, als ob sich Kinder am eigenen Schopf aus der Armut ziehen könnten. Eigentlich gibt es keine Kinderarmut, arm sind immer nur die Eltern! Wenn man also die sog. Kinderarmut bekämpfen will, muss man die Eltern unterstützen, Kinder haben kein Konto, können über nichts selber verfügen. Bei der Kindergrundsicherung kann man nur die Eltern durch finanzielle Zuflüsse erreichen, ob sie die Armut der Kinder dann verbessern, liegt in ihrer eigenen Entscheidung. Sie können mit dem zusätzlichen Geld nach eigenem Gutdünken verfahren. Es ist verwunderlich, dass dies nie thematisiert wird, den Kinderarmut will eigentlich niemand, aber es liegt immer an den Eltern, was mit den zusätzlichen Mitteln geschieht, ob damit unnützes- sprich Bier oder Zigaretten- erworben werden oder ob es sinnvoll zum Wohl der Kinder eingesetzt wird. Man kann nur hoffen, dass die Kindergrundsicherung auch für das Wohl der Kinder durch verantwortungsvolle Eltern eingesetzt wird.
Siegfried Linn


Leserbriefe zu „Die Position: Ignoriert die Erkenntnisse aus Schweden!“ von Ulrich Trautwein und Ulrike Cress

Die Erkenntnisse aus Schweden gilt es durchaus nicht zu ignorieren! Es fasziniert mich, was da gerade in Schweden passiert. Hoffentlich stellt sich auch in Deutschland bald Vernunft ein, was die milliardenschwere Überflutung der Schulen mit digitalen Endgeräten betrifft – und dem Verheizen der Lehrer für den “First-Level-Support” dieser Endgeräte betrifft. Eigentlich hat uns Maryanne Wolf schon vor Jahren in ihrem fulminanten Buch “Reader, Come Home” darauf hingewiesen, dass wir diesseits und jenseits des Atlantiks eine Bevölkerung heranziehen, die zu einem Großteil als funktionale Analphabeten zu bezeichnen ist. Und sie hat uns auch nicht verschwiegen, dass eine gehörige Mitschuld daran die digitalen Medien tragen, die den Leseschaltkreisen unseres Gehirns alles andere als zuträglich sind. Was also ist zu tun angesichts des „garstigen Grabens“ zwischen den Menschen, die des Lesens noch mächtig sind, und denen, deren Gehirne die Leseschaltkreise bereits nicht mehr ausgebildet haben? Nicht Laptop- oder iPad-Klassen bilden und den Teufel mit dem Beelzebub austreiben wollen, sondern Buchklassen bilden und lesen, lesen, lesen! Vielleicht lassen sich auf diese Weise noch einige der zuständigen Synapsen retten, bevor sie irreversibel zerstört sind!
Marcel Haldenwang

„In Deutschland gibt es keine schädliche Überdigitalisierung und die Digitalisierung bietet schwächeren Schülerinnen Chancen, die genutzt werden sollten.“ Diesem Ansatz zweier Forscher möchte ich nach 30 Jahren Praxiserfahrung als Lehrer (Geographie, Technik und Medien) in der Sekundarstufe I und als ausgebildeter Medienberater des Landes Niedersachsen vehement widersprechen. Seit Jahren sinken bei SchülerInnen die Kernkompetenzen in Rechtschreibung, Mathematik, Leseverständnis und motorischen Fähigkeiten. Die Schulbehörde fordert und fördert die Digitalisierung an Schulen und propagiert sie als Heilmittel, um Defizite abzubauen. Dabei wird verkannt, dass gerade Lücken bei der Sprachentwicklung u.a. gerade durch übermäßigen Medienkonsum verursacht werden. Mangelnde motorische Entwicklung durch Bewegungsmangel führen zu weiteren Schwierigkeiten in allen Fächern. Digitalisierung als Methode einzusetzen, setzt voraus, dass Grundkenntnisse vorhanden sein müssen. Bei der Erstellung von Power-Point-Präsentationen zum Thema: „Mein Lieblingstier“ schreibt eine 7 Klässlerin: „Die Babitiger trinken fon ihrer Mutter Melch.“ Ein 10 Klässler schreibt als Überschrift: „Das tritte Reich“. Ich kann kein Werkzeug (auch keine Tischkreissäge) anpreisen, wenn die Basis (wie benutze ich eine Laubsäge) nicht vorhanden ist. 5-Klässler können sich erst gar nicht am Rechner einloggen, weil sie ihre Namen nicht schreiben können, und das Passwort muss im Sekretariat erfragt werden. Sie kennen ihr Geburtsdatum nicht.
Andreas Golanowski


Leserbriefe zu „Noch mehr Probleme“ „Sogar ihnen ist langweilig“ von Antonia Baum

Kann es tatsächlich sein, dass Ihrer Autorin der Bezug des Werbespots zu dem legendären Film entgangen ist? Hätte sie den nämlich hergestellt, wäre sie ihre drei Probleme mit einem Schlag los gewesen.
Georges Desrues

Dieser Spot ist der (peinliche) Versuch, Claude Lelouch und seinen wunderbaren Film „Ein Mann und eine Frau“ von 1966 zu zitieren. Anouk Aimee u. JL Trintignant werfen sich wundervolle Blicke zu, gehen auch am Meer spazieren und speisen gemeinsam. Wichtig: Ich glaube, es braucht keine Chanel Tasche zum guten Leben. Danke für ihre immer inspirierenden Texte.
Hella Budelmann


Leserbriefe zu „Er ist nicht mehr zu erreichen“ von Volker Weidermann

„Er ist nicht mehr zu erreichen“ hat mich wieder tief getroffen, und mir fiel auf einmal das Gedicht „Kammermusik“ von Joseph Weinheber ein, wo er das Cello sagen lässt: „Ich weiß zutiefst, dass alles Schicksal ist, das schön Getane und das Unerlöste. Ich bin dem Ganzen treu: Genießt und büßt! Ich warne nicht. Ich weine mit. Ich tröste.“ Ich hoffe so sehr, dass Serhij Zhadan aus Charkiw heil aus der Hölle herauskommt und grüße Sie herzlich,
Herma Brandenburger

Vielleicht ist das eher eine Frage für das Lektorat um Herrn Worthmann, den ich hiermit auch grüße. „Wir sehen uns in den Haag“, müsste man das „den“ nicht groß schreiben? Und so ganz schlau werde ich aus den allwissenden Müllhalden auch nicht, ob man nicht eigentlich „Wir sehen uns im Haag“ sagen müsste. Meine Vermutung ist, dass beides geht, dass aber „im Haag“ eventuell mittlerweile außer Mode gekommen ist. Abgesehen davon: Den Haag ist für Putin viel zu milde. Ich hoffe, dass er ein ähnliches Schicksal wie Ceaușescu oder Mussolini erleidet.
Thomas Manthey


Leserbriefe zu „ZEITMagazin: Ein Designheft“

Welche Zielgruppe soll mit dieser Art von Magazin angesprochen werden? Schade ums Papier! Die lesenswerten Beiträge wie Martenstein muss man mit der Lupe suchen. Mir graut schon, wenn ich die Ankündigung „Designerheft“ lese.
Franz X Brunngartner

Ich weiß, dass Sie die ätzenden Mode- und Designhefte (sehr viel Papier für sehr wenig Inhalt) natürlich nur machen, um möglichst viel, möglichst teure Werbung zu verkaufen, von Firmen, die ich zum größten Teil nicht kenne und / oder bei denen ich niemals einkaufen würde. Diesmal möchte ich mit meiner Kritik etwas gnädiger sein, weil Sie das Designheft mit dem Thema „Spielen“ verknüpft haben.
Thomas Manthey


Leserbriefe zu „Warum dieser Krieg kein Ende findet“ von Jan Ross

Es ist ja einsichtig, dass weil aufgrund der israelischen Bestimmungen keine westlichen Medienvertreter in den Gazastreifen dürfen, und man daher nicht ungehindert von dort berichten kann, aber muss deshalb Jan Ross die offiziellen Wahrheiten bzw. Lügen der israelischen Militär-PR-Abteilung als bare Münze nehmen und das israelische Narrativ als „die Wahrheit“ vermitteln? Der Artikel von Ross ist in seiner weitgehenden Einseitigkeit schwer erträglich und lässt die notwendige Distanz und Unabhängigkeit des Berichterstatters vermissen. Von der ZEIT erwarte ich keine israelischen Regierungs-Schönredereien. Dann kann ich gleich Springers WELT lesen…
Björn Luley

Von der deutschen Unausgewogenheit ist auch Die Zeit regelmäßig befallen. Auf einem Auge blind! Der Artikel zeigt die Einseitigkeit der Haltung im deutschen Mainstream. Seit Jahrzehnten gibt es eine israelische Besatzung des Westjordanlands und unzählige Resolutionen der UN dazu. Ungeachtet dessen handelt Jan Ross ganz unbefangen davon, dass im besetzten Gebiet „Tag für Tag … Antiterroraktionen“ stattfänden. Seit wann ist Widerstand gegen eine Besatzung Terror?
Ingo Heberlein


Leserbriefe zu „Die Erde brennt“ von Olivia Kortas, Julia Kochetova (Fotos)

Es ist kein Wunder, wenn die meisten Zeitgenossen den Krieg in der Ukraine zu verdrängen versuchen oder gar daran denken, ihn „einzufrieren“. Denn wenn man sich den im Artikel beschriebenen Sachverhalt vergegenwärtigt, den täglichen Wahnsinn der Kämpfe und den allnächtlichen Albtraum der Angriffe, dann erfasst uns tiefste Sorge:  Wie lange will Herr Scholz noch zusehen, wie Putin die Ukraine drangsaliert, ja massakriert? Nun hat er die Bereitstellung eines weiteren Patriot-System zugesagt – zweifellos anerkennenswert und hilfreich. Aber angesichts von Putins Ressourcen und erklärten Absichten, ist diese Lieferung, fürchten wir, nur ein ‚Tropfen auf den heißen Stein‘. Und wenn Putins Truppen dann doch vor Lwiw stehen, was dann?? Will Heer Scholz dann mit seinem SPD-Fraktionsvorsitzenden dem Angreifer Putin entgegentreten mit einem große Gefriergerät, um den Krieg „einzufrieren“??
Ingrid Hense u. Bernhard Schmaltz

Ich möchte Sie gerne auf eine Unschärfe im obigen Artikel zum Ukraine-Krieg hinweisen. Dort heißt es „… Männer in Camouflage sprechen knappe Sätze in rauschende Radiogeräte.“  Ich nehme an, es sind hier (deutschsprachig) Sprechfunkgeräte gemeint. Im Englischen kann ein „radio“ ein (deutsch) Radiogerät sein oder auch ein (deutsch) Funkgerät. Im Deutschen ist meines Wissens ein Radiogerät ein reines Empfangsgerät ohne Sendefunktion.  Das Thema kam mir schon mal bei der Tour de France unter, wo eine deutsche Fahrerin als Co-Moderatorin agierte. Sie sprach (deutsch) vom Tour-Radio – da würde ich ein nettes Musikprogramm erwarten. Gemeint war aber der Sprechfunk zwischen Trainern, Fahrern etc.  Falls ich falsch liege, lassen Sie es mich bitte wissen.
Achim Rausch


Leserbriefe zu „Raumschiffskapitänin“. Gespräch mit Yael Bartana geführt von Tobias Timm

Wenn Yael Bartana sich unwohl fühlt, wenn sie Deutsch spricht, sich in Deutschland nicht heimisch fühlt und die Deutschen nur in Rom ertragen kann, kann man das verstehen, wie soll man sich dann aber erklären, dass sie ein Atelier in Berlin unterhält, auf der Biennale in Venedig ausgerechnet im deutschen, von den Nazis errichteten Pavillon ausstellt und auch noch ein Stipendium der Deutschen Akademie Rom „Villa Massimo” annimmt? Das mag künstlerisch prickelnd sein, ethisch folgerichtig ist es nicht.
Michaela Bohmig

Deutschland ist Absurdistan pur:  Auf der Biennale in Venedig soll eine israelische (!) Künstlerin Deutschland vertreten, die sich unwohl fühlt, wenn sie Deutsch spricht, (das sie fließend beherrscht!) und gleichzeitig meint aufpassen zu müssen, wenn sie in Deutschland zu offen die israelische Regierung kritisiert, weil es dann passieren könne, „dass sie ausgerechnet von Deutschen antisemitisch genannt werde“. Kein Wunder, dass unser Land weltweit nur noch ungläubiges Kopfschütteln erzeugt über unser total absurdes und heuchlerisches Verhältnis zu allem, was jüdisch oder israelisch ist.
Björn Luley


Leserbrief zu „Wo der Ball noch auf dem Grillrost landet“ von Oliver Fritsch

Just am 11. April, als Holger Sanwalds Lebenswerk in der ZEIT gewürdigt wurde, stand er abends auf der Bühne beim „Treffpunkt Hellenstein-Gymnasium“ seiner alten Schule. Nicht allein, sondern mit seinem Klassenkameraden Harald Endres, der zusammen mit ihm vor fast 30 Jahren die Geschicke des Heidenheimer Fußballs in die Hand genommen hat und heute Aufsichtsratsmitglied beim FCH ist. Im Publikum schätzungsweise der halbe Abiturjahrgang 1986. Auf der Bühne auch der ehemalige Sportlehrer Günther Huber, der den Jungs in der Fußball-AG Begeisterung und Leidenschaft fürs Leben vermittelt hat. Und ein Erfolgserlebnis wie im Endspiel um die baden-württembergische Schulmeisterschaft gegen das Gymnasium Freudenstadt mit Jürgen Klopp. Manchmal genügen scheinbar kleine Ereignisse in der Schulzeit, damit später Großes entstehen kann. „Und jetzt“, sagt Holger Sanwald, „ist es uns gelungen, Bayern München zu schlagen, was der Klopp schon öfter geschafft hat.“
Hans Ulrich Koch


Leserbrief zu „Torten der Wahrheit: “ von Katja Berlin

Frau Berlin macht ihrem Künstlernamen alle Ehre und provoziert weiter mit dem Gendersternchen, wohl in der Absicht, sich in der nächsten Ausgabe wieder über die Gegenwehr der Provozierten lustig zu machen (nach dem Motto „haben wir denn keine anderen Probleme“).
Das dient wohl vornehmlich dem Selbsterhalt ihrer mittlerweile recht monotonen Kolumne. Vielleicht wären einige Gegner des Genderns schon damit zufrieden, wenn die Unzahl der verbindlichen Gender-Sprachleitfäden in Universitäten, Behörden, Unternehmen und Medien wieder abgeschafft werden würden und jeder wieder so sprechen und schreiben kann, wie er mag. Das würde einer westlichen aufgeklärten Demokratie ohnehin gut zu Gesicht stehen. Wer die Einschränkung der Redefreiheit weiterhin anpreist, sollte vielleicht besser in Russland, China oder Nordkorea publizieren.
Christian Voll


Leserbrief zu „Auch das noch!“ „Mit Frittenfett im Tank die Menschheit retten“ von Dirk Asendorpf

Der Artikel vermittelt, dass es sinnlos ist, beim Kraftstoff für den Individualverkehr auf das Frittenfett zu setzen, das hier als Synonym für Reststoffe verwendet wird. Damit ist der Beitrag leider alles andere als konstruktiv, sondern heizt die idealistisch aufgeladene Debatte zum Klimaschutz mit einer unnötigen Einschränkung weiter an. Zielführender wäre es, das reale Potential zu nennen und dies als einen Beitrag zu Werten, die Stoffkreisläufe um den Aspekt energetische Nutzung zu erweitern um fossile Energieträger aus Erdöl einzusparen. Denn Deutschland kann das Klima ohnehin nicht retten. Wir sind für gut 2 % der weltweit ausgestoßen Treibhausgase verantwortlich. Selbst wenn wir zur THG-Senke würden, wäre das ohne Bemühungen in anderen Teilen der Welt nur ein Tropfen auf den heißen Stein und würde den fortschreitenden Klimawandel nur minimal verzögern. Daher allein zählt das von Herrn Asendorpf angeführte Argument nicht, dass von diesen Reststoffen ja nur eine geringe Menge vorhanden ist und diese zusätzlich schon für den Flugverkehr eingeplant ist. Konstruktiv und weniger populistisch wäre es zu analysieren, wo wir wie viele Reststoffe haben (und da haben wir enorm viele!) und wie wir diese nutzen können. Neben HVO/XTL gibt es auch die Option, Biogas daraus zu machen. Generell gilt es alle nutzbaren Möglichkeiten auch soweit wie machbar umzusetzen. Das Klima werden wir nur retten, wenn wir machbare und gewinnbringende (also wirtschaftlich tragbare) Lösungen aufzeigen. Und da sehe ich nach wie vor einen der wenigen sinnvollen Punkte beim Klimaschutz in Deutschland: wir müssen es schaffen gute Technologien zu entwickeln, die wir dann dem Rest der Welt verkaufen können. Daher wünsche ich mir von der Zeit mehr konstruktive Beiträge, die Möglichkeiten zeigen und nicht nur ideologisch zuspitzen (auch wenn sich letzteres besser verkaufen lässt, aber die Zeit sollte auch ohne solche Beiträge wirtschaftlich arbeiten können). Letztendlich mehr wissenschaftlich fundierte Aussagen als ideologisch aufgeheizte Argumentationsketten.
Stefan Thurner


Leserbrief zu „Baumneid“ von Stefanie Flamm

Ihr Artikel hat mein Herz erfreut: genau so, wie Sie es beschreiben, halte ich es mit unserem Garten seit 1955: nie fertig, viel Freude und gelegentlich bewundernder Neid auf andere Hobbygärtner. Und: „Alles dauert ewig, die Hälfte misslingt…“ wie wahr! Trotzdem: Meinen 7 Enkelkindern konnte ich teilweise meine Gartenleidenschaft vermitteln: Kartoffeln ernten ist wie Ostereier suchen, Möhren frisch gezogen schmecken himmlisch und dann Himbeeren und co… Ihnen wünsche ich weiterhin viel Freude beim Gärtnern und uns Lesern noch mehr unterhaltsame Artikel von Ihnen.
Jeanette Audouard-Conradi


Leserbrief zu „Nachruf: Vielleicht nur gespielt?“ von David Begrich, protokolliert von August Modersohn

Die Schauspieler und Brüder Elmar und Fritz Wepper sind kurz nacheinander gestorben, jetzt auch noch der Schauspieler Peter Sodann. Alle drei spielten im deutschen Fernsehen Fernseh-Kommissare und waren natürlich auch in anderen Rollen zu sehen. Der Schauspieler Peter Sodann (1936-2024) war auch Regisseur und Theaterintendant, daneben war er mit dem Politiker und ehemaligen Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Norbert Blüm (1935-2020) als „Rentner auf dem dritten Bildungsweg“, so der Titel ihres Kabarett-Programms, im Jahr 2007 auf deutschen Bühnen unterwegs. Die Fernsehlandschaft hat mit Peter Sodann wieder einen wunderbaren Menschen und Schauspieler verloren.
Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Bäume zählen reicht nicht“ von Thomas Fischermann

Vielen Dank für die Wermutstropfen des Realismus und der Ehrlichkeit  im o.g. Artikel  „Bäume zählen reicht nicht“, in dem Sie die Euphorie  über das zurückgegangene Bäumesterben am Amazonas mit Recht korrigieren  und kritisieren.  Die Euphorie, teils auch aus schnöder  machtpolitischer Selbstdarstellung, scheint ja schon so groß,  als sei  nicht nur das Sterben des Amazonaswaldes ein Jahr lang 24% langsamer  abgelaufen, sondern als seien von den bisherigen Verlusten  24 % wieder  geheilt,  also 24% wieder durch neugewachsene Bäume ersetzt.  Wenn ein massiv blutender Verletzter nun nur noch 24% weniger schnell blutet, dann schwebt er nach wie vor in Lebensgefahr. Wenn ein auf einen Abgrund zurasender Zug nur mit  24% weniger Tempo rast als  bisher,  dann kann das Ende des Bremswegs immer noch weit hinter der  Abgrundkante liegen. Das ist besonders dann tragisch, wenn nur deshalb so schwach gebremst wird,  um den Passagieren  die  Unbequemlichkeiten  einer „Notbremsung“  nicht „zuzumuten“.   Wenn dann noch dazu kommt, dass selbst die verbleibenden Waldflächen massiv ausgedünnt und geschädigt sind, ist die Euphorie noch einmal mehr unangebracht.  Aber leider ist  dieses Schönreden und Wunschdenken und dieser  Tunnelblich auf die Realität nur ein Beispiel unter vielen,  wo immer  wieder  für das aktuelle Wohlgefühl  und die Vermeidung  von Ängsten   die Realität verkannt wird,  teilweise durch bewusste Irreführung durch  mächtige und ihre Lobbys,  die alle Privilegien und Gewinne immer oder  so lange wie möglich weiter genießen wollen, vielleicht in der  Hoffnung,  sie werden  samt ihren Kindern durch von ihrem Reichtum  gekauften Refugien in „Klimaoasen“  vor den Folgen davonkommen und alle  Klimaflüchtlinge dann draußen halten können.
Peter Selmke


Leserbrief zu „Update Madrid“ von Merten Worthmann

Hallo liebe Redaktion, was ein toller Artikel „Update Madrid“. Ich war vor einigen Jahren dort und total begeistert. Ihr klasse Artikel bringt mich dazu, nochmals hinzufahren. Danke! Und bitte mehr von genau solchen Reiseempfehlungen.
Dieter Schreml


Leserbrief zu Wortschatz: „stuken“ von Manfred Wittor

„Stuken“ die 3., aber nicht als Tätigkeits- sondern als Hauptwort: Meine Eltern mussten 1946 Schlesien verlassen. Mein Vater hat um 1950 „Stuken“ im Wald gerodet: den Baumstumpf, der noch in und an der Erde steckte, wenn Bäume gefällt, abgesägt worden waren.
Manfred Ludewig


Leserbrief zu „Kein Bauer will Natur zerstören“. Gespräch mit Josef Settele geführt von Fritz Habekuß

Beim Interview mit Herrn Settele unterläuft Herrn Habekuß ein Fehler: Laufende Bruttoemissionen von sieben Treibhausgasen sind wichtig. Für das Klima relevant ist jedoch nur deren Netto-Effekt nach erfolgreicher Abspeicherung in „langfristigen Senken“; bei CO2 also Wälder, Moore, Seegraswiesen, etc. Der Verzicht auf fossile Brennstoffe würde wegen der anderen 6 THG und bei weiterer Vernichtung von Wäldern und anderer Senken durch die wachsende Menschheit wenig nützen. Es ist komplexer als man denkt.
Wolfgang Ströbele


Leserbrief zu „PROMINENT IGNORIERT. Wir Künstler“ von HBK

Wer etwas klaut, ist ein Dieb, ob er nun erwischen lässt oder eben nicht. In der Pinakothek der Moderne in München, da lief es umgekehrt. Ein Mitarbeiter und Künstler hängte sein eigenes Werk auf und nagelte es an die Wand. Eine Straftat lag zwar nicht vor, aber der Mitarbeiter musste deswegen seinen Beruf in der Pinakothek der Moderne an den Nagel hängen. Ob es nun derselbe Nagel war, an dem er sein Gemälde aufgehängt hatte, das ist nicht bekannt. Ich finde diese, seine Kunstaktion sehr bemerkenswert. Das fand auch die SZ (Süddeutsche Zeitung vom 8.4.2024), denn diese Aktion war ihr einen Artikel wert; Bravo!
Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Die Zukunftsdenker“ „Warum lügen wir manchmal? in ZEIT leo, die Seite für Kinder

–Welch vertane Chance für diese schöne Idee, ein solches Format in der ZEIT zu etablieren! Bisher habe ich so gut wie in keiner Ausgabe den Eindruck gehabt, hier spreche Kindermund – unredigiert. Ein Beispiel aus der letzten Ausgabe zum Thema “ Warum lügen wir manchmal?“: Olaf, 6 (!) Jahre “ Bei mir ist ab und zu einfach die Wahrheit verbraucht.“ Glauben Sie allen Ernstes, dass irgendein gesunder 6-jähriger so spricht? Warum lassen Sie das zu? Mein 11-jähriger Enkel sagte dazu: “ Das ist von KI.“
Dodie Volkersen


Leserbrief zur Infografik „In der Regel“ von Matthias Schütte (Infografik) und Hella Kemper (Recherche)

Ich schreibe Sie als Verantwortliche für die Jugendseiten direkt an. Ich weiß nicht, ob ich das   folgende „zu eng sehe“ (?) Die Seite leo gebe ich regelmäßig einer Flüchtlingsfamilie aus der Ukraine, das Mädchen ist 9/10, der Junge 13/14 Werde ich mit dieser Ausgabe nicht machen! Ich weiß nicht, ob es sehr sinnvoll und überlegt war, den wichtigen Beitrag auf Seite 42 mit der Kinderseite zu verbinden? Natürlich müssen Jugendliche ab einem gewissen Alter über die „Regel“ gut und seriös informiert/aufgeklärt werden. Diese Seite hätte an anderer Stelle in Wissen abgedruckt werden müssen, nicht zusammen mit einer Kinderseite!
Hartmut Wagener


Leserbrief zu „Wie sieht es denn bei Ihnen aus?“ von Heike Cobanli im ZEIT Magazin

Wir haben eben den Wohnpersönlichkeits-Test in der aktuellen Ausgabe des Magazins gemacht und ich frage mich – mal wieder – wen Sie eigentlich adressieren möchten. Die Werbeanzeigen für allerlei hochpreisige Dinge lassen, ebenso wie der Test, vermuten, dass Ihre Zielgruppe sehr vermögend ist. Mag ja sein. Ich finde es aber unangemessen, wenn Geschmack und Interesse an einem schönen Wohnumfeld so deutlich mit Geld in Verbindung gebracht werden. Kann nicht auch die Kombi aus Segmüller-Regalen und Second Hand-Sofa stilvoll sein? Man hat beim Lesen den Eindruck, es gibt neben mehreren Antwortmöglichkeiten, die alle auf Personen mit viel Geld (Designerteil A, B oder C) abzielen, lediglich noch eine weitere Antwortmöglichkeit, die eher mit geschmacklosem Low-Budget-Leben (Arbeiter*innenklasse oder Student*innenbude) in Verbindung gebracht wird. Aus dem Ergebnistext (niedrigste Punktzahl) wird eine herablassende Haltung deutlich, die ich wirklich geschmacklos und ihrem Magazin nicht angemessen finde, auch wenn das Ganze vielleicht lustig gemeint ist.
Franziska Weber


Leserbrief zu „Bilderrätsel: Dozovarane“ von Max Kuwertz (Design) und Leif Randt (Text) im ZEIT Magazin

Sind die Dozovarane ein Aprilscherz gefertigt von KI? Google kennt sie nicht, Bing meint, Dozovarane seien Seesterne! Raubkatzenköpfe, Farben und Fellzeichnung, schön wäre es schon.
Jochen Zaepk