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25. Juli 2024 – Ausgabe Nr. 32

 

Leserbriefe zu „Ich, für Deutschland kämpfen? Never!“ von Ole Nymoen

Ich, Jahrgang 1948, kenne noch den Spruch „Lieber rot als tot“. Damals ging es um den Kommunismus. Heute sind wir weiter. Worauf begründet sich die Annahme von Herr Nymoen, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung lieber unter der Scharia leben als im Kampf sterben will?
Reimar Schappach

Was für eine wirre, undifferenzierte und völlig geschichtsvergessene Argumentation, die wohl dem eigenen Egoismus einen rationalen Anstrich verleihen soll. Ohne die wehrhaften westlichen Demokratien wäre der Autor heute Bürger einer nationalsozialistischen Diktatur und zwangsverpflichteter Kämpfer im ewigen Kaukasus-Krieg. Aber vielleicht würde er lieber Bürger eines von Putin beherrschten Europas, das seine Unlust zu kämpfen allerdings auch nicht schätzen würde. Falls er jedoch lieber ganz ohne „Staat“, „Nation“ und „politische Herrschaft“ auskommen möchte, wäre Haiti zu empfehlen – leider auch ohne Überlebensgarantie für Kampfesmüde. Kleine Korrekturen: In modernen Kriegen stehen die Überlebenschancen für Soldaten oft höher als für Zivilisten; in der stalinistischen Sowjetunion sind nach dem Krieg mehr Menschen getötet worden als im Krieg. Zum Abschluss: Was bezweckt DIE ZEIT mit dem Abdruck solch unqualifizierter Meinungsergüsse?
Andreas Goletz-de Ruffray

Dieser Artikel ist kein Diskussionsbeitrag, sondern der unfreiwillige Offenbarungseid einer Generation, die in falschem oder falsch verstandenem Antifaschismus die Entschuldigung zu finden glaubt für totale Bequemlichkeit und Resignation. Man wird dieses Piece mit Sicherheit in Moskau, möglicherweise auch in Peking und vielleicht sogar in Teheran begeistert zur Kenntnis nehmen. Gute Nacht, Europa.
Alexander Wachter

So viel vorsätzliche Ignoranz. Man fragt sich, wo Herr Nymoen lebt. „Zufälligerweise“ in einem demokratischen Rechtsstaat, als dessen „Untertan“ er sich jedoch betrachtet. Ob er wohl mal wenigstens ein kleines bisschen darüber nachgedacht hat, was diesen von einer Diktatur wie Putins Russland unterscheidet? Und unter welcher „Herrschaft“ er lieber leben möchte? Oder ist ihm das gleich, macht das für ihn keinen Unterschied? Er scheint gar nicht begreifen zu wollen, was für ein unfassbares und genau deshalb verteidigenswertes Glück es ist, „zufälligerweise“ in Deutschland geboren zu sein statt beispielsweise in Russland. Es geht nicht um Nationalismus, nicht um Sicherheit, sondern um Freiheit. Ich würde mich jedenfalls fragen, WAS für ein Leben ich noch vor mir habe, wenn ich nicht kämpfe. Und ich würde nicht „irgendetwas verteidigen“, sondern meine und unsere Art, in Freiheit zu leben, die so aber – und das ganz und gar nicht „zufälligerweise“ – eben nur in einem demokratischen Rechtsstaat möglich ist, und nicht in einer Diktatur.
Heinz Wohner

Nach Lektüre der Begründungen kann man Ihre Abneigung und Ablehnung von militärischen Einsätzen zunächst gut nachvollziehen. Aber was soll daraus folgen? Dürfen nur ganz ideale völlig gerechte Staaten sich — auch — mit wehrpflichtigen gegen brutale Angriffe und Fremdherrschaft oder auch gegen eine solche wehren, die durch Bürgerkrieg und sonstige Gewalt eine Terrorherrschaft begründen will, um ihre Macht zu erweitern und/oder stabilisieren oder verlängern? Hätten dann auch die westlichen demokratischen Anti-Hitler-Staaten keinen Krieg gegen diesen gar noch mit wehrpflichtigen führen dürfen, weil es bei ihnen allen auch Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten und durch Kapital beeinflusste Regierungen und Systeme gab? (Bei Stalin stellte sich diese Frage kaum, weil jemand mit ihrem Text sofort im Gulag verschwunden wäre.) Wollen wirklich alle Politiker gleichermaßen (oder die, die für eine notfalls auch militärische Verteidigung der Freiheit und Demokratie sind) Sie und andere junge Menschen in schlecht bezahlte unbefriedigende Jobs stecken? Könnten sie immer anders, wenn sie wollten, oder ist das auch Folge von gesellschaftlichen Verteilungskämpfen und teils Erpressungen durch Unternehmenseigner, mächtigen Gewerkschaften höher bezahlter, internationalem Wettbewerb mit noch viel schlimmer ausbeutenden Arbeitsbedingungen und bitterer Erfahrungen mit kommunistischen Systemen? Und gibt es nur politische und gesellschaftliche Schuld an jeglicher Ungleichheit oder gibt es auch Wirksamkeit und Folgen eigener ggf. fehlender Verantwortungsübernahme und Selbstwirksamkeit?
Meinen Sie, es werden von großen Teilen der Politik wirklich alle jungen Menschen als „nur Faulenzer und Weicheier“ tituliert, oder sind das vielleicht Verzerrte, verkürzte und verdrehte Wiedergaben von Kritiken und nur für Teile der Jungen Menschen und vielleicht auch nicht so jungen gemeint? Ich selbst kenne auch sehr gemeinsinnige und fleißige junge Menschen und auch alte, die sich vorzeitig ohne gesundheitliche Beeinträchtigung in die Rente oder Pension verabschieden, egal, was für eine Lücke sie in der gesamten Gesellschaft und den Steuereinnahmen auch für Soziales und Zukunft hinterlassen. Ist jede Durchsetzung von Arbeits-Bedingungen, im „Einklang mit dem eigenen Wohlbefinden“ immer legitim, oder kann das im Fall von Maßlosigkeit auch eigene Sonder-rechte über andere bedeuten und/oder das Wohlbefinden anderer Menschen in der Gegenwart und/oder Zukunft beeinträchtigen oder im prekären Zustand lassen, wie es derzeit und mit Ausscheiden der Baby-Boomer zunehmend schon im Pflegebereich und in vielen anderen Mangelberufen zu erleben ist? Klar sollten die Wohlhabenden und Reichen dafür viel mehr Anteile tragen, die aber, wenn man es übertreibt, die Kosten über die Preise an die Allgemeinheit sogar abwälzen müssen, oder aber im Internat. Wettbewerb unterliegen und schlimmstenfalls in Konkurs gehen. Und diejenigen, die es könnten, haben leider, leider große Erpressungs- und Manipulations-Macht haben u.a. durch die Drohung der Verlagerung ins Ausland, wo allzu viele Steuerparasiten und entsprechende Anwaltskanzleien auf sie warten. Und auch auf besser bezahlte Spezialisten, die leicht woanders Jobs finden und die nicht alle durch das Gemeinwohl motiviert arbeiten, sind wir angewiesen.
Und darf eigenes Engagement für Gemeinwohl erst dann erwartet werden, wenn auch alle anderen und das ganze System völlig gut sind, oder wenn alle, die auch davon profitieren, es auch verdient haben? Mit dieser Bedingung hat fast jeder für die Ewigkeit eine bequeme Ausrede, sich selbst aus aller irgendwie anstrengenden Solidarität zu verabschieden. Zum Glück gab es z.B. in der Ahrtal-Katastrophe und bei der Ostsee-Flut und anderem immer wieder auch sehr junge Menschen, die auch in einem „schlechten System“ sich nicht zu schade waren, anzupacken, sich die Hände schmutzig zu machen und sogar Gefahren in Kauf zu nehmen, selbst ganz ohne Bezahlung, von „gerechter Entlohnung“ wie alle Besserverdienenden ganz zu schweigen. Ein Baggerfahrer in der Ahrflut hat sein Leben riskiert, um einen Damm und ein großes Wasserreservoir zu stabilisieren. Sie alle haben sich nicht verweigert, weil vielleicht auch ganz egoistische, scheinheilige oder schlechte Menschen auch von ihrem Einsatz profitiert haben. Sie haben nur an die Nöte und an das Gute der dortigen Menschen gedacht, und nicht gegrübelt, ob die ganzen Opfer vielleicht eine Zumutung zugunsten auch sehr schlechter sein würden.
In der Ukraine kann man vielfach erleben, dass heutzutage oft weit mehr als die Ehre sogar bei Teilniederlagen verloren ist, auch bei solchen, die überhaupt nicht gekämpft haben. Auch bei ihnen gingen Leben, Gesundheit, sexuelle Unversehrtheit, Freiheit, Wohnung oder Heimat verloren, Kinder gingen durch Verschleppung der Familie verloren und ihnen selbst die Eltern und Freunde. Das treibt die ukrainischen Soldaten an, nicht etwa die Politiker, die Unternehmer, die teils immer noch korrupten Beamten. Sogar ein deutscher Familienvater, der die Ukrainer als sehr freundlich erlebt und Bindungen zu ihnen aufgebaut hatte, hat, um ihnen zu helfen und sie nicht allein im Stich zu lassen, sich freiwillig in die dortige Armee eingereiht, obwohl es auch dort wohl noch lange auch Korruption und sonstige Ungerechtigkeiten gibt. Natürlich gibt es Kriege, wo eine Fremdherrschaft nicht schlimmer oder gar besser sein kann als die eigene vorherige Landesführung. Das sind aber meist Diktaturen oder sehr korrupte oder sonstwie sehr schlechte Demokratien. Aber um in Deutschland auch nur anzukommen und zu leben, riskieren viele tausende auf der Welt ihr Leben. Und diese unsere natürlich auch nicht perfekte Demokratie soll nichts wert sein, schon gar keine Risiken sie zu verteidigen? Es stirbt auch nicht, wie Sie unterschwellig suggerieren, jeder Soldat, schon gar nicht, wenn es genug und genug ausgestattet sind zur Abschreckung, so dass ein Krieg gar nicht erst beginnt. Und im Fall des Falles kämpfen auch deutsche Soldaten nicht für die jeweilige Regierung und deren System, sondern für die Demokratie und Leben und (natürlich nicht maßlose) Freiheit aller in ihr, auch derer, die sich nicht selbst verteidigen können. Sie würden für Ihren Text sicherlich viele „Likes“, Follower und vielleicht auch Werbeeinnahmen im Internet erhalten. Aber das gelingt auch Populisten, Desinformatoren, russischen Trollen, Kriminellen und Hassern unseres zugegebenermaßen unbefriedigenden Systems (mit dem auch ich vielfach unzufrieden bin). Aber vergleichen wir unser Land doch nicht mit einem perfekten Staat im Himmel, sondern mit den real existierenden sonstigen Staaten auf dieser Welt. Und schauen wir dabei nicht nur auf das Schlechte in unserem Land und seiner Politik, sondern auch auf alle, die mit ihrer Freundlichkeit, ihrem Prosozialen Engagement, ihrem Gemeinsinn, ihrer Kreativität, ihren kleinen Kindern uns zeigen, was unser Leben reicher macht.
Peter Selmke

Bravo! Wenn so ein Artikel geschrieben werden kann und veröffentlicht wird, kann es um die Meinungsfreiheit und Demokratie nicht so schlecht bestellt sein, wie oft gemunkelt wird. Hoffentlich passiert dem Autor nichts. Zum Leben gibt es keine Alternative. Den Spruch „lieber tot als rot“ konnte ich nie etwas abgewinnen.
Bruno Becker

Was den Stellvertreterkrieg in der Ukraine betrifft, stimme ich ihnen uneingeschränkt zu. Es geht hier nicht um Freiheit, Menschenrechte oder das Völkerrecht. Es geht um Wirtschaftsinteressen (z.B. Fracking und großflächiger Einsatz von Glyphosat) und darum Russland einzudämmen (das erklärte Kriegsziel der USA!) und dafür sollte kein einziger Mensch sterben! Schlimm genug, dass mit deutschen Waffen auch (versehentlich?) Frauen und Kinder getötet werden. Anders sieht es aus, wenn man totalitäre Staaten wie Saudi-Arabien in die Betrachtung einbezieht. Da möchte ich schon sicher sei, dass mein Enkelkind nicht als unterdrückte, versklavte Frau aufwächst. Also bitte Waffen zum Schutz und zur Verteidigung unseres Hoheitsgebietes, aber keine Mittelstreckenraketen mit Atombomben die Moskau in Schutt und Asche legen können. Anm.: Dass die von Pazifisten gegründete Friedenspartei mit Habeck als Kriegsdienstverweigerer jetzt Lobbyarbeit für die Waffenindustrie betreibt und dass die EU-Waffen an Saudi-Arabien liefert ist pervers und macht mich sprachlos.
Manfred Stauss

Selten wurde mir ein derartig pseudo-intellektueller Mist zugemutet. Für die Verteidigung von Mitbürgern vom Typ Ole Nymoen würde ich in der Tat auch keinen Finger rühren wollen und es auch sonst niemandem empfehlen.
Gebhard Boddin

Herr Nymoen ist genau der Typ eines Europäers, den sich ein Autokrat wie Putin nur wünschen kann. Vom Wohlstand und Frieden verwöhnt, nicht wissend, woher der Frieden kommt und wer ihn und mit welchen Mitteln bisher garantiert hat. Herr Nymoen verhöhnt mit seinen philosophischen Klimmzügen die Opfer des zweiten Weltkriegs, denen wir unseren Frieden und Wohlstand verdanken! Er versteht auch nicht, dass es genau darum geht, dass bei uns niemand im Krieg sterben soll, wenn es uns gelingt einen Aggressor davon abzuhalten uns anzugreifen. Er kann sich so ein Szenario gar nicht vorstellen! Es gehört also eine erhebliche Portion Realitätsverlust und Naivität dazu, eine solche Haltung zu vertreten, obwohl er nur nach Osten blicken muss oder auch die Geschichtsbücher öffnen kann!
Martin Krivacek

Ich habe so den Eindruck, dass der Autor nicht so ganz im Sozialkundeunterricht aufgepasst hat, sollte er einen solchen überhaupt erhalten haben. Auch sein Verständnis von Staat als Herrschaft gegenüber dem Einzelnen lässt mich daran zweifeln, dass er weiß, dass wir in einer Demokratie leben. Er verteidigt ja nicht, wie er meint, die bestehende Herrschaft, sondern die Werte, die ein Staat verkörpert wie z. B. Menschenrechte und Rechtssicherheit VOR dem Staat. Richtig abstrus wird es, wenn er einfach unterstellt, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung lieber unter fremder Herrschaft leben will als zu sterben. Das ist genau die Haltung, die solche Unrechtsregime erst möglich macht, was wir aus eigener unseliger Erfahrung zur Genüge kennen. Ich glaube, er wäre einer der Ersten der laut aufschreien würde, wenn sein Freund nachts von Schergen eines Fremdregimes einfach verschleppt werden würde und nie mehr auftauchte. In den 80er Jahren war ich zu Zeiten des kalten Krieges Zeitsoldat und hätte ohne zu zögern mein Land und dessen Werte verteidigt und würde dies auch noch heute tun. Sein Artikel zeugt von einer selbstgefälligen Haltung, die zwar die Annehmlichkeiten des Staatswesens, in dem er lebt, gerne in Anspruch nimmt aber nicht dafür bereit ist eine Gegenleistung zu erbringen. Für uns als Gemeinschaft kann ich nur hoffen, dass die meisten jungen Leute den Wert unserer Gesellschaftsform, mit allen ihren Schwächen, zu würdigen wissen und auch dafür eintreten, im schlimmsten Falle auch mit ihrem Leben. Ich könnte noch weitere Argumente anführen, will mich aber auf die obigen Zeilen beschränken und hoffe, dass sich einer ihrer Journalisten des Themas in einem Artikel annimmt.
Harald Lutz

Wie konnte ein solches Pamphlet in der ZEIT erscheinen? Hat hier ein russischer Bot die Feder geführt? Sollte eine extreme Trittbrettfahrer-Meinung, die es sicher auch gibt, aber hoffentlich nicht zu sehr verbreitet ist, im Original zu Wort kommen, quasi als Aufreger? Verquaste Ansichten über den Staat („diesen Staat“), staatliche Herrschaft („die Interessen der Bürger und ihres Staates fallen also auseinander“, „diktatorische und demokratische Staaten … gar nicht mehr so unähnlich“ usw.) und Freiheit (für fast gar nichts zu kämpfen bereit; Frage: für was wäre er denn zu kämpfen bereit?) offenbaren einen eklatanten Mangel an Einsicht in die Bedingung seiner Existenz. Leider werden andere im Fall der Fälle auch für solche Egoisten den Kopf hinhalten, wenn uns an der (richtig verstandenen) Freiheit etwas liegt.
Wolfram Jäckel

Ich habe selbst in den 1990er Jahren noch den Wehrdienst an der Waffe verweigert, und stattdessen Zivildienst geleistet. Ich kann Ole Nymoen in vielem nur zustimmen. Allerdings muss man heute auch mögliche Konsequenzen bedenken: Putin könnte die USA aus Europa vertreiben. Nato und EU werden aufgelöst, Ramstein wird eine russische Militärbasis, und wir werden alle in einem großen Belarus leben, im Einflussbereich von Moskau. Nicht nur Events wie der Christopher Street Day in Köln werden dann Geschichte sein.
Sigurd Hoffmann

Auch ein sogenannter „Influencer“ lebt nicht allein auf einer einsamen Insel, sonst könnte er seinem Beruf nicht nachgehen. Er lebt innerhalb einer Gemeinschaft, deren Regeln ihm Recht, Sicherheit und ein Leben in Freiheit geben. Diese Gemeinschaft muss nicht die Form eines Staates haben, sie kann als Dorf-, Schicksals- oder Lebensgemeinschaft verstanden werden. Wer die Vorteile einer Gemeinschaft genießen will, sollte auch deren Ansprüche annehmen. Sofern die Gemeinschaft von außen attackiert wird, möglicherweise mit dem Ziel, die in der Gemeinschaft geltenden Regeln abzuschaffen, gilt es, die Gemeinschaft und deren Werte zu verteidigen. Nur nehmen, ohne auch zu geben mag en vogue sein, bedeutet jedoch den Untergang aller Wertegemeinschaften. Das schreibt ein 75jährigen Mensch, der sich selbst als durch und durch harmonisch veranlagt und Auseinandersetzungen aus dem Weg gehend bezeichnet würde und trotzdem die Gemeinschaft verteidigen würde, welche ihm ein solch glückliches Leben überhaupt erst ermöglicht hat.
Klaus Mairhöfer

Ich nehme einmal das „Deutschland“ aus dem Titel genauso wenig konkret wie der Autor und ersetze ihn mit „ein gutes, selbstbestimmtes Leben“. Dann stellt sich mir die Frage, ob der Autor diese Frage weiterhin mit „NEVER!“ beantwortet und damit öffentlich bekannt gibt, wie wenig ihm sein Lebensinhalt (und der seiner Lieben?) Wert ist. Auch wenn wir hier nicht (mehr) auf dem Schulhof sind und der am lautesten schreiende für heute der „Bestimmer“ ist, so sind leider die Gleichnisse im „Großen“ viel umfangreicher und schmerzlicher. Wer sein Dasein selbst einmal einem diktatorischen Regime unterstellt hatte, ist sich des Wertes eines Lebens in Freiheitlicher Demokratie wahrscheinlich bewusster und daher auch bereit, dieses, wenn nötig, auch zu verteidigen.
Steffen Brückner

Jahrgang 1948 trifft Jahrgang 2008 und fragt sich, was uns verbinden könnte, was uns trennt. Gemeinsam ist uns wohl die Abneigung gegen ein instrumentell verwendetes Nationalbewusstsein und ein nationales Wir, das exklusiv verstanden wird. Wir teilen vermutlich den Wunsch nach Selbstbestimmung und persönlicher Souveränität. Das war es aber auch schon. Soziales Engagement wird von Jahrgang 2008 deshalb abgelehnt, weil es von der falschen Seite befürwortet wird? Sicherheit vor Fremdherrschaft ist Schutz der eigenen Herrschaft? Lieber das eigene Leben retten, lieber unter fremder Herrschaft leben, als für die eigene Freiheit, Souveränität eintreten? Herrschaft, Staat versus Bürger, Beherrschte. Darauf lässt sich alles reduzieren? So etwas wie Gesellschaft, Community, menschliches Wir, soziales Miteinander kommt nicht vor. Nur das Ich als Opfer staatlicher Herrschaft und eines nationalistischen Weltbilds. Diktatorische und demokratische Staaten verbindet ein „instrumentelles Verhältnis zu den eigenen Untertanen“? Hat Jahrgang 2008 von sich und mir wirklich als Untertanen gesprochen? Spätestens da wird mir, dem Jahrgang 1948, ganz schlecht und ich muss, leider, feststellen, dass uns mehr als 50 Lebensjahre trennen.
Karl Giebeler

Der Artikel hat mir die Augen geöffnet. Nie zuvor wurde mir so klar und verständlich dargelegt, warum es in Diktaturen und Autokratien immer so viele Mitläufer gab und gibt. Und Eines ist für mich klar: Wenn solche Mitläufer den Autokraten erst zur Mehrheit verholfen haben, werden sie die Gelegenheit bekommen, festzustellen, dass auch Ihr Leben und ihre Freiheit – z.B. die, nicht Soldat werden zu müssen – deutlich eingeschränkt werden. Bleibt gesund!
Bernhard Bohne

Dass Ole Nymoen in der radikalen Verichlichung seiner Existenz letztendlich die Solidargemeinschaft unseres Landes negiert – geschenkt. Ich nehme an, er verzichtet auch auf sämtliche sozialen Errungenschaften wie Renten- und Krankenversicherung sowie staatliche Dienste wie Feuerwehr und Polizei. Aber was gedenkt der Autor eigentlich zu tun, wenn das Böse über unser Land herfällt und auch den schlauen Herrn Nymoen nicht verschont, weil er dem Bösen auf Grund seiner Wesenheit einfach nicht in den Kram passt? Ich empfehle Ole Nymoen dazu ein Gespräch mit z.B. Juden, Sinti, Roma, Homosexuellen sowie weiteren Minderheiten jeglicher Couleur. Vielleicht erkennt er dann, was genau zu verteidigen wäre.
Kurt Eimers

In dem gesamten Artikel kommt das Wort „Freiheit“ kein einziges Mal vor. Ist sie so selbstverständlich oder so wertlos?
Philipp Dittrich

Herrliche ZEITEN, wo sich ein nach eigenem Selbstverständnis Podcaster und Autor, Egoshooter und Egomane hat er anzugeben vergessen, darüber auslassen darf, dass der Staat als Serviceeinheit allenfalls zu liefern, von ihm aber nichts zu verlangen hat. Nach einer Aufzählung seiner Beschwernisse im bürgerlichen Leben, niedrigen Lohnabschlüssen und hohen Mieten etwa, lässt er uns wissen, dass es jetzt reicht. Die Frage, wofür er zu kämpfen bereit wäre, wird kurz und bündig beantwortet: Für sein Land ganz sicher nicht. Ein sympathischer Kerl. Mit solchen Exemplaren möchte man gern das Rettungsboot teilen.
Wolfgang Meier-Rudolph

Herrscher? Beherrschte? Untertanen? In welchem Land lebt Herr Nymoen? Sicher nicht in der Bundesrepublik Deutschland! Natürlich möchte niemand im Krieg sterben. Aber selbstbestimmte Demokraten wollen auch nicht unter einer aufgezwungenen Fremdherrschaft leben. Damit dies nicht geschieht, ist es leider notwendig, eventuelle Aggressoren durch Wehrhaftigkeit abzuschrecken.
Inga Hänsel-Nell

Wunderbar der Artikel auch, wenn der „Spaß beim Lesen“ im Hals stecken bleibt. Wer redet heute noch von „Schwerter zu Pflugscharen“, wer kennt noch den Aufruf nach dem großen Krieg, das Mahnmal, das heute im Garten der UNO steht. Bitte Fortsetzung mit der Beschreibung von Leid und Elend eines jeden Krieges, dazu eine Bilanz mit allem Drum und Dran, vom Rohstoff bis zur Drohne, von Zerstörung und Schäden für den ganzen Globus mit allem, was darauf lebt und leben möchte. Ressourcen und Klimaschäden nicht vergessen.
Peter Bertzbach

Dieser sehr intelligent geschriebene Text klingt verführerisch, für manchen vielleicht sogar überzeugend. Natürlich lässt sich zum Thema „Pflichtdienst für junge Menschen“, in welcher Form auch immer, noch manches Argument anführen. Das ist bekanntlich noch alles nicht zu Ende diskutiert. Bedenklich ist aber besonders der Tenor des Verständnisses unseres Gemeinwesens und der Errungenschaften unseres demokratisch verfassten Staates. Zwischen dem Staat und seinen Bürgern wird ein Gegensatz aufgebaut, obwohl doch der demokratische Staat ohne seine mitwirkenden Bürger nicht funktionieren würde. Das gemeinsame Sicherheitsbedürfnis wird als „Fiktion“ bezeichnet Es wird als Zumutung empfunden, sich für dieses Gemeinwesen persönlich einzusetzen, obwohl wir doch alle in mehr oder weniger großem Maße von einem funktionierenden Gemeinwesen profitieren. Der Autor sicherlich auch. In dem der Autor auf die selbst gestellte Frage, wofür er bereit wäre zu kämpfen antwortet: „dann muss ich ehrlich sein: für fast nichts“, ist das für einen jungen Menschen, der seine Zukunft noch vor sich hat, eine bedenkliche Haltung. Man ist versucht, diese als „nihilistisch“ zu bezeichnen. Vor allem ist diese Haltung für all die jungen Menschen, die sich in unserem Gemeinwesen verdienstvoll engagieren, ein Schlag ins Gesicht. Das aber, kann nicht akzeptiert werden.
Georg Dittrich

Die Überschrift Ihres Artikels hat mich neugierig gemacht auf die Begründung dieser verständlichen Haltung. Auf halber Strecke haben mich die vielen Verallgemeinerungen gestört. Ich habe ihn aber zu Ende gelesen, weil ich auf der Suche nach einem bestimmten Wort und Aspekt war. Im Zusammenhang mit der Diskussion von „Sicherheit“ habe ich in der Vergangenheit weniger „Herrschaft“ wahrgenommen, sondern „Freiheit“. Kam in Ihren Gedanken nicht vor. Ich hatte vor mehr als 35 Jahren die Freiheit genutzt, die Sie im Wesentlichen auch haben: Ich habe den Kriegsdienst verweigert. In einem autokratischen System wie Russland haben sie diese Freiheit auch. Nur um einen sehr viel höheren Preis. Sie haben auch die Freiheit, einen Artikel wie Ihren gegen die herrschende Regierung und politische Kaste zu veröffentlichen. Vermutlich zahlen Sie aber mittelfristig dafür den Preis, den sie für Deutschland oder Europa nicht bezahlen möchten – Ihr Leben. Ich habe zwei Kinder in Ihrem Alter. Deshalb würde ich mittlerweile als ehemaliger Kriegsdienstverweigerer im Fall eines Krieges gegen Deutschland mein Leben riskieren. Um die Freiheit der (geäußerten) Gedanken meiner Kinder zu schützen. Und Ihre gleich mit, auch wenn ich Ihre Argumentation nicht teile.
Udo Reuther

Beim Lesen des Feuilleton-Beitrags von Ole Nymoen schaue ich automatisch oben nach: Nein, die Ausgabe ist nicht von 1983. Sie ist wirklich vom 25. Juli 2024. (Und Brecht hat seine Mutter Courage auch nicht gestern geschrieben, sondern 1938, also in einer Zeit, als Deutschland kriegsbesoffen einen großen Angriffskrieg vorbereitete.) Ole Nymoen ist ein typischer Deutscher – was er nicht gerne hören wird, denn „für Deutschland zu kämpfen“, das lehnt er doch genauso ab wie jeder ehrliche APO-Student 1968. Warum dann also typisch? Wie wir alle ist er Bürger eines Landes, das nie von einem anderen Staat überfallen wurde. Das lieber selbst andere überfiel, dies aber gründlich. Das nun der ganzen Welt unbedingt jeden Tag mitteilen will, was es selbst endlich begriffen hat: Krieg ist böse. Dies ist auch die Erkenntnis, die Ole Nymoen uns wortreich mitteilt: Krieg ist böse, (und Kriegsherren beuten uns im Krieg noch mehr aus als im Frieden). Wie bitte? Das hätten wir ja nie gedacht! Und er hat auch bereits jetzt begriffen, dass die Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg ein großes Glück für uns war. Schön. Auf einer ganzen ZEIT-Seite schafft er es, das Problem der Ukraine nicht einmal beim Namen zu nennen. Ukrainerinnen und Ukrainer kämpfen nämlich nicht nur für ihr Land. Das auch, nachdem sie durch einen Angriff mit ungeheuerlichster Brutalität dazu gezwungen wurden. Aber sie kämpfen gegen etwas. Ole Nymoen kämpft auch gegen etwas, mit Worten. Gegen Ausbeutung. Da er ein braver Linker ist, schont er Russland. Er erwähnt das dortige ausbeuterische und maximal brutale Herrschaftssystem mit keinem Wort. Ich bin ziemlich sicher, dass er darüber auch kaum etwas weiß. Den Milliardär Putin, der seine Bevölkerung im Dreck leben lässt, soweit er sie nicht als „Fleisch“ an die Front wirft, erwähnt der Kapitalismuskritiker Ole Nymoen einmal in einem Satz, in dem er den russischen Machthaber implizit rechtfertigt. Denn, so weiß Ole Nymoen ganz genau, in der Ukraine gebe es einen „beträchtlichen Teil der Bevölkerung“, die lieber unter fremder Herrschaft leben als im Kampf sterben will.
Ole Nymoen lebt wie alle Deutschen in dem Luxus, sich nicht entscheiden zu müssen. Was tue ich, wenn folternde Soldaten mein Dorf, meine Stadt besetzen? Nachdem sie sie zerstört haben? Wann komme ich, ein ukrainischer Zivilist, aus meinem Keller heraus? Entscheide ich mich für Verdursten oder Ersticken unter den Ruinen meines Ortes oder für das Verschlepptwerden in einen Folterkeller? Wird es reichen, einen russischen Pass anzunehmen und kein Wort Ukrainisch mehr zu sprechen, oder werde ich auch noch von den Russen gegen mein eigenes Land eingezogen? Darf ich meine ermordete Frau und die Kinder, nachdem ich bei ihrer Vergewaltigung zusehen musste, im Garten begraben, oder erwischt es mich dann auch? Über all dies schweigt Ole Nymoen vornehm. Er möchte auch nicht darüber sprechen, dass Russland − entgegen den Grundsätzen jeder Zivilisation spätestens seit der Gründung des Roten Kreuzes − immer wieder ganz gezielt auf Feuerwehrleute, Ersthelfer, Notärzte und alle schießt, die Verwundete bergen wollen. Er verharrt in einer Geisteshaltung, die ich aus den 1970er, 1980er Jahren noch gut kenne und damals selbst geteilt habe: „Die Russen kommen nicht! Damit droht nur die CDU, damit sie uns besser unterdrücken kann.“ Vielleicht liest er sogar gern Tolstoi und Dostojewskij und hat auch sonst Sympathie für „die russische Kultur“. Er hat es aber in den zweieinhalb Jahre seit dem Beginn des Angriffskrieges nicht geschafft, sich über das Land Ukraine und ihre Kultur zu informieren, anscheinend auch nicht die Gelegenheit genutzt, sich mit Leuten von dort zu unterhalten. Er will die Realität lieber nicht sehen, weil sie so schlecht zu seinen Wünschen passt. Ja, wir wünschen uns Frieden (soweit wir nicht waffensüchtige Rechtsextreme sind). Keiner freut sich, dass wir heute von Staatsterrorismus aus dem Osten tatsächlich bedroht werden. Ole, frag einmal Leute aus der Ukraine, ob sie als Soldaten kämpfen wollten, oder ob sie sich vielleicht auch Frieden wünschen!
Claudia Stursberg

Respekt. Nymoen spricht ehrlich. Als ich in meiner ersten Kriegsdienstverweigerungsverhandlung (Anfang der 1980er) argumentierte, dass ich nicht bereit bin für „mein Land“ oder die Bundesrepublik oder das kapitalistische Westeuropa zu kämpfen war das Ergebnis: abgelehnt. Ehrlichkeit hat halt seine Grenzen. In meiner zweiten Verhandlung stellte ich die Taktik um, erzählte über Gewissen, Religion, Geschichte des Pazifismus. Ergebnis: Verweigerung angenommen. Dass junge Menschen sich der Strategie der symbiotischen Vereinnahmung mittels Wehrdienst entziehen, finde ich gut. Und wenn man dann auch noch ehrlich sagt, was Sache ist (den Kopf hinhalten für ein System das sozial-ökologisch die Karre gegen die Wand fährt, niemals), finde ich es noch besser. Damals wie heute.
Peter Häp

„Für Deutschland kämpfen? Never!“ Einverstanden, wenn wir es mit dem Deutschland zwischen 1933 und 1945 zu tun hätten. Inzwischen aber lebt Ole Nymoen in einem Deutschland, dass ihm durch das Grundgesetz wunderbare Freiheiten garantiert, und diese ermöglichen ihm, ohne persönliche Konsequenzen zu haben, seine Ansichten zu verbreiten. Seine Privatsphäre ist höchstrichterlich geschützt, er lebt in einem RECHTSTAAT und bekäme selbst bei krimineller Veranlagung einen humanen Strafvollzug. Dies gilt es zu bewahren und zu verteidigen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Europäischen Gemeinschaft. Dafür lohnt es sich zu kämpfen, auch im Bewusstsein, man könnte sterben.
Wolf Lübcke

Dieser Einspruch war für mich beunruhigend zu lesen und gleichzeitig sehr aufschlussreich. Stellt er doch eindrücklich dar, mit welchem Blick der Autor auf unseren Staat und unsere Gesellschaft blickt. Da wird “Sicherheit” mit dem “Schutz der eigenen Herrschaft” gleichgesetzt. Diese “Herrschaft” müsste dann von den “Beherrschten” für die “Herrscher” mit Leib und Leben erkämpft werden. Dabei scheint es für den Autor letztlich unerheblich, wer “Herrscher” sei: Lieber unter fremder Herrschaft leben, als im Verteidigungsfall zu kämpfen. Die Interessen von “Herrschern” und “Beherrschten” fielen sowieso ständig auseinander. Denn Staat und Bürger seien auch in Deutschland voneinander zu trennen. Diese Auffassung zeigt für mich eine tiefgehende Entfremdung des Autors von der Idee eines demokratischen Staates. Für den Autor gibt es in Deutschland offenbar eine herrschende Klasse und Untertanen. Und die von Frank-Walter Steinmeier beschworene gesellschaftliche Solidarität riecht nach nationalistischem Weltbild. Die Haltung des Autors ist dagegen individualistisch: Der einzelne Mensch als Insel seiner Interessen, ohne gegenseitige Verantwortung und Abhängigkeit. Der misstrauisch beäugte Obrigkeitsstaat bietet wenig rosige Aussichten – dann macht der Autor eben nicht mehr mit. Warum Verantwortung übernehmen, wenn sowieso alles doof ist?! Aber von Verantwortung des Einzelnen nicht nur für sich selbst, sondern für die Gesellschaft lebt ein demokratischer Staat. Die Demokratie kann aus meiner Sicht nur überleben, wenn jeder Bürger seine Verantwortung für den gesamten Staat erkennt und annimmt. Und die Voraussetzungen hierfür gibt es in Deutschland! Jeder Bürger kann ein politisches Amt übernehmen und ausüben oder seinen Dienst für die Gesellschaft leisten. “Die da oben” – das sind wir alle!
Ich werbe für einen Perspektivwechsel: Es geht nicht um “Schutz der eigenen Herrschaft”, sondern um Selbstbestimmung! Wer in einem demokratischen Staat lebt, der lebt in großer Selbstbestimmung. Die sogenannten “Systemrivalen” bieten hingegen eine “Fremdherrschaft”: Autokratie, Theokratie, Kommunismus und so weiter – die Beispiele aus der Geschichte sind verheerend. Dagegen lohnt es sich tatsächlich, sich zur Wehr zu setzen. Die Demokratie ist eine schützenswerte Staatsform! Dass der Wert der Demokratie und der Selbstbestimmung vom Autor nicht erkannt und geschätzt wird, ist aus meiner Sicht nur mit einem Gewöhnungseffekt zu erklären: Frieden und Freiheit scheinen für den Autor der Urzustand zu sein. Der demokratische Staat hingegen erscheint als Bedrohung von Frieden und Freiheit. Und diejenigen, die sich als Soldaten und Polizisten robust für die Demokratie einsetzen, erscheinen verdächtig. Dabei sind wir ihnen zu Dank verpflichtet, da sie ihre persönliche Unversehrtheit für die Sicherheit der Gesellschaft einsetzen. Als Demokraten sollten wir die Werte unserer Gesellschaft klar formulieren und auch robust verteidigen. Ein individualistischer Rückzug verrät die demokratische Idee! Auf welchen Ebenen dieser Einsatz gebracht wird, ist unerheblich. Nicht jeder ist als Soldat oder Politiker geeignet – aber jeder kann und sollte seinen Beitrag für die Freiheitlich-demokratische Grundordnung leisten. “Damit das Böse siegt, reicht es, wenn die Guten nichts tun” (E. Burke).
Tobias Braatz

Die Feststellung „dabei ist es eigentlich selbstverständlich, dass in jedem Krieg ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung lieber unter fremder Herrschaft leben als im Kampf sterben will“ muss in den Ohren der meisten Ukrainer so zynisch wie nur irgend denkbar klingen. Hat dieser Herr Nymoen sich vielleicht einmal überlegt, dass es sich lohnt, für die Freiheit und die Verteidigung der wesentlichen menschlichen Grundrechte zu kämpfen? Wie sagte schon John F. Kennedy: „Ask not what your country can do for you, ask what you can do for your country!“
Thomas Imhof

bitte schauen Sie mal ins Grundgesetz der BRD, um festzustellen, dass wir nicht mehr als Untertanen unter einer Herrschaft leben, sondern das Volk der Souverän ist, der sich seine Regierung selbst wählt. Sie verwechseln offensichtlich die absolute Monarchie mit der Demokratie, welche Herrschaft des Volkes heißt. Wohl nicht aufgepasst im Politikunterricht?
Mia Herber

Ein Einspruch – erfordert auch den berechtigten Widerspruch- die Freiheit für alle- ist im demokratischen Staat garantiert. Den Staat (sind alle lebenden Bürger) bei kriegerischem Angriff zu verteidigen und dabei sein eigenes Leben Opfern? „Fremdherrschaft“ im Gefängnis landen – gefoltert – geschlagen – macht zwar einen Unterschied; sterben durch eine “ Gewehrkugel oder sterben im Gefängnis in Fremdherrschaft im Ergebnis bleibt es das gleiche. Herrschaft in der Demokratie – oder Herrschaft der Diktatur mit Gewalt und Terror. Nur das ganze „Bild“ macht eben den vollständigen Unterschied aus. Krieg und sterben ist immer sinnlos- das ist eine Binsenweisheit – die Menschheitsgeschichte zeigt das es den “ Frieden “ für 800 Milliarden Menschen in dieser Welt nicht gibt.
Thomas Bartsch Hauschild

Ich beglückwünsche die Redaktion zum Abdruck dieses Einspruchs, der in meinen Augen mehr ein Weckruf, vielleicht sogar ein Hilferuf ist. Eine sehr provokante Stellungnahme, die sich jeder politische Entscheidungsträger zu Herzen nehmen sollte. Ich finde, das, was Ole Nymoen schreibt, alarmierend! Es macht mich traurig, aber angesichts der Lebenswirklichkeit seiner Generation kann ich ihn verstehen. Seine Generation findet quasi in den Regierungsprogrammen schon seit Langem keine Berücksichtigung mehr. Es wird immer schwieriger, selbst grundlegende Bedürfnisse zu befriedigen. Als ich Anfang der 80-er Jahre mein Studium in Berlin aufnahm, war es kein Problem, selbst für einen Bafög-empfangenden Studenten, eine 2-Zimmer-Altbauwohnung in den Innenstadtbezirken zu finden, die Miete damals: im Schnitt 200 DM kalt. Das waren aus heutiger Sicht paradiesische Zustände. Es war kein Problem für einen Menschen aus nicht privilegierten Verhältnissen, ein Studium aufzunehmen. Wer heute studieren möchte, muss schon gut situierte Eltern haben. Seit Jahren betreibt die Politik Besitzstandswahrung auf Kosten der nachfolgenden Generationen. Da ist es nicht verwunderlich, wenn niemand mehr motiviert ist, als „Menschenmaterial“ für dieses Land in den Krieg zu ziehen. Aber wir leben immer noch in einem demokratischen Land, wir müssen nicht befürchten, in einem Straflager zu verschimmeln, wenn man am Stammtisch die Regierung verunglimpft. Global betrachtet leben wir, Mieten und sonstige Missstände hin oder her, vergleichsweise komfortabel und frei, auf einem für viele Menschen erstaunlich hohem Niveau. Ansatzweise haben wir alle eine grobe Vorstellung von den Lebensbedingungen der Menschen in Staaten wie Russland, China, Afghanistan oder Nordkorea, um nur einige zu nennen. Wenn ich auch den berechtigten Zorn verstehe, so denke ich doch, dass es sich lohnt, Deutschland, oder die EU-Staaten im Fall eines Angriffs zu verteidigen. Ich appelliere an die Regierung, die Interessen der nachfolgenden Generationen endlich adäquat zu berücksichtigen!
Stefan Rott

Zumindest fand ich es interessant, welche Lebensauffassung und Einstellung man zu seinem Staat entwickeln kann, der immer noch zu den wohlhabendsten, freiheitlichsten, tolerantesten und auch sichersten im internationalen Vergleich zählt – ehrlich gesagt, ich war entsetzt! Sich hier bei uns von den „Herrschenden „in die Kriegslust gedrängt zu fühlen, um mit seinem Leben deren System zu verteidigen – darauf muss erstmal kommen, was bestimmt großer geistiger Anstrengung bedarf! Dass sehr viele nicht scharf darauf sind, Wehrdienst zu leisten und notfalls als Soldat für ihr Land einzustehen, kann man ja dem Grunde nach aus ganz persönlicher Sicht noch verstehen. Aber wie soll es denn bitte schön gehen, wenn ein Aggressor auftrumpft und uns vereinnahmen möchte? Lieber rot als tot? Mit Handauflegen und schlauen Reden wird es wohl nicht gehen! Mich stört auch massiv dieser Defätismus gegenüber unserem Staatswesen, alles kleinhacken und in die Tonne. Hauptsache die eigene Wohlfahrt stimmt, der Rest ist egal! Der Staatsbürger als Parasit ist aus meiner Sicht kein zukunftsfähiges Modell. Da ist mir John F. Kennedy schon näher, als er sinngemäß dazu aufforderte sich zu fragen, was man für sein Land tun kann und nicht nur umgekehrt.
Joachim Menzel

Glückwunsch, dass Sie sich trauen, einen solchen Artikel abzudrucken. In Deutschland ist es ja modern geworden, Meinungen nicht mehr zu Wort kommen zu lassen, die dem Hauptstrom der Meinungen diametral entgegenstehen. In unserem Grundgesetz heißt es einleitend: Von dem Willen beseelt, … dem Frieden zu dienen“. Aber jeder, der zu Verhandlungen mit Russland und damit mit Putin rät, wird beschimpft, sei es Gerhard Schröder, sei es Mützenich oder andere. Stattdessen wird dem Krieg gehuldigt und gemeint, immer mehr Waffen würden der Ukraine den Frieden bringen. Hat sich Frau Strack-Zimmermann oder Frau Baerbock einmal dazu bekannt, die eigenen Kinder oder Enkelkinder zum Kampf in die Ukraine schicken zu wollen, wo doch angeblich dort unsere Freiheit verteidigt wird? Völlig richtig verweist Nymoen darauf, „die Ukrainer“ wollten kämpfen sei eine Mär der Interessierten, denn ein großer Teil der ukrainischen Bevölkerung hat doch 2014 für Janukowitsch als Präsidenten der Ukraine gestimmt, der eine größere Nähe zu Russland propagiert hatte. Diese Mehrheitsmeinung ist dann unter dem Jubel der Nato durch die Revolution vom Tisch gefegt worden. Als Folge der Revolution haben sich die Parlamente der Krim und von Donezk und Luhansk für unabhängig erklärt. Und bis zur Wahl von Janukowitsch und diesen Unabhängigkeitserklärungen hat doch kein führender Politiker im Westen diese Wahlen als unfreie bezeichnet. Es ist ein immer wieder propagiertes Märchen, dass das Staatsvolk der Ukraine kämpfen wolle. Hat man einmal im Osten der Ukraine gefragt, ob die Menschen dort allesamt „befreit“ werden wollen? Bei dieser Geschichtsvergessenheit – das ist keine 10 Jahre zurück – ,  kann ich gut nachvollziehen, wenn viele junge Leute gerade nicht in den Krieg ziehen wollen. Ich frage einmal vielleicht ketzerisch: Meinen die Kriegsunterstützer ernsthaft, dass die Ukraine den Krieg gegen die Atommacht Russland gewinnen wird? Also ein bisschen mehr Mut zu dem Friedensgebot des Grundgesetzes. Wir müssen nicht kriegstüchtig werden, sondern wieder friedensfähig. Und noch ein Anhang: Willy Brand und Egon Bahr haben doch schon vor Jahrzehnten erkannt, dass man – wenn es einem auch noch so gegen den Strich geht – die Position des Anderen nachvollziehen sollte – ohne sie zu billigen! Also nehmen wir doch einmal ernst, was viele Politiker in Russland sagen, nämlich, dass Sie sich durch eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine bedroht sehen. Ich habe gerade nachgelesen, dass allein die USA 916 Mrd. Dollar für Rüstung ausgeben, Russland 109 Mrd. Die Nato ist über die baltischen Staaten, Polen und andere – was ich nicht angreife! – an Russland herangerückt, und nun auch noch die Ukraine? Ist es vielleicht nachvollziehbar, dass sich in Anbetracht der Höhe der Militärausgaben dann Sorgen breit machen? Ja, wir betonen immer unsere Friedfertigkeit. Aber muss man zwingend in Anbetracht von Vietnam, Irak, Syrien und Libyen in Russland auf solche Äußerungen vertrauen?
Claus Schröder

Der Text von Ole Nymoen kommt daher wie ein Wok-Gericht, bestehend aus halbgaren Obskuritäten in einer pelzigen Sauce mit anarchischem Beigeschmack! Hier sind vier seiner Zutaten in „Pointierung“ mit meinen Kurzrepliken: Erstens, die „Agenda 2010 war unsolidarisch“. – Ach wirklich? Und ich dachte, eine zusätzliche Beschäftigung fördere den Gemeinsinn durch gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten! Zweitens, „der Staat und seine Bürger sind nicht eins“. – Im Ernst? Und ich empfand immer, dass mein Personalausweis der Bundesrepublik Deutschland einen identitätsstiftenden Charakter habe! Drittens, „Fremdherrschaft eines Okkupanten ist vergleichbar mit einer souveränen Volksherrschaft“. – Ach tatsächlich? Und ich war fest überzeugt, dass sich die Menschwürde in demokratischen Rechtsstaaten am besten schützen lasse! Viertens, „Sicherheit ist eine Illusion“. – Echt jetzt? Und ich glaubte, dass nationale und internationale Regelwerke das friedliche Zusammenleben von Menschen begünstigen! Alles in allem eine enttäuschende Mahlzeit, wenngleich sie Einblick in die gegenwärtigen Rezepturen für ideologische Überbauten gibt, die zwar eine geschmacksverwirrte Attraktion aufweisen, aber keine gesunde Alternative zu den freigeistigen Vorzügen patriotischer Feinkost darstellen!
Christian F. Olejnik

Natürlich hat der Autor das Recht zu sagen, er wolle keine Wehr- oder allgemeiner Dienstpflicht, weil er nicht für andere kämpfen (und dabei möglicherweise) sterben wolle. Nur übersieht er offensichtlich, dass Sicherheit, insbesondere äußere Sicherheit ein Kollektivgut ist, das ihn und alle anderen Menschen in Deutschland, seien es Milliardäre oder Straftätergleich gleich welchen Geschlechts, schützt oder auch nicht schützt. Er hat also gar keine Möglichkeit, auch solche auszuschließen, denen er diese Gut nicht zukommen lassen möchte. Streit kann und muss es nur darüber geben, wieviel an äußerer Sicherheit das Kollektiv Deutschland haben möchte und wie es zu produzieren sei. Wobei auch die Produktion des Gutes nicht wirklich privatisierbar ist. Solange Kriege nicht ausschließlich mit Robotern geführt werden, braucht es Menschen, die in den Krieg ziehen, freiwillig oder gezwungenermaßen. Kaufen kann man diese Kriegerinnen und Krieger aber nicht wirklich. Deswegen muss jeder Diktator (und jeder, der sich eine „Privatarmee“ kaufen kann) immer fürchten, von seinen Sicherheitskräften gemeuchelt zu werden. Ich bin froh, dass es hier das Recht auf Kriegsdienstverweigerung gibt – leider nicht überall.
Steffen Kühnel

Der „Einspruch“ wirkt offenkundig von den politischen Großverwerfungen des 20. Jahrhunderts und seinen diktatorischen Regimes unberührt. Und das Misstrauen gegen unsere freiheitlich-demokratische Art der Organisation von Gesellschaft sitzt tief. Ja, sie wird eigentlich abgelehnt. Vor diesem Hintergrund ist es nur konsequent, wenn der Autor „nichts für den Staat tun“ will, zumal er sich weigert anzuerkennen, dass es bei uns gemeinsame Interessen der (durch freie Wahlen legitimierten!) „Herrscher“ und der „Beherrschten“ gibt. Und es scheint ihm egal, wie und wo er lebt. Im Kalten Krieg, den er nicht kennt, hieß der entsprechende Slogan: Lieber rot als tot. Glaubt er wirklich, dass z.B. die ukrainische Regierung (Herrscher) ihrer Bevölkerung (Beherrschte) den Krieg gegen Putins Invasionstruppen aufgezwungen hat und die Ukrainer eigentlich mehrheitlich lieber unter russischer Herrschaft leben möchten? Glaubt er dann auch, dass es nur das Interesse der alliierten „Herrschenden“ war und nicht auch der freiheitlich lebenden „Beherrschten“, Europa vom Hitler-Regime zu befreien? Wohl wissend um die zu erwartenden zahllosen Toten und das unermessliche Leid? Könnte es sein, dass Herr N. unter einer heftigen Realitätsverzerrung bzw. -verleugnung leidet? Krieg war schon immer mit Schrecken, Tod, Grausamkeiten verbunden. Deshalb ist die über allem stehende Aufgabe unserer gewählten Staatsführung, es nicht zu einem Krieg kommen zu lassen. Um jeden Preis? Imperialistische Interessen, eigene oder unserer westeuropäischen Nachbarn, spielen dabei heutzutage zum Glück keine Rolle mehr. Aber sehr wohl solche z.B. des russischen Autokraten. Hände in den Schoß und die Erwartung: die Macht Amerika wird´s schon für uns friedlich Gesinnte richten? Fahrlässig und Zumutung! Starke eigene Verteidigungsfähigkeit gegenüber Hasardeuren wirkt hingegen zweifellos kriegsvermeidend. Der Weg dahin ist freilich mit spürbaren materiellen und persönlichen Entbehrungen gepflastert. Hierüber muss gestritten werden, wobei niemand unbescholten und schuldlos da herauskommt! Auch diejenigen nicht, die meinen, sie könnten die evtl. geforderten persönlichen Beiträge für die mehrheitlich für unveräußerlich gehaltene Lebensweise nicht leisten.
Otto Junge

Haben Sie diesen Text als advocatus diaboli geschrieben oder drücken Sie in Ihren Sätzen Ihre ehrliche Überzeugung aus? Von unserem demokratischen Staat, dessen Schutz Sie misstrauen, fordern Sie alle Rechte ein, die untrennbar damit verbundenen Pflichten jedoch lehnen Sie ab? Für sich und alle jungen Mitbürger fordern Sie eine Richtung life verschobene work-life-balance, vergessen dabei, daß diese nur durch den Schutz und die Fürsorge vieler 100000er gewährleistet werden kann, die rund um die Uhr und am Wochenende für ihr Wohlbefinden und ihre Sicherheit sorgen; um nur einige zu nennen: Feuerwehrleute (m,w,d), Polizisten, Soldaten, Krankenpfleger, Ärzte. Für ihre Wellnessansprüche auch Gaststätten und Hotels!  Sie lehnen ein verpflichtendes soziales Jahr ab, nur weil es (auch) ein Herr Steinmeier vorgeschlagen hat, dessen frühere Arbeitsmarktpolitik Sie verabscheuen? Ich, 78, der bis zu seinem 74. Lebensjahr gern seinen Beruf ausgeübt hat, aber vermutlich wegen der life-unterlastigen work-life-balance keinen Nachfolger gefunden hat, plädiere auch für ein Pflichtjahr für Rentner! (Besonders für die, die sich irgendwann auf ihren Kreuzfahrten langweilen). Wir können keine körperlich schwere Arbeit mehr leisten, aber beraten, begleiten und betreuen – „Sekundärpflichten“, für die es nicht genügend Personal gibt, die zu erfüllen aber die gesellschaftliche, (nicht Volks-Solidarität, die Sie ja ablehnen) auch uns gesunden Alten abverlangen darf! Wenn ein (russischer) Diktator unser demokratisches Land glaubt, überfallen zu können, weil der Schutz der Vereinigten Staaten immer mehr bröckelt und sich plötzlich jeder europäische Staat selbst der Nächste ist, würden Sie sofort die weiße Fahne hissen und sich der Diktatur unterwerfen? Lieber rot als tot hieß das in meiner Jugendzeit. Würde man dann irgendwann „rot“ überleben können oder bis zu seinem Tod „rot“ bleiben müssen? Ihnen dürfte bewusst sein, dass ein Beitrag wie dieser dann der letzte sein würde, den Sie in Freiheit veröffentlichen konnten!
Ulrich Pietsch

Schon allein der von Nymoen verwendete Begriff „Herrscher“ für unsere gewählte Regierung stößt mir auf. Dass aber ausgerechnet ein Podcaster – der unter einer gewaltsamen Fremdherrschaft seinem Broterwerb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nachgehen könnte oder gar dafür (mindestens) eingesperrt werden würde – die Verteidigung von Recht und Freiheit (der Bewegung, der Meinung, des Wortes, der Berufsausübung usw.) innerhalb der souveränen Staatsgrenzen auch durch Leib und Leben von und für andere geradezu absurd zu finden scheint, macht mir Angst. Und wenn ich dazu noch Nymoens Ausführungen zur Agenda 2010 mitdenke, fühle ich mich an Westerwelles ‚leistungslosen Wohlstands-Vorwurf‘ erinnert. „Fördern und fordern“ war die Devise der Agenda 2010. Der von Nymoen hergestellte Zusammenhang ist falsch, den auch bei der Agenda 2010 ging es um Solidarität – einsacken ohne Leistung (eines Leistungsfähigen) ist keine Solidarität gegenüber der Gesellschaft. Nymoen bestätigt das Bild, welches er über seine Generation beklagt.
Bernd Krempel

Ole Nymoen fragt, wer genau wehrhaft sein soll. Und was genau verteidigt werden will. Ein Blick nach Butscha gibt die Antwort. Wer? Jeder einzelne Mensch. Was? Leib, Leben, persönliche Freiheit. Wenn so eine Verteidigung im Rahmen einer staatlichen Armee stattfindet, dann nur, weil jede einzelne Person nicht in der Lage ist, ihr eigenes Leben, ihre eigene Freiheit gegen eine bis an die Zähne bewaffnete Truppe zu verteidigen. Mit der Gartenhacke kommt man gegen moderne Drohnen nicht weit. Mit bloßen Händen ist Gegenwehr gegen einen mit Sturmgewehr aussichtslos. Es ist mir unverständlich, wie man nach all den Berichten aus der Ukraine noch so realitätsfern sein kann wie Ole Nymoen.
Hans List

Ole Nymoen behauptet, es sei „selbstverständlich“, dass in Kriegen immer ein „beträchtlicher Teil“ der Bevölkerung lieber unter dem Aggressor „leben“ möchte, als sich zu verteidigen. Woher weiß er das? Und wie steht es mit dieser Haltung, wenn der Aggressor gar nicht vorhat, diese oder andere Bevölkerungsgruppen überhaupt leben zu lassen? Denn wie ein solches „Leben“ aussieht, das zeigt sich an unzähligen Beispielen aus der Geschichte, so auch ganz aktuell in Butscha. Ist es nicht vielmehr so, dass Nymoen und viele dieser wortmächtigen, selbstverliebten und zu keiner solidarischen Handlung fähigen Egomanen seiner Generation einfach nur der Solidargemeinschaft, die den liberalen Rechtsstaat schuf und ihn gegen seine gewaltsame Abschaffung verteidigen will, den von ihnen geschuldeten Beitrag auf Kosten aller anderen verweigert? Der Autor verliert sich in einer Jammer-Arie aus Verhältnissen am Arbeitsmarkt, fehlenden Aufstiegschancen, niedrigen Löhnen, hohen Mieten und so weiter und so fort. Glaubt er, das alles werde nach der Eroberung durch einen Autokraten und der Abschaffung des liberalen Rechtsstaates besser? Vielleicht ist seine Diagnose der aktuellen Verhältnisse in unserem System ja in Punkten richtig. Doch wo bitte steht, dass der Sozialstaat garantiert jedem jungen Menschen eine perfekte Leiter zum sozialen Aufstieg hinstellt? Nymoen verlangt nach dem Sozialstaat allein als einem weichen Kissen, das dieser angeblich seiner gesamten Generation schulde. Wenn das nicht klappt, macht er nicht mehr mit. Wohin führt diese Denke?
Dieter Stricker

Schon mal was von Verantwortung gehört?  Oder von Moral, Mut, gar Heimatliebe oder Opferbereitschaft? Nein? Wahrscheinlich nur von Ich, ich, ich.
Adelheid Becker

Der Beitrag belegt sehr gut, dass einige Menschen wie selbstverständlich die Vorzüge unseres Landes in Anspruch nehmen, ohne etwas dafür tun zu wollen. Die Behauptung des Verfassers, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung lieber unter Fremdherrschaft leben will als zu sterben, blendet zudem völlig aus, dass viele Menschen sehr wohl bereit sind, für die Freiheit das eigene Leben zu riskieren. Zum Beweis dieser These genügt ein Klick auf ein beliebiges Internet-Video, das 45jährige ukrainische Reservisten bei dem verzweifelten Versuch zeigt, ihre Heimat und Ihre Familien vor einem grausamen Angreifer zu verteidigen. Außerdem sollte der Verfasser einmal darüber nachdenken, ob er seine persönliche Freiheit unter einer Fremdherrschaft noch genauso ausleben kann wie jetzt.  Im Übrigen fände ich es gut, wenn die ZEIT komplementär zu diesem Beitrag demnächst auch einmal ein Artikel über einen gleichaltrigen Soldaten bringt, der sich explizit dafür entschieden hat, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes zu verteidigen.
Ingo Scholz

Ole Nymoen argumentiert, als ob da draußen immer noch der Spanische Erbfolgekrieg oder die Schlacht bei Verdun tobte. Die Ukrainer wissen es besser: wenn das jetzt schiefgeht, leben sie auf unabsehbare Zeit unter einem Regime wie in Belarus. Dieser Artikel ist ein Schlag ins Gesicht aller derjenigen, die dort oder in Russland oder in der Ukraine gegen Unterdrückung und Unfreiheit ihr Leben riskieren. Aber klar, Steinmeier hat uns ja Hartz 4 eingebrockt, voll schlimm sowas. Geradezu lachhaft wird es aber, wenn er ausgerechnet die Mutter Courage anführt: wem hat Brecht es denn zu verdanken, dass er seine Figur im Berliner Ensemble auf die Bühne bringen konnte? Genau, unter anderem den Rotarmisten, die auch nicht ganz freiwillig Berlin von den Nazis befreiten.
Holger Grünewald

Mensch kann mit Recht an den politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen in Deutschland und am Verhalten von Deutschlands Politiker*innen viel kritisieren, aber Deutschland ist eine Demokratie und ein Rechtsstaat und die Bürger*innen haben die Möglichkeit, in fairen und freien Wahlen die Verhältnisse zum Besseren – allerdings auch zum Schlechteren – hin zu verändern. In Russland ist das nicht so. Ich bin schwul und ich weiß genau, warum ich lieber im derzeitigen Deutschland als im derzeitigen Russland lebe und warum das derzeitige Deutschland verteidigungswert ist: weil ich hier als Schwuler in Freiheit leben kann und nicht verfolgt werde. In Russland wäre das nicht möglich. Ihre Gleichsetzung der Herrschaft des Volkes (Demokratie!) und des Rechtsstaates in Deutschland mit der mafiösen Herrschaft des Diktators Putin in Russland finde ich absurd. Das ist genau jene Diktatoren-/Diktaturen-Verharmlosung, die die AfD, Sarah Wagenknecht, die Linke, Teile der SPD und Teile der Ost-CDU betreiben. Zugegebenermaßen kann es in Demokratien durchaus eine Diktatur der Mehrheit über eine Minderheit geben. Gerade Schwule mussten das auch in Deutschland jahrzehntelang erfahren. Aber hier haben sich die Verhältnisse zum Besseren hin verändert – in Russland haben sie sich unter Herrn Putin massiv verschlechtert (vgl. u. a. https://www.lsvd.de/de/ct/10920-Queeres-Leben-gilt-ab-heute-in-Russland-als-Extremismus und https://www.lsvd.de/de/ct/1245-LGBT-Rechte-weltweit).
Ulrich Willmes

Vielen Dank an den jungen Autor, der endlich einmal fundamentale Fragen (es geht immerhin um Leben und Tod: der anderen) aus einem Blickwinkel beleuchtet, der in der öffentlichen Debatte weitgehend ignoriert oder sogar unterbunden wird. Hier spricht der gesunde Menschenverstand, der Machtverhältnisse und Deutungshoheiten analysiert, und nicht der Politiker mit seinem “Wertegerüst” (oder sollte man sagen mit seinem “Werterüstzeug“), das wenig mit dem Leben, den Gefühlen, den Überzeugungen vieler Menschen zu tun hat, die leider eher selten zu Wort kommen.
Michaela Bohmig

Mein erster Reflex bei der Lektüre: Recht hat er, der Ole. Als ich vor über 40 Jahren meinen Wehrdienst absolvierte, tat ich dies nicht aus Überzeugung, Deutschland verteidigen zu wollen, sondern lediglich aus Bequemlichkeit, denn die Anerkennung als Zivi hatte hohe Hürden, so wurden politische Gründe nicht anerkannt, lediglich strikter Pazifismus wurde akzeptiert. Das entscheidende politische Argument gegen den Wehrdienst war für mich, dass eine Demokratie als Staat aller ihrer Bürger mit der Menschenwürde als höchstem Wert überhaupt keine Legitimität hat, manche dieser Bürger (vor 40 Jahren nur junge Männer) dazu zu zwingen, für die anderen ihren Kopf hinzuhalten. Das Dilemma zwischen staatlicher und persönlicher Sicherheit macht Demokratien strukturell kriegsuntüchtig. Nun konnte Gott sei Dank der kalte Krieg damals beendet werden, ohne dass es zum heißen Krieg kam. Die Situation ist heute in Europa leider anders, seit 2 Jahren tobt nun ein heißer Krieg in der Ukraine, der immer mehr Züge eines Vernichtungskriegs gegen die gesamte ukrainische Nation angenommen hat. Für die Ukrainer gibt es das oben beschriebene Dilemma daher nicht, weil persönliche und staatliche Sicherheit zusammenfallen: Auch hinter der Front ist beim täglichen Bombardement von Städten niemand sicher, und der Wille Russlands, die ukrainische Nation auszulöschen würde auch nach einer Kapitulation der Ukraine nicht auf einmal aufhören. Ein sicheres Leben wäre schwer vorstellbar, jedenfalls dann, wenn man unter Leben mehr versteht als nur in ständiger Angst zu überleben. Für die Ukrainer – übrigens auch für jene, die kriegsmüde sind, weil sie seit 2 Jahren ununterbrochen als Soldat kämpfen müssen und die daher nach Ablösung rufen – beantwortet sich die Frage von Herrn Nymoen „Was verteidigen“ daher ganz einfach: Mein Leben, das meiner Familie und Freunde, was sonst? Und als Demokrat füge ich hinzu: die Demokratie verteidigt nicht einfach nur ihre Herrschaft, wie Nymoen schreibt, sondern auch das Recht, sich mit guten und legitimen Gründen dem Wehrdienst zu verweigern.
Dirk Kerber

Es tat gut, Ihren Essay zu lesen, und ich danke Ihnen. Als Jahrgang 1958 habe ich aus erster Hand von Eltern, Onkeln und Tanten erfahren, wie leicht man sich für den Krieg begeistern kann, der natürlich immer für die gute Sache gefochten wird. Es schmerzt, zu sehen, wie auch jetzt wieder Gut und Böse klar ist. Führerinnen und Führer rufen zu immer mehr Waffen und träumen vom Sieg. Die Bessergestellten kaufen Rheinmetall-Aktien, während Sie oder mein gleichaltriger Sohn die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie demonstrieren dürfen. Ich danke auch der Zeit, dass Herrn Nymoens Meinung hier Platz hatte.
Ingo Klamann

Was findet die ZEIT an einem Egoisten wie Ole Nymoen so bemerkenswert, dass sie ihm eine ganze Seite für seine Allgemeinplätze über „die da oben, wir da unten“ einräumt? Krieg ist schlimm. Donnerwetter, eine fundamentale Erkenntnis. Mir geht das Genöle über Niedriglohn auf der einen und „Herrschaftsansprüche“ auf der anderen Seite auf die Nerven. Will der Herr Nymoen vielleicht lieber in einem herrschaftslosen Raum ohne staatliche Institutionen leben? Ohne Polizei, ohne Justiz, ohne Militär? Dafür mit Wegelagerern an jeder Ecke? Eine Garantie, dass er dann ohne Krieg und Machtansprüche anderer leben kann, gibt es in seiner solchen Märchen-Anarchie nicht. Benachbarten Staaten würden ein solches Territorium als Einladung betrachten, das eigene Herrschaftsgebiet zu erweitern. Will er in der „Sicherheit“ eines Gulags leben?
U. Cardaun

Vielen Dank, dass Sie Ihren Lesern die Gelegenheit gegeben haben an der Gedankenwelt von Herrn Nymoen teilzuhaben. Als Boomer lebe ich in einer Gedankenwelt, die nicht weiter von der geschilderten entfernt ist. Ich frage mich oft, warum bestimmte Entscheidungen in der Politik NICHT gefällt werden. Warum ticken die beteiligten Parteien so wie sie ticken? Es gibt in Ihrer Redaktion Kollegen, die aus dem Inneren der Parteien berichten. Dabei wird, meines Erachtens, der weiße Elefant im Raum systematisch ignoriert. Umso wichtiger sind Beiträge, in denen die Meinungen ungefiltert geäußert werden. Der Redaktion würde dann die Aufgabe zufallen, diese Meinungen einzuordnen. Einordnen im Sinne von, stammt diese Meinung aus einer versponnenen Nische, oder hat sie eine größere Anhängerschaft. Was mich bei dem vorliegenden Beitrag ernsthaft erschrecken würde. Es gibt also eine Blase in Deutschland, die „für fast gar nichts“ zu kämpfen bereit wäre. Sie ist der Auffassung, dass „ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung lieber unter fremder Herrschaft leben, als im Kampf sterben will“. Die derzeitigen Verhältnisse sind also so unerträglich, dass man deren Abschaffung keinerlei Widerstand entgegensetzen möchte. Und dann gibt es da noch die unterschiedlichen Interessen von Herrschern und Beherrschten, als ob sich die Verhältnisse in Westeuropa seit den Zeiten der Mutter Courage nicht weiterentwickelt hätten. Würde meine Tochter derartigen Unsinn von sich geben, ich würde mich fragen, was wir (unsere Familie und die diversen Schulen) bei ihrer Erziehung falsch gemacht haben. Ist es nicht vielmehr so, dass sich weltweit die Menschen gegen Fremdherrschaft und Fremdbestimmung wehren. Das führt oft nicht zu den Ergebnissen, die wir uns wünschen würden. Offenbar ist es den Menschen aber lieber von den eigenen Verbrechern regiert zu werden als von wohlmeinenden oder verlogenen Fremden. Wer den Frieden will, muss sich auf den Krieg vorbereiten. Nicht um ihn zu führen, sondern um ihn zu verhindern – durch glaubhafte Abschreckung. Beiträge im Feuilleton haben noch keinen Aggressor abgeschreckt, genauso wenig wie der Verweis auf die Bergpredigt.
Bernd Roos

Gut, einem selbstständig denkenden Influencer zu begegnen, der Wortschöpfungen wie „Lumpenpazifismus“ und Idealisierung der „Mutter Courage“ kenntnisreich auseinandernimmt. Ja, Demokratie muss wehrhaft sein – aber viel stärker auf geistige Waffen und zivile Instrumente setzen; die Verantwortung gegenüber dem menschlichen Leben in den Vordergrund stellen.
Heide Richter-Airijoki

 


 

Leserbriefe zu „Automatisch Organspender?“ Streit von Bruno Meiser und Claudia Wiesemann

Wichtig bei dieser Thematik ist die Klarheit: Ich spende kein Organ, das ist ja sowieso dahin, wenn die Hirntoddiagnose vorliegt. (Wovon ich für Deutschland mal ausgehe …) Ich spende mein Sterben. Und ich spende Möglichkeiten des Abschiednehmens durch meine Angehörigen. Als eine, die miterlebt hat, wie segensreich eine Organtransplantation sein kann, tue ich das. Aber es verlangt einiges. Deshalb ist eine intensive, geduldige Begleitung der Angehörenden wie auch des Personals wichtig (Seelsorge), die z.B. genau passende Abschiedsrituale entwickelt.
Bianca Schnupp

Als Österreicherin kann ich diese Debatte nicht nachvollziehen, da wir die Widerspruchsregel haben, zum Glück. Mich würde interessieren, wie viele Menschen in Deutschland für sich oder ihre Angehörigen Organspenden verweigern. Das müsste ja eine große Mehrheit von Patienten sein? Woher kommen die Organspenden, die in Deutschland transplantiert werden? Nur von Angehörigen, wenn das jeweilige Organ kompatibel ist? Danke für eine verlässliche Auskunft.
A. Margaretha

Die Freigabe für eine Organspende bedarf einer alleinigen Entscheidung des Spenders – der sein lebensrettendes Organ weitergeben möchte. Mein Körper gehört mir und beim Tod, denn es ist kein „Auto“ für die es ansonsten beliebige Ersatzteile gibt. Ethisch und moralische Bedenken sind immer zu beachten. Der Staat kann hier nicht per Gesetz in die körperliche Unversehrtheit einfach eingreifen, auch wenn damit ein anderes Leben gerettet werden kann. Hier stehen sich zwei gleichwertige moralische und ethische Grundfragen gegenüber. Die Lösung liegt nicht bei dem Staat, der darauf hofft, dass kein Widerspruch ausgeübt wird. Hat der menschliche Körper mit dem Tod keine Reche mehr
Thomas Bartsch Hauschild

Auch das Thema Organspende zeigt ein typisches Verhaltensmuster in unserer Gesellschaft: Man will haben, aber nicht geben. Organspende ja gerne, wenn man eines braucht; Organspende nein, auf keinen Fall, wenn man sich bereit erklären soll, im Todesfall eines zu spenden. Hier wünschte ich mir ein zentrales Organspende-Register, das die Grundlage einer Art „Tauschbörse“ bildet: Man trägt sich als potenzieller Organspender ein (u.U. auch nur für bestimmte Organe) und hat damit im Notfall das Vorrecht auf ein Spenderorgan gegenüber denjenigen, die selbst kein Organ spenden würden – also offenbar gegen Organspende sind. Dies würde sicher auch die „Spendebereitschaft“ deutlich ansteigen lassen.
Hartmut Wäber

Es ist für jeden erwachsenen Menschen zumutbar, sich einmal mit seinem Tod zu beschäftigen und sich dann für oder gegen eine Organspende auszusprechen. Die eingetragenen Organspender haben das zu Gunsten der Organempfänger schließlich auch getan. Ich empfinde es nicht als einen tiefen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht, im Gegenteil. Es passt nicht zusammen, sich dieser Frage nicht stellen zu wollen oder diese als unzumutbar zu erklären und anderseits drauf zu vertrauen, im Notfall auf ein Spenderorgan zu hoffen. Ebenso sollte es selbstverständlich und verpflichtend sein, dass jeder Erwachsene Mensch eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht hinterlegt. Der Tod ist keine Frage des Alters. Diese Vorsorge ist ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber den Angehörigen.
Andreas Löbbers

Ganz richtig argumentieren Sie: „Sterben gehört zum Leben“, „Warum soll (ein 20jähriger) sich nicht mit seinem Tod beschäftigen?“ und: „Der Tod sollte kein Tabuthema sein“. Nehmen Sie bitte Ihre eigenen Argumente ernst und lassen Sie Hirntote sterben. Lassen Sie Angehörige von diesen Sterbenden in Ruhe Abschied nehmen. Möglicherweise ist es für die Hinterbliebenen ein Trost, wenn der Tod eines verunfallten jungen Menschen Anderen hilft, zu überleben, indem Organe gespendet werden, aber genauso ist es möglich, dass sie ihn, wie Frau Wiesemann beschreibt, noch als lebendig empfinden, auch wenn der Sterbeprozess irreversibel eingeleitet ist, und dass sie den „letzten Atemzug“ an seiner Hand begleiten möchten, gerade wenn dieser Tod vollkommen unvorbereitet und grauenhaft daherkommt. Nehmen Sie Ihre eigene Argumentation ernst: Auch die 8000 Menschen, die auf ein „lebensrettendes Organ“ warten, müssen sich mit dem Sterben und mit dem Tod beschäftigen, statt diesen zu tabuisieren. Die Weigerung, Organe zu spenden, darf auf keinen Fall zu Vorwürfen führen. Es gibt kein Anrecht auf fremde lebensrettende Organe. Dass sich „nur 140 000 Menschen“ im freiwilligen Organspende-Register registriert haben, obwohl das Thema seit Jahren intensiv beworben wird, spricht eher dagegen, dass die Allgemeinheit bereit ist, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich gegebenenfalls als Organspender zur Verfügung zu stellen. Es wäre fatal, wenn der Sterbeprozess von Menschen regelhaft verzögert würde, um sie als Ersatzteillager zu nutzen.
Julia Barthe

Ein sehr interessantes und sachliches Streitgespräch. Ich selbst habe einen Organspenderausweis im Portemonnaie, weil ich meinem Sterben durch eine Organspende an einen todkranken Menschen vielleicht noch einen Sinn geben kann. Das fühlt sich für mich richtig an. Bei dieser für mich ganz persönlichen Überlegung, aber auch in der gesamten Debatte um die Organspende werden jedoch die Hinterbliebenen komplett ausgeklammert, und das bereitet mir mit meinem Organspenderausweis tatsächlich Sorgen: Kommt ein(e) Verstorbene(r) als Organspender(in) in Frage, ist keine Zeit zu verlieren; Untersuchungen müssen vorgenommen werden, ob und welche Organe zur Transplantation entnommen werden können, der Körper muss möglicherweise in ein anderes Krankenhaus, in eine andere Stadt überführt werden, alles muss sehr zügig gehen, um das Organ/ die Organe transplantierfähig zu halten. Was ist mit den Hinterbliebenen, die wahrscheinlich völlig unvorbereitet über den Unfalltod eines geliebten Menschen informiert wurden und die nun gar keine Gelegenheit haben, diesen Menschen noch einmal zu sehen, sich zu verabschieden – weil dieser geliebte verstorbene Mensch in einem OP-Saal liegt, aufgeschnitten wird und erstmal nicht zur Verfügung steht? Im Fokus einer Organtransplantation steht natürlich der/die Organempfänger/in, sein/ihr Leben gilt es zu retten. Was wird mit dem/der Organspender/in? Wann kann der Körper den Hinterbliebenen zum Abschiednehmen „übergeben“ werden? Religiöse Rituale wie Waschung usw. sind nach der Entnahme eines oder sogar mehrerer Organe vielleicht nicht mehr möglich? Dieses Thema wird nicht kommuniziert und findet auch in dem Streitgespräch zwischen Arzt und Medizinethikerin keine Erwähnung. Die Hinterbliebenen müssen begleitet werden, sie müssen ein Weiterleben mit dem Verlust, mit der Trauer meistern können. Ich denke, das ist einer der Gründe für eine tiefe Verunsicherung beim Thema Organspende.
Sibylle P., Karlsruhe

„Ich habe auch keinen Ausweis und möchte, dass in der konkreten Situation meine Angehörigen für mich entscheiden können. Obwohl ich die Organspende grundsätzlich befürworte.“ Ich bin glücklich nierentransplantiert und kämpfe seither für die Widerspruchsregelung. In meinen Augen disqualifiziert sich Frau Wiesemann mit dieser absurden Aussage als Vertreterin ethischer Kommissionen.
Christiane Fladt

Bislang fehlt aus meiner Sicht ein Modell: Bei der Vergabe von Spenderorganen sollten Patienten bevorzugt werden, die sich lange vorab, in gesundem Zustand zur Organspende bereit erklärt haben. Sie werden im Vergabefall bevorzugt versorgt, Patienten, die sich nicht entschieden haben, entscheiden konnten, kommen wie bisher auf die Warteliste. Auch das erzeugt Druck, es leuchtet aber nicht ein, dass Patienten, die sich nicht zur Organspende bereit erklären, gleichberechtigt behandelt werden. Bzgl. der ethische Aspekte sollten wir den kategorischen Imperativ „handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“ anschauen. Wenn die Notwendigkeit besteht, dass ich ein Spenderorgan bekomme, dann muss ich – spiegelbildlich betrachtet – bereit sein, im Fall der Fälle selber Organe zu spenden. Der Rest sind Nebenkriegsschauplätze. Wenn man im Gesundheitssystem ethische Aspekte diskutieren will, sollte man zunächst mal die Terminvergabe bei Fachärzten oder die Privatversicherungen insgesamt durchleuchten.
Frank Kleiner

So ganz kann ich die jahrelange Debatte um die Gestaltung der Organspende nicht verstehen. Es stehen nur die Szenarien aktiv zustimmen oder aktiv ablehnen zur Verfügung. Wer also nichts macht, lehnt die Organspende ab. Und bei der anderen Variante, die jetzt schon in vielen Ländern praktiziert wird, wird automatisch Organspender, wer nichts festlegt. In beiden Szenarien billigt man den Menschen zu, sich einfach gar nicht damit auseinanderzusetzen. Und in der zweiten Variante scheint man darauf zu hoffen, dass der Widerspruch einfach vergessen wird. Wenn man es wirklich ergebnisoffen meint, gibt es aus meiner Sicht eine einfache Lösung. Die Krankenkassen werden beauftragt, bei allen ihren Versicherten die Zustimmung oder Ablehnung zur Organspende einzuholen. So muss sich jeder Bürger mit diesem Thema auseinandersetzen und eine Entscheidung treffen. Diese kann natürlich jederzeit und online vom Versicherten geändert werden. Und alle fünf Jahre wird der mündige Versicherte von seiner Krankenkasse zur Überprüfung seiner Meinung automatisch aufgefordert. Wo ist nun eigentlich ein Problem?
Eva Stahl

Das ZEIT-Gespräch zwischen Transplantationsarzt und Medizinethikerin zeigt, mal wieder, den Mangel an Organspenden auf, aber keine neuen Wege, abzuhelfen. Ein politisch verordneter, in der Umsetzung jährlich und auf Dauer Millionen (Milliarden?) Euro kostender Zwang zur Entscheidung hat bisher außer Streit und eben herausgeworfenem Geld nicht viel gebracht. Geht es nicht auch anders und ohne profilierungssüchtige Politiker und Funktionäre? Und ohne Zwang und Über-Bürokratie? Ich möchte es in hohem Maße den Krankenkassen und -Versicherungen und generell bürgerlichen Organisationen überlassen, die freiwillige Spende populär zu machen und zu fördern, sei es durch Info-Veranstaltungen, aber auch kleine Anreize wie z.B. durch eben spürbare, aber materiell geringe Zusatzleistungen oder Beitragsrabatte. Warum darf es die bei ALDI und Co geben, aber nicht auch im Gesundheitswesen? Und wenn ein Patient sich freiwillig und wohlüberlegt als Organspender hat eintragen lassen, gibt es im Falle der Verwirklichung, also bei seinem Tode, nur ein geringes Widerspruchsrecht von Angehörigen. Ähnlich wie bei einem Testament, das auch nicht allen beteiligten oder ausgeschlossenen Erben passen muss. – Hat die viel beklagte Politik-Verdrossenheit einen ähnlichen Grund wie die zu geringe Organspende-Bereitschaft?
Leo Voss

Ich stehe der Organspende durchaus positiv gegenüber, allerdings finde ich die Widerspruchslösung übergriffig. Zumal ich auch den Eindruck habe, dass nicht seriös argumentiert und nicht angemessen informiert wird. Laut einem Beitrag aus dem Deutschlandfunk (https://www.deutschlandfunk.de/organspende-spaniens-zahlen-sind-nicht-wegen-der-100.html) werden nicht nur wegen der Widerspruchslösung in Spanien mehr Organe gespendet, sondern auch wegen einer anderen Spendepraxis. Während in Deutschland nur Organe von Hirntoten gespendet werden können, können in Spanien auch Organe von Menschen gespendet werden, deren Herztod diagnostiziert wurde. Wenn ich als Religionslehrerin in meinem Oberstufenkurs das Thema Organspende thematisiere, ist es für mich ganz leicht vom DKMS (Deutsche Knochenmarkspendedatei) Fachleute einzuladen, die über diese Lebendspende aufklären und auch Typisierungsaktionen durchführen. Transplantationsmediziner aus einem Krankenhaus einzuladen ist mir bisher nur einmal gelungen. Wahrscheinlich, weil die Transplantationsbeauftragten als Mediziner viele andere Verpflichtungen haben. Man müsste also „Transplantationsexperten“ ausbilden, die in der Gesellschaft Informationsarbeit leisten, damit jede Person für sich auf einer guten Informationsbasis über die Frage der Organspende entscheidet und nicht einfach durch ein Gesetz zum Spender wird.
Friedeike Hönecke

Das Streitgespräch in Ihrer Ausgabe 32 hat mich so fassungslos gemacht, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Leserbrief schreibe. Von einer Professorin für Medizinethik hätte ich bei mehreren Aspekten eine weit differenziertere Betrachtung des Themas erwartet. Es ist zwar lobenswert, dass Frau Wisemann das Pflegepersonal und die Ärzte hinsichtlich des Todes von Patienten im Blick hat – was ist jedoch mit den Ärzten und dem Pflegepersonal, die über viele Jahre hinweg Menschen betreuen, die auf ein lebensnotwendiges Organ warten und häufig die Wartezeit nicht überleben? Die Belastung in diesem Bereich scheint ihr nicht präsent zu sein. (Als Pflegefachkraft weiß ich, wovon ich rede: ich kenne beide Seiten.) Ich denke, die Konflikte am Krankenbett werden nicht „krass unterschätzt“, sondern von Frau Wiesemann in für sie passenderweise bewertet. Es wundert mich sehr, wie vehement sie sich dagegen wehrt, dass Menschen bei der Widerspruchregelung eine Entscheidung treffen müssen. Den Angehörigen solche Entscheidungen zu überlassen, finde ich unfair ihnen gegenüber. Entscheidungen zu treffen, gehört nun mal zum Leben eines mündigen Bürgers. Und wie viele Menschen sorgen mit einer Patientenverfügung vor, weil sie festlegen wollen, dass sie „nicht so daliegen müssen“. Diese Menschen treffen auch Entscheidungen für ihr Leben. Zudem irritiert es mich, dass sie sich der Meinung anschließt, es sei eine Vereinfachung beim Hirntod vom Tod eines Menschen auszugehen, obwohl es in Deutschland klare Kriterien gibt. Hat sie jemals erlebt, dass ein hirntoter Mensch wieder aufgewacht ist? Beim Lesen des Gesprächs hatte ich häufig das Gefühl, dass Frau Wiesemann zu den Menschen gehört, denen schwerfällt zu akzeptieren, dass der Tod zu unserem Leben dazu gehört und man sich schon in jungen Jahren damit beschäftigen sollte. Interessant wäre noch gewesen zu wissen, wie sie zur Lebendspende und den damit verbunden Herausforderungen und Belastungen für beide Seiten steht.
Veronika Erler

Herr Meiser rechtfertigt einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht mit anderen, schon bestehenden derartigen Eingriffen. Ganz unabhängig davon, wie man zur Widerspruchslösung steht, ist diese Art der Argumentation höchst problematisch und entlarvt Herrn Meiser als überforderten Vertreter der Befürworter.
Christian Voll

Die grundsätzliche Haltung zur Organspende ist meist ausschlaggebend. Meinem Bruder wurden (nach Unfall mit Hirntod) mehrere Organe entnommen und die Zeit bis zur Entnahme half mir, seinen Tod im wahrsten Sinne zu „begreifen“. Nach der Entnahme durften wir als Angehörige Abschied nehmen in einem sehr ruhigen und empathischen Rahmen. Die Vorstellung, dass nun mehrere Menschen durch ihn weiterleben können, war für mich ein großer Trost in der schwierigen Zeit der Trauer.
Ruth Reisinger

Dank für das „Streit“Thema in der ZEIT Nr. 32. Für die, die es angeht, nämlich die Bürger dieses Landes war es eine gute Zusammenstellung der Argumente insbesondere für, aber nolens volens auch gegen die anstehende Entscheidung zugunsten der Änderung von der Zustimmungs- zur Widerspruchslösung. Die überzeugende Argumentation des Befürworters wird gestützt durch – außer natürlich durch die somit deutlich vermehrt generierten Zahlen von zu transplantierenden und tatsächlich transplantierten Organen und damit gesundheitsgebesserten bzw. lebensgeretteten Menschen – durch die demokratisch legitimierte Widerspruchslösung in der überwiegenden Zahl der europäischen Nachbarstaaten (außer Irland, Dänemark, Litauen). Ich frage mich, was in der Bevölkerung der BRD denn so anders ist, welche Argumente in der BRD denn so einzigartig sind, dass dadurch ein Wechsel zu einer anderen Sichtweise blockiert wird? Ich denke, es ist vielleicht eher die fatale deutsche Neigung zur Verkomplizierung von Sachverhalten und zur Ängstlichkeit, Positionen zu ethischen Fragestellungen zu beziehen, Diskussionen zu verakademisieren, zur Diskussion im Elfenbeinturm, l‘art pour l‘art, ohne dem Zwang zur Entscheidung nachzugeben, der Gefahr zu entgehen, vor der Geschichte „wieder mal falsch“ entschieden zu haben. Ich kann mir vorstellen, aus welchen historischen Zusammenhängen solche Ängste geboren sind. Es wären ehrenwerte Gründe, aber sie dürfen nicht auf ewig eine kontraproduktive Kraft zur Verhinderung besserer, menschendienlicherer Entscheidungen bleiben.
Egbert Schaefer

Mir fehlt in diesem Artikel, dass nicht gefragt wurde, ob Herr Bruno Meiser und natürlich auch Frau Claudia Wiesemann selbst als Organspender sich haben registrieren lassen.
Ute-Charlot Bergmann

Für mich geht aus dem Streitgespräch die Hauptursache für die Verweigerung der Zustimmung aus der Angst hervor, dass damit evtl. Missbrauch getrieben wird. Das bedeutet, im Falle der Entscheidung werden Argumente „pro“ herangezogen, die mir nicht gefallen. Meiser sagt selbst, dass die Kliniken daran verdienen, „weil es inzwischen besser bezahlt wird“. Desweiteren könnte es sein, dass überforderte Teams in kleinen Kliniken sich falsch entscheiden (ohne Hinzunahme der genannten mobilen Teams, evtl. unter Zeitdruck, da schlecht bezahlt und lukrativere Tätigkeiten warten müssten). Weil ich über die Verwendung nicht mitentscheiden kann, könnten ggfs. mir missliebige Personen mit meinen Organen bedacht werden. Das könnten z.B. auch Kriminelle sein oder reiche Oligarchen. Meiser behauptet, es sei bereits alles versucht worden, um unter dem bestehenden System an Organe zu kommen. Gleichzeitig meint er, die Registrierung sei heute zu kompliziert. Wurde auch versucht, die Registrierung zu vereinfachen, durch Beratung zu begleiten oder evtl. durch Bezahlung attraktiv zu machen? Bei mir jedenfalls sind solche Aktivitäten noch nicht angekommen. Ich meine daher, es ist noch lange nicht alles versucht worden. Darüber hinaus stört mich die mit dem Systemwechsel verbundene „Beweislastumkehr“: Heute muss ein Dokument mit der aktiven Zustimmung zur Entnahme vorliegen. Falls das nicht existiert oder nicht gefunden werden kann, gibt es keine Entnahme. Das ist eine im Sinne der Verwechslung sehr sichere Lösung. Falls es zur Widerspruchslösung kommt, müssen die Angehörigen beweisen, dass es irgendwann mal den Widerspruch des Hirntoten gab. Falls dieser Nachweis aus welchen Gründen auch immer nicht gelingt, wird entnommen, obwohl der Hirntote das explizit nicht wollte. Das ist eine unsichere Lösung und sollte gerade bei dieser fundamentalen Willensäußerung nicht zugelassen werden.
Christoph Thienel

Frau Wiesemann spricht in Ihrer Argumentation wiederholt der Mehrheit der  potenziellen Organspender*innen  die Fähigkeit ab, verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen, wie in dem Satz: „Vielen Menschen fällt es schwer, sich mental auf dieses Szenario einzulassen und diese äußerst komplexe Situation zu erfassen“. Von einer auf solchem Menschenbild fußenden Ethik fühle ich mich extrem bevormundet. Absurd wird es dann, wenn sie in ihrem Fall die Entscheidung über eine Organspende ihren Angehörigen übertragen will, statt sie selbstbestimmt zu treffen. Von einer Medizinethikerin hätte ich mehr Argumente und weniger persönliche Meinung erhofft.
Armin Kalefe-Bermbach

Dass einem Streitgespräch über die Organspende ein breiter Raum eingeräumt wird, ist respektabel, weil Reden grundsätzlich gut ist. Doch in der aktuellen Situation wäre Handeln viel wichtiger. Täglich sterben 3 Patienten wegen fehlender Ersatzorgane, was jedoch zumindest in dieser Größenordnung nicht nötig wäre, denn lt. Statista sterben in diesen 24 Stunden weitere 1.000 Personen, die über einen Organspendeausweis verfügen. Diese Erkenntnis ist allgemein zugänglich. Warum gibt es aber trotzdem nur so wenige Ersatzorgane? Von daher sollte DIE ZEIT gleichermaßen die unterlassene Hilfeleistung thematisieren.
Oskar Meyer

Aha, Frau Wiesemann ist zwar grundsätzlich für eine Organspende findet es aber zu schwierig und belastend sich zu Lebzeiten entscheiden zu müssen. Diese Entscheidung sollen dann ihre Verwandten in einer für diese äußersten belastenden Situation treffen. Ist Frau Wiesemann eigentlich klar, was sie damit ihren Verwandten zumutet? Vielleicht sollte sie mal ihre Verwandten fragen ob diese in einer so schweren Lebensphase eine solche Entscheidung überhaupt treffen wollen. Herr Meiser hat dies weiter unten im Text ja auch, völlig zu Recht, als unfair bezeichnet. Insgesamt kann ich Herrn Meiser in seinen Ausführungen sehr gut folgen. Mit den meisten Aussagen von Frau Wiesemann bin ich nicht einverstanden.
Petra Harink

 


 

Leserbriefe allgemein zu neuen Plätzen im Blatt/Ressortumzüge

In der aktuellen Ausgabe der Zeit ist Christ und Welt nun integriert. Statt bisher mit einem eigenen Buch mit sechs Seiten sind drei Seiten übriggeblieben. Wie auch immer das begründet wurde, letztlich folgt leider auch die Zeit offensichtlich dem „Zeit-Geist“. Trotz steigender Auflage wird oder muss gespart werden. Dem Thema wird nicht mehr die Aufmerksamkeit geschenkt, die es gerade in der heutigen Zeit und Diskussion verdient. Gerade Themen, die vielleicht nur noch eine Minderheit interessieren, sollten vor allem in Ihrer Zeitung weiter gepflegt werden. Dabei werden auch Traditionen geopfert, der „Rheinische Merkur“ oder ehemals „Rheinischer Merkur, Christ und Welt“ ist in der Kopfzeile verschwunden. Das hat die „Zeit“ nicht verdient.
Manfred Wyrwoll

Ich abonniere DIE ZEIT mit Christ & Welt seit es dieses Format gibt. In seinem Schreiben vom 16.07.24 informiert Herr di Lorenzo persönlich über Neuerungen und Veränderungen dieses Formats, die im Hause ZEIT als „Chance“ begriffen werden und bedankt sich „von Herzen“ für meine „Treue“ und mein „Vertrauen“. Dieses Vertrauen ist beim morgendlichen Lesen der neuen ZEIT mit Christ & Welt doch arg erschüttert worden. Und mehr noch: Es nötigt mich, eine Entscheidung zu treffen, die ich eigentlich nicht treffen wollte. Ich fasse die „Neuerungen“ einmal so zusammen, wie sie sich mir darstellen: Die Einstellung der Beilage „Christ & Welt“ als eigenständiges Buch und seine Eingliederung in das Dossier- Buch hat zur Folge, dass „Christ & Welt“ um drei Seiten gekürzt erscheint. Der Abonnent dieses Formats soll zudem augenscheinlich auf die Leserbriefe und die Rubrik „Verbrechen“ verzichten, zwei Rubriken, die mir sehr wichtig sind und für die ich ja ebenfalls bezahle. Denn schließlich war und bin ich ja bereit, einen Aufpreis für sogenannte Sonderseiten (bzw. ein „EXTRA- Ressort“, so wie Sie es in Ihrem Abo-Shop bewerben) zu zahlen. Um es kurz zu sagen: Ich soll ab jetzt also weiter schön zahlen für weniger (denn man „klaut“ mir drei Seiten Christ & Welt sowie die Rubriken Leserbriefe und Verbrechen). Ich bin also gezwungen, eine Entscheidung zu treffen. Weiter geht es schweren Herzens mit der klassischen ZEIT ohne Christ & Welt. Denn das, was sie hier anbieten, nennt man im Lebensmittelsektor eine Mogelpackung. Dass Sie diese Mogelpackung den Lesern als positive Veränderung verkaufen wollen, das nehme ich Ihnen wirklich übel.
Tim Weber

Wie bedauerlich ist es, dass die Kinderseite Leo nun in den Ausgaben mit ZEIT im Osten nicht mehr enthalten ist. Warum eigentlich? Da ich auch Abonnentin bin, möchte ich hiermit darum bitten, die allgemeine Ausgabe nach Weimar in Thüringen geliefert zu bekommen.
Christiane Fischer

Mit dem Wechsel einiger Seiten in der Ausgabe Ihrer Zeitung vom 25.7.2024 erhalte ich leider keine Kinderseite mehr. Offenbar erhalte ich im Abo eine Ausgabe, in der die Kinderseite generell nicht enthalten ist. Bisher habe ich diese Seite jede Woche an meinen 9-jährigen Enkel geschickt, um ihn ans Lesen der ZEIT heranzuführen. Wie wäre es denn möglich, auch weiterhin die Kinderseite zu erhalten?
Sabine Stein

Als Abonnent Ihrer Zeitung mit der nun integrierten Beilage Christ & Welt bin ich befremdet über das so andere Titelbild und die Inhaltsangabe, die nicht mit der Seitenzahl der mir vorliegenden Ausgabe übereinstimmt. Ist das ein Versehen oder bleibt das nun so?
Willi Bast

Heißt das, dass ich als C+W Abonnent sowohl C+W als auch das Dossier nun halbiert bekomme? Oder ist das noch ein Ausrutscher? Den Brief von Herrn di Lorenzo hätte ich anders verstanden.
Eugen Deubner

Entsetzt habe ich in der letzten Ausgabe feststellen müssen, dass es nun eine Rubrik „Christ & Welt“ gibt, was offenbar, soweit ich das ermitteln konnte, ein Zufluchtsort für die Reste einer evangelischen Zeitschrift ist. Ich hatte die ZEIT abonniert für kritischen, unabhängigen Journalismus. Zu solchem passte der Rubrikname „Glauben und Zweifeln“ sehr gut. Aber für religiöse Mission zahle ich keinen einzigen Cent. Die evangelische Kirche hatte mir vier Jahre nach der Wende mehr als zweitausend D-Mark eingeklagt (eine Vergleichssumme nach ursprünglich mehr 4-tausend), weil sie herausgefunden hatte, dass ich getauft war – meine einzige Teilnahme an einer kirchlichen Veranstaltung. Da ich nicht konfirmiert wurde, wähnte ich mich nicht als Kirchenmitglied. Um auszutreten, musste ich selbst herausfinden, in welcher Gemeinde (die nie Kontakt aufgenommen hatte) ich Mitglied war. Hinterher hieß es in kirchlichen Verlautbarungen, Ostdeutsche würden vom Glauben abfallen. Also finde ich, dass für dieses heuchlerische Theater genug bezahlt wurde. Von einer journalistisch hochstehenden Zeitschrift erwarte ich eine strikte Zurückweisung jeglichen religiösen Einflusses. Das ist Ihnen offenbar nicht gelungen.
Frank Rawel

Wir konnten heute die Kinderseite in der aktuellen Zeit vom 25.7. nicht finden. Im Inhaltsverzeichnis soll sie auf S. 18 sein, dort befindet sich jedoch die Rubrik „Zeit im Osten“. Handelt es sich um eine Ausnahme oder können wir die Kinderseite jetzt gar nicht mehr lesen? Das wäre sehr schade, denn wir möchten unsere Kinder gern weiter einbinden in die Lektüre.
Kati Hölzel

Sie bringen meine Ordnung (persönliches Archiv) völlig durcheinander, wenn sie diese beiden wichtigen Rubriken auf EINER Seite drucken. Ich kann sie dann nicht mehr archivieren. Diese Änderung ist kontraproduktiv! Bitte sofort ändern!!!!
H. Krausz

Natürlich versuchen wir, uns auf neue Kolumnen zu freuen und natürlich verstehen wir, dass Sie aus Ihrer Sicht Veränderung als Chance begreifen (müssen), wie Sie in Ihrem Brief schreiben. Allein: Wir finden es trotzdem sehr schade, dass Sie den Umfang von Christ&Welt halbieren! Wir hätten es vielmehr als Chance begriffen, wenn Sie trotz aller Unwägbarkeiten am Umfang festgehalten hätten – und den Inhalt erneuert und ein bisschen aufgefrischt hätten. So bleibt der Eindruck, dass Sie eine Sparmaßnahme als Chance hochjazzen, wo sie doch vor allem eines ist: eine Sparmaßnahme. Umgang halbieren, Preis beibehalten – ein bisschen fragwürdig finde ich das schon. Und wenn Sie erlauben: Ich wünsche mir auch Christoph Amend als Chefredakteur des „Zeit“-Magazins zurück – oder zumindest den Geist, indem das Magazin unter seiner Leitung gedacht und produziert worden ist. Und dies liegt nicht nur daran, dass ich seine Tante im benachbarten Ingersheim ganz gut kenne und das Essen seiner Cousine Sarah Hallmann in Berlin außerordentlich schätze. Seit er nicht mehr für das Magazin verantwortlich ist, lässt die Qualität des Blattes meiner Meinung nach stark nach. Gute Kolumnen abgesetzt, neue, tatsächlich oft umfassend belanglose und dazu schlecht geschriebene (und immer öfter auch schlecht redigierte) Kolumnen eingeführt und durch mindestens so unerhebliche (und manchmal auch ärgerliche) Geschichten eingerahmt. Nur ein Beispiel unter immer mehr Beispielen: das Stück über die beiden Kücheninfluencerinnen in den USA. Natürlich muss nicht jedes Stück und jede Kolumne meinem Geschmack entsprechen und meine Leselust streicheln. Manchmal glänzt ja der Rest erst durch ein leseunlustiges Stück. Und ich habe auch überhaupt nichts gegen Albernheiten und Nonsens. Ich habe als Journalist selbst lange genug nur Albernheiten und Nonsens geschrieben … Aber wenn immer weniger glänzt, dann wird’s irgendwann eng. Vor allem, wenn sich manche Seltsamkeiten langsam auch ins Hauptblatt einschleichen. Vielleicht ist es ja aber auch so: Nicht die „Zeit“ und ihr Magazin haben sich geändert, sondern ich und mein Geschmack? Was vom Ergebnis als Leser her betrachtet ja am Ende nicht so wahnsinnig viel ändert. Herzlichen Dank für Ihre Arbeit und Mühe, die überwiegend (und noch) ja auch zum Tragen kommt – und ganz herzliche Grüße nach Hamburg
Matthias Hohnecker

Vielen Dank für diese hervorragende „Beilage“ zum Thema „Treue“- und für die Ankündigung die „Beilage“ nun in jeder Ausgabe integriert von „Die Zeit“ zu finden. Das Wort „Beilage“ entfällt nun und ich freue mich „Christ und Welt“ in JEDER Ausgabe zu finden. Das Gespräch mit Susanne von Gönner brachte zusätzlich: Klarheit, Offenheit und Weite. Wunderbar.
Julia Kohler

Schon länger bedaure ich manche Artikel, die auf den Seiten 16-18 der allgemeinen Ausgabe stehen, nicht lesen zu können, da in meiner Region ausschließlich „Zeit im Osten“ (oder Werbung) auf diesen Seiten zu finden ist. Was man auf diesen Seiten erfährt, ist zwar oft interessant und/oder ein Beitrag zum allgemeinen Diskurs, könnte jedoch aus meiner Sicht teilweise auch in der allgemeinen Ausgabe stehen und manches könnte in deutlich weniger Sätzen mitgeteilt werden. Daher möchte ich einen Vorschlag äußern: Warum reduzieren Sie diese Rubrik nicht auf eine Seite? Und da vielleicht in anderen Gegenden die Leser auch gerne etwas Regionales lesen möchten, könnte dann an genau dieser Stelle im Norden was aus dem Norden, im Süden was aus dem Süden usw. stehen. Und alle weiteren Inhalte können wieder von allen LeserInnen der gedruckten Ausgabe gelesen werden.
Christiane Fischer

….warum kann man sich nicht mehr auf die Seite INHALT verlassen , und wo finde ich Leserbriefe??? Beides vermisse ich sehr!!
Doris Löbbert

 


 

Leserbriefe zu „Endlich Urlaub“ von Henning Sußebach im ZEIT Magazin

Mit großem Vergnügen habe ich den Bericht aus Schweden gelesen! Doch, unsere Erfahrungen von Freiheit, Natur, Kultur und Begegnungen waren anderer Art, und zwar in Australien, zugegeben nicht mit eigenem Wohnmobil. Aber es gibt in Australien tatsächlich Rentner, die Haus und Hof verkaufen und nur mit dem Wohnmobil unterwegs sind! Denn die Caravan Parks sind tatsächlich: gut ausgestattet, im Wald, an Sehenswürdigkeiten, am Meer usw. mit viel Platz, ohne Schotter oder Asphalt! Vgl. Foto. 5 Wochen waren zu wenig für die Ostküste von Cairns bis Sydney. Sofort würde ich das wiederholen, wenn nur nicht ein 24-stündiger Flug mit stop over on Singapur wäre!!!
Ruth Dittus

Man kann Urlaub im Wohnmobil mögen, oder nicht. Die Wahrheit über Urlaub im Wohnmobil wird man sicher nicht im Erstversuch in einer Woche Schweden herausfinden. Diese Wahrheit trotzdem zu reklamieren, wie es sich ihr Autor anmaßt, ist schlicht arrogant. Man ist nirgendwo gezwungen, auf gesichtslose Stellplätze zu gehen. Auf den meisten Campingplätzen hingegen kann man die Zeit viel angenehmer verbringen und zum Beispiel die oft nahegelegenen Städte samt den Einheimischen kennenlernen. Was allerdings schwer nachzuvollziehen ist, ist die Tatsache, dass die Besitzer sündteurer Wohnmobile ausgerechnet mit dem Übernachten auf den viel billigeren Stellplätzen sparen wollen. Aber, wie gesagt: man kann ja auch einen Campingplatz aufsuchen. Den beiden Test-Wohnmobilisten sei eine beschauliche Tour durch die Vogesen, durch Masuren oder Schleswig-Holstein empfohlen. Dann könnten sie vielleicht nachvollziehen, dass es nicht viel Schöneres gibt, als diese Art zu urlauben.
Thomas Hossfeld

Mit viel Freude habe ich die aktuelle Reportage zum Thema Wohnmobil gelesen. Auf den Punkt! Nie habe ich verstanden, warum man sein ‘Luxusleben’ auf Rädern durch die Welt tragen muss. Der Text sagt alles und bravo an den Fotografen (wir trafen uns vor mehr als 20 Jahren zufällig, beide beim Fotografieren vor der Oper in Sydney). Die Bilder sind an Traurigkeit nicht zu übertreffen und bringen die Einsamkeit dieser Reiserei absolut auf den Punkt. Wir waren auch in Schweden und Finnland, aber haben uns für eine andere Form der Mobilität entschieden. Ihnen allen einen schönen Sommertag,
Joerg Lehmann

Danke dafür, dass Sie das Reisen mit Womo miesmachen. Es sind viel zu viele Menschen damit unterwegs, die im Grunde nichts damit anzufangen wissen. Wir reisen nach unserem ersten total verregneten Urlaub im Zweimannzelt seit fast 50 Jahren mit Bulli bzw. seit Renteneintritt mit etwas größerem Gefährt. Zwischendurch auch mal Hotel, Ferienwohnung o.ä., pauschal, in Gruppe oder individuell. Für uns gibt es nichts Besseres als Womo. Spontan losfahren, ohne zu buchen. Weiterfahren, wenn das Wetter schlecht oder der ausgesuchte Ort nicht den Vorstellungen entspricht. Mit zunehmendem Alter nur noch mit Bordtoilette. Nie wieder auf versiffte Autobahnklos oder in Städten verzweifelt auf der Suche. Als Mann kann man das vielleicht nicht so nachvollziehen, aber fragen Sie mal ihre Frauen. Klar, es gibt Stellplätze, da könnte man genauso auf einem Aldiparkplatz urlauben, muss man sich ja nicht hinstellen. Und niemals in den Sommerferien an die See! Zu voll, zu teuer, die Urlauber häufig aggressiv. Wir sind nicht so sehr die Städteurlauber, Kneipen interessieren uns nicht. Für uns geht es in die eher einsamen, nicht touristisch erschlossenen Gegenden, da wir ornithologisch interessiert sind. Versuchen Sie mal, z.B. an der Biebrza im hintersten Polen ein Hotelzimmer zu finden. Einen kleinen feinen Campingplatz mit null Infrastruktur gibt es. Wir haben noch nie Probleme gehabt, mit unseren Mitmenschen ins Gespräch zu kommen, soweit es die jeweiligen Sprachkenntnisse zuließen. Natürlich gibt es auch die Camper (meist Rentner, aber nicht nur), die 4 Monate im Winter in Spanien auf einem Platz stehen, morgens Frühschoppen mit immer den gleichen deutschen Nachbarn, abends den Grill anschmeißen und bei der Platzwahl in erster Linie auf guten Fernsehempfang achten. Aber jedem das seine. Je weniger mit dem Womo unterwegs, desto besser für uns. Vieles, was vor 40 Jahren möglich war (z.B. mit dem Bulli mitten in Wien vor dem Sacher zu übernachten), geht heute nicht mehr. Ach ja, dies penibel waagerecht finden wir sehr amüsant. Haben wir noch nie gebraucht. Diese komischen Keile haben wir nicht dabei.
Martina Preuschoff

Wenn man ein Wohnmobil vollpackt mit Vorurteilen ist die Chance natürlich sehr groß, auf Reisen genau diese Vorurteile bestätigt zu sehen. Eigentlich müsste man dem Autor dankbar sein, führt sein Bericht vermutlich dazu, dass sich nicht immer mehr „Freizeitkapitäne“ an einer „Schlacht um die besten Stellplätze“ beteiligen. Dennoch ist der Artikel gespickt mit pauschalen Bewertungen, die fern aller Realitäten sind und es verwundert, dass sich ein so seriöses Blatt wie Die ZEIT dazu hergibt, mit Hilfe solcher Abstrusitäten eine sich verbreiternde Negativhaltung gegenüber Wohnmobilen und ihren Besitzern zu unterstützen. Ich habe jedenfalls bislang keine Städte gesehen, in denen „weiße Kisten in Vorgärten, entlang der Straßen, auf fast jedem freien Stück Asphalt“ stehen. Eine schamlose Übertreibung, die Vorurteile fördern, Hass und Hetze verbreitern hilft. Auch bin ich noch nie „Teil einer sich rasch verdichtenden Freizeitkarawane auf der rechten Autobahnspur“ gewesen oder geworden. (Kritik wäre berechtigt, wenn man die „armen LKW-Fahrer“ bedauert, die EU-Recht befolgend auf überfüllten Autobahnrastplätzen versuchen ihre Ruhezeiten einzuhalten und Nachtruhe zu finden – darüber aber beklagt sich kaum jemand.) Wenn dann die erste Erfahrung der Autoren das sog. „Strandcamping direkt neben der Autobahn“ für 50 Euro die Nacht nach einer Reihe von ausgelassenen Sehenswürdigkeiten ist, muss das doch wohl eher am Fahrer als an der Art des Reisens liegen. Die „Flexibilität eines Wohnmobils“ dient dementsprechend auch nicht dazu, „sich fürs Weiter- und Vorbeifahren zu entscheiden.“ Man könnte den Autor hinsichtlich dieser Erfahrungen bedauern – aber er hat es sich ja selbst so gewählt. (Nur ein paar Beispiele – es gibt mehr).
Diese Art des Journalismus ist auch nicht als Glosse (zu lang) oder als Satire (keine Pointen) zu verstehen, sondern einfach nur peinlich. Den „Preis für urbane Nähe“ bezahlen Wohnmobilfahrer auch nicht mit „Hässlichkeit“, genauso wenig, wie sie zur „visuellen Verschmutzung“ beitragen. Wir parken jedenfalls nicht auf Marktplatz, Kirchhof oder in der Altstadt, sondern nutzen grüne, freundliche Stell- oder Campingplätze um mit Fahrrad oder ÖPNV schöne Stätten zu erkunden und genießen anschließend im kleinen Gasthaus unser Abendmenü neben unserer rollenden Ferienwohnung. Wenn es den Autoren jedoch gefällt, sich mit ein paar tausend Kreuzfahrern in die Altstädte von Dubrovnik, Venedig oder Porto „ausspucken zu lassen“ und außer Müll und Abgasen nichts zu hinterlassen, denn sie werden auf dem „ablegenden Dampfer“ ja bestens versorgt, dann sollten sie sich damit auseinandersetzen. Und wenn es ihnen besser gefällt aus dem 9 Stock einer „Schlafzimmerhochburg“ an der Riviera auf eine Poollandschaft und mit Handtüchern reservierte Sonnenliegen zu schauen, während sich an der Poolbar nebenan morgens bereits die All-Inklusiv-Gäste die „Kante geben“ – bitte sehr. Sehen die Autoren „Overtourism überall“ ernsthaft bei Wohnmobilen? Jedenfalls berechtigt dies nicht dazu, eine diesbezüglich eher seichte Form des Tourismus derart zu verunglimpfen. Wir jedenfalls werden uns die Freiheit zu reisen und Land und Leute in anderen Regionen kennenzulernen (anders als Kreuzfahrt- oder Pauschaltouristen) nicht durch solche herabwürdigenden vermeintlichen „Erfahrungsberichte“ vermiesen lassen. Schade nur, dass die ZEIT sich dafür hergibt, solche Art von Journalismus zu fördern.
Günter Schölzel

Warum mit dem Wohnmobil von einem öden Stellplatz zum nächsten eilen? Warum nicht – wie die meisten Wohnmobilisten – komfortable Campingplätze aufsuchen? Dort findet man Erholung zwischen Bäumen auf grünem Rasen und kann auch häufig einen Pool und Gastronomie genießen. In der Nebensaison oft schon für 20 Euro pro Nacht.
Inga Hänsel-Nell

Wohnmobile sind zur Plage geworden! Anscheinend muss jeder ein eigenes haben, welches er dann gefühlte 50 Wochen im Jahr im öffentlichen Parkraum abstellt, wo es wie festzementiert auf seinen raren Einsatz wartet. So ist es in meinem Wohngebiet, wo, wie mittlerweile fast überall im städtischen Raum, Parkplatznot herrscht. Dazu kommt dann noch der PKW der Wohnmobilisten, der ja auch irgendwo stehen muss. Ich erwische mich immer wieder, wie ich Zerstörungsfantasien an diesen Wohnmobilen entwickle, wenn ich ellenlang einen Parkplatz suchen muss, um meinen Kleinwagen nach der Arbeit abzustellen. Häufiges „Argument“ von Wohnmobileigentümern in diesem Zusammenhang: sie zahlten ja immerhin Kraftfahrzeugsteuer für ihre Fahrzeuge. Tja, das tue ich auch und reklamiere dennoch nicht einen (festen) Parkplatz im öffentlichen Raum für mein Auto. Sie sehen, eine objektive Sicht habe ich zum Thema Wohnmobil nicht wirklich. Umso interessanter ist für mich das Experiment von Peter Bialobrzeski und Henning Sußebach, um zu erfahren, was ein Urlaub mit einem Wohnmobil so reizvoll für viele Leute macht. Ihre Beobachtung deckt sich mit der meinen, vorwiegend sind es fitte weiße Rentner, die sich ein Wohnmobil gönnen und einen angeblich selbst-bestimmten und individuellen Urlaub machen möchten. Die Wahrheit sieht anscheinend etwas anders aus, ganz abgesehen von der Unbeweglichkeit und Enge, die ein Wohnmobil zu bieten hat. Von der Optik ganz zu schweigen. Vom „echten“ Camping habe ich anscheinend eine ziemlich antiquierte Vorstellung. Ich erinnere noch einen herrlichen Urlaub im Finnland Anfang der 80er Jahre, ein quietschbuntes Steilwandzelt (nicht wirklich wasserdicht) nebst spartanischer Ausstattung im Golf verstaut. Jeden zweiten Tag wurde es am Abend auf einem Campingplatz an einem neuen Ort aufgebaut und am nächsten wieder Morgen abgebaut. Dann ging es weiter. Unter der Mitternachtssonne mit den anderen Campern, die ebenso unterwegs waren, eine tolle Zeit. Erst als die Luftmatratze zum Ende des Urlaubs den Geist aufgab, wurde eine kleine Hütte auf dem Campingplatz zur Übernachtung genommen. Welch ein Luxus! Natürlich soll jeder seinen Urlaub nach den eigenen Interessen und Vorlieben gestalten. Meinetwegen auch mit dem Wohnmobil. Es ist aber wie mit dem Overtourism oder anderen Dingen. Die Natur und die Bedürfnisse anderer Menschen müssen geachtet werden!
Regina Stock

Die meiste lieben ihr Wohnmobil, weil man damit die Welt in Filzpantoffeln bereisen kann. Früher musste man sich wenigstens ein wenig auf die Fremde einlassen.
Peter Pielmeier

Ihr beabsichtigter kritischer Blick auf das Reisen mit dem Wohnmobil ist leider nur ein kritischer Blick auf die Wohnmobil-Reisenden und blendet völlig aus, dass es auch anders geht – wenn man denn will.
Jörg Busch

Ich komme gerade mit meiner Familie von einem dreiwöchigen Camping-Ritt rund um die iberische Halbinsel zurück, bei dem wir annähernd 7000 km durch Frankreich, Spanien und Portugal zurückgelegt haben, und lese verwundert, wie Henning Sußebach in seinem Stück das Camping verzeichnet. Man kann sich nicht ein 70.000-Euro- Wohnmobil mieten, nur die Highend-Campingplätze auf den ausgetretenen Campingfährten nach und in Schweden anfahren und sich dann über die Spießer beschweren, auf die man dort trifft. Als wir vor sieben Jahren zu campen anfingen, haben wir uns einen sehr alten Wohnwagen gekauft, ihn an unseren nicht minder alten Diesel gehängt und in drei Wochen sämtliche Balkan-Hauptstädte angefahren. Schon damals hatten wir wunderbare Begegnungen mit Einheimischen wie anderen Campern. Wir trafen z. B. auf niederländische Camper in fortgeschrittenem Alter – in dem sich der Deutsche bereits auf die Suche nach einem Altersheim macht –, die es wie wir gut gelaunt und mit sorgfältig ausgewählter Lektüre ausgestattet bis zu den abgelegensten Campingplätzen in Albanien geschafft hatten. Seither steht fest: Meine Frau und ich wollen so altern wie diese Niederländer! Schon unsere Tochter knüpft auf jeder Reise auf dem Campingplatz Freundschaften zu anderen Kindern, die sie dann als Brieffreundschaften fortsetzt. Kurzum: Ich möchte dem Bild, das Sußebach da vom Camping zeichnet, dezidiert widersprechen. „Man sieht nur, was man weiß“ – das Stück verkennt genau diesen Umstand, und meines Erachtens ist Sussebach auf seiner Reise v. a. dem Spießer in sich begegnet.
Marcel Haldenwang

 


 

Leserbriefe zu „Titel: Kann sie Amerika retten?“

Falscher Titel: Sie muss Amerika retten! Und nicht nur Amerika!
Alexandra Foghammar

Der Aufmacher der „Zeit“ ist so peinlich, so infantil. Da Amerika nicht gerettet werden muss, werden wir nie erfahren, ob Kamala Harris es könnte. Politik kann gar nicht retten. Bestenfalls behindert sie die wirklichen Retter nicht. Aber der deutschen Wochenzeitung geht es auch nicht um Amerika. Die Frage lautet eher: Will Amerika die Europäer weiter retten? Wird uns der große Bruder weiter verteidigen, sodass wir unser Geld weiter in sozialistisches Brauchtum und moralischen Größenwahn stecken können? Der alte, weiße Trump hat uns so viel Angst gemacht. Da wird es Zeit, der Alternative die Füße zu küssen. Wenn wir ganz lieb sind, dürfen wir vielleicht unser Taschengeld behalten und am Abend noch etwas länger auf bleiben. Mutti ist doch die Beste!
Fred Klemm

Die Alternative Harris gegen Trump klärt die Fronten im US-Wahlkampf, nicht nur Alt gegen Jung bzw. doch jünger, auch im nicht unwichtigen Feld der Rhetorik und der Medien, in Amerika traditionell wahlentscheidender als Wahlinhalte. Mit der wohl sicheren Nominierung von Harris geht Trump ein Teil der Medienaufmerksamkeit verloren, die ein neuer Kandidat oder eine neue Kandidatin automatisch in den Medien reflexartig auf sich zieht. Vor allem aber kann die ehemalige Generalstaatsanwältin, die in mehreren Anhörungen im US-Kongress für Schweißausbrüche der Vorgeladenen gesorgt hat, Trump rhetorisch Paroli bieten. Denn auch eine gute Politik muss, was in Deutschland meist vernachlässigt wird, „gut verkauft werden“. Trump hatte auf diesem Feld trotz seiner „schlechten Politikinhalte“ ein Alleinstellungsmerkmal. Das ist jetzt mit einem Schlag vorbei. Harris kann laut und frech sein, wie Trump, nur mit anderen Inhalten. Dennoch muss vor allzu großem Optimismus im Harris-Lager, der sich auffallend schnell auch in Europa und den Medien breitmacht, gewarnt werden. Wenn es stimmt, dass in Bidens Amtszeit acht Millionen Menschen über die mexikanische Grenze in die USA gelangt sind, dann muss man sich die Augen reiben über Kamala Harris‘ realitätsferne Pläne, wie sie in Deutschland auch von den Grünen zu hören sind, die massenhafte Einwanderung nicht an den Grenzen, sondern „mit Hilfe in den Ursprungsländern“ zu regulieren. Gut und richtig gemeint, aber reine Utopie. Und wenn sie dann auch noch das Verbot bestimmter Waffen in den USA fordert, was jeder normale Mensch in Europa nur begrüßen kann, dann hat sie mindestens die halbe amerikanische Bevölkerung gegen sich, die den Besitz von welchen Waffen auch immer als „heiliges historisches Landrechtserbe“ versteht. Nur mit Themen wie Abtreibungen und Waffenrechte kann man in den USA keine Wahlen gewinnen, glaubt jeweils ein Bewohner von „Old Europe“, der sich auch irren kann, weil er von den USA „sowieso nichts versteht“. Aber ein Zwischenruf darf sein.
Wilfried Mommert

Dieser Top-Juristin Frau Harris erlaubte es in ihrer Stellvertreter-Funktion offenbar kaum mehr, als zu funktionieren wie unter Siegfrieds Tarnmantel und als Dackel im Größenklein der Nomenklatura Schmäh zu schultern. Wer weiß: Vielleicht bringt die Kandidatur ja nicht nur den sprichwörtlichen Löwenmut und Verlässlichkeit des Teckels zum Tragen, sondern offenbart alle Rettungs- und Versöhnungstugenden, wie sie nur eine Frau zur Entfaltung bringen kann. Harren wir der Dinge…
Andreas Weng

„Dass Amerika entdeckt wurde, war erstaunlich. Noch erstaunlicher wäre gewesen, wenn Amerika nicht entdeckt worden wäre“, dieses Zitat stammt vom US-amerikanischen Erzähler und Satiriker Mark Twain (1835-1910) Viel Glück Kamala Harris bei der Errettung von Amerika! „In Amerika regiert der Präsident für vier Jahre und der Journalismus fast immer und ewig!“ Dieser Ansicht war damals der irische Lyriker, Dramatiker & Bühnenautor Oscar Wilde (1854-1900).
Klaus P. Jaworek

Die freiheitlich demokratische Staatsform basiert auf Gewaltenteilung, d.h. einer durch checks and balances kontrollierten Machtausübung. Daher kann weder Frau Harris „Amerika retten“ noch ein Herr Trump „Amerika in den Abgrund“ stürzen. Die Machtfülle einzelner Personen als „Erlöser“ oder „Zerstörer“ wirken zu können, ist den totalitären Herrschaftsformen vorbehalten. Eine Presse, der ihre Freiheit wichtig ist, und die ihr Selbstverständnis und ihre Bedeutung als „vierte Gewalt“ erhalten möchte, sollte besser nicht in die Sprachbilder von totalitären Systemen verfallen.
Jürgen Pilz

 


 

Leserbriefe zu „Es wird eine andere Weltordnung entstehen“. Gespräch mit Markus Brunnermeier geführt von Roman Pletter und Kolja Rudzio

Die Welt ist auch ohne Trump im Wandel und der deutsche Wohlstand zieht sich für viele seiner Bürger schon lange in raue Berge zurück. Da wird Trump zum Feigenblatt einer Anti-Wirtschaftspolitik und einer Staatsquote, an der sich nur die wirtschaftsfernen Eliten schamlos bereichern. Und das Gerede von der Schuldenbremse ist einfach würdelos. Der Vorrang für Investitionen ist vor Jahrzehnten und seither immer wieder gescheitert. Unser Gesellschaftmodell scheitert schon ohne Trump und russische Bedrohung. Nun geht es vielleicht ein bisschen schneller. Demographie und die sich beschleunigende Verarmung von Rentnern und Gebührenzahlern haben sich auch ohne Trump längst auf den Weg gemacht. Diese immer gleichen ablenkenden, verharmlosenden Interviews sind die pure Zeit-Verschwendung. Oder ist das etwa die Absicht?!
Fred Klemm

Ihr Interview „Es wird eine andere Weltordnung entstehen“ mit Markus Brunnermeier ist weiter untertitelt mit „Sollte Donald Trump ins Weiße Haus einziehen, wäre Deutschlands Wohlstand in Gefahr.“ Wie kommen Sie zu dieser expliziten Aussage? Zumindest ich konnte es nicht finden oder auch ansatzweise herauslesen. Vielmehr sagt er, dass „Deutschland ..im Rahmen EU, den Westen und andere Handelsräume zusammenhalten“ muss. Dass, Deutschland nicht „oberlehrerhaft“ sondern mit „Fingerspitzengefühl“ agieren soll. Dass eine umweltfreundliche Transformation nicht unter politischen, sondern unter „ökonomischen Aspekte“ aufgesetzt werden sollte. Dass die Schuldenbremse gut ist, maximal für höhere Investitionen aufgeweicht werden sollte, ansonsten würde Investitionen zugunsten von Sozialausgaben gekürzt werden. Dass die für „Europäer [ihre] wichtige Work-Life-Balance“ zu Lasten der zukünftigen Mitgestaltung in der „Weltordnung und neuer Technologien“ geht. Und dass der Datenschutz und die Bürokratie die deutsche Wirtschaft hindern. Also hier scheint Ihnen- warum auch immer – eine populistische Untertitelung wichtiger zu sein als eine echte journalistische zusammenfassende Konklusion. Nur als Idee und mindestens genauso politisch populär wäre gewesen. Sollte Donald Trump ins Weiße Haus einziehen, muss Deutschland wieder die Ökonomie in der Politik berücksichtigen. Oder noch stärker, kann Deutschland sich nicht mehr auf eine Work-Life-Balance zurückziehen. Oder konkret, muss Deutschland Datenschutz und Bürokratie abbauen… warnt der an der US-Uni Princeton lehrende Ökonom Markus Brunnermeier“. Vielleicht hilft das beim journalistisch-kreativ werden.
Jan-Peter Hazebrouck

Vielen Dank für das Schlaglicht, dass Sie hier Herrn Brunnermeier, auch durch etliche guten Fragen, auf die Faktoren von Wohlstand und dessen Gefährdung ermöglicht haben. Er erinnert damit an etliche eigentlich lange bekannte, aber vielfach verdrängte oder vergessene Fakten und Logiken ohne die ein Wohlstand weder aufgebaut noch erhalten werden kann. Die große und vor allem kleine Überschrift allerdings hätten besser sein können: Sie nähren den Mythos, Herr Trump sei die einzige wesentliche Gefahr für unseren — künftigen — Wohlstand, während Herr Brunnermeier mehrfach deutlich macht, dass auch etliche sonstige Entwicklungen ihn ebenso oder noch mehr bedrohen wie Arbeitszeiten, Fachkräftemangel durch Demographie und viel zu langsame Integration von eigentlich hoffnungstragenden Migranten, Inflation auch durch überhöhte Schuldenaufnahmen, Bildungsmängel der Kandidaten für Nachwuchskräfte, Kriege, Folgen von Abhängigkeiten von billigen, aber nicht nachhaltigen zuverlässigen Lieferungen anderer Länder, etc. etc. Die Überschrift hätte also besser gelautet: „Es wird eine andere schwierigere Weltordnung entstehen, auch, aber absolut nicht nur durch evtl. Politik von Donald Trump“. So würde einigen Mythen vorgebeugt, etwa dahingehend, mit der deutschen Wirtschaft sei durch gute Politik allein alles leicht wieder ins Lot zu bringen, ggf. auch durch Orientierung an Bidens sogenannter IRA, die in Wirklichkeit aber das Gegenteil von Inflationsreduzierung bewirkt hat, nämlich eine auch viele Bürgerprobleme und Wählerstimmen kostende Inflation, die damit nicht nur den eigentlich angestrebten sozialen Zusammenhalt, sondern auch die Erhaltung der demokratischen Präsidentschaft oder gar Kongress-Mehrheit gefährdet.
Es wird auch deutlich, dass eine individuell angenehmere „Work-Life-Balance“ ihren Preis hat, nicht nur für das Individuum, sondern oft noch mehr für das Gemeinwohl, die Steuereinnahmen des Staates, die Sozial-Beiträge und damit schließlich auch für das gesamte Sozial- und Rentensystem. Eigentlich müsste diese Balance, die oft gar nicht mehr so balanciert ist, Work-Family-Balance oder Work-Leisure-Balance heißen, da auch die Arbeit zum Leben gehört; und noch allgemeiner gehörte in diese Balance auch das Lernen hinzu, denn die Leistungen einer Wirtschaft und damit die Tragfähigkeit für ein Sozialsystem und Infrastruktur hängen nicht nur an der Arbeitsmenge, der Zahl und Wochen- und Lebensarbeitszeit und Motivation der arbeitenden, sondern auch am Umfang des immer wieder neu gelernten. Dass beides in Deutschland besser werden muss, nicht nur für Luxus-Wohlstand, sondern auch für ein immer mehr belastetes Sozialsystem, Energiewende und Klimaschutz, auch das wird im Interview deutlich. Ohne solche Änderungen fast aller nützt die beste Politik höchstens eingeschränkt, auch oder gerade, wenn sie alle Regelungen der Schuldenbremse aufheben sollte. Es ist gespenstisch, wie viele immer noch dem Wunschtraum erliegen, allein damit ließe sich fast alles finanzieren, gar noch nachhaltig, ohne wieder mehr zu arbeiten, lernen und ggf. auf sonstige Früchte dieser Arbeit und dieses Lernens teilweise zu verzichten, was nicht selten sogar zu weniger Stress, mehr Gesundheit und damit mehr Wohlbefinden sorgen würde, wie bei Verzicht auf alle möglichen süchtig machenden Produkte.
Das Wort „Investitionen“ wird inzwischen ja sehr vieldeutig genannt, so dass man meist nicht weiß: Sind solche gemeint, die sich von selbst bezahlt machen durch künftige — zusätzliche — Einsparungen oder Einnahmen, oder sind es nur Erhaltungs- oder Reparatur-Investitionen, die bestenfalls eine Verschlechterung der Einnahmen und Ausgaben-Balance vermeiden, aber nichts, wovon später die Rückzahlung gestemmt werden könnte. Also werden die kleiner und belasteter werdenden kommenden Generationen sowie die Inflationsopfer doch die Tilgung der Schulden leisten müssen, falls sie nicht die Gläubiger (teilweise) leer ausgehen lassen. Die „Superidee“, alles zu tilgen durch „einfach“ immer neue Kredite, ist offensichtlich ein Schneeballsystem, was anscheinend manche Gläubiger der USA jetzt schon wittern, mit dem Ergebnis, dass ihnen die langfristigen Staatspapiere jetzt schon zu riskant erscheinen. Herr Brunnermeier hat wieder absolut Recht, dass ein durch neue Erfindungen oder Entdeckungen ausgelöster Boom bzw. Wirtschaftswachstum absolut nichts ist, worauf man sich verlassen könnte. Und selbst wenn, werden solche Wachstumsfaktoren nicht selten durch Schrumpfungs-Faktoren zunichte gemacht, die sie überlagern und aus den genannten Wohlstands-Gefahren resultieren. Dazu gehört auch das nahende Ende von Geschäftsmodellen, Wohlstand auf Nutzung der Ausbeutung von Menschen, Klima und Natur in anderen Ländern zu bauen oder zu erhalten, solange man als Gegenleistung noch eigene Überlegenheit oder gar Monopol in Spezial-Leistungen aufbieten kann. Auch das wird in Zukunft zumindest anstrengender und unsicherer werden angesichts des Zurückfallens der PISA-Ergebnisse und der Arbeitszeiten bei uns gegenüber anderen Ländern.
Also doch letzter Not-Ausgang aus allen Problemen viel mehr Investitionen durch Verwässerung der Schuldenbremse? Es stimmt, dass es noch schlimmere Erblasten als ein noch riesigerer Schuldenberg gibt, wie einen „toten Planeten“ oder kaputte Infrastruktur oder völlig kaputtes Bildungssystem. Aber ist es fair oder doch eher zynisch, die kommenden Generationen samt den Inflationsopfern und beider gegenwärtiger Fürsprecher nur zwischen diesen Übeln wählen zu lassen? Und das wegen dem Tabu und Dogma, dass der jetzigen Generation absolut keine zusätzlichen „Belastungen“, Leistungen, Zahlungen oder „Verzichte“ zumutbar seien? Dass alle jetzigen gewohnten Besitzstände sakrosankt sind? Auch m. E. besser, fairer, nachhaltiger und gerechter wäre, mindestens teilweise auch der jetzigen Generation mehr abzuverlangen, vor allem natürlich den Starken und Reichen und Besserverdienenden. Wegen der immer drohenden Verlagerung von Steuersitzen oder ganzen Betrieben in andere — steuerparasitäre — Länder ist das letztere nur aussichtsreich bei internationaler Kooperation. Präsident Lula da Silva hätten wir sehr dankbar sein können für die Vorschläge einer besseren internationalen Mindestbesteuerung. Dass dies ausgerechnet an der deutschen Stimme gescheitert ist, ist eines der größten Armutszeugnisse der „Ampel“ bzw. vor allem ihres Finanzministeriums.
Peter Selmke

Bei uns im Lande ist für die Vernichtung des Wohlstands ganz alleine die Ampel zuständig. Die Ampel hat sich das auf ihre Fahnen geschrieben, dazu brauchen wir keinen Donald Trump aus den Staaten. Hier in Deutschland hat längst die rot-gelb-grüne Ampel-Regierung diese Phase des Niedergangs mit der Übernahme der Regierungsgeschäfte eingeläutet. „Wir erkennen nicht den Aufbruch“, so der deutsche Politiker und Mitglied der CDU Ralph Brinkhaus (*1968)
Klaus P. Jaworek

Der Titel suggeriert etwas Unabänderliches unter Trump. Doch sind Zweifel angebracht. Zunächst sind Zölle immer ein Störfaktor im internationalen Handel. Gegenüber China verständlicher als gegenüber Deutschland aus zwei Gründen. Der Markt in China ist nicht wirklich offen, sondern stark reglementiert. Investoren unterliegen Einschränkungen und müssen zB Ihre Technologien teilen. Auch setzt die chinesische Wirtschaftspolitik vor allem auf die Industrie mit der Folge von Überkapazitäten, die die Weltmärkte überfluten, anstatt den Binnenkonsum zu stärken. Diese Ambivalenz ist der eigentliche Kritikpunkt. In Deutschland findet keine derartige Verzerrung der Angebotsbedingungen statt. Dass gleichwohl ein gigantisches Handelsdefizit zu den USA besteht, hat einen simplen Grund: die amerikanische Industrie hat sich weitgehend verabschiedet und produziert oft auf rückständigem Niveau. Sollte sich der Mark dennoch mit Zöllen abschotten, schneidet man sich quasi ins eigene Fleisch. Denn eine industrielle Renaissance kommt nicht über Nacht. Das weiß selbst (oder auch) Trump
Christoph Schönberger

Die Wirtschaftsleistung zwischen USA (3% per anno) und Deutschland (0,5% per anno) differiert nach 15 Jahren 55,5% zu 7,8% und nicht, wie im Bericht: Es wird eine andere Weltordnung entstehen mit 48% zu 7,8%. Diese Differenz ist dann doch noch um einiges gravierender bzw. „erschreckender“. Anderes betrachtet, ist die USA ist mit ihrem Bruttoinlandsprodukt schon nach ca. 2,5 Jahren dort, wo Deutschland erst nach 15 Jahren ist bzw. wäre. Hier MUSS sich etwas ändern, sonst verliert Europa, und wir Alpenrepublikaner hängen ja an eurer Nabelschnur, den internationalen Anschluss. Übrigens: Ihr Bericht ist sehr informativ! Deutschland muss mehr an sich glauben und nicht die wichtigsten, innovativsten Köpfe abwandern lassen. Und was es auch nicht darf: Sich selbst zu reglementieren – Stichwort: Dieselskandal, Demontage politscher heller Köpfe, wegen eines Kredits an die Schwiegermutter, etc. Liebe Deutsche; presst nicht immer den Arsch zu viel zusammen und werdet einfach ein bisschen lockerer. Ihr habt nicht die Erbschuld gepachtet, Österreich war auch dabei!
Arnold Hirschl

 


 

Leserbriefe zu „Bedingt orkanfest“ von Heinrich Wefing

Corona und das Versagen des RKI hat gezeigt, wie Demokratie in Diktatur und Barbarei absinken kann. Wenn die Mächte, die sich gegenseitig kontrollieren sollen, immer mehr gleichgeschaltet werden und Institutionen den Bürgen nicht dienen, sondern dominieren. Wer bestimmt denn, ob sich hier ein System vor Extremisten oder vor dem Bürger schützt? Heinrich Wenig wirft demokratische Entscheidungen in USA und GB in einen Topf mit dem Überfall Putins auf die Ukraine und die Friedensordnung der Welt. Das ist für mich an Demokratieverachtung nicht zu überbieten. Demokratie und Rechtsstaat leben zuerst und zuletzt davon, dass die Bürger, aus freien Stücken und von ganzem Herzen, diese in der Not verteidigen. Nicht davon das Brandmauern gebaut, Brücken hochgezogen und die Reihen geschlossen werden. Dieser Artikel gehört ins NEUE DEUTSCHLAND und danach, wie zu DDR-Zeiten üblich, aufs Klo.
Fred Klemm

Man darf sich schon wundern, mit welcher Beflissenheit SPD und Grüne (und auch FDP) zusammen mit der Union das Bundesverfassungsgericht stärken wollen. Gerade, wo die Regierung sich durch diese ohne Zweifel kompetitive Institution -in Verkürzung eines Zitats von Herbert Wehner- ihre Politik hat „kaputt machen lassen“. Oder wie soll man das eindeutig übergriffige Urteil zur Schuldenbremse sonst werten. SPD und Grüne sollten sich ihre Zustimmung zu der geplanten Reform so teuer wie möglich „abkaufen“ lassen, nämlich nur, wenn im Gegenzug die Schuldenbremse grundlegend reformiert oder gleich abgeschafft wird. Es nützt der Demokratie herzlich wenig, wenn sich das parlamentarische System durch derartige Reformen in eine „Gerichts-Autokratie“ umwandelt. Das Verfassungsgericht ist nicht gefährdet. Allerdings hat man von der früher durchaus üblichen richterlichen Selbstbeschränkung bei hochpolitischen Entscheidungen in der letzten Zeit nichts mehr gespürt.
Dieter Waldschmidt

Sie haben mit praktisch allem Recht im o.g. Artikel. Die nun geplanten Änderungen im Grundgesetz „sollen“ zwar die Grundpfeiler der Demokratie sicherstellen, können aber höchstens dazu helfen; und es gibt wahrlich genug Erfahrungen wie vieles an bis vor einigen Jahren „nicht vorstellbarem“ dann doch passiert ist. Und dass diese Republik sich ihre „Demokratie nicht kaputtmachen“ lässt ist eher eine noch ganz gute Hoffnung, aber keineswegs absolute Gewissheit. (Auch das drohende Überschreiten der Kippunkte des Klimas und was das konkret bedeutet) durch selbstverstärkende Prozesse können sich immer noch viele gar nicht vorstellen, obwohl der IPCC die Überschreitung der 1,5 Grad Marke (beim jetzigen Kurs) schon bis 2030 prognostiziert.) Selbst juristisch kann und müsste viel mehr getan werden als bisher geplant. Und selbst die schönsten verfassungs-juristischen Regeln reichen auch nicht alleine. In meiner Tageszeitung Schleswiger Nachr. vom 24.7.24 kam gerade ein Kommentar zum Thema mit dem Titel „Vorschläge riechen nach Aktionismus“. Argumentation: Eine Mehrheit extremistischer Kräfte sei im Bund zum Glück noch nicht absehbar. M.E. aber hat sich der Trend in dieser Richtung leider dramatisch verstärkt, und nicht aus Dummheit sagten schon die Römer „Wehret den Anfängen“, will heißen, ehe es irgendwann viel schwieriger oder zu spät ist. Zur Verhinderung von Verfassungsänderungen reichen auch schon ca. ein Drittel der Stimmen im Bundestag oder Bundesrat. Der Kommentator hatte aber sicherlich Recht, dass keine — juristische– Änderung der Welt das Verfass.-Gericht „gänzlich wetterfest“ machen wird oder kann, weil die Demokratie vor allem von ihren Menschen lebt, was übrigens auch bei vielen anderen Fragen nicht vergessen werden sollte, wo immer wieder das „Heil“ allein von Regierungen, Gesetzen oder Richtern erwartet wird. Und selbst demokratische Regierungen haben schon aus Bequemlichkeit oder zur Befriedigung von Gegenwarts-Wünschen ihrer Klientele verfassungswidrig gehandelt wie bei der Entkernung des Klimaschutzgesetzes, dessen Geburt 2021 dem damaligen Klimaurteil des BVG entsprach und dadurch nach Auffassung vieler als mindestes geboten war. Das bedeutet aber keinen Verzicht auf juristische Mittel, sondern dass diese nur ein Teil von vielen Bemühungen sein dürfen!
Peter Selmke

Den Aussagen des Artikels kann ich nur bedingt zustimmen. Warum? Der Autor schreibt, dass das angesehene polnische Verfassungsgericht von der Regierung (sic!) zur Karikatur deformiert wurde. Von der Regierung oder vom Parlament, das zugestimmt hat? Wefing schreibt, dass dies in Deutschland durchaus möglich sei, sollten sich die Mehrheitsverhältnisse ändern. Hatten wir nicht mal eine große Koalition, die die Zweidrittelmehrheit im Parlament hatte und die Mehrheit im Bundesrat und einem sozialdemokratischen Bundespräsidenten? Alles hätten sie durchbekommen, wenn sie gewollt hätten. Ganz legal. Zum Glück waren das vernünftige, gutwillige Leute, die sowas nicht vorhatten. Da es in Deutschland aber immer eine stabile Mehrheit (ansonsten droht angeblich das Chaos=Angst) geben muss, ist durch dieses Dogma dem Irrsinn Tür und Tor geöffnet, im Besonderen, wenn das Parlament resp. die Parlamentarier nicht ausreichend unabhängig sind (moralisch, ethisch, finanziell. Und dass das so bleibt, dafür sorgen schon die Machtstrukturen innerhalb der Parteien). Wer sagt denn, dass die CDU oder andere nicht mit der AfD koalieren, weil dies der „einzige“ („alternativlose“) Weg zu einer stabilen Mehrheit ist? Ggfs. noch ein paar Abweichler (s. Polen, Abtreibung) und man hat ein Problem. Weiterhin macht die „Verfassungsgerichtsproblematik“ hinreichend deutlich, dass es die „Gewaltenteilung“ so nicht gibt, d. h. hier gilt es Hand anzulegen und dafür zu sorgen, dass eine „durchknallende“ Exekutive in Zusammenarbeit mit einer willfährigen Legislative nicht „alles“ zerstört. Zu erinnern ist weiter daran, wer diese Richter bezahlt. Ist das nicht ein Justizministerium, also die Exekutive? Auch das Beamtenrecht schützt nicht, denn auch Beamte sind Menschen, wollen Karriere machen etc. (s. Die Zeit vom 4.7.2024, Artikel „Was haben sie zu verbergen“ v. Fritz Zimmermann). Es handelt sich somit um einen netten, leider nötigen, aber auch reversiblen (da positives Recht. Vor einiger Zeit sagte ein Staatsrechtler im TV, dass es ja den unveränderbaren Art. 1 GG gebe. Wie naiv ist diese Ansicht. Man schafft die Verfassung einfach ab und damit den Art. 1. Siehe Ermächtigungsgesetz v. 1933. Dies, obwohl es damals ein Republikschutzgesetz gab), Schritt, mehr nicht. Das Ursache liegt tiefer: Jules Romains schrieb ab 1932 an seinem Romanzyklus „Die guten Willens sind“. Funktioniert Demokratie nur, wenn alle oder fast alle guten Willens sind? Warum sind bestimmte Leute nicht guten Willens? Churchill sagte sinngemäß, dass die Demokratie eine schlechte Regierungsform sei, er aber keine bessere kennen würde. Warum sehen diese Leute das nicht auch so?
G.-R. Erdmann

 


 

Leserbriefe zu „Die Macht der Milliardäre“ von Heike Buchter

Eine Reihe von Artikeln in der letzten ZEIT befasst sich mit der anstehenden US-Wahl. Subsummierend wird auf der Titelseite neben dem Bild einer kritisch in die Ferne sehenden Kamala Harris die Frage „Kann sie Amerika retten?“ gestellt. Die aktuell vermutlich größte Unumstößlichkeit in der deutschen Presselandschaft ist die kategorische Ablehnung Donald Trumps. Dies vorausgesetzt, hat es eine gewisse Folgerichtigkeit, messianisch sehnsuchtsvoll in Richtung von Frau Harris zu blicken. Der Artikel von Frau Buchter, die sich mit der Finanzierung des US-Wahlkampfs, den Milliardären, ihrem Geld und der Einflussname auf beide Parteien befasst, kommt unter diesen Rahmenbedingungen angenehm neutral daher und widmet sich vergleichsweise ausgewogen beiden US-Parteien, deren Geldgebern und erkauftem Einfluss. Houston, wir haben da ein Problem, möchte man nach der Lektüre melden. Oder einfach nur resignierend die Schultern heben. Die Demokratiegefährdung kommt im Falle unseres transatlantischen Vorbildstaates aus seinem Inneren. Da sind zunächst die (abgehängten) Wähler, die zu einem Anteil von fast 50% einen gefährlichen Lügner wählen wollen. Hinzu kommt das Großkapital, das sich in den Wahlkampf einkauft. Und zuallerletzt ein Wahlsystem, an dem im Zuge einer „Wahlkreisreform“ herummanipuliert wurde. Das Ergebnis all dessen ist, dass über die Rettung Amerikas nicht die Mehrheit abgegebener Stimmen entscheiden wird, sondern ein paar hunderttausend Wähler in jenen Wahlkreisen, in denen rote und blaue Anteile sich die Waage halten.
Unser Problem bei alledem ist neben möglicher wirtschaftlicher Turbulenzen (Siehe Interview mit Markus Brunnermeier), dem in Europa (mit Russland) alleine gelassen werden, vor allem das endgültige Zerbröseln eines Kanons mühsam aufrecht erhaltener Selbstvergewisserungen: Wir sind die Guten. Wir sind die freie, demokratische Welt. Wir handeln wertebasiert. Wir helfen gemeinsam der Ukraine, damit sie unsere Freiheit und Demokratie verteidigt … die Aufreihung ließe sich beliebig verlängern. Frau Buchters Artikel holt uns zurück in eine hässliche Realität voller Widersprüche und Zielkonflikte. Elon Musk, jener manische Visionär, der die Welt mit sauberen E-Autos beglückt, unterstützt öffentlich Trump, also jenen Egomanen, der in Verdacht steht, der E-Mobilität besser gestern als heute den Garaus zu machen. Ebenfalls Geld kommt von Mark Zuckerberg ohne dessen geniale Erfindung wir heute alle einsam und nicht kommunikationsfähig mit unseren Freunden wären und die eher unbekannten Financiers von Twitter und Skype, ebenfalls Trump Unterstützer. Aber wer zahlt denn dann für die andere Partei, also die Rettung Amerikas, fragt man sich besorgt. Disney, Bloomberg, Soros lernen wir. Dann wird ja alles gut!
Maximilian Trattenbach

„Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“ hieß es wohl schon in grauer Vorzeit. Dass Politiker*innen die Interessen derer wahrnehmen, die sie finanziell gefördert und damit (indirekt) an die Macht gebracht haben, ist wohl verständlich, insbesondere dann, wenn mensch noch einmal wiedergewählt werden will und dafür erneut auf finanzielle Unterstützung angewiesen ist. Das läuft natürlich dann darauf hinaus, dass Politik in der Praxis vorwiegend für die Reichen gemacht wird, selbst wenn die betreffenden Politiker*innen vorgeben, sich für die Armen oder die Durchschnittsverdiener*innen einzusetzen, denn die Reichen können sich Parteispenden in großem Umfang leisten, die Armen nicht. In Deutschland ist es aber sogar so, dass unternehmer*innenfreundliche Parteien und Politiker*innen selbst dann Politik für die Reichen machen, wenn sie gar keine Millionenspenden erhalten, quasi aus Überzeugung, weil sie immer noch an den – inzwischen empirisch widerlegten – Trickle-down-Effekt glauben. Außerdem haben Reiche und deren Lobbyist*innen eher Zugang zu Politiker*innen als Arme, Durchschnittsverdiener*innen oder Vertreter*innen von Sozialverbänden – denn auch Lobbyismus kostet viel Geld – und können so eher zum eigenen Vorteil Einfluss nehmen. Das ist auch bei der Ampel-Koalition so, nicht nur bei AfD und CDU/CSU. Das Ergebnis ist u. a., dass Unternehmenserb*innen in der Regel keine Schenkungsteuer und keine Erbschaftsteuer zahlen müssen.
Ulrich Willmes

Das Spenden an Parteien in Deutschland ebenfalls von Milliardären ausgeschüttet werden, das geschieht wohl nicht nur aus Menschenliebe und zum einzigen Vorteil einer funktionierenden Demokratie.

Amerika finanziert komplett den Wahlkampf von den Reichen des Landes- Geld regiert die Welt und wer demnächst Präsidentin der Vereinigten Staaten wird, bestimmt nicht das Prinzip im Auswahlverfahren mit mehreren Kandidaten. Demokratie darf nicht so kompliziert sein – was Geld alles kann, das versteht jeder sofort.
Thomas Bartsch Hauschild

Die Spenden der Superreichen bestimmen nicht nur den Wahlkampf in den USA, sondern gleich einen wesentlichen Teil der Politik mit. Nebenbei bemerkt, sollen auch mindestens die Hälfte der bisherigen Mitglieder des Kongresses (Senat und Repräsentantenhaus) zumindest Millionäre sein. Wessen Interessen die Abgeordneten und Senatoren vertreten, kann man da schon erahnen. Der Ex-Präsident der USA und Friedensnobelpreisträger Jimmy Carter sagte bereits 2017, dass die Funktionen der US-Politik (seinerzeit) eher einer Oligarchie als einer Demokratie ähnelten. Er muss es ja wissen. Das der Einfluss der Reichen undemokratisch hoch ist, ist wohlgemerkt wissenschaftlich belegt. Auch bereits vor Trumps Amtszeit. So zog eine wissenschaftliche Studie im Jahr 2014 das Fazit, dass die USA keine Demokratie, sondern eine von „Wirtschaftseliten“ geführte „Oligarchie“ sei. Als Datengrundlage für dieses Urteil, diente die Auswertung von fast 2000 wichtigen politischen Entscheidungen aus rund 2 Jahrzehnten. Das Ergebnis: Die Wünsche der Mächtigen und Reichen wurden fast immer erfüllt, die der Durchschnittsamerikaner jedoch selten. Übrigens, in Deutschland ergibt sich ein ähnliches Bild. Eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Studie kam 2016 zu einem vergleichbaren Resultat.
Reiner Gorning

 


 

Leserbriefe zu Titelthema „Kann sie Amerika retten?“ „Ihr zweites Gesicht“ von Amrai Coen

Guten Tag mit Verwunderung lese ich, Kamala Harris könnte die Erste Schwarze Frau im Weißen Haus sein. Müssen wir auf unsere Hautfarbe reduziert werden! Sind wir nicht in erster Linie Menschen in Anlehnung der Menschenrechte. Waren wir nicht 1949 schon einmal freier in unseren Gedanken! Gerade die Zeit sollte die Spaltung nicht zementieren.
Christa Renelt

… was wollen Sie uns mit diesem alten Foto sagen? Das Frau Harris irgendwann mal jung und attraktiv war? Interessanter (als die längst bröckelnde Fassade) ist ihre Vita als Anwältin. Nicht umsonst wollten die Demokraten und auch die deutschen Anhänger bis vor wenigen Wochen nichts weniger als eine Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris. Für Journalisten wäre das ein interessantes Thema…
Ute Baumgarten

… „als Vizepräsidentin blieb sie fast unsichtbar“ Der Satz im Untertitel von Amrai Coens Porträt von Kamala Harris auf S.3 durchzieht momentan Ihre wie aller deutschen Medien Kommentare zur neuen demokratischen Kandidatin. Er trifft sicherlich zu, sollte aber eher diesem Amt als ihrer Person gelten. In den USA gibt es hierzu es einen so alten wie klassischen wie treffenden Witz: “Eine Familie hatte zwei Söhne. Der eine ging zur See und der andere wurde Vizepräsident der Vereinigten Staaten und von beiden hat man nie wieder etwas gehört“
Volker Neuhaus

Bereits im Februar 2023 setzte es harsche Kritik an der Vizepräsidentin (DIE ZEIT Nr.6, 02.02.2023: ‚Von der Hoffnungsträgerin zur Nebendarstellerin‘). Nun auf ein Neues? Sie bemängeln, dass Harris in den vergangenen 3 1/2 Jahren unsichtbar blieb, wenig erreicht hat und Identitätspolitik statt inhaltlicher Politik bevorzugte. Dabei schreiben Sie jetzt doch selbst, dass ihr Chef sie mit undankbaren Arbeitsthemen ‚beglückte‘, bei denen kein Blumentopf zu gewinnen war und von allen ihren Vizepräsidenten- Vorgängern hat keiner den jeweils amtierenden Präsidenten überholen können. So bleibt es dabei: Aufgabe der US- Vizepräsidenten war es immer, sicherzustellen, dass der Chef die Wahlen gewinnt. Diesen Job hat sie vor fast 4 Jahren mit Erfolg erledigt. Der Rest der Legislatur war und ist der langweiligste Job der Welt. Fazit: Die Vizepräsidentschaft ist somit kein Maßstab für die Qualifikation zum Präsidentenamt. Mit ihrer Erfahrung im Regierungsapparat und als Staatsanwältin, ihrer Schlagfertigkeit und dem Willen zum Wahlsieg wird Harris ihren Gegner, den verurteilten Straftäter Trump, zerlegen. Das wird ein Wahlkampf mit Hochspannung!
Michael Deil

 


 

Leserbriefe zu „Wikinger von heute“ von Maxim Biller

Welche Laus ist Ihnen denn über die Leber gelaufen, Herr Biller? Ihre Vergleiche sind übertrieben und nicht mal irgendwie richtig, vor allem wenn Sie von Unmenschen einer Billig-Airline schreiben, die sich wie ein Sudetendeutscher bei seiner verdienten Vertreibung herumstoßen zu lassen haben. Mein Vater war zehn Jahre alt, als er mit seiner Familie aus dem Sudetenland vertrieben wurde. Ein Trauma für ein Kind. Sie verstehen, dass solche Vergleiche nicht immer gut ankommen, trotzdem verzeihe ich Ihnen, weil Sie meine Familie ja nicht persönlich kennen und ich mich mit dem Sudetenland nie identifiziert habe. Nun ist es ja so, dass Reisen nicht mehr einer privilegierten Elite vorbehalten sind, es können auch Menschen mit weitaus weniger Mitteln reisen. Das ist Gleichheit und sie ist richtig. Mittlerweile meide ich selbst Touristenhotspots, weil ich auch keine Lust auf eine herumtrampelnde Heerschar von anderen Touristen habe, die sich mehr für Selfies als für das Land interessieren, in welches sie gereist sind. Schrecklich für die Einheimischen ohnehin. Airbnb ist eine Plage und Sie haben mein Mitgefühl, Herr Biller, dass sie in einem Haus leben, in dem es so eine Wohnung gibt. Trotzdem; seien Sie gnädiger mit sich selbst und anderen. Wenn Sie das Fernweh packt, verreisen Sie an einen schönen Ort jenseits des Massentourismus. Das trägt dann mehr zur eigenen Beruhigung bei als der jungfräuliche C02-Abdruck in der selbst gewählten Isolation. Man muss es ja nicht gleich übertreiben.
Regina Stock

Danke für diesen tollen Text, endlich provokativ und so lustig, so etwas vermisse ich in unserer so ängstlich um Correctness bemühten Welt. Habt Mut, schreibt und druckt mehr solche Artikel, dann wandle ich mein Schwaben Probeabo in ein richtiges um.
Martín Sautter

Nach Fotos in WhatsApp von glücklich lachenden Bekannten vor Monster-Kreuzfahrt-Schiffen und erschreckenden Berichten im TV über die Auswirkungen des Massentourismus lese ich in der Zeit von Ralf Köster und „Wikinger von heute“ und denke“ Ach, ich bin nicht alleine mit meiner Sehnsucht nach Urlaubserlebnissen ohne Massentourismus.“ Als wir z.B. morgens das Hotel in Venedig verließen und voller Glück in roten Gummigaloschen (ein Chinese hatte einen Stuhl ins Wasser gestellt und verkaufte Gummigaloschen (10 €), durch wadenhohes Wasser die Stadt erobern konnten. Ich bleibe inzwischen auch lieber zu Hause. Ja, Helgoland wäre eine Option – aber der Artikel in der Zeit lockt evtl. Touristen auf die Insel, die dann mit Ferngläsern die Birdspotter beobachten.
Monika Kühne

Maxim Biller (1960 in Prag geboren) schreibt aus seiner bequemen Berliner gekühlten Wohnung heraus, verbarrikadiert, barfuß und ohne Hemd – diese doch wohl diffamierenden Sätze in seiner schon gewohnten Unappetitlichkeit (gegenüber dem angeprangerten Deutschtum) aus seiner privilegierten BeSICHTigung: „Was ist ein Tourist? Ganz einfach: ein Mensch, der, meistens für sehr wenig Geld, mit seinen Freunden oder Verwandten uneingeladen in ein anderes Land einfällt, sich dort jeden Abend betrinkt, mit Kriegsgeheul auf einem E-Scooter durch die fremde Stadt und Landschaft rast, wie die Alliierten am D-Day ganze Strände einnimmt, mit dem Heldenblick eines unerschrockenen Weltenbummlers Instagramfotos von sich vor dem Eiffelturm oder einem obdachlosen Inder schießt – und dann zu Hause bei der nächsten Wahl irgendeinem Halbnazi seine Stimme gibt, weil der für die Schließung der europäischen Grenzen und noch mehr Nationalstolz plädiert. Ein Widerspruch? Natürlich nicht! Denn wer im Ausland wie ein alberner Herrenmensch herumstolziert, kann logischerweise zu Hause auch nicht mehr damit aufhören. Tourismus gleich Imperialismus gleich Le Pen, Meloni und AfD! Klare antideutsche oder eher (?) antigermanische Kante (als geborener Tscheche und Jude?): dass wiederum besonders die deutschen Touristen im Ausland seinen Unmut erregen und der Rundumschlag als die (fette) Made in Germany von ihm positioniert wird, zudem er weit über die Grenzen hinaus diese Deutschen auftreten lässt als „die Herrenmenschen“ – währenddessen M.B. entspannt in der Berliner Sophienstraße seinen Espresso trinkt, Krapfen mit Pflaumenmus verspeist und sich wohl vorkommt wie in Wien, „…in diesem Gartenlokal beim Naschmarkt, wo ich einmal die besten Powidltaschen meines Lebens gegessen habe…“ Dann geht’s am frühen Abend nach Charlottenburg in die Paris Bar – wohin sonst-, und dort hat er ein feines, kosmopolitisches Manhattan-Gefühl. Aber kein einziges Wort und keine Zeile über den Krieg im Gaza-Land – wo dort gemordet, verreckt, gestorben und gehungert wird an Männern, Frauen und Kindern zu all den Vertreibungen und dem Hass auf beiden Seiten der fanatischen Religionen, der Mentalitäten, der Landwegnahme, des jeweiligen Revanchismus… Wie auch zu dem Gedenken an die schrecklich ermordeten jüdischen Menschen, den hoffentlich noch lebenden Geiseln… Diese von Menschen entfachte Hölle wird durch keinen noch so deklarierten „Frieden“ jemals gelöscht werden können! Das ist leider die zu erkennende Tragik der Zukunft! Doch das Prinzip Hoffnung möge die Menschenwelt für die Palästinensische Lösung einer „Zweistaatenteilung“ hoffen lassen…
Der neugierige, sich wissend gebende Geistreisende bzw. einst geographisch Vielgereiste Maxim Biller zieht eine welttouristische Klima-Bilanz, war schon fast überall (?) mit dem Flieger unterwegs, hierbei auch das dolce Vita in Budapest, in Paris – hört nun aber in seiner Berliner nahen Umgebung SkandinavierInnen schnattern, in Urschreien sich austoben, und hat zugleich dann auch die entsprechenden Bilder im Kopf…: „Gleichzeitig musste ich an die glorreichen Zeiten der Wikinger denken, die eine Weile Sommer für Sommer in Frankreich einfielen, es ausraubten, Französinnen vergewaltigten, umsonst französischen Wein soffen und dann wieder, als wäre nichts gewesen, auf ihren großen Schiffen nach Hause zurückfuhren. Auch irgendwie sehr paradox, nicht wahr?“ Selbstredend waren diese Wikinger natürlich auch Germanen, die sich wie die Vandalen (ebenfalls Germanen!) aufführten, anteilig das antike Rom zerstörten… Doch auch im öffentlichen Gedächtnis des jüdischen Maxim Biller wird in dieser Kolumne kein Vermerk aufzufinden sein: dass die jüdischen Menschen damals nach 1945 in Palästina eindrangen und zwar nicht als Touristen, sondern mit dem eindeutigen Plan: dieses fremde, arabische Land unter osmanischer Besetzung und britischem Mandat (oder Protektorat) für sich zu okkupieren, immer mehr Juden nach Palästina kamen… – es zu Kriegen kommen „musste“ und bis heute die jüdischen Siedler ihre Siedlungen weit ins palästinensisches Gebiet hinein, völkerrechtswidrig aufbauen: doch die israelische Regierung unternimmt nichts dagegen… Die jüdische Orthodoxie ist doch so weltfremd – und unnachgiebig in ihrer religiösen Nostalgie – und der RvM ist mehr als erleichtert, dass in Deutschland das sogenannte Christentum allmählich erkennt, dass ein jüdischer Zimmermannssohn dann vielleicht doch nicht der abgesandte Sohn eines christlichen Gottes aus dem Himmel sei…
Man kann das auch mal so sehen – historisch besichtigbar sind einige Tausend Jahre Vergangenheit scheinbar fast schon eine Berechtigung: dieses Palästina als das gelobte Land (Eretz Israel) sich in neuesten Zeiten anzueignen, egal wer und wie viele Menschen anderer Kultur(en) dort nun schon seit so langen Zeiten leben und sich an derartige jüdische Vergänglichkeiten nicht mehr erinnern können und wollen… Wo, übrigens – kämen wir grenzüberschreitenden Menschen denn hin, wenn alle geschichtlichen Vergangenheiten nun neu umgerüstet werden sollten: das Alexanderreich, das Römische Imperium, das Perserreich, die Germanenreiche usw.: zurück und zuvor dies bedacht in all den Zeitabläufen der unfassbaren erschreckenden, fürchterlichen Menschheitsanwesenheiten… Und müssten dann nicht auch die USAmerikaner zurück nach Europa, auch in die anderen Länder ihrer früheren Generationen-Herkunft: re-emigrieren… Den indigenen Restvölkern (nach diesen Völkermorden an den „Indianern“) jenen Kontinent ihnen nun wieder überlassen, anstatt sie in den Reservaten auszusondern und außerdem zu diskriminieren… Und dann kommt ja weiterer typischer Billerscher hässlicher Gesang in literarischer Verpackung in DIE ZEIT „getarnt“ daher, Originalton: „…wo das höfliche Wort „Fluggast“ noch kein Euphemismus für den armen Reiseproleten von heute war, der sich für ein sexloses Drogenwochenende auf Ibiza von den Unmenschen einer Billig-Airline wie ein Sudetendeutscher bei seiner verdienten Vertreibung herumstoßen lässt. Sorry, ich liebe Vergleiche, die übertrieben und irgendwie richtig sind.“ Diese Kolumne von Maxim Biller in DIE ZEIT sollte im Untertitel: „Warum ich Touristen hasse…“ doch eher deutlicher lauten: „Warum ich Deutsche hasse!?!“ Soll Maxim Biller doch rausrücken mit diesem deutlichen Hinweis, und nicht immer wieder so nebenbei und in der Camouflage sich verzwirbeln: Metaphern und Andeutungen in die Zeilen der Kolumnen hineinschwurbeln. Und er sollte sich mal hinterfragen, warum vor allem wohl auch die jüdische Religion dazu beigetragen hat, dass sich das auserwählte Volk (und so wird sich ja religiös empfunden) auch in den anderen Ländern in ihrer Minderheit: religiös so darstellte, als ob alle anderen Götter außer ihrem Jehova oder Jahve nur Hirngespinste seien, die Christen z.B. als Goj /Gójim in abfälliger Form bezeichnet und „entwerten“ werden, wie auch ein Allah keine Bedeutung für das Judentum hat… Dem atheistischen RvM-(Leserbriefschreiber) sagte ein jüdischer Rabbiner: „Es ist doch lächerlich daran zu glauben, dass ein jüdischer Zimmermannssohn, der wahre Sohn eines Christengottes sein solle. Dieser Jesus von Nazareth hat als Jude immer nur an und zu Jahwe gebetet und versucht: die jüdische religiöse Orthodoxie anteilig zu erneuern…“  Und er war zudem ein Revolutionär gegen die Römische Okkupationsmacht!
Warum sollte da der Atheist RvM in irgendeiner Art und Weise widersprechen – er ist unfassbar erstaunt, dass in heutigen Zeiten weiterhin diese religiösen Eingrenzungen und Ausgrenzungen stattfinden – ja geradezu fanatisch in den Wahnsinn führen können. Sigmund Freud (ein Jude) nannte die Religion(en): „…eine Geisteskrankheit der Menschheit!“ Wenn man überall nicht sehr willkommen ist (nicht als einzelner Mensch) sondern in der Ansammlung seiner ganz eigenen Verhaltensstrukturen und verinnerlichten Strukturen gegenüber der großen Mehrheit eines jeweiligen Volkes (und nennen wir dies nicht „Gastland“), so hat das doch nichts mehr mit Authentizität oder Identität zu tun, sondern birgt in sich alleine schon dadurch die Gefahr einer Ausgrenzung… Die Vergangenheit, die Geschichte hat das doch auch schrecklich und furchtbar aufgezeigt – vor allem in der jüngsten Geschichte durch das deutsche Nazigeschehen… Als Jude oder deutscher Jude kann sicherlich dieses Deutschland (in der jene massenmörderische deutsche Vergangenheit immer auch präsent ist) nicht „geliebt“ werden – in Israel sind die jüdischen/israelischen Frauen und Männer stets bereit für ihr Land zu kämpfen, es zu verteidigen oder auch andere Territorien zu besetzen bis hin zum Selbstschutz des eigenen Überlebens… Wie somit als Jude/Jüdin mit diesem Deutschland (und in diesem Land) sich arrangieren bzw. das Deutschsein negieren…? Vielleicht wie Maxim Biller, der verbarrikadiert in seiner gekühlten Wohnung als führerscheinloser Halbvegetarier und sturer Stubenhocker manchmal Fernsehen schaut (und dies ganz normal), zufällig einen richtig fiesen und manipulativen Bericht über den Tourismus-Terror, den die Bewohner des bösen Nordens im Rest der Welt verbreiten – hierbei mit ansehen muss…
Jawohl ja: Maxim Biller war draußen in früheren Zeiten in der weiten Welt, als er zudem noch „Fluggast“ im einst erträglichen Sinne des gastlichen Begriffes war, und nun häufigst zumeist erkennbar sich zurückzieht: „Ich schlüpfe erschrocken in meine Wohnung zurück, legte mich erschöpft aufs Sofa und dachte zur Beruhigung an meinen jungfräuliche CO-2-Fußabdruck nach.“ Eine alte 93-jährige Dame (damals 1945 12 Jahre jung), die aus dem Sudetenland mit ihren Eltern fliehen musste, in Prag ankamen und sich versteckten, sah: wie eine tschechische Menschenansammlung den deutschen Frauen und Männer schwere Ketten um die Körper fesselten und sie lebend in die Moldau warfen bzw. andere Deutsche schon erschlagen hatten… Diese alte Dame kann schon seit Jahrzehnten nicht mehr aus ihrer entsetzten und trauernden „Seele herausschlüpfen“, dieses damalige Kind zu diesem erlebten Wahnsinn und nun altgeworden, in dem Vermächtnis leben zu müssen: alles verloren zu haben, vor allem aber ihren Glauben an Gott und das Menschsein… Jene alte Dame bat mich, einen Leserbrief an DIE ZEIT zu schreiben – und den Schriftsteller und Journalisten Maxim Biller doch darauf hinzuweisen – dass die Sudetendeutschen ihre Vertreibung nicht verdient haben… Und zudem noch in der un/scheinbaren „Nivellierung“ dieses von ihm aufgeschriebenen Satzes hinzukommt: „Sorry, ich liebe Vergleiche, die übertrieben und irgendwie richtig sind.“ (Honi soit qui mal y pense)
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 


 

Leserbriefe zu „Sommer im Mittelmeer“ von Nikolaus Hansen

Der Artikel lässt mich einigermaßen sprachlos zurück. Schon nach wenigen Absätzen stellt sich der Eindruck ein, wie falsch das beschriebene Szenario ist: ist irgendjemand schon mal in den Alpen auf einem Klettersteig oder einer schwierigen Wanderpassage der Bergwacht begegnet, die präventiv auf verunfallte oder erschöpfte Wanderer wartet, die sich überschätzt haben und gerettet werden müssen? Oder dem Pannenservice, der an besonders gefährlichen Straßenabschnitten auf Verunfallte wartet? Nein? Komisch. Aber niemand findet es offenbar seltsam, an den EU-Außengrenzen aktiv nach potentiellen Schiffbrüchigen zu suchen, die man dann natürlich auch jederzeit findet. An Zynismus schwerlich zu überbieten ist dann allerdings die nicht weiter kritisch kommentierte Erwähnung des Vergleichs mit jüdischen Flüchtlingen während des zweiten Weltkriegs: einerseits Menschen, die vor der physischen Vernichtung durch eine faschistische Diktatur Reißaus nahmen, andererseits Menschen, die auf der Suche nach einem besseren Leben in Europa einen untauglichen Weg nehmen…ein äußerst unpassender Vergleich, der so unkommentiert nicht stehenbleiben darf.
Jörg Schimmel

Die sogenannten „ehrenamtlichen Retter“ machen sich – gewollt oder ungewollt – zu nützlichen Idioten der internationalen Menschenschmuggler-Mafia, deren Einnahmen mittlerweile ein Mehrfaches des Drogenhandels ausmachen. Großfamilien in Westafrika und Südasien investieren in einen ihrer Söhne und schicken sie auf die Reise nach Europa in der Hoffnung, recht bald eine Dividende ihrer Investition zu erhalten in Form regelmäßiger Geldüberweisungen. Das Rettungsunwesen erfüllt m.E. den Tatbestand der Teilnahme am kriminellen Menschenschmuggel und sollte umgehend unter Strafe gestellt werden.
Björn Luley

«Südlich der Küste von Lampedusa retten Freiwillige jeden Tag Migranten in Seenot.» Und Nikolaus Hansen, der Autor des Artikels, hat durchaus Recht: „Eine Flucht bleibt eine unvorstellbare Tortur, die ja nicht erst an der tunesischen Küste, sondern tief im afrikanischen Kontinent oder gar in Bangladesch beginnt.“ Und das Retten von Menschen aus Seenot, ist «ein unbedingtes Gebot, das nicht und niemals zur Disposition stehen kann.» Und dennoch muss hinterfragt werden. Bekanntlich sterben auf dem Weg durch die Sahara mehr Menschen als auf der Fahrt übers Mittelmeer. Ist es nicht auch ein Gebot, dieses Sterben zu verhindern? Und was ist mit den Menschen, die ebenso gute oder bessere Gründe für eine Flucht haben? Und wie ist die Situation, wenn sich Afrikas Bevölkerung – wie prognostiziert – in einer Generation verdoppelt hat? Letztlich muss eine Lösung für tiefer liegende Zielkonflikte gefunden werden. Im Grunde genommen geht es um einen Zielkonflikt zwischen den Menschenrechten auf Lebensunterhalt und Asyl und dem Menschenrecht auf Eigentum. Zielkonflikte müssen unter Kontrolle gebracht werden durch Anvisieren eines übergeordneten Ziels und dieses Ziel ist das Aussteigen aus dem exponentiellen Wachstum von Kopfzahl und Konsum. Dies, um das gute Fortbestehen der Menschheit zu sichern. Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten das Sterben auf dem Wasser und in der Wüste zu beenden. Die eine wäre das unbegrenzte Beseitigen der Hindernisse. Das wäre die kompromisslose Realisierung des Menschenrechts auf Lebensgrundlagen und Asyl. Das andere wäre das Sperren des genannten Wegs. Und das wäre die kompromisslose Realisierung des Rechts auf Eigentum. Das würde bedeuten, dass Europa als Zielort genauso wenig existiert wie, sagen wir mal, Saudi-Arabien, China, Japan oder Russland. Vermutlich wäre eine solche Sperre auch im Interesse vieler Migranten, die von ihren Familien mehr oder weniger gezwungen werden, sich auf den Weg zu machen, einerseits aus der Notwendigkeit zum Unterhalt von großen Familien beizutragen und andererseits mit dem Hinweis auf Erfolgsgeschichten aus der Nachbarschaft oder der Verwandtschaft.
Es ist nun mal so, dass zu hohe Geburtenraten mit exponentiellem Wachstum unvereinbar sind. Diese hohen Raten werden auch deshalb generiert, weil es durch Migration einen Ausweg gibt, aus der Notwendigkeit, mit den langfristig lokal vorhandenen Ressourcen auszukommen. Das erklärt auch die hohen Unterschiede der Geburtenraten selbst zwischen islamischen Ländern. So beträgt die Rate im Iran 1.68 und im Gazastreifen 3.5. Aus einer im Artikel beschriebenen Szene ist ersichtlich, dass die Migranten gut mit Handys ausgestattet sind. Die modernen Kommunikationsmittel wären also vorhanden, mit denen eine entsprechende Anpassung der Migration-Politik so kommuniziert werden könnte, dass die Rettungsaktionen überflüssig würden. Im Übrigen ist das Recht auf Eigentum eine wesentliche Grundlage unserer Zivilisation und dessen Sicherung ist auch im langfristigen Interesse der Herkunftsländer der Migration. Im Mittelalter markierte der Spruch «Um eines Strickes Wert» die Grenze ab der Eigentumsverletzungen tödliche Folgen haben konnte. Das war damals nötig, weil ohne gesichertes Recht auf Eigentum Ackerbau und Viehzucht sinnlos gewesen wären. Auch heute noch werden scharfe Grenzen zum Schutz des Eigentums gesetzt.  Einfach deshalb, weil auch heute noch diese Grenzen das Fundament unserer Zivilisation sind. Dies auch, wenn sie ungerecht und hart sind. Es wird etwa akzeptiert, dass ein Immobilien-Millionär eine Familie auf die Straße setzen kann, wenn sie bei einer Mieterhöhung nicht mitmachen kann. Aber auch bei Kleinigkeiten gibt es massive Maßnahmen. Kürzlich an der Automaten-Kasse wollte ich grad bezahlen. Da kam am Bildschirm eine Mitteilung eine Kontrolle betreffend. Und schon kam eine Angestellte, griff in die Einkauftasche und checkte zwei Sachen am Automaten. Mit einem «Alles OK» war sie auch schon wieder weg. Wär‘s nicht OK gewesen, hätte ich massive Probleme gehabt. Auf der anderen Seite wird im steigenden Masse die Möglichkeit genutzt und professionell beworben, fremdes Eigentum in Anspruch zu nehmen, das für anderes dringend gebraucht wird.
Gernot Gwehenberger

In dem o.g. Beitrag wird das Schleppertum, was hier fälschlicherweise als „Seenotrettung“ bezeichnen wird, so richtig verherrlicht. Es werden Menschen für viel Geld in die kaputten Boote gesetzt, es wird Ihnen das reiche Europa versprochen, und wenn alles nach Plan geht, erreichen sie mit Hilfe der NGO Schlepper das ersehnte Ziel. Die Teilnahme des Autors an diesen kriminellen Machenschaften mag ein privates Vergnügen des Autors sein, aber muss es in die „ZEIT“? Das Schleppertum hat es bis in die Ministerien in Berlin geschafft. Siehe AA und IM, alles verfassungskonform?
Eva Knor

 


 

Leserbriefe zu „Nur noch neun Kilometer“ von Wolfgang Bauer

Sie schreiben im Dossier vom 25.7.24, S. 14, dass Kurachowe von Karliwka 21 km entfernt sei. Bei GoogleMaps sind’s mit dem Auto ca. vier Stunden, die „ZEIT-Grafik/Quelle: ISW“ [sic!] entspricht nahezu der Entfernung lt. GoogleMaps.

Wie kommen Sie auf nur 21 km?
Jens Voigt

Ich „versorge“ eine UA-Flüchtlingsfamilie. im gleichen Haus wohnend, mit Publikationen aus ihrer Heimat, u.a. auch mit Artikeln aus DIE ZEIT. Es ist so traurig, dass es nie Positives, Erfreuliches zu berichten gibt. Ein fröhlicher Bericht wäre dann sicher ein Fake. Die letztgenannte Stadt in dem Bericht, Nju York, vermutlich eine Gründung aus dem vorigen Jahrhundert (?)
Hartmut Wagener

Wann lernt Herr Selenskyj, dass er diesen Krieg nicht gewinnen kann? Wieviel junge Männer müssen noch sterben? Wieviel Städte noch zerstört werden? Das erinnert fatal an die jahrelangen Materialschlachten des ersten Weltkrieges, bei der sich die Fronlinie aber kaum bewegte jedoch viele Hunderttausende Männer ihr Leben ließen. Auf den Schlachtfeldern bei Sedan wächst noch heute kein Gras! Er wird den Donbass nicht zurückbekommen und die Krim schon gar nicht, wann wird er das einsehen?
Rolf Wittig

 


 

Leserbriefe zu „Ihr letzter Ritt“ von Christof Siemes

Es ist menschlich sehr erbaulich, den Artikel „Ihr letzter Ritt“ über die Fünfkämpferin Annika Zillekens, geborene Schleu, lesen zu dürfen. Zeigt er doch viel Empathie, Nachdenklichkeit, Recherche und den Willen, aus der Vergangenheit etwas Positives zu gestalten. Die erbärmliche Formulierung, dass zugeloste Sportpartner oftmals „Nieten“ sind, macht allerdings den krampfhaften Versuch zunichte, die oben geschriebenen Eingangssätze mit Wahrheit zu füllen. Weder die Sportlerin noch Sie, die ZEIT, hatten in Ihren Gedanken, Fragestellungen und Antworten einen Moment, zu betrachten, was mit Saint Boy, der „Niete“, passiert ist. Das scheint völlig irrelevant zu dein. Ihre Formulierung „Schon die Russin Gulnas Gubaidullina, … hat Saint Boy ins Unglück gestürzt: drei Verweigerungen, null Punkte.“ impliziert, dass das Verschulden an den missglückten Ritten einzig auf Seiten des Pferdes zu suchen ist. Eine derartige Betrachtungsweise zeigt mir deutlich, dass es richtig war, dass wir mit über 180.000 Unterschriften (!) für die Petition „Moderner Fünfkampf ohne Reiten“ dazu beitragen konnten, solchen Sportlern ihr „Sportgerät“ zu entziehen. Ihr Artikel trägt leider dazu bei, dass in den Köpfen vieler „Sportreiter“ das Pferd nicht mehr als Sportpartner, sondern als „störungsanfälliges Sportgerät“ diffamiert wird. Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, lag es an der Schwimmhose…
Kerstin Gerhardt

Ich beziehe mich auf den o.a. Artikel, im Besondern auf diesen Satz: „… Und gar nicht so selten sind darunter echte Nieten“. Der Satz ist falsch. Saint Boy war a) verunsichert und ist dann von Frau Gubaydullina nicht nur nicht unterstützt worden (was mit der entsprechenden reiterlichen Ausbildung durchaus möglich ist – hier aber wurden grobe reiterliche Fehler gemacht von Anfang bis Ende…), sondern zusätzlich zu seinem Anfangsstress nochmal so sehr unter Druck gesetzt worden, dass er verweigern MUSSTE. Herr Siemes – das nennt man nicht Niete, sondern „Charakter“. Gut, dass im Pentathlon dies Jahr zum letzten Mal Pferde eingesetzt werden.
Sophia v. Hofacker

Wir wünschen Annika Zillekens für ihren Wettkampf in Paris alles Gute! Rückblick auf die Spiele in Tokyo oder die Stunde der Heuchler (Kurzfassung) Anfang August 2021: Ich bin etwas zu früh bei meinem Termin und überbrücke die Wartezeit mit einem Blick ins Mobil Phone. Gerade meldet das Netz, die US-Amerikanerin Megan Rapinoe erzielt im Spiel um Bronze beim Olympischen Fußballturnier ein Tor durch eine Ecke direkt. Wenige Minuten später Small Talk und wir landen schnell bei den Olympischen Spielen. Mein Gesprächspartner ist mir als Macho bekannt. Die mich kennen, wissen – der Ingo provoziert gern. Also lege ich los: „Das ist unfassbar, jetzt wird der weiße Mann auch noch bei Olympia abgekocht. Erstmalig gewinnt eine Frau im Military, dann spielt eine Frau, eine Frau aus Marokko, eine Frau aus Marokko im Minirock einen „Hole in one“ im Golfturnier, hatte bisher niemand geschafft und nun schießt auch noch diese Amerikanerin eine Ecke direkt. Das hat es doch früher nicht gegeben!“ Doch der Macho bleibt cool. Er hat die besseren Sachargumente auf seiner Seite. „Na ja, im Frauenfußball ist es auch viel einfacher eine Ecke direkt zu erzielen. Eine Torfrau ist immer kleiner als ein Tormann“. Anschließend mokiert er sich über die Leistungen der Deutschen im Kontext des schlechten Medaillenspiegels. „Keiner hat mehr Biss oder Bock sich anzustrengen“. (Sein diesbezügliches Statement kann ich hier nur stark verkürzt wiedergeben.) Wahrscheinlich kennt er sich beim Golf nicht so aus, sonst hätte er noch nachgelegt: „Ein Mann hätte, – wenn er gewollt hätte, schon lange bei Olympia einen „Hole in one“ spielen können. Aber Golf beginnt mit dem gleichen Buchstaben wie Geiz.
Der Mann weiß, dass er bei einem „Hole in one“ im Clubhaus an die Turnierteilnehmer eine Runde geben muss. Dafür hat er zu Hause eine Versicherung. Bei Olympia ist das unkalkulierbar. Aus diesem Grund verkneift er sich bewusst einen „Hole in one.“ An sich wollte ich über die Spiele in Tokyo überhaupt nichts schreiben. Aber die äußeren Umstände zwingen dazu. In den letzten Wochen standen in der Lokalpresse solche Überschriften wie: „Olympia-Skandal: Ermittlungen erhöhen Druck“ und „Tokyo-Drama hat Konsequenzen“. Was hier wirklich der Skandal oder das Drama ist, ist aber nicht das, was passiert ist, sondern wie sich darüber aufgeregt wurde und vom allem von wem!!! Zu den Fakten: Es geht natürlich um den Modernen Fünfkampf der Frauen und um die Umstände des Ausscheidens von Annika Schleu bei der 3. Disziplin Reiten. Moderner Fünfkampf: Fechten, Schwimmen, Reiten, Schießen und Geländelauf. Auf ausdrücklichen Wunsch des Gründers der Olympischen Spiele der Neuzeit, Baron Pierre de Coubertin, seit Stockholm 1912 im Programm. Coubertin war begeistert von der Sportart der schwedischen Offiziere und wird bei Wikipedia mit der militärischen Legende zitiert: „Einem Meldereiter wird im feindlichen Gelände sein Pferd getötet, er verteidigt sich zunächst mit dem Degen, bahnt sich dann den weiteren Weg mit der Pistole, muss durch einen Fluss schwimmen und legt die letzte Strecke bis zum Ziel querfeldein laufend zurück.“ Hier muss man dem Adel Recht geben. Wer solche unterschiedlichen Sportarten beherrscht, ist der wahre Athlet.
Leider hat der Moderne Fünfkampf die gleichen Probleme wie andere Sportarten: Alte, dämliche Funktionäre und zum Teil dämliche Regeln. Pro Pferd werden zwei Athletinnen zugelost. Das Pferd wird nur dann aus dem Wettkampf genommen, wenn es bei dem ersten Durchlauf viermal verweigert hat. In Tokyo war vor Annika Schleu eine Russin mit „Saint Boy“ bereits im Parcours, der hatte dreimal verweigert, wollte aber wohl im Wettkampf bleiben, weigerte sich also ein viertes mal zu verweigern. Stattdessen ging er in die Ecke und meldete – fertig! Die Russin war raus, die nachfolgende Sportlerin konnte kein Ersatzpferd nehmen, sondern musste das gleiche Tier noch einmal in den Parcours führen. Die Pferdebesitzerin fand ihr Tier in Ordnung, der Tierarzt schaute und gab sein o.K.. In der zwanzigminütigen Aufwärmphase außerhalb des Stadions kam, die zu diesem Zeitpunkt führende, Schleu mit dem Pferd super klar. Damit steht auch fest, wo das Problem für Saint Boy lag. Nicht die rotblonde schlanke Reiterin auf ihm, sondern er haderte mit dem Parcours. (Vielleicht hat er das leere Stadion gesehen und gedacht, ohne Beifall von Zuschauern über die Hindernisse zu springen ist sinnlos). Deshalb ist er bei Schleu überhaupt nicht geritten, sondern hat sich gleich dahingestellt, wo er zuletzt mit der Russin stand. Alle die sich unmittelbar nach dem Wettkampf und heute noch über Schleu und ihre Trainerin aufregen, sogar Strafanzeige wegen Tierquälerei stellten, die hätten sicher gesagt: „Ach was solls, ich habe zwar jetzt 5 Jahre hart trainiert, habe beim Fechten den Wettkampf meines Lebens gemacht, bin ordentlich geschwommen, liege mit großem Vorsprung vorn, wenn ich ein halbwegs solides Reiten abliefere, kann ich als gute Läuferin beim abschließenden Geländelauf Gold erkämpfen (Das Pistolenschießen mittels Laser ist im Lauf zwischenzeitlich integriert), kann ja alles sein, aber wenn der Gaul keine Lust hat, dann steige ich eben wieder ab.“
Schleu hat aber nicht einfach aufgegeben, sie wollte für sich und ihr Land, für Schwarz Rot Gold, eine Medaille holen. Völlig verzweifelt kämpfte sie tränenaufgelöst eine Ewigkeit auf dem Pferd. Genau das sind aber die Tugenden, die wir von einem Leistungssportler erwarten. Kampfgeist, Ausdauer und nicht einfach aufgeben. Da soll sie dann Gerte und Sporen eingesetzt haben. „Gib ihm die Sporen“, sagt das Sprichwort, ja wenn wir sie ihm nicht geben sollen, warum macht ihr uns dann welche an die Stiefel? Immerhin schaffte es Annika Schleu, das Pferd dann doch noch von einem Ritt zu überzeugen. Nach ca. 8 Hindernissen, folgten schließlich die vier Verweigerungen und sie war auch raus aus den Medaillen. Nur als ein Beispiel im Vergleich dazu die Fußballer. Bei den Olympischen Spielen in Rio hatte man im Männerfußball noch Silber geholt. Für Tokyo musste sich Trainer Stefan Kuntz die Finger wund telefonieren, um eine Mannschaft zusammenzubekommen und sammelte Absagen von den geldschweren Schnöseln noch und nöcher ein! DAS und das nicht einmal genügend Auswechselspieler final zur Verfügung standen, ist ein Skandal. In diesem Kontext ist Annika Schleu für mich ganz klar die Sportlerin des Jahres! Gegen die Trainerin ermittelt man ebenfalls. Ich erwarte zuerst von einer Trainerin, dass sie emotional bei ihrer Sportlerin ist. Da rutscht in dieser besonderen Situation schon mal raus, „Hau mal richtig drauf!“ Ach, und dann soll sie das Tier mit der Faust „geschlagen“ haben. Ich habe gesehen, sie hat sich über die Absperrung gebeugt und konnte dann gerade so dem Pferd mit der Faust in die Hinterhand boxen. Als ich vor 30 Jahren Pferde striegeln musste, habe ich zum Abschluss immer mit der Hand auf die Hinterhand geschlagen, damit sich das Tier trollt. (Das hatte ich von der Besitzerin gelernt). Und meine flache Hand ist definitiver mehr zu spüren als der Faustschubser von Frau Raiser. Das letzte Mal, dass ich gesehen habe, wie ein Pferd mit der Faust richtig geschlagen wurde, war im Film „Der kleine und der große Klaus“. Da hat der große Klaus das Pferd vom kleinen Klaus mit der Faust erschlagen. Aber das war die Verfilmung der DEFA nach einem Märchen von Andersen.
Wer hat denn eigentlich Annika Schleu wegen Tierquälerei angezeigt? Der Tierschutzbund, ach was! Eine Organisation mit 900.000 Mitgliedern in Deutschland. Das sind bestimmt alles Vegetarier. Übrigens, es gibt auch einen Kinderschutzbund. Der hat 50.000 Mitglieder. Noch Fragen? Erstaunlicherweise haben sich noch in Tokyo die Reiter am lautesten aufgeregt und sind beim Nachtreten ganz vorne mit dabei. „Wir reiten mit unseren eigenen Pferden, die kennen wir, für die modernen Fünfkämpfer ist das Tier nur ein Sportgerät, die haben keine Beziehung zum Pferd…“ So ein Quatsch! Wer reiten kann, reitet auch auf einem fremden Pferd. Als der Musketier d‘Artagnan von Paris nach London geritten ist, um das Halsband der Königin zurückzuholen und damit die Intrige des Kardinals Richelieu zu verhindern, da hat er zigmal sein Pferd gewechselt. Wenn er die Strecke nonstop mit seinem Eigenen geritten wäre – DAS wäre Tierquälerei gewesen! Er hätte seinen Auftrag auch nicht erfüllt, denn nie und nimmer kann er so pünktlich wieder in Paris sein und die französische Geschichte wäre wahrscheinlich anders verlaufen. In dem Artikel der Freien Presse wird der Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung zitiert: „Wir sagen, dass die Fünfkämpfer das Reiten rausnehmen sollen. Wenn sie das nicht können, sollen sie das Reglement so ändern, dass sie die Tiere und Menschen schützen.“ Na, dann schauen wir kurz mal auf die Reiter. Beim Geländeritt des Military gibt es regelmäßig tote und verletzte Pferde. Bei der reiterlichen Ausrüstung sind bis zu 3,5 cm lange Sporen erlaubt. Sporen? Wie jetzt? Wenn die Galopper mit ihren Pferden auf die Zielgerade einbiegen, da wird eingedroschen, was das Zeug hält. Nicht mit der flachen Hand. Nein, die haben da so einen komischen Stock dabei. Zwischen 2015 und 2019 sollen ca. 50 Pferde bei Galopprennen noch auf der Rennbahn nach Verletzungen getötet worden sein. Allein in Deutschland. Gleich beim ersten Rennen nach Corona auf der Galopprennbahn von Hannover brach sich eine dreijährige Stute das Bein und wurde gleich auf der Bahn eingeschläfert. Von den Steeplechase Veranstaltungen ganz zu schweigen. Ich habe eine Übertragung aus Pardubice gesehen, da hat Einer gewonnen, weil er der Einzige war, der nicht gestürzt ist!
„Aber Ingo, bei den Dressurreitern gibt es keine Unfälle. Da kann man auch Isabell Werth verstehen, dass die gleich in Tokyo moniert hat. Sie ist doch nun wirklich unsere deutsche Pferdeflüsterin!“ Natürlich, bei ihr hat das Pferd sogar Mitspracherecht, welche Musik genommen wird. Allerdings habe ich im Leben zwei Koppeln gebaut, eine in Glösa und eine in Adelsberg. Immer habe ich anschließend beobachtet, wie die Pferde diese in Besitz genommen haben. Nie hat sich eines so komisch bewegt, wie sie es beim Dressurreiten machen müssen. Ein Pferd kennt Schritt, Trab und Galopp – fertig! Na gut, in Island noch den Tölt. Aber da hänge ich der Verschwörungstheorie nach, dass das die Isländer den Pferden beigebracht haben, damit sie beim Reiten ihr Bier nicht verschütten. Mit welchen Pferden hat denn unsere Grand Dame des Dressurreitens ihre größten Erfolge erzielt? Ja, Einzelgold eben nur einmal und das mit dem Wallach Gigolo. Was um Himmelswillen ist denn ein Wallach? In meinem Biologieunterricht gab es das männliche Pferd – der Hengst und das weibliche – die Stute. Google, Google, Google?: Ach, der Wallach ist ein kastrierter Hengst. Dem haben die die Eier abgeschnitten! Kein Wunder, dass der vom Testosteron beraubte, sich von einer Frau zu so einem albernen unnatürlichen Getänzel zwingen lässt. Ist denn das Tier vorher mal gefragt worden? Wir sind keine Pferdeflüsterer, also fragen wir stellvertretend einen Mann: „Du, Du hast 2 Alternativen: A – Wir schneiden Dir die Eier ab. Oder B – Du wirst von einer schlanken rotblonden Endzwanzigerin geritten, die nebenbei noch Fechten und Schießen kann, 200 Meter sauber Freistil schwimmt und in der Lage ist 3 km durchs Gelände zu rennen.“ Keine Frage, für was sich der Mann entscheidet. Der würde sogar, wenn er sieht, die hat regelgerecht eine Gerte dabei, auch ohne Trainerin selbst laut rufen: „Hau doch mal richtig drauf!“ Ich glaube, wenn man B gleich als A vorgibt, käme man bei vielen überhaupt nicht zu B, es würde gleich alternativlos dröhnen: „A, A, A!!!!“
Im Grunde genommen sind die Reiter aber nur die Spitze des Eisberges. Wir Deutschen tippen uns mit dem rechten Zeigefinger an die Stirn, wenn uns die grünen Gutmenschen mit einem Gemüsetag kommen. Mit dem Linken zeigen wir auf die Juden und die Araber. Ha, die schächten ihre Tiere. Wie grausam! Richtig, bei uns wird das Tier vor dem Schlachten politisch korrekt mit Strom betäubt. Komischerweise ist man dort, wo per Gesetz noch Menschen getötet werden, vom elektrischen Stuhl abgekommen und nimmt lieber die Giftspritze. Logisch, ersteres war immer eine Zumutung – für die Zuschauer und das Fleisch wollen wir nachher auch nicht essen! Da fällt mir eine Lösung für die nächsten Olympischen Spiele ein. Inzwischen sind wir beim Medaillenspiegel auf Platz 9 abgestürzt. Bei deutlich mehr Wettkämpfen. Die Ursachenforscher stellten u.a. fest, gerade bei den vielen neuen Disziplinen ist Deutschland nicht gut aufgestellt. Na, da muss eben etwas eingeführt werden, wo wir Weltspitze sind. Also, zukünftig gibt es Medaillen in der Sportart: „Mit den Fingern auf Andere zeigen!“ „Aber Ingo, da wäre ja nur eine Goldene mehr.“ Papperlapapp, von den Biathleten lernen, heißt siegen lernen. In Sapporo 1972 gab es nur 2 Medaillen. 20 km Einzel und Staffel. Und heute? Es muss dann natürlich die Disziplinen Kurz-, Mittel- und Langzeigen geben. Frauen, Männer, jeweils die Staffel und noch die Mixstaffel. Zack, 9 Goldmedaillen mehr, wir würden einen Riesensatz im Medaillenspiegel machen.- Der Boss vom IOC ist doch ein Deutscher: „Thomas Bach – übernehmen Sie!“
Ingo Lermer

 


 

Leserbriefe zu „Heißes Hirn“ von Harro Albrecht

Der menschliche Körper ist bei großer Hitze besonders belastet, der Blutkreislauf und das Herz, schon allein deshalb ist eine Abkühlung am Kopf nicht ausreichend. Es ist notwendig den ganzen Körper zu kühlen, um den Herzrhythmus-Kreislauf zu normalisieren. Ein Kneipp-Wassertreten und ergänzend mit dem kalten Wasserschlauch im Garten an Beinen und Armen, ist die beste Lösung. Über die Auswirkungen auf Evidenz basierter Grundlage fehlen die Quellen-Angaben! Wissen ausschließlich aus Amerika heranzuziehen, das ist einseitig und nicht ausreichend belegbar das ein unmittelbarer Zusammenhang besteht zwischen Hitze und Aggressivität, oder gar einzig und allein zum Selbstmord führt. Hitze ist nicht im Hirn vorhanden- sondern erhöht die gesamte Körpertemperatur die Herzfrequenz ist dabei erheblich erhöht. Abkühlung ist deshalb an vielen Stellen des Körpers gleichzeitig mit kaltem Wasser notwendig – hier hilft ganz praktisch die bekannt Kneipp Methode, die keinerlei Beachtung findet. Der Kuschelfaktor besteht zwischen Menschen über die Berührung der Haut durch beiderseitige Nähe. Als regelmäßiger Leser der Zeit stelle ich immer wieder fest, dass auf der „Wissen“-Seite die Berichte ziemlich theoretisch und oberflächlich sind, immer wieder ärgert es mich doch – bei dem hohen Preis der Zeit.
Thomas Bartsch Hauschild

Deutschland und seine Hitzewellen, das muss ich einfach lauthals kichern! Wenn es beispielsweise heute warm und morgen kalt ist, wenn es heute regnet und morgen nicht, was hat das mit dem Klimawandel zu tun? Ich nehme das Wetter so, wie es kommt! Wenn es heiß ist, dann ist es heiß, wenn es kalt ist, dann ist es eben kalt und wenn´s regnet, dann…! Ich brauche keine Ratschläge, was ich an heißen oder kalten Tagen zu tun oder nicht zu tun habe; irgendwie mache instinktiv immer das richtige!
Klaus P. Jaworek

Obwohl reichlich verspätet, ist es mir doch ein Bedürfnis, noch etwas zu ihrem o.g. Artikel „Viel Spaß mit dem Klima!“  zu schreiben. Ich wünsche Ihnen, dem Klima und uns allen, dass sie damit möglichst viele erreichen, sowohl was die Wahrnehmung und das Lesen als auch was die Inhalte angeht. Auch Grüne sollten etwas oder auch viel aus Ihrem Artikel lernen, die leider oft auch denken, man könne es nicht mehr wagen, den Menschen irgendeinen „Verzicht“, sei es an materiellen Gütern, an Gewohnheiten, Freizeit oder „Freiheiten“ „zuzumuten“ und deshalb in Wahlkämpfen fast nur noch so tun, als könne ihre „bessere Politik“ allein, ggf. durch teure schuldenfinanzierte Anreize alles für Klima und Natur — und anderes — noch zum Besseren wenden, ohne dass sonst irgendjemand etwas ändert, im Denken, im Wahrnehmen, im Bewerten und vor allem im Handeln oder Unterlassen. Leider haben Sie Recht, dass immer noch viele geradezu kindisch trotzig schon bei Hinweisen oder Empfehlungen genau das Gegenteil tut, als sei alles Gewohnte ein Menschenrecht und sein Entzug eine unverschämte Freiheitsberaubung, was von manipulativen Machtpolitikern auch weidlich angefacht und ausgenutzt wird. Sehr wertvoll sind Ihre vielfachen Belege, dass sogar Verzicht für etwas Gutes, gut für sich selbst oder auch „nur“ für andere oder die Welt oder die Zukunft, eben keine Selbstgeißelung oder Masochismus sein muss, sondern zu Zufriedenheit oder sogar Glück führen kann, und das Gegenteil zu — noch mehr — Angst vor der Zukunft oder schlechtem Gewissen und damit Anspannung und Stress. Es ist beim bequem fossilen Verhalten wie bei fast jeder Sucht, wo der Entzug zunächst einmal vielen unangenehm erscheint, und die guten Erfolgs- und Erlebensgefühle erst auf mindestens mittlere Dauer folgt. Helfen kann dabei — auch wie bei Süchten — der Zusammenschluss mit einer Gemeinschaft, auch dem Staat, und die intensive bildliche Vorstellung und Bewusstmachung der kurzfristigen, aber eben auch der längerfristigen Folgen und Chancen, einerseits der Beibehaltung des gewohnten, andererseits aber der richtigen Änderung. Und wie bei Süchten braucht es oft eine Art Selbstüberlistung, mit der man lernt, zukünftige „Belohnungserlebnisse“ teilweise vorwegzunehmen, sei es nur im Denken, in der Vorstellung, besonders wenn andere noch dabei helfen.
Wie bei Süchten gibt es allerdings haufenweise „rechtfertigende“ Ausreden, Illusionen und sonstige „Argumente“, sei es nur die Behauptung, ein klimagerechtes Leben sei ja gar kein noch lebenswertes, aushaltbares mehr, subjektiv oft sogar ehrlich gemeint. Dann gibt es die Rechtfertigung, wieviel man als Individuum oder Staat ja schon tue, ignorierend, dass es nicht darauf ankommt, viel oder gar deutlich mehr als bisher zu tun, sondern ausreichendes und rechtzeitig, um den Kippunkten noch zuvorzukommen. Und es gibt die Heuchelei oder Irreführung anderer, mit der man auf billige bequeme Weise Anerkennung oder Geschäftserfolg einfahren kann wie bei Greenwashing oder „Kompensationen“. Auch eine beliebte oft ehrlich gemeinte Ausrede, dass man allein, selbst als Land, ja ohnehin nichts ändern könne, so dass alle Opfer vergeblich bleiben müssten und damit sinnlos seien, weil die Entwicklung „sowieso den Bach runter geht“, angesichts des Verhaltens aller anderen. Dies wird dann allzu leicht, wenn kollektiv so gedacht, zu einer sich selbst erfüllenden Prognose. Und sogar der Schutz der Natur wird vielfach gerade gegen Windräder angeführt, mit Ignoranz für die Tatsache, dass die bald drohende Überschreitung der Kippunkte der Natur weit mehr schadet als jedes Windrad, und dass Vögel auch von Autos, Fenstern und Katzen getötet werden. Eine andere Rechtfertigung ist, die Technologie schreite immer schneller fort, so dass spätestens die nächsten Generationen eine rein technologische Lösung finden werden ohne Notwendigkeit irgendwelcher „Verzichte“. Fragt sich nur, warum dann so viele schon bei dem jetzigen noch moderaten Stand der Erderhitzung den verschiedenen Katastrophen zum Opfer gefallen sind, mit Verlust von Leben, Heimat, Haus oder Angehörigen. In einer der Shows von Mai Thi Nguyen Kim hieß es dazu. „Ohne Technologie geht es nicht, aber die Technologie allein kann uns nicht retten.“
Der mit Recht genannte „ehrbare Kaufmann“ als Vorbild auch für Klima-Verhalten braucht allerdings auch ehrbare, bzw. verantwortungsbewusste Mitarbeiter, ohne deren Mit-Tragen auch der kurzfristigen Kosten oder Mehrarbeiten eine Firma nur sehr begrenzt Änderungen vornehmen könnte, besonders im internationalen Wettbewerb. Letzteres heißt auch, dass es früher oder später auch internationale Kooperation braucht, wegen dem Wettbewerb und weil nicht nur kein Individuum, sondern auch kein kleiner bis mittlerer Staat allein den Unterschied machen kann. Vorangehen allerdings kann und sollte jeder, besonders unter den wohlhabenden und für die bisherigen Emissionen meist verantwortlichen, verbunden mit intensivst möglicher Werbung, Ansprache, Argumentation, Hilfe und notfalls Druck gegenüber den anderen. Ein Argument müsste eigentlich sein, dass in allen Staaten die Menschen ihre Kinder und Enkel lieben, deren Zukunft eben von einer noch rechtzeitigen Rettung des Klimas abhängt, ehe die schon begonnenen Kettenreaktionen und Kippunkte vollends zuschlagen. Dass diese Liebe auch der Diktatoren zu den eigenen Nachkommen von den kurzfristigen und oft nur vermeintlichen Vorteilen der fossilen Lebens- und Produktionsweise übertrumpft wird, ist m. E. nur mit den o.g. süchtigen Mechanismen von Kurzfrist-Denken/-Verhalten und Selbst- und Fremdbetrug zu erklären
In diesem ganzen Zusammenhang möchte ich noch auf den Artikel der neuesten Ausgabe vom 25.7.24, S. 29 „Heißes Hirn“ eingehen, ein Schlaglicht und eine Mahnung an alle, die trotz aller Zeichen und Vorboten der Zeit — wie auch der ZEIT — und vor allem ihre Mitverantwortung dafür das Klimageschehen immer noch nicht ernst nehmen und immer noch Wärmepumpen ablehnen, SUVs und Fast Fashion kaufen, regelmäßige Fernflugreisen machen und als Abhilfe einfach Klimaanlagen kaufen, während die Gestaltung von weißen Gebäuden wie im Mittelmeer-Raum noch kaum Beachtung findet. Viele der wohlhabenden Haupt-Täter scheinen sich einen Dreck zu scheren um alle anderen, die sich diese und andere Anpassungen schon jetzt nicht leisten können. Dazu gehören sogar viele Krankenhäuser ohne Klimaanlagen, die den Hitzeleiden kranker Patienten weitgehend hilflos gegenüberstehen. Als Abhilfe für die Finanz-probleme wird dann „einfach“ gestreikt oder gegen die Regierung protestiert und gefordert, ohne die finanziell schwierige Lage auch von Staat und vielen Unternehmen zu berücksichtigen, und es wird übersehen, dass das jetzige Ausmaß der Hitzewellen zwar schon durch die ohnehin passierten Emissionen bedingt und damit kaum zu ändern sind, dass die jetzigen Phänomene aber ohne drastische Änderungen von Staat und Menschen noch gewaltiges Verschlimmerungspotential haben.
Peter Selmke

 


 

Leserbriefe zu „Alles unter Kontrolle?“ von Ulrich Schnabel

Ich bezweifele, dass es der EU primär um das Ziel ging die Zahl der Verkehrstoten zu senken, vielmehr wird durch diese Vorschriften wieder einmal die Industrie gepampert. Wenn es wirklich um die Verringerung der Verkehrstoten gehen würde, wäre ein EU weites Tempolimit wirksamer und würde auch der Umwelt guttun. Mit einem gemieteten Mittelklassefahrzeug eines deutschen Herstellers habe ich folgende Erfahrungen gemacht: Bei Matsch und Schnee viel das System komplett aus und es ist mir nicht gelungen wenigstens den Tempomat wieder zu aktivieren. Der Abstandssensor reagierte in bergigem Gelände auch auf die vor mir wieder ansteigende Straße – Vollbremsung. Das Tempolimit von 30kmh wurde nicht erkannt – schlimmer noch, das Auto beschleunigte auf 50kmh
Manfred Stauss

Ihr äußerst informativer Beitrag in der jüngsten Ausgabe der ZEIT hat ein Thema getroffen, das mich schon länger bewegt. Assistenzsystem heißen so, weil sie assistieren. Mehr nicht. Die Hauptarbeit obliegt der Autofahrerin oder dem Autofahrer. Fahren ist eine aktive Beschäftigung, die Konzentration verlangt. Die Assistenten erleichtern die Arbeit, siehe Navigationssystem, oder verhindern im Extremfall einen Crash, wie der Notbrems-Assistent. Wer glaubt, mit immer mehr automatischen Hilfsfunktionen könnten wir das Fahren dem Autopiloten überlassen, erliegt einem gefährlichen Irrtum. Die Polizei dokumentiert immer häufiger folgenschwere Unfälle, weil der Lenker oder die Lenkerin „aus ungeklärter Ursache“ mit dem Gegenverkehr kollidiert sei. Für mich ist das „Unklare“ offensichtlich: die Benutzung des Smartphones war eben wieder einmal wichtiger als der Blick auf die Straße. Da helfen dann auch keine Assistenten mehr, sondern allenfalls der Rettungsdienst. Wer meint, auf der Reise lesen oder schreiben zu müssen, sollte auf dem Beifahrersitz Platz nehmen, beziehungsweise in Bus oder Bahn umsteigen. Übrigens: dass die Mehrheit der Autofahrer – wie Sie schreiben – nicht weiß, wie Assistenzsysteme funktionieren und wo die Grenzen der Technik sind, ist kein Wunder. Der Traum vom Plug and Play hat auch das Automobil erfasst. Heißt: Einsteigen und Losfahren. Ein Bordbuch mit Bedienhinweisen gibt es bei vielen Herstellern nicht mehr, das muss online heruntergeladen werden. Wer tut das? Und wer nimmt sich die Zeit dies zu studieren? Nochmals Danke für Ihren Artikel. Die aktuelle ZEIT hat mich begeistert und mit einer Fülle an interessanten Beiträgen versorgt.
Thomas Meichle

In der Ausgabe vom 25.Juli 2024 habe ich im Wissensteil den interessanten Artikel „Alles unter Kontrolle“ gelesen. In diesem fand ich den Hinweis, die Software eines Premium-Fahrzeugs enthalte bis zu 100 Millionen Zeilen Programmcode. Diese Zahl kam mir spontan recht hoch vor und ich habe versucht im Internet zu recherchieren. Leider war das nicht besonders erfolgreich, aber für eine ältere Ausgabe von Windows wurden dort 40 Millionen Zeilen Code genannt. Eine aktuelle Version wie Windows 11 enthält vermutlich tatsächlich eine Anzahl von 100 Millionen Codezeilen. Auch wenn ein Auto viele Sicherheitssysteme enthält, würde ich die Anzahl an Zeilen Code deutlich geringer schätzen. Aber ich weiß es einfach nicht. Vielleicht hat auch die jeweils verwendete Programmiersprache einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Umfang des Quellcodes und man müsste eher den Umfang der fertiggestellten und lauffähigen Software vergleichen? Irgendwo hatte ich auch gelesen, man kam mit ein paar 10-tausend Zeilen Code bis zum Mond und das war vermutlich sogar noch in Assembler programmiert, also mit ei9ner Sprache, in der jede Zeile nur einen Bruchteil der Funktionalität enthält, wie etwa in einer höheren Sprache wie C oder C++. Darf ich Sie fragen, woher Ihre Information stammt? Ich fand auch den Gedanken interessant, dass zunehmende Intelligenz in den Assistenzsystemen dazu führt, sich etwas blindlings auf sie zu verlassen und als Folge davon die Sicherheit wiederum nicht so hoch ist, wie sie sein könnte.
Andreas Kölker

 


 

Leserbriefe zu „Eine Sensation! Nein, ein Skandal!“ von Peter Neumann (Pro) und Volker Weidermann (Contra)

Die Argumentation Volker Weidermanns hätte ich von Funktionären der AfD erwartet (einschlägige Erfahrungen mit denen musste ich auch schon machen bei Lyrik-Veranstaltungen), niemals aber von einem Redakteur der ZEIT. Eisig kalt wird einem.
Barbara Bosch

Volker Weidermann braucht nicht viele Worte, um die Auszeichnung des Dichters Oswald Eggers mit dem Georg-Büchner-Preis zu demaskieren als das, was sie ist: ein SKANDAL! Es passt in unsere zunehmend desorientierte schön-bunte Welt (wogegen ich grundsätzlich erst mal gar nichts einzuwenden hätte), dass dieser Preis für einen Firlefanz an Worten (Lyrik genannt) vergeben wird (leider ohne Ansicht und Respekt vor dem Werk des Namensgebers Georg Büchner), schön-lustig und wirr, aber fraglich preiswürdig. Nur, weil im traditionsreichen Haus Suhrkamp zwischen feierlich-rotem Leinen gedruckt, erlangen besagte Verse noch lange nicht Büchner-Preis-Weihen. Sie werden allerdings dann sehr viel öfters gekauft! „Nicht der Dichter soll über die Welt befinden, sondern die Sprache soll sich ihre eigene Welt, ihre eigene Natur erfinden.“ So schreibt Peter Neumann. Aber entschuldigen Sie bitte, werter Herr Neumann: immer noch werden Worte von menschlichem Geiste erschaffen (nicht von einem Sprachmodul à la Avatar) FÜR eine(N) LeserIn, ein Mensch aus Fleisch und Blut, der seine eigenen Erfahrungen mitbringt und berührt werden will, verändert, getröstet, überzeugt, belehrt, berauscht, verzaubert. Ich fühle mich beim Lesen der Zitate aus O. Eggers Lyrik veräppelt und wenig ernst genommen. Dafür ist mir meine Zeit und tatsächlich auch mein Geld zu schade; bei aller Freude am Experimentieren, Improvisieren, Fabulieren, bei allem sportlichen Ping-Pong mit Worten!
Berta Walter-Hamza

„Eine Sensation!“ „Nein, ein Skandal!“ Da ich beide ZEIT-Redakteure schätze, habe ich mir Eggers Band „Lieder und Gedichte“ (22 Euro) besorgt. Lautes Lesen. Raunen, Wispern, alles half nicht. Mir und drei weiteren literaturaffinen Menschen wurde das Zuhören nach kurzer Zeit fast unerträglich. Also, ich stimme Herrn Weidermann voll umfänglich zu: der Georg-Büchner-Preis für dieses Gesimmer ist ein Skandal. Herr Egger braucht keine Leser, er ist sich selbst genug.
Christine Fasselt-Winkler

 


 

Leserbriefe zu „Das Wort „glücklich“ würde ich streichen“ Gespräch mit Susanne von Gönner geführt von Miriam Amro

Danke Frau von Gönner, danke ZEIT, für diesen hoch-relevanten Beitrag an überraschender Stelle, der m.E. weit über kriselnde Paarbeziehungen hinausweist. So ganz nebenbei erklärt Frau von Gönner uns die Kernprinzipien empathischer, ego-freier, und damit — auf der ehrlichen Suche nach einer bestmöglichen Lösung — hoch-effizienter Kommunikation. Von dieser Art Kommunikation würde ich gern mehr sehen: in Diskussionen zur Lösung politischer Konflikte (intra- wie innerstaatlich), in Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehungen, in aller Art Verhandlungen. Kurz: überall da, wo zwei mit inkongruenten Interessen sich einigen möchten. Allerdings bin ich zu romantisch veranlagt, um das Konzept „Glück“ so einfach aufzugeben. In einer Paarbeziehung, die grosso modo auf die von Frau von Gönner dargelegten Prinzipien baut, bleibt Glück meines Erachtens eine Möglichkeit. Es erfordert aber einen weiteren Arbeitsschritt, nämlich: sich bewusst machen, dass das „Gelingen“ einer solchen Beziehung nicht selbstverständlich und kein Zufall ist. Die Freude und Dankbarkeit, die mit dieser Bewusstwerdung einherkommen, und der Stolz auf die gelungene Beziehungsarbeit können sich dann in ein hellstrahlendes Glücksgefühl verwandeln.
Karen Freund

Ehen beginnen immer glücklich, das ist ein emotionales Startkapital, denn sonst würde es keinen gemeinsamen Anfang der Beziehung geben. Sich gemeinsam daran zu erinnern kann eine Konfliktphase helfen zu überwinden. Treue ist keine Pflichtübung, aber eine stabile Brücke, um an das andere Ufer von Möglichkeiten gemeinsam auszuprobieren. Was man „verloren“ hat in der Beziehung muss nicht das „Ende sein „man kann etwas wieder Neues entdecken, da hilft eine kompetente Eheberatung möglichweise weiter. Vorwürfe oder Schuldzuweisungen blockieren ein fruchtbares Gespräch, um eine Verständigung für beide in Zukunft möglich zu machen. Die innere Bereitschaft sich selbst zu verändern – wird die Partnerin ebenfalls dazu in die Lage versetzen. Das Glück hält ewig!
Thomas Bartsch Hauschild

Die abgebildete Fotografie (der Fotografinnen: Lauren Fleishman und Bettina Theuerkauf) dieser beiden alten Menschen, aufgenommen beim Kuss mit dabei eingedrückter Nase des alten Mannes, soll wohl eine innige lange gemeinsame Ehezeit aufzeigen und uns Betrachtenden somit suggerieren und inspirieren fürs Durchhalten: „…bis dass der Tod Euch scheide“… Die christliche Familientherapeutin und Psychologin hat dieses Bild sicherlich in ihrer katholischen Tradition als „ideal“ mit ausgesucht? Ästhetisch ist diese Aufnahme nicht – wie ja auch die körperliche Liebe altersbedingt (on the long run) ehrlich aus der Natur heraus betrachtet: doch arg gewöhnungsbedürftig wäre… Aber im Alter ist das Zurückblicken in ein gemeinsam verbrachtes Leben wohl ein bedeutender Trost, ansonsten wäre die Zeit mit einem anderen „neu“ hinzugekommenen Mensch im Altgewordensein ohne das Miteinander der Vergangenheit: wie ein dann unterbelichteter, verlorener Film…Immer wieder verschwanden dem RvM (-Leserbriefschreiber) die vertrauten Frauen aus seinem zeitanteiligen 75jährigen Leben, weil diese doch (sehr) nahen Verbindungen jeweils heiraten wollten – jedoch der Erfragte und Aufgeforderte dazu sich nicht bereitfinden konnte… Dabei kam es dann wiederum zu den einseitigen Trennungen – und es hieß zumeist hierzu verdeutlichend: „Es ginge unnötig viel Zeit verloren“ – „Für solch ein Zusammenleben ohne Ehe gäbe es keine Zukunft“ – „Es könne nicht geplant werden, alles wäre doch nur in der Schwebe…“ Und andere ähnlich lautende „Ausbrüche“ begleiteten meine zeitanteiligen Lebensbeziehungen mit jenen Frauen – ja: selbst zeitliche Ultimaten wurden dem RvM gestellt! Oder aber: die Trennung! Und es kam dann auch zu wütenden Verabschiedungen von Seiten dieser heiratswilligen Frauen! Jene zwar überhaupt nicht konservativ eingestellt: jedoch auf die Ehe ausgerichtet und wahrscheinlich auch gesellschaftlich abgerichtet! Selbst kam er aus einer geschiedenen Ehe wohl auch dadurch kindheitsbelastet (?), hatte sich hierbei (?) in dem RvM eine frühe Ehe-Antihaltung entwickelt – mitbeteiligt aber auch die persönliche Vernunft ihre Bewirkung aufzeigte: denn in meinen späteren jeweiligen Umgebungen wurde der RvM mit so vielen Ehescheidungen konfrontiert bzw. waren diese Ehen brüchig oder kurz vor dem Ende zu diesen staatlich und kirchlich organisierten Anfesselungen…
Gerhard Schröder, Joseph Martin „Joschka“ Fischer, Lothar Matthäus – alle mindestens fünfmal verheiratet: dies zwei renommierten Politiker und der weltmeisterliche Fußballspieler: würden in der christlichen Eheberatungsstelle von Susanne Gönner (der Gesprächspartnerin von Miriam Amro von DIE ZEIT zu dem Interview) wahrscheinlich dann heftig mehrmals sich eingefunden haben, um die vielen angehäuften Eheprobleme zu besprechen oder zu erörtern… Wie aber werden solche Ehe-Marathons solcher Eheprofis veranstaltet und ehezeitlich jeweils überstanden und durchgestanden und ausgestanden? Was geht in diesen Mehrfach-Ehe-Männern vor sich, immer wieder neu und frisch heiraten zu wollen und damit der nächsten Frau die Ehe wiederum auf Lebenszeit zu versprechen – doch Stopp: verändern wir die Doppeldeutigkeit des Wortes als einen Versprecher, nun in das: … den Ehebund wiederum auf Lebenszeit zu schwören… Der RvM aber versteht die Frauen nicht, die solchen Eheprofessionellen dann wiederum vertrauen, dass jene Männer in der gemeinsamen neuen Ehe sich endlich langfristig-lebenslänglich verehelicht fühlen werden… In dem durchaus lebensnetten und ehebejahenden Interview fragt jedoch Miriam Amro auch kritisch Susanne von Gönner: „Was verstehen Sie, ganz grundsätzlich, unter einer glücklichen Partnerschaft?“ – Antwort SvG: „Das Wort „glücklich“ würde ich streichen.“ – Miriam Amro: „Was stört Sie daran?“ – Antwort SvG: „Mit „glücklich“ verbinden die Menschen meist ein romantisches Konzept, das sie aus Liebesfilmen oder -romanen kennen. Das hat nichts mit dem Leben zu tun. Ich spreche lieber von einer gelingenden Beziehung – das bedeutet, dass sich zwei Menschen respektvoll, wohlwollend und interessiert aneinander ein gemeinsames Leben aufbauen. Man ist füreinander da, gibt sich Geborgenheit, die Sicherheit, das sagen zu können, was man will.“
Und so zieht sich dieses Interview dehnbar nett durch eine ganze Seite von DIE ZEIT und man glaubt ver-zweifeln zu müssen an diesem schriftlichen Hin-und-Her-Text des Gespräches – kein Wort von Sexualität, von Lust, von Gier, von leidenschaftlicher Liebe, vom Verrücktwerden nach der Sehnsucht und der abhängig-machender sexueller Erfüllung! Auf welcher katholisch-christlichen Couch landet mann/frau denn da bei dieser Psychologin und Familientherapeutin mit solch gutmeinender Beratung, mit ihrem Rat ohne deftige Ratschläge… Es ist geradezu erschütternd an der Lebensrealität vorbei geplaudert, wenn denn da von Miriam Amro höflich gefragt wird: „Gibt es erste Anzeichen, die darauf hindeuten, dass ein Termin bei Ihnen nötig wäre?“ Und SvG antwortet: „Eine Beziehung ist ein sehr komplexes und herausforderndes Abenteuer, und jede ist anders. Es wäre schön, wenn es mehr Angebote gäbe, in denen Paare lernen, sensibler füreinander und für die Dynamik einer Partnerschaft zu werden. Wer Auto fahren will, macht einfach den Führerschein.“ Geheiratet werden kann nach dem Gesetz in der BRD ab der Volljährigkeit mit 18 Jahren und in Ausnahmefällen (bei der Volljährigkeit des einen zukünftigen Ehepartners) bereits mit 16 Jahren. Man muss sich das nur vorstellen – da heiraten Jugendliche ab 18 oder 16 Jahren, und gleichzeitig werden Tabakläden usw. mit einem Bußgeld bis zu 1000 Euro bestraft, wenn diese Zigaretten an Jugendliche unter 18 Jahren verkaufen und wer diesen Heranwachsenden in der Öffentlichkeit das Rauchen gestattet, wird mit 1500 Euro Bußgeld konfrontiert.
Jetzt müsste doch der Gesetzgeber einer solchen Ehe-Erlaubnis gefragt werden: mit welchen so frühen Bindungen an eine Ehe werden diese Jugendlichen von 18 oder 16 Jahren konfrontiert! Soll solch eine frühe Ehe dann 60 Jahre und länger sich stabilisieren? – wird dadurch nicht bereits die Ehescheidung, Ehescheidungen konkret vorprogrammiert!?! Das ist doch ausrechenbar und fast schon zu vergegenwärtigen: dass solche Ehen zu Bruch kommen. Doch es scheint so, dass hierbei nichts anderes, Vorrang hat, als dass der ehegebräuchliche Markt entsprechend daran verdient: an der Hochzeit, an dem Beschaffen von Ehe-Utensilien, an den Ehescheidungen mit Rechtsanwälten und Gerichten und was noch alles an jenen Geld-Verdiensten mit dranhängt… Und DIE ZEIT durch Miriam Amro fragt sensibel: „Es gibt Paare, die trotz aller Schwierigkeiten zusammenbleiben, die Ehe aushalten, den Partner aushalten. Wann raten Sie zur Trennung?“  Und hierbei möchte der RvM-Leserbriefschreiber anstelle der Susanne von Gönner, antworten: „Was heißt hierbei eigentlich: „…die Ehe aushalten, den Partner aushalten?“ Das sind doch schlimme Begriffe und Bestandsaufnahmen einer Eheverbindung! Da will doch kein Mensch mehr mitspielen und mitmachen in solch einer Ehe – das ist ja nicht mehr auszuhalten! Und warum überhaupt macht mann/frau da noch mit! Was soll denn dann eine (christliche-katholische) Eheberatung noch bezwecken: diese Ehezeit-Bombe eventuell zu entschärfen bis zur nächsten Höchstgefahr… Und Susanne von Gönner als Therapeutin hat da eine Schlichtungs-Möglichkeit parat: „Meine Lieblingsübung heißt „Ich lade dich ein“. Sie laden Ihre Partnerin oder Ihren Partner zu einer Aktivität ein, die Sie normalerweise allein machen würden. Das kann ein Hobby sein, einen Film schauen, ein Computerspiel spielen. Der Partner hat nur die Aufgabe, sich auf die Einladung einzulassen. Das habe ich erst kürzlich einem Paar als Hausaufgabe gegeben.“ Und DIE ZEIT durch Miriam Amro fragt angeregt: „Wie wirkte das Paar auf Sie bei der nächsten Sitzung?“ SvG antwortet: „Beide waren ganz überrascht, wie befreiend es sich anfühlte, sich nicht sofort zu einer Bewertung gedrängt zu fühlen. Dadurch sind die beiden wieder ins Gespräch gekommen.“
Solche Händchenhalte-Geschichten muss man sich durchgängig in dieser schriftlichen Plauderstunde über derartige Eheprobleme sich antun, nichts von einer ermüdeten Sexualbeziehung, nichts von Laaangeweile in den Ehen wird hierbei geschildert oder auch nur angedeutet… Doch ja – da kommt dann doch die Frage auf von Miriam Amro: „Welche Rolle spielt die Treue?“ – und SvG erklärt: „Ich verstehe Treue als etwas, was auf Vertrauen basiert. Vertrauen darauf, dass ich das, was ich einer anderen Person verspreche, auch einhalte. Egal ob wir Treue als exklusive emotionale oder exklusive sexuelle Bindung verstehen…“  Wie aber würde das jene SvG-Therapeutin psychologisch den beiden benannten prominenten Politikern oder dem weltmeisterlichen Fußballspieler darlegen und hinterfragen wollen, wo doch die Treue treu zu sein hat…?“ Und in der Wiederholung von SvG: „Ich verstehe Treue als etwas, was auf Vertrauen basiert, Vertrauen darauf, dass ich das, was ich einer anderen Person verspreche, auch einhalte.“ Der unverheiratete RvM-Leserbriefschreiber hatte ein Erlebnis: In sein damaliges Atelier in Freudental kam des Öfteren ein 65jähriger Mann – der eines Tages anfing zu weinen, und dem RvM erzählte: dass ihn seine Ehe-Frau seit zwei Jahren von einem Arzt zum anderen, zu Therapeuten, zu Psychologen hinbedrängt, weil er keine Erektion mehr bekäme… Wir haben an diesem Nachmittag miteinander einige Flaschen Wein getrunken – und ich habe ihm angeboten: dass er am darauffolgenden Wochenende seine Frau mitbringen möge, wir würden gemeinsam darüber miteinander sprechen… An jenen Samstag kam er mit seiner Frau in mein Schloss-Atelier – zur Tür drang ein Drum herein, eine fette, kurzbeinige Frau, lästernd und schimpfend über ihren Ehemann, der kein „Mann“ mehr sei… Dem RvM platzte der Kragen – und er schrie diese Frau an: „Bei Ihrer Figur und Ihrem Aussehen kann kein Mann der Welt, auch nicht für eine Million Euro: seinen Schwanz hochkriegen!“ Die Frau stampfte wutentbrannt aus dem RvM-Atelier! Monate später kam dieser Mann mit einer anderen Frau in das Atelier, freute sich des Lebens, hatte glänzende Augen und eine straffe Körperhaltung – flüsterte mir einen Ohrwurm ins Ohr: „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt…“
So schauts aus – wenn in den vielen Ehen die pralle Sexualität eingeschlafen ist, sich innerlich gegenseitig die Vorwürfe gemacht werden aber keiner von beiden Ehe-Abhängigen davon spricht: die sogenannte Zweisamkeit erschlafft und nur noch praktische Worte vorhanden sind… Nein: die Ehe ist eine gesellschaftliche Konstitution, die für die befreiende Liebe langfristig nicht geschaffen ist, letztlich „für immer“: ein Gefängnis bleiben wird. Der Staat hat aber kein Interesse an freien und sich befreienden Menschen – er will die Kontrolle, die Funktionalität, die sogenannte Familie in der festgefügten Orientierung zur Aufsicht über das Volk. Durch richterlichen Beschluss wurden in Deutschland im Jahr 2023 rund 129.000 Ehen geschieden – im gleichen Zeitraum kam es zu 351.800 Ehen und 9200 Ehen zwischen Personen gleichen Geschlechts. Das ganze Ehetheater plus der vielen Scheidungen läuft so ewig weiter – nur, dass nun auch die gleichgeschlechtlichen Ehen noch hinzukommen. Und der RvM dachte einst früher noch an die homosexuellen Paare, die frei ihr Liebesleben ausleben können – ohne an die Ehe gebunden zu sein, da vom Gesetzgeber in Deutschland nicht ermöglicht…  Und nun auch diese Abhängigkeiten, diese Streits und Beleidigungen, die Respektlosigkeit, das Benutzen um des anderen Menschen „Geheimnisse und Eigenarten“ und hinzukommend: die Ehescheidungen… Dass ihr homosexuellen Paare Euch das auch antun musstet – darauf gedrängt habt, ebenfalls in dem Bund der Ehe offiziell durch den Gesetzgeber sich zu verbinden und anzubinden… Dieser letzten möglichen Freiheit als Einforderung habt ihr Euch freiwillig entzogen!
Ein unzuversichtlicher Psychologe und selbst Betroffener hat über die Ehe folgendes vermerkt: „Vor der Eheschließung solltest Du noch wissen – dass Deine falschen Steuererklärungen, die Steuerhinterziehungen, Deine Schwarzgeld-Konten in der Schweiz und in Liechtenstein, die Geschichten Deiner Vergangenheit, die unseriösen geschäftlichen Transaktionen – in der Ehe dann erkannt und mitgeteilt, vorerst wie in einem Tresor zwar gut aufgehoben sind und dadurch auch die Ehe einseitig von Dir nicht geschieden werden könnte… Es sei denn: die entsprechende eingeforderte Abfindung zur Ehescheidung würde Dich ruinieren – und darüber hinaus gibt es zudem keine Garantie, dass Du nicht später weiterhin erpresst werden kannst… Somit überlege Dir sehr genau, ob Du auch während Deiner Ehe über Dich schweigen kannst wie ein Grab! Doch wenn von Dir nichts unbekannt bleiben muss mit Deiner vielleicht weißen Weste – dann kannst Du Dich jemandem anvertrauen und sei es: dass Du sogar hierzu ein Leben lang die Treue in der Ehe schwören wirst…“ Aber nun weg mit den un-ehelichen Scheuklappen – und zum Abschluss sei noch Friedrich Schiller zitiert: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet, der Wahn ist kurz, die Reu ist lang: die ist und bleibt ein Zwang.“ Ja, verdammt nochmal – da steckt ja auch ne Menge hintersinnige hindeutende Kritik drin in diesem Spruch. Und der RvM dachte, er komme so aus dem Contra ohne wenig Pro relativ ungeschoren (bei der Masse an Ehepflichtigen) irgendwie raus… „Was ist also das Geheimnis gelingender Beziehungen? – lt. DIE ZEIT hinterfragt… Dass es doch kein Geheimnis mehr sein kann, wenn Milliarden Menschen diese Institution Ehe gelebt haben, leben und beleben und ebenso auch sich in der Ehe auseinanderleben… Somit sollte eher darüber nachgedacht werden: ob zwei sich fremde Menschen ihre Fremdheit überwinden können, um sich „gegenseitig“ näher zu kommen, ganz nahe bis dies kaum mehr aushaltbar sei… Die Sexualität ist die fundamentalste Verbindung vorerst – aber auch die gefährlichste Konkurrenz durch einen selbst und andere Menschen, die keine Rücksicht auf eine vorhandene Ehe nehmen, sich dort hineindrängen…. Die Liebe kann vergänglich sein und damit sollte auch eine Ehe nicht mehr ausgehalten werden müssen! Dies der Rat des RvM an die Therapeutin und Psychologin Susanne von Gönner und vielleicht auch an Miriam Amero – mit dem Dank des Lesenden zu dem Text fürs Ehe-Leben). Denn die Seele ist unser ganz persönliches Geheimnis – und darin hat auch in der Liebe: eine Psychologin oder ein Psychologe nichts zu suchen oder darin aufzufinden; es sei denn das überschaubare „Geheimnis“ der gelingenden Beziehungen immer wieder neu zu definieren…
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 


 

Leserbriefe zu „Der Trost der Spiele“ von Christof Siemes

Seit 1896 in Athen die Olympischen Sommerspiel der Neuzeit aus der Taufe gehoben wurden von Baron Pierre de Coubertin mit den Mottos: „Alle Sportarten, aller Nationen“ und „Schneller, Höher, Weiter“ und „Die Menschen auf der Welt sollen friedlich zusammenleben“ ist bis heute sehr viel passiert. Mit dem derzeitigen IOC-Chef geht der Olympische Gedanke den Bach runter. (Der Kalauer musste sein!) Aber im Ernst, mit Thomas Bach ist der monetäre Gedanke der Spiele in den Vordergrund gerückt, ungeachtet politischer Dimensionen und fragwürdiger politischer „Staatsmänner“. Chinesische Athleten nehmen selbstverständlich teil, obwohl 23 von ihnen (Schwimmer) positiv getestet sind. Angeblich waren Mahlzeiten verunreinigt? Das ist ein Witz am Beckenrand! Und eine Beleidigung der vielen „sauberen“ Olympiateilnehmer. Trotz des Ukrainekrieges werden russische Sportler dabei sein, ohne Hymne und unter neutraler Flagge. Das gilt ebenso für Teilnehmer aus Belarus. Das nenne ich „wachsweiche“ und unbefriedigende Entscheidungen. Das passt zu dem Slogan: “Dabeisein ist alles“. Das Einknicken des Präsidenten des IOC ist mittlerweile legendär. Seine Nähe zu Putin bei seiner Wahl 2013 macht stutzig. Als früherer Fechter führt er das Florett nunmehr wie ein Säbel oder gar wie ein Breitschwert. Eine Parade Riposte wäre in einigen Fällen vielleicht die richtige Wahl gewesen. So werden auch die Olympischen Sommerspiele in Paris 2024 keinerlei Frieden, oder gar Waffenstillstände, in der Ukraine und/oder in Nahost bringen. Von den weiteren Kriegsschauplätzen auf der Welt ganz abgesehen. Das erinnert an „Brot und Spiele“ im dekadenten Rom und den Gladiatorenkämpfen im Kolosseum. Ablenkung des „gemeinen Volkes“ von der Wirklichkeit. Nach den Spielen derselbe „Trott“ bis 2028 in Los Angeles wieder Sand aufgewirbelt wird, um in die Augen der staunenden Sportfreunde gestreut zu werden. Voraussichtlich wird sich auch bis 2032 in Brisbane daran nichts ändern. Die einzige kleine Hoffnung ist ein anderer IOC-Präsident. Dieses Mal dann nicht von Putins Gnaden und jünger für die Jugend der Welt.
Felix Bicker

Bei meinem nachgenießenden Innehalten lasse ich den ereignisreichen Abend Revue passieren. Was bei Laien ob der imaginierenden Illusionen Träume wahr werden ließ und den Fachmann in Staunen versetzte, möchte ich gerne mit Ihnen, den Mitarbeitenden der ZEIT teilen. Die Ideengeber, über Regie, Dramaturgie und Darsteller wuchsen für diesen fantastischen Abend über sich hinaus, in gelegentlich improvisierender Perfektion allen (Wetter) Widrigkeiten trotzend. Chapeau! Die von zig-Tausenden in Szene gesetzten Bilder waren gefühlt so vielfältig wie ein Run durch alle Museen von Paris, dazu dutzende Kilometer auf Schusters Rappen durch Gassen, Parks und Promenaden, auch hier sichtlich Spaß an der Freude, um nur die markantesten Eindrücke in sich aufzunehmen – sprich: überfordernd und unvergesslich wie ein zwölf Gänge-Menü inmitten einer atmosphärisch verdichteten Kulisse, zwölf Jahrhunderte abbildend, dass kaum Luft zum Atemholen blieb. Ein Knochenjob für alle, vorgetragen, durchlitten und genossen wie beim Leistungssport-Siegerlächeln – nur ohne Podestplatz. Wer angesichts solcher Fülle, diesem Feuerwerk für die Sinne, einer Huldigungs-Hommage mit Pragmatismus-begleitenden Wermutstropfen der Vergänglichkeit die himmlische Abkühlung nicht genoss, in dem müssen Wüstenei und Neidhammelei gleichzeitig wüten. (Die meisten Kritiker verachte ich wegen ihres oft rüpelhaft-besserwisserischen Niedermachens von Kunst und Künstlern). In vielgestaltiger Umsetzung kreiste alles um die Historie legendenschwangerer Wahrhaftigkeit, einschließlich aller verstörenden (Stil)Blüten, den Irrrungen und Wirrungen um hehre Freiheits-, Gleichheits- und Brüderlichkeitsziele mit der finalen „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ –Liebesreferenz in Reminiszenz an Edith Piaf.
Ach ja: Sportlern und Funktionären gehörte die Wasserstraße. Die Krönung wäre ein Wikingerboot gewesen – immerhin verdanken ihnen die Pariser die einzige Zerstörung ihres damals klitzekleinen Refugiums. Und eine Kavaliersgeste Pariser Sonderklasse wäre es gewesen, wenn der Organisationschef den sichtlich lahmen Arm der Schirmträgerin untergehakt hätte. Bitter traurig nur, dass die Mehrheit der Zuschauer aus Unwissen, auch Voreingenommenheit in Actions-Fieber nicht verstand – oder schlichtweg über andere Erwartungshaltung überfordert war. Im „Was der Bauer nicht kennt…“, verkörpert er damit zwar Bodenständigkeit, aber ihm bleibt kulturelle Vielfalt in einfältiger Verweigerung ein Buch mit sieben Siegeln. Im bruchstückhaft erfassenden Erkennen der rund 144 bildhaften Erzählstränge kreist die gesamte Komposition, meist hintersinnig und doppeldeutig persifliert (jeder einzelne Mitwirkende trägt, überzeichnet und manchmal übergewichtig (Ludwig XIV. im Kreis seiner Höflinge, davor hindrapiert Gottvater Zeus, bedauernd, den Menschen Neugierde und Entdecker-Kreativität und damit Krieg, statt immerwährender Nacktheit (Unschuld) gegeben zu haben), oder die Abgründe der Revolution (das Blut floss in Strömen), sowie der Pariser Kommune-Chaoten: Für die einen individuell-assoziativ erhellend, bei mangelndem Geschichtswissen verschwurbelt, wurden bewusst stilblütenvernebelnd, Ansichten zu Einsichten, nicht nur eine Sicht der Dinge beleuchtend. Wie mit rotem Faden, den 12 dominantesten choreografierten Strängen Gewicht gebend, die wiederum eingebettet waren in drei Hauptachsen, unser Sein und Schein (die Seine und ihr urban-imposantes Umfeld) zwischen wahnhafter Genialität und wahnhaft-kläglich-schändlichem Versagen in jeweiliger Relevanz präsentiert wurde, faszinierte durchgehend. Inmitten dieser bombastischen Szenerie, der frenetischer Begeisterung fehlte nur noch der Gladiatorengruß: „…Die Todgeweihten grüßen dich!“.
Begleitet von Wunsch- und Trugbild-Legenden, begleitet von irritierend, weil lockend und abweisend zugleich (typisch für die „Dame“ Paris) vieldeutigem Augenzwinkern, stetem Fortschreiten und Stolpern ohne tiefen Fall ihre opulente Größe und differente, bisweilen unterkühlte Anziehungskraft bewahrend (der lange Ritt symbolisierte Herolde wie Hermes und Roland und viele andere Meldereiter, nicht zuletzt den Schwager Tod, in Trostvorstellung auch den „hol über-Fährmann“, bei aller Glanz- und Gloria-Fassaden-Herrlichkeit viel inniger wegen ihrer sinnlichen Magie geliebt wird, wurde uns aufgezeigt, was den Geist, die Aura so unnachahmlich macht. Offenbar trauten die Olympier nur dem Phantom zu, das Feuer rechtzeitig an allen Feinden vorbei zum Eiffelturm zu bringen – von Zinedine Zidane sehnsüchtig erwartet. Das schwer schuftende Prekariat solidarisierte sich mit dem Strebenden, (wer weiß, vor welcher Obrigkeit er flieht), öffnete die Dachluken und derer zur Unterwelt, um über den Dächern und durch die berühmt-berüchtigten Katakomben von Paris zeitig das Ziel zu erreichen. Zum olympischen Wettkampf überleitend, verzauberten Tänzer und Akrobaten, Musiker und Sänger in taktvoller Detailversessenheit – und machten wohl auch sich das größte Geschenk, ganz im olympischen Geist: Dabeisein ist (fast) alles. Die unzähligen Honneurs an Leistungswillen und Körperbeherrschung, sinnbildlich dafür das Defilee der Haute Couture, auf jeder Bühne, Fenster, Balkon, Ponton komplex dargeboten, war, je spielerischer anmutend, umso anspruchsvoller). In diesem Rausch der Sinne ließ sich fast vergessen, wieviel Energie diszipliniertes Höchstleistungstraining fordert, im ehrgeizigen Wettstreit um Mammon, Lorbeerkranz-Ruhm und Ehre, Tränen des Siegerglücks und der Niederlage Teil der Show sind. Wenn etwas an selbsterfüllender Prophezeiung dran ist, stehen uns äußerst friedliche Spiele bevor.
Dann die irrwitzigen Lichtkaskaden-Wege, sich bei allem Widerstreit (unzählig das, was unter einen Hut zu bringen war), doch finden zu Leuchtpfad-ruhendem Pol in finstrer Nacht. Zusammengefasst im Olympischen Feuer-Staffellauf, einer Akzeptanz von Dichtung und Wahrheit (auch das Phantom hat seinen Schrecken verloren), die Ahnen zwar fern und nur nebulös vorstellbar, erkennen wir irgendwann einander und gehen gemeinsam die Wege auf Du und Du, in deren beschleunigter Übergabe-Abfolge vom „Großvater“ (dem 100jährigen Olympioniken) großherzig in die Hände des Paares weitergereicht wird, das zielbewusst und voll hoffender Zuversicht auf schmalem Pfad ihrem Glück, der ewig leuchtenden Flamme zustrebt, war eine Sonderklasse-Coda. Was gibt es Bewegenderes als dieses Auskosten des Augenblicks, dem Entzünden des Feuers der Liebe, die gen Himmel steigt? Es war ein episches Spektakulum homerischer- oder biblischer Dimension, komprimiert auf vier Stunden mit einer Symbolkraft, die ihresgleichen sucht! Jedem Glanz war ein „Bedenke, dass du sterblich bist!“ und jedem Elend ein „Dennoch!“ beigesellt. Diese Orchestrierung, mit vielen Fingerzeigen emotionaler „gemeinsam schaffen wir es!“-Aufforderung, dem illusionistischen Spiel des Lebens zwischen Aufstieg und Fall mit Hingabe (was im Leben ist nicht trügerisch?), aber nicht ohne Augenzwinkern zu frönen, hat gewiss ein jeder für sich und auf seine Art verstanden. Dieser komplexe fast alle perplex machende Abend war ein Meisterwerk – und gerade wegen der allgegenwärtig spürbaren Begeisterung aller Anwesenden, auch dank Improvisationstalent, ob Zufall oder gezielt eingestreut, im Dienst der Kunst und verbindender Stunden genial umgesetzt. Was den Genuss schmälerte (da sollte ich allerdings nur von mir sprechen), betraf die szenische Überfülle, der gewiss nicht nur ich nur mit Mühe folgen konnte – aber im Nachsinnen eine erhellende Anspielung nach der anderen für mich entdecke. Bitte betrachten sie meine überfallartigen Auslassungen nicht als übergriffig, sondern als Anregung für eventuelle redaktionelle Beiträge zu Olympia Ihrerseits.
Andreas Weng

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Wer nicht hofft, scheint somit tot. Das will keiner, auch nicht der Autor dieses Artikels. Doch wem diese durch-und-durch-kommerzialisierten Spiele noch Hoffnung geben, und sei es durch die 50:50-Quote der Geschlechter, der ist Berufs-Optimist, wird also dafür bezahlt.
Christian Voll

 


 

Leserbriefe zu „Sekunden“ von Thomas Melzer

Fahrradfahrer stirbt durch einen LKW. Es ist eigentlich unglaublich, ein alter Mann stellt sich mit seinem Fahrrad ganz vorne neben einen LKW. Der Klassiker, ich kann da nur den Kopf schütteln. Ich bin 75j, mein Mann 83j. Was hat so ein Mensch im Kopf? Ich könnte mich ohne Ende darüber aufregen. Genauso Kinder, das gibt der Verkehr nicht her. Selbst hellwache junge Radfahrer leben nicht ungefährlich. Normalerweise muss der LKW-Fahrer noch entschädigt werden. Ich habe keinerlei Bezug zu LKW-Fahrern.
Erna Bockelmann

Das die Straße täglich von Millionen Autos und LKW befahren wird und zusätzlich mit einer schmalen Fahrradspur ausgestattet, der schwächere Verkehrsteilnehmer beim Unfall körperlich schwer verletzt wird, kann man bei jeder Unfallstatistik nachvollziehen, es sind 75 % der LKW – PKW die Schuld daran tragen. Der Schutz für Radfahrer ist nur dann gegeben – wenn eigenständige Fahrradstraßen – ohne Autoverkehr geschaffen werden. Fahrlässiges gesetzgeberisches Verhalten kann das heutige Straßenverkehrsrecht durch Gerichte nicht beseitigen.
Thomas Bartsch Hauschild

Wo bleibt die Eigenverantwortung? Wie kann ich mich als Radfahrer direkt neben einen offensichtlich abbiegenden LKW positionieren? Als autofahrender Mensch, der regelmäßig auch mit dem Rad unterwegs ist, bewundere ich das Gottvertrauen meiner Mitmenschen. Nach dem Motto: mir wird schon nichts passieren. Fürchte als Mensch, der vor eigenen Fehlern/Unaufmerksamkeit nicht gefeit ist, aber den Tag wo dies zu einem Unglück führt. Ich bin auf die Aufmerksamkeit meiner mit am Verkehr teilnehmenden Menschen angewiesen, damit diese im Falle meines Fehlers reagieren und Unglücke verhindern. Ich tue das umgekehrt ja auch. Das schafft die Redundanz, damit Fehler eines Einzelnen eben nicht zur Katastrophe führen. Als Autofahrer beobachte ich jedoch z. B. zu 99% das Starren der Fußgänger auf das grüne Licht der Ampel, um umgehend die Straße bei Grün zu betreten, ohne den herannahenden Verkehr auch nur eines Blickes zu würdigen. Die müssen ja auch alle anhalten, es ist für sie an der Ampel ja rot. Am besten noch mit Kopfhörer auf dem Kopf und Handy in der Hand. Grün heißt ich kann gehen. Das ist mein Recht. Ein anderes Beispiel zum Abbiegen: Selbstverständlich hat der Radfahrer auf dem Radweg Vorfahrt, wenn ich rechts abbiege. Doch auch hier würde ein Seitenblick des Radfahrers die Sicherheit erhöhen. Selten suchen diesen meinen Blickkontakt, um sicherzugehen, dass ich sie gesehen habe. In der Regel zischen sie mit sturem Blick geradeaus durch. Das ist ihr gutes Recht, verhindert jedoch ein mögliches Abbremsen des Radlers, sollte er übersehen werden. Was ist mit den Fehlern der anderen? Als Fußgänger/Radfahrer zahle ich einen hohen Preis für die Fehler der anderen Verkehrsteilnehmer. Was nützt es im Recht gewesen zu sein, wenn der PKW/LKW mich erfasst hat? Ich würde mir wünschen, dass auch das mal entsprechend angesprochen und kommuniziert wird. Ich muss mit den Fehlern der anderen rechnen und mich entsprechend verhalten. Der Radfahrer in ihrem Fall war im Recht, doch das nützt ihm gar nichts, der LKW-Fahrer hat nur einen Moment nicht aufgepasst und muss nun mit seiner Schuld den Rest seines Lebens zurechtkommen. Wie leicht hätte sich dies durch eine andere Verhaltensweise, auch des Radfahrers verhindern lassen. Er hätte lediglich einen Moment hinter dem LKW warten müssen.
Ivo Steinborn

 


 

Leserbriefe zu Titelthema „Kann sie Amerika retten?“ „Amerika ist bereit für eine Präsidentin“. Gespräch mit Jill Lepore geführt von Anna Sauerbrey

Kamala Harris, auf die sich schon zu Beginn der Amtszeit von Joe Biden viele Hoffnungen richteten, hat nun Gelegenheit, ihre politische Kompetenz und Potenz unter Beweis zu stellen. Stormy days are coming, an denen der erfrischende Wind der Wahrheit dem griesgrämigen alten Mann die rote „MAGA-Mütze“ vom fake-goldenen, schütteren Haar fegen wird. „Kamala-Mania“: oh Mann, wie spannend kann Politik sein, wenn eine toughe Frau das Ruder in die Hand nimmt, deren Lachen das Herz erwärm!
Ludwig Engstler-Barocco

Ich habe großen Respekt vor Joe Biden. Seit fünfzig Jahren dient er seinem Land als Politiker. Trotz vieler Schicksalsschläge hat er in dieser Zeit politisch einiges bewegt – unter anderem als Senator, Vizepräsident und Präsident. Es ist die richtige Entscheidung, nicht mehr zu kandidieren. Biden hat eingesehen, dass er zu alt ist, diesen Job noch weitere vier Jahre auszuüben. Er besaß am Ende die Größe, diesen Schritt zu gehen und seine Vizepräsidentin, Kamala Harris, auf den Schild zu heben. Deren erste Auftritte als potentielle Kandidatin waren richtig gut. Ich denke, dass der ca. 20 Jahre ältere, republikanische Kandidat mit der Fönfrisur und sein neuer, bellender Schoßhund keine Chance gegen die ehemalige Staatsanwältin haben werden. Die Frau ist einfach taff und hat es nicht nötig Unwahrheiten zu verbreiten und zu spalten. Durch die amerikanische Gesellschaft und die demokratische Partei geht gerade ein großer Ruck. Und ich bin mir sicher, dass wir uns im November über die erste woman of colour im höchsten Amt in den USA freuen werden.
Achim Bothmann

Dieses nachlesenswerte Interview offenbart durch die Fragestellungen und Antworten, wie sehr Europa und Deutschland von geringem Wissen über die amerikanische Politik „getrübt“ ist und es ohne eine so überzeugende Aufklärung nicht möglich ist, in Deutschland Diskussionen über die Präsidentenwahl in Amerika zu führen. Man hüte sich vor oberflächlichen Meinungen von in der Regel unbedarften Politikern, Politologen und Journalisten. Danke, liebe Anna Sauerbrey, dafür.
Jürgen Dressler

 


 

Leserbriefe zu „Der Systemabsturz“ von David Baldysiak und Johanna Jürgens

Danke für die sehr aufschlussreichen Artikel zum IT-Absturz. Es ist erschreckend mit welcher Nachlässigkeit sogenannte Updates an Endkunden von Fachfirmen übermittelt werden. Es ist ja auch leider Praxis, dass wenn man diese Updates nicht aufspielt, das Programm nach einer Weile nicht mehr funktioniert. Ihre Anmerkung Frau Jürgens, dass ein Update von den Endkunden erst schrittweise eingesetzt werden sollte, ist aus meiner Sicht abenteuerlich. Stellen Sie sich bitte vor, Sie kaufen einen neuen PKW und der Händler empfiehlt ihnen erst mal auf dem Parkplatz alles zu checken. Diese Fachfirmen sind für eine einwandfreie Funktion verantwortlich! Als Ingenieur ist mir bekannt, was der Ausfall einzelner Komponenten für ein technisches Gesamtsystem bedeutet. Je komplexer das System, umso höher die Ausfallwahrscheinlichkeit. Deswegen gibt es redundante Systeme, die viel Geld kosten. Auf den PKW übertragen: wenn Ihr Wagen nicht startet, ist es ihnen ziemlich egal, ob der Anlasser kaputt ist oder die Batterie am Ende. Das System funktioniert nicht! In Ihrem Artikel „…Cyberattacken“ schildern Sie eindrucksvoll, Frau Wolfangel, das: „…Crowdstricke…das Update vorher besser testen (muss)..“. Der weiterhin geschilderte vermeintliche Zeitdruck lenkt dabei nur ab. Ernüchternd ist festzustellen, dass wahrscheinlich nichts passiert, und die Firmen weiter vor sich hinwirken. Wer sagt eigentlich, dass dieser Programmierfehler durch nachlässiges Arbeiten entstanden ist?
Timon Gruber

Ihr Artikel sollte eigentlich den Titel „ Der Systemfehler“ tragen. Der ist nämlich die tiefere Ursache für die vielfältigen Software-Fehler. Er besteht darin, dass es in der IT-Industrie von Anbeginn an üblich war ein Produkt nur zu 80% fertig zu entwickeln und die Qualitätstests den Verbrauchern zu überlassen. In der Anfangszeit war das auch eine win-win-Situation. Mittlerweile grenzt dieses System an organisierte Kriminalität zu Lasten des Verbrauchers. Haften tut nämlich niemand für die mangelhaften Produkte. Der Verbraucher soll froh sein die neuen Funktionen zu erhalten und soll dann gefälligst auch die allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptieren. In keiner anderen Industrie wird ein solches Geschäftsgebaren akzeptiert! Daher die Parallele zur organisierten Kriminalität. Auch Drogenabhängige akzeptieren Alles, solange sie Stoff bekommen. Es wird Zeit die Hersteller haftbar zu machen! Wenn Computer „abstürzen“ kommt es selten zu körperlichen Schäden der Nutzer. Das ändert sich gerade bei halluzinierenden KI-Systemen, oder beim autonomen oder IT-unterstützten Fahren. Wenn hier die Software versagt, wirken physikalische Kräfte auf die Betroffenen ein. Da ist ein grundsätzlicher Systemwechsel dringend angesagt. Zurück zu 100-prozentig ausgetesteten Produkten. Kriminelle kehren selten freiwillig auf den Pfad der Tugend zurück – man muss sie dazu zwingen! „Man“ ist in unserem Fall die EU. In der gleichen Ausgabe der ZEIT, in der Rubrik Wissen, lernt der Leser, in dem Artikel „Alles unter Kontrolle“, dass selbst die besten Programme im Schnitt einen Fehler pro 10000 Programmzeilen enthalten. Die Software eines Premiumfahrzeuges enthält 100 Millionen Programmzeilen – sie enthält also 10000 Fehler! Und weil der menschliche Fahrer noch häufiger Fehler macht, scheint das niemanden zu interessieren. Oder sollten die Versicherer da ein Wörtchen mitzureden haben?
Bernd Roos

 


 

Leserbriefe zu „Kannst du dich auf mich verlassen?“ von Alard von Kittlitz

Ich möchte mich auf diesem Wege für Ihre Arbeit bei der ZEIT bedanken. Immer wieder finde ich Ihre Beiträge erfrischend, unterhaltsam oder sehr tiefgründig. So auch der Artikel zu Treue in der neuesten Ausgabe. Ich weiß nicht, ob Sie sich einer Kirche/Konfession in irgendeiner Form verbunden fühlen – falls ja würde ich Ihnen dringend empfehlen in den Verkündigungsdienst zu treten. Es braucht kluge, reflektierte und kritische Stimmen und Sie haben absolut das Zeug dazu: Ihr Artikel liest sich wie ein Beitrag in einem Homiletikband. Bei meiner nächsten Trauung/Predigt zu diesem Thema werde ich einige Ihrer Impulse sicherlich aufgreifen. ;) Vielen herzlichen Dank und alles Gute weiterhin für Sie und Ihre journalistische Arbeit!
Jasmin Mannschatz

Die erste und wichtigste Frage zu Fragen nach der Treue scheint doch zu sein, ob man sich selbst treu bleiben kann. Die Frage kann sich jeder stellen, egal ob er Diktator, Verbrecher oder ein ganz normal verfasster Mensch ist, den keine besonderen Eigenschaften auszeichnen -weder im Guten noch Schlechten. Wer sich und seinen Prinzipien treu bleiben will muss auch den vielfältigen Versuchungen des menschlichen Lebens standhalten können, egal ob es sich um Fremdgehen, Lügen, Steuerbetrug usw. handelt.  Bezugspunkt für seine Treue sind ethische Prinzipien und sein Anspruch an die eigenen Normen im Umgang mit den Mitmenschen und der Gesellschaft. Wer dagegen verstößt muss die eigene Schuld eingestehen und versuchen, den entstandenen Schaden durch Wiedergutmachung zu kompensieren. Der Mensch kann sich auch selbst bestrafen, indem er Verzicht oder Einschränkung eigener Wünsche beschließt. Treue gegenüber dem Diktator oder Machthaber, wie z.B. Hitler oder Putin, verstößt gegen den moralischen Anspruch, den die Treue voraussetzt. Die Treue zu Ehefrau, Lebensgefährten und Familie verlangt von dem Menschen viel Disziplin und ggf. Verzicht auf liebgewordene (schlechte) Gewohnheiten. Es bleibt die Erkenntnis, dass Treue eine menschliche Eigenschaft ist die viel von einem verlangt aber nicht automatisch mit einem Nutzen verbunden ist.
Klaus Reisdorf

 


 

Leserbriefe zu „Jetzt mal was anderes“ von Peter Dausend

Wem es denn schlussendlich immer noch nicht reicht, der kann in den Harz an den Fuß des Brockens fahren und den Ort mit dem ausgesprochen optimistisch klingenden Namen Elend besuchen. Da entgeht man sicher allen Demonstrationen gegen den Massentourismus.
Andreas Hoffmann

Ich war noch niemals auf Mallorca und den Ballermann kenne ich nur vom Hörensagen. Kennen sie „Aha“, nein nicht die erfolgreiche Band aus Norwegen, sondern „Aha“ einen Gemeindeteil der Stadt Gunzenhausen oder „Holzi“ einen Gemeindeteil der Stadt Hilpoltstein? „Aha“ und „Holzi“ liegen übrigens in Mittelfranken und Mittelfranken ist ein Regierungsbezirk, der in Bayern liegt! Bayern hat neben Mittelfranken noch sechs weitere Regierungsbezirke: Oberfranken, Unterfranken, Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz und Schwaben!
Klaus P. Jaworek

 


 

Leserbriefe zu „War Opa doch ein Nazi?“ von Matthias Lohre

Das abschließende „Ich weiß es nicht“ des Autors macht diesen Artikel zu einem besonders guten. Denn wie will man in der Bandbreite zwischen Erinnerungs- und Betroffenheitskultur einerseits und Milgram-Experiment und Hannah Arendts „Banalität des Bösen“ andererseits ein faires Urteil im Einzelfall finden? Keine Meinung zu haben ist dabei womöglich die weiseste Alternative. Das Studieren der Archive sollte vor diesem Hintergrund nicht der Bildung von Empörung, sondern dem Erkennen von Geschichte dienen, die sich laut Mark Twain zwar nicht wiederholt, aber immer wieder reimt. Insofern ist des Autors Frage „Was hätte ich damals getan?“ die entscheidende. Oder projiziert auf die Zukunft: Wie würden sich die heutigen 20- bis 50Jährigen vorkommen, wenn ihnen ihre Enkel in einigen Jahrzehnten vorwerfen würden, „damals“ in Sachen Abtreibung nicht gesellschaftskritisch, sondern Mitläufer gewesen zu sein? Um dieses Szenario eintreten zu lassen, müsste sich nur die Einstellung zum Leben in den nächsten Jahrzehnten ändern. Können wir dies ausschließen?
Kurt Schäfer

Unbestritten ist die Tatsache, dass Hitler und seine Entourage zu den Verursachern der wohl größten Verbrechen in der Menschheitsgeschichte gehören! Wie aber ist es zu erklären, wie ein gefühlt gedemütigtes Volk durch „markige“ Worte, „Führer befiel, wir folgen Dir“, permanente, opernhafte Inszenierungen/Aufmärsche, Olympiade 1936 etc.  zu treuen Gefolgsleuten wurden? Es wurde im Kaiser-Hitler-Reich autoritär, deutsch, patriotisch erzogen, die allermeisten Deutschen konnten oder wollten daher die gnadenlosen Abgründe der Diktatur nicht durchschauen! Meines Erachtens muss man das Handeln eines Menschen aus der Zeit und nicht nach den Idealen von heute verstehen bzw. beurteilen. Dieser Brief soll andererseits keine Rehabilitation sein!!!
Erich Hahner  

 


 

Leserbriefe zu „Warum ich für den Nobelpreis leider nicht zur Verfügung stehe“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Einfach umwerfend. Wer kann da noch mithalten? Ich wische mir gerade noch die Lachtränen aus den Augen.
Gerlinde Schött-Pasqual

Sie haben mir mit Ihrer Kolumne so viel Vergnügen bereitet, dass ich Ihnen dazu gratulieren und danken muss. Ein kleines Meisterstück!! Vielleicht doch mal nach Stockholm schreiben?
Iris Morgenstern

Leserbriefe zu „Es sind doch nur Nägel, oder?“ von Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Frage mich nur, wie man mit so langen Krallen die sonstigen täglichen Verrichtungen erledigen kann.
Joseph Zenz

Im Strandkorb an der Westküste sitzend, habe ich das Vergnügen mein mitgereistes 1. ZEIT-Exemplar zu genießen. Und es ist ein Lesegenuss! Bis ich zum Artikel; ES SIND DOCH NUR NÄGEL! ODER? komme. Der Hintergrund ist kreativ in grün gehalten – und ist in der Sonne nicht zu lesen. Schade.  Vielleicht geht es anderen LeserInnen ebenfalls so? Es würde mich interessieren. Ansonsten freue ich mich sehr über Ihr „Gesamtwerk“!
Birke Raun

 


 

Leserbrief zu „Womit keiner rechnet: Erstaunlich viele Schweizer fordern höhere Erbschaftssteuern…“ von Salome Müller

Was dahinter steckt? Neid der Besitzlosen, die nichts zu vererben haben. Und die anderen wollen auswandern? Wohin denn? Da hilft nur eine Radikallösung. Die Reichen kaufen eine Insel in der Karibik und gründen einen Staat mit eigenen Gesetzen. Ob dieser Staat anerkannt wird, ist kein Thema. Reiche Kunden aus aller Welt werden anfragen, ihre Besitztümer dort anzulegen. Und die Regierung in Bern ist sowieso nicht interessiert an eine Erhöhung der Steuern. Sonst verliert die Schweiz ihren guten Ruf als sicheres Anlageland. So ist beiden geholfen, den Schweizern zu Hause und den Schweizern mit eigenem Staat. Vielleicht macht man sogar Geschäfte miteinander. Und der Fränkli rollt. Gruezi.
Hans-Emil Schuster

 


 

Leserbrief zu „Stimmt’s? Sprudelwasser ist in Glas länger haltbar als in Plastikflaschen“ von Christoph Drösser

Alles halb so schlimm oder Glück gehabt; eventuell auch beides!? Ich hab immer eine Flasche Sprudelwasser dabei, denn der kleine Durst, der lauert hier und dort und überall! Wasser in der Plastikflasche hat weniger Gewicht, deshalb bevorzuge ich für unterwegs diesen Durstlöscher in Plaste.
Klaus P. Jaworek

 


 

Leserbrief zu „Die Position: Wo bleibt das Startchancen-Programm für die Kita?“ von Susanne Kuger und Kai Maaz

Liebe Experten, was offensichtlich erscheint, beschreiben Sie: Chancengleichheit entsteht vor der Grundschule. Danach wird es exponentiell teuer oder unmöglich. Was halten Sie von dem Vorschlag, das Kindergeld (einen Teil??) bis zum Nachweis von altersgerechten Sprachkenntnissen und Sozialkompetenz nicht an die Eltern, sondern an einen „benachteiligte Kinder Förderverein“ zu überweisen. Die „Förderindustrie“, unabhängig vom Kita-/Vorschulsystem, als 2. Idee, sollte ergebnisbezogen vergütet werden. Das Ziel ist doch, so verstehe ich Ihren Text, auch in Marxloh, Neukölln oder Kalk geborenen Kindern (und Flüchtlingen natürlich) eine Chance zu geben.
Thomas J. Hardt

 


 

Leserbrief zu „Die Wolf ist zurück“ von August Modersohn

Nicht „die Wolf“ – die Linke ist zurück mit der vierten Häutung seit 1990. Um das zu verschleiern, verzichtet die neue Partei auch auf einen klassischen Parteinamen. Als 1990 die CDU-West nicht mit der CDU-Ost-Blockpartei koalieren konnte, hat man gemeinsam mit den Protestparteien DSU und DA ein gemeinsames Wahlbündnis geschmiedet. Und jetzt war der Weg frei für Helmut Kohl. Die Linke nennt sich jetzt „Wagenknecht“ und die CDU hat einen neuen Partner. So macht man das eben. Es wird nur nicht nützen. Die Zeit für das deutsche Gesellschaftsmodell läuft aus. Wir müssten einen Turbo-Kapitalismus zünden, um die demographische Katastrophe, die Verarmung weiter Teile der Gesellschaft zu verhindern. Frau Wagenknecht hat ja den Finger in die richtige Wunde gelegt. Doch in der Wirtschaftspolitik wird der kleinste Nenner zwischen CDU und BSW das Ziel verfehlen. Der deutsche Abstieg kann weiter gehen und die Linke ist als Variante 4.o auch wieder dabei. Die Deutschen hätten sie ja so vermisst.
Fred Klemm

 


 

Leserbrief zu „Ein echter Beltracchi!“ von Tobias Timm

Vor Gericht konnte oder wollte Wolfgang Beltracchi nicht kundtun, wo und wie viele „gefälschte Gemälde, Bilder und Zeichnungen“ von ihm jeweils in privatem Besitz oder in Museen dort aufzufinden seien… Anzunehmen ist jedoch, dass der kunstbeflissene Maler und Zeichner zu seinen Fälschungen – die es ja erst wurden: als er mit dem jeweiligen Original-Namen eines Künstlers, einer Künstlerin entsprechend signierte… Seinen „Beltracchi“ als Hauptsignatur ließ er geschäftstüchtig wohlweislich nicht mit auf der Leinwand oder dem Blatt, erscheinen – weil doch in dem dadurch erkennbaren Moment: der Wert der Gebilde auf einen sehr knappen Preis herabgesunken wäre und dieser monetäre Sinkkurs (oder Wertewandel) einem Künstler, einer Künstlerin wahrhaftig keine Freude bereitet… Tatsache aber bleibt: dass Beltracchi in seiner Funktion als Fälscher (auch besonders der monetenbringenden Signatur) nicht etwa ein vorhandenes Bild nochmals verfälscht hatte, sondern als Grundidee im künstlerischen Bereich sich zumeist ein ähnliches Motiv des zu fälschenden Malers, sich ausdachte und ähnlich „interpretierte“… Auch diese Kunstfertigkeit muss einem als Künstler erst einmal so gut gelingen, dass selbst die Experten darauf „hereinfallen“ bzw. bei auch genauer (genauester?) Besichtigung denjenigen keine Zweifel gekommen waren…
Gleichzeitig aber hatte das Beltracchi-Ehepaar in verbundener Zweisamkeit des auch Geschäftlichen: eine Menge an Tricks und Vortäuschungen im Vorfeld und der Peripherie mit einbedacht und ausgeführt, sodass es schon kriminalistischer Gewandtheit bedeutet haben würde – hinter deren nicht nur vermeintlichen Schliche zu kommen. So besehen – ist das ein ausgesprochen spannender Kunstkrimi über all die Jahre hinweg; und man darf den beiden Beltracchis vielfach eine gewisse Ambition zur Sympathie mit hinzureichen, und dies vielleicht sogar gleichfalls als eine Eulenspiegelei mit einbeziehe – gar auf den weltberühmten Casanova hinweisen: der in seinem unglaublichen Leben alle Register der Camouflage aufbrachte, um dem dekadenten, arroganten und ausbeutenden Adel und Hochadel (bis hin an die Königshöfe, den Zarinnenhof in St. Petersburg) des 18. Jahrhunderts: durch seine kluge, hinterlistige Schlauheit und intellektuelle Weltgewandtheit einen Anteil am Vermögen mit abzuluchsen, sich einzuschleichen als ein eigentlicher“ Niemand von Geburt“ dort in diesen Kreisen, mitzumischen bzw. sehr geistreich und unterhaltend sich (aus seinem Stand) zu emanzipieren… Casanova war zudem dadurch auch ein Revolutionär und nicht nur ein Scharlatan – vor allem: einer der bedeutendsten Biographen zu seinem eigenen Leben und der Zeit des 18. Jahrhunderts, ein ganz großer Schriftsteller, ein genialer Autobiograph des wahren Geschehens! Wir wollen dem Wolfgang Beltracchi nicht zuviel der (hinzuerfundenen) Achtung antun, gleichwohl darf dieser zeitanteilig berühmteste Kunstfälscher als ein öffentliches Wunder angesehen werden – in der breiten Bevölkerung jedenfalls ist er keineswegs ein Krimineller, sondern jemand: der den Reichen die so überreiche Kohle aus der Tasche zog…
Man kann das sehen wie man will – auch der RvM-Leserbriefschreiber als Maler hat da nicht wenig an Sympathien an ihn weiterzugeben, begegnete den beiden Beltracchis in Heidelberg zu einer Diskussionsrunde vor Publikum, und war gar nicht erstaunt: wie konsequent dieser Künstler und „Fälscher“ seine Kunststandpunkte auch bezüglich des Nachmalens und Nachzeichnens zu vertreten hatte – mehr noch erkennbarer wurde: welch einen Dschungel dieser Kunstmarkt aufzeigt, und wie so manche/r Künstler, Künstlerin von der gierigen Eitelkeit und Geldgeilheit durch strategische Planungen hochgejubelt werden… Alles noch verständlich – aber dann das strategische Hochpuschen von Preislawinen zu den Werken zeitlos vergangener und zeitgenössischer KünstlerInnen, dass z.B. ein (Jean-Michel) Basquiat (1960-1988) mit 110,5 Millionen Dollar zu einem Bild im Jahre 2017 bei Sotheby´s versteigert wurde – Jahre zuvor im Mai 1984 ein Bild von ihm noch unter 20.000 Dollar zu haben war und viel früher noch: er mit seinem Bildern tingeln ging… Wolfgang Beltracchis eigenen Bilder in seiner persönlichen Mal-Art haben so besehen, keine eigentliche Bedeutung für die Evolution der Kunstwelt, sind gut gemalte Bebilderungen ohne die Verdeutlichung eines Protagonisten in der Kunst… Das weiß Wolfgang Beltracchis sehr genau, auch wenn er glaubt, dass er durch seine ausgezeichnete Malkunst einen anderen Rang in der Kunstwelt verdient habe – doch dazu fehlt die explosive Kreativität und vielleicht auch die schrille Phantasie… Es sind gutgemachte Arbeiten, die gefällig sind: mehr aber auch nicht! Seine jetzige Popularität basiert auf den Geschichten herum um die Fälschungen und die Millionen, die daran verdient wurden, dem Knastaufenthalt von ihm und seiner mitverdienenden Ehefrau und (nennen wir es mal so) Komplizin sowie Organisatorin des Beltracchi-Fälschungsunternehmens… Man konnte Madame auch auf Photographien besichtigen, die extra so verfälscht wurden, dass zu glauben gesehen werden konnte: sie als ältere (verwandte) Dame im Umfeld von dem gefälschten Bild aus einer sehr früheren Zeit vorzufinden… Es ist doch ungemein spannend, sich vorzustellen, wie dann auf Flohmärkten nach alten Leinwänden und Rahmen gesucht wurde und alsbald die ganze Prozedur der Verfälschungen sich vorbereitete bis hin zum Reinschieben der Leinwand in den Ofen, damit dann ein solches Beltracchi-Bild als Fälschung auf den Kunstmarkt gebracht werden konnte… Selbst ein berühmter Kunstexperte (Werner Spies) hat da einige Bilder eindeutig als die des wahren Künstlers bescheinigt: wie z.B. die des Max Ernst… Wenn dann da nicht vertraut werden mochte und konnte, wären die Kunstsammler letztlich zu gar keinem Vertrauen mehr bereit gewesen – und auch ein Frieder Burda hatte für sich und sein Museum hier vertrauensvoll zugegriffen!
Tobias Timm schreibt mit wohl leichter (aber nicht erleichterter) Ironie?: „Vergangene Woche meldeten nun japanische Medien, dass ein von Beltracchi gemaltes Gemälde von Heinrich Campendonk in einem Museum enttarnt worden sei. Auf Anfrage der ZEIT schreibt Katsuhito Okuno, der Chefkurator des Museum of Art in Kochi, man habe das Bild bereits 1996 von einer Galerie in Nagoya erworben. Auf der Leinwand sieht man ein Mädchen mit einem Schwan hantieren, der sie umgebende bunte Wald scheint wie unter dem Einfluss psychedelischer Drogen gemalt. Auf der Rückseite: ein Flechtheim-Aufkleber, den Beltracchi erfunden hat. Den Hinweis auf die Fälschung, so der Chefkurator, hätten sie vom Tokushima Modern Art Museum bekommen. Die hatten Anfang Juli nämlich selbst einen Beltracchi in ihrer Sammlung enttarnt: das Gemälde eines kubistischen Rennradfahrers von Jean Metzinger“. Geäußert hatte sich Wolfgang Beltracchi: dass noch hunderte von Gemälden, Bildern und Zeichnungen im Privatbesitz seien, ebenso auch viele davon im Besitz von Museen. Es wird also keiner allzu langen Zeit mehr bedürfen, dass die Museumsbestände durchforscht werden könnten, um die gefälschten Beltracchis an Licht der Wahrhaftigkeit zu bringen… Wollen das die Museen, die privaten Sammler, der Kunstmarkt? Wolfgang Beltracchi hat seine gerichtliche Strafe abgesessen, gilt nun als gerichtlich entlastet – ob ihn aber das schlechte Gewissen allzeitig bedrängt, das wird wohl weniger glaubhaft sein… Warum auch: ein Dieb, wenn er ausgediebt hat und die Strafe abgesessen oder seinen Taten verjährt sind, mag ja auch nicht ständig mit seiner Vergangenheit sich konfrontiert fühlen? Das ist wohl auch eine charakterliche Geschmackssache – zudem müsste dann in diesem turbokapitalistischen System wohl auch mancher Charakter sich unwohl fühlen und seine Ausbeutungen hierzu überprüfen und überdenken… Tobis Timm schreibt in seinem Bericht „EIN ECHTER BELTRACCHI!“: „Einige seiner Fälschungen hingen noch immer in Museen, hat Wolfang Beltracchi gern behauptet. Das war nicht gelogen, wie sich jetzt ja herausstellt.“ Das ferne Japan hatte zwei Beltracchis-Fälschungen in den Museen entdeckt – die Frage könnte lautet: Wer ist nun für diesen monetären Schaden verantwortlich und wie kommen diese Museen wiederum an ihre einst bezahlten Gelder für diese Fälschungen…? Fragen über Fragen – und noch lange nicht werden die Befragungen zu den Beltracchi-Fälschungen in und aus den Museen beendet sein!
Was da auch auf die Privatsammler hinzukommt, scheint immense Ausmaße anzunehmen, wenn es anzunehmen ist: dass hunderte von Beltracchi-Fälschungen sich weiterhin noch im Privatbesitz befinden… Wer da noch verkaufen will oder Käufer finden wollte – der wird es schwer haben: eine Echtheit oder einen Beltracchis darunter, loszuwerden… Kommen wir noch auf eine kleine Erinnerung seinerzeit in den 70iger-Jahren des vorigen Jahrhunderts… – danach wurde der literarische Wert eines Autors oder einer Autorin (auch von progressiven BuchhändlerInnen) danach bemessen, in welcher Rangliste deren Bücher geklaut worden sind. Wenn da nicht ein spannendes Ranking in solch einer Übersichtlichkeit zur Erkennbarkeit kam – man kann das (wie schon beschrieben) so oder so sehen… Der Markt bestimmt die Gesetzlichkeit des Kaufens und Verkaufens – bei Büchern gibt es in der Bundesrepublik Deutschland noch eine Buchbindung. Und die wird nicht selten durch Diebstahl aus Buchhandlungen ignoriert indem dann gar kein Preis mehr entrichtet wird… Das ist nicht gut fürs Geschäft – könnte aber den Geist der ärmeren Schichten befördern und damit dem anteiligen geistigen Volkswohl. Sollte mal eine Beltracchi-Fälschung aus einem Museum geklaut werden, obgleich dann zwar der ebenso enttarnte Geldwert zwar nicht mehr vorhanden sei – aber dennoch ein sicherlich sehr gut gemaltes Bild von dem Künstler Wolfgang Beltracchi (himself) in unrechtlichen vorübergehenden Besitz (der ärmeren Schichten) käme… Das Bild a la Campendonk von Beltracchi gemalt und gefälscht signiert, und seither bzw. bisher im Museum of Art in Kochi vorgezeigt, schildert ein Mädchen mit Schwan hantierend (und Tobias Timm schreibt in DIE ZEIT desweiteren): „…der sie umgebende Wald scheint wie unter dem Einfluss psychedelischer Drogen gemalt.“ Ob bei Beltracchi in seinen fälschenden Malzeitphasen hierbei womöglich das Adrenalin aufstieg oder absank wie beim Gesang eines sterbenden Schwanes – wir wissen es nicht. Immerhin gilt dennoch die eigentliche anteilige Ovation zu solch künstlerisch-untergrundigem Können und der Ausruf an den einst fälschenden Meister der Malkünste: „Mein lieber Schwan!“
Aber ohne die momentbezogene Unachtsamkeit oder Bequemlichkeit zu dem Anrühren eines historischen Farbweiß aus der Vorzeit anstatt einer Chemiefarbe aus der Tube – wäre dieser Wolfgang Beltracchi mit seiner Kunst des „vorbildlichen“ Fälschens (aufgrund von der künstlerischen Idee und dem Genre zu dem entsprechenden Künstler) wohl noch lange Zeit nicht dem Kunstmarkt negativ aufgefallen… Man könnte hierzu Pablo Picasso zitieren: „Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über dasselbe Thema malen…“ Honi soit qui mal y pense ( – mit dem Pinsel). Aber wollen wir doch letztendlich bei der Wahrhaftigkeit bleiben! Doch so künstlerisch zu fälschen wie Beltracchi: gelingt nur ganz wenigen besonderen Künstlern in ihrem Genre! Schade, dass ein wahrlich echter Beltracchi die Kunstwelt nicht vom Hocker reißt – auch wenn die Prominenz für deren Portraits: um diesen Wolfgang als Beltracchi terminlich anstehend, sich danach ausrichtet: von ihm abgepinselt zu werden! Es ändert sich doch nichts an den Eitelkeiten der Menschen – auch wenn man dadurch vielleicht glaubt bildhaft im Rahmen der Unvergänglichkeit zu verbleiben…
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 


 

Leserbrief zu „Da bist du ja wieder, Bayreuth“ von Christine Lemke-Matwey

Um anzudeuten, mit welchem Selbstbewusstsein Ludwig van Beethoven (1770-1827) gegenüber seinem Mitfinanzier (600 Gulden pro Jahr als Apanage) und Mäzen Fürst Karl von Lichnowsky, reagierte, als er sich weigerte: vor französischen napoleonischen Offizieren im besetzten Wien, Klavier zu spielen, und er trotz nochmaliger Aufforderung dann Lichnowsky schrieb: „Fürst! Was Sie sind, sind Sie durch Zufall und Geburt. Was ich bin, bin ich durch mich. Fürsten gibt es Tausende, Beethoven nur einen.“ Richard Wagner über sich betonte: „Ich wollte mit keinem Kaiser oder König tauschen – ein Richard Wagner ist nicht austauschbar!“ Genau am vergangenen Donnerstag hatte der RvM-Leserbriefschreiber auf dem kleinen Flohmarkt in Bobenheim-Roxheim bei seinem Rundgang eine Büste entdeckt, die lag so auf dem Boden herum, umgeben von allem möglichen Kitsch und gebrauchten Schuhen… Ich musste sie nicht in die Hand nehmen, nicht prüfen noch genauer besichtigen – dies war offensichtlich eine künstlerische Portraitarbeit dort vor meinen Füßen, und ich fragte die Standfrau, wer dieses Abbildnis sei und sie antwortete mir: „Irgendein alter Mann!“ Also kaufte ich diesen „alten Mann“ für 5 Euro (ohne zu handeln – was eigentlich immer mit erwartet wird!) und gleichzeitig implodierte in meinem Kopf die Freude über diesen Fund oder die Vorfindung: jenes Portrait symbolisierte Richard Wagner! Und dann kurze Zeit später entdeckte ich eine Signatur des Portrait-Künstlers sowie die Jahreszahl 1883 (Venedig). Ein übermalter Marmor-Wagner, schwer zu tragen – aber unschwer zu ertragen: ein gelungenes Abbild des Wilhelm Richard Wagner – des deutschen Komponisten, Dichters, Schriftstellers, Theaterregisseurs, Dirigenten, Baumeisters, Schuldners und Geldeintreibers, Verführender eines Königs und untreuer Ehemann sowie Liebhaber in einer unglaublich vielseitigen und kreativen, phantasievollen Person – wahrlich ein quasi übermenschliches Gesamtkunstwerk…
Und zwar auch ein deutsches Gesamtkunstwerk – denn nirgendwo in der geographischen Menschenwelt hätte sich solch ein Richard zu einem Komponisten, Dichter, Schriftsteller und Lebenskünstler heraus entwickeln können – er ist eine einzigartige deutsche Gebürtigkeit und in seinem Lebensablauf unverwechselbar ein zeitbezogener deutscher Romantiker: nicht etwa damals gegenwärtig modern, sondern zurückbezogen auf ein Menschentum, das in den Illusionen der sogenannten edlen Ritterschaft sich aufbewahrte gegen jede Art von Trug und Lug und Untreue, den wahren edlen Menschen in seiner Ehrenhaftigkeit aufzuführen bei aller Tragik des vorhandenen Daseins. Doch Wagners Leben und Erleben zeigte das Gegenteil auf – er nicht nur ein Revolutionär sondern auch ein Betrüger und ausbeutend in seiner Selbstsucht und blasierten Eitelkeit… Somit genau auch deswegen hatte dieser finanziell abgebrannte Richard Wagner den übersentimentalen Bayerischen König Ludwig II. für sich gewinnen wollen, ihn für sich süchtig machen können… Wagner und Ludwig – beide zusammen alles in allem pure Nostalgie und unrealistische Rückbesinnung bis hin zu den Burgen und Schlösserbauten dieser beidseitigen Entrücktheiten in die Gesternzeiten einer Menschenwelt: die niemals so existierte – außer eben diese sich so (gemeinsam) zu erträumen…Bayreuths erbautes Festspielhaus (Grundsteinlegung: 1872) auf dem grünen Hügel als Bauwerk: repräsentiert zwar nicht die Prunksucht (des Hauptfinanziers mit 100.000 Gulden) jenes Königs Ludwig II. – der zudem sich als Ritter des Heiligen Grals sah wie auch als träumerische Reinkarnation des absolutistischen Französischen Königs Louis XIV, des „Roi Soleil.“ Und diesbezüglich nannte die oft zu erstaunte nahe Umgebung am Hofe des Bayerischen Königs Ludwig II. – ihn: „Sonne Zwei“ und/oder ob seiner nächtlichen Ausfahrten in die Berge bei Sternenglanz und Mond-Bescheinung: „Roi de Lune“ (den Mondkönig). Auch so haben wir jene Zeit dieser beiden-Abgehobenen, Entrückten und vielleicht auch Verrückten (im klassischen Sinne der egozentrischen, entweltlichten Selbstüberhöhung) zu besichtigen – sind Ludwig und Richard die beiden Verbündeten ihrer Traumwelten, hatten gemeinsam ihre Abneigungen gegen diese sie umgebende profane Umwelt… Und wahrlich: stets fortgeschritten war die Industrialisierung, wussten die Menschen nicht wirklich, in welchen Bestimmungen und Einverfügungen sie mitzuleben haben, hatte diese sicher extreme gegenwärtige Moderne dann doch vieles Herkömmliche aufgesogen und auf den Müll der Zeit geworfen… Zu Vieles war noch unverständlich und der Weg in eine überschaubare Zukunft eher nebulös und unergründlich – eine verwirrende Zeitanteiligkeit zwischen den Kriegen von 1866 (Österreich, Bayern gegen Preußen) sowie 1870/71 (Frankreich gegen Preußen und deutsche Verbündete incl. Bayern) bis hin in den I. Weltkrieg von 1914 bis 1918. Auch jene mit Ludwig II. und Richard Wagner-Zeitanteiligen hatten diese Zeitphase in diesen Anwesenheiten miterlebt. Der Österreicher Adolf Hitler war Jahrgang 1889 – und von Beginn des I. Weltkriegs an: freiwillig mit an den Fronten, erhielt als Meldegänger das EK I als Tapferkeitsauszeichnung, das er stets öffentlich bis in seinen Suizid in Berlin, an sich trug und dies auch eine seiner wichtigen politischen „Visitenkarten“ war…
Seit 29 Sommern besucht Christine Lemke-Matwey die Festspiele auf dem Grünen Hügel. Und sie erlernte als dann „ergebene“ Wagnerenthusiastin die Musik dieses Genies zu bewundern. In der Unterbetitelung zu ihrem Text über und von Bayreuth ist dieserhalb auch zu lesen: „Szenen einer besonderen Liebe.“ All das spricht auch aus dem Artikel sehr einfühlsam-turbulent mit heraus, wird die Geschichte dieser 29 Bayreuth-Besuche anteilig interessant mit aufgeführt, besonders auch eine besonders herausragende Inszenierung geschildert: „Am zweiten Abend sah ich „Tristan und Isolde“ in der Regie von Heiner Müller, dem Ostberliner Dramatiker und Dialektiker. Bei den Festspielen gilt – davon hatte ich gelesen – der „Werkstatt“-Gedanke: Nach der Premiere sollen die Regisseure ihre Inszenierungen weiterentwickeln, drei, vier, fünf Jahre lang, je nach Verweildauer im Spielplan. Um der Statik des Wagner-Kanons auf dem Grünen Hügel etwas entgegenzusetzen, gleichsam aus dem Kunst-Innersten heraus. Müllers Tristan war 1993 herausgekommen, theoretisch befand sich der Dramatiker also im Werkstatt-Jahr. Tatsächlich aber, so dachte ich, als ich nach der Aufführung den Festspielhügel hinunterrannte, wirklich um mein Leben rannte, konnte er sich nur weiter radikalisieren. Denn es war eine radikale Inszenierung. Radikal utopisch, radikal in ihrer strengen Ästhetik, radikal im Umgang mit den Sängern, die kaum Blicke tauschten, geschweige denn sich berührten. Liebe, sagten Heiner Müller und sein Bühnenbildner Erich Wonder, denn um Liebe geht es in der „Handlung“ Tristan und Isolde, ist die Verneinung von allem, was uns gerade umgibt. Hört zu, schaut hin, begreift den Liebestod dieser Welt. Das hat mich umgehauen. Wie Wagners Musik.“ Eigentlich nicht erstaunlich, dass diese eklatante Wahrnehmung von Christine Lemke-Matwey so verinnerlicht wurde, damals im Bayreuther-Jahr 1993 – und immer wieder wird dadurch auch verständlich, dass abgehobene Gestalten wie (der 1995 verstorbene) Heiner Müller (er eigentlich eine Bert Brecht-Epigone auch in seinen persönlichen Inszenierungen) in der Verständnishaftigkeit zur Person eines Richard Wagners: sich einblenden können…
Nettgebügelte Menschenfiguren haben hier keinen Platz in diesem Theater: da doch immer nur einzelne Personen in ihrer Einmaligkeit in die Welt hinein experimentieren: so dieser Richard und sein Ludwig II. – oder umkehrbar in den jeweiligen beidseitigen Abhängigkeiten… Adolf Hitler war einer der ganz intensiven Wagner-Fanatiker – spielte sich dessen Lebensbühne ähnlich zur Bühne seines Idols: in eine faschistische Alptraumwelt hinein, wilderte dieser Hitler aus den auch inneren Bühnenbildern seines Wagners, sah sich als jenen Lohengrin (ho heliakós – dem zur Sonne Gehörigen) und erwartete in seiner schaugespielten Geheimnishaftigkeit: „Nie sollst Du mich befragen, noch Wissen´s Sorge tragen, woher ich kam der Fahrt, noch wie mein Nam´und Art“. Man kann unumwunden sagen: ohne Richard Wagner gäbe es diese weltbewegende und schreckliche Figur als den Diktator Adolf Hitler nicht (und anteilig auch nicht ohne Winifred Wagner, Siegfried Wagner und Houston Stewart Chamberlain) – und wie Hitler ja selbst damals zu Winifred Wagner (der Ehefrau und Witwe von Siegfried Wagner – des Richards und Cosimas Sohn) zu der „Rienzi-Aufführung in Linz es benannte: „In dieser Stunde fing alles an!“ Und Alber Speer zitiert in seinen „Spandauer Tagebüchern“ zu einem Gespräch mit Hitler: „Bei dieser gottbegnadeten Musik hatte ich als junger Mensch die Eingebung, dass es auch mir gelingen müsse, das Deutsche Reich zu einen und groß zu machen.“
„Rienzi“ und „Lohengrin“ waren Hitlers Lieblingsopern von Richard Wagner – jeweils zu den Eröffnungen der Reichsparteitage: wurde diese Ouvertüre gespielt, und auch all die Inszenierungen des Hitlerschen Öffentlichkeitswahns als Propaganda sind letztlich Opernauswilderungen seines Idols Richard Wagner… Der Komponist kann dafür nichts – er starb sechs Jahre vor Adolf Hitlers Geburt. Auch ein Alexander (der so genannte „Große“) kann nichts für die Inbesitznahme seines Nimbus bei so vielen anderen Kaisern, Königen und Diktatoren. Erstaunlich aber bleibt dennoch, dass Christine Lemke-Matwey mit kaum einer Silbe jenes Hitler-Bayreuth erwähnt – eher gerne beschreibt: „Dabei haben es die Festspiele immer verstanden, einem zum richtigen Zeitpunkt das richtige Leckerli zu reichen. Nur so bleibt der Glaube lebendig. Statt „Tristan und Isolde“ reißt es dann „Parsifal“ heraus. 2008, mit dem Bonner Wasserwerk als Gralsburg. Oder „Lohengrin“ tut es, der Schwanenritter, wenn Klaus Florian Vogt die Titelpartie singt und der Chor in Rattenkostümen steckt (Labor, Labor!). Oder, zuletzt „Tannhäuser“, die Sache mit dem Wettsingen, inszeniert als launiges Roadmovie…“ Wir wollen das so hinnehmen, als wenn jedes einzelne Jahr der Bayreuth-Schau jeweils eine bundesdeutsche bzw. weltweite Kulturbegeisterung für Deutschland zu sein habe – für das heutige Germany after the second Worldwar: doch das zuvorige wird bis 1945 zumeist immer noch ausgeblendet… Genauer genommen eher auch dieses Hurra-Kaiserdeutschland des Wilhelm II. – ebenfalls in einer Wagnerglocke verbunkert, und dieser Adolf Hitler dann aus Österreich ins Deutsche Reich sich importierte oder besser noch: er sich selbst nach München (in die spätere „Hauptstadt der Bewegung“) exportierte… Und weiterhin erstaunlich, dass gerade dieser Adolf Hitler jene „Rienzi-Oper“ als sein Lieblingswerk mit auserkor – wo er doch hätte (nicht zukünftig aber späterhin) wissen müssen und erkennen können: dass dieser Cola di Rienzi (1313-1354) als wohl größenwahnsinniger (?) Volkstribun dann eines gewaltsamen Todes starb, seine Leiche geschändet und zwei Tage vor dem Palazzo Colonna in Rom aufgehängt wurde… Man kann das auch mal so sehn – nur Richard Wagner hat das Ende des Rienzi verklärt: sein Held stirbt unter den Trümmern des Kapitols. Und Hitler schießt sich eine Kugel in den Kopf, wenige hundert Meter entfernt die siegreichen Soldaten der Roten Armee… Es wird wohl noch einige Zeit vergehen, bis diese wahnsinnige Zeitgeschichte mit Hitler als Brennpunkt zu einer Oper durchkomponiert sein könnte… Der Bunker unter der Reichskanzlei würde hierbei im letzten Akt die Inszenierung zur dramatischen Unvorstellbarkeit einbezwingen – und draußen in der damaligen Welt ist jene Hölle nurmehr ein Vorort des Menschenwahnsinns…
Doch kommen wir zurück auf die Bühnenbilder des Gesamtkünstlers Richard Wagner mit dem heutigen Blick zurück: Wenn man jenes Bühnenpersonal sich auf Bildern, Fotografien betrachtet: kann man aus dem Lachen kaum herauskommen… – dicke Männer in Germanenkostümierungen mit Hörnerhelmen auf dem Kopf und überlangen Schwertern in den Händen, fette „germanische“ Matronen herumstehend, die vor lauter feisten Klamotten kaum ihr Geschlecht anpreisen werden, jede Menge Walhalla-Theatralik hinzukommend! Und all das inszenierte Richard Wagner himself – kaum zu fassen und zu glauben, dass der Meister diesen Kitsch als moderne Inszenierungen glaubhaft machen wollte oder konnte… Nein – jene opernhafte Kultur war rückwärtsgerichtet und vorerst zu nichts anderem tauglich, als die Menschen in eine Art von nostalgischer Entgegenwärtigung zu verhaften, das Deutschsein auf diesen Germanenkult zu reaktivieren und positionieren… Und gelungen ist das ja im Wilhelminischen Reich bis in der Wiederaufbelebung durch jenen Adolf Hitler – hinein in den jeweiligen Untergang. Christine Lemke-Matwey führt in ihrem Artikel durch eine relative Vergangenheit, wenn sie da aufschreibt: „Wir altern gemeinsam, die Festspiele und ich, und wie man ab einem gewissen Lebensjahrzehnt beim Blick in den Spiegel immer gravierendere Verfallssymptome feststellt, so bröckelt auch die Relevanz des Grünen Hügels vor sich hin. Dieses Schicksal teilt Bayreuth mit den meisten anderen repräsentativen Institutionen, und Menschen wie mich macht das traurig. Ist aber nicht schlimm. Im Gegenteil: So ein bisschen Kulturpessimismus fühlt sich ganz gut an. Es stiftet nämlich Identität. Wenn ich lese, dass Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) sich die Bayreuther Festspiele mal wieder diverser, bunter und jünger wünscht, und zu diesem Zweck am liebsten Engelbert Humperdincks Weihnachtsoper „Hänsel und Gretel“ dort sehen würde, mache ich mir schon fast keine Sorgen mehr. Es gibt Grenzen. Und sollten alle Stricke reißen, haben wir bei Richard Wagner ja immer noch den Antisemitismus.“
Da häuft sich schon eine Menge eigenartige Verklärung ins Programm, wenn denn die ebenfalls besichtigbare Brutalo-Oper als Märchen nach Bayreuth kommen könnte… – Kinder gerade noch vorm Aufgefressen-werden gerettet sind, und das als romantisch daherkommt bei aller so sehr harmonischen Musik des Komponisten und nahem Verehrer von Richard Wagner. Gleichwohl hat Claudia Roth sich dann doch wohl gewandelt, wenn sie als ehemalige Managerin der „Ton-Steine-Scherben“ nicht mehr mitsingen mag: „Macht kaputt, was Euch kaputt macht!“ – von Rio Reiser öffentlich oft besungen. Eine kapitalistische „Demokratie“ kann das aushalten, jedwede Art von Veränderungen und Schwanengesängen – man muss nur an die Revolution glauben, an eine möglichst friedliche: die das Land und das System verändern möge… Und wie in der Evolution wird auch diese Eigenart einer demokratischen Vortäuschung eines Tages sich verändern oder abändern müssen… In dem Begriff und Wort Revolution ist diese Evolution enthalten… Noch ganz kurz auf den Wagner-Büstenfund auf dem Flohmarkt zu sprechen zu kommen. Der RvM-Leserbriefschreiber hatte einen Nagel in die Wand gehaun, darauf das Marmorportrait aufgehangen, dieses aber herunterfiel und dem RvM auf den Fuß krachte ohne aber kaputt auseinanderzubrechen… Sicherlich guter fester Carrara-Marmor (?) von 1883 – nochmals diesen wieder aufgehängt, stand der RvM davor: hörte innerlich die Musik von Richard Wagner, sah auch hinein in dessen biographische Zeitanteiligkeit, wilderten die Biographien durch den Kopf, wurde König Ludwig II., Kaiser Wilhelm II. und der Diktator Adolf Hitler vergegenwärtigt… Und somit wird Bayreuth in Vergangenheit und Gegenwart auch durch den aufmerksam zu lesenden, fast klassisch zubereiteten Text von Christine Lemke-Matwey eine Zeitreise im Hier und Jetzt! Wahrscheinlich ist es dann doch eher vernebelnd, wenn es dort auf dem Grünen Hügel heißen solle im alten Slogan des Wieland Wagner: „Hier gilt´s der Kunst“ – weit über diesen zweideutigen bzw. vieldeutigen Slogan (aus jenen braunen Zeiten) heraus und hinaus… Ebenso wie „Macht kaputt, was Euch kaputt macht“ – immer nur eine ziellose zeitanteilige Metapher wäre wie auch Büchners: „Friede den Hütten, Krieg den Palästen.“ – Denn immer frisst auch jede Revolution ihre Kinder… Die Reichen und Mächtigen bestimmen weiterhin den Ungeist des Zeitgeistes bzw. haben das Geld für die Eintrittskarten plus auffälligem Antrittsbesuch und der Wohllebe (in den überteuerten Hotels!). Die Masse des Volkes aber leistet enorme Beihilfe für und zu diesem Saus und Braus einer klitzekleinen Minderheit! Um Richard Wagner zu zitieren: „Der Pöbel! – der Führer ist´s, der sie zu Rittern macht. Nimm ihm den Führer, und er wird, was er war.“ Da schauns her: Da bist du ja wieder, Bayreuth!
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 


 

Leserbrief zu „Wortschatz: bitscheln“ von Laurent Knepfler

meines Wissens entspricht das elsässische Wort „bitscheln“ bei Säuglingen dem deutschen „pucken“.

Also gibt es nicht nur das profane „trockenlegen“.
Bodo Breitsprecher

 


 

Leserbrief zu „Über den Berg nach Palästina“ in der Regionalausgabe von ZEIT Österreich von Lisa Maria Gasser

Mein Freund Yehuda Gai, seine Familienangehörigen sowie die vielen Zeitzeugen und deren Nachkommen und die Tausenden Mitwanderer, die im Laufe der letzten 18 Jahre alljährlich bei der Gedenkwanderung von Alpine Peace Crossing dabei waren, wären vermutlich nie auf die Idee gekommen, die dramatischen Ereignisse von 1947 auf diese Weise zu würdigen, wenn nicht Dr. Ernst Löschner, Gründer von Alpine Peace Crossing, für sein Lebenswerk mit seinem Team aus ehrenamtlichen Projektmitarbeitern Jahr für Jahr ein hohes Maß an Energie in diese Organisation gesteckt und den Event und die dahinterliegende Geschichte weltweit bekannt gemacht hätte. Wenigstens eine Erwähnung des Namens des Gründers und der vielen internationalen Events im Rahmen des Alpine Peace Crossings (etwa die Krimmler Theaterwanderung „Flucht über die Berge“. s. https://teatro-caprile.at/55-produktionen/produktionen-2024/97-an-die-grenze-2024 auf den Spuren der jüdischen Flüchtlinge von 1947) wären vielleicht ein paar Zeilen wert gewesen. Ich lade Sie herzlich ein, 2025 anlässlich des 19. APC bei einer der Theaterwanderungen hautnah mitzuerleben, was es für die etwa 8.000 jüdischen Flüchtlinge wirklich bedeutet haben muss, diesen Übergang auf sich zu nehmen.
Hans Dieter Nerbl

 


 

Leserbrief zu „Unser Sommer mit Adele“ von Jens Balzer

Ich habe mit Interesse den Artikel von Jens Balzer zu Adeles zehn Konzerten in München gelesen. Ich hoffe, die letzten Zeilen enthalten einen Tippfehler, denn da heißt es „Während des Monats, den Adele in München verbringt, wohnt sie in einem Luxushotel für 30.000 Euro pro Nacht.“ 30.000 Euro pro Nacht. Ein für mich unvorstellbarer Betrag für eine Hotelübernachtung. Aber vielleicht bin ich da zu sparsam.
Winfried Raasch

 


 

Leserbrief zu „Die Kraft des Wortes“ von Sabine Rückert in Christ & Welt

Sabine Rückert mag ja eine Edelfeder sein, aber warum die bekennende Atheistin wieder mal ihre antireligiösen Ergüsse über der Leserschaft ausbreiten darf, ist mir schleierhaft. So erfahren wir, dass sie aus „irrationalen Gründen“ ihre Tochter hat taufen lassen. Welch ein arrogantes Geständnis! Geradezu töricht ist ihre Aussage, sie glaube nichts, was sich nicht beweisen lässt. Wenn die zutrifft, wird jedweder Glaube ad absurdum geführt. Denn was sich beweisen lässt, brauche ich ja nicht mehr zu glauben, das ist ja definitiv Realität. Der Glaube an die göttliche Offenbarung, an die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben geht tiefer als jede Beweiskraft suggeriert.
Wolfgang Wendling

 


 

Leserbrief zu „Blau ist besser als grün“. Gespräch mit Laura Venz geführt von Jan Schwenkenbecher

Politisch gesehen muss „blau“ nach rechts abbiegen und „grün“ liegt links! Gut hier gehts um Urlaub in den Bergen oder Urlaub am Strand, aber in der Bergwelt kann es auch mal einen See mit Strand geben! Erholung kann überall vorkommen, man muss nur wissen, was man will; probieren geht über studieren!
Klaus P. Jaworek

 


 

Leserbrief zu „Prüfers Töchter“ „Du bist eben kein guter Chatter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

Im Magazin dieser Woche berichtet Herr Prüfer, dass seine Tochter sich in Peru befinde. Das soziale Jahr von Tochter Lotta war nach meiner Erinnerung bisher in Paraguay, Aber Herr Prüfer sollte es am besten wissen. Was stimmt?
H. von der Brelie