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11. Juli 2024 – Ausgabe Nr. 30

 

Leserbriefe zu „Muss man den Wolfsgruß verbieten?“ von Ali Ertan Toprak (Pro) und Nurhan Soykan (Contra)

Ich kann mich nur der Meinung von Ali Ertan Toprak anschließen: der Wolfsgruß müsste verboten werden. Auch türkische Fans sollten sensibler mit ihrer Vergangenheit umgehen. Jedoch ist dieser Gruß auch in der Heavy Metall Gemeinde üblich. Auch prominente Comedian-Metaller zeigten ihn im TV, aber eben in einem völlig anderen Kontext. Also wird das nichts mit einem Verbot.
Thorsten Wolf

Nurhan Soykan präsentiert eine absurde Mischung aus Relativierungen, Schuldzuweisungen und – beliebte Allzweckwaffe – Beleidigtsein. Ich frage mich: Ist die Dame vielleicht auch nur eine Wölfin im Schafspelz? Der geisteskranke Mann am Bosporus dürfte sich jedenfalls freuen über seine tapfere Interessenvertreterin.
Kurt Eimers

Mir ist unverständlich, warum die türkische Nationalmannschaft überhaupt an einer Europameisterschaft teilnimmt. Die Türkei gehört nach wie vor nicht zu Europa. Ein ehrliches Verhalten innerhalb des europäischen Fußballsportes hätte uns die Auseinandersetzung mit faschistischen Symbolen der Türkei erspart und dem türkischen Machthaber die Gelegenheit entzogen, gut integrierte deutsche Staatsbürger türkischer Herkunft aufzuwiegeln. Beide nicht unsympathischen Diskutanten können sich als inzwischen primär Deutsche darüber austauschen, inwieweit das Symbol der „grauen Wölfe „für die aktuell in ihrem Herkunftsland lebenden Menschen ein wichtiges Merkmal der Identität auch nach der Ära Erdogans darstellt. Gerade in Deutschland sollten aber alle „Siegeszeichen“, von denen Faschismus nicht zu trennen ist, keinen Platz haben.
E.-Christian Becker

Frau Soykan outet sich in diesem Streitgespräch als getreue Apologetin Erdogans und dessen umstrittenen Botschaften: von der vehementen Ablehnung der Assimilierung als einer unakzeptablen Zumutung bis zum Wolfs-Gruß (und -Mythos) als einem angeblich alle Turk-Völker – vom Bosporus bis China – vereinigenden Symbol – am besten natürlich unter türkischer Führung, wie das beim osmanischen Vielvölker-Reich der Fall war, auf das Frau Soykan offenbar so stolz ist. Derlei anachronistische osmanische Dominanz-Fantasien sind (außer dem anatolischen Kopftuch) ein Indiz dafür, dass die Integration von Frau Soykan auch nach 40 Jahren nicht gelungen ist. Dass ausgerechnet eine solche Person für diesen Streit-Austausch mit Ertan Toprak eingeladen wurde, ist intellektuell wie politisch ein Missgriff.
Bernd Leber

Der Kommentar von Ali Ertan Toprak zeigt die Bedeutung des Wolfsgrußes als Zeichen der faschistisch-rechtsradikalen Türken, die unter Erdogan immer stärker werden und unsere freiheitlich demokratische Gesellschaft bedrohen sehr klar und eindeutig auf. Aber warum Frau Nurhan Soykan zu Wort kommen darf und mit ihrem Beitrag versucht zu vermitteln, dass sie völlig ahnungslos sei, ist mir unbegreiflich. Frau Soykan ist Funktionärin des Zentralrats der Muslime, dessen größtes Mitglied die ATIB, eine Organisation der Grauen Wölfe ist. Sie würden doch auch nicht aus Gründen der Ausgewogenheit den Hitlergruß relativieren lassen wollen.
Gudrun Schittek

Ich kann die Empörung einiger Türken und der Juristin Nurhan Soykan über die Diskussion um den Wolfsgruß nicht nachvollziehen. Sehr gut erinnere ich mich an den 3. Oktober 2019, als der türkische Fußballverein Basaksehir Istanbul im Europapokal gegen den deutschen Verein Borussia Mönchengladbach antrat. Das Spiel fand in Istanbul statt. Hunderte angereiste Mönchengladbach-Fans durften nicht ins Stadion oder mussten ihre mitgebrachten Fahnen draußen lassen. Der Grund hierfür war, dass auf einigen Fahnen das alte Stadtwappen von Mönchengladbach zu sehen war, in dem an einer Stelle ein Kreuz abgebildet ist. Dieses Kreuz wurde als christliches Symbol interpretiert und durfte daher nicht ins Stadion gebracht werden. Ein Kreuz bei Sportveranstaltungen zu verbieten, gleichzeitig aber den Wolfsgruß zu akzeptieren, ist für mich Doppelmoral.
Reiner Tümler

Frau Soykan beklagt das harte Vorgehen der UEFA gegen einen türkischen Fußballer und die „Ignoranz“ gegenüber den Gefühlen türkischstämmiger Fans, die bei der EM den „Wolfsgruß“ gezeigt haben. Sie erklärt die umstrittene Geste als harmloses pantürkisches Symbol des Stolzes auf das Türkischsein und die den Turkvölkern eigenen Tugenden „Gemeinschaft, Unabhängigkeit und Unbezähmbarkeit“. Sie gibt auch zu, dass der Wolfsgruß missbraucht und politisiert werde. Dabei hütet sie sich zu sagen, dass die extrem nationalistische Regierungspartei MHP und die Grauen Wölfe diesen Missbrauch betreiben, sondern schiebt ihn „einigen Aleviten“ in die Schuhe. Frau Soykan wirbt um Verständnis für Jugendliche mit Migrationshintergrund, die sich mit dem Wolfsgruß gegen den Assimilierungsdruck wehrten, den sie in der deutschen Gesellschaft empfinden. Es sei gesellschaftsspaltend, diesen Gruß zu verbieten. Ich gestehe Menschen mit türkischer Einwanderungsgeschichte gerne das Bekenntnis zu ihren Wurzeln zu. Mein Bild von der Türkei, das ich Anfang der 1970ger Jahre während eines zweijährigen Aufenthaltes im Land gewonnen habe, ist ein durchaus positives. Aber ich will verschont werden vor der Demonstration von Identitätsgefühlen, die mit Herablassung gegenüber anderen einhergehen und die verbunden sind zum Beispiel mit der Leugnung des Genozids an der armenischen Bevölkerung 1915/1916 des Osmanischen Reiches und dem Pogrom von 1955 in Istanbul, nach dem über 100.000 Griechen und Juden aus der Türkei ausgewandert sind. Wenn Deutschtürken Sonderrechte verlangen bezüglich des Auslebens eines wie auch immer hergeleiteten türkischen Nationalstolzes, mit welcher Begründung könnte die deutsche Mehrheitsgesellschaft sie weiterhin in Schutz nehmen vor völkischen Agitatoren, die junge „Deutsche“ mit den Eigenschaften von Windhunden, Leder und Kruppstahl ausgestattet wissen wollen, damit sie sich „unser Land zurückholen“? Ich wünsche mir, dass Frau Soykan als Akademikerin dazu beiträgt, ihre Community dafür zu sensibilisieren, wie problematisch es in unserer Gesellschaft ist, den fragwürdigen „Stolz“ zu pflegen, „Deutscher“ oder „Türke“ zu sein“. Damit könnte sie an die von ihr beschworene Toleranz der Türken anknüpfen, die „schon immer in Vielvölkerstaaten gelebt (haben): multireligiös, multikulturell, vielsprachig“.
Norbert Höfer

Das pro & contra zum Wolfsgruß fand ich hundsmiserabel. Warum? Das Pro war zu angestrengt und trifft zudem alle Kitas und Grundschulen wegen des „Flüsterfuchs“ und – nur zum Beispiel – alle Wacken-Besucher wegen des Heavy Metall Kennzeichens. Zu dumm! Das Contra war fast schon infantil argumentiert und somit aus meiner Sicht völlig daneben. Beide Positionen lassen sich bestimmt besser und ohne persönliche Befindlichkeiten argumentieren.
Wolfgang Siedler

Frau Soykans Begründung einer Verbotsfreiheit des Wolfsgrußes ist, zusammengefasst, eine verbale Erbringung der Geste selbst. Die Umdeutung des Wolfsgrußes zum Akt der Selbstverteidigung und „Rebellion gegen den Assimilierungsruck“ ist als Argument so fadenscheinig wie der Schafspelz der Autorin.
Stefan Zimmer

Abgesehen davon, dass der Wolfsgruß mit real existierenden Wölfen kaum etwas zu tun hat, sage ich, dass dieses vermeintliche Stärkesymbol nicht unbedingt verboten werden muss, weil sich deren Demonstrierende selbst schwächen, indem sie sich in die Echokammern ihrer Exklusivitätsansprüche zurückziehen – wenn auch mit der Hoffnung, dass ihre Aktionen wie durch Membrane trotzdem nach außen wirken. Argumentativ stimme ich den Aussagen von Ertan Toprak zu und empfehle Frau Soykan sich über bestehende Unterschiede von Kulturen hinaus, deutlicher mit der gemeinsamen Basis alles Menschlichen zu beschäftigen. Da die aktuelle Diskussion um die Geste des Wolfsgrußes beim Fußball angefangen hat, hier noch eine Bemerkung für alle Sport- und Spielarten: Das größte Glück diesbezüglich ist es, ab und zu mal Pech zu haben, denn dann kann Souveränität entwickelt und ausgebaut werden. Und der punktuelle Siegesrausch vom Anspruch festgefügter Überlegenheiten befreit werden. Sport ist doch ein Spiel und soll in jeder Hinsicht Spaß machen – möglichst gemeinsam.
Christoph Müller-Luckwald

Man stelle sich vor: Deutschland gegen Spanien 89. Minute. Wirtz erzielt den Ausgleichstreffer, stellt sich vor die Haupttribüne und macht den Hitlergruß. Nationale Empörung, Ausschluss aus der Nationalmannschaft, Sperre auf Lebenszeit- wahrscheinlich und vor allem zu Recht. Die Apologeten sagen dann, Wirtz habe ja nur den Bellamy-Salute gemacht (bis 1942 an US- High-Schools verbreitet) und damit sei alles auch nicht so wirklich schlimm. Auf diesem Niveau argumentiert letztendlich die Pro-Sprecherin (um schlussendlich auch noch den immer wieder gerne vorgebrachten Rassismus- Vorwurf (am liebsten gegenüber Polizisten oder Lehrern) aus der Tasche zu ziehen). Fakt bleibt: Faschistische Symbolik hat bei Sportveranstaltungen (und auch sonst) keinen Platz in unserem demokratischen Gemeinwesen. Hier gilt es anscheinend noch einiges dazuzulernen.
J. Hoffmeister

Bei allem Respekt für Frau Soykan: Wenn sie ein Verbot schwer durchsetzbar findet, so liegt es wohl daran, dass sie denkt, es gehöre „Absicht“ dazu. Aber für die Strafbarkeit der Nazi-/Hitler-Geste nach $ 86a StGB kommt es darauf auch nicht an; dabei beeinflusst die Absicht allenfalls das Strafmaß! Und zum Zusammenleben im Vielvölkerstaat: Was ist mit dem in der Türkei weder aufgearbeiteten noch eingestandenen Genozid an den Armeniern und anderen Pogromen in der jüngeren Vergangenheit?
Peter Leimich

Auch das Hakenkreuz und die SS- Runen waren einmal harmlose Zeichen – bevor die Nazis sie okkupierten. Jetzt sind sie zurecht verboten. Wenn der Wolfsgruß Zeichen der Grauen Wölfe geworden ist, diskreditiert ihn das. Ich denke, das sollte Frau Soykan sehen. Der von ihr beschworene Vielvölkerstaat “ multireligiös, multikulturell, vielsprachig“ scheint in der real existierenden Türkei aber nicht vorherrschend zu sein.
Erika Schlegel

Warum den „Wolfsgruß“ verwenden, wenn er doch Vielen als Provokation gilt? In der Türkei gelten sie als „die Deutschen“, in Deutschland als „die Türken“. Viele türkischstämmige Mitbürger betrachten sich als Deutsche und als Türken gleichermaßen und sind damit in einer wirklich schwierigen Lage, denn sie haben das Gefühl, nirgends wirklich dazu zu gehören. Hinzu kommt, dass der Graben zwischen den Geschichtskulturen der beiden Länder denkbar tief ist, wie die aktuelle Diskussion über den sogenannten Wolfsgruß zeigt. Denen, die in der Türkei Verfolgung erlitten und erleiden, gilt er als Symbol der Gewalttätigkeit, der türkischen Mehrheit als unbedenkliches nationales Symbol, das man sich nicht nehmen lassen möchte, selbst wenn es von gewaltbereiten türkischen Nationalisten verwendet wird. Letzteres trifft in Deutschland auf Unverständnis, denn hier hat sich über die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg ein Geschichtsbild entwickelt, in dem eigene historische Schuld anerkannt wird und in dem Symbole, die für die Missachtung der Rechte anderer stehen, bewusst gemieden werden. Diese selbstkritische Sicht gehört zu den größten Errungenschaften der deutschen Nachkriegsgesellschaft, und wir dürfen mit Recht stolz darauf sein – „Nationalstolz“, wenn man so will. Der türkischen Mehrheitsgesellschaft fehlt bislang ein solches Geschichtsverständnis. Wer einerseits seinen Lebensschwerpunkt in Deutschland hat, andererseits aber tief in der türkischen Kultur verwurzelt ist, sollte sich dieses Gegensatzes bewusst sein und sich eingeladen fühlen, darüber nachzudenken.
Joachim Wendorf

 


 

Leserbriefe zu „Faden der Hoffnung“ von Bernd Ulrich

Bernd Ulrich ist vollumfänglich zuzustimmen, eines aber ignoriert er in Gänze: die „vernünftigen“ Parteien müssen schlichtweg – handwerklich – wieder viel, viel besser werden: Klingbeil und Nouripour nennen Weidel und die AfD eine Nazi-Partei, Scholz kann sich bzgl. CumEx an nichts erinnern, die Grünen müssen sich für den Wärmepumpen-Hype entschuldigen, Lindner wird durch Karlsruhe hinsichtlich seines Haushalts ausgebremst. Die „Vernünftigen“ müssen sofort wieder viel, viel besser werden, denn: die „Nicht-Vernünftigen“ sind nur deshalb so stark, weil wir, die „Vernünftigen“, aktuell so grottenschlecht sind. That’s it!
Jörg Mirbach

Ihre Analyse trifft im Kern zu, Ihre Alternativvorschläge vielleicht. Wir – Kinder der Aufklärung – müssen hilflos zusehen, wie alles was wir einmal für richtig gehalten haben, vor unseren Augen zerstört wird. Die Ursachen dafür sind mannigfaltig, so dass sich kurzsichtige Erklärungen, oder gar vereinfachende Schuldzuweisungen verbieten. Das postindustrielle System, das sich weitgehend am Erfolg der Märkte orientiert, hat sich offensichtlich überlebt. Es gehört zu den Binsenweisheiten unserer Zeit, dass die Schere zwischen reich und arm weiter auseinandergeht. Die Ablehnung, der Hass auf das „System“ wächst. Die „kleinen Leute“ haben begriffen, dass sie zu den Verlierern zählen, was sich z.B. im Verlust von Wohlstand und Lebensqualität, sozialem Abstieg, Existenzängsten oder Altersarmut widerspiegelt. Das spielt den Demagogen in die Karten. Verlierer sind wir am Ende alle.
Bruno Fey

Bernd Ulrich sieht einen Hoffnungsschimmer in aktuellen Wahlergebnissen. Doch nur das Mehrheitswahlrecht in Frankreich hat Schlimmeres verhindert. Also kein fulminanter Triumpf. Ob der Nährboden für rechte Strömungen der „Verlust der Übermacht“ (?) ist, mag sein. Die eigentliche Keimzelle ist jedoch die Migrationskrise. Doch dafür gibt es nur halbgare Konzepte. Die Briten haben jüngst den Ruanda Deal kassiert. Das Drittstaatenmodell – im Elfenbeinturm ersonnen – ist so gut wie tot, die ungesteuerte Einwanderung weiterhin garantiert. Das ist der alles überlagernde gordische Knoten, für den keine Lösung in Sicht ist. Die Wahlergebnisse sind jedenfalls disparat.
Christoph Schönberger

Beim neuesten Leitartikel der ZEIT frage ich mich schon, was ist aus dem Blatt geworden. „Der rechtspopulistische Aufstand richtet sich gegen die Einsicht, dass es die beiden offenkundigen Krisen des Westens – den Verlust seiner Übermacht und die ökologische Krise – überhaupt gibt.“ Staunend muss ich lesen, dass die ökologische Krise offensichtlich allein ein Problem des Westens ist. Gibt es etwa anderswo keine ökologische Krise. Bislang bin ich davon ausgegangen, dass es nur EINE Welt gibt. Was muss man sich unter „dem Westen“ vorstellen? Und, wieso ist es wichtig, dass dieser Westen übermächtig ist? Kann man das überhaupt ernst nehmen? Si tacuisses…
Wolfgang Hausmann

Vielen Dank! Das Thema ist altbekannt, aber es gehört halt Mut dazu es anzusprechen. „Die Macht des Aussprechens dessen, was ist“. Fichte: Alle große politische Aktion besteht in dem Aussprechen dessen, was ist und beginnt damit. Alle politische Kleingeisterei besteht in dem Verschweigen und Bemänteln, was ist! Schon Napoleon hat hiermit einen Großteil seiner Erfolge erlangt.
Manfred Neuber

Die Bewegungsform der Demokratie ist der Wechsel. Der demokratische Wechsel funktioniert nur mit Wahlmöglichkeiten, die nicht zugleich auch diese Demokratie in Frage stellen. Es ist logisch, wenn demokratische Parteien sich gegen extremistische Parteien zusammenschließen, um damit eine realistische Machtperspektive dieser Parteien zu verhindern. Dies ist ein Notprogramm der Demokratie (das es so im Zweiparteiensystem der USA allerdings nicht gibt). Das Notprogramm ist Ausdruck der Verselbständigung des Dagegenseins: Das wütende Dagegensein von Wählern nährt die extremistischen Parteien. Das Dagegensein der extremistischen Parteien provoziert das Dagegensein der demokratischen Parteien, indem sie ihr Dafürsein abschwächen oder gar das Dagegensein voll übernehmen, um den Wählern das Motiv zu nehmen, extremistische Parteien zu wählen. Wenn Parteien sich im Wettbewerb um die Gunst der Wähler im Dagegensein überbieten und erschöpfen, schwächen sie die Demokratie. Denn sie nähren nur das wütende Dagegensein der Wähler: „Die beschäftigen sich ja nur noch mit sich. Die klammern sich ja nur an die Macht. Die machen ja doch nur, was die wollen. Oder: Die machen ja gar nichts.“ Demokratie muss die Fragen der Zeit (die Wirklichkeit) erkennen, dann im politischen Wettbewerb Antworten finden und schließlich die Wirklichkeit gestalten (z.B. Probleme lösen). Die demokratischen Parteien müssen eine Brandmauer auch gegen ihr eigenes Dagegensein errichten. Dann kann aus einem Faden der Hoffnung wieder ein roter Faden für mutiges Handeln werden.
Reinhard Koine

Bernd Ulrich fordert uns in seinem Beitrag auf, uns vorzustellen, was ein Trump anrichten würde. Er scheint sich im Ergebnis ganz sicher zu sein. Leider lässt er uns im Unklaren, was er meint. Frieden etwa?
Harald Schnare

In den medial gut vernetzten politisch korrekten Gesellschaftskreisen gibt es, wie es der Autor nahelegt, das Einvernehmen, Parteien wie die polnische PiS, die französische RN, sogar die englischen Torys und sowieso die deutsche AfD als „rechtspopulistisch“, wenn nicht sogar rechtsextremistisch zu bezeichnen. Dem gegenüber stünden „die vernünftigen Parteien“, die den „demokratischen Rest“ ausmachten. Man legt also „von oben her“ fest, welche demokratisch gewählte Partei vernünftig, populistisch oder demokratisch sei. Wie wenig mich das Parteiprogramm der AfD persönlich anspricht: Als verfassungstreuer Staatsbürger muss ich solche Unterscheidungen seitens informeller, wenn auch mächtiger Meinungskonglomerate zurückweisen. Denn was vernünftig und was populistisch ist, liegt nicht in der Deutungshoheit von Think Tanks oder Journalisten, und was demokratisch ist, ist von der Verfassung und nicht von Meinungsprofis zu entscheiden. Ist das Vertrauen in deutsche und europäische Verfassung wirklich so gering, dass man sich fürchtet, wenn rechts-konservative Parteien ans Ruder kommen? Glaubt man wirklich, Le Pen oder Weidel könnten nationale und europäische Verfassungen aushebeln? Ist es Majestätsbeleidigung, wenn es Gegenkräfte zu heute dominanten links-orientierten Bewegungen gibt? Könnte man nicht im Gegenteil den Akteuren des in der Tat spürbaren Rechtsrucks Wind aus den Segeln nehmen, indem man selbst freiwillig von seinem hohen Ross stiege?
Kurt Schäfer

Bernd Ulrich hat recht, dass der politische Zustand der westlichen Gesellschaften kritisch ist. Leider ist es genau das Herangehen auch seines Artikels, das eine Lösung am Ende verhindert. Es ist eben nicht ein Kampf von rechts und links, sondern die Mehrheit will einfach wieder ein Land haben, das funktioniert. Die Grundvoraussetzung dafür ist, die bestehenden Probleme nicht zu leugnen. Die ganz wesentlichen Probleme im täglichen Leben sind die nicht mehr funktionierende Infrastruktur auf allen Ebenen, Verkehr, Verwaltung, Schule, die unregulierte Einwanderung und der auf dem Schlachtfeld nicht zu gewinnende Krieg mit Russland. Alle diese Probleme werden leider von allen sich als nicht rechts außen verstehenden Parteien mehr oder weniger geleugnet. Damit verschwinden sie nicht, nur die Bürger wählen die Parteien, die die Probleme wenigstens anerkennen. Als Optimist behaupte ich, mehrheitlich obwohl erkennbar, dass auch dort keine brauchbaren Lösungskonzepte geboten werden. Eine Änderung ist aber nicht durch politische Aufklärung oder Agitation, sondern nur durch ernsthafte Lösungsversuche für die genannten Probleme zu erreichen.
Frank Scholze

Von den „offenkundigen Krisen“ hat Ulrich die für uns Deutsche und Europäer gefühlt wichtigste – bewusst? – nicht genannt, durch die der „Faden der Hoffnung“ noch schneller reißen kann: die unkontrollierte, unbegrenzte Dauerimmigration aus Asien und Afrika und die fehlende Abschiebung der Nicht-Asylberechtigten! Menschen, die hier seit Generationen beheimatet sind, wollen auch in Zukunft hier Mehrheitsgesellschaft bleiben und nicht allmählich als Parallelgesellschaft in einem multikulturellen Polyethnistan oder einem Klein-Afrikasien aufwachen – selbstverständlicher Konsens unter allen Völkern und Nationen, nur dank grüner Zeitgeistmoral in Deutschland rechtspopulistisches Gedankengut! Das Wahlvolk hat es satt, immer nur Hohlphrasen wie „wir schaffen das“ oder „in großem Stile abschieben“ zu hören, ohne dass ihnen Taten folgen, die man Taten nennen kann! Glaube niemand, dass alle, die eine wirksame Lösung des Asylproblems fordern, rechte Parteien wählen. Unter den Wählern der „vernünftigen“ (?) „Parteien“ gibt es eine große Zahl, die dasselbe verlangen; sie fühlen sich lediglich abgestoßen vom Personal und Programm der rechten Parteien! Wenn unsere bei den Wahlen abgestraften regierenden Altparteien, die nur noch das Band des „Antifaschismus“ locker zusammenhält, nicht endlich ihre (Asyl)Politik ändern, sondern weiterhin den Mehrheitswillen ihres Wahlvolks missachten – dann ist das der Anfang vom Abgesang unserer parlamentarischen Demokratie!
Ulrich Pietsch

Sie haben allzu Recht mit dem Gedanken, was eine populistische oder sonstwie verantwortungslose Partei in 8 Jahren Regierungsämtern und Parlamentsmehrheit anrichten kann. Das ist auch ein schlagendes Argument gegen die häufige Begründung, die Partei XY solle doch „auch mal“ eine Chance haben. Sehr gut der Begriff „Halbwahrheiten und Viertel-Politiken. Leider gibt es noch weit schlimmere Tunnelblicke auf die Realitäten oder „Wahrheiten“ und Politiken, die noch weit weniger als ein Viertel des versprochenen oder gar des Nötigen wirklich machen, allerdings auch aus Furcht vor den Shitstorms von Medien und Wählern und Gewerkschaften, die alle ähnlichen Tunnelblicken und Inkonsequenzen, Undifferenziertheiten, Unwilligkeiten oder Unfähigkeiten zu unangenehmen Fakten, Verdrehungen, Befangenheiten, Wunschdenken, falschen Alternativen, Ursachenzuschreibungen und Schlussfolgerungen und Widersprüchen unterliegen, daneben auch den üblichen Denkfehlern und Wahrnehmungsverzerrungen, Kurzfristinteressen und -ängsten. In Wirklichkeit sind die als „vernünftige“ zusammengefassten meist gar nicht sooo vernünftig, sondern nur graduell weniger unvernünftig, populistisch, klientel-egoistisch, undifferenziert.
Der „Aufstand“ — nicht nur, aber besonders der Rechtspopulisten — richtet sich gegen viele schwierige unangenehme Einsichten, nicht nur, aber vielleicht besonders gegen die zwei von Ihnen genannten. Mit am schwierigsten ist die Einsicht in die auch eigene oder gruppeneigene Mit-Verantwortung für die Ursachen und die „Lösungen“ oder Konsequenzen wenigstens eines Teils der Krisen. Die Antwort und Alternative zu solchen „harten“ Einsichten sind dann viel bequemere und auf den ersten Blick „schönere“ und einfachere Alternative Erklärungen oder gar „Fakten“. Insofern haben die Aufständischen gegen die nötigen Einsichten viel wahrere und eindeutigere „erfundene“ Realitäten und Logiken und Schlussfolgerungen. U. a. verstehen sie nicht, dass manche scheinbaren Paradoxien bei differenzierterem und weiterem Blick eben doch Sinn machen können: Nicht nur können das Gleichgewicht wieder herstellende Waffen, wo es vorher mehr als genug, aber sehr einseitig verteilte gab, den Frieden wieder wahrscheinlicher machen, indem sie die Risiken eines aggressiven Angriffs erhöhen und die Vorteile vermindern. Auch Feuerwehren müssen manchmal bei Waldbränden noch ein zusätzliches Feuer legen, um die weitere Ausbreitung zu begrenzen, wo es mit Wasser allein nicht mehr machbar ist. Auch in der Medizin müssen Verletzungen und schwere Krankheiten immer wieder mit schädlichen und gefährlichen Substanzen oder neuen Verletzungen, nämlich Operationen, behandelt werden, um den resultierenden wahrscheinlichsten Gesamtschaden zu minimieren. All das könnten für einfache Denker auf den ersten Blick irrsinnige Maßnahmen sein.
Ein weiterer schwerer Irrtum — auch aus Emotionen geboren — könnte der Gedanke sein „schlimmer kann es sowieso nicht mehr werden, also erproben wir mal eine bisher noch völlig unerprobte und ungewähliche Partei“. Das ist schon nach der Weimarer Republik und der Weltwirtschaftskrise gewaltig schiefgegangen. Dass Krisen eine „ganz neue Zeit einläuten“, dass sehen ja sogar viele genauso, nur leider oft völlig verkehrt herum mit den falschen oder einseitigen Schuldzuweisungen, falschen Erklärungen (wie bei den Verschwörungsmärchen), Rettern und Rettungsstrategien. Eine der katastrophalsten Grundannahmen dabei ist die These, dass nur ein falsches System oder die „falsche“ Regierung an allem schuld ist oder gar sein kann, und dass nur eine neue Regierung oder ein neues „System“ allein alles bessern kann oder muss, und das selbst verständlich ohne irgendwelche „Belastungen“ oder Änderungen im Denken und Verhalten der Bürger. Das ist ein Mythos, aber so emotional und geistig bequem, dass er allzu leicht Mehrheiten an Gläubigen findet.
Natürlich wäre eine bessere Regierung und Politik wünschenswert und vielleicht nötig. Aber die könnte nicht allzu viel ausrichten ohne — ausreichend viele — Medien und Wähler, die zu einem neuen Denken mit Verantwortung aller bereit sind: Wieder mehr Arbeit und Arbeitsethik, mehr Lernen, weniger Ansprüche, mehr Realismus und mehr Gemeinsinn und Vernunft und Solidarität nicht nur mit der eigenen Wählerklientel oder Gruppe, sondern auch mit fernen und zukünftigen. Etwa im Sinne der Kant’schen Philosophie „Handle so, dass du wollen kannst, dass die Maxime (das Prinzip) deines Tuns ein allgemeines Gesetz werde.“ Mit anderen Worten „Was Du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“, oder als Kollektiv: So handeln, dass wir einverstanden wären, die Folgen zu tragen, wenn auch unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern sich genauso verhalten hätten. Ähnliches, wenn nicht gar mehr folgt auch aus der christlichen Ethik. Ist das moralistisch oder moralinsauer? Weltfremd? Vielleicht, aber das wäre tragisch: Ich erwarte ja gar nicht, dass wir wieder wie unsere (Ur-)Großeltern uns abmühen, damit unsere Nachkommen, zu denen für viele auch die eigenen Kinder und Enkel gehören, es deutlich besser hätten als wir, sondern nur, dass wir nicht auf deren Kosten leben, es uns nicht derart gut gehen lassen, dass sie kaum noch Lebensqualität zu erwarten hätten, wenn überhaupt noch ein Leben. In dem Falle könnten wir auch kaum sicher sein, dass sie dann neben dem eigenen Überleben noch für die gewünschten Rentenhöhen und Pflegequalität arbeiten würden.
Peter Selmke

Vielen Aspekten des Artikels von Bernd Ulrich ist zuzustimmen. Allerdings gibt es bei seiner Analyse des Rechtspopulismus einen blinden Fleck: Die Migration wird von Ulrich nicht als eine der Ursachen für das Wachsen rechtspopulistischer und -extremer Parteien gesehen. Aber leider ist dies so, in vielen europäischen Ländern. Grundsätzlich bin ich sehr offen für MigrantInnen. Seit 2013 unterstütze ich ehrenamtlich Geflüchtete und habe viele gute Erfahrungen gemacht. Aber wenn zu viele MigrantInnen in einem Stadtviertel wohnen, haben sie wenig Chancen, hier gut anzukommen. Das gilt auch auf die Kinder. Aus meiner Erfahrung als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache weiß ich, wie ungeheuer intensiv die Förderung von Kindern sein muss, wenn weder die Familie noch die Umgebung oder die MitschülerInnen Deutsch sprechen. Eine Bekannte, die als Achtjährige in den 90er Jahren mit ihrer Familie aus Russland kam, ohne ein Wort Deutsch zu können, sagte mir mal, sie habe damals das Glück gehabt (!), in ihrer Klasse das einzige nicht deutschsprachige Kind zu sein. Bernd Ulrich sollte einmal den Artikel in derselben Ausgabe der „Zeit“ auf S. 27 “Deutsch? „Egal, egal!“ lesen. Mit ein bisschen mehr Geld im System ist es leider nicht getan. Und was wird aus Heranwachsenden ohne Schulabschluss? Es sind oft Jugendliche und junge Männer ohne Perspektive, die unserer Gesellschaft Sorgen bereiten. Wie viel Druck durch die Zuweisung von Geflüchteten in die Kommunen seit Ausbruch des Ukraine-Krieges 2022 herrscht, erfuhr ich kürzlich. In der Verwaltung einer niedersächsischen Kommune ist man erleichtert, eine Notunterkunft für Geflüchtete, statt einer Flüchtlingsunterkunft einrichten zu können. Der Grund für die Erleichterung: In einer Notunterkunft besteht für die Kinder noch kein Anspruch auf einen Schul- bzw. Kindergartenplatz. Freie Plätze gibt es in der Kommune nämlich nicht. Geflüchtete Kinder haben oft monatelang keinen Schulunterricht. Eine eigentlich untragbare Situation. Meines Erachtens ist das Migrationsproblem heute und in näherer Zukunft nicht lösbar. Außer man verletzte unsere humanitären Standards und Werte. Aber Politiker und Journalisten, die die Probleme nicht sehen oder nicht wahrhaben wollen, tun unserer Demokratie nicht gut.
Christiane Hussels

Seit wann sind den die Altparteien die vernünftigen Parteien? Und wie soll diese Vernünftigkeit aussehen? Was hatten denn diese Altparteien in der Zeit der Corona-Pandemie groß zu bieten? Da war von einem vernünftigen Handeln keine Rede mehr, da wurden die Menschen nach Strich und Faden gegängelt und bevormundet und wer nicht mitziehen wollte, der wurde als Schwurbler, Verschwörungstheoretiker oder Gefährder gebrandmarkt. Gar viel hat sich da auch heutzutage nicht geändert, denn wer z.B. den Wladimir Putin nicht verteufelt, der gilt dann sofort als ein Putinversteher. Wenn ich mich mit jemanden unterhalten möchte, dann sollte ich mein Gegenüber auch verstehen können! Bin ich dann sofort ein Gegenüber-Verstehen?
Klaus P. Jaworek

„Mehr und mehr erklären sie (‚die Vernünftigen‘) nämlich strunznormale demokratische Wahlen zu letzten Gefechten … Faktisch erpresst man die Menschen: Entweder ihr wählt richtig – oder nie wieder“ Lieber Herr Ulrich, für diese Passage Ihres Leitartikels aus könnte ich Sie umarmen. Leider fällt mir zur nachfolgenden Argumentationskette nur die Beschreibung „strunzdoof“ ein. Der „rechtspopulistische Aufstand“ zielt nicht in erster Linie darauf, aktuelle Krisen zu verleugnen, sondern profitiert von der Realitätsverweigerung jener arrivierten Demokraten, die einen Großteil ihrer Energie nicht in die Lösung realer Probleme sondern in lagerinterne Grabenkämpfe sowie ein intensiviertes Vermitteln altbekannter Positionen stecken. Warum denken Sie ihren brillant formulierten Gedanken nicht einfach konsequent weiter? Das rechtspopulistische Wählerpotenzial hat ein Niveau erreicht, wo dort abgegebene Stimmen schon lange nicht mehr als verloren gelten müssen. Der Kipppunkt ist überschritten. Darüber hinaus demonstriert die hektische Aktivität der liberalen Demokraten, dass sie jede einzelne an die Rechtspopulisten übergegangene Stimme sichtlich schmerzt. Für Wähler tut sich hier ein verlockendes Feld der Selbstwirksamkeit auf. Beschirmt wird die potenzielle Zündelei am Demokratiesystem von eilig errichteten Brandmauern. So lange hoch und heilig versprochen wird, die Schmuddelkinder draußen zu halten, kann man sie auch (noch) wählen. Das ist die Wand, auf die wir zulaufen!
In ihrem Artikel lassen Sie vollkommen folgerichtig durchschimmern, dass das nicht ewig so weitergehen kann. Aber warum ziehen Sie nicht die konsequenten Schlüsse? Auf Augenhöhe würden Sie Lesern und Wählern gegenübertreten mit der Aussage: „Ihr könnt wählen, wen ihr wollt. Aber dann lebt auch mit den Konsequenzen.“ Der Blick nach Polen zeigt uns, dass zumindest auf mittelfristigen Zeitskalen sich die Dinge wieder umkehren können. Im Sinne der Homöopathie betrachtet, hat die junge polnische Demokratie eine Phase der Anfangsverschlechterung durchlaufen. Der Faden der Hoffnung wäre für mich, dieses hoffnungsvolle Beispiel aufzugreifen und der Wählerschaft nicht die Vernunft abzusprechen, sondern sie einfach strunznormal wählen und jene Regierungen bekommen zu lassen, die sie verdienen. Dass (Rechts)populisten keine echten Lösungen für realweltliche Probleme anzubieten haben, lässt sich nicht durch Ausgrenzung beweisen, sondern allenfalls durch Ausprobieren widerlegen. Nachzulesen in der Wissenschaftstheorie von Karl Popper: Falsifizierung von Thesen ist mittels eines einzigen Gegenbeispiels einfach, ihr Beweis mitunter ausgesprochen mühsam.
Maximilian Trattenbach

 


 

Leserbriefe zu „Anpassung ist Teil meines Lebens gewesen“ von Anne Rabe

Offen gestanden bin ich mir unschlüssig, ob diese Adresse tatsächlich die Richtige für mein Anliegen ist, aber ich würde gerne eine Bemerkung zu dem Artikel machen. Zwar handelt es hier um eine Lappalie, dennoch würde ich gerne darauf hinweisen, dass sich ein inhaltlicher Fehler eingeschlichen hat. Und zwar beschreiben Sie mit dem unteren Foto eine Situation aus dem Juni 2016, als Angela Merkel und diverse andere Staatsoberhäupter sich über den Tisch in Richtung des sitzenden Donald Trumps beugen. Der inhaltliche Rahmen dieses Fotos ist auch völlig korrekt (G7- Gipfel in Kanada), aber dieses Foto kann unmöglich 2016 entstanden sein. Zum einen, weil Donald Trump und auch Emmanuel Macron noch gar nicht Präsident ihres Landes waren und zum anderen, weil die G7-Konferenz 2016 in Japan stattfand. Demnach muss dieses Foto 2018 entstanden sein. Ich verstehe völlig, dass in stressigen Wochen und Tagen Fehler passieren können. Davon kann sich selbst eine große Zeitung nicht entziehen. Vielleicht liegt dieser Fehler ja einem System oder einer Datenbank zugrunde, in dessen Tiefen eine falsche Information eingepflegt wurde.
Malte Cordes

Angela Merkel wird 70 und es geht ihr gesundheitlich gut. Das freut mich, aber muss man sie deshalb über den grünen Klee loben. Schließlich war es vor allem sie, die für viele Missstände in unserem Land verantwortlich ist. Ein wenig mehr Realismus täte der ZEIT gut.
Rolf Schikorr

Ersetzt man das Wort „Anpassung“ durch den nur eine Winzigkeit davon entfernten Begriff „Opportunismus“ („bereitwillige Anpassung an die jeweilige Lage aus Nützlichkeitserwägungen“), kommt man einer der Grundlagen des politischen Erfolgs von Frau Merkel m. E. sehr nahe. Eine andere ist die permanente Überschätzung und Überhöhung ihres Wirkens durch die Medien, wie sie z. B. in der fast schon penetranten Missinterpretation des Fotos vom G7-Gipfel („Mächtige unter Mächtigen“) immer wieder erfolgt: Die Beteiligten blicken keinesfalls, wie immer wieder behauptet wird, auf die mächtige Frau Merkel, sondern auf Macron – nur Frau Merkel selber nicht. Die schiebt sich aber um so auffälliger in den Vordergrund. Raffinierte Inszenierungen (s. auch das Foto in der Fischerhütte, aber auch die peinlichen Auftritte der völlig unsportlichen Kanzlerin bei Spielen der Fußball-Nationalmannschaft) sind eben auch ein Teil ihres Lebens.
W.-R. Heilmann

Was für ein großartiger und erhellender Artikel von Frau Rabe. Herzlichen Dank!
Ursula Weghorn

Nun, den Gedanken vom Gemeinsamen europäischen Haus hat Merkel mit Antritt in Kanzleramt in den Orkus der Geschichte verwiesen. Und dabei nicht vergessen, die Ukraine wäre ein Teil des Wirtschaftsraumes geworden, frei, demokratisch und wirtschaftlich stark. Dank Merkel wurde daraus natürlich nichts. Ukrainische Tote können darüber nicht einmal mehr weinen.
U. Ladwig

So ganz mag ich dem Artikel nicht zustimmen. Warum nicht? Die Autorin zeichnet letztlich das Bild einer Opportunistin, was sich aber hinter Begriffen wie Chance (ergreifen) oder Anpassung verbirgt. Zwar hat Merkel Karriere gemacht, aber nur, wenn man das an der erreichten Position festmacht. Moralisch-politisch (sofern man bereit ist zu akzeptieren, dass Politik etwas mit Moral zu tun hat) waren die Jahre ihrer Kanzlerschaft eine Katastrophe. Erwähnt wird, dass Merkel sich mehr Interesse für den Osten Deutschland gewünscht hätte…von den 34 Jahren seit 1990 war sie 16 Jahre Kanzlerin, also fast die Hälfte (rechnet man bis 2021, dem Ende ihrer Kanzlerschaft, dann sogar mehr als die Hälfte). Warum, so die NZZ kürzlich, stehen die fünf neuen Länder wirtschaftlich immer noch so schlecht da? Kein Interesse? Dabei sind doch Armut und Abgehängtsein die Ursachen für Rassismus u. a. Wo ist die AfD besonders stark? Die Autorin schreibt zu Recht, dass die Gesellschaft im Herbst vor einer schweren Prüfung steht. Teilweise Erbe der Regentschaft Merkel? Kein Kommentar. Die Autorin bemerkt, dass Merkel im Rahmen ihrer Entscheidungsfreiheit den gestrandeten Flüchtlingen half. Irre ich mich oder ist das später nicht vom BVG als Verfassungsbruch beurteilt worden? Aber es gibt noch mehr Fragen zur Vita. Der New Yorker (!) schrieb vor Jahren, dass sie Physik studieren durfte, obwohl ihr Vater Theologe war. Ihre Mutter, Englischlehrerin, hatte, obwohl es in der DDR zu wenig Englischlehrer gab, Berufsverbot, weil sie mit einem Theologen verheiratet war. „Anpassung ist ein Teil meines Lebens.“ Mussten nicht alle Studenten in der DDR-Marxismus-Leninismus-Kurse belegen? Waren diese „Scheine“ benotet und wenn ja, wie waren die Noten? Soll ich raten? Der New Yorker schrieb, glaube ich, dass Merkel eine privilegierte Ausreisegenehmigung der DDR hatte. Die hatten m. E. nur Regimetreue. Was passierte 1989? Chance ergriffen…Hals gewendet? Hatte Merkel (schon Oppositionsführerin) Schröder nicht wegen seiner Entscheidung bzgl. des Irak-Krieges während eines USA-Besuches kritisiert (Anbiederung an den Gastgeber?)? Zumindest schlechter Stil. Wie war das mit dem Atomausstieg und der deutschen Solarindustrie? Musste sie nicht überlange regieren, obwohl sie nicht mehr wollte oder konnte (s. Robin Alexander, Machtverfall)? Hat sie damit dem Staat, dem Land nicht geschadet (Nutzen zu mehren u. Schaden zu wenden)? Nein, es ist kein Grund zur Freude und zur Gratulation, dass eine Karriere wie die ihre machbar war. Gratulation zum 70. Geburtstag.
Gerd-Rüdiger Erdmann

Die Gegenüberstellung der beiden Fotos mit Angela Merkel ist gelungen. Diese sind eine symbolische und bildhafte Klammer eines erfolgreichen Politikerinnenlebens. Allerdings bringt der Text nichts Neues für die Leser, sondern zu hinterfragende Sichtweisen der Autorin und ihrer persönlichen Bewertungen. Das Recht für diesen Beitrag hat sie selbstverständlich, aber die Fragen bleiben. Warum bringt die Autorin völlig zusammenhanglos Frau Wagenknecht zu Beginn ihres Textes ins Spiel. Ich habe von dieser Dame am und um den 9. November 1989 herum nichts Politisches wahrgenommen. Also ist es doch belanglos, ob sie sich weigerte, damals in den Westen zu gehen. Wem interessiert das? Und wenn sie gegangen wäre, wem hätte es genützt? Ich finde es sehr fragwürdig, dass die Autorin meinte Helmut Kohl hätte Angela Merkel ein zu vernachlässigbares Ministerium übergeben. Wir waren damals als Ostdeutsche stolz eine Ministerin von uns im Kabinett Kohl zu wissen. Ich bin davon fest überzeugt, dass die Themen zur Frauen – und Jugendpolitik gerade nach der Wende sehr wichtig für das Zusammenwachsen unseres geeinten Volkes waren und hier Helmut Kohl eine kluge Entscheidung getroffen hat. Insbesondere auch, weil gerade Westpolitiker die Befindlichkeiten und Lebenskultur der Frauen mit all ihren Problemen kaum ausreichend bewerten konnten. Gleiches galt auch für die Jugendpolitik. Auch die westdeutschen Politiker mussten uns und unser Leben in der DDR erst richtig verstehen lernen.
Trotz dieser, gerne auch schwierigen, Prozesse des gegenseitigen Verstehens und Kennenlernens sollten wir nicht grundsätzlich mangelndes Verständnis der westdeutschen Politik für die Probleme der Ostdeutschen unterstellen. Ich habe bei den vielen Auftritten von Helmut Kohl im Osten förmlich gespürt, wie er sich für die Befindlichkeiten der Ostdeutschen interessierte und gekümmert hat. Übrigens hatte er mit Hannelore Kohl eine kompetente Beraterin an der Seite, welche in Leipzig geboren ihre ostdeutschen Wurzen nie vergessen hat. Gerade in Zeiten der wachsenden Arbeitslosigkeit, der wachsenden Armut, dem neuen Verständnis von Freiheit und einem neuen Leben unter dem Dach der Marktwirtschaft und des Leistungswettbewerbes war eine große politische Sensibilität aller Politiker gefordert. Ich bin davon überzeugt, dass Angela Merkel dafür viel geleistet hat und nicht in einem vernachlässigten Ministerium rumgesessen hat. Einen breiten Raum gibt die Autorin dem Thema 1992 und der rechtsextremen Gewalt, insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern, Rostock- Laage. Ja, es war eine schlimme Zeit, in welcher wir erstmalig mit solch einer Gewalt gegen Ausländer konfrontiert wurden. Nun Angela Merkel zu kritisieren, dass sie den Dialog mit den Tätern suchte, um Ursachen dieser Gewalt aufzuklären, finde ich schon schwierig. Zu ihrer Arbeit gehörte auch eine Portion Mut. Und diesen Mut gewann sie aus ihren Überzeugungen das Richtige und Notwendige zu tun. Leider bedient sich die Autorin hierfür auch noch den typischen damaligen Klischees. Sie schreibt in diesem Zusammenhang über Angela Merkel mit einem Pagenschnitt und einem unförmig sitzenden Sakko. Mein Gott, ist das notwendig?
Interessant, mindestens diskussionswürdig sind die Einlassungen zur damaligen akzeptierten Jugendarbeit. Ich hätte gerne die Frage an die Autorin zu ihrer heutigen Vorstellung über den damaligen schonungsloseren, ernsthafteren, offeneren und freiheitlichen Diskurs zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern gestellt. Hier gibt es Klärungsbedarf. Richtig ist die Einschätzung, dass Angela Merkel keine Angst vor Veränderungen und ein feines Gespür für das Machbare hatte. Aber diese Erkenntnis versöhnt mich nicht mit dem Beitrag, welcher wohl ein Gratulationsbeitrag sein sollte. Und richtig ist, dass Angela Merkel selbst entschieden hat, wann sie ihre Karriere beendet. Das vor allem der Osten ihre Karriere beendet hat, dass hätte ich gerne etwas genauer erläutert bekommen.
Ulf Leisner

«Angela Merkel wird 70. Was konnte sie als Frau und Ostdeutsche bewirken?» Diese Frage muss ergänzt werden mit der Frage: Was konnte sie als Physikerin bewirken? «Als promovierte Physikerin war sie am Zentralinstitut für Physikalische Chemie tätig, bis sie in der Wendezeit erstmals politisch in der Partei Demographischer Aufbruch aktiv wurde.» (Zitat aus Wikipedia) Die Frage ist deshalb interessant, weil die mathematischen Aspekte immer wichtiger werden, wenn es um die Zukunft der Menschheit und damit auch Deutschlands geht. Die aktuell wichtigste Aufgabe der Menschheit besteht bekanntlich darin, den sanften Ausstieg aus dem exponentiellen Wachstum von Kopfzahl und Konsum zu schaffen. Dazu ein paar Zahlen. Steven Koonin (Wissenschafts-Staatsekretär der Obama-Regierung, Physiker und Autor von «Unsettled: What Climate Science Tells Us, What It Doesn’t and Why It Matters») beschreibt das exponentielle Wachstum so: seit 1900 hat sich die Weltbevölkerung verfünffacht und die Wirtschaftsleistung pro Kopf versiebenfacht. Einer Radiosendung im Juli 2023 zum gleichen Thema war zu entnehmen, dass sich die Weltbevölkerung in den letzten 50 Jahren verdoppelt und die Wirtschaftsleistung vervierfacht hat. Das Problem ist aber nicht nur das Wachstum insgesamt. Das exponentielle Wachstum von Kopfzahl und Konsum ist sehr ungleich verteilt. Zum Beispiel, was die Geburtenrate betrifft, so liegt sie etwa im Industriestaat Südkorea bei 0.7 und in einigen Ländern Afrikas über 6. Ähnliches gilt für die Verteilung von Wohlstand und Konsum. Das liegt an den unterschiedlich verfügbaren Perspektiven. Die Unterschiede bei den Geburtenraten beruhen auf zwei Rückkoppelungen: Hohe Geburtenraten bewirken hohe Jugendarbeitslosigkeit, geringe Berufs-Perspektiven und daher das Nutzen von Ersatz-Perspektiven, die wiederum hohe Geburtenraten bewirken.
Tiefe Geburtenraten hingegen bewirken gute Perspektiven in Beruf und beim Konsum, die aber Aufwand an Geld und Zeit benötigen, was die Geburtenraten weiter reduziert. Hohe Jugendarbeitslosigkeit führt aber auch zu Krisen, die dann zu einer unbegrenzten Nutzung des Asylrechts berechtigen. Das Recht auf Eigentum, sinnvoll genutzt, ist ein wirksames Mittel zum Fördern der demographischen Verantwortung. Es ist auch ein Mittel gegen etwas das man mit «Tragik der Allmend» bezeichnen kann. Dabei ist die übernutzte Allmend die beschränkte Aufnahmekapazität der Erde für Kopfzahl und Konsum der Menschheit. Ein Beispiel für die Wirksamkeit des Rechts liefert der Vergleich zwischen dem Gazastreifen und dem Iran. Im Gazastreifen ist die Geburtenrate 3.5. Im Iran beträgt sie 1.68. Der Unterschied besteht darin, dass im Iran nur das eigene Eigentum verfügbar ist. Ein anderer Vergleich nämlich der zwischen dem Gazastreifen und Italien liefert ein ähnliches Bild. Italien hat bei 59 Millionen Einwohnern die Geburtenraten 1.25. Der Gazastreifen hat 2 Millionen Einwohner. Bei einer konstanten Fortsetzung gäbe es im Gazastreifen nach 4 Generationen 18.9 Millionen Einwohner und in Italien 9 Millionen. Der problematische Unterschied zwischen dem Wachstum von Kopfzahl und dem Wachstum von Konsum ist, dass der Konsum bei Bedarf sehr weit zurückgefahren werden kann, was bei der Kopfzahl nicht der Fall ist. Um den sanften weltweiten Ausstieg aus dem exponentiellen Wachstum von Kopfzahl und Konsum zu ermöglichen, muss ein breites Spektrum von Themen weit vorausschauend behandelt werden. Das Thema „freundliches Gesicht zeigen“ ist dabei wichtig, darf aber nicht isoliert und kurzfristig verfolgt werden. Zahlen sind nicht nur in der Physik wichtig.
Gernot Gwehenberger

In der Unterzeile wird die Frage aufgeworfen, was Ex-Kanzlerin Merkel uns während ihrer Amtszeit gegeben oder vorenthalten habe. Mit ihrem unprätentiösen Auftreten, ihrer zurückhaltenden Art, war sie geradezu das Gegenteil ihres lauten Vorgängers, des Basta-Kanzlers Schröder. Durchaus angenehm. Das leise Auftreten und das Weglächeln von Kritik, ihre damit so eigene merkelaeske Art schienen seinerzeit auch viele Medienvertreter in einen medialen Schlaf versetzt zu haben. Kritik war selten zu lesen und zu hören. Merkwürdig. Ein freundliches Auftreten ersetzt doch noch lange keine gute Politik. Und diesbezüglich hielt sie uns eine Menge vor. Versäumnisse allenthalben. So wurde sie zunächst als Klimakanzlerin apostrophiert, da sie in der Welt herumflog und Klimaschutz anmahnte, den sie zu Hause aber selbst kaum umsetzte. Was einen ernsthaften Klimaschutz anging, hatte sie ihre zur Raute gefalteten Hände zumeist in den Schoß gelegt. 16 verlorene Jahre. Und wie war das doch gleich mit ihrem Demokratieverständnis? Wollte sie doch die „parlamentarische Mitbestimmung so (gestalten), dass sie trotzdem auch marktkonform ist.“ Eine postdemokratische Vorstellung. Ihre Nähe zu den Mächtigen zeigte sich dann auch an dem von Merkel für den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Josef Ackermann, im Kanzleramt ausgerichtetem Geburtstagsessen mit zahlreichen hochrangigen Gästen u.a. aus der Großindustrie und dem der CDU zugeneigtem Springer-Konzern. Bis zur Veröffentlichung der Gästeliste dauerte es jedoch eine Weile, da dies das Kanzleramt zunächst vehement verhinderte. Erst einer Klage vor Gericht gelang nach mehreren Instanzen eine Entscheidung herbeizuführen, die eine Offenlegung der Gästeliste erzwang. Transparenz und Demokratie gehen anders.
Aber wer weiß, hat Horst Seehofer (immerhin ehemaliger Ministerpräsident und auch Bundesminister) doch in einer Talkshow mal behauptet: „Diejenigen, die entscheiden sind nicht gewählt und diejenigen, die gewählt wurden, haben nichts zu entscheiden.“ Er muss es ja wissen. Traf sich damals bei der Geburtstagsparty vielleicht die inoffizielle Nebenregierung! Betrachtet man die Handhabung der Finanzmarkt- und Eurokrise durch die damalige Regierung Merkel, kann man durchaus ins Grübeln geraten. Wurden diese letztlich nicht zugunsten der Banken gehandhabt, im Sinne von: Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren? Und auch die anschließenden Regulierungen sollen alles andere als optimal gestaltet worden sein – wenn man denn den Amtseid ernst nimmt. Medial unterstützt wurde das Ganze durch das Griechen-Bashing der berüchtigten BILD aus dem Springer-Konzern (u.a. „Die Pleite-Griechen würden SPD-Schulz wählen.“ „Verkauft doch eure Inseln, ihr Pleite-Griechen.“). So profitierte fast jeder Geburtstagsgast von dem anderen. Muss vermutlich ˋ ne Riesensause gewesen sein. Das wars aber noch nicht. Ein weiteres Beispiel einer kurzsichtigen Politik, die bis heute nachwirkt, musste der Wähler vor rund 9 Jahren erleben.
Die zum Teil rechtswidrige Praxis von Merkel im Jahr 2015, zahlreiche in Ungarn gestrandete Flüchtlinge aufzunehmen, quittierte sie lediglich mit einem „Wir schaffen das“. Mit den Problemen vor Ort und anderswo hatte sie ja nichts zu tun. Ein Wachstumsbeschleuniger für die AfD. Damals dümpelte die Partei übrigens noch knapp unterhalb der 5-Prozent-Hürde herum und verdoppelte sich nach Merkels Entscheidung im September 2015, innerhalb weniger Monate. Ungarn wäre seinerzeit vermutlich noch mehr als bereit gewesen, sich einem angemessenen europäischen Verteilungsschlüssel anzuschließen. Heute nicht mehr. Ein schweres Versäumnis. Dies ein paar Beispiele einer Politik die man uns lieber hätte vorenthalten sollen. Merkel hat als Kanzlerin verwaltet aber kaum gestaltet. Traurig und sehr ärgerlich. Es ist allerdings ihre entwaffnende Art, die es irgendwie schwer macht, ihr wirklich böse zu sein. Obwohl es berechtigt wäre. Gestern und auch heute noch.
Reiner Gorning

Zum heutigen 70. Geburtstag von Angela Merkel würdigt Anne Rabe mit dem Altersabstand von etwas mehr als einer ganzen Generation die Exkanzlerin. Es bleibt ein Ringen um Verstehen, obwohl die Distanz der Jahrzehnte einen objektiveren Blick ermöglicht und verhindert, dass die Autorin unter dem Bann der Ereignisse zum sprachlosen Zuschauer wird, wie wir alle, die direkt betroffenen Zeitgenossen. Auch uns wird jetzt erst klar, und zwar nicht zuletzt durch einen solchen Artikel: Diese Frau war ein trojanisches Pferd.
Gerlinde Schött-Pascual

16 verlorene Jahre. „Agenda-Erträge“ verschleudert und die „Agenda-Politik“ zerstört. Infrastruktur trotz voller Kassen verkommen lassen. Energieabhängig von Russland gemacht und die Landesverteidigung zu einem Witz. Mutlos dem Iran ergeben. CDU aus- und Parteiensystem gleichgeschaltet. Schwere Beschädigung der Streitkultur und der Demokratie.  Opportunistischer Atomausstieg und unkontrollierte Einwanderung. Keine Probleme gelöst, sondern mit viel Geld unter den Teppich gekehrt. Die Deutschen und die Europäer in falscher Sicherheit gewiegt. Die Bereitschaft Merkels, sich Russland zu ergeben, war so groß, wie die Aggressivität Putins. Bei ihr hätte Putin keinen Krieg führen müssen, um die Ukraine zu bekommen.  Diese 16 Jahre waren politisch unprofessionell und haben den liebedienerischen Charakter der großen Medien zu alter Größe geführt. Merkel hat einen entscheidenden Beitrag geleistet, dass der Westen zur Karikatur und zum Übernahmekandidaten mutierte. Bis heute wird sie von ihren Hofschranzen dafür gefeiert. Mein tiefer Wunsch, dass nicht das Volk, sondern Angela Merkel selbst, den Preis für diese verlorenen Jahre zahlen sollte, bleibt die ohnmächtige Phantasie eines ostdeutschen Protestanten und alten Pfarrers (67),  der 1989 bei der Gründung des DA dabei war, und jedes Mal bei der Erwähnung, dass Merkel aus einem protestantischen Pfarrhaus kommt und auch beim DA angefangen hat,  ungesunde Töne von sich gibt. Ich hoffe, es ist nichts Schlimmes!
Fred Klemm

 


 

Leserbriefe zu „Deutsch? Egal, egal!“ von Jeannette Otto

Um dem Unterricht an einer Grundschule folgen und somit persönliches Wissen und Handeln erweitern zu können, ist der Erwerb der Unterrichtssprache Deutsch eine wesentliche Voraussetzung für Schüler mit Migrationshintergrund. Aber muss dies eigentlich bedeuten, dass diese Schüler ihre Herkunftssprache und -kultur beim Betreten der Schule völlig außer Acht lassen bzw. dass diese im Schulalltag keine Erwähnung und Wertschätzung finden? Immerhin bestimmen diese die Identität der Kinder und gehören zu ihrer persönlichen Lebenswelt. Was spricht dagegen, im Sinne einer gelebten Sprachenvielfalt auf die zahlreichen Sprachen, die an der Schule existieren, aufmerksam zu machen? Die sogenannten Sprachhelfer, mit denen Gegenstände im Schulgebäude mit ihren deutschen Bezeichnungen versehen werden (eine tolle Idee!) könnten zum Beispiel um solche in anderen Sprachen erweitert werden, um deutschen Kindern Gelegenheit zu geben, sich erste Aspekte existierender Fremdsprachen an der Schule zu erschließen. Wenn man sich erst einmal damit befasst, lassen sich sicherlich weitere Möglichkeiten finden, Schülern mit Migrationshintergrund Gelegenheit zu geben, ihre Kultur und Sprache gewinnbringend in das Schulleben einzubringen.
Rainer E. Wicke

Für mich ist das beschriebene Problem weniger ein bildungspolitisches als vielmehr ein einwanderungspolitisches. Mehr Geld ins System zu pumpen und den verdienstvollen, engagierten Lehrerinnen mehr abzuverlangen kann nicht die Lösung sein, sondern wird zunehmend Teil des Problems. Vielleicht wäre wünschenswert, dass das Schulsystem schnell kollabiert an jenen Standorten. Oder ist das Dahinsiechen der erwähnten Schulen erfreulicher? Ein gefundenes Fressen für die rechten Meut(h)en.
Astrid Gleichenfeld

Das Problem gibt es seit mindestens sechs Jahrzehnten, und zwar nicht nur in Ludwigshafen, sondern z. B. auch in Freiburg im Breisgau und in Aachen, wo meine Schwester viele Jahre lang Grundschullehrerin war. Das Problem sind die Eltern, die kein Deutsch können oder selbst dann, wenn sie einigermaßen Deutsch können, mit ihren Kindern kein Deutsch sprechen. Ich kenne eine Familie, bei der die Großeltern nach Deutschland eingewandert sind und zwar Deutsch gelernt, aber mit dem in Deutschland geborenen Sohn kein Deutsch gesprochen haben. Der Enkel wächst jetzt gleichfalls fremdsprachig auf. Die schulischen/beruflichen Leistungen des Sohnes waren/sind entsprechend mager, jene des Enkels werden absehbar ebenfalls schlecht sein. Das Problem gäbe es nicht, wenn nur Personen nach Deutschland einwandern dürften, die die deutsche Sprache hinreichend gut beherrschen und sich zudem verpflichten, mit ihren Kindern Deutsch zu sprechen. Das sollte meines Erachtens auch für Zuzüge aus der EU gelten – und es sollte strafbar sein, wenn Eltern ihre Pflichten nicht erfüllen.
Ulrich Willmes

Wundert sich eigentlich noch jemand, dass angesichts der im Artikel beschriebenen beunruhigenden Fakten an unseren Schulen und der evidenten Passivität der Landesregierungen jeglicher Couleur diesen Themen gegenüber die AfD weiterhin bei etwa 20% liegt? Welche Erklärungen gibt es für die Vermeidung, diese Probleme offen anzusprechen, diese zu diskutieren und anzupacken? Ist es nur fehlendes Personal? Ist es die Angst, als rechts und fremdenfeindlich zu gelten, wenn von migrantischen Familien die Bringschuld eingefordert wird, deutsch zu lernen und zu sprechen? Sollte Letzteres der Fall sein, wird sich der Anteil der Rechtswähler noch deutlich erhöhen.
Jörg Weddigen

Ich kann der Rektorin Frau Mächtle nur uneingeschränkt zustimmen: Es ist für ein Kind besser, das erste Schuljahr zu wiederholen. Jedes Kind weiß um seinen Stand in der Leistungshierarchie einer Klasse. Ein Neubeginn eröffnet auch neue Chancen und erspart dem Kind unendlich viele Förderprogramme etc. Ich bin Grundschullehrerin und habe mit dem Wiederholen von Kindern nur positive Erfahrungen gemacht, sowohl mit abgegebenen als auch mit aufgenommenen. Leider wohne ich im Bundesland Bremen, wo es ja kein „Sitzenbleiben“ mehr gibt.
Ute Schimmler

Auf die Lehrer kommt es an! Wenn 39 Schüler die Klasse wiederholen müssen, dann haben doch die Lehrer etwas falsch gemacht. Vor vielen Jahren habe ich mich an eine sogenannte „Brennpunktschule “ versetzen lassen. (Zum Entsetzen meiner Kollegen) Ich konnte alles vergessen, was ich vorher als Lehrerin gemacht habe. Ganz schnell habe ich alle Schulbücher zu Seite geräumt und habe angefangen die Unterrichtsmaterialien selbst herzustellen. Es kam immer darauf an, dass es mir gelang das Interesse der Kinder zu wecken. Das ist mir im Lauf der Zeit immer besser geglückt. Später konnte ich mit meinen Schülern an bundesweiten Lesewettbewerben teilnehmen und mehrere erste Preise erringen. Leider bin ich jetzt pensioniert, aber da ich mit meinen 3 Enkelsöhnen in einem Haus wohne, sehe ich wie in den Schulen heute gelernt wird und ich wundere mich nicht mehr: Arbeitsblätter, Lückentexte. Das kann niemanden interessieren. Mir tut es immer in der Seele weh, wenn Kinder so problematisch dargestellt werden.
Ruth Prüfer

Bei der Lektüre dieses Beitrages erinnerte ich mich an ein Gespräch mit Carlos, einem jungen Mann mit abgeschlossenem Studium aus Kamerun. Er schilderte die Situation der Menschen in den Städten seiner Heimat, vor allem jedoch auf dem Lande. Nachdem ich ihm den Ausweg aus dieser Misere nach der europäischen Denkweise (Bildung, Bildung und noch einmal Bildung) aufzeigte, schaute er mich verzweifelt und niedergeschlagen an. Er meinte, dieser weg scheiterte in Kamerun an der Mentalität und an den uralten Traditionen. Die geschilderte Situation in Ludwigshafen ist kein Einzelfall. Mentalität und Tradition, gepaart mit religiösen Vorstellungen über Bücher und Bildung einer Vielzahl von Migranten lassen sich in Deutschland („in der Fremde“) noch schwerer überwinden als anderen Herkunftsländern.
R. Reiger

„Ach, wie war es doch vordem mit unsren Schülern so bequem, alle sprachen fließend Deutsch, wenn ich mich da nur nicht täusch!“ Seit mehr als dreißig Jahren kennen wir das Problem, ohne dass das Naheliegende getan würde. Dabei werden auch in diesem, recht ausführlichen Bericht wieder die drei wesentlichen Knackpunkte klar angesprochen: eine Frühförderung der Kinder ist unerlässlich, die Kitas schaffen dies nicht nebenbei, viele Familien schicken ihre Kinder nicht in die Kitas. Als Schlussfolgerung ergibt sich daraus: es braucht eine gesetzliche Schulpflicht für alle Kinder ab dem vierten Lebensjahr. Mir ist das Geschrei über die immensen Kosten durchaus bekannt. Aber wir hätten dann überwiegend Schüler, die dem Unterricht folgen könnten, einen ordentlichen Schulabschluss hätten und eine gute Arbeitsstelle finden würden; und wir hätten erheblich geringere Kosten für die vielen späteren Berufs-Fördermaßnahmen. Langfristig können wir nicht nur auf den Import ausgebildeter Fachkräfte setzen und dabei die Ausbildung unseres eigenen Nachwuchses derart vernachlässigen.
Rita Brazda

 


 

Leserbriefe zu „Die Kinder der EXODUS“ von Jörg Burger im ZEIT Magazin

Vielen Dank für ihren bewegenden Bericht über die „Kinder der EXODUS“. Ich war selbst im Oktober 1973 im Rahmen einer Sportjugend-Treffs in Haifa, während des Überfalls an Jom Kippur im Heimathafen der EXODUS. Darum habe ich eine besondere emotionale Beziehung zu Israel. Trotzdem muss ich Sie in an einen Punkt im letzten Absatz korrigieren: Das KZ Bergen-Belsen wurde nicht von US-Soldaten befreit, sondern von der Britischen Armee am 15. April 1945. (so viel ZEIT muss sein !)
M.Koop

Entgegen meiner sonstigen Lesegewohnheiten habe ich in der ZEIT von dieser Woche zuerst zum Magazin gegriffen, den Artikel über die Exodus wollte ich sofort lesen, werden doch an dieser Geschichte viele Dilemmata des Nahostkonflikts sichtbar. Leider habe ich den Artikel dann als zwar emotional berührend, aber analytisch enttäuschend empfunden. Es wurde wieder einmal die Heldengeschichte einer heroischen Staatsgründung gegen alle Widerstände (insbesondere den Widerstand der britischen Weltmacht) nacherzählt. So nachvollziehbar die Schilderungen und Empfindungen der interviewten Zeitzeug:innen sind, hätte ich mir doch gewünscht, dass im Rahmen eines solchen Textes eine historisch fundierte kritische Einordnung erfolgt. Dies betrifft die Rolle der britischen Mandatsmacht, der in dem David-gegen-Goliath-Narrativ, dem der Artikel folgt, die Rolle als böser Gegenspieler zugewiesen wird, und deren Handeln als nicht nachvollziehbar und unmoralisch erscheint. Dies funktioniert wiederum nur, weil in dem gesamten Text eine andere Gruppe, nämlich die palästinensische Bevölkerung und deren Aufstandsbewegung 1936-1939, völlig ausgeblendet wird. Es ist nicht nur schade, dass der Autor einen simplen dramaturgischen Erzählbogen einer differenzierten Betrachtung vorzieht, der Artikel ist damit wieder einmal ein Beispiel dafür, dass die deutsche Betrachtung des Nahostkonflikts weitgehend einseitig von der Geschichte des Holocaust her erfolgt. Die eigentlich an dem Beispiel der Exodus interessante Frage, ob Geflüchtete ein Recht auf Aufnahme und Schutz im Zielland auch gegen den Willen der dortigen Bevölkerung haben (sollten), und welche Rolle in einem solchen Konflikt der „internationalen Gemeinschaft“ zukommt, wird noch nicht einmal gestreift. Wieder eine verpasste Chance, in der öffentlichen Debatte zu einer umfassenden und differenzierten Betrachtung zu kommen.
Jasmin Daam

Vielen Dank für den bewegenden Artikel über die EXODUS und die noch (Über)-Lebenden . Nur eine kleine, aber wichtige Korrektur: Bergen-Belsen ist nicht von den Amerikanern, sondern den Engländern befreit worden. Einige Prominente aus B-B.: Anita Lasker-Wallfisch, lebt noch und ihre Schwester Renate Lasker, leider vor noch nicht langer Zeit gestorben und vor allem Anne und Margot Frank, im März 45 ermordet, bzw. an Typhus elendiglich verreckt.
Susanne von Loeffelholz

Den Artikel fand ich gelungen – bis auf den Schluss. 1981 erlebte ich in Jerusalem einen konservativen Rabbiner, der zur Lage in Israel und Palästina sagte: „Das Schlimmste, was wir unseren jungen Leuten antun, ist, dass wir sie beim Militärdienst zwingen, Menschen in der Westbank als Menschen zweiter Klasse zu behandeln.“ Falls dieser Rabbiner heute noch lebt, ist er jetzt so alt wie die Überlebenden des Schiffes Exodus. Auch ein Kampfgeist, der aus der Erfahrung des Holocaust entsteht, hat sich an der Gleichrangigkeit der Menschen auszurichten. Oder soll für ewig das Recht des Stärkeren gelten?
Michael Strake

Mit großem Interesse habe ich die Geschichte von „Jossi“ (mehrmals!) gelesen. Besonders gut hat mir gefallen, dass sie zu großen Teilen aus der Perspektive des Kindes erzählt wird. So fiel mir die Übernahme dieser Begründung der Staatsgründung Israels erstmal leicht. Beim genaueren Lesen bemerkte ich erst den Hinweis, dass auch damals schon eine Zweistaatenlösung möglich zu sein schien. Um bei der Perspektive des Kindes zu bleiben: Wie haben wohl damals in Palästina Kinder die Einwanderung und die Gründung des neuen Staates erlebt? Bestimmt gibt es, wenn auch nur noch wenige, Menschen, die vor 77 Jahren als Kind, vielleicht in Haifa, die Ankunft der „Exodus“ und der Menschen, die mit ihr ankamen, erlebt? Wer würde uns seine Geschichte erzählen? P.S.: Die Kultur, Dokumente, die z.T. von Kindern geschaffen wurden, einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, habe ich selbst erlebt, als ich im Alter von ca. 14 Jahren das Tagebuch der Anne Frank lesen durfte und mich dem Mädchen und der Welt, in der es lebte, sehr nahe fühlte.
Maria Nitsche

Die Schicksale der Menschen, die auf der EXODUS gefahren sind, ist beeindruckend und berührend. Welch einen Leidensweg hatten sie hinter sich und z.T. auch noch vor sich! Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie in ein Land kamen, in dem schon andere wohnten, die im Prozess der Staatsbildung verdrängt wurden. Ben Gurion hat dazu gesagt: „Es ist normal; wir haben ihr Land genommen. Es ist wahr, dass es uns von Gott versprochen wurde, aber wie sollte sie das interessieren? Unser Gott ist nicht ihr Gott. Es gab Anti-Semiten, die Nazis, Hitler, Auschwitz, aber war es ihre Schuld? Sie sehen nur eine Sache: Wir kamen und haben ihr Land gestohlen. Warum sollten sie das akzeptieren?“ Wenn es einen Frieden geben soll, dann ist ein Schritt dazu, die Leiden des jeweils anderen Volkes zu kennen und zu verstehen. Dazu könnte die ZEIT ganz wesentlich beitragen, indem sie Menschen interviewt, die 1948 ihre Heimat für immer verlassen mussten, die vertriebenen Palästinenser und Palästinenserinnen. Die Anerkennung der Vertreibung wäre darüber hinaus auch für die hier lebenden 200.000 Menschen mit palästinensischen Wurzeln ein Schritt zur Versöhnung mit deutschen Medien, die ja viel mehr über die andere Seite schreiben und berichten.
Claus Walischewski

… Bergen Belsen wurde von US-Soldaten befreit? Oder war es nicht doch die Rote Armee? Am Ende womöglich die Briten? Bei Ahnungslosigkeit und mangelnder Allgemeinbildung kann Recherche helfen.
W. Schmidt

 


 

Leserbriefe zu „Soll das Sexualstrafrecht verschärft werden?“ Streit von Christina Clemm und Svenja Flaßpöhler, moderiert von Stefan Schirmer und Anastasia Tikhomirova

Jeden Tag werden 54 Kinder missbraucht. https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/kindesmissbrauch-zahlen-faeser-bka-100.html Offensichtlich wählen sich viele Täter*innen gerne Opfer als Sexualpartner*innen. Nicht das Gesetz zwingt also Kinder und Frauen in die Opferrolle, die vielen Täter*innen tun das schon. Da ist es nur konsequent, wenn das Gesetz jetzt nachzieht!
Klaus Siersch

Das gesellschaftlich Tragische am Feminismus, den Frau Clemm so energisch wie sinnlos vertritt, ist dessen völlig Abkopplung von der Lebenswirklichkeit bei um so eifrigerer Instrumentalisierung von Institutionen, Recht und Medien: unter dem Etikett „Frauenrechte“ zwingt eine bestens vernetzte Lobbygruppe der gesamten Gesellschaft ihre Neurosen und Projektionen auf. Die Argumente von Frau Flaßpöhler, was das z.B. mit dem Zusammenleben der Geschlechter macht, dass patriarchale Strukturen gestärkt und Frauen praktisch vorauseilend entmündigt werden, werden offenbar bereits im Ansatz nicht verstanden, reflexhaft abgewehrt. Ich bin als Mann in der Gewissheit aufgewachsen und in Beruf, Partnerschaften und überhaupt das Leben hineingegangen in dem Bewusstsein, dass Männer und Frauen gleich sind. Nach einem Trennungskonflikt mit Mitte 30, der zu Zerstörung meiner sozialen und wirtschaftlichen Existenz und fast beiläufig zur Zerstörung meiner Vaterschaft führte, bin ich nicht mehr dieser Meinung. Es sind Stereotype, Rollenklischees und eben die gepflegten und in die demokratischen Institutionen hineingetragenen Projektionen von Lobbygruppen, die Männer nicht nur beim geringsten Anlass völlig entrechten – sondern ihnen auch noch die „Schuld“ hierfür zuweisen wollen. Alles auf Basis der – zugespitzt ausgedrückt – Tageslaune, Stimmung, sich Zweck und Gegenüber anpassenden und wechselnden „Gefühle“ von Frauen.
Mein Rat mit Mitte 50 im Hinblick auf das Interview: wer als Mann auf sexuelle Beziehungen mit Frauen nicht verzichten kann oder will, sollte nicht den Fehler machen, von einer „Gleichheit“ der Geschlechter auszugehen. Sobald es zum Konflikt kommt, geht es um „Täter“ und „Opfer“, mit fest zugewiesenen Rollen. Es genügt seitens Frau die „Glaubhaftmachung“, siehe das 2002 in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz, das massivsten staatlichen Eingriffen Tür und Tor öffnet. Daher kann eine realistische Empfehlung nur sein, sich als Mann mental und vorauseilend zu schützen, Frauen im Zweifelsfall zu behandeln wie unmündige Kinder, sie umschmeicheln und täuschen, sich stets und immer absichern, das „Ja heißt ja“ und „Zusagen“ einer Frau, deren „Versprechungen“ von. gemeinsamer Eltersorge u.a. immer „gerichtsfest“ dokumentieren zu können. Die Annahme einer Partnerschaft auf Basis von „Gleichheit“ ist eine Gefahr für die eigene Existenz und letztlich eine Illusion. Wer das nicht glaubt, braucht nur die Interview-Äußerungen von Frau Clemm zu lesen. An jedem Gericht und bei jeder Staatsanwaltschaft in unserem Land finden sich seit langem Frauen mit Entscheidungsmacht, die genau deren Ansichten vertreten und mit diesen Ansichten gesellschaftliche und soziale Wirklichkeit schaffen. Dass Gewalt und Entfremdung zwischen den Geschlechtern zunehmen, kann da nicht verwundern.
Martin Deeg

Offenbar sind die beiden Streiterinnen noch nie verführt worden und wissen auch nichts davon. Hoffentlich nicht, weil sie keiner verführen wollte. Man(n) verliert immer mehr die Lust daran – es wird nämlich allmählich brandgefährlich und Mann ist völlig ausgeliefert, wenn sie ihm Böses will. Nur weiter so – der Klapperstorch kann sich zur Ruhe setzen.
N. Daiß

Nach Svenja Flaßpöhler sei der „Gewaltbegriff stark ausgedehnt <worden> und somit auch der Opferbegriff“, was zur homogenen Feststellung meines weiblichen Umfelds zwischen 20 und 70 Jahren passt, man könne öffentlichen Meldungen zu Fällen sexueller Gewalt nicht mehr entnehmen, was davon aus Sicht gestandener Frauen wirklich sexuelle Gewalt sei, da brutale Vergewaltigung und anzügliche Männersprüche gleichermaßen als „Missbrauch“ bezeichnet werden würden. Zudem würden durch einen stark erweiterten Gewalt- und Opferbegriff echter Missbrauch verharmlost und dessen Opfer verhöhnt werden. Sprachliche Abrüstung und stattdessen vernünftige Differenzierung wären also auf semantischer Ebene angesagt. Bis dies geschieht, bleibt diese Debatte eine vornehmlich ideologische.
Kurt Schäfer

Wie darf man sich denn eine „Verschärfung“ zu einem „ja heißt ja“ in der Praxis vorstellen? Einer gewaltbedrohten Frau ein „Ja“ abzuzwingen und das notfalls auch noch von ihr in irgendeiner Form fixieren zu lassen, dürfte wohl nicht allzu schwer sein. Ich sehe im Prozess schon den Täter vor mir, der ein von seinem Opfer unterzeichnetes Schriftstück vorlegt und fein raus ist – es obläge dann ja dem Opfer der Nachweis, dass die dokumentierte Einwilligung erzwungen worden war. Andererseits: Wenn eine fehlende Einwilligung per se zu einer Strafbarkeit führen kann, öffnet das missbräuchlichen Anzeigen Tür und Tor und führt letztlich zu einer Beweislastumkehr, weil faktisch nicht mehr der Staat, sondern letztlich der Täter den Nachweis über das „ja“ führen und dadurch seine Unschuld beweisen müsste. Insgesamt ist die derzeitige Rechtslage in diesem Zusammenhang ausreichend, sie muss eben konsequent umgesetzt werden. Die sicherlich schwierige Beweislage bei derartigen Fällen würde durch eine Einwilligung jedenfalls in keiner Weise verbessert. Auch auf zwischenmenschlicher Ebene wäre die Rechtsänderung fatal und würde sich auf ein unbefangenes Miteinander katastrophal auswirken.
Diana Weniger

Zwei Frauen „streiten“ über diese Frage. Lediglich an einer Stelle erwähnt Frau Clemm dankenswerterweise: „Statt Täter und problematische, aggressive Männlichkeit zu kritisieren…“ Wo sind zwei Männer, die über diese Frage streiten und sich für ein Bewusstwerden ihrer Verantwortung in diesem Themengebiet einsetzen? Ich fürchte leider, dass sich manche Männer nur durch ein entsprechend deutliches Gesetz angeregt fühlen, ihr Verhalten zu überdenken.
Sibylle Riffel

 


 

Leserbriefe zu „Das geht viral“ von Andreas Sentker

Das Landwirtschaftsministerium der USA war — schreiben Sie — vor allem bemüht, den wirtschaftlichen Schaden des Vogelgrippeausbruchs zu verhindern. Nun ja, es will, dass die Wirtschaft in diesem Sektor keinen Schaden erleidet. Wir Menschen sind ohnehin schon lange erkrankt. Geistig verwirrt glauben wir, Tiere seien ein Produkt, das in möglichst großer Stückzahl, möglichst billig produziert, mit möglichst großem Gewinn vermarktet und für möglichst wenig Geld konsumiert werden soll. Unsere Fleischkrankheit ist nicht nur ein Symptom unserer Verdinglichung der Erde, sondern vor allem der pandemischen Ausbreitung des Virus Kapitalismus.
John Stevens

Leider vermischen Sie hier unzulässigerweise zwei Dinge: die Haltung von vielen Tieren in Ställen (die Sie wie heute üblich als Massentierhaltung titulieren obwohl dieser Begriff nicht definiert ist und damit rein populistisch ist – braucht es das in der Zeit?) und die Bildung von Zoonosen. Richtig ist (und das belegen auch die genannten und bisher aufgetretenen Zoonosen) dass ein enger Kontakt von Mensch und Tier zu Zoonosen führt. Falsch und nicht zielführend ist es, dies mit der Haltung von vielen Tieren zu verquicken. Ganz im Gegenteil: oft ist die Hygienesituation (die für Zoonosen sehr relevant ist) in größeren Tierhaltungen wesentlich besser als in kleinen Tierhaltungen. Zudem trugen bei den jüngeren Zoonosen, die dann auch um die Welt gingen, nicht nur Tierhaltungen (und schon gar keine großen, sondern immer kleinere!) bei, sondern zentral andere Aspekte (bei Corona konnte ja nicht geklärt werden wo das Virus genau herkommt) wie nachlässige Gesundheitsbehörden (wie auch im aktuellen Geschehen in den USA) der weltweite Reiseverkehr (war zentral bei Corona und der letzten Schweinegrippe aus Südamerika) und nachlässige Menschen (wie bei der Afrikanischen Schweinepest, zwar derzeit noch keine für den Menschen gefährliche Krankheit aber sicher auch ein Kandidat für eine künftige Zoonose – hier wird die Verbreitung maßgeblich durch den Fahrzeugverkehr und von Menschen nicht sauber entsorgte Rohwurstwaren getrieben).
Wo haben viele Menschen derzeit engsten Kontakt mit Säugetieren? Das haben Sie anscheinend gar nicht auf dem Schirm: im Haustierbereich bestehen die meisten Mensch-Tierkontakte und hier oft sehr eng. Und da haben wir sogar Schweine dabei, aber noch mehr Hunde und Katzen. Das wäre für mich einer der nächsten Bereiche, wo es zu Zoonosen kommen kann. Insgesamt bleibt es aber Spekulation wo der nächste für Menschen gefährliche Virus entsteht. Dass er aus großen Ställen kommt, ist hier nur eine Variante, die bei zurückliegenden Zoonosen jedoch nicht ursächlich war, sondern im Gegenteil durch die konsequentere Hygiene in großen Ställen meist rechtzeitig erkannt und durch konsequente Maßnahmen wie Quarantänemaßnahmen oder Keulung eine weitere Ausbreitung verhindert wurde. Anders in kleinen Tierhaltungen und bei nicht gut funktionierenden öffentlichen Behörden (und davon haben wir auch in Deutschland genug). Daher bitte ich darum, die Sachlage und den Stand des Wissens künftig faktenbasierter (mit allem, was wir nicht oder nicht sicher wissen) klar darzustellen und keine Scheinkorrelationen.
Stefan Thurner

In Ihrem Leitartikel zum „jüngsten Virus“ mahnen Sie eine Kehrtwende in der Tierhaltung an. Sie raten zum Schutz der Tiere zu einer tiergerechten Haltung und empfehlen, weniger Fleisch zu essen. Dies ist nicht neu und wird immer wieder richtigerweise empfohlen. Gleichzeitig wird leider der Fleischverzehr bei den vielen Haustieren hierzulande nicht erwähnt. Das Futter für Hund und Katze ist ein Riesengeschäft der Fleischindustrie und besteht leider nicht aus Haferkörnern.
G. Pfau

Vor allem für Tiere ist die Massentierhaltung eine echte Bedrohung. Der eine Teil der Menschen, „im Westen“, hat die Zeit des übermäßigen Fleischessens hinter sich. Der andere Teil, „im Osten“, fängt gerade erst mit dem enormen Fleischkonsum an. Von möglichen Krankheiten haben sich die Konsumenten eigentlich nie abhalten lassen. Die Vernunft war und ist teilweise kein Maßstab in Ernährungsfragen. China ist eines dieser Beispiele. Dort beginnt das, was bei uns in Zeiten des „Wirtschaftswunders“ galt: Vor allem viel Fleisch und weiteres Ungesunde, Süßes und Alkohol, in rauen Mengen. Frei nach Bert Brecht: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“.
Felix Bicker

NMit großem Interesse habe ich Ihren Artikel „Das geht viral“ (11.Juli 2024 Nr.30) gelesen, der eindrucksvoll aufzeigt, wie die Massentierhaltung das Risiko von Zoonosen und Pandemien erhöht. Ihr Beitrag beleuchtet wichtige Aspekte der Nähe von Mensch und Tier sowie die Bedingungen, unter denen Viren leichter mutieren und überspringen können. Ein Aspekt, der jedoch ebenfalls eng mit diesem Thema verknüpft ist und in Ihrem Artikel leider keine Erwähnung findet, ist der Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung. Die intensive Nutzung von Antibiotika in der Massentierhaltung trägt erheblich zur Entstehung und Verbreitung von multiresistenten Keimen bei. In großen Tierbeständen werden Antibiotika oft prophylaktisch und nicht nur zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt. Dies fördert die Entwicklung von Resistenzen, die nicht nur die Gesundheit der Tiere, sondern auch die der Menschen massiv gefährden. Wenn resistente Bakterien von Tieren auf Menschen übertragen werden – sei es durch direkten Kontakt, durch die Nahrung oder über die Umwelt – stehen Mediziner vor der Herausforderung, Infektionen zu behandeln, die nicht mehr auf herkömmliche Antibiotika ansprechen. Zoonosen, die von Viren verursacht werden, und die Bedrohung durch multiresistente Bakterien sind zwei Seiten derselben Medaille: Beide werden durch die Bedingungen in der Massentierhaltung begünstigt. Wenn Tiere auf engstem Raum zusammengepfercht sind, bieten sich optimale Voraussetzungen für die Ausbreitung von Krankheiten. Die prophylaktische Antibiotikagabe, die in solchen Situationen oft als notwendig erachtet wird, verschärft das Problem zusätzlich.
Die Konsequenzen sind gravierend: Multiresistente Keime können sich in der Bevölkerung ausbreiten und stellen ein erhebliches Risiko für das Gesundheitssystem dar. Behandlungen von Infektionen werden komplizierter, langwieriger und kostenintensiver. Das Leid der Betroffenen ist immens, und auch die Sterblichkeitsrate steigt. Ihre Forderung nach kleineren, artgerechten Tierbeständen und regionaler Tierhaltung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Doch ebenso wichtig ist es, den Einsatz von Antibiotika streng zu regulieren und nur im notwendigen Umfang zuzulassen. Die Umstellung auf Haltungsformen, die weniger Krankheiten begünstigen, reduziert auch den Bedarf an Antibiotika und damit das Risiko von Resistenzentwicklungen. Letztlich schützt eine verantwortungsbewusste Tierhaltung nicht nur die Tiere, sondern auch die Menschen. Wir dürfen nicht den Fehler machen, diese Aspekte isoliert zu betrachten, sondern mit der „one health“ Perspektive. Der Verzicht auf übermäßigen Fleischkonsum und der Übergang zu nachhaltigen, regionalen und artgerechten Haltungsformen sind entscheidend für unsere Gesundheit und die unseres Planeten. Es ist an der Zeit, dass wir aus den Warnungen der Wissenschaftler lernen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um zukünftige Pandemien und die Ausbreitung resistenter Keime zu verhindern.
Johannes-Cyrill Culen

Bereits im Beitrag „Ein Bauernopfer“ aus dem Jahr 2016 stellt Herr Sentker einen Zusammenhang zwischen dem Konsumverhalten der Verbraucher und der Entwicklung der Landwirtschaft her. Doch was hat sich in dem vergangenen Zeitraum insbesondere in der Tierhaltung in Deutschland getan? Die Tierbestände sind etwas geringer geworden und viele Tierhalter sind aus der Erzeugung ausgestiegen. Aber die verbleibenden Betriebe haben immer mehr Tiere in ihren Ställen stehen! Außerdem konzentrieren sich die verarbeitenden Betriebe (Molkereien und Schlachtstätten) auf immer weniger Standorte. Wie soll da eine Kehrtwende hin zu kleineren und tiergerecht gehaltenen Beständen von statten gehen? Welche Lösungsansätze gibt es?
Wolfgang Behrendt

 


 

Leserbriefe zu „Die zwei Habecks“ von Hannah Knuth

Die Grünen haben sich bei der Europawahl nahezu halbiert, in den deutschen Umfragen befinden sie sich im Sinkflug und in der Hitliste der größten deutschen Ängste ist der Klima- und Umweltschutz, die Kern- DNA der Grünen, auf Rang 5 nach unten durchgereicht worden. Kurz und gut: Es ist kaum zu erwarten, dass die Grünen aus der Bundestagswahl 2025 als stärkste Partei hervorgehen werden; das wäre allerdings notwendig, um den Kanzlerkandidaten zu stellen. Somit ist es müßig, geradezu Zeitverschwendung, über einen Kandidaten Habeck zu spekulieren. Leider sind es aber noch weitaus schwerwiegendere Gründe, die den derzeitigen grünen Wirtschaft- und Klimaschutzminister für eine Beförderung ins Kanzleramt disqualifizieren. Nicht nur die fast vergessene Vetternwirtschaft, ausgerechnet im Wirtschaftsministerium! Nicht nur die unfassbaren Wissenslücken bei der Definition des Insolvenzbegriffs und dem Auseinanderhalten von Strom-, Wärme- und Verteilungsproblemen. Schockierend sein Lösungsvorschlag für die Unbezahlbarkeit der wärmeenergetischen Maßnahmen für 70% Bestandsbauten: “Dann müssen wir diese Kosten eben heruntersubventionieren“ (woher die Milliarden Euro nehmen?). Mit diesem Übergriff auf den erarbeiteten Wohlstand der Bevölkerung, dem sog. Gebäude- Energie- Gesetz (GEG), hat er die Kommando- Ideologie der Grünen über die soziale Verantwortung gestellt und alle Beteiligten im Lande, Unternehmer, Handwerker, Hausbesitzer und Mieter, massiv verunsichert: Energiewende mit der Abrissbirne. Es kam aber noch schlimmer: In einem Bürgergespräch im Mai d.J. gab Habeck Einblicke in seine Regierungskunst. Verbürgt ist der Satz “Die Debatte um das GEG, also wie heizen wir in Zukunft, war ja auch ehrlicherweise ein Test, wie weit die Gesellschaft bereit ist, Klimaschutz, wenn er konkret wird, zu tragen.“ Selten hat ein überforderter Politiker versucht, sein miserables, regierungsgefährdendes Arbeitsergebnis mit einer derart zynischen Erklärung zu rechtfertigen! Immerhin wissen wir jetzt: Zukünftige missratene Gesetzentwürfe können zu „Tests“ umetikettiert werden. Fazit: Nicht kanzlertauglich!
Michael Deil

Der Artikel wird Habeck in keiner Weise gerecht. Es wird behauptet, er äußere sich zwar publikumswirksam zur Außenpolitik, für die er nicht zuständig sei, mit seinen Aussagen zu Wirtschaftsfragen verprelle er jedoch Handwerker, Bauern, Börsenchefs und regelmäßig auch Parteikollegen. Seine zahlreichen Verdienste als Wirtschaftsminister werden dabei unterschlagen. Beispiel: Aussage zum Wasserstoffbeschleunigungsgesetz: Zitiert wird sein Hinweis auf andere Beschleunigungsmaßnahmen, wie sie durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, durch die Erhöhung der Geschwindigkeit des Netzausbaus und durch den Anschluss der ESRU-Schiffe ergriffen wurden. Wen verprellt er mit dieser Aussage? Besonders kann er sich zum Verdienst anrechnen, dass er durch die frühzeitige Sicherung der Belieferung mit Flüssiggas und den erwähnten Anschluss für ESRU-Schiffe einen Notstand bei der Gasversorgung verhindert hat. Beispiel: das angeblich „verkorkste“ Heizungsgesetz: Sein ursprünglicher Vorschlag für dieses Gesetz war zwar verbesserungsbedürftig, in der schließlich erlassenen Form ist es aber keineswegs „verkorkst“: Es bietet den Bürgern die Möglichkeit, spätestens bei endgültigem Ausfall ihrer bisherigen mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizungen unter Inanspruchnahme öffentlicher Zuschüsse umweltfreundlicher und kostengünstiger zu heizen, wobei als eine Option auch der Anschluss an ein öffentlich oder privat betriebenes Fernwärmenetz in Frage kommt. Man muss sich angesichts des Artikels fragen: Wann hört endlich das unfaire Grünen-Bashing auf?
Peter Rosenberger

Ob Herr Habeck die bestmögliche Wahl für die nächste grüne Kanzler-Kandidatur wäre, ist derzeit schwer zu sagen. Aber gerade die ihm nachgesagten „Fehler“ sind weitgehend aufgebauscht, verdreht oder falsch bewertet, insbesondere beim angeblich so „verkorksten“ „Heizungsgesetz“, welches von politisch oder wirtschaftlich dadurch betroffenen massiv verhetzt wurde durch Irrtümer, Desinformationen, Tunnelblicke und Verdrehungen. Etwa so, als würde man einem Arzt, der eine schwere und lebensgefährliche Krankheit mit möglicher Weise oder sicher belastenden und/oder kostspieligen Therapien behandelt, alle Risiken und Nebenwirkungen als „Zumutung“ oder „Fehler“ ankreiden, nur weil er nicht zaubern kann und alle Maßnahmen ganz leicht oder gar Spaß bringend gestalten kann. Die Krankheit ist in diesem Fall die Klimakrise, bei deren unzureichender „Behandlung“ viel viel Schlimmeres droht als bei jedem Heizungsgesetz und auch als bei jedem oft selbst von Grünen angefeindeten Windrad. Allenfalls hätte er etwas mehr erklären können und die ganzen Irreführungen und unrealistischen „Bedingungen für den Klimaschutz“ nach so langer Vernachlässigung der Vorgänger-Regierungen besser kontern können. Eher als Fehler, der aber kaum angekreidet wurde, sehe ich, dass er weitgehend im Wahlkampf und teils noch danach auch selber die Illusion gepflegt und verbreitet hat, dass es aus der sich verschlimmernden Klimakrise, wenn nicht gar aus allen Krisen zusammen, immer noch einen leichten, bequemen und für alle anderen als den Staat billigen Ausweg gebe: Allein durch Schuldenfinanzierte Technologien, „Investitionen“ und „kluge Politik“. Es bräuchte endlich jemand mit Charisma, der die Menschen nicht durch Versprechen von leichten Wegen „mitnimmt“, sondern wie einst J.F. Kennedy fordert „fragt nicht nur was euer Land für Euch tut, sondern, was ihr für euer Land tun könnt“, oder heute noch besser, „was ihr für den Planeten und die Menschheit tun könnt“, denn wie das alte Sprichwort sagt „Es geschieht nichts Gutes, außer man tut es“, wobei mit „man“ nicht nur „die da oben“ oder „Die Politik“ gemeint war. Aus den damit sich ergebenden furchtbaren Dilemmas kann sich kaum ein Politiker auch nicht der bestmögliche selbst befreien, sondern alle — nicht zuletzt die Medien — müssen ihren Teil beitragen, damit das Klima und die Infrastruktur nicht nur durch Zauberei oder ein bequemes Wunder noch rechtzeitig vor den Kippunkten, sondern durch einen realistischen Plan — auch global — gerettet werden kann, auch ohne im Wesentlichen kommende Generationen und Inflationsopfer dafür bezahlen und verzichten und arbeiten zu lassen.
Peter Selmke

Ehrlich gesagt ist mir schon ein Habeck, ein Habeck zu viel! Der deutsche Politiker und Mitglied der FDP, Volkswirt und Rechtsanwalt Wolfgang Kubicki (*1952) sagte am 28.5.2024 folgendes über Robert Habeck im Focus: „Annalena Baerbock hat einmal erklärt, dass Robert Habeck mehr von Hühnern, Schweinen und dem Kühemelken versteht als vom Völkerrecht. Man möchte ihr nachträglich recht geben und gleichzeitig die Tiere bedauern.“
Klaus P. Jaworek

Wenige GRÜNE haben tieferes Sachwissen bzgl. Größenordnungen bspw. von Elektrizitätswirtschaft, Wasserstoffbedarf, … und der Rest verfolgt „gute Absichten“. Sachliche Inkompetenz lässt sich leider auch nicht „besser verkaufen“! Zudem wird die erwünschte positive Sprache der GRÜNEN daran scheitern, dass Deutschland mit zusätzlichen nationalen Investitionen das „Weltklima nicht retten“ kann, und ein davon isoliertes „deutsches Klima“ gibt es erst recht nicht. Es gehen weltweit immer noch viele neue Kohlekraftwerke in Betrieb, die wachsende Weltbevölkerung von bald 10 Mrd. Menschen vernichtet weiterhin Wälder (= CO2-Senken) zugunsten von Acker- oder Weideflächen (+ Methan-Emissionen bei Wiederkäuern + Lachgas-Emissionen bei Stickstoff-Düngung); Wissen „DIE GRÜNEN“ überhaupt um die Komplexität der Ursachen und die Bandbreite der Treibhausgase? Wolfgang Ströbele

Robert Habeck gespalten in Jekyll und Hyde? Im Gegenteil! Ihm verdanken wir, dass wir nach dem Kriegsausbruch bei leeren Gasspeichern (Gabriel), gedrosselter Windenergie (Altmaier) und bürokratisierter Photovoltaik (Schwarz-Gelb) nicht gefroren haben. Habeck hat Ersatzlieferanten gewonnen, LNG-Terminals gebaut, Windkraft und Photovoltaik entbürokratisiert. Dazu gehört eine fachliche Durchdringung der Lage. Wem wie Herrn Kretschmann die drei Mechanismen der Wärmeübertragung (Leitung, Strömung, Strahlung) entfallen sind, der mag als Schlagzeilengeber dem Medientross mit einer Falschaussage Zucker geben — denn der Deckenheizung *fehlt* die Wärmeströmung. Wärmestrahlung(en) ist ihr *einziges* Pfund. Wegen Habecks raschem Eingreifen und unbenommen vom (durchgestochenen Entwurf zum) „Heizungsgesetz“ darf man in Deutschland noch einige Jahre mit Gas heizen. „Habecks Heizungsgesetz“ schadet nicht den Deutschen, sondern die Mär davon beschädigt Robert Habeck. Wie wäre es jetzt mit einem Artikel unter einer Schlagzeile der Art „Schwarz-Rot-Gelb und der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft: Was willfährige Wirtschaftspolitik bewirkte“?
Almut Stribeck

 


 

Leserbriefe zu „Die Trump-Partei“ von Amrai Coen et al.

Vielen Dank für Ihr tolles Dossier in der Zeit vom 11. Juli 2024 „Die Trump-Partei“. Herr Trump beschwört den wahren Konservatismus und will doch eigentlich „nur“ zurück zu mehr Nationalstaat mit weniger Regulierung. Das passt doch nicht zusammen. Denn die Wirtschaft braucht dringend Arbeitskräfte, aber gerade in den konservativen maskulin dominierten Gesellschaften, z.B. Italien und Südkorea, haben Frauen immer weniger Lust auf Kinder. Die immer trüberen Aussichten der Arten, Umwelt- und Klimakatastrophe, die sich durch fehlende Regulierung beschleunigen, zeigt doch, dass wahrer Konservatismus vor allem heißt zu bewahren, was schützenswert ist. Für Herrn Trump und seine Anhänger ist es „Die Nation“ und der „Freie Markt“, für wahre Konservative ist es gesunde Luft, sauberes Trinkwasser und vitale Böden für ausreichend gesunde Nahrung für alle. Trump betreibt einfach nur „Anstrengungsvermeidung“, wenn er vorgibt, globale Probleme national lösen zu können. Aber gibt es in unserer Gesellschaft und z.B. in der Wochenzeitung Die Zeit nicht die gleiche Anstrengungsvermeidung, denn diese macht sehr wohl eine Sonderausgabe zu „50 Jahre Grundgesetz“, aber keine zum Reißen des 1,5 Grad Ziel!
Muss sich nicht erst die Avantgarde ändern und das Bild dessen, was erstrebenswert ist, bevor wir als Gesellschaft zu den Themen Arten-, Umwelt- und Klimaschutz so verhalten, wie es die Dringlichkeit der Situation erfordert? Denn bei immer mehr Menschen verpuffen die Schockbilder der Überschwemmungen, der Dürre-, Hitze- und Waldbrand-Opfer wirkungslos, da diese schon beim nächsten Umblättern oder Werbeclip zuverlässig ersetzt werden durch das von der Reklame geweckte Verlangen nach einem größeren SUV, Steak, Penthousewohnung, Flug-Kreuzfahrt-Reise oder Luxusobjekt. So lange entsteht kein kongruentes Bild über das wahre Ausmaß der Arten-, Umwelt- und Klima-Katastrophe. So lange wird sich die Gesellschaft immer weiter für den Erhalt ihres luxuriösen Status Quo einsetzen. Selbst bei 2, 3 oder 4 Grad globaler Erwärmung ist dann keine Änderung in Sicht! Wann machen Sie, bzw. die Medien eine konzertierte Sonderausgabe z.B. zum Thema „Wir haben das 1,5 Grad Ziel gerissen!“? Erst bei 2, 3 oder 4 Grad?
Klaus Siersch

Das Dossier zeigt sehr klar, wie eine sich radikalisierende Partei auf dem einmal eingeschlagenen Weg kaum mehr ein Ende findet. Trump ist nur eine weitere Zuspitzung in der bereits länger sich warmlaufenden Radikalisierung. Er hat es geschafft, Motor und Verkörperung dieses Trends zu werden, der eine Umwertung aller Werte beinhaltet. Lüge soll Wahrheit werden, Verbrechen Recht, Angriff Verteidigung. Wer bei den Republikanern kann bei dieser sich immer weiter selbst überholenden negativen Überbietung noch mithalten, oder diese stoppen oder gar umkehren? Wer bei den Demokraten kann die kraftvolle Alternative sein, um die unheilvolle Entwicklung in den USA zu beenden. Dies muss gelingen in einem Umfeld, in dem es wohl kaum einen Unterschied machen wird, ob Trump die Präsidentschaftswahlen gewinnt oder nicht. Eine Niederlage wird im gegebenen Radikalisierungstrend nur Trumps Motivation steigern, seinen absoluten Herrschaftsanspruch umso nachdrücklicher, rachegetriebener und skrupelloser durchzusetzen. Trump lässt sich wohl darauf vorbereiten, im Falle einer verlorenen Wahl die von ihm angestachelte Staatsgewalt vom Volke ausgehen zu lassen, um sich scheinlegitimiert an die Macht zu bringen, eine Macht, die nicht mehr demokratisch gebändigt wäre. Für uns gilt: Wehret den Anfängen, die es auch verstärkt in Europa gibt. Wir müssen europaweit eine überzeugende Politik machen und Europa zusammenhalten, um in einer sich allseitig radikalisierenden Welt als freie und friedliche Insel bestehen zu können. Wehret den Anfängen! In England, in Frankreich, in Österreich, in Ungarn, in Italien, in Deutschland, …
Reinhard Koine

Er verkörpert einen populistischen Nationalismus, der sich gegen Eliten stellt, ein „Amerika den Amerikanern“ verspricht und das Exzeptionelle der USA nicht als Verpflichtung ansieht, die Welt ein Stück besser zu machen, sondern mit so wenig staatlichen Eingriffen wie möglich den Amerikanern Sicherheit und wirtschaftliches Wohlergehen zu bieten. Damit einher geht eine tiefe Abneigung gegenüber internationalen Bündnissen jedweder Art. Eine treffende Charakterisierung der Politik Donald Trumps, oder? Diese Beschreibung durch die Bundeszentrale für politische Bildung bezieht sich jedoch nicht auf Trump, sondern auf Andrew Jackson. Dieser war von 1829 bis 1837 der siebte Präsident der USA. Die von Jackson propagierte Politik wird in der Geschichte der USA als „Jacksonian Democracy“ bezeichnet. Jackson hatte bereits zu Lebzeiten eine polarisierende Wirkung und blieb den Menschen vor allem durch seine Volkstümlichkeit, seine Neigung zu Kraftausdrücken und sein eher unkonventionelles Auftreten in Erinnerung – auch hier lassen sich Parallelen zu Trump schwer von der Hand weisen. Politisch und charakterlich ist Trump damit ein „Jackson der Neuzeit“. Diese Einschätzung teilt er offenbar auch selbst. So hängte sich Trump nach seiner Wahl zum 45. Präsidenten der USA 2017 Jacksons Porträt ins Oval Office und hielt zu dessen 250. Geburtstag im selben Jahr eine Gedenkrede. Trump und andere Anhänger der „Jacksonian Democracy“ haben sich heute unzweifelhaft innerhalb der Republikanischen Partei durchgesetzt. Im November 2024 werden wir erfahren, ob sich auch die Mehrheit der US-amerikanischen Wähler eine Rückkehr dieser isolationistischen Politik wünscht.
Michael Pfeiffer

Die bisher noch stärkste Wirtschafts- und Militärmacht der Welt mit über 300 Millionen Einwohnern hat keine bessere Wahl für das höchste Amt im Staate als diese beiden alten Männer, der eine von höchst fragwürdigem Charakter, der andere ist mit über 80 (ich weiß, wovon ich rede) sichtlich überfordert. Armes Amerika! Daraus zu folgern, wie es manche jetzt in heller Panik tun, es geht um den Bestand der Demokratie, ist aber wirklichkeitsfremd, das demokratische System nach amerikanischem Muster lässt ja gerade diese abstruse Konstellation zu, und es hat schon Präsidenten von ganz anderem fragwürdigem Kaliber in der jüngeren US-Geschichte gegeben, Richard Nixon ist ein trauriges Beispiel dafür, aber auch er repräsentierte die amerikanische Demokratie. Und sind denn seinerzeit ernsthafte Kandidaten im Präsidenten-Rennen in den 60er Jahren wie Goldwater und Wallace schon vergessen, von denen der eine offen mit der Atombombe drohte (also kein ureigenes russisches Privileg)? Und auch eine ebenso groteske wie gefährliche Figur wie Trump verkörpert dieses System. Also „wer hat Angst vor Donald Trump“? Wir müssen in „Old Europe“, das ja gerade Turnübungen in Sachen autoritärer Parteienherrschaft macht, mal vom hohen Ross heruntersteigen, und der ältesten Demokratie der Welt (seit 1776) immer nur kluge Ratschläge von außen geben. Die USA haben massive eigene Probleme (wie wir auch), die nur die eigene Bevölkerung wirklich beurteilen kann und daraus richtige oder eben auch falsche Schlussfolgerungen zieht, das ist doch bei uns nicht anders. Und wenn behauptet wird, Biden verkörpert die Verkalkung einer Partei, erinnert das stark an die Hand mit dem ausgestreckten Zeigefinger, bei der gleichzeitig mehrere Finger auf einen selbst zeigen. Dass er sich anmaßte und grotesk überschätzte, eine zweite Amtszeit anzutreten, bei allen zugestandenen Verdiensten, ist traurig und verheerend (und spricht auch nicht für seine Partei), er hätte rechtzeitig die Weichen stellen müssen, denn es gibt da eine kluge (russische!) Weisheit: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!“ Und am Ende ist es natürlich das Versagen der (verkrusteten) demokratischen Parteien und Eliten, die den Autoritären den Weg ebnen. Das war schon Hillary Clintons Fehler (siehe „rust belt“ mit Detroit etc.) und das können sich auch Macron und vielleicht auch bald Scholz hinter die Ohren schreiben.
Wilfried Mommert

Joe Biden oder Donald Trump, wer ist denn nun der bessere Präsident für die USA? Selbst dieses Attentat auf Donald Trump kann diesen Mann nicht stoppen. Gott sei Dank hat er diesen üblen Anschlag auf ihn, einigermaßen gut wegstecken können. Mir wäre in der Tat ein Donald Trump als US-Präsident, der sich für sofortige Friedensverhandlung zwischen Russland und der Ukraine einsetzen will, viel lieber als der jetzige Präsident Joe Biden, der ständig weiteres Öl ins russisch-ukrainisches Feuer schüttet. Donald Trump ist ein Politiker, der der Republikanischen Partei angehört, aber die Partei der Republikaner ist keine Trump-Partei! Beste Genesungswünsche von hier aus an den Ex-Präsidenten Donald Trump!
Klaus P. Jaworek

 


 

Leserbriefe zu „Über die Notwendigkeit, dass Helmut Schmidt wiederkehrt“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Es ist schon ein wenig erbärmlich, dass Sie nun in Ihrer Kampagne „Schlagt die SPD“ auf über fünfzig Jahre alte Rezepte aus Zeiten, als Helmut Schmidt Verteidigungsminister und Bundeskanzler war, zurückgreifen. Damals gehörte es zur Folklore der Sozi-Gegner, Helmut Schmidt zu loben mit dem Zusatz „Aber leider ist er in der falschen Partei. „Mit solchen feinen Differenzierungen haben Sie sich seinerzeit nicht aufgehalten – Sie waren Mitglied einer Partei, die nicht nur die Kanzler Brandt und Schmidt zu Arbeiterverrätern erklärte („Wer hat uns verraten – Sozialdemokraten!“). Manche Ihrer damaligen Parteifreunde sprachen auch gleich von Sozialfaschisten. Und was Ihnen damals politisch misslang, versuchen Sie nun publizistisch zu betreiben, auch in dem Blatt, dessen langjährigen Herausgeber Sie in Ihrer Glosse verhöhnen („Wäre es unter Schmidt etwa möglich gewesen, dass während einer Fußball-EM in Deutschland mehrere Flitzer auf das Spielfeld rennen? Niemals.“). Nur peinlich.
W.-R. Heilmann

Ihr Artikel über meinen Chef H.S. damals im Bundeskanzleramt hat mich doch sehr bewegt – ja, ja, déjà vu. Kleiner Erfahrungsbericht: Kabinettsvorlagen hatten immer nur 1 Seite lang zu sein(!)
1. Sachstand
2. Analyse
3. Bewertung
Herr Schüler, damals Chef BK, war da sehr streng mit uns. Marie Schlei war immer sehr nett zu uns jungen Referenten. Herr Genscher spielte gerne den Oberschlaumeier, Klaus Bölling bremste dann immer mal wieder. Na, Klaus v. Dohnanyi, nun ja, blaues Geblüt, etc. Also, Danke noch mal für die Chance zu kramen.
Otto Ulrich

Was ich immer sage: Nicht nur die Wahlberechtigten sehnen sich nach Autoritäten in der Sache „ganz normales Leben“ und erwählen sich in Ermangelung solcher Orientierungstürme im alltäglichen Kampf gegen die Widrigkeiten desselben dann eben scheinriesenhafte Autoritäre. Davon gibt’s deshalb ja leider immer mehr.
Volker Homann

Ein denkbarer Epigone Helmut Schmidts könnte Boris Pistorius werden, allerdings ohne Arroganz und Reyno! Doch dazu müsste er erst einmal Olaf Scholz aus dem Weg räumen; liefe auf ein Duell Bazooka gegen Taurus hinaus! Schlecht wären dabei Pistorius‘ Chancen nicht! Doch, bevor es dazu käme, würde Saskia Esken mit schneidenden Worten, scharf wie eine Guillotine, die beiden Kampfhähne trennen, einem zweiten Helmut Schmidt schon in statu nascendi den Garaus machen und der SPD den endgültigen Volksparteien-Todesstoß versetzen!
Ulrich Pietsch

Gott sei Dank bleibt dieses ganze Desaster und dieses politische Unvermögen, das uns die Ampel im Minutentakt zumutet, wenigstens dem einstigen Bundeskanzler und SPDler Helmut Schmidt (1916-2015) erspart! Politiker wie ein Franz Josef Strauß (1915-1988), ein Willy Brandt (1913-1992), ein Hans-Dietrich Genscher (1927-2016), ein Konrad Adenauer (1876-1967), ein Ludwig Erhard (1897-1977), ein Theodor Heuss (1884-1963), ein Richard von Weizsäcker (1920-2015) oder ein Roman Herzog (1934-2017), die hatten noch etwas auf dem Kasten, für diese Männer musste man sich nicht schämen!
Klaus P. Jaworek

 


 

Leserbriefe zu „Wladimir Putin lässt eine Kinderklinik in der Ukraine beschießen…“ von Michael Thumann

Die Einseitigkeit ihres Kommentars zu Orbans Aktivitäten schmerzt. Sie stellen von vorneherein Orbans Aktivitäten des Moskau Besuchs in einen negativen Kontext, wenn Sie gleichzeitig Kriegsereignisse im Ukraine Konflikt parallel setzen. Das ist nicht Objektive sondern manipulative Berichterstattung. Ich meine wir können froh sein, dass wenigstens einer der europäischen Regierungschefs den Gesprächskontakt zu den Präsidenten von Russland und China mit deutlichen Friedensabsichten aufrechterhalt. Wie soll sonst jemals Frieden in der Ukraine bewirkt werden, wenn wir im Stadium der Verunglimpfung des vermeintlichen Gegners stecken bleiben? Sie haben mit ihrer Zeit eine große Verantwortung für die Meinungsbildung in unserem Land und ich wünsche mir von ihnen eine ausgeglichenere Berichterstattung. Es müssten auch eher friedensbewegte Politiker wie der ehemalige Bürgermeister von Hamburg Dohnanyi, Wagenknecht, oder der Historiker Daniele Ganser, in die veröffentlichte Meinung einbezogen werden und Raum erhalten für die Darstellung ihrer Positionen. Es ist meiner Meinung nach nicht Ihre Aufgabe, Regierungspositionen zu verbreiten, sondern Ansatzpunkte für eine kritische Reflektion und alternative Möglichkeiten sichtbar werden zu lassen, gerade auch im Hinblick auf den Konflikt Ukraine.
Wolf-Dieter Gödecke

….zu Orban: Was hat die EU Von Ungarn: Doch so gut wie nichts. Was hat Orban von der EU: Die Freiheit, EU-Beschlüsse zu ignorieren, wenn es ihm in den Kram passt, dazu aber eine solide Alimentation für sich und seine Günstlinge. Orban auf “ Friedenstour “ bei Putin: Mir fällt dazu nur der Spruch “ ich kann gar nicht so viel trinken…“ ein.
Karlheinrich Gruschke

Viel zu oft schon hat Viktor Orban mit seiner ewigen Quertreiberei und seiner Blockadepolitik die EU zu Gunsten Ungarns ausgebremst. Seine sogenannte Friedensmission ist mehr als nur ein Alleingang, sie ist ein Sicherheitsrisiko für den Westen und für die NATO. Mit seinen Reisen nach Moskau und Peking hat Orban jetzt eine Grenze überschritten, die für die EU nicht mehr hinnehmbar ist. Ungarn gehört die Ratspräsidentschaft entzogen, bevor noch mehr Schaden von Orban angerichtet werden kann. Außerdem muss sich die EU ernsthaft damit befassen, ob Ungarn, so wie es jetzt vertreten wird, überhaupt noch in der EU bleiben darf. Es kann nicht sein, dass ein Mitgliedstaat ohne Konsequenzen die Werte und Solidarität der EU mit Füßen tritt, ja, sie sogar in Gefahr bringt Michael Thumann hat Recht, für Orban geht es vor allem um Orban. Er dient sich Autokraten wie Putin und Xi Jinping förmlich an. Dazu gehört dann selbstverständlich auch, dass er sich rein „vorsorglich“ mit Donald Trump trifft, denn leider ist es gut möglich, dass Trump wieder Präsident der USA wird. Orban will sich eben alle Türen offenhalten, als künftigen Friedensvermittler sehe ich ihn nicht.
Regina Stock

Danke für Ihren großartigen Bericht über Orban der als Friedenstaube von Putin gleich nach Peking zu XI fliegt. Er der nicht im Auftrag der EU unterwegs ist, sondern in eigener Mission, finde ich schon sehr daneben. Eine Anmaßung sondergleichen. Nach seiner Aussage braucht die Ukraine doch nur mit Putin zu reden, und alles ist gut und in Frieden. Menschenverachtender geht’s nicht.
Ute Koch

Ich kann mir nicht helfen, aber dieser Artikel strotzt nur so von Westlicher Arroganz, die ich bei fast allen in der großen Politik sehe. Orban hat nicht gesagt, dass er diesen Reisen als Beauftragter der EU-Macht. Dass die machtbesessene Frau von der Leyen ihn sogar jetzt Boykottieren will, spricht Bände. Solange der Westen mit so schwachen Demokratien regiert wird, die nur ihre eigene Moral hervorheben und verteidigen, sonst aber agieren, und zeigen, dass all diese Reden für die anderen gelten und nicht für sie selber. Es war sicherlich ein Fehler, dass man Putin von G 7 ausschloss. Alle die da oben hätten wissen muss, dass ein Putin, der Dresden verlassen musste, gefährlich werden kann. Aber diese Betrachtung hat wohl keiner angestellt. Auch wenn Sie das jetzt nicht wahr haben wollen, Herr Thumann, vielleicht, aber Auch nur vielleicht können wir Orban für seine Initiative eines Tages noch dankbar sein. Allerdings bezweifle ich, ob unsere Eliten diese Größe haben.
Manfred Mengewein

 


 

Leserbriefe zu „Sie wollen den radikalen Bruch“ von Matthias Krupa

Da ist der Kelch am rechten Rassemblement National vorbei gegangen. Der fortschreitende Niedergang Frankreichs bleibt eine linke Erzählung. Noch drei Jahre dürfen sich Präsident und linken Parteien zum gegenseitigen Schaden verhaken. Die Rechten haben so die Chance, Präsidentschaft und Parlamentsmehrheit in Einem zu gewinnen, um den Verfall des Landes zu stoppen. Ein Sieg bedeutet nichts, wenn die Zeit dafür nicht reif ist. Diese Niederlage des RN war sein Glück!
Fred Klemm

Vom anderen lernen? Die Ergebnisse der Europawahlen sowie der Wahlen zur Nationalversammlung in Frankreich haben Geschichte geschrieben. Bisherige Konstanten, bei denen nach 2 Wahlgängen letzten Endes das Mehrheitswahlrecht für eine starke Partei der Mitte und stabile politische Verhältnisse sorgte, sind fragwürdig geworden und haben zuletzt versagt. Eine absolute Mehrheit für den Rassemblement National Le Pens konnte schließlich nur verhindert werden, weil sich ein linkes Sammelbecken gebildet hat, und eine Zusammenarbeit mit den Liberalen Macrons es ermöglichte, in den Wahlkreisen häufig eine Mehrheit links des RN zu bilden. Das Schlimmste ist damit tatsächlich abgewendet. Matthias Krupa hat die fatale Lage des linken und liberalen Lages in der Nationalversammlung und die auseinanderdriftenden Meinungen in überzeugender Weise herausgearbeitet. Er endet mit der Frage, wie klug es sei, jeden Kompromiss auszuschließen. Aber was nun? Welche von 3 Gruppierungen, die alle kaum 1/3 der abgegebenen Stimmen erzielt hatten, kann jetzt eine solide Mehrheit und stabile Regierung bilden? Könnte hier die Praxis der Bundesrepublik einen Ausweg bieten, bei der in aller Regel eine Zusammenarbeit und Koalition mehrerer Parteien aus unterschiedlichen Lagern angestrebt wurde? Der Zusammenschluss der Linksparteien und die Zusammenarbeit mit dem Lager Macrons haben jedenfalls das Ziel des RN, die absolute Mehrheit zu erzielen, verhindert. Kann dies ein Vorbild für die kommenden Wahlen in 3 ostdeutschen Bundesländern sein?
Auch hier könnten mögliche absolute Mehrheiten der AFD am ehesten durch eine Zusammenarbeit aller demokratischen Parteien verhindert werden. Entgegenstehende Probleme sind lösbar. Da in den anstehenden Wahlen jeweils nur ein Wahlgang ansteht, kann sich ein Gegenkandidat zur AFD allerdings nicht aus einem 1. Wahlgang finden lassen. Ein Kandidat müsste sich entweder aus dem Abschneiden bei der letzten Landtagswahl oder einem späteren (nicht leicht zu findenden) Stichtag ergeben. Schwieriger dürfte es werden, die CDU zu einem derartigen Bündnis zu bewegen. Denn sie müsste ihre heilige Kuh, die Parteien des linken und rechten Rands gleichzusetzen, aufgeben. Kann aber heute noch ein vernünftiger Mensch die Linke als unzweifelhaft demokratische Partei und die rechtsextreme AFD gleichsetzen? Die Verantwortung für unser demokratisches Gemeinwesen sollten uns das französische Vorbild jedenfalls versuchen lassen! Die maßgeblichen Parteien sollten das Wohl des Landes über ihre Dogmen stellen! Ob sie dazu in der Lage sind?
Peter Fischer

Aus deutscher Sicht ist die französische Parteienlandschaft das reinste Chaos. Während es in Deutschland seit dem Krieg CDU, SPD und FDP gibt, mit GRÜNEN und AFD seit einigen Jahren, ist in Frankreich die einzige Partei, die seit 1945 unverändert besteht, die PCF, die Kommunistische Partei. Und Jean-Luc Mélenchon ist wie Boris Johnson, nur nicht so lustig.
Peter Pielmeier

In seiner ausführlichen Analyse des überraschenden französischen Wahlergebnisses mit dem unerwarteten Sieg des Linksbündnisses der „Neuen Volksfront“ und der verhinderten Machtübernahme durch Marine Le Pens rechtsextremistischen „Rassemblement National“ (RN) stehen fast ausschließlich die politischen Auswirkungen mit den Unwägbarkeiten einer künftigen Pariser Regierungsbildung im Vordergrund, während die wirtschaftlichen Aspekte, die Frankreich zu einem wirtschaftspolitischen „Wackelkandidaten“ in Europa machen, nur am Rande beleuchtet werden. Immerhin hat der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire wie viele andere Ökonomen von einer drohenden „Finanzkrise“ und einem wirtschaftlichen Niedergang Frankreichs mit den daraus resultierenden gefährlichen Folgen für Europa und auch für Deutschland als wichtigem Handelspartner Frankreichs gewarnt. Sowohl der RN als auch die Vertreter des Linksbündnisses wollen, wie Kruppa erwähnt, bisherige Reformen zurückdrehen und stattdessen die Sozialausgaben erhöhen, obwohl der Staatshaushalt seit Jahren stark defizitär ist. 5,5 Prozent macht das laufende Budgetdefizit aus, und der Schuldenstand liegt mit fast 3,2 Billionen Euro des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei 112 Prozent des BIP (Deutschland 64 Prozent), mehr als die Wirtschaftsleistung eines Jahres. Dieser ständige Bruch der europäischen Fiskalregeln könnte sich weiter negativ auf die französischen Staatsanleihen auswirken und eine Finanzkrise auslösen, wenn das Programm des Linksbündnisses umgesetzt würde. Denn Frankreich steht unter verschärfter Beobachtung der Finanzmärkte. Seine Wettbewerbsfähigkeit droht zu erodieren, sodass die Kreditwürdigkeit des Landes bei den Ratingagenturen negative Vorzeichen ausgelöst hat. Moody`s hat am 08. Juli angekündigt, die Prognose von stabil auf negativ zu senken, wenn sich die Schuldentragfähigkeit Frankreichs verschlechtern sollte. Der Zinsabstand zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen (Spread) hatte sich schon bei Macrons Neuwahlankündigung merklich vergrößert und die Solidität des Euros beeinträchtigt. Somit ist Frankreich nach der Stichwahl nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich als unsicherer Kantonist angeschlagen, zumal die Europäische Kommission neben sechs anderen Ländern auch gegen Frankreich ein Defizitverfahren nach den neuen Budgetregeln eingeleitet hat und der Internationale Währungsfonds (IWF) gemahnt hat, Eurostaaten mit hoher Schuldenquote dürfen die neuen Fiskalregeln nicht dazu nutzen, den Schuldenabbau abermals in die Zukunft zu verschieben. Das sollte auch die Verfechter einer Abschaffung der Schuldenbremse aufhorchen lassen! Weitere Konflikte Frankreichs mit Brüssel und dem IWF werden also im Falle eines radikalen Bruchs immer wahrscheinlicher!
Hans-Henning Koch

 


 

Leserbriefe zu „Bröselbrückenland“ von Marcus Rohwetter

Ich bin ebenfalls von der Brückensperrung betroffen, wenngleich bei weitem nicht so stark wie Unternehmer oder Einwohner in der Gegend. Aus meiner Sicht lässt der Artikel die Frage offen, warum es in Deutschland mittlerweile fünf! Jahre dauert, um eine Autobahnbrücke an exakt dieselbe Stelle zu bauen. Ich meine, dass ein Teil der Antwort bei der ins Absurde gesteigerten Bürgerbeteiligung zu finden ist. Bei Baumaßnahmen, die dem öffentlichen Interesse dienen (Stromtrassen, Bahnstrecken, Windkraftanlagen, Autobahnen) muss die Not-in-my-backyard-Mentalität ausgebremst und die Bürgerbeteiligung auf ein Minimum reduziert werden. Zumindest dürfen Klagen gegen solche Bauvorhaben keine aufschiebende Wirkung mehr haben.
Andreas Zabel

Die einfühlsame Darstellung der Konsequenzen, die sich aus dem maroden Zustand der Verkehrsinfrastruktur für Anwohnende, LKW-Fahrer und Unternehmen ergeben, ist völlig in Ordnung. Wenn allerdings zur Problemlösung einzig ein schnelleres und umfangreicheres Ersetzen von Brückenbauten insinuiert wird, ist dies ziemlich blauäugig. Wenn darüber hinaus die Suche nach Alternativen mit der Frage abgetan wird, welchem Unternehmen man denn einen Vorwurf machen wolle, dass es zum Straßengüterverkehr beitrage, dann ist dies sogar fahrlässig. – Das Güterverkehrsaufkommen in Deutschland ist von 1991 bis 2020 nahezu doppelt so schnell gewachsen wie das inflationsbereinigte Bruttoinlandsprodukt. Damit galoppieren die volkswirtschaftlichen Kosten für den Straßenverkehr den volkswirtschaftlichen Erträgen unseres Landes davon. Dass das so lange unbemerkt bleiben konnte, liegt einzig daran, dass ein Großteil der Kosten des Straßengüterverkehrs externalisiert wird. Es zahlt ihn nicht der auftraggebende Betrieb, sondern die Allgemeinheit. Und weil deren Kassen knapp waren, hat sie die nötigen Reparaturen solange verschoben, bis es nicht mehr ging. – Die Lösung ist also nicht mehr Geld für die Straßenverkehrsinfrastruktur, sondern weniger Verkehr auf unseren Straßen. Die Instrumente dafür hat die Politik seit langem in der Hand. Das Dumme ist nur, dass sie nicht sehr unpopulär sind.
Michael Rosenberger

Eine treffliche Beschreibung der infrastrukturellen Misere, die in diesem Ausmaß ja leider nicht nur die Bundesstraßen betrifft, sondern sich mittlerweile in allen Bereichen durchs komplette Land zieht. Leider fehlt mir seitens der Politik die notwendige Einsicht, wer eigentlich für diesen bemitleidenswerten Zustand verantwortlich ist: an der seit über 30 Jahren (im Westen) anhaltenden Verwahrlosung der Infrastruktur haben ausnahmslos alle im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien ihren Anteil, unnötig, da auf Einzelne mit dem Finger zu zeigen. Jede hat ihr maßgebliches Scherflein dazu beigetragen. Dringend notwendig wäre jetzt, sich gemeinsam, fernab des parteipolitischen Hickhacks, für die Sicherung und Restitution der Infrastruktur einzusetzen. Demokratie lebt vom Diskurs, aber Wiederaufbau braucht den Konsens!
Jörg Schimmel

 


 

Leserbriefe zu „Wächst da bald wieder was?“ von Kolja Rudzio und Jens Tönnesmann

Überfällig wäre eine Reform der Unternehmensbesteuerung. Deutschland bewegt sich mit ca. 30 % abgeschlagen in der Spitzengruppe. Üblich sind international 25 %. Die Milliarden dafür wachsen nicht auf den Bäumen. Doch einen Teil könnten die Firmen selbst aufbringen. Sie profitieren von einer sensationell günstigen Erbschaftsteuer, die gewerbliches Vermögen größtenteils „verschont“. Die letzte Reform war ein gigantischer Erfolg der Wirtschaftslobby, die das Ende des Mittelstandes heraufbeschwor, ohne Vergünstigungen. Dabei hatte auch das alte Recht keinen Betrieb in den Ruin getrieben. Also eine Reform zwei Schritten.
Christoph Schönberger

Das Ampel-Maßnahmen- Wirtschaftspaket ist wahrlich kein großer Wurf – sondern ein „Mini-Programm“ der Spar-Haushaltsplan 2025 hat eben Vorrang, die Schuldenbremse gibt nicht mehr her. Staatliche Investitionen zur Modernisierung der Infrastruktur in Bahn und Bildung, Bundeswehr und Verteidigung, der nächsten Jahre, sind im Haushalt ab 2027 jährlich 80 Milliarden Euro zusätzlich notwendig. Wo zu wenig „wächst“ kann die „Steuer- Ernte“ nur mäßig ausfallen.
Thomas Bartsch Hauschild

Gratulation zu diesem mal wieder sehr differenzierten, kritischen aber durchweg fairen Pro und Kontra beleuchtenden Artikel! Er erinnert teils an das kürzliche Interview von Herrn Danial Bayaz, zu dem ich damals auch geschrieben habe. Die Sprüche von Wumms oder Doppelwumms und andere waren und sind leider oft mehr der Großmäuligkeit als dem Genie der Sprecher entsprungen. Allerdings hat es „die Politik“ besonders in den letzten Jahren auch nicht gerade leicht die Wünsche und Erwartungen und Forderungen der Wähler, Medien und teils Fachleute zu erfüllen, da diese miteinander oft unvereinbar sind, insbesondere dann, wenn man noch objektive Notwendigkeiten durch Zukunftsgefahren und Verantwortung dafür hinzunimmt.  Es gibt hier eine Reihe fast unantastbarer Mythen und Tabus, die eine wirklich zukunftsgerechte und problemlösende Politik fast unmöglich machen: Der eine Mythos ist, es komme hinsichtlich Ursachen und „Lösungen“, eher bestmöglichem Umgang mit den Probleme allein auf die Regierung und ihre Mehrheit an und nicht etwa auch auf Verantwortungsbewusstsein und Änderungsbereitschaft vieler, wenn nicht aller, z.B. keine unerfüllbaren, unrealistischen oder unverantwortbaren Forderungen zu erheben oder erzwingen, selbst zu unheilvollen Entwicklungen beizutragen oder einerseits „Führung“ zu fordern, sich andererseits aber zu weigern, solcher auch guter Führung zu folgen oder sie auch nur zu tolerieren; einerseits Ausgaben und Maßnahmen aller Art zu fordern, andererseits aber nicht bereit zu sein zu deren Finanzierbarkeit oder Akzeptanz der Voraussetzungen beizutragen.  So müssten die Unternehmen von vielen und vielem entlastet werden und nicht nur von Steuern, deren Verzicht dann nur sehr fraglich von resultierendem zusätzlichem Wachstum aufgefangen werden könnte. Nicht nur die Regierungsparteien sind sich uneinig, sondern sie spiegeln nur die Spaltungen zwischen den Bürgern wider s.o., noch mehr vielleicht die Interessenkollisionen zwischen kurzfristigen Gegenwarts-Bedürfnissen und -forderungen einerseits und Zukunfts-Erfordernissen und -verantwortung andererseits.
Ein anderer Mythos ist die immer wieder behauptete Möglichkeit „einfach“ „Geld in die Hand“ zu nehmen, so als gäbe es da einen frei verfügbaren Haufen oder Schatz von Geld, der nicht für anderes gebraucht würde. In Wirklichkeit kann „der Staat“ Geld nur ausgeben, was er gleichzeitig oder später von Bürgern einnimmt, bestenfalls vom Konsum, insbesondere Luxus und Verschwendung, um es in Investitionen umzuleiten oder von zusätzlichen Arbeitsmengen oder Produktivitäten. Alles das kann eine Politik aber nicht einfach beschließen, wenn Mehrheiten oder kampfkräftige Gewerkschaften oder Klientele ihr Veto mit Nachdruck einlegen. Und wenn das Geld durch „Kredite“ beschafft wird, trifft es unfairerweise solche, die meist nicht reich, aber keine nennenswerte Lobby haben, nämlich kommende Generationen und zeitnäher schon Inflationsopfer, auch solcher die nicht aus Überschüssen oder für Luxus gespart haben, sondern nur für Altersversorgung oder Notlagen oder Rücklagen gespart haben oder deren Einkommen nicht die Inflation ausgleicht, anders als bei Pensionären oder Gewerkschaftern. Unterlassene Zukunftsvorsorge, nicht nur, aber auch durch vernachlässigte Investitionen kann für die Zukunft unserer jetzigen Kinder und Enkel schlimm sein, vielleicht noch schlimmer als einen Schuldenberg zu hinterlassen, mit dessen Abtragung und Tilgung und anderen Folgen unsere Nachkommen dann selbst für alles bezahlen sollen oder müssen, was wir zur Vermeidung sonstiger — noch größerer — Schäden für sie jetzt tun, weit mehr als was wir bezahlen müssen für das was unsere Vorfahren für die Verbesserungen oder Stabilität unseres Lebensstandards getan haben. Warum denkt darüber niemand nach? Ist es fair oder zynisch, diesen Menschen, teils auch schon den baldigen Inflationsopfern und ihren — beider — jetzigen Fürsprechern nur die Wahl zwischen diesen zwei Übeln — entweder weitere Vernachlässigung der Zukunftsinvestitionen oder aber Bezahlung durch Schulden — zu lassen, und alle anderen Alternativen zu tabuisieren, damit wir alle derzeitigen Annehmlichkeiten, Einkommen, Freiheiten und Freizeiten, Steuersätze, Rentenbeginne, Bequemlichkeiten (nicht für alle, aber für etliche) als völlig selbstverständlich und unantastbar behalten? Weil niemand von der jetzigen Generation, den jetzigen Wählern auf irgendetwas verzichten oder irgendwo mehr arbeiten will, damit noch genug für die Zukunft übrigbleibt?
Mit dem Wort „Investitionen“ wird immer wieder suggeriert, die Ausgaben würden sich von selbst bezahlt machen durch mehr Einsparungen oder Einnahmen oder Volksvermögen. Das ist aber eher die Ausnahme, z.B. falls man Straßenbau-kosten dadurch wieder hereinholt, dass künftig eine Maut gezahlt wird, oder künftig zusätzliche Steuern erhoben werden, oder bei Bau neuer Wohnungen, deren Bau- und Unterhaltskosten dann durch diese deckenden Mieten wieder hereingeholt werden, oder wenn neue Straßen oder Bahnlinien so viel Wirtschaftswachstum zur Folge haben, dass dadurch genug zusätzliche Steuern kommen. In der Regel dienen die „Investitionen“ aber lediglich der Erhaltung, Reparatur oder Stabilisierung von bisherigen Gütern und Einnahmen und keineswegs zusätzlichen Werten, Gütern oder Einnahmen. Diese Instandhaltungs-„Investitionen“ bringen also keinerlei Zusatz-einnahmen, sondern vermeiden bestenfalls Verringerungen und Einbrüche an Einnahmen und Werten der Gesellschaft und des Staates. Sie sind wie bei Haus-Eigentum, welches durch Ausgaben nicht gesteigert, sondern nur in Wert und Bewohnbarkeit erhalten oder instandgesetzt wird. Ähnlich ist es beim Klimaschutz und der Klimaanpassung: Die „Investitionen“ hierzu bringen netto keine zusätzlichen Werte oder Einnahmen, sondern erhalten und stabilisieren bestenfalls die bisherigen, materiell wie immateriell an Lebensqualität; und wenn tatsächlich neue Anlagen mit Wert geschaffen werden, z.B. mit erneuerbaren Energien, dann entfallen dafür oder müssen dafür entfallen die anderen bisherigen fossilen Anlagen, so dass neue und verlorene „Werte und Güter“ sich bestenfalls ausgleichen. Unsere Eltern und Großeltern haben so viel gelernt und gearbeitet und investiert und teils dafür verzichtet, dass es uns heutigen nicht nur genauso gut geht wie ihnen, sondern sogar viel besser. Das ist aber kein Automatismus wie ein Naturgesetz für die Zukunft, wie viele Beispiele der Geschichte zeigen.
Genauso hat die Geschichte gezeigt, dass Staaten nicht von Natur aus immun gegen Konkurse sind, sondern durchaus in eine Pleite geraten können, und auch nicht problemlos immer neue Kreditgeber finden, um die bisherigen auszuzahlen, denn auch die Kreditgeber merken irgendwann, wenn das zu einem Schneeballsystem ausartet. Bestenfalls werden großzügige oder mitschuldige oder mitbetroffene andere Staaten die Schulden übernehmen, also die Folgen früherer Kreditaufnahmen, die sich nicht amortisieren, anstelle der Schuldenmacher bezahlen. Aber könnte Deutschland oder ganz Europa so etwas erwarten, etwa von China oder den USA? Die retten nicht einmal viele ihrer eigenen Bürger in Not, denn Vorrang hat dort, dass die reichen ihre Gelder kaum versteuern oder die mächtigen ihre Macht weiter mehren, ggf. sogar durch Krieg und Erpressung. Eine „Reform der Schuldenbremse“ ist vielleicht unumgänglich, aber der Begriff ist auch eine Schönfärbung, denn sie ist keine Verbesserung, sondern eine Aufweichung, eine Schwächung dieses Schutzes der künftigen Bürger vor noch größeren finanziellen Lasten als schon jetzt durch die Summe unserer Hinterlassenschaften. Dass die Lage in anderen Ländern oft noch schlimmer ist, ist keine Rechtfertigung es ihnen nachzumachen. Viele von ihnen haben für bisherige Annehmlichkeiten, Wahlgeschenke, Steuersenkungen und schlimmstenfalls zum „Ausgleich“ für Misswirtschaft, Verschwendung und Korruption Kredite aufgenommen, die ihren Nachkommen, sei es denen in Regierungen oder einfachen Bürgern aufgebürdet wurden oder noch werden. Und wie der SH-Rechnungshof zu Recht feststellt, würde eine moderate und damit noch halbwegs verantwortbare „Reform“ nicht einmal kurzfristig die Finanzlücken schließen, schon gar nicht die Summen liefern, die für noch zusätzliche weitere Zukunfts-Sicherungen nötig wären, sei es bei innerer und äußerer Sicherheit, Renten, Gesundheit, Bildung, Klimaschutz und -anpassung und schließlich für die Entschädigungen und Hilfen und Motivierungen für die armen Länder es globalen Südens, die ohne solche Maßnahmen kaum — wie erforderlich, da Deutschland und EU nicht allein die „Welt retten“ können — mit ins Boot von Klimaschutz und Völkerrecht/Frieden und Schutz der Lebensgrundlagen geholt werden können.
Sogar der grüne Finanzminister von Baden-Würtembg. Danial Bayaz sagte in einem kürzlichen ZEIT-Interview, in der Ausgabe vom 27.06.24, S. 24, eine Reform der Schuldenbremse oder weitere Sondervermögen seien nur noch eine Frage der Zeit . . . allerdings gebe es bei manchen auch einen Mythos: „Zwischen uns und dem Paradies stehen nur noch Herr Lindner und die Schuldenbremse. Das stimmt nicht.“ Er halte die Schuldenbremse für eine Errungenschaft um den nachfolgenden Generationen finanziellen Spielraum zu lassen. Sie helfe priorisieren. Nicht nur oder weniger der Geldmangel, sondern die Bürokratie (und anderes) lähme uns . . .  So ist er anscheinend ein positives Gegenbeispiel mit mehr Ehrlichkeit, Realismus, Nennung der Probleme, Hindernisse, Versäumnisse und der Notwendigkeit auch den Menschen etwas abzuverlangen.  Weiter sagte er: Die Gesellschaft werde am besten motiviert, wenn man ein positives, aber realistisches Bild von Zukunft zeichnet und sagt: „Der Weg dorthin ist mit „Zumutungen“ verbunden, aber er lohnt sich“. Ein nötiges Maßnahmen- Paket werde jedem Ampelpartner, aber auch dem Sozialstaat etwas abverlangen. Wir haben zuletzt eine Anspruchshaltung kultiviert, vor der man jetzt schwer wegkommt. … Vertrauen gewinne, wer lernfähig ist wie die Pioniere und mutige Veränderer.  Schäubles Amtsverständnis habe ihn immer fasziniert, ein glühender Europäer, der den Menschen nicht nach dem Mund redete, sondern ihnen auch etwas abverlangte“.
Da bleibt einem manchmal bildlich der Mund offenstehen angesichts der Kritiken, die fast genauso von Wirtschaftsverbänden oder Union kommen könnten; letztere bekommt allerdings auch ihr Fett ab angesichts der Versäumnisse der „GroKo“. Insgesamt sind diese Aussagen nahe an der auch von mir immer geforderten Verbindung von Zukunftsverantwortung, Ehrlichkeit, Idealismus und Realismus, anstelle allen fast alles in Aussicht zu stellen oder als „Vision“ vorzugaukeln, was angeblich für die Wähler leicht und billig und bequem zu erreichen sei, wenn sie nur die eigene „kluge und bessere“ Politik wählen, statt auch selbst Anstrengungen und Verzichte beizutragen. Im Gegensatz zu ihm frage ich allerdings: Wenn hauptsächlich die Steuerpolitik viele Leistungswillige demotiviere und der Soli (für Unternehmen, wenn nicht für alle) weg solle. Warum wären dann die Menschen vor Jahrzehnten bei viel höheren Steuersätzen so viel motivierter und viel mehr Stunden arbeitend gewesen als heutzutage?  Ich selbst glaube eher, dass der allgemeine Mangel an Arbeits- und Gemeinsinns-Ethik, der Glaube an Ansprüche und Rechte ohne dazugehörige Pflichten und den allein von Politik vermittelten Fortschritt und der Mangel an guten Vorbildern und Kennedy-artiger Forderungen auch an die Bürger und der Wust an Bürokratie und Vorschriften viele demotiviert, bei deren Abschaffung oder Kürzung im Einzelfall aber auch immer jemand protestieren wird, weil meist irgendein Wert oder irgendeine Pflicht kontrolliert werden soll.
Angesichts all dessen ist es nur eine Ablenkung oder Verschleierung, wenn viele — nur — vor einem „radikalen Sparkurs“ warnen, nicht aber vor den Folgen von zunehmenden Ansprüchen und deren (indirekte) Finanzierung mit Schulden: Was wäre denn ein „radikaler“ Sparkurs? Etwa einer, der sofort gar keine Schulden mehr machte? Der noch weitere Steuersenkungen finanzierte? Der am Ende sofort mit der Rückzahlung der bisherigen Schulden begönne? Das alles hat – fast — niemand ernsthaft gefordert. Ich fürchte leider, dass allzu viele schon das „Radikal“ nennen, was irgend jemand etwas Nennenswertes abverlangt, damit unsere Kinder und Enkel nicht mehr noch weiter geschädigt werden, weder durch steigende Verschuldung noch durch weitere Vernachlässigung von Zukunfts-Investitionen und Instandhaltungen, noch gar durch Vernachlässigung von Klimaschutz und Klima-Anpassung. Es gibt nur einen Weg dorthin: Wieder mehr Arbeit, mehr Lernen, weniger Ansprüche, mehr Realismus und mehr Gemeinsinn und Vernunft und Solidarität nicht nur mit der eigenen Wählerklientel, sondern auch mit fernen und zukünftigen. Etwa im Sinne der Kant’schen Philosophie „Handle so, dass du wollen kannst, dass die Maxime (das Prinzip) deines Tuns ein allgemeines Gesetz werde.“ Mit anderen Worten „Was Du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“, oder als Kollektiv: So handeln, dass wir einverstanden wären, die Folgen zu tragen, wenn auch unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern sich genauso verhalten hätten. Ähnliches, wenn nicht gar mehr folgt auch aus der christlichen Ethik. Ist das moralistisch? Weltfremd? Vielleicht, aber das wäre tragisch: Ich erwarte ja gar nicht, dass wir wieder uns abmühen, damit unsere Nachkommen es deutlich besser hätten als wir, sondern nur, dass wir nicht auf deren Kosten leben, es uns nicht derart gut gehen lassen, dass sie kaum noch Lebensqualität zu erwarten hätten, wenn überhaupt noch ein Leben.
Peter Selmke

 


 

Leserbriefe zu „Zeichen und Wunder“ von Peter Kümmel

Ich kann mich an kein sportliches Großereignis erinnern, bei dem die gesamte Fachpresse offenbar wild entschlossen war, mit einer Stimme zu sprechen, wie bei dieser EM, und diese Stimme nur einen Ton von sich gab: Alles groß- und erst recht alles Kroos-artig! Kein Wort darüber, dass Mannschaften, die etwa auf den Plätzen 66 oder 75 der Fifa-Weltrangliste stehen, in der Endrunde einer Europameisterschaft nichts zu suchen haben, und dass es folglich Spiele von miserablem Niveau gab, darunter solche, bei denen Spitzenteams nur das Nötigste taten oder gleich mit einer B-Mannschaft aufliefen.* Nichts dazu, dass viele Top-Spieler nach einer viel zu langen Saison offensichtlich müde und zu keiner Top-Leistung mehr fähig waren, s. Harry Kane, s. Kevin De Bruyne.** Und wenn es schon kein Sommermärchen wie 2006 werden wollte, dann schreibt man halt so oft vom Sommermärchen, dass es sich zumindest ein bisschen danach anfühlt. Und dass die deutsche Mannschaft nach vier Spielen gegen schwache oder besten- falls mittelmäßige Gegner bereits im Viertelfinale ausscheidet – Schwamm drüber, schließlich sind „wir“ zuletzt doch meist schon nach der Vorrunde ausgeschieden, oder? Kein kritisches Wort über Nagelsmann, aber höchstes Lob, dass er eine Weltneuheit präsentieren konnte: Neben den Torhütern und den Feldspielern gibt es als weitere Kategorie zur Aufblähung des Kaders und Befriedigung der Fans den „Connector“. Man darf gespannt sein, wie er zukünftig weitere Stimmungsmacher (vulgo Pausenclowns) identifizieren und benennen wird – solche, die zwischen großen und kleinen Spielern vermitteln oder zwischen denen, die mit Nike, und denen, die mit Adidas kicken z. B.
Und über allem und allen: Toni Kroos! Wer denkt noch an Di Stéfano, Beckenbauer oder Messi – ja, alles brave Kicker, die recht ansehnlich und gelegentlich sogar erfolgreich Fußball gespielt haben, aber KROOS! Der hätte doch die Spanier ganz allein besiegt, oder zumindest mit dem Abräumer Andrich an seiner Seite, aber dann muss er eine Halbzeit lang den Can durchschleppen … (Aber bloß keine Kritik an Nagelsmann und seinem Assistenztrainergenie Sandro Wagner!) Natürlich kein Wort der Kritik darüber, dass Kroos mit einem rüden Foul den Spanier Pedri für den Rest der EM außer Gefecht setzte, ohne dafür auch nur eine gelbe Karte zu erhalten – das war dann nicht brutal, sondern rigoros, und zeigte, dass Kroos auch hart kämpfen kann (womit man einräumt, dass das Kämpfen nicht zu den Tugenden der „Passmaschine“ gehört). Auch nichts dazu, dass die vielen Dutzend Eck- und Freistöße, die Kroos exklusiv treten durfte, durchweg völlig wirkungslos verpufft sind. Man darf gespannt sein, ob mit der neuen Bundesliga-Saison die Sportjournalisten wieder zu differenzierten, kritischen und weniger voreingenommenen Beurteilungen bereit und imstande sind.
W.-R. Heilmann

Danke für dieses wunderschöne Stück von Peter Kümmel – kaum jemand kann über Fußball so fantastisch schreiben!
Thomas Imhof

Mit welcher Inbrunst z.B. (nicht nur zum Ball mit Fuß und Kopf) die verschiedensten Nationalmannschaften ihre Hymnen der Länder als Nationen sangen bzw. auch (wie in Spanien ohne Text) sich nach außen verinnerlichten – war einerseits in heutigen „modernen“ Zeiten eines doch dadurch erkennbar unvereinigten Europas: eher unbegreiflich ergreifend, andererseits trifft es den Anachronismus im Hier und Jetzt, wenn die englischen Fußballmänner der Nation plus der anteiligen manchmal über 50.000 britischen Fans in den Stadien, einstimmig: „God save our gracious King. Send him Victorious. Happy and Glorious… Long to reign over us…“ anstimmen, womit anteilig wohl hierbei King Charles III. der Gesang zugeeignet sein mag – eher aber stolz damit das Ex(it)-Britannia gemeint wird: diese Insel in Europa mit all dem noch daran und darin verbliebenen Empire der Vergangenheiten plus verbleibender Zukunft… Die deutsche Nationalmannschaft des Fußballspielens hat da eine andere Auslastung und Belastung zu der Vergangenheit – weiß das wohl auch: und dadurch wird nationalsensibler oder nach außen hin teflonartiger (in schwarz-weiß) die dritte Strophe des Deutschlandliedes (u.a. „…danach lasst uns alle streben, brüderlich mit Herz und Hand…“ – aber wo ver/bleibt hier das „schwesterliche“ in der Nationalhymne für/über unsere deutschen Frauen und Mägdelein?) eher mitgesungen als umklungen. Bittesehr – wir haben nichts zu verlieren, was wir nicht schon verloren haben, und zudem ganz viel Land, das einstens deutsch war: alles verspielt durch einen Österreicher aus Braunau plus der Majorität des deutschen Volkes auf faschistischen Abwegen mit allem schrecklichen Wahnsinn aus jenen Zeiten bis in unsere heutige Zeit hinein, sich weiterhin auswirkend… Damit müssen wir leben und sehr vorsichtig sein, dass nicht dieses exportschwere „Made in Germany“ sich weltweit gegen uns stellen könnte als Boykott, falls wir zu übermütig werden sollten… Und das gilt auch für das Gewinnen von Europameisterschaften und Weltmeisterschaften – haltet auch da besser manchmal den Ball flach! Der Ball ist zwar rund um den Erdball herum in dieser Faszination des Sports – und dennoch: immer spielt auch die Vergangenheit für uns Deutsche mit und das wird nicht nur in Europa für alle Zeiten so verbleiben, selbst wenn wir noch so demütig und devot uns klein aufspielen in der europäischen sowie in der Weltpolitik. Und erstaunlich allemal: wieviele Menschen in den verschiedensten Ländern in Europa noch ihre Monarchie anbeten oder anpreisen – das können zur Zeit als Könige: ein Charles, ein Felipe, ein Willem-Alexander, ein Philippe/Filip, ein Frederik, ein Carl, ein Harald oder ein Henri Großherzog von Luxemburg sein… – wir präsidial verwalteten-obwalteten „Demokraten“ sind umzingelt von konstitutionellen Monarchien, zu denen den dortigen Menschen-Untertanen ihre Herzen wohl höher schlagen könnten als in den ungekrönten Massenabfertigungen ohne Überhöhungen mit Krone/n der anderen europäischen MitbewohnerInnen eines jeweiligen Landes in diesem Europa der offensichtlichen (schwierigen) Unvereinbarkeiten an Vereinbarungen durch wesentliche Hingaben und Abgaben…
Aber bleiben wir am Ball und in der Austragung der Europameisterschaft in Deutschland – wenn da das altbewährte Kunst-und-Kultur-kritische „Schlachtross“ Peter Kümmel (Jahrgang 1959) in diesem durchaus nicht abweichenden „Theater des Fußballs“ außerhalb des Kulturbetriebes: seinen Feuilleton-Artikel bemerkenswert als das runde in das eckige kultiviert abliefert: „Nehmen wir das Spiel Spanien gegen Deutschland: Der Moment, da Musiala dem Spanier Cucurella den Ball gegen die Hand schießt, wird für die Deutschen das ikonografische Bild dieser EM sein, sein Aktenzeichen, unter dem der Vorgang immer wieder heraufgeholt werden kann: der Arm eines langhaarigen Spaniers. Und ein kahlköpfiger englischer Schiedsrichter und ehemaliger Gefängniswärter, der den Elfmeter verweigert.“ Hier schreibt ein gewürzestvoller unverwechselbarer Theaterkritiker Peter Kümmel (nomen est anteilig omen) seine Doktorarbeit über das Fußballwunder insgesamt und dem milliardenumspannenden Menschenanhang weltweit – und fast niemand dieser vielen Menschenfans scheint neidisch zu sein auf diese Milliardentruppe, deren Schätzwerte als Spieler von Kopf bis Fuß als englische Nationalmannschaft auf über 1,5 Milliarden Euro wie auch die spanische Nationalmannschaft auf ca. 850 Millionen Euro (Mann für Mann summa summarum) aufgelistet werden… Der Kapitalismus ist nichts anderes als ein Spiel mit Menschen, in denen es die wenigen Gewinner und die vielen Verlierer dieses Systems geben muss – und wenn nicht mehr ertragbar: dann macht doch endlich Eure Revolution: „The Winner takes it all/ the Looser´s standing small/ Beside the Victory/ That´s her Destiny“! Nein, diese Reime sind nicht von Shakespeare, sondern von den unverwüstlichen ABBA und gleichen eher einer internationalen Hymne nicht nur auf den Kapitalismus, sondern auch auf das allgemeine Leben und den Fußball sowieso…
Der RvM-Leserbriefschreiber als Deutscher hat wirtschaftlich bei Tipico auf Spanien als Europameister fast von Beginn an: einen 50 Euro-Wettschein gesetzt. „Damals“ war die spanische Fußball-Nationalmannschaft noch mit dem neunfachen als Gewinngeld von den Wettanbietern (ähnlich gleich) eingestuft worden, was sich von Spiel zu Spiel dann abstufte als letztlich etwa das 1, 5 fache bei einer Siegwette… So negativ bergab ging es mit den Wettern, die zu spät einstiegen, dass die spanische Mannschaft Europameister würde… Und so ist es dann auch gekommen! Der durchaus patriotische Deutsche als RvM hat zudem jedes weitere Spiel der Spanier zusätzlich mit auf Sieg gewettet, so dass zum EM-Schlussergebnis eine Auszahlungssumme von 911 Euro zustande kam! Dank an den spanischen Europameister und ebenso auch Dank an die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, dass ihr leider verloren habt – aber ansonsten wäre mein erster Wettschein komplett als verloren abzuhaken gewesen… Bei der nächsten Fußball-Weltmeisterschaft werde ich mich vielleicht anders orientieren, falls nicht eine andere Mannschaft herausragender den Ball über das Spielfeld wirbelt: die spanische Mannschaft war hier zu dieser EM wahrlich eine fußballerische Unvergleichbarkeit… Da konnte ich als Deutscher nicht fußballdeutsch mitfühlen – ich musste kapitalistisch dadurch auf einen möglichen Sieg setzen: Viva Espana! Muchas gracias! Selbst wenn die „Hand Gottes“ diesmal als dem Spanier Cucurella seiner Mannschaft das Tor und den Elfmeter erspart hatte und wahrscheinlich dadurch die deutsche Mannschaft ein Weiterkommen hätte erzielen können… Hätte, hätte – Fahrradkette: dem RvM ging es kapitalistisch um seine Fußballwette!
Unser Theaterkritiker Peter Kümmel mit hohen Auszeichnungen in seinem Metier verewigt, verdeutlicht das Sein oder Nichtsein im Verlieren und Gewinnen mit ganz eigenwilligem Text der ZEICHEN und WUNDER, krönt sozusagen den Fußball im Feuilleton und läßt somit stolz das Fußballvolk erkennen: WIR Fans sind die wahren KulturträgerInnen der Nation(en). Warum auch nicht – schließlich und endlich sind es die Ersatzkriege im gegenseitigen Gewinnen und Verlieren und das über alle Grenzen und Begrenzungen hinweg in einer eigenartigen Nähe zur Friedlichkeit und Aggression bzw. zu den Gewaltausbrüchen. Daran müssen die Fußballfans noch arbeiten – ihre Emotionen nicht allzu national in den Fußballkampf mit einzubringen. Ist doch eigentlich auch nur ein Spiel! Feststeht allemal, was Peter Kümmel mehr als verdeutlichend in das drumherum-Spielgeschehen mit einbringt: „Ja, Fußball ist ein Fest, das seine Rauschzustände dem Bier verdankt. „Ireland sober is Ireland stiff.“ Das hat der Schriftsteller James Joyce über seine Heimat gesagt: Ein nüchternes Irland ist ein steifes Irland. Für Europa gilt das auch. Vorerst gibt keine andere Stimulanz dem Kontinent so viel Halt und Wucht. Der im Jubel hochgeworfene Bierbecher, die Sprühwolke des dem Fußballgott geopferten Stadionmannas, liefert das authentische Bild dieses Turniers: Europa, im Trunk vereint.“ Somit, nicht in Vino veritas, sondern im Bier schwimmt der Ball für die Milliarden Fans des runden Leders und der Reinheit des Biers, ganz besonders in Deutschland mit seiner reinheitlichen Braukunst… Darin sind WIR wahre Weltmeister! Und auch im Saufen?

Unverständlich aber verbleibt, dass so manche Szenen in den Fernseh-Übertragungen einfach für das Fußballvolk ausgeblendet wurden: sei es einen türkischen Präsidenten Erdogan aufzuzeigen, der zusah: dass Tausende von türkischen Fans den „Wolfsgruß“ im Stadion zelebrierten – und damit keine Zweifel an ihren Verinnerlichungen veröffentlichten… Dass ist die andere Seite des Fußballs, dass die nationalen oder teilsnationalen Emotionen hochgespielt werden – gefährlich anzusehen und sicherlich ohne die Kontrollen der zu Kontrollierenden in Aggressionen und Gewalt umschlagen können. Panem et circenses: die sogenannten Spiele in der römischen Antike waren grauenvoll und schrecklich – das Römische Volk jedoch fühlte sich weniger gut unterhalten, wenn nicht all diese Grausamkeiten noch zur Steigerung kamen… Welch ein Wahnsinn eines (damaligen) Un/kulturvolkes – und dennoch: jederzeit auf uns heutige Menschen übertragbar – denn waren der I. Weltkrieg und der II. Weltkrieg nicht die furchtbarste Kulisse dieses Menschendaseins. Der einstige Kaiser von Österreich sah das Menschsein in einem deutlichen Licht: „Die Leut hab i mögn, net aber die Menschen!“ So aber wollen wir das Spiel um den ErdBALL nicht beenden – und uns abschließen nochmals bei Peter Kümmel für diese ganzseitige fußballweltbedeutende Seite im ZEIT-Feuilleton bedanken: „Ball! Es hängt doch alles tief und wunderbar zusammen auf diesem großartigen kleinen Kontinent. Man hätte davon wohl nie erfahren, wenn es den Fußball nicht gäbe.“ Doch geben wir noch dem seligen bayerischen Franz Beckenbauer (als „Kaiser“) das allerletzte Wort nach einem einstens verhunzten Fußballspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft unter seiner Regie: „Wissen Sie, wer mir am meisten leid tat? Der Ball!“
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 


 

Leserbriefe zum Wochenmarkt „Ein süßes Huhn“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

Nach der Veröffentlichung des Rezeptes „Huhn mit Pfirsich“ in ihrem letzten Magazin (bei dem Honig im Backofen eine ganze Stunde die Zutaten im Schmortopf bei 180 °C verfeinern soll) ist es an der Zeit Elisabeth Raether darauf hinzuweisen, dass Honig nicht über 40 °C erhitzt werden soll, da er sonst krebserregend wirkt.
Holger Schwarze

Ich frage mich, was in Frau Raether gefahren ist. So eine selbstherrliche, arrogante Einleitung zu ihrem Rezept zu formulieren. Das das in der Redaktionskonferenz so „durchgegangen“ ist, erstaunt mich sehr. Offensichtlich sind auch dort ihre Launen Gesetz.
Heide Klinge

Mit großer Spannung nehme ich immer donnerstags die neue Zeitung aus dem Briefkasten und stürze mich zuerst auf das Zeit Magazin und blättere zum Wochenmarkt. Spannend sind für mich die Rezepte ohne Fleisch, da ich Vegetarier bin. Diese Woche ging ich leer aus, es gab ein Rezept für Huhn mit Pfirsich. Was mich nicht stört, jedoch war ich sehr irritiert, als ich dann auf Seite eins „Das geht viral“ den Aufruf gelesen habe weniger Fleisch zu essen. Da hätte ich tatsächlich eine bessere Abstimmung beider Ressorts erwartet. Trotzdem lese ich weiterhin gerne die Zeit und freue mich auf das nächste Rezept und die nächsten spannenden Artikel.
Philipp Sontag

 


 

Leserbriefe zu „Petra darf nicht sterben“ von Karsten Polke-Majewski (Verbrechen)

Während meiner Berufstätigkeit als Krankenschwester habe ich mehrfach erlebt, wie Gesprächsversuche über Therapiebegrenzung brüske Reaktionen der Art“ Nachdem ich ein Leben lang nur mit Füßen getreten worden bin wollt ihr mich am Ende noch umbringen“ hervorrufen. Wenn in so einer Situation wie der beschriebenen derart massiv Maximaltherapie eingefordert wird frage ich mich deshalb, wie sehr sich der Fordernde im bisherigen Leben übersehen fühlte. Können solche Forderungen Folge gesamtgesellschaftlicher Defizite sein, genauso wie die mangelnde Entscheidungsfreude etlicher Akteure in diesem Drama? Und zu gerne möchte ich wissen, wer denn nun den Krankenhausaufenthalt bezahlt.
Susanne Sänger

Die Frage, was beim so genannten Hirntod festgestellt wird, erörtere ich jedes Semester mit meinen Studierenden der Medizin. Der Hirntod ist ein rechtliches Konstrukt, um Organspenden zu ermöglichen. Sonst müsste man die Organentnahme als Tötung betrachten. Ein Mensch, der die Hirntodkriterien erfüllt, ist in der Tat nicht tot. Eine tote Frau könnte nicht einige Wochen nach Feststellung des „Hirntods“ ein Kind gebären. Diese Frau musste am Leben gehalten werden, bis das Kind geboren wurde. Korrekterweise müsste man daher den Zustand nach Feststellung der mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit beendeten Hirnfunktion als Persönlichkeitstod bezeichnen. Und korrekterweise müsste folglich ein Mensch, der sich zur Organspende bei „Hirntod“ bereit erklärt, zuvor darüber aufgeklärt worden sein, dass lediglich seine Persönlichkeit mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht mehr wieder zu beleben ist, sein menschlicher Körper aber noch lebt und genau deshalb seine Organe anderen Menschen das Leben retten können. Vielen Dank für das Plädoyer, sich mit Sterben und Tod frühzeitig auseinander zu setzen! Der Umgang mit dem „Hirntod“ ist ein Beleg dafür, wie schlecht es darum in unserer Gesellschaft bestellt ist.
Sibylle Riffel

Ein bisschen schwanger gibt es nicht. Auch nicht ein Bisschen (oder hirn-)tot. Das ist eine künstliche Kategorie, eingeführt von Medizinökonomen und einer Transplantationslobby, die sehr gut verdient, während die “Spender” das umsonst tun müssen und die Stammzellenforschung sträflich gebremst wird. Organe von Toten sind unbrauchbar und um den “Spendern” die Tatsache, dass sie bei lebendigem Leib zerlegt werden, genießbarer zu machen, gibt es diese Pseudokategorie. Den Unterschied zwischen einem lebenden und einem toten Menschen oder auch Tier kann auch der sog. Laie meist unschwer erfassen. Das Mysterium des Lebens kann eben durch das kunstseidene und nassforsche Gerede eines auf Vernunft und modern Machenden nicht beschrieben werden. Säkularisierung einer Gesellschaft hat viele Vorteile, aber auch gedankliche Kollateralschäden. Und dann heißt es wieder: sie wird nur von Maschinen am Leben gehalten. Das soll wie ein Argument klingen, ist aber Unsinn. Wieviele Millionen Menschen überleben nur durch regelmäßige Medikamente oder andere medizinische Hilfen? Was soll das denn beweisen? Gerne wird von einer Entscheidung über Leben und Tod gesprochen. Das ist eine unzulässige Verkürzung. In Wahrheit sind es zwei: einmal die, Leben zu erhalten, und dann die, Leben zu beenden. Die erste kann dann schwierig werden, wenn Lebensverlängerung unsägliches Leiden bedeuten würde und kann dann schwer sein. Die zweite kann nie schwer sein und ist immer abzulehnen. Welche Rolle können dabei Kosten spielen? Das gegen evtl. fehlende Ressourcen für andere auszuspielen ist in einem reichen Land unsäglich und bringt uns in die Diskussionssphären von Triagen und einer wertenden Rangfolge von Leben.
Bernd Schmitz

 


 

Leserbriefe zu „Die Akzeptanz ist gesunken“ von Stefanie Kara

Ein sehr einfaches Mittel die Akzeptanz zu erhöhen ist die konsequente Durchsetzung der gesetzlichen Vorschriften! Ich möchte gern den LKW-Fahrer kennenlernen, der auf den Straßen die vorgeschriebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen einhält. Man wird wohl sehr lange suchen müssen, um Einen zu finden. Auf den Autobahnen und Bundesstraßen haben wir schon lange keinen LKW mehr gesehen, der unter 95 km/h fährt. Laut Busgeldkatalog müssten alle mit Fahrverbot rechnen, aber es wird nicht durchgesetzt. Als parallele Maßnahmen müsste eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h für PKW, generelles Überholverbot für LKW und ein Innenstadtverbot für LKW über 7,5 t eingeführt werden. Wenn man sieht, dass einzelnen Paletten mit Lebensmitteln durch 40 Tonner durch die Innenstädte gefahren werden, kann man nur den Kopf schütteln.
Rolf Geyer

Die Überschriften und die Graphik sagen eigentlich schon genug über die Erwartungen so vieler:  „Rettet Umwelt und Klima, aber nur so, dass ich nichts davon merke“!  So ähnlich wurde es auch satirisch mal von der Heute-Show formuliert. Und fast alle Parteien und Politiker tun so oder gaukeln vor, als könnten sie — und nur sie oder ihre Partei — diesen Anspruch auch erfüllen. Niemand wagt zu sagen:  Die Zukunft unserer Kinder und Enkel muss uns auch etwas wert sein, uns allen, nicht nur der Regierung/dem Staat, die ja alle nicht zaubern können. Ich bin es müde, immer wieder auf die Details einzugehen, eher resigniert, dass angesichts dieser unerfüllbaren Bedingungen für die Rettung der Zukunft, besonders des Klimas, dieses Projekt wohl eher nicht mehr gelingen wird, jedenfalls keine Stabilisierung auf dem jetzigen Stand.
Peter Selmke

Zum Interview mit Mark Andor: Man kann Herr Andor in vielen Punkten nur zustimmen – ein Problem wird allerdings nicht angesprochen, weder im Text noch in der Infografik zu verkehrspolitischen Maßnahmen: Die Debatte um klimafreundlichen Verkehr dreht sich viel zu oft noch um die Kosten des Verkehrs: 49-Euro-Ticket, 9-Euro-Ticket, oder sogar kostenloser ÖPNV. Dabei wird vergessen, dass die Attraktivität des Nahverkehrs nicht nur an die Kosten gekoppelt ist. Wenn kein Bus fährt, bringt mir das kostenlose Ticket auch nichts. Wollen wir klimafreundlichen Verkehr erreichen, werden wir also um Investitionen in zuverlässigen, häufigen und flächendeckenden ÖPNV nicht herumkommen. Ganz ohne das Autofahren zu reduzieren, wird die Wende allerdings auch nicht funktionieren. Dies ist wohl der heikelste Punkt der Verkehrswende. Wie könnte das gelingen? Können wir auf Einsicht und freiwilligen Verzicht hoffen? Wohl eher weniger. Es braucht wahrscheinlich Maßnahmen, die das Auto unattraktiver machen, wie Herr Andor ja schon andeutet. Aber wir könnten die Debatte vielleicht anders framen: Schaffen wir es, weniger über Verbote und Verzichte zu diskutieren, und stattdessen mehr die positiven Aspekte der Verkehrswende in den Fokus zu rücken? Auf dem Land dürfte uns das wohl am schwersten fallen: Kurze Strecken von Dorf zu Dorf sind schwierig, komplett mit Bussen zu ersetzen; hier wird das e-Auto eine sinnvolle Verwendung finden. Vom Land in die Stadt kann jedoch eine gut ausgebaute S-Bahn-Verbindung schneller und bequemer sein, als mit dem Auto im Stau zu stehen oder Parkplätze zu suchen. In den Städten dagegen haben wir eigentlich ein leichtes Spiel – dazu passend ein Zitat von Mark- Uwe Kling: “Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in 50 Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen. Da würden wir uns schön ärgern.” Worauf warten wir also noch?
Maybritt Schillinger – Klimaplausch

 


 

Leserbriefe zu „Nichts ist zu Ende“ von Hanno Rauterberg

Ja, ansteckend sind die Gemälde von Frans Hals. Ansteckend in unserer verdichteten und beschleunigten Zeit, in der die Gegenwart sich in ihren Unruhemomenten überschlägt, in der alles Leben von einem Strudel erfasst und verschluckt zu werden droht, in der der Lachende die furchtbare Nachricht nur noch nicht empfangen hat. Die Bilder erscheinen wie eine reale epikureische Utopie und künden von der Leichtigkeit des Lebens. In dieser Utopie können wir das Leben ausschöpfen und genießen. Wir können in den Durchgangsmomenten von der Zuversicht getragen sein, dass die Flüchtigkeit in der Lebendigkeit des Lebens immer gut aufgehoben ist. Die in den Gemälden gezeigten Menschen sind weder von Spannungen zerrissen noch von äußerlichen Konzepten erfasst, sie sind weder apathisch noch getrieben. Sie sind in ihrer Lebendigkeit frei und selbstbewusst. Die Werke von Frans Hals haben eine bleibende Gültigkeit, sind absolut modern. Die Utopie: Es gibt das richtige Leben im falschen. Nichts ist zu Ende.
Reinhard Koine

Vorab noch einen einfügenden Blick zu dem Maler Diego Rodriguez de Silva y Velázques (1599-1660) – in einem ähnlichen Zeitrahmen wie Frans Hals anwesend –, dessen Bilder und Porträts (auch der königlichen Familie) oft all die innere und äußere Hässlichkeit des Menschseins aufzeigen – und der keine nebensächliche Wahrheit gelten ließ, außer seiner Besichtigung als Maler gegenüber seinen Menschenbildern und den furchtbaren Schrecknissen (den Kriegen, der Inquisition) seiner Zeit. Ob Frans Hals Bilder von Diego Velázques gesehen hatte? Seine „Desastres de la Guerra“ oder die Bildnisse der Opfer der Inquisitionen…Es ist weniger erstaunlich oder vielleicht doch eher eine konsequente unumgängliche Realität: dass ohne einen fundierten Zusammenhang mit der familieninternen und arbeitenden Funktion des Vaters als Maler z.B. wie Frans Hals es war: dadurch fünf seiner Söhne ebenfalls zu Malern ausgebildet, quasi (beidseitig jeweils) verpflichtend so erzogen wurden… Man nehme Wolfgang Amadeus Mozart oder Ludwig van Beethoven – ohne deren musikalischen Väter: wären die Söhne wahrscheinlich niemals mit einem Instrument in Kon-Takt gekommen, noch dazu als Komponisten und Klaviervirtuosen jemals öffentlich vorhanden… Deren dann spätere Weltberühmtheiten im (Zeit-)Sande verlaufen seien oder genauer vorprogrammiert: wären deren Väter Metzger oder Schlachter gewesen – würden die Söhne dieses blutige Handwerk übernommen haben… Im übertragenen un/musikalischen Sinne: „Wesen Brot ich ess, dessen Lied ich sing.“ Um hierbei auch den Johann Sebastian Bach und seine bekannten und berühmten Bach-Söhne zu benennen! Auch hierbei gibt es keine Gerechtigkeiten gegenüber den neuangekommenen Menschleins in der Unbekanntheit des normierten Daseins – ganz selten aber findet sich daraus hervorgehoben ein Mensch, der aus seiner a/sozialen Umgebung herausfindet und sein seltenes Anderssein (besonders auch im Künstlerischen) sich heraushebt aus dem Massendasein… Ansonsten herrscht allgemeine namenlose Vergänglichkeit“.
Der kunstdurchdrungene Hanno Rauterberg (welch eine persönliche und auswirkende Beglückung in Beruf und Berufung!) hat mit seinem Bericht „Schlampig gemalt: Wie Frans Hals ein neues Bild des Menschen entwarf… Es ist heiter.“ – uns LeserInnen von DIE ZEIT einen tieferen menschenbesinnlichen Überblick sowie Durchblick vermittelt, und wahrlich: dieser Maler (zeitlebens mit Geldproblemen behaftet und mit der umgebenden Sterblichkeit konfrontiert – (seine erste Ehefrau starb während der Geburt des zweiten Sohnes im Jahre 1615) hatte den Blick für die menschlichen Charaktere, war im wahrsten Sinne des malenden Wortes: ein Menschenkenner und vor allem dabei fast schon tiefenpsychologisch mit seinem Pinselhandwerkszeug von innen nach außen unterwegs… Hanno Rauterberg hat uns einen textlichen Einblick zu der Ausstellung in der Gemäldegalerie nach Berlin übereignet, so dass selbst nur diese Fahrt aus den verschiedenen Gebieten Deutschlands in die Bundeshauptstadt ausschließlich zur Frans Hals-Präsentation und zurück – ein kulturelles lohnendes Ziel sein könnte! Besonders deutlich wird einem zu den Frans Hals-Portraits: dass eine gestellte Portrait-Fotografie viel weniger über denjenigen Menschen aussagt als eine gemalte Frans-Hals-Menschendokumentation. Dieses Bildnis z.B. „Der Lautenspieler“ (gemalt um 1623) zeigt diese große innere musikalische Freude des jungen Mannes mit seinem Lauteninstrument – und in dieser Verbindung die gefühlte Innenwelt des Bereiches der Musik zur zusätzlich erheiterbaren Mitmenschlichkeit.
Beim genaueren Beobachten von manchen Bildern des Frans Hals jedoch, trifft das von Hanno Rauterberg vermeintlich erkannte neue Bild des Menschen, dass der Maler entwarf, doch nicht fortwährend als „heiter“ zu…: sein Leben war alles andere als „heiter“ (bis lustig) – und auch die Konkurrenz war groß: Peter Paul Rubens starb im Jahre 1640, Anthonis van Dyck im Jahre 1641 – und erstaunlich verbleibt: dass trotz aller öffentlichen Aufträge auch aus den Gildenschaften: seine erste Frau in ein Armengrab vergraben wurde… Nun ja, wir wissen ja von Friedrich Schiller: dass er in eine vermoderte Gemeinschaftsgruft in einer Nacht–und-Nebelaktion abgesenkt worden ist – und sein Freund Goethe auch bei dieser Beerdigung nicht zugegen war. Dafür durfte er dann wesentlich später (herausgefunden unter all den verwesten Mitknochen-Abwesenden) als „Memento mori-Schädel“ unter einer Glasglocke in Goethes Schreibstube: dem selbstverliebten Dichterfürsten „Gesellschaft“ leisten… Auf solch eine makabre unfreiwillige Anwesenheitsdarbietung muss man ersteinmal (einseitig) kommen – Schiller jedenfalls ahnte zu Lebzeiten keinen blassen Schimmer dazu und davon zu dieser Dekoration! Frustrierend könnte man es sich ebenfalls vorstellen, dass die zweite Ehefrau von Frans Hals ja ununterbrochen geschwängert wurde – beständig trächtig durch die Gemeinschaftsräume mit dieser zehnköpfigen Kinderschar herumlavierte und der Gatte Maler sich doch zusehends gestört fühlte: gleichwohl die Geschlechtlichkeit nicht im Zaum zu halten war… Nein, heiter war solch ein fortgepflanztes Leben sicherlich nicht für beide Elternanteile, und der Maler war froh: in seinem Atelier verschwinden zu können! Nun, wie schon beschrieben: fünf seiner Söhne wurde von ihm zu Malern ausgebildet – sicherlich auch eine quälende Hingabe als Aufgabe des Malers und Vaters in der Strenge dieses detail-besessenen Kunsthandwerks. Aber nehmen wir das Portrait „Junger Mann mit Totenkopf“ – und wenn es der RvM-Leserbriefschreiber (der ebenfalls sich auch als Maler therapiert) genauer betrachtet, ist die Person des Lautenspielers identisch mit diesem jungen Mann mit dem Totenkopf in der linken Hand (- zu besichtigen in der National Gallery in London: gemalt im Jahre 1626). Solch eine Hingewendetheit zur Wirklichkeit des zeitbegrenzten Daseins in dieser Pose zum Bildgeschehen, zeigt jenen Frans Hals als ganz großen Künstler, als einen Solitär seines Künstlertums, und wenn man dann noch besichtigen muss: wie wenige Zähne dieser Totenkopf als lebender Mensch kaum noch hatte: ach – wie vergänglich und „verbissen“ doch unser aller Leben dahintaumelt bevor wir den (selten goldenen) Löffel abgeben müssen… Für jene Gegenwart von Frans Hals – er starb am 26. August 1666 in Haarlem – war seine Berühmtheit doch bedeutend, galt der Maler wohl als der bedeutendste Porträtist seiner Anwesenheit und war zudem auch seit dem Jahre 1644 der Vorstand der Haarlemer Malergilde.
Hanno Rauterberg beschreibt diesen Versuch einer Bedeutsamkeit ohne aufquälende Destruktionen sehr konsequent richtig und für die jetzige Gegenwart hervorgehoben: „Heute aber gilt Frans Hals (1580-1666) als einer der erstaunlichsten Maler überhaupt, einflussreicher als Vermeer oder Rembrandt. Nur ist er unbekannter. Das mag daran liegen, dass ihm die großen Dramen nicht lagen, bei ihm gibt es keine blutigen Erlöser, keine Koggen im Sturm, auch keine Susanna im Bade, nichts, was seine Kollegen damals malten und was Bildung bewies, Glaubensstärke oder kompositorisches Geschick. Hals malte nicht für den Hof, nicht für die Kirche, er malte Porträts, und auch das ohne das übliche Drumherum, ohne Teppiche, Brillen, kunstvoll zerknitterte Briefe, ohne geschälte Zitronen. Auf seinen Bildern gibt es so gut wie nichts, was gedeutet oder als moralisch wertvolle Botschaft verstanden werden müsste. Denn Fran Hals ist ein Befreier. Er löst die Menschen aus ihren Sinnhülsen und Bedeutungspanzern. Und gibt den Blick frei auf das, was darunterliegt oder -liegen könnte.“ Eines aber sollten wir nicht übersehen – die kunsthandwerkliche Fingerfertigkeit mit dem Pinsel ist phänomenal unübersehbar – ein zudem begnadetes Talent, wenn auch die damaligen Malerschulen geradezu den „perfekten Maler“ mitproduzierten: gleichwohl wird dennoch immer wieder deutlich erkennbar: dass bei aller kunsthandwerklichen Deutlichkeit dann doch das wahre Genie sich herauszeigt aus diesem malerischen Mitbewerben der Kunst und zu häufigen Künstlichkeit… Und vergleichen wir z.B. Bilder des Leipziger Professor Neo Rauch mit den Bildern von Frans Hals – wird einem da nicht sehr bewusst: zu welchen Qualitäten dessen Bilder sich dann im Rauch der Zeit auflösen… Man darf eben die sogenannte neue, neue Sachlichkeit nicht dazu benutzen: den Menschen „des Kaisers neue Kleider“ vorgaukeln zu wollen, sich kunsthandwerklich in Szene und Positur zu stellen…
Die Vergleiche zu wahren großen Meistern sind eben doch nicht zu vernebeln, auch nicht mit noch so sehr aufgeblasenen Rauchwolken… Und genau hier beginnt diese heutige Tarnung mit der Kunst zu der Kunst der „Vergangenheit“ (die unvergänglich verbleibt!) – als Maler oder Malerin bin ich mit meiner Kunst in diesen Vergleichbarkeiten eigentlich schon am Ende meiner Kunst angekommen: so zu malen wie Frans Hals ist „technisch“ vielleicht noch in seltenen Begabungen möglich, gleichzeitig aber sind wir verdorben durch all die Medien, die sinnentleerten Verlautbarungen an Propaganda, die entseelten Kommunikationen, dem industriellen Müll: dem wir Menschen ebenso als psychische Schrotthalden mit unterliegen… Und sich ins Abstrakte zu verlieren ist ebenso bedeutungslos, wie wenn ich versuchen wollte, einem Papagei die bunten Federn auszurupfen: um anschließend dessen Farbenspektrum neu zu interpretieren… Malewitsch hatte vollkommen deutlich erkannt, dass mit seinem „schwarzen Quadrat“ das Ende der Malerei somit dokumentiert würde… Damit wollte er nicht (nur) provozieren, sondern verdeutlichen: Wir können uns (als be-wertende KünstlerInnen in der Konkurrenz der Vergleichbarkeiten) gegen die Kunst der Vergangenheit nur wehren, sie aber niemals abwehren in unserer zu oft künstlerischen unhandwerklichen Belanglosigkeit. Mag sein, dass dies eine Behauptung sei, die wiederum durch Picasso zentrifugiert wurde, der kundtat: „Die Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit erkennen lässt.“ – und des Weiteren: „Gute Künstler kopieren, große Künstler stehlen.“
Und vielleicht traf die Aussage von Picasso auf Vincent van Gogh zu, wenn dieser bekennt: „Es gibt den Maler, der aus der Sonne einen gelben Fleck macht, aber es gibt auch den, der mit Überlegung und Handwerk aus dem gelben Fleck eine Sonne macht.“ (EigenARTig: Picasso ließ nur Magritte neben sich – als den großen Künstler zu beider Lebenszeiten – gelten). Hanno Rauterberg „vergegenwärtigt“ in seiner Besichtigung des Malers Frans Hals – und dies wohl auch in/zu den meisten Bildern in der Gemäldegalerie in Berlin: „Bei keinem anderen Maler wird so viel gelacht und gelächelt wie bei Hals. Und nichts daran wirkt gezwungen, nie ist es krampfiges Gelächter. Hals malte Menschen, die aus dem Augenblick lachen. Als trüge sie ein Gefühl der Erleichterung. Ansteckend bis heute.“ Und der Kunstkritiker Rauterberg euphorisiert das Malergenie: „Lauter Gesichter also sind da jetzt zu sehen, in der fulminanten Ausstellung der Berliner Gemäldegalerie, Tuchhändler, Bierbrauer, Gelehrte, Snobs, auf ihre Art herausgeputzt, denn sie kamen ja zu Hals, in sein Atelier in Haarlem, weil sie sich ein Bild ihrer selbst machen wollten. Sie wünschten sich einen Doppelgänger, vor dem man bestehen muss, den man bestaunen kann…“ Mit Verlaub, geschätzter Kunstexperte und Kritiker Hanno Rauterberg – in den Zigeunerporträts, den Abbildungen von Alkoholikern und den Bettlern und zudem den Scheinoberflächlichkeiten der Prominenz seiner Abgemalten: wären doch bei aller „momentanen“ Begebenheit im Atelier einer hierzu ausgemalten persönlichen Unbekanntheit: dahinter dann doch nicht nur das Lächeln und die Heiterkeit im Zusammenhang mit der Identifikation der jeweiligen Person, zu besichtigen verbleibend… Sondern wohl eher im sensiblen Zusammenhang des (damaligen und heutigen) Erkennens des unterschiedlichen Daseins der Anwesenheiten und Abwesenheiten, damit zu offenbaren gewährt: dass einem doch sehr oft das Lächeln im Hals stecken bliebe! Somit ist der „Meister des Augenblicks“ – doch eher auch ein vorbildlicher Meister der Verdrängungen zwischen dem Lachhaften und dem Lächerlichen des Menschenabbildens, auch im Besonderen als nicht nur scheinbar einer der größten Porträtmaler aller gewesenen Zeiten seither… Um seinen Landsmann Vincent van Gogh zu zitieren: „Und meine eigene Arbeit als Maler, nun, ich setze mein Leben dabei aufs Spiel, und mein Verstand ist zur Hälfte dabei draufgegangen…“
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 


 

Leserbriefe zu „Und am Horizont der Krieg“ von Jan Roß

Dieser Beitrag beschreibt sehr gut die gegenwärtige Situation an der Grenze Israels zum Libanon. Da ich Krieg und Vertreibung als Kind selbst miterlebte, empfinde ich Mitgefühl mit den Evakuierten aus dem nordisraelischen Grenzgebiet. Mitleid zu erwecken, das ist die eine Seite der Angelegenheit. Aus meiner Sicht gebietet die menschliche Vernunft jedoch, alle mit dieser Situation zusammenhängenden Ereignisse und Dinge zu sehen und mit dem eigenen Verstand zu beurteilen. Diese Denkweise muss leider oft einer bequemen Betrachtung ausgewählter Interessen weichen. Seit der Gründung Israels ruft der politische Islam in vielen Ländern und selbst in Europa zur Vernichtung Israels auf. Kindern in Palästina und im Iran wird diese Doktrin bereits im Vorschulalter in Koranschulen und danach in den Schulen selbst nachweislich vermittelt. Eine öffentliche Debatte hierüber findet nicht statt. Constantin Schreiber, der darauf öffentlich hinwies, wird vom politischen Islam persönlich bedroht. Dieser Entwicklung wird bis heute nichts entgegen gesetzt.
R. Reiger

Ich habe den Artikel „Und am Horizont der Krieg“ zur Situation im Norden Israels gelesen und habe mich über die Darstellung geärgert, die suggeriert, dass es sich hier um eine recht einseitige Angelegenheit (die Hisbollah bedroht und beschießt Israel) handele. Der Norden Israels „lebe in Sorge“, da die Hisbollah „so gut wie täglich“ israelisches Territorium attackiere, schreibt Herr Ross. Dass das den Tatsachen entspricht, daran habe ich keinen Zweifel. Es gibt allerdings nicht die Verhältnisse der gegenseitigen Angriffe wieder, die, folgt man den Daten von ACLED (https://acleddata.com/), sehr viel häufiger von Israel in Richtung des libanesischen Territoriums ausgehen als umgekehrt und auf libanesischer Seite zu mehr Toten insgesamt, aber auch zu deutlich mehr toten Zivilist:innen führen. Grafisch aufbereitet wurden die offen zugänglichen ACLED-Daten von Aljazeera (https://www.aljazeera.com/news/2024/6/27/mapping-7400-cross-border-attacks-between-israel-and-lebanon) und für den Monat Juni in geringerer Detailtiefe auch von ACLED selbst (https://acleddata.com/2024/07/08/middle-east-overview-june-2024/#keytrends4 ). Eine ausgewogene, idealerweise datengestützte Darstellung fände ich gerade in der Berichterstattung zum Nahostkonflikt wichtig. Das muss ja nicht ausschließen, dass die Perspektiven der israelischen Bewohner im Norden dargestellt und Verständnis für ihre Sicht auf die Dinge vermittelt werden. Offenbar ist aber Israel eine mindestens genauso große Gefahr für den Libanon wie umgekehrt, und ich würde ich freuen, wenn diese Wechselseitigkeit der Bedrohung in der Berichterstattung zumindest nicht ausgeblendet würde, zumal die libanesischen Erinnerungen an die israelische Besatzung des Südlibanon sowie den Krieg 2006 bei vielen Libanes:innen als Schreckensszenarien noch sehr präsent sind.
Es wäre hilfreich, diese Geschichte zu kennen, um vielleicht auch Formeln wie die Hisbollah als „stärkste Hilfstruppe des Iran im Nahen Osten“ zu hinterfragen und dosiert einzusetzen. Die Hisbollah ist bei weitem nicht nur eine Hilfstruppe des Iran, und auch nicht nur eine „Terrormiliz“, sondern eben auch einer der maßgeblichen politischen Akteure im Libanon (ob es uns gefällt oder nicht) und inzwischen aus Sicht vieler (nicht nur schiitischer) Libanesen die einzige Lebensversicherung des Landes angesichts einer weitgehend dysfunktionalen libanesischen Armee und einer potenziellen Bedrohung durch Israel. (Als kompetente Ansprechpartner:innen zu diesen Themen für die nächste Recherche fallen mir z.B. Daniel Gerlach oder Prof. Dr. Hanna Pfeifer ein.) Dass die Hisbollah gerade eher das Kriegsspielchen mitspielt als die Eskalation aktiv voranzutreiben, die Eskalationsgefahr also aktuell eher von Netanjahus Regierung ausgeht, ist übrigens die Einschätzung von Yoram Schweitzer im Haaretz-Podcast, den ich sehr empfehlen kann: https://www.haaretz.com/israel-news/podcasts/2024-06-26/ty-article-podcast/in-a-war-with-hezbollah-israel-will-face-irans-entire-axis-of-resistance/00000190-53a1-de5e-abd0-fbf3be140000. Vielleicht haben Sie hier ja eine andere Einschätzung, aber sich mit solchen Analysen zumindest auseinanderzusetzen, wäre für die Leser:innen sicher hilfreich zum Verständnis der Gesamtsituation.
Ich frage mich manchmal, ob ich von Journalist:innen zu viel erwarte. Natürlich sind Journalist:innen keine Wissenschaftler:innen und können nicht die Forschungsliteratur zu allen Themen überblicken, sondern müssen sich relativ schnell in neue Themen einarbeiten. Zugleich würde ich mir aber doch wünschen, dass bei einer solchen Recherche auch die größeren Zusammenhänge und die Perspektive der „anderen“ Seite zumindest mitgedacht werden, damit ein möglichst differenziertes Bild vermittelt werden kann. In diesem Artikel habe ich leider nicht das Gefühl, dass mir ein differenziertes Bild von der Wirklichkeit vermittelt wird, sondern fühle mich eher an die Rechtfertigungsnarrative des War on Terrorism der frühen 2000er-Jahre erinnert. Ich wäre Ihnen als Redaktion sehr dankbar, wenn Sie ein Auge darauf haben könnten, dass wir nicht wieder in die unseligen Diskurse dieser Zeit abrutschen.
Jasmin Daam

 


 

Leserbriefe zu „Nächstes Ziel: Weltmeister werden!“ von Oliver Fritsch

In dem wohl attraktivsten Viertelfinale der vergangenen EM, das aufgrund der Leistungen der beiden Kontrahenten ebenfalls eines Finales würdig gewesen wäre, blieb die seit vielen Jahren beste deutsche Fußballnationalmannschaft lediglich eine Armlänge vom verdienten Erfolg entfernt. Und so dürfte das schmerzliche Ausscheiden aus dem Heimturnier denn auch mehr noch den eindrucksvollen Beginn einer sehr aussichtsreichen Ära markiert haben. Kurzum: Ja, die deutsche Mannschaft kann in der Tat der nächste Weltmeister werden!
Matthias Bartsch

Der Ball ist rund wie eine Kugel und ein Spiel dauert so lange, bis es der Schiri abpfeift! Fußball-Weltmeister werden ist schwer, aber wer das Fußball-Finale gewinnt, der ist und bleibt es dann auch für ein paar Jährchen! „Mal verliert man und mal gewinnen die anderen“, diese weise Weisheit wiederum, die stammt übrigens vom ehemaligen Fußballspieler und -trainer Otto Rehagel (*1938)
Klaus P. Jaworek

 


 

Leserbriefe zu „Wir müssen mehr fliegen, nicht weniger“. Gespräch mit Johan Lundgren geführt von Sören Götz und Jonas Schulze Pals

Ihr Interview mit Herrn Lundgren geht runter wie Öl! Das ist genau, was wir hören wollen, wir wollen immer mehr, nicht weniger, denn Verzicht, Maß halten und an die Zukunft denken ist ein 80er Jahre Quatsch. Die Technik der Zukunft wird es für uns Lösen. Wir geben uns Ziele und wenn wir darin bleiben, dann haben wir doch alles gut gemacht. Für die langfristigen Ziele 2035 oder 2050, da kann uns doch heute niemand dafür verantwortlich machen, wenn wir die reißen! Sie sprechen einige kritische Punkte an, aber leider auf eine so allgemeine Art, dass gerade die Luftfahrt auf ein „Scheitern mit Ansage“ zufliegt, wenn es ums klimaneutrale Fliegen geht! Gerne weise ich Sie auf die folgenden zwei Publikationen des deutschen Flugzeugmotorenherstellers MTU AERO ENGINES hin. Diese beschreiben den klimaneutralen Flaschenhals, durch den die Luftfahrt nicht passt. https://www.flightglobal.com/paid-content/overcoming-the-barriers-to-wider-saf-use/158807.article, https://aeroreport.de/en/people/sustainable-fuels-safs-as-a-lever-for-clean-flight?fc=1&mtm_campaign=FG_MTU&mtm_source=flightglobal.com&mtm_medium=paidcontent_01072024&mtm_content=BildText. Bitte beachten Sie folgendes:
1. Das reichste 1% bzw. 4% der Weltbevölkerung verursacht 50% bzw. 80% des weltweiten Klimaschadens, der durch die Luftfahrt entsteht. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0959378020307779?via%3Dihub. Wer fordert „Wir müssen mehr fliegen, nicht weniger“ der spricht zu den reichen 4% der Weltbevölkerung!
2. Beide Texte beschreiben eine große Dringlichkeit, schnell zu handeln, diese wird auch durch die IATA und ICAO betont.
3. Beide Texte beklagen den Mangel an Produktionskapazitäten für SAF, bzw. die fehlenden finanziellen Mittel dafür.
4. Der zweite Text weist deutlich darauf hin, dass: A) zum konventionellen Kerosin nicht mehr SAF beigemischt werden kann als 50% da alle bisher produzierten Triebwerke sonst nicht funktionieren. Aber dessen chemischen Substanzen, die AROMATE, verursachen gerade den Ruß und die Kondensstreifen, die sehr erheblich zur Klimaschädlichkeit beitragen. B) Die Erzeugung von SAF darf nicht auf Kosten der Nahrungserzeugung gehen, es gibt also nur dann eine klimaneutrale Luftfahrt, wenn der CO2-Kreislauf geschlossen wird, indem Green Power to Liquid Prozesse eingesetzt werden, welche das benötigte CO2 aus der Atmosphäre entnehmen.
5. Airbus konzentriert sich sehr auf Wasserstoff als Technologie, obwohl, wie alle Ingenieure bestätigen, dieser Kraftstoff nicht für Langstreckenflüge geeignet ist. Diese verursachen aber 75% des Kerosinverbrauchs. Also lassen sich durch Wasserstoff höchstens 25% des weltweiten Klima Schadens durch die Luftfahrt verhindern. https://www.flightglobal.com/networks/at-6-of-flights-long-haul-services-emit-51-of-co2-eurocontrol/142445.article#:~:text=Long%2Dhaul%20air%20services%20departing,flights%2C%20according%20to%20Eurocontrol%20data.
6. Aber die besonders klimaschädlichen Langstreckenflüge werden immer beliebter und nehmen deshalb in letzter Zeit rasant zu. https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-flughafen-lufthansa-langstrecke-nordamerika-asien-a380-infos-1.6300159
7. Airbus plant auf absehbare Zeit kein neues Langstreckenflugzeug. Ebenso wenig Boeing, das angesichts der nicht abreißenden Sicherheitsmängel immer weniger Flugzeuge verkauft. Boeing mangelt es deshalb an finanziellen Mitteln zur Entwicklung neuer Flugzeuge. Und solange Boeing nichts Besseres bieten kann, muss Airbus nicht nachziehen oder in Vorleistung gehen. Dass durch diesen fehlenden Wettkampf um das sparsamste Produkt die Weltluftfahrt mehr fossiles Kerosin verbraucht als technisch nötig wäre, spielt marktwirtschaftlich keine Rolle, denn es gibt bis 2050 keinen anderen Anbieter für Langstreckenflugzeuge als Airbus und Boeing!
Es ist also, wie auch der zweite Artikel beschreibt, abzusehen, dass 2050 sehr viele Flugzeuge fliegen, die 50% konventionelles Kerosin verwenden müssen. Bis dahin hat sich die Weltluftfahrt verdoppelt oder sogar vervier- oder achtfacht. Der durch die Luftfahrt entstehende Klimaschaden ist dann bestenfalls gleich groß, doppelt oder sogar viermal größer als heute! Dass alles setzt voraus, dass die Gesellschaft/Wirtschaft/Politik genügend Mittel bereitstellt für E-Fuel Produktionskapazitäten. Aber der Inhalt des zweiten Artikels legt nahe, dass dies sehr fraglich ist, denn den zahlreichen Initiativen fehlt die Finanzierung. Fabian Donus ist Triebwerks Spezialist und macht seine Aussagen in seiner Funktion als hochrangiger Manager des wichtigsten deutschen Triebwerksherstellers. MTU ist das Thema so wichtig, dass es dafür in einer renommierten Fachzeitschrift einen bezahlten Beitrag bucht! Herr Donus beschreibt in allen Facetten den folgenden Flaschenhals: „Die Luftfahrt könnte durch 100 % nachhaltige E-fuels mit aus der Atmosphäre entnommenen CO2 bis 2050 klimaneutral werden, aber es gibt bis 2050 weder genügend Flugzeuge die 100% E-Fuel tauglich sind noch gibt es genügend Produktionskapazitäten um dies E-Fuels herzustellen.“
MTU warnt also aufs deutlichste, dass die Luftfahrt alle Ziele des EU Green Deals, des Pariser Klimaabkommens, bzw. alle anderen Vorschriften zur Klimaneutralität reißen wird. Dass MTU diesen Artikel bezahlt und so prominent platziert, beweist, dass sich MTU von den Folgen dieser gesellschaftlichen Entscheidungen, d.h. so wenig für 100% klimaneutrales Fliegen zu tun, schon heute distanzieren möchte. MTU könnte als Triebwerkshersteller 100% klimaneutral werden, aber nicht, wenn die Politik bzw. die Gesellschaft keine Mittel dafür bereitstellt oder entsprechende Regeln dafür erlassen. Herr Donus formuliert sogar sehr detailliert den Hinweis, dass E-Fuels nicht vorankommen, weil konventionelles Kerosin zu billig ist! Mit dem einfachen Schritt, konventionelles Kerosin genauso teuer zu machen wie E-Fuels, wäre also dieser heutige Stillstand leicht zu beheben. Für die Billigflüge nach Mallorca, Ibiza und auf die Balearen (das typische Geschäft der Billigairlines) macht der Kerosinpreis nicht so viel aus, denn je Passgier*in wird pro Flug relativ wenig Kerosin, etwa 1 Auto-Tankfüllung, verbraucht. Diese Flüge können auch mit Wasserstoff Flugzeugen durchgeführt werden. Bei einem Langstreckenflug werden jedoch 10-20 Auto-Tankfüllungen pro Passagier*in verbraucht. Diese können sich eh nur reiche Menschen leisten. Wohlhabende Menschen buchen diese Flüge auch dann, wenn das Ticket viel teurer ist. Denn für viele gilt: je teurer und deshalb exklusiver, desto begehrter das Produkt. Darüber, ob es genügend CO2-Capture-Kapazitäten gibt, um all das CO2 aus der Atmosphäre zu holen, macht Herr Donus natürlich keine Aussagen. Daran könnte die 100% CO2 neutralen E-Fuels noch immer scheitern, aber das ist nicht sein Fachgebiet! Auch diese interessante Frage sollte journalistisch untersucht werden, um unsere Gesellschaft realistisch über die zukünftigen Probleme der Luftfahrt zu informieren.

Klaus Siersch

Vielen herzlichen Dank für das Interview mit Herrn Lundgren. „Emissionsfreies Fliegen“ bleibt in absehbarer Zeit eine Illusion. Buzzwordbingo der Technikgläubigen, die Beruhigungspille der Urlaubsflieger und Wirtschaftseliten. Fliegen ist und bleibt Luxus. Das fehlende Verursacherprinzip, u.a. durch steuerfreies Kerosin ausgehebelt, heißt nichts anderes als: „Den Preis bezahlt jemand anderes“, sprich die Opfer des Klimawandels. Der kulturinteressierte Reisende, der sein Leben mit Selfies verbessert, fliegt mit vollem Schub dem Kollaps entgegen. Keine Anzeichen von Flugscham mehr und ganz im Sinne der großen Airline: “Say yes to the world.”
Jörg Schanbacher

Schon beim Lesen des Titels greift man sich an den Kopf. Dennoch erfüllt er seinen Zweck – man wird neugierig und beginnt zu lesen. „Wer sagt so etwas? Und vor allem: warum? Ist da was dran?“ Schon nach den ersten paar Sätzen stellt sich Ernüchterung ein. Das gesamte Interview ist eine einzige Produktplatzierung. Einer der vielen traurigen Höhepunkte ist, dass Herr Lundgren das Erhöhen der Preise von Flugzeugtickets zu Gunsten einer CO2-Emissions Reduktion als „elitäres Argument“ bezeichnet. Das zeigt in welcher verschobenen Realität Herr Lundgren zu Leben scheint (In Deutschland haben im Jahr 2023 lediglich rund 16% eine private Flugreise unternommen statista.com). Eine ganze Seite der ZEIT als Werbung für eine Fluglinie herzugeben ist dem journalistischen Anspruch der ZEIT nicht würdig. Im besten Fall wird der/dem Leser:in nach dem Lesen des Artikels einmal mehr klar, dass sich Einstellungen zu klimaschädlichen Verhalten zwingend ändern müssen. Im Schlechtesten nimmt er/sie so einen Artikel als Bestätigung zur Hand um sich an Aussagen wie „es ist eh alles gut, wie es ist“ oder „wir können weiterhin so viel CO2ausstoßen wie bisher“ festklammern zu können. Ich hoffe sehr, in Zukunft nicht mehr solche interessensgesteuerten Interviews von Firmen-CEOs lesen zu müssen und stattdessen ein interessante, ausgewogene Gespräche zu Wirtschaftsthemen im Wirtschaftsteil der ZEIT lesen zu können.
Konstantin Andritsch – Klimaplaus

 


 

Leserbriefe zu „Wie kommt der Zauber zurück in die Welt“. Gespräch mit Charles Taylor geführt von Elisabeth von Thadden

Mensch und Welt – lebt seit Jahrtausenden mit dem „Zauber“ der Natur, als ein Teil von Gemeinschaft mit den Pflanzen, Tieren und über uns der Nacht „Himmel“, Sterne die leuchten und der Mann im Mond – dort wohnt – das ist die unstillbare Sehnsucht nach Romantik pur. Der technische Fortschritt verändert vieles im Alltag. Der „Zauber“ manifestiert sich in der Romantik von Erzählungen – werden nur verdrängt- man erinnert sich erst wieder – beim Spaziergang im Wald, beim Sonnenuntergang, am Horizont des Meeres. Charles Taylor hält mit seinen 92 Jahren alle Erinnerungen fest, aus dem seine Seele spricht und das Herz voller „Zauberkraft“ schlägt
Thomas Bartsch Hauschild

Danke, dass Sie sich mit dem Interview an solch ein weitreichendes Thema gewagt haben. Es scheint mir offensichtlich, dass unsere „aufgeklärte“, im westlichen Denken begründete Weltsicht – unser Bewusstsein über die Wirklichkeit – zu extremen Gefährdungen der gesamten Menschheit geführt hat. (Diese Erkenntnis soll die positiven Auswirkungen nicht leugnen.) Ein wenig gehen Sie mit Ihren Fragen darauf ein. Dadurch, dass unter dem allgemeingültigen Blick unserer Zeit auf das, was als Realität angesehen wird, die Einbindung in eine „höhere“ oder gegebene Ordnung nicht mehr erkannt und noch weniger verstanden wird, hat sich, wie von Ihnen angeführt, ein (durchaus auch fruchtbarer) Prozess der Individualisierung und Autonomie vollzogen. Die Idee der Herrschaft über Menschen, sich selbst, die Umwelt usw. erlangte so eine neue Dimension der Verwirklichung. Nach einem „Schöpfungssinn“ oder „Schöpfungsziel“ kann in solch einer Vorstellungswelt nicht gefragt werden. Der Mensch steht sich selbst mit einem tiefgehenden Unverständnis gegenüber, was eine Reduktion auf das materiell Gegebene bedingt. Das Unbewusste soll in dem Zustand der Dunkelheit verbleiben. Dies führt zu den offensichtlichen, die Grundlagen menschlichen Lebens bedrohenden Folgen. Eine Besinnung auf eine lebendige, sinnerfüllte Natur könnte unsere Haltung sehr fruchtbar bereichern. Sollen die Krisen des Augenblicks bewältigt werden, scheint solches notwendig.
Allerdings verharren gerade die „Eliten“ in einer Verweigerung der Weiterentwicklung ihres Verständnisses von sich und der Welt. Mit einer angesichts der Krisen schwer verständlichen Selbstgerechtigkeit der eigenen Haltung gegenüber verteidigen sie das, was die eigenen Lebensgrundlagen zerstört. Nach dem Motto: Was ich als aufgeklärter und fortschrittlicher Mensch nicht erkenne oder verstehe, das kann auch nicht sein und mich damit zu beschäftigen ist lächerlich. Romantik und Idealismus sind Themen erfolgreich überwundener Vergangenheit. Ihre Fragen im Interview sind häufiger Ausdruck solch fehlender Erkenntnis. Selbst ein Begriff wie Romantik in seiner ursprünglichen Bedeutung ist vor der Enge der eigenen Sichtweise nicht fassbar, sondern wird im Sinne von modern romantisch verklärt. Gerne möchte ich anregen, der Wirklichkeit, den Erkenntnissen anderer Zeiten und Kulturen – einem anderen Bewusstsein – offener und anerkennender zu begegnen. Wir dürfen uns wie jede Kultur und jede Generation grundsätzlich irren, bzw. weiterentwickeln.
Michael W. Geisler

 


 

Leserbrief zu Titel „Vive la France“

Die große deutsche Wochenzeitung Die Zeit schreibt einen ausführlichen Beitrag über ein der größten Länder Europas. Und womit beginnt das Ganze? Mit einer lächerlichen Abbildung des Eiffelturms mit Blümchen. Soll es ein Artikel für Kinder sein? Und es geht weiter mit der Sichtweise eines vor über 100 Jahren verstorbenen deutschen Literaten. Dann kommen Empfehlungen zur Reise in die beliebtesten Urlaubsgegenden der deutschen Touristen, Atlantik und Breeeetagnö! Ein paar soziologischen Anmerkungen, ja, das soll die Intellektuellen ansprechen. Und warum? Oh! Schreck, die Franzosen sind nicht alle Anhänger des Rassemblement National, dieser extremistischen Partei (die den Kontakt mit der deutschen AfD übrigens ablehnt) und die ausdrücklich nicht antisemitisch ist. Die Wähler erlauben sich auch mit anderen Parteien lieber Kommunisten als Rechtsextremisten zu wählen, das können deutsche Bürger nicht verstehen. Ja, 30 % der Franzosen wählen den Rechtsextremisten Jordan Bardella, so wie sie die Sozialisten Manuel Valls und Anne Hidalgo jeweils mit zwei Staatsangehörigkeiten gewählt haben. Unvorstellbar in Deutschland – Und warum haben Sie nicht versucht, dies den deutschen gebildeten Lesern, Ihrem Publikum, zu erläutern? Dieser Beitrag hat mir bestätigt, dass die Germanen unverbesserlich in ihrer Denkweise immer noch die gleichen sind.
Francine Scheffner

 


 

Leserbrief zu „Was der Fußball mit uns macht“ von Philipp Lahm

„Im Fußball spiegeln sich gesellschaftliche Debatten“, schreibt Philipp Lahm in seinem Artikel für die ZEIT. Ich ergänze, dass die Fußall-EM darüber hinaus ein Spiegelbild der aktuellen Weltlage darstellt: Die vielen spielentscheidenden Eigentore haben ihre metaphorische Entsprechung in politischen Eigentoren: Putins misslungener Versuch, die NATO zu schwächen, der zur geplanten Aufnahme der Ukraine in eben dieses Verteidigungsbündnis führen wird? Der Angriff der Hamas auf Israel, der zur Vernichtung der Terroristen führen wird. Oder Macrons Auflösung des Parlaments nach der Europawahl, welche die Schwächung seiner Partei bei den Neuwahlen zur Folge hatte? Die Nominierung von Joe Biden als Präsidentschaftskandidat der Demokraten, die Trumps Siegchancen befördert? Habecks gut gemeintes Heizungsgesetzt, das den Grünen Niederlagen bei den letzten Wahlen bescherte? Aber da gab es bei der EM ja auch die vielen spielentscheidenden Tore in letzter Minute der Nachspielzeit, welche den Spielen eine manchmal unerwartete Wendung gaben und in der Politik ihre Entsprechungen finden: Die Franzosen haben sich sozusagen in der „Nachspielzeit“ des zweiten Wahlgangs gegen den Front National entschieden und die Engländer haben letzten Endes in ihrer Abstimmung die Kurve gekriegt und die Torys abgestraft. Hoffen wir, dass Biden gerade noch rechtzeitig in letzter Minute seine Kandidatur zurückzieht und der neue Kandidat eine erneute Präsidentschaft Donald Trumps verhindern kann.
Norbert Berger

 


 

Leserbrief zu „Stimmt’s? Kaffee mit Zitronen wirkt gegen Kopfschmerzen“ von Christoph Drösser

Man sollte doch erstmal fragen warum hat man Kopfschmerzen, bevor man Coffein mit Zitrone schlürft. Leidet man am Elend in dieser Welt. Da kann man nichts machen. Oder leidet man am eigenen Elend. Da hilft nachdenken warum. Laufen die Sachen nicht so wie man möchte, da zupacken und die Probleme lösen. Wenn das UN nicht funktioniert und die Kopfschmerzen chronisch sind, dann einen Facharzt aufsuchen. Aber noch besser ist sich zu besaufen. Da kann man richtig einschlafen und der Kater am nächsten Morgen ist viel schlimmer als jede Art von Kopfschmerz, Die sind verglichen mit dem Kater gar nicht erwähnenswert. Als Alkoholkur einen Manhattan. Zu gleichen Teilen in einem Tobler eine gute Ladung Beefeater Gin und Black Label Whiskey. Mit einem Stückchen Eis und einer Cocktailkirsche. Am Rand eine kleine Zitronenschale. Na bitte, am Ende dann doch alles Zitrone
Hans-Emil Schuster

 


 

Leserbrief zu „Mehr Journalismus an den Schulen“ von Hans-Jakob Erchinger

Ihrer Forderung und Argumentation für „Die Position: Mehr Journalismus in die Schulen!“ kann ich nur zustimmen, wie inzwischen wohl auch viele Theoretiker und Praktiker von Bildung, Medien, Schule und Politik. Schade, dass es so lange gedauert hat und wohl noch weiter dauern wird, bis es endlich und hoffentlich nicht ganz zu spät umgesetzt wird. Reichlich spät ist es ja schon jetzt. Ihre Forderung ist m.E. eigentlich nur das Mindeste. Viel besser als „nur“ die Regeln des Qualitätsjournalismus zu unterrichten wäre eine umfassende Lehre von Medien, sowohl der Qualitätsmedien incl. Begründung als auch der zerstörerischen Medien, die nicht der Wahrheit verpflichtet, sondern vorrangig von ideologischen, machtgierigen oder finanziellen Interessen oder Motiven gesteuert sind. Weiter sollte zur Bildung gehören, die gängigen menschlichen Denkfehler und Wahrnehmungs-Bias bzw. -verzerrungen zu kennen und zu erkennen wie Negativity Bias, Wunschdenken, Befangenheiten, Bestätigungs-Neigungen, Wiederholungs-Effekte bei Botschaften und Lügen, Tunnelblicke, Tabuisierungen, falsche eingeengte Alternativen bzw. false Balance, Verdrehungen, Ad-Hominem-Argumente, Dilemmas und deren Ausblendung, Framing, Scheinheiligkeit, Whataboutism und alle gängigen Propaganda-Tricks zwecks einseitiger unfairer Manipulationen und Irreführungen. Auch nicht ganz unwichtig wäre die Unterscheidung zwischen sozial erwünschten Angaben und Lippenbekenntnisse und wirklichen Verhaltens-Neigungen sowie allgemeiner die Gefahren der Prägung von gefühlten „Wahrheiten“ und Verhalten durch Emotionen und Bedürfnisse, statt vornehmlich durch Fakten und Logik.
Allgemein wäre so ein Lehrfach — hoffentlich — eine Befähigung zur Unterscheidung von guter und objektiver oder sachlich korrekter Information einerseits und faktisch oder logisch falscher oder gar bewusst propagandistisch oder zwecks Werbung manipulativ gesteuerter „Information“ und Kommunikation andererseits. Es würde oder könnte auch befähigen, den Unterschied zu erkennen von ethisch oder emotional gewünschtem einerseits und faktisch und logisch erforschtem andererseits und dem ethisch richtigen Umgang damit. Es wäre auch eine Befähigung zu wirklich kritischem Denken, kritisch nicht nur bzgl. Gegnern und Regierungen, sondern auch gegenüber sich selbst und der eigenen Gruppe oder Filterblase. Insgesamt könnte so ein Fach in einer Demokratie eine Art Impfung sein gegen die um sich greifende unfaire oder zerstörerische Manipulation durch Propaganda von Egoisten, Narzissten, Verschwörungs-Erzählern, Schlichtdenkern und Demokratiefeinden.
Peter Selmke

 


 

Leserbrief zu „Jahrestag“ von Peter Neumann

Anders als Martin Walser, der lange lebte (und in den letzten Jahren immer mehr Belangloses, teilweise Peinliches zu Papier brachte), war zwei großen deutschen Schriftstellern der Nachkriegszeit nur eine kurze Schaffensperiode beschieden: Wolfgang Koeppen litt unter einer jahrzehntelangen Schreibhemmung, und Uwe Johnson starb mit nicht einmal fünfzig Jahren. Es ist überaus verdienstvoll, dass Charly Hübner so engagiert an Uwe Johnson erinnert. Die Einspielung der „Jahrestage“ (zusammen mit Caren Miosga) lässt dieses großartige Werk noch einmal in einem ganz neuen Licht (und die Kritik von Reich-Ranicki – „Ledern, nein, kunstledern!“ – als vollends verfehlt) erscheinen. Auch eine Wiederentdeckung von Wolfgang Koeppen ist wünschenswert; bei Greifswald denkt heute jeder an Toni Kroos, aber leider fast niemand an den Verfasser von „Tauben im Gras“ oder „Das Treibhaus“.
W.-R. Heilmann

 


 

Leserbrief zu „Freiheit im Praxistext“ Gespräch mit Sabine Döring, geführt von Lars Weisbrod

Vielen Dank für diese Einblicke in die Hintergründe und die in den Medien oft unterschlagenen Aspekte des „Falles“ des Polizeieinsatzes an der FU Berlin angesichts eines „Pro-Palästina-Camps“, des anschließenden offenen Briefs der Dozenten dagegen und der „Affäre“ der Prüfung der Möglichkeit oder gar Pflicht der Fördermittel-Entziehung, in der Sicht vieler „nur“ um „missliebige“ Wissenschaftler einzuschüchtern. Das alles hatte ich bisher großteils so geglaubt, weil in den Medien kaum korrigiert oder erläutert, und weil bisher mir keinerlei Gegendarstellung oder Verteidigungsargumente bekannt waren, so dass ich den Vorgang auch für eher durch Ungeschick des Ministeriums verursacht hielt. Nun aber sieht die Sache doch ganz anders und zumindest vielschichtiger mit viel weiter gestreuter Verantwortung und Verursachung der Aufregungen: Schon der Begriff „Pro-palästina-Camp“ ist möglicher Weise ein Euphemismus, wenn es sich eher um eine Pro-Hamas- oder „Pro-Palästina vom Jordan bis zum Meer“-Veranstaltung handeln sollte, oder noch schlimmer zumindest teilweise um eine nicht nur Anti-Israel-, sondern sogar „Anti-Juden-überall“-Veranstaltung, was ich für diesen Fall nicht weiß, aber von anderen Fällen. Die pauschale Frage, was an der „Verhinderung von Polizeigewalt“ verwerflich sein sollte, ist schon ein gefährliches Framing, denn diese Frage differenziert nicht, ob damit nur übergriffige Polizei-Gewalt gemeint ist, oder alle auch legitime oder gar zum Schutz von Menschen dringend nötige Gewalt. So kann jeder es so verstehen wie er will, z.B. so, dass dort es nur illegitime Gewalt gegeben habe oder geben könne. Insofern kann ich der Kritik Frau Dörings an diesem „Jargon“ nur zustimmen, und ihre bisher nicht gewährte Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht ist zumindest ein bisschen verdächtig. Natürlich wäre auch ein völliges Verbot von Polizei-einsätzen unter allen erdenklichen Umständen gefährlich und eine Einladung zu oder Erleichterung von dortigen Rechtsverletzungen.
Natürlich hat auch die verantwortbare Freiheit der Wissenschaft oder auf dem Territorium der Wissenschaft wie alle legitime Freiheit ihre Grenzen, z.B. bei Verletzung oder Gefährdung der Freiheit und sonstigen Menschenrechte anderer, wie schon öfter geschehen gerade gegenüber jüdischen Mitmenschen, die teils sogar selbst kritisch gegenüber teils rechtsradikalen in der israel-Regierung sind. Das scheinen etliche auch dort zu vergessen oder scheint ihnen egal zu sein, da sie mit Tunnelblick nur die eigene Freiheit oder „Wahrheit“ bedroht oder gar nur die eigene berechtigt sehen. Da ist Wissenschaftlichkeit nicht immer real, sondern eher angemaßt, vorgetäuscht, um Aktivismus zu rechtfertigen, der nicht falsch sein muss, aber nicht auf zu große Kosten anderer Menschen und Dinge gehen darf. Auch politische oder ideologische oder religiöse Korrektheit ist kein Beweis für Fakten und Wahrheiten. Durch Rechte und Pflichten geboten sein kann nur der Umgang damit, aber nicht die Fakten oder „Wahrheiten“ selbst. Man stelle sich einmal vor, im Bereich einer Universität würde erneut eine rassistische oder sonstig unkorrekte Wissenschaft erforscht werden. Da würden die gleichen Briefschreiber sich kaum mit gleicher Vehemenz für die ungestörte Freiheit dieser neuen „Forscher“ einsetzen. Das Wort „Balance“ von Frau Döring ist in sehr vielen Bereichen des Lebens und der Politik eine Art Zauberwort. Im Gegensatz dazu scheinen viele der bisher erlebten Kritiker einseitig und irreführend und mit Tunnelblicken kritisiert oder argumentiert zu haben, und mit fast nicht vorhandenen Elementen von auch Selbst-Kritik und Kritik gegen eigene Gruppen-Äußerungen. Insgesamt scheint mir nun eine Menge der öffentlichen Kritik an und Aufregung über Frau Döring sehr einseitig, befangen und aufgebauscht zu sein, eine Art Sturm im Wasserglas. Dabei haben wir so viel wirklich schlimme und gefährliche Dinge, die in der Welt passieren oder entstehen.
Peter Selmke

 


 

Leserbrief zu „Apotheke ohne Apotheker“ von Carla Neuhaus

Apotheke ohne Apotheker, falsch. Richtig: Apotheke ohne Apothekerin Denn wen trifft die Reform? Die große Gruppe der angestellten Apotheker. Diese sind zu mindestens 90% weiblich, oft familienverträglich in Teilzeit angestellt. Somit ist die Reform überaus frauen- und familienfeindlich. Die „größte Strukturreform seit 20Jahren“ falsch. Richtig: der größte Strukturumbruch seit der Trennung von Arzt-und Apothekerberuf vor 750 Jahren. „sichert flächendeckende Versorgung in Zeiten von Fachkräftemangel“ falsch. Richtig: Apothekerliche Aufgaben sollen von PtA übernommen werden. PtA ist der Fachkräftemangelberuf im Apothekenwesen. Keine Ausbildungsvergütung, PtA-Schule schulgeldpflichtig. „Kosten der GKV im Blick halten, daher angestellte Apotheker entlassen“ falsch. Ausgaben für Apotheken betrugen 2023 1,9% an den Gesamtausgaben der GKV. Wie groß genau ist das Einsparpotential durch Entlassung von angestellten Apothekerinnen, über deren Gehalt andere Akademiker mitleidig lächeln? Und: PtA, die noch verantwortungsvollere Aufgaben als bisher übernehmen sollen, müssen auch besser bezahlt werden als bisher). Wir alle, angefangen bei den Patienten bis hin zu den politischen Entscheidern, müssen uns klar werden: mit der Gesetzgebung wird unsere Zukunft gestaltet. Wie soll diese aussehen? Was ist uns wichtig? Wie möchten wir leben? Wo Fachkräfte fehlen, definieren, dass sie unnötig sind? Menschliche, persönliche soziale Kontakte an die KI abgeben? Gesundheit und Pflege noch mehr als bereits geschehen für kapitalistische Marktinteressen freigeben?
Werfen wir einen Blick nach Nordhessen, Jahr 5 nach Lauterbachs Reform: Ein heißer Nachmittag Mitte Juli. Frau K hat gerade mühsam ihren Rollator bis zum mit „Sozialer Dorftreffpunkt“ überschriebenen Platz vor dem seit längerem geschlossenen Lebensmittelgeschäft geschoben, wo der Arzneimittelausgabeautomat vor einem Jahr aufgestellt wurde. Auf dem Display ist in der gleißenden Sonne kaum etwas zu erkennen. Frau K gräbt eine passende Lesebrille aus ihrer Umhängetasche und seufzt. Dann drückt sie, wie ihre Enkelin es mit ihr geübt hat, den Menüknopf und wartet. Nach fünf Minuten, inzwischen fühlt sich Frau K in der Hitze schon sehr unwohl, erscheint in Rot: „Zurzeit kein Service möglich – versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal“. Genau wie gestern. Frau K packt die Brille wieder ein und macht sich langsam auf den Heimweg. Vor der Reform wäre sie bei dieser Hitze ohnehin zu Hause geblieben und hätte ihre Apotheke einfach mal angerufen. Die Apothekerin hat ihr immer zugehört und konnte ihr raten, was sie machen soll, wenn der Blutdruck mal wieder spinnt, so wie heute. Aber die Apothekerin macht jetzt etwas ganz anders. Nach ihrer Entlassung ist sie noch eine Zeit freiberuflich für eine große Drogeriekette von einer Arzneimittelausgabestelle zur nächsten gefahren. Aber das konnte sie dann nicht mehr, denn sie wollte die Kunden mit ihrem heilberuflichen Fachwissen beraten dürfen und nicht für den maximalen Gewinn die Eigenmarken der Kette verkaufen müssen. Jetzt hat sie als Quereinsteigerin eine neue Aufgabe gefunden: sie unterrichtet angehende Politiker in den Fächern rechnen und Soziale Verantwortung. Frau K drückt derweil zum dritten Mal in diesem Monat die Schnellwahltaste auf ihrem Handy und ruft den Notarzt.
Gertraude Wenz

 


 

Leserbrief zu „Dieser Roboter kann alles! …“ von Clemens J. Setz

Zum Thema „Dieser Roboter kann alles!“ möchte auf einen Verwandten vom Roboter Optimus von Elon Musk aufmerksam machen, den Roboter Optimus Prime. Er ist der Anführer der Autobots, die im Kampf mit den Decepticons liegen, die ebenfalls Roboter sind. Beide stammen vom Planeten Cybertron, wo sich das Leben einst in die Maschinen schlich. Aus Alltagsgeräten entwickelten sich die Autobots, aus der Militärtechnik erwuchsen die Decepticons, deren Kampf sie als Maschinen getarnt hier bei uns auf der Erde und in Comics weiterführen. Was Robotern so alles geschehen kann, zeigte im Kino der 1980er Jahre die Geschichte des Militärroboters „Number 5“, der aus unerklärlichen Gründen zum Leben und zur Freiheit erwacht. Allerdings ganz zum Ärger seiner Schöpfer, da er sich dann seiner eigentlichen Aufgabe, dem Kriegsdienst, entzog. Mit Blick auf die Satelliten und deren Schäden an unserer Atmosphäre sei ergänzt, dass sich auch vielleicht auch Magnesium-Legierungen dafür eignen könnten. Zumindest hat unsere Atmosphäre damit bereits Erfahrungen, da verglühende Meteoriten meist aus Sauerstoff, Magnesium und Silizium bestehen. Das Institute of Metals der Chinese Academy of Sciences hat eine Magnesium-Legierung bereits beim bemannten Raumflug Shenzhou 6 mit ins All geschickt, was Gewichtsvorteile brachte. Magnesium ist leichter als Aluminium und Stahl, was auch ein Grund ist, warum in China damit bereits LKW gebaut werden und früher auch der VW Käfer.
Der hat ursprünglich mal als Militärfahrzeug angefangen, wurde dann friedlich und schließlich sogar frei und selbstständig als „Herbie“ in der TV-Reihe „The Love Bug“. In San Francisco will das Start-Up Magratea aus San Francisco Magnesium als Leichtbau-Material wieder zum Leben erwecken, das man aus Meerwasser gewinnen wird. Auf diese scheinbar verrückte Idee kam das US-Unternehmen DOW bereits im letzten Jahrhundert, die dann im zweiten Weltkrieg mit staatlicher Förderung von 400 Millionen Dollar umgesetzt wurde, um auf Augenhöhe mit den leichteren Magnesium-Fliegern der Luftwaffe zu sein. Wie Bill McKibben in einem aktuellen Artikel im New Yorker berichtet, hat das Start-Up seinen Namen aus dem Buch „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams entnommen. Die Bewohner von Magrathea waren begnadete kommerzielle Planetenbauer, nicht bekannt ist allerdings, ob sie auch den Auftrag für Cybertron erhalten haben. Fest steht allerdings, dass sie einen gigantischen Computer in Form eines Planeten bauten, auf dem heute wir Menschen gemeinsam mit Optimus, Autobots, Decepticons und anderen Robotern aller Art leben.“
Johannes Eckert

 


 

Leserbrief zu „Bei Goebbels unterm Sofa“ von Katja Nicodemus

In der Rezension von Katja Nicodemus über den Film „Führer und Verführer“ ist zu lesen, dass der Vorspann mit den Worten beginnt, dass man die größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte aus der Nähe betrachten muss, um ihnen die Maske vom Gesicht zu reißen. In seinem Buch „Munich Playground“ tat der Reuters-Journalist Ernest R. Pope, der in den Jahren 1936 bis 1941 in München über den Aufstieg der NS-Größen berichtete, genau das. Er weilte unter verwirrten, korrupten und machtbesessenen Menschen, oft auch bei Partys mit leichtbekleideten Frauen, wie bei der „Nacht der Amazonen“ im Nymphenburger Schloss. Über den Alltag der NS-Diktatur erzählt auch der Germanist Hans-Dieter Schäfer anhand von Alltagsquellen in seinem Buch „Das gespaltene Bewußtsein“, herausgegeben von der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz. Zu seinem Erstaunen gab es in der perfekt durchorganisierten NS-Diktatur bis zum Jahr 1940 Hollywoodfilme, bis 1942 Coca-Cola und bis Kriegsende auch 1945 Swing-Musik zu hören. In der im Jahr 2009 neu aufgelegten Ausgabe erschien von ihm ein Nachwort mit dem Titel „Die Erfindung der ‚Stunde Null‘ und die fehlende Reaktion auf die Globalisierung“. Darin schreibt Hans-Dieter Schäfer auch über Ludwig Erhard und das Wirtschaftswunder nach dem Krieg, sowie dessen vorherige Tätigkeit in der NS-Zeit als wirtschaftlicher Berater in den besetzten Gebieten, unter anderem in Elsass-Lothringen und Polen. Das Buch „Herrenmenschen“ aus dem Jahr 2009 vom Historiker Markus Roth über die NS-Besatzungsherrschaft in Polen führt wie viele andere Geschichten aus dieser Zeit in tiefe Düsternis, die schon Ernest R. Pope in München heraufziehen sah.
Wertvoller und wichtiger sind für mich daher Geschichten, die von Leben und Licht aus dieser Zeit erzählen. Lina Haag trug die Liebe zu ihrem Mann, ein Kommunist wie sie, durch die NS-Zeit. Um ihn aus der Gefangenschaft zu befreien, sprach sie immer wieder in der Zentrale von Gestapo und SS vor, wo sie schließlich persönlich bei Heinrich Himmler, Reichsführer SS, um seine Freiheit bitten kann. Wie es ausgeht, hat die Süddeutsche Zeitung im Artikel „Die Lebensretterin“ und Lina Haag in ihren Erinnerungen „Eine Hand voll Staub“ aufgeschrieben. Lilo Günzler erzählt in ihrem Buch „Endlich reden“ über ihre Kindheit in Frankfurt als „Halbjüdin“ in der NS-Zeit. Die Mutter ist jüdisch, der Vater deutsch, ihr Bruder Helmut hat einen anderen Vater und ist „Volljude“. Der mutige Einsatz seines deutschen Stiefvaters rettete ihn zunächst vor der Verschleppung. Die Familie überlebt, auch Helmut fand nach seiner Schwester erstmals Worte für seine Geschichte, die ihn und seine Mutter nach Theresienstadt und dann wieder zurück nach Frankfurt und zur geliebten Eintracht führte. Die Ärztin Maria Weber rettete gemeinsam mit den in der Heilanstalt in Bayern tätigen „Usberger Schwestern“ in Stille die ihnen anvertrauten Kinder vor dem NS-Krankenmord, indem sie alle als „bildungsfähig“ ausgab.
Wie Christopher Gomer in seinem Beitrag im Jahresbericht 2021 des Fritz-Bauer Instituts an der Universität Frankfurt schreibt, wurde das Personal der NS-Krankenmorde, die in den Heilanstalten die ersten Gaskammern errichteten, später in Osteuropa eingesetzt. Wie sehr sich diese dunkle Geschichte bis ins heute zieht, zeigt die Beisetzung menschlicher Knochen auf dem Waldfriedhof Berlin-Dahlem im letzten März. Eingeladen hatte dazu die Freie Universität Berlin, die Max-Planck-Gesellschaft und das Landesdenkmalamt Berlin. Untersuchungen zeigten, dass diese Knochen anscheinend aus dem damaligen Kaiser-Wilhelm-Institut für menschliche Erblehre, Anthropologie und Eugenik stammen, der Vorgängerinstitution der Max-Planck-Gesellschaft. Die Leitung hatte der Arzt Professor Otmar von Verschuer, der zuvor an der Universität Frankfurt das im Jahr 1935 neu eingerichtete Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene bis 1942 leitete, wo sein späterer Mitarbeiter Josef Mengele seinen Doktortitel erwarb. Als ich das Frankfurter Universitätspräsidium im Zusammenhang des Stadt-weiten Gedenkens im Jahr 2018 an die NS-Krankenmorde im Rahmen der Veranstaltung „Die Grauen Busse“ – Kinder in Hadamar nannten diese „Mordkiste“ – auf das Fehlen des genannten Universitäts-Instituts auf der offiziellen Webseite zur Historie hinwies, erhielt ich die Antwort, dass ein technisches Problem das Update des Textes erschwert. Im letzten Sommer folgte vom neuen Präsidium der Hinweis, das man weiter daran arbeitet, die Webseite zu aktualisieren, was bis zum heutigen Tag noch nicht gelungen ist. Da diese deutsche Geschichte wohl nicht so einfach zu ihrem Ende kommen will, wäre ich froh, wenn wir uns in der Zwischenzeit weniger „Führer und Verführer“ widmen, sondern Geschichten des Lebens, wie von den hier genannten mutigen Frauen. Diese können nicht nur aus dem Dunkel der Vergangenheit herausführen, sondern uns auch weiter im Hier und Jetzt immer wieder aufs Neue mit ihrer Lebendigkeit und Tatkraft begleiten.
Johannes Eckert

 


 

Leserbrief zu „Mon amour“ von Rebecca Casati et al.

Douce France, je t’aime (aussi), moi non plus! Ich liebe Frankreich vor allem wegen der guten Rock- und Popmusik. Téléphones „Un autre monde“ war Mitte der 80er ausschlaggebend, dass ich die Sprache erlernt habe. Indochine und Jean-Jacques Goldman gehören zu meinen Lieblingskünstlern. „Hey Bro“ von Éloiz ist für mich der Sommerhit des Jahres, auch wenn das Lied in Frankreich schon letztes Jahr erschienen ist. Nach der EM ist vor den Spielen und endlich mal sind die Ringe in Paris bunt! (Wobei es bei der ersten Austragung noch keine Olympischen Ringe gab.) Herr Weidermann behauptet, Beate und Serge Klarsfeld hätten sich dafür ausgesprochen, die französische Linke um Mélenchon wegen dessen Antisemitismus nicht zu wählen. Das ist nur die halbe Wahrheit: Die Klarsfelds haben empfohlen, den Rassemblement National zu wählen (https://www.fr.de/politik/waehlen-frankreich-wahl-nazi-jaegerin-klarsfeld-will-im-notfall-le-pen-zr-93143890.html). Wer die Gelegenheit hat, die beiden zu ohrfeigen, sollte das, auch in meinem Auftrag, tun.
Thomas Manthey

 


 

Leserbrief zu „Was ich gern früher gewusst hätte“ von Ian Gillan

Damals im Musikunterricht stand auch das „Concerto for Group and Orchestra“ von Deep Purple, vielleicht nicht gerade auf dem Lehrplan, aber wir durften uns trotzdem in diese LP hinein hören und drüber sprechen. Unser Musiklehrer der Realschule war nicht gerade ein Fan von Rockmusik und gerade deshalb gab es viel Applaus für seinen großen (Über)Mut. Einer meiner ersten Kontakte mit „Deep Purple“, das war damals im Jahr 1968, als ihr Song „Hush“, in den Staaten gerade in die Top 10 der Single-Hit-Parade gekommen ist. Joe South (1940-2012) ein amerikanischer Liedermacher und Musiker hatte dieses Lied verfasst, vielleicht kennt noch jemand seinen Hit „Games people play“ aus dem Jahr 1969. In der deutschen Übersetzung von „Hush“ heißt es: „Ihre Liebe ist wie Treibsand, sie brauchte mich nur einmal zu berühren, um mich umzuhauen und schon stecke ich so tief drin, dass ich weder essen noch schlafen kann. Hör mal, still, still, ich dachte, ich hörte sie gerade meinen Namen rufen.“ „Wenn du glaubst, dass die anderen schuld sind, könnte der Fehler auch bei dir liegen“, diesen Satz von Ian Gillan, den sollten sich nicht nur die Politiker ganz dick hinter die Ohren schreiben. „Was ich gern früher gewusst hätte“, das ist für mich immer ein großes Lesevergnügen ganz, ganz hinten im ZEITMAGAZIN.
Klaus P. Jaworek

 


 

Leserbrief zu „Ich nenne es die Zombietheorie“. Gespräch mit Rodica Damian geführt von Wenke Husmann

Der Korrelationskoeffizient besagt üblicherweise
nahe der Zahl 1 → starke positive Korrelation,
z. B.: Größere Personen haben ein höheres Gewicht.
nahe der Zahl -1 → starke negative Korrelation
z. B.: Größere Personen haben ein geringeres Gewicht.
nahe der Zahl 0 → Es besteht kaum ein Zusammenhang zwischen den Variablen Größe und Gewicht.
Bei einem Korrelationskoeffizient von >/= 0,95 spricht man auch von „strammer“ Korrelation. Da entsteht die Vermutung für einen ursächlichen Zusammenhang, den man aber untersuchen, erklären muss. Was soll das nun heißen? In der Psychologie bestehe mit 0,2 eine starke Korrelation in Bezug auf die Geburtenfolge??? Es geht um die Disposition von Erst- Mittel- (Sandwich) und später geborenen Kindern. Festgestellt wäre nur eine Korrelation von 0,02. Das wäre natürlich absolut null – also kein Zusammenhang. Nach welchem Korrelationsbegriff arbeitet Rodica Damian überhaupt? Der Umgang mit der Statistik ist in der Psychologie (und auch in der Medizin) umstritten. Nach persönlichen Beobachtungen im Bekanntenkreis scheint die Reihenfolge bei Kindern doch eine Prägung erfahren: Der/die Älteste muss alles erstmal durchfechten, die Jüngsten haben es leichter usw. DIE ZEIT sollte im Teil „Wissen“ Pseudo-Thesen keinen Raum geben.
Gerhard Schroeder

 


 

Leserbrief zu „Die Kinder sollen unbedingt verstehen, was da draußen passiert“. Gespräch mit Tobias Krell, geführt von Elisabeth Raether

Ich finde dieses Gespräch zwischen Elisabeth Raether und Tobias Krell als völlig überflüssig, unnötig und gruselig, aber das ist eben meine ureigene Meinung. Selbst wenn ich noch Enkelkinder haben sollte, so würde ich diese, diesem sogenannten „Kinderexperten“ nie und nimmer anvertrauen. Wenn ich nur das überstrapazierte Wort Experte schon wahrnehme, dann muss ich mich echauffieren, dann sehe ich ganz dunkelrot, dann schäume ich vor Wut, dann könnte ich schier explodieren!
Riggi Schwarz

 


 

Leserbrief zu „Jetzt mal was anderes“ von Peter Dausend

Hübsch, die Idee des Autors entlang zahlreicher James-Bond-Filmtitel eine Geschichte des Niedergangs der ältesten Partei Deutschlands nachzuzeichnen und diese dann mit einem Fünkchen Hoffnung (kein Bond-Filmtitel) enden zu lassen. Das Zwischenhoch bei der letzten Bundestagswahl war jedoch lediglich dem unpassenden und verfrühten Lachen des Hauptgegners und des mutmaßlichen Betrugs (Plagiatsvorwürfe) der zweiten Gegnerin zu verdanken. Aber der Kanzler erweist sich eben nicht als Mann mit dem goldenen Colt und die Gegner sind mittlerweile in der Überzahl und kommen aus allen Richtungen. Unübersehbar. Bei dieser Geschichte kann am Ende möglicherweise das hoffnungsvolle ‚Sag niemals nie‘ stehen. Wahrscheinlicher erscheint mir aber, dass der Feuerball zu hart getroffen hat und die SPD bestenfalls als mittelgroße Partei überlebt, weil sie noch keine Zeit zu sterben hat.
Reiner Gorning

 


 

Leserbrief zur Infografik „Baut schon mal auf!“ von Tobias Beck (Infografik) und Hella Kemper (Recherche)

Auf o. g. Seite ist in der der „Info-Grafik: Zelte“ ist zu lesen, „In der zweiten Hälfte, der 1950er-Jahre … Beliebteste Ziele der Deutschen: Gardasee und Adria.“ Dazu, „3,5 Mio. Campingübernachtungen … an der schleswig-holsteinischen Ostsee … beliebteste Region vor Schwarzwald und niedersächsischer Ostsee.“ Sehr interessant! Danke für die Erinnerung.
Heiko Weiß

 


 

Leserbrief zu „Wir können ja auch ins Hotel“ von Clara Engelin (ZEIT im Osten)

mit Interesse habe ich Ihren Artikel gelesen. In den Kommentarspalten finden sich ja vielfältige Reaktionen. Ich würde gern auf ein historisches Detail eingehen, ohne als Besserwisser dastehen zu wollen; sehen Sie es mir nach. Zu DDR-Zeiten gab es nicht die Buchmesse als singuläres Ereignis. Zwei so genannten Universalmessen wurden im Herbst und im Frühjahr (Frühjahrsmesse, Herbstmesse) veranstaltet, wobei die Buchmesse nur ein Teil der Ausstellung im September war. Das haben Sie ganz richtig beschrieben: Als Kinder haben wir also zwei Mal im Jahr unsere Kinderzimmer räumen müssen, damit wir Messegäste für bis zu drei Wochen beherbergen konnten – und so das Familienbudget aufgebessert haben. Und das war schon ein Vorläufer von Airbnb, wenn Sie so wollen: Wir haben mit den Gästen (bei uns waren es Jugoslawen) oft zusammengesessen und bei viel Slivovic versucht uns zu unterhalten.
Wieland Petermann

 


 

Leserbrief zu „Das Ost-Quizz: Weshalb geht der MDR gerade juristisch gegen die Linkspartei vor?“ (ZEIT im Osten)

Weshalb geht der MDR gerade juristisch gegen die sächsische Linkspartei vor? Ist doch klar, es arbeiten genug hochbezahlte Wessis beim MDR, die ausreichend Zeit haben, gegen den Slogan der Linkspartei „In aller Freundschaft: Jede Klinik zählt“ vorzugehen. Über den Inhalt brauchen (oder können) die Juristen nicht nachdenken. Es gibt ja nichts Wichtigeres, als die Reste der Linkspartei anzugehen, egal aus welchem Grund. Es sind sicherlich die typischen MDR-Zuschauer dieser wichtigen Serie, die sich sehr über die Juristen des MDR freuen. Da sollte man doch mal googeln, wann diese wichtige Serie immer läuft.
Klaus Rozinat