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1. August 2024 – Ausgabe Nr. 33

 

Leserbriefe zu „Kein bisschen Frieden“ von Peter Dausend

Mit Interesse habe ich das Interview „Kein bisschen Frieden“ in der ZEIT No. 33/24 gelesen. Ich schätze Ihre langjährige Erfahrung und Ihren Beitrag zur politischen Diskussion, möchte jedoch meinen Unmut über Ihren Standpunkt und Ihre Unterstützung für den BWS äußern. Sie haben über siebzig Jahre lang von den Vorteilen des transatlantischen Bündnisses profitiert, in den USA studiert und gearbeitet. Unter dem Schutz der Nato und der USA konnten sie in Deutschland über Jahrzehnte frei Ihre Meinung äußern und Politik machen. Diese Erfahrungen und die Freiheiten, die Sie genießen konnten, sind auch dem Schutz und der Unterstützung durch die transatlantischen Partnerschaften zu verdanken. Ich und viele Menschen in Osteuropa hingegen mussten unter sowjetischer Repression leben und arbeiten, eine Erfahrung, die Sie glücklicherweise nicht teilen mussten. Die Ukraine hat sich von dieser Macht vor über 30 Jahren auch befreit und ist ein fortschrittliches kulturell hoch entwickeltes Land geworden. Das ist das, was den Diktator in Moskau störte, der Gegenentwurf zu Russland. Ein Land, in dem ein Regime in Saus und Braus lebt (u.a. von Öl-Milliarden aus Deutschland) und weiterhin über 80% der Bevölkerung ohne Anschluss an die Trinkwasserversorgung leben. Die Ausweitung der Nato nach Osten ist nur der vorgeschobene Grund die Ukraine anzugreifen. Wir haben jetzt zwei neue Nato-Mitglieder direkt an der Grenze zu Russland. Angesichts dieser Tatsachen erscheint mir Ihr Vorschlag, nun im Sinne von BSW/ Sarah Wagenknecht mit Russland zu verhandeln, ziemlich unangebracht.
Über die zwielichtige Person Sarah Wagenknecht mit ihren regelmäßigen Fahnenwechseln zusammen mit Oskar L. kann man an anderer Stelle diskutieren. Aber dass sie jetzt die Prinzipien der Freiheit und Demokratie, die Sie Ihr ganzes Leben lang begleitet haben, verlassen, stimmt mich sehr bedenklich. Ich wundere mich auch, dass ein Mann, dessen Großväter gegen Hitler gekämpft und ihr Leben verloren haben, nun dessen Nachfolger (Putin, ausgebildet von der Stasi) diesen bestialischen Genozid- Krieg gegen die Ukraine begonnen hat die Hand zum Verhandeln reicht, statt auf Abschreckung und militärische Stärke zu setzen. Es ist für mich ein opportunistischer Verrat an dessen Erbe und den Werten, für die sie gekämpft haben, wenn wir jetzt mit denen verhandeln, die solche Verbrechen begehen und weiter begehen werden. Die Realität, in der Sie scheinbar leben, ist etwas entfernt von dem, was hier tatsächlich passiert. Hier werden Menschen systematisch vertrieben oder gleich ermordet, Grenzen verschoben und ganze Landstriche systematisch zerstört. Wenn Sie sagen, dass Ihnen nur die Sicherheit Deutschlands wichtig ist und das Drumherum Ihnen egal ist, ist das für mich purer Kolonialismus. Diese Haltung ignoriert die menschlichen Tragödien und das Leid, das durch solche Konflikte verursacht wird. Es sollte in Ihren Überlegungen auch berücksichtigt werden, was allgemein bekannt ist, dass Putin Verhandlungen oft nur dazu nutzt, seine Streitkräfte zu erholen und in einigen Monaten weiterzumachen. Einem Mann, der alle Verträge und Abmachungen gebrochen hat, Verhandlungen anzubieten – worüber auch immer – ist momentan abwegig. Dieser sowjetische Ex-KGB und sein Regime versteht nur die Macht der Abschreckung. Helmut Schmidt hatte und die aktuelle Regierung haben das verstanden, Sie offensichtlich noch nicht. Ich hoffe, dass wir weiterhin auf eine Politik setzen, die die Werte der Freiheit und Demokratie verteidigt und fördert, anstatt sie mit Ihrem Standpunkt zu kompromittieren und zu vergiften.
Stefan Pukallus

Eine Wachsamkeit gegenüber Politikern einzufordern, welche vorschnell auf militärische Reaktionen setzen, kann nur unterstützt werden. Aber als Nachfahre von Widerstandskämpfern gegen einen Kriegsverbrecher sich einer bekennenden Sympathisantin für den Stalinisten Putin anzuschließen, irritiert sehr. Seine, Wagenknecht ähnliche Auffassung, es reicht das Vertrauen auf Putins Gesagtes, ist ein von Putin selbst vielfach widerlegter Unsinn.
Jürgen Dressler

Wie viele in seiner Partei konserviert er ein positives Russlandbild, gepaart mit einer Portion offen ausgetragenem Antiamerikanismus. Das Böse sitzt in Washington. Von Aufrüstung der Ukraine ist die Rede, die Putin quasi zu einem Präventivschlag veranlasst hatte. Abstrus. Wenn das richtig wäre, hätte Kiew bei der Krimannexion gewiss bessere Karten gehabt und im Donbass auch. Der Hamburger lebt offenbar in einer gestrigen Welt abgesteckter Einflusssphären ähnlich wie Egon Bahr in den 80ern, der für Zessionsbewegungen etwa in Polen wenig übrighatte. Oberste Maxime lautete damals Sicherung des Status quo und gutes Einvernehmen mit den Despoten im Kreml. Appeasement gegenüber Putin ist jedoch waghalsig und naiv. Nichts dazugelernt seit 1938, möchte man einwerfen. Dass er nun ins Lager von Wagenknecht, einer Putinversteherin, gewechselt ist, ist da nur konsequent.
Christoph Schönberger

Herzlichen Dank für diesen Beitrag. Er gibt aufschlussreich Einblick in die innere Welt von Herrn Dohnanyi, die wohl bei einigen oder auch den meisten der alten westdeutschen Herren ähnlich sein könnte, die einst Ihren Ruf als Aufklärer hatten und nun die paranoide Position Putins verkünden vom bösen Westen, der den Räuber zum Räubern und Morden gezwungen hätte. Vorsichtig, aber doch deutlich zeichnet Herr Dausend das Bild eines schwächelnden, an Einfluss verlierenden überheblichen, ja selbstberauschten Mannes, der nicht so klug zu sein scheint, wie ihm immer zugebilligt wurde; was Dohnanyi über Stoltenberg sagt – der sei ein Großmaul, arrogant, Dummkopf – scheint doch recht gut auf ihn selbst zu passen.
Christoph Frühwein

Klaus von Dohnanyi hat sich nach gründlicher Prüfung dazu entschieden, recht zu haben. Da gibt es mindestens zwei Probleme. Ich bin an vielen Stellen anderer Meinung und habe auch recht. Schlimmer noch! Die Deutschen sind das Volk, das immer recht hat. Außer, dass die Juden an allem schuld sind. Deshalb nimmt von Dohnanyi dafür die Amerikaner. Meine „recht haben-Entscheidung“ glaubt da eher, dass unser deutsches „recht haben“ an allem schuld ist. Es will mir einfach nicht gelingen, meine Verantwortung, deutsche Verantwortung, europäische Verantwortung, über den Ozean zu entsorgen. Klaus von Dohnanyi weiß, wie man die Weltkriege und Hitler und den Krieg in der Ukraine hätte verhindern können. Und ich weiß, wie ich vor 48 Jahren meine erste Freundin hätte rumkriegen können. Aber was nützt das jetzt noch. Am Ende des Lebens stellt sich nur noch eine Frage: Reicht es zu einem lebensgroßen Denkmal aus Stein oder Bronze. Klaus von Dohnanyi hat da gute Chancen.
Fred Klemm

Eigentlich eine wichtige Begegnung mit einem Menschen, der eine bedenkenswerte und kontroverse Position vertritt. Aber was, wenn man damit nicht einverstanden ist? Nun, man nimmt ihn immer wieder so ein bisschen auf die Schüppe, dann muss man ihn nicht ernst nehmen. Wäre Herr Dausend mit diesem Stil nicht bei der BILD passender als bei der Zeit?
Claudia und Karl-Heinz Denecke

Die Beleidigung „politisches Großmaul“ fällt auf Klaus von Dohnanyi zurück, der hier in arrogant-besserwisserischer Weise seine Weltsicht der Dinge darlegt. Ebenso wie seine neue Verbündete Sahra Wagenknecht mogelt er sich konsequent an der Tatsache vorbei, dass Putin die Ukraine überfallen hat, ohne dass von ukrainischem Territorium eine Gefahr für Russland ausging. Sehr befremdlich auch seine Sicht der USA, die sich nicht mit der damaligen Haltung der westdeutschen Sozialdemokratie, vertreten durch Willy Brandt und Helmut Schmidt, deckt. Diese hatte ja nach anfänglichem heftigem Widerstand die Westintegration und damit die Mitgliedschaft in der NATO und den atomaren Schutzschild der USA akzeptiert. Mir ist nicht bekannt, dass von Dohnanyi seinerzeit eine andere Haltung vertreten hätte.
Christoph Diehl

Es ist immer interessant einem alten Politiker zuzuhören, der aus einer riesigen Erfahrung schöpfen kann. Wenn er dann noch an verantwortlicher Stelle in einer eminent wichtigen Zeitspanne die bundesdeutsche Politik mitgestaltet hat, dann wäre es sehr interessant gewesen sowohl Dausends Fragen als auch von Dohnanyis Antworten im Wortlaut zu lesen. Der süffisante Text wird dem ernsten Thema in keiner Weise gerecht. Schade.
Klaus Henicz

„Darf man Stabilität …auf Kosten…anderer Völker anstreben? … Wenn es einen Weltkrieg verhindert…wenn man Frieden für Deutschland will…, dann kommt es darauf an [zu] verhindern, dass hier wieder Bomben abgeworfen werden…“ Wo bleibt die Empathie für die Ukraine? Oder geht es nur um Deutschlands Sicherheit auf Kosten der Ukraine? Klingt wie damals, als man diese Ostvölker als minderwertig sah und nur von Russland beeindruckt war. Deutschland ist aber kein Großreich mehr und nicht auf Augenhöhe mit Russland, sondern eine Mittelmacht, die nicht mal 30 Tage ihre Nation verteidigen könnte. Irgendwo da ist Dohnanyi stehengeblieben. Deutschlands Sicherheit liegt im Bündnis auch und gerade jetzt mit seinen östlichen Nachbarn und nicht im alten Denken als Großmacht. Warum werden die Äußerungen von alten, verbitterten Herren nur so ernst genommen?
W. Michel

Ich möchte zu dem obigen Artikel meinen Dank, ausdrücken, dass dieser wunderbare Artikel gedruckt wurde. Eine Meinung gegen den Mainstream, die so wichtig ist und aufzeigt, wo wir leider weltpolitisch, aber auch deutschlandpolitisch stehen. Ich hoffe, dieser Inhalt fällt auf fruchtbaren Boden.
Margareta Martin

Der Artikel „Kein bisschen Frieden“ wird weder dem Ernst der Lage im Ukraine-Krieg, noch der Person des 96jährigen, hochrespektierten und kenntnisreichen Altbügermeisters Klaus von Dohnanyi mit seiner Kritik an der fehlenden Friedenspolitik der SPD -Führung gerecht. Es wäre vielmehr richtig und angemessen gewesen, sich mit seinen fundierten Argumenten zur US-Außenpolitik vertieft inhaltlich auseinanderzusetzen. Stattdessen verlegt sich der Autor in der typischen Manier, in der derzeit in vielen Medien mit abweichenden Meinungen zum Ukraine-Krieg umgegangen wird, auf Personalisierungen und Psychologisierungen mit leicht hämisch-arrogantem Einschlag, um die „andere Seite“ zu diskreditieren. So wird das Bild eines störrischen, kritikunwilligen Alten gemalt, der als Einzelgänger in seiner weissen Alster-Villa weilt. Ihm, der zeitlebens ein kritischer Amerikafreund gewesen ist, wird dabei unterstellt, er hielte die Amerikaner für so etwas wie die Universalbösewichter. Man hätte stattdessen erwarten dürfen, dass die Position von Dohnanyis, die Deutschen hätten ihre Interessen den USA ausgeliefert, näher hinterfragt und diskutiert wird. Stattdessen wird mit leichtem Augenzwinkern referiert, was „die bösen Amerikaner“ so alles angestellt haben, auch um am Schluss schlicht zu behaupten, viele Sicherheitsexperten, Russland-Kenner und Historiker sähen das anders. Dabei wird die Position von Dohnanyis von zahlreichen Wissenschaftlern und Militärs-auch der USA- geteilt, ebenso in unserer Gesellschaft und in Teilen der SPD.
Hartmut Wegener

Bei allem Respekt gegenüber der Sorge Herrn von Dohnanyis um den europäischen Frieden wirken seine besserwisserischen, undifferenziert überzogenen und boshaft getönten Urteile über politische Vorgänge und Persönlichkeiten peinlich: Es sprach ein verbitterter, nicht mehr Meinungs-offener und in seinem Selbst- und Weltbild erstarrter Greis. Si tacuisses, …..! Ich wünschte ihm vielmehr einen entspannteren Lebensabend und einen souveräneren Abschied von seinen politischen Rollen.
Beate Reissberg

Chapeau, Herr Klaus von Dohnanyi! Ihre Einschätzung zur aktuellen Sicherheitspolitik gegenüber Russland und der Ukraine teile ich in allen Punkten. Die Kehrtwende der SPD in der Russlandpolitik halte ich auch für grundfalsch. Die Sicherheit in Europa kann nur mit Russland und niemals gegen Russland erreicht werden. Die SPD und Bundeskanzler Scholz agieren in der Politik gegenüber Russland diametral zu der Ostpolitik des Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt und seiner Parteigenossen Helmut Schmidt, Herbert Wehner und Egon Bahr.
Roderich Buhlheller

In der Historie ist mir kein Krieg bekannt, von Altersweisen vom Zaun gebrochen. Selbst Streit innerhalb der Familie wird fast immer von Jüngeren losgetreten. Mithin wäre die Welt der Menschen friedvoller, gäbe es (wieder) den Rat der Alten mit Veto-Recht. Insofern sind alle westlichen Demokratien lediglich ein weichgespülter Abklatsch totalitärer Herrschaft – wobei mehrheits-manipulierte Volkes Stimme auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Wort für Wort zeigt Herr von Dohnanyi auf, wo der Hund auch heutiger politischer Händel begraben liegt. Im Wind säen wird Sturm geerntet, der die um des Streitens willen Streitenden in ihrem Tun bestätigt – wobei die verführten Gefolgschaftswilligen nicht etwa die Früchte ihrer Arbeit ernten, sondern verzweifelt angesichts von Blut und Tränen um ihr Überleben ringen. Wie Vieles in heutiger Zeit sind auch Ihre Einwürfe bei diesem Gespräch, Herr Dausend, zynische, vernebelungstaktisch provokante, durchsichtige Manöver in Rechthaber-Manier. Vermutlich fehlt es Ihnen auch einfach an Verlust-, Not- und Elend-Erfahrung, um sich solch dümmlich-schlichter Attitüden zu bedienen?
Versetzten sich die Nato-Verbündeten im Falle der Ukraine in die Haut der Russen (oder der Palästinenser, der Syrer, der Sudanesen usw. usf.), bliebe vom geschaffenen Feindbild lediglich ein interessantes, weil andersartiges Gesellschaftsmodell. Stattdessen wurden Fronten in Sicherheitsinteressen-Begründung geschaffen, vergleichbar mit missionarischem Kreuzzugs-Geifern des unseligen Mittelalters, als hätten wir nichts gelernt (wozu passt, dass die nach 1960 geborenen Deutschen auf der Suche nach Dreck die schmutzige Wäsche ihrer Ahnen waschen und sich nicht scheuen, aller, einschließlich ihrer Würde mit dem Abschaum und all dem Kot zu beschmeißen, der sich auf die Schnelle absondern lässt). Immerhin ist eins sicher: Mit der alten Garde deutscher Politiker hätte es die Verträge mit den Russen ab 1990 in dieser Konsequenz nie gegeben. Befanden sie sich doch im sedierten Ausnahmezustand eines Umfelds, vergleichbar mit einer Intensivstation. Wer also darf sich erlauben, sein nahes Umfeld, gar die gesamte Menschheit in Gut und Böse, in richtig und falsch, demgemäß rechtgläubig oder nicht zu bewerten? Gehört es nicht auch zum Moralverständnis aller Einflussreichen, den mühselig und beladenen Zuträgern die Flöhe ins Ohr zu setzen, mit dem Angriffsbefehl verteidigten sie „ihre“ Interessen, „ihre“ Kultur? Meines Erachtens steht solch kategorisieren niemandem auf der Welt zu (nicht einmal der Jesus von Nazareth, der Messias der Christen, verstieg sich in solche auf- oder ab-Bewertung!
Andreas Weng

Als Jahrzehnte langer Beobachter des politischen Zeitgeschehens kann ich die Äußerungen von Herrn von Dohnanyi, insbesondere seine Ansichten zur Rolle der USA in kriegerischen Auseinandersetzungen, nur bestätigen. Die USA kannten und kennen nur ihre eigenen Interessen. Mir ist deshalb ein Donald Trump, der dies klar und bestimmt ausdrückt, lieber als ein amerikanischer Demokrat, der so tut, als ob er europäische Interessen vertreten würde, letztendlich aber dasselbe wie Trump will. Leider gibt es in unserer Politik und bei den Medien noch zu viele Naive, die in den USA wahre Freunde sehen. Man wünscht sich als Deutscher und Europäer, dass die für uns Handelnden und unsere Medienvertreter endlich unsere eigenen Interessen und nicht die Interessen anderer Nationen verfolgen. Vielleicht hilft uns Trump dabei, zu erkennen, dass auch wir uns zuerst um uns selbst kümmern müssen und nicht als unmündige Tollpatsche hinter den Größen anderer Länder herlaufen sollten.
Wolfgang Sibold

Ich bin über Herrn von Dohnanyis Vorwurf gestolpert, wonach Roosevelt Osteuropa and die Sowjets preisgegeben hätte. Was hätte Roosevelt dagegen tun sollen? Es ist nicht so, als hätte man die Sowjets dazu eingeladen, Osteuropa unter ihre Kontrolle zu bringen. Nach ihren Siegen gegen Nazi-Deutschland standen dort 1945 Millionen sowjetischer Soldaten. Es mag bedauerlich sein, dass Osteuropa unter die sowjetische Knute geraten ist, aber es gab keine realistische Handhabe dagegen. Außer man wäre zur Eskalation bereit gewesen, zu einem Krieg gegen die Sowjetunion. Dass die Westmächte das nicht waren, kann ich ihnen nicht verdenken. Es wäre blanker Wahnsinn gewesen. Und wie bringt Dohnanyi diese Haltung zu Jalta in Einklang mit seiner Aussage, man dürfe Stabilität in Europa auf Kosten der Unfreiheit anderer Völker anstreben, wenn man damit einen Weltkrieg verhindere? Genau diesem Leitsatz folgten die Westmächte 1945 doch.
Vincent Gellert

Das merkwürdige politische Gebräu, das Herr von Dohnanyi uns auftischt, wäre ohne die feine Ironie von Peter Dausend vollends unbekömmlich. Ich habe mich schon darüber gewundert, wie sehr sich der SPD-Politiker Dohnanyi für Angela Merkel ins Zeug gelegt hat. Dass er nun auch noch Frau Wagenknecht auf den Leim geht, ist nur noch als das Gegenteil von Altersweisheit verständlich.
W.-R. Heilmann

Danke für das schöne Interview mit Herrn von Dohnanyi. Es ist schon erstaunlich, wie Ihr Interviewpartner Fakten verdrehen kann und sich geschichtliche Abläufe so zurechtdrehen kann, dass sie seinem vermutlich neu gewonnenen Weltbild entsprechen. Nur, wo hat er dieses Weltbild her? Kann es sein, dass Herr von Dohnanyi sich in einer Echokammer diverser Podcasts verirrt hat, von denen es im Internet nur so wimmelt? In dieser neuen gefährlichen Welt des Internets hat der Antiamerikanismus Hochkonjunktur. Mit seinen 96 Jahren hat er scheinbar vergessen, welche Schutzmacht uns in den letzten 80 Jahren Frieden und Wohlstand garantiert hat. Dann scheint er vergessen zu haben, dass der Ukrainekrieg bereits 2014 begonnen hat, und erst danach begann die Unterstützung der Ukraine durch den Westen. Auch seine Einstellung zur Unterdrückung von Nachbarstaaten durch deren mächtige Nachbarn ist unerträglich. Die Weisheit im Alter ist nicht jedem gegeben!
Martin Krivacek

„So einfach lässt sich Komplexität auflösen…“ Bei allem Respekt vor Herrn von Dohnanyi, noch nie in der Weltgeschichte hat sich ein Problem so einfach dargestellt, wie es von ihm erklärt wird. Man nehme nur die Amerikaner und hat die Schuldigen für alles Übel auf der Welt. Das sind die Erklärungsmuster, die bestimmte „Gruppen“ in unserer Gesellschaft brauchen.
Hubert Klötzer

Am 31.5.45 hat Roosevelt sicher nicht vor dem US Kongress gesprochen, da war er schon mehrere Wochen verstorben!
Franz Meister

Es ist traurig, dass ein einst angesehener Politiker die Narrative des Herrn Putin – Russland habe sich mit einem Präventivschlag gegen die Ukraine „verteidigen“ müssen und das Verteidigungsbündnis NATO, insbesondere die USA, bedrohe Russland – übernimmt und bereit ist, die Freiheit der Ukrainer*innen – und vielleicht auch jene der Bevölkerungen Georgiens, der Republik Moldau, der baltischen NATO-Staaten und weiterer Nachbarländer Russlands? – um des lieben „Friedens“ willen den imperialistischen Gelüsten des russischen Diktators zu opfern. Denn „Frieden“ bedeutet für Herrn Putin den bisherigen Erfahrungen nach nichts anderes als „Unterwerfung unter Russland“ – zumindest dann, wenn der Nachbarstaat von Herrn Putin als militärisch unterlegen eingeschätzt wird. Leider wird die Appeasement-Politik, die Herr von Dohnanyi empfiehlt, von vielen Wähler*innen in Deutschland befürwortet. Sie bedenken nicht die langfristigen Gefahren und Nachteile (verstärkte Bedrohung Deutschlands durch Russland, Flüchtlingsströme), sondern sehen nur die kurzfristigen Vorteile für sich selbst (keine Ausgaben für Waffen für die Ukrainer*innen, keine unmittelbare Angst vor einem atomaren Angriff auf Deutschland durch Russland). Schade, dass so – hoffentlich nicht zu – viele Menschen in Deutschland zu dieser Gruppe gehören – auch Menschen, von denen ich annahm, dass sie zu langfristigem und vorurteilsfreiem Denken, Planen und Handeln imstande wären.
Ulrich Willmes

Bei allem Respekt für die Lebensleistung von Klaus von Dohnanyi kann ich die wiederholten Behauptungen über den Ukraine-Krieg bald nicht mehr hören, bzw. lesen. Angeblich sind die USA schuld am Krieg. Sicher hat der Westen nicht alles richtig gemacht, aber eindeutig ist Russland der Aggressor und niemand anders. Die Ukraine ist seit Jahren ein souveräner Staat und kann selber entscheiden, zu welchem Bündnis sie gehören möchte. Dass der Nato-Generalsekretär Stoltenberg als „Dummkopf“ bezeichnet wird, finde ich unverschämt. – Natürlich möchte jeder vernünftige Mensch den Krieg durch Verhandlungen so schnell wie möglich beenden – nur, wie soll das funktionieren? Darauf weiß weder Herr von Dohnanyi noch Frau Sahra Wagenknecht eine Antwort.
Wiebke Robl

Es wird in Europa nur Frieden mit und nicht gegen Russland geben. Dieser Grundgedanke von Klaus von Dohnanyi ist eine Einsicht, die in der heutigen politischen Praxis kaum verankert ist. Es ist zu wenig, wenn Scholz von Putins Krieg spricht und nur abstrakt von Frieden, ohne eine konkrete, realistische europäische Friedensperspektive zu zeichnen, zu der Russland gehören müsste. Es ist viel zu wenig, einseitig auf die USA als Friedensmacht zu setzen. Damit öffnet Scholz auch den Raum für fragwürdige prorussische Haltungen und naive Friedensutopien. Dohnanyi allerdings vernachlässigt in seinen Überlegungen den Aspekt, dass Russland heute weniger von rationalen Sicherheitsinteressen geleitet ist, sondern als aggressiver faschistischer und imperialistischer Staat auftritt. Außerdem haben wir nicht nur deutsche Sicherheitsinteressen, sondern auch europäische (z.B. baltische und polnische). In der Ukraine wird auch die europäische Freiheit verteidigt. Und wenn es in der Vergangenheit Fehler in der Russlandpolitik gab, so bleibt uns heute nichts anderes übrig, als mit dem umzugehen, was daraus entstanden ist. Geschichte lässt sich nicht rückabwickeln. Zuletzt ist es wenig hilfreich, in großen historischen Linien zu denken, sich dann aber auf eine aktuelle Ebene von Parteipolitik zu begeben und sich selbst zu einem Instrument von Sahra Wagenknecht zu macht. Das verschafft zwar Aufmerksamkeit, der Beifall von der falschen Seite diskreditiert aber das eigene so wichtige Anliegen.
Reinhard Koine

Aus der Zeit der Weimarer Republik kennt man den Begriff Salon-Kommunist. Auf Dohnanyi bezogen kann man jetzt von einem Salon-Sozialdemokrat reden. Als adliger Wohlstands- und Bildungsbürger, wohnhaft in einer Stadtvilla, von denen dieser Kreis der Hamburger wohl gerne glaubt das sie dort hingehören, scheint der ehemalige Erster Bürgermeister mit sich (vor allen Dingen mit sich) und der Welt im Reinen zu sein. Die Krönung seiner selbstverliebten politischen Sicht auf die Welt von heute, wo Typen wie Putin über souveräne Staaten herfallen, um sie zu vernichten, scheint der unerschütterliche Glaube an die eigene Unfehlbarkeit zu sein. Seine altehrwürdige bis verfehlte sozialdemokratische Sicht der vergangenen 50 Jahre, zuerst auf Gorbatschows und dann auf Putins Russland, glorifiziert noch immer die Leiden eines Staates -der unter Hitlers Weltkrieg die meisten Opfer hinnehmen musste. Das Putin heute das größte Land der Erde wie ein Diktator regiert und mit kriminellen Methoden die russische Gesellschaft unterdrückt und deformiert scheint Dohnanyi kaum zu interessieren. Nahezu absurd seine Vorwürfe an die amerikanische Politik, indem er ihnen die Schuld an dem Ukrainekrieg anhängt und somit Putin von jeder Schuld freispricht. Putin hat es nie verwunden, dass sein Vorvorgänger Gorbatschow aus der alten UDSSR das neue Russland formte und dabei einige Bestandteile wie die Ukraine in die politische Selbstständigkeit entließ. Danach war Russland immer noch größer als jedes andere Land unseres Planeten! Für Dohnanyi scheinen die Amerikaner der größte Sündenbock der neueren Geschichte zu sein. Wer so einen politischen Unsinn absondert sollte nicht erwarten, dass man sich noch für sein neues Buch interessiert! Bundeskanzler Scholz ist mit Sicherheit keine politische Lichtgestalt, aber zumindest ein Realist der richtig einschätzt, was heute mit der Ukraine passiert und wo der Westen eine Pflicht hat, dieses brutal angegriffene Land gegen den Aggressor Putin bei der Verteidigung zu unterstützen. Und wenn eine Sarah Wagenknecht von Frieden statt Bomben schwafelt, ist das nur billige Stimmungsmache um die verunsicherten Menschen bei uns scheinbar zu beruhigen.
Unvergessen bleibt ihr Fernbleiben bei dem Auftritt des ukrainischen Präsidenten im Bundestag. Sie tat so als ob Selenskyj der Kriegstreiber sei! Dohnanyi bläst in das gleiche Friedenshorn und schämt sich nicht, die gleichen falschen Gründe zu missbrauchen um seine (untergegangene SPD) als Friedenspartei anzupreisen. Natürlich ist Krieg immer eine furchtbare Sache -nur handelt es sich hier um einen reinen Verteidigungskrieg der ukrainischen Seite und nicht um einen brutalen Angriffskrieg -den nur von Kriegsverbrecher Putin zu verantworten ist. Dohnanyi ist sogar der Meinung, dass man die Unfreiheit der Ukraine (falls es dazu kommen sollte) einem Weltkrieg vorzuziehen hat. Er argumentiert leichtfertig mit dem größten denkbaren Ereignis, nämlich Weltkrieg, ohne sich die Mühe zu machen, diesen Fall als unwahrscheinlich zu bewerten -da selbst ein Putin dieses Wagnis nicht eingehen würde. Dohnanyi spricht von der Angst vor Putin. Weiß er nicht, dass Angst der schlechteste Ratgeber in der Politik ist und Putin die Angst des Westens vor ihm bisher immer erfolgreich zu nutzen wusste?
Klaus Reisdorf

Ich habe mit großem Interesse Ihren Artikel „Kein bisschen Frieden“ über Klaus von Dohnanyi in der ZEIT vom 1.8.2024 gelesen, da ich Klaus von Dohnanyi mit seiner Meinung zum Ukrainekrieg schätze, vor allem, weil sie vom Mainstream – auch der ZEIT – abweicht. Ich frage mich, warum Sie kein Interview mit Herrn von Dohnanyi geführt haben. Ihre Äußerungen zur Meinung von Dohnanyi zur Rolle der USA in diesem Krieg empfinde ich alles andere als sachlich und wenig respektvoll gegenüber Herrn von Dohnanyi. Da wäre mir der Wortlaut von Dohnanyi sehr viel lieber gewesen. Auch Ihre anderen Wertungen im Artikel, z.B. sozialdemokratische Russland Nostalgie sowie deine Unfreiheit sichert meinen Frieden (wer hat das so gesagt?) finde ich in einem Artikel über einen verdienten Politiker völlig unangemessen. Ich respektiere, dass Sie anderer Meinung als Dohnanyi sind, doch bitte ich Sie, die Menschen, die nicht Ihrer Meinung sind, ebenfalls zu respektieren. Ich schätze an der ZEIT sehr, wenn sie zulässt, dass kontrovers diskutiert wird. Dafür sind unterschiedliche Meinungen wichtig und müssen respektiert werden.
Ursula Paulus

Es ist eine Sache, alt und etwas tüdelig zu werden- eine andere Sache ist es, darüber in einer kritischen Wochenzeitung im Stil einer Hofberichtserstattung zu berichten: „Gemeinsam mit seiner Frau, der Lyrikerin Ulla Hahn, wohnt Dohnanyi in einer Straße der vornehmsten Stadtteile Hamburgs…“ – „Die Tür im Haus Dohnanyi öffnet ein junger Mann, der sich als Michael vorstellt…“ – Das hätte“ Das Goldene Blatt“ drucken können… Aber „inhaltlich“: sagt Dohnanyi: „der Kanzler werbe ausschließlich für Kanonen“ –. Sarah Wagenknecht hingegen sei zu unterstützen, da sie für Verhandlungen mit Russland eintritt. – Sagt auch die AfD… Die USA haben Putin provoziert, weil sie die Ukraine massiv aufgerüstet haben…. Nicht Russland ist schuld am Krieg in der Ukraine, die USA sind es. Putin war in dieser Lesart gezwungen, die Ukraine zu überfallen… Die Amerikaner sind so etwas wie die Universalbösewichte. Die Vereinigten Staaten hätten nie etwas Positives für Europa gewollt und bewirkt… (Könnte man vergebend “ altersbedingt“ vergessen, wer uns vom Faschismus mit hohen personellen Verlusten befreit hat ,nach der Landung in der Normandie.., die Luftbrücke in Berlin erfolgreich initiiert hat und, und, und das waren die USA) Wenn dann noch dies selbstgefällige, überhebliche Statement am Ende des Interviews generelle Kritikresistenz signalisiert und Herr von Dohnanyi eh davon überzeugt ist, mehr zu ist wissen als andere ,dann spricht der Norddeutsche traditionell von intellektueller Selbstbefriedigung – auch „dohnanieren“ genannt. Aber was soll dergleichen in „DIE ZEIT“ ??????
C. Stellmacher

Der Artikel zum Treffen mit Hr. von Dohnanyi war sehr aufschlussreich. Der Eine (von Dohnanyi) argumentiert mit historischen Fakten und der Andere (Dausend) mit viel Meinung. Bezeichnend auch die vorwurfsvolle Bemerkung, dass von Dohnanyi tief davon überzeugt sei „mehr zu wissen als andere“. Da dürfte er keine Ausnahme sein. Bei seinem Alter, seiner Vita und Lebenserfahrung sollte er das aber tun dürfen.
Axel Voß

Viele Leser der Zeit werden mit Klaus von Dohnanyis Haltung gegenüber dem Ukraine-Krieg nicht einverstanden sein. Peter Dausend wäre allerdings gut beraten gewesen, aus Gründen der Fairness, des Respekts vor seinem hohen Alter und auch der Anerkennung seiner unbestrittenen Verdienste als Politiker – auch als Bürgermeister der Hansestadt Hamburg – in der Darstellung seines Gesprächs mit Klaus von Dohnanyi etwas mehr Zurückhaltung und Distanz walten zu lassen. Die vielen süffisant ausgebreiteten Details sind in diesem Zusammenhang nicht nur überflüssig, sondern wirken geradezu peinlich. Wenn Dausend schreibt, dass die Tür im Hause Dohnanyi von einem jungen Mann geöffnet wird, der sich als Michael vorstellt, drängt sich unwillkürlich die Frage auf „Who the hell is Michael?“ Den Gipfel der Respektlosigkeit erklimmt Dausend, wenn er beschreibt, wie sich Dohnanyi bei einer Äußerung „erstaunlich schnell aufrichtet, die Augen weit aufgerissen.“ Man möchte beim Lesen vor Scham im Boden versinken. Offensichtlich genießt es Dausend geradezu, Dohnanyi vorzuführen, ihn als gebrechlichen, alten Mann darzustellen, der die Kontrolle über sich und seine Äußerungen verloren hat und dessen Verhalten immer noch von Eitelkeit und Geltungssucht bestimmt ist – man beachte den dezenten Hinweis auf das „neue Buch des Gastgebers, das auf der Fensterbank ziemlich auffällig darauf wartet, zufällig entdeckt zu werden“. Der Stil dieses Artikels ist ganz schlechter Journalismus. Warum streut er immer wieder diskreditierende Einzelheiten im Auftreten des alten Bürgermeisters ein? Hat er so wenig Vertrauen in das Urteilsvermögen der Leser, dass er meint, ihre Reaktion lenken zu müssen?
Johannes Klemenz

Ich versuche gelassen, eine Portion Altersstarrsinn als Essenz in den Gedanken den alten Herrn Klaus von Dohnanyi zu sehen. Wohl erwartete man von einem so lange politisch tätigen Menschen Abgeklärtheit, Lebensklugheit – also eine Art „Lebensweisheit“ -, welche man sich selbst für sein eigenes Altern wünscht. Der Artikel über das Interview zeigt für mich eine Mischung von Arroganz bis zur dekadenten Entblößung – für mich sehr enttäuschend. Dabei geht es für mich nicht um eine Hinwendung zur Partei BSW. Solche Gedanken bewegen derzeit viele verschieden politisch Denkende. Sarah Wagenknecht hat etwas aus der Taufe gehoben, was verblüffen kann: gewagte Mischung von links nach rechts oder umgekehrt? Bleibt die Frage nach der Realitätstauglichkeit der politischen Idee. Nein, die Innen- nach Außenwendung des Herrn von Dohnanyi nach solch langer aktiver Tätigkeit ist überraschend und gipfeln m. E. im letzten Satz „Wenn ich vor meinem Gewissen und nach sorgfältiger Prüfung der Gegenargumente zu der Überzeugung komme, recht zu haben, kümmert mich Kritik wenig.“ – Schade! Mein positives politisches Bild des Hanseaten Klaus von Dohnanyi wird dadurch verschwinden. Allerdings, es kümmerte ihn ja nicht. Seite DREI dem ehemaligen Politiker zuzugestehen ist mir unverständlich. Aber: vielleicht will man mit der bevorzugt gelesenen Seite diese Innenseite einem größeren Publikum widmen?
Marianne Tigges

„Die Zuschreibungen, die Herr von Dohnanyi dem Nato-Generalsekretär Stoltenberg zukommen lässt, müssen ihm morgens beim Blick in den Badezimmerspiegel eingefallen sein, denn sie treffen angesichts seiner eigenen maßlos überheblichen Haltung, die darin gipfelt, dass ihn Kritik wenig kümmere, zweifellos auf ihn zu. Unterstrichen wird dieser Befund durch die Grundlage seiner Auffassungen, die auf der politischen Situation der Vorwendezeit basieren. Tatsächlich verfügten die Staaten des Warschauer Pakts unter dem sowjetischen Bären faktisch über keine Souveränität, seit der Auflösung dieses Machtblocks jedoch besitzen sie die sich aus dem Völkerrecht ergebende Selbstbestimmung. Dies allerdings scheint für Dohnanyi ohne Relevanz zu sein, da er den Sicherheitsinteressen Russland größere Bedeutung beimisst als der Freiheit der Ukraine. Hierin zeigt sich die ganze Arroganz eines Machtpolitikers: Menschen, Völker und Staaten als reine Verfügungsmasse betrachten und danach handeln.“
Günter Pesler

Peter Dausend muss ja nicht einer Meinung sein mit Klaus von Dohnanyi. Aber, statt die sachlichen Argumente zu nennen, die er seinem Gesprächspartner hoffentlich entgegenhalten hat, beschränkt er sich darauf, sich über ihn lustig zu machen. Oder wozu sonst dienen die Hinweise auf die körperliche Befindlichkeit des Hochbetagten, der sich zur Begrüßung „in altersgemäßem Tempo“ erhebt, sich aber später in der erregten Debatte „erstaunlich schnell“ in seinem Stuhl aufrichtet, „die Augen weit aufgerissen“? Warum sonst erzählt der Autor, dass Dohnanyi manchmal die Augen schließe, um sich besser konzentrieren zu können, und dann „in diesem Dunkel“(!) Namen, Jahreszahlen und Buchtitel findet? Und warum beschreibt Peter Dausend eine Szene mit einem Porsche fahrenden Schnösel, die sich in der Villengegend abspielt, in der Dohnanyi wohnt, die aber absolut nichts mit dem porträtierten Politiker zu tun hat? Schließt er vom Wohnort auf die Glaubwürdigkeit des Interviewpartners? Am Ende seines Berichts erwähnt der Autor, dass eine Reihe von Menschen ihre Meinung zu Dohnanyis außenpolitischer Position „als Beleidigungen bei „X“ ausspeien“ würden. So plump macht Peter Dausend das nicht. Seine Verächtlichmachung kommt subtil, ironisch und manipulativ daher, ist aber nicht weniger respektlos.
Gerold Hofmann

Mit Interesse und auch etwas Irritation habe ich den o. g. Artikel gelesen und würde mich freuen, wenn Sie den folgenden Leserbrief dazu veröffentlichten: „Neben dem „Genossen der Bosse“ hat die SPD eben auch ein artfremdes „blaublütiges“ Mitglied in ihren Reihen. Dohnanyi fiel schon immer als etwas sehr „gerade-aus-arrogant“ auf. Und nicht immer war damit Exzellenz verbunden – reingrätschen schon eher. Den scheidenden Nato-Generalsekretär in der gewählten (ganz und gar nicht aristokratischen) Art herabzuwürdigen, zeugt nicht von einem großen Denker mit Manieren. Keine (angebliche) Provokation oder vermeintliche Rechtfertigung kann den Überfall auf die Ukraine und die darüberhinausgehenden anhaltenden systematischen Verstöße gegen internationales Recht entschuldigen. Hier sich auf Helmut Schmidt, dem entschiedenen Erfinder des NATO-Doppelbeschlusses, als Zeugen Dohnanyis Weltsicht zu beziehen, ist vollkommen daneben. Ja, irgendwann wird irgendwo über irgendeine Lösung und die Folgen dieses brutalen Angriffskrieges verhandelt werden. Aber vorläufig fehlt es alleine am Verhandlungspartner. Die Agenda der russischen Neoimperialisten ist eindeutig, die Zumutung eines Diktatfriedens nur folgerichtig. Die Ukraine hat das Recht und die Pflicht ihre Bürgerinnen und Bürger vor Tod, Vergewaltigung, Entführung und Entwurzelung zu schützen. Sie, alleine sie, hat zu entscheiden, wie und wie weit sie dabei geht. Sie in diesem Kampf zu unterstützen, entspricht dem Völkerrecht und verlangen die Prinzipien der Moral. Am Ende des Artikels bleibt das: Weisheit und Alter gehören nicht unbedingt zusammen.“
Rainer Friedrich Schütz

Man könnte sich – unter Schmerzen und Auslassung aller moralischer Ansprüche – dem Argument von Klaus von Dohnanyi anschließen, dass die Freiheit und der Frieden unserer Nachbarstaaten weniger wichtig sind, als unser eigener Frieden. Mag sein, dass das in einer Zeit, als der Westen noch wehrhaft war, dies auch so gelebt werden konnte. Heute müsste man jedoch glauben, dass Menschen wie Putin irgendwann einmal halt machen. Seine Politik belegt derweil das Gegenteil – und wenn er „entdeckt“, dass auch Ostdeutschland mal „eigentlich“ zur Sowjetunion gehört hat, so kann man sich seine Gedankenspiele leicht ausmalen. Ein Hund hört auf zu beißen, wenn der Schwächere ihm seine Kehle hinhält. Putin beißt zu. Die Ausstrahlwirkung eines möglichen Siegs von Unmoral und Stärke auf andere Diktaturen darf dabei ebenfalls nicht unterschätzt werden. Der Grundfehler war zu glauben, wir könnten Frieden durch Wehrlosigkeit erhalten. Was muss passieren, dass Menschen wie Sarah Wagenknecht und Klaus von Dohnanyi (und andere Aggressionsapologeten) das verstehen?
Bernd Krempel

Anstelle von Klaus von Dohnanyi würden wir uns mit diesem Artikel vom Reporter hintergangen fühlen. Was soll die völlig überflüssige Erwähnung eines „als Schnösel gelesenen (!) Jünglings“ mit seinem neuen Porsche vor der Kulisse weißer Stadtvillen, wo auch von Dohnanyi wohnt? Was sollen die Auslassungen über von Dohnanyis Erscheinung und Verhalten beim Interview? Stattdessen hätten wir uns ein gründlicheres Beleuchten und Abwägen seiner Argumente gewünscht. Und dass der Krieg in der Ukraine von Seiten des Westens der Freiheit wegen unterstützt werde, wie Peter Dausend zu glauben scheint, und nicht für Interessen, die man verschweigt, erscheint uns bedauernswert naiv.
Cornelia und Werner Hagedorn

Der Hintergrund dieses Artikels ist ein todernstes Dilemma: die Möglichkeit eines Weltkrieges auf der einen Seite, ein ethischer Offenbarungseid auf der anderen. Ich habe kein Urteil. Aber Süffisanz, Polemik und Selbstgefälligkeit, wovon der Artikel nicht frei ist, scheint mir in dieser Sache unangemessen zu sein. Was hat Lebensstil mit politischer Urteilsqualität zu tun? — Ich schätze Ihre Zeitung sehr; die oft horizonterweiternde Themenwahl, inhaltliche und sprachliche Genauigkeit, leichtfüßige Überschriften, oft schöne Seiten … Im Fall dieses Artikels aber ist das Journalistische gegenüber anderem (vielleicht einer persönlichen Abrechnung?) in den Hintergrund geraten. Das möchte ich bemängeln.
Fred Nottebrock

Die Haltung von Klaus von Dohnanyi zum Ukrainekrieg, vor allem sein offener Amerikahass ist unerträglich; seine Meinung ist nicht nur fachlich und historisch falsch begründet, sondern auch beleidigend gegenüber dem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und führenden Leuten seiner alten SPD. Auch hohes Alter rechtfertigt nicht, derart polemisch und arrogant aufzutreten. Im Gegenteil, aber dieser in Hamburger Kreisen als eitel und rechthaberisch wohlbekannte Nachfahre der respektablen und hoch angesehenen Berliner Familien Hans von Dohnanyi und Dietrich Bonhoeffer kann einfach seinen Mund nicht halten, auch wenn er Unrecht hat und völlig daneben liegt.
Wolfgang Stubenrauch

Eine bessere Argumentation für einen sofortigen Waffenstillstand sowieso für die dann darauf folgenden Friedensverhandlungen gibt es nicht. Aus von Dohnanyi spricht die reine Vernunft. Auch die von ihm zitierten Politiker sagen und sagten die reine Wahrheit. Insofern handeln die von den Mächten, die nicht Kriegspartei sein wollen, dennoch der Ukraine massiv Waffen liefern, unverantwortlich. Eines steht jedenfalls fest: die Ukraine kann diesen Krieg nicht gewinnen! Jeder ukrainische Soldat, der jetzt noch fällt, stirbt sinnlos; auch die zivilen Opfer. Und so sind die westlichen Politiker, die diesen Mahnruf Klaus von Dohnanyis verächtlich beiseiteschieben, Handlager des Todes.
Karl-Heinz Kuhlmann

Selbst wenn man im Sinne des Befragten agierte, darf doch bezweifelt werden, was eine Vereinbarung wert sein würde, die Putins Unterschrift trägt. Von daher wäre ein Abhängigwerden zu Moskauer Konditionen unerträglich.
Oskar Meyer

Das Gespräch von Peter Dausend mit Klaus von Dohnanyi ist ein beredtes Zeugnis dafür, dass freie kompetente Meinungsäußerung im Mainstream unserer Medienlandschaft noch nicht völlig untergegangen ist. Denn dort gilt, heute noch mehr als früher: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“. Danke jedenfalls für den mutigen Abdruck dieses Gesprächs mit einem, dessen politische Ein- und Ansichten wir für durchgängig stimmig halten. Herr von Dohnanyi ist mit 96 Jahren nicht nur ein Vorbild für selbständiges klares Denken, sondern verfügt, durch seinen Lebenslauf mitbedingt, über eine höchst eindrucksvolle Faktenkenntnis. Bei ihm gibt es kein Drumherumgerede, er weiß, wovon er spricht. Sein Satz: „Wir haben uns den Interessen der USA ausgeliefert“ ist ohne Wenn und Aber schlicht richtig und der Preis für die damit verbundenen Folgen wird von den USA wie bei allen ihren Vasallen immer eingefordert. Bleibt dem ZEIT-Gesprächsleiter am Schluss nur der Einwand, dass „viele Sicherheitsexperten, Russland-Kenner, Historiker und Politiker die Welt anders sehen als von Dohnanyi“. Ja sicher; deren Sachkenntnis und Objektivität sollte jedoch hinterfragt werden. S.o.„wes Brot ich ess…. “
Armin Thron, Christa Baumgarten-Thron

Peter Dausends Aufbereitung seines Gesprächs mit Klaus von Dohnanyi vermittelt die Sicht des Diskussionspartners, die USA trügen die Hauptverantwortung für den russischen Gewaltexzess in der Ukraine. Sicherheit in Europa sei um den Preis der Unfreiheit anderer – hier der Menschen in der Ukraine – möglich, es könne nur um Sicherheit mit, nicht vor Russland gehen. Die Schuldumkehr zulasten der USA beiseitegelassen: Eine Unfreiheit der Ukraine wird sich kaum mit der Sicherheit Europas vereinen lassen. Für die diktatorische Führung eines vielfältig mit Schwierigkeiten behafteten Landes (wirtschaftliche Schwäche Russlands bereits nach Pro-Kopf-BIP, Korruption, fehlende Rechtsstaatlichkeit etc.) wird die europäische entwickelte Nachbarschaft die Bedrohung eines Sehnsuchtsortes ausstrahlen, der in der eigenen Bevölkerung Veränderungsbestrebungen auslösen kann. Wenn nun die Ukraine durch Russland massivst geschädigt werden soll, um die Umsetzung solcher Sehnsüchte zu unterbinden: Wie wird dann die russische Perspektive auf Moldawien sein, wie anschließend auf die kränkend hochentwickelten baltischen Staaten, auf Polen usw., denen wir im Rahmen der NATO beistehen würden? Hinzu kommt der Umstand, dass das russische Regime sich besser durch fortgesetzte äußere Konflikte erhalten kann, um Duldsamkeit im Innern zu erzeugen und die faktische Unterlegenheit im Wettbewerb mit den Großen (USA und China) zu kaschieren. Dohnanyi sagt treffend: „‚Wenn man Frieden für Deutschland will, Sicherheit für unsere Kinder und Enkel – dann […] kommt es darauf an, wie ich als deutscher Politiker verhindern kann, dass hier wieder Bomben abgeworfen werden […].‘“ Die Bundesregierung geht (im Zögerlichen an die differenzierte Motivationslage der deutschen Bevölkerung angepasst) genau in diesem Interesse gemeinsam mit der NATO den richtigen Weg. Sie organisiert auch militärisch jene „Sicherheit vor Russland“, derer die zivilisierte Welt meines Erachtens nun bedarf. Dass es perspektivisch auch eine Sicherheit mit Russland geben können wird, bleibt davon unbeschadet.
Christoph Kammertöns

Mit Dohnanyischer Politik-Logik lässt sich auch Adolfs „Volk ohne Raum“-Ideologie der damaligen Großmacht Deutschland rechtfertigen.
Werner Koetz

„ Wie muss man ihn lieben, den Granden der SPD, um seinen Nekrolog in eigener Sache noch zu ertragen? Muss man wirklich? Sollte man stattdessen nicht die ZEIT dafür schelten, dass sie seit längerem und fast schon zwanghaft entweder schon von Geburt aus schrägen Vögeln eine Bühne bietet oder ehemals Klugen und Verdienten den Hammer zur Selbstzertrümmerung in die Hand legt. Manchmal tut auch eine zu geringe Distanz zwischen „Hamburger Stadtvilla“ und Verlagsort nicht gut – auch wenn Peter Dausend sich redlich bemüht.“
Wolfgang Meier-Rudolph

Entsetzend, befremdend und kontraproduktiv sind die Äußerungen eines alten – für mich ab sofort nicht mehr ehrwürdigen Mannes. Er würde „zwecks Ruhe“ die Ukraine Putin überlassen, mit dem Faustrecht, das aber gegen EU und NATO-Recht wäre. Widerlich! Beschämend! Was wäre, wenn Putins Marine eines Tages – nach „Frieden nach Putins Geschmack“ bei Rostock und Wismar anlegen würde? Wer würde Deutschland helfen? Trump sicher nicht! Würden sich Dohnanyi und Wagenknecht mit einer russischen Besetzung Ostdeutschlands zufriedengeben? Dohnanyi ist sehr schlecht informiert bezüglich Putins „Plänen“ – denen nach sein Ziel die „Wiederherstellung“ der ehemaligen sowjetischen Einflusszonen (incl. DDR!!) ist. Selbstverständlich mit den baltischen Ländern. Die Vorstellung – dass Putin sich mit der Ukraine (noch nicht besiegt!) zufriedengibt, ist absurd und infantil. Putin ist Kriegsverbrecher – sehr ähnlich wie Hitler. Er will die Ukraine vernichten – bombardiert Krankenhäuser, zivile Einrichtungen, mordet Zivilisten, Kinder, verschleppt Kinder. Geht´s noch? Putin und seine trojanischen Pferde müssen besiegt werden. Die Ukraine darf und muss zurückschießen, auch ins russische Territorium! Sehr wohl mit NATO-Hilfe und mit dem vermeintlichen „Dummkopf“. Die NATO muss endlich auch Faustrecht gegen Putin anwenden, Taurus und andere Präzisionswaffen liefern. Die russische Armee muss aus der Ukraine rausgeschossen werden. Bin übrigens während der sowjet-Invasion in Ungarn Nov/1956 geboren – trotz Unabhängigkeitserklärung der Ungarn wurde der Aufstand mit 4000 Panzern niedergewalzt. Auch Putin darf man kein Wort glauben. Und – Russland hat kein Recht der Ukraine die NATO-Mitgliedschaft zu verbieten!!
Ferenc Laszlo Gabris

Dank an Peter Dausend, Dank an Klaus von Dohnanyi, der endlich mal offen ausspricht, was der gesunde Menschenverstand sagt. Der Westen hat im Herbst 2021 die Chance verpasst, den Ukrainekrieg zu vermeiden. Putin wollte in Genf verhandeln. Er wollte die bindende Zusage, die Ukraine nicht in die NATO aufzunehmen. Der Kriegstreiber Stoltenberg hat – ob aus eigenem oder aus Bidens Willen – Verhandlungen verweigert. Dass man der Ukraine mit ihren Bündnisinteressen nicht vorgreifen könne, war ein Scheinargument, denn ohne die Zustimmung der NATO-Partner wäre die Einbindung der Ukraine nicht möglich gewesen. Jetzt gibt es höchstens noch die Chance, der Ukraine ihre Eigenständigkeit zu erhalten, wenn sie auf die von Russland besetzten Ostgebiete und die Krim verzichtet und sich zur Neutralität verpflichtet. Wenn das nicht gelingt, werden der Ukraine irgendwann die Soldaten ausgehen, sie wird überrollt und ein Putin-treues Regime eingesetzt. Die Hoffnung auf einen militärischen Sieg der Ukraine war von Anfang an nur eine Illusion.
Peter Huch

Bei allem Respekt vor der Lebensleistung eines Klaus von Dohnanyi, wie so oft werden die falschen historischen Parallelen herangezogen, um das Heute richtig zu deuten. Der kalte Krieg und Brandts Entspannungspolitik (und die seiner Nachfolger) standen unter komplett anderen Vorzeichen. Damals waren die Sowjetunion bzw. deren Führung politisch berechenbar, die Einflusssphäre des Westens klar abgesteckt. Die Muster der Interessensfindung in Wirtschaft, Gesellschaft und Verteidigung folgten überschaubaren Regeln einer analogen, im Vergleich zu heute einer fast ausgeruhten Taktung der Geschehnisse. Es gab eine erste, eine zweite und eine dritte Welt, die wörtlich eingebettete Rangfolge bestimmte die Hackordnung unter den Mächtigen. Und nicht zu vergessen, Brandt war dank einer starken Bundeswehr bis an die Zähne bewaffnet, als er den hoch dekorierten Veteranen des ‚Großen Vaterländischen Krieges‘ am Verhandlungstisch gegenübersaß. Keiner wollte ein erneutes Blutvergießen riskieren, welches sich in der Erinnerung der Akteure von damals grausam eingebrannt hatte. Die Zeit, in der wir heute fast täglich von Dingen – unvorbereitet und nicht selten ohnmächtig – überrascht werden, gleicht eher einem pulsierenden Strudel an Ereignissen, nicht unähnlich der Periode zwischen den Weltkriegen in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts (siehe hierzu auch Macrons Aussagen der jüngsten Vergangenheit). Deutschland ist nicht nur zu klein, sondern mittlerweile auch zu schwach, als dass es sich aus dem komplexen Konzert der humanistisch-aufgeklärten liberalen Wertedemokratien durch eine Neuauflage einer vor dem zweiten Weltkrieg schon schiefgegangen Beschwichtigungspolitik ausklinken könnte. Die Gegenseite würde das als Schwäche auslegen und die Situation entsprechend für sich schamlos ausnutzen und damit verschärfen. Sieht das der Hanseat trotz seiner Lebenserfahrung nicht oder will er es nicht wahrhaben, weil eine Bewegung wie das BSW eine Plattform für Gleichgesinnte ins Leben gerufen hat, die sich der neuen Realitäten verschließen und in falsch verstandenen, nostalgischen Sehnsüchten schwelgen?
Johannes Warbeck

Am Beispiel des Klaus von Dohnanyi kann man gut verfolgen, wie nah dem Kreml solche Friedensaktivisten stehen. Amerika die Schuld am Ukrainekrieg geben, statt dem Angreifer Russland, also eine Umkehr von Tatsachen, zeugt von großer Entfernung zur realen Welt. Mit dem Beitritt zum BSW ist die Russlandnähe zelebriert. Es gibt viele Beispiele, die zeigen, wie sich Berühmtheiten oder auch Wissenschaftler grotesk verstiegen haben.
Herbert Zimmer

Die Überheblichkeit und Arroganz der Zeit-Journalisten – eingeschlossen des aktuellen Chefredakteurs und wohl auch darauf begründet, denn, wie sagte man früher, wie der Herr so´s Gescherr – habe ich ja schon an anderer Stelle gerügt, aber ein Interview mit v. Dohnanyi zu einem Werbegespräch für dessen letztes Buch herabzuwürdigen, setzt dem ganzen ja die Krone auf. Und das alles nur, weil der Mann nicht Ihrer Mainstream-Meinung entspricht, sondern Vorbehalte gegen ein neues Wettrüsten und die Hegemonialmacht USA hat. Einen Kalten Krieg hatten wir schon, den v. Dohnanyi auch miterlebt hat; dieser ist zwar einmal gut ausgegangen, aber das verdanken wir dem Erstarken von Gorbatschow und dessen Intelligenz und Einsicht. Vorhersehbar und planbar war das Auftauchen von Gorbatschow nicht. Wie nun der zweite Kalte Krieg, den die USA mit Unterstützung der SPD und der Grünen ausrufen, ausgehen soll, vermag niemand vorherzusehen. Grundsätzlich läuft ein Wettrüsten aber auf einen Krieg hinaus. Wenn v. Dohnanyi diesen Weg nicht beschreiten will und davor warnt, dass die USA in erster Linie eigene und nicht deutsche oder europäische Interessen vertritt, hat er völlig recht. Die Katastrophe für die USA wäre ein eurasiatisches Bündnis zwischen der EU und Russland, denn dann wäre sie neben den erstarkenden Chinesen ihre weltweite militärische und wirtschaftliche Vorherrschaft los. Die ureigenen Interessen der Amerikaner laufen also darauf hinaus einen Keil zwischen Russland und die EU zu treiben, was hervorragend gelingt, weil den Europäern für eine eurasiatische Partnerschaft mit Russland sowohl die Phantasie als auch die Intelligenz fehlt. v. Dohnanyi hat beides trotz oder gerade wegen seines Alters. In früheren Zeiten legte man auch durchaus auf den Rat der Älteren wert und schätze diesen in Ältestenräten oder ähnlichen Institutionen. Heute treibt uns eine junge Generation, die noch nie einen Krieg erlebt hat, in einen solchen respektive eigentlich schon zwei und das gegen den Rat vieler gemäßigter Stimmen.
Volker v. Moers

Um die aktuelle Situation so einzuordnen, wie Klaus von Dohnanyi es tut, reicht es die amerikanische Außenpolitik seit 1952 zu studieren.
Regimechange im Iran, Kubakrise, Vietnamkrieg, Irakkrieg, Syrien, Afghanistan, Jugoslawien.
Da wird schnell klar, dass es immer um wirtschaftliche oder geopolitische Interessen der USA und nie um Freiheit, Menschlichkeit oder Völkerecht ging, wie uns P. Dausend im Fall der Ukraine weismachen will. Dazu brauche ich keine Sicherheitsexperten, oder Historiker. Wenn Herr Dausend aber ernsthaft einen Russlandkenner sucht empfehle ich die Vorträge und Bücher von Frau Prof. Gabriele Krone-Schmalz. Herr von Dohnanyi sagt Schuld am Krieg sind die USA. Was man zumindest sagen kann, ist, die USA haben den Krieg nicht verhindert. Stellt sich die Frage; wollten die USA den Krieg? Vorausgegangen ist ja bekanntlich die einseitige Kündigung von Abrüstungsverträgen durch die USA und die von den USA forcierte Nato-Osterweiterung. Das von den USA lange vor dem Krieg anvisierte Ziel war und ist es Russland einzudämmen. Ich denke da spielt das russische Engagement in Syrien, Venezuela, Kuba u.a. eine nicht unbedeutende Rolle. Nach dem gar nicht so friedlichem Umsturz 2014 wurde massiv aufgerüstet. Die Minsker Verträge haben die USA nie interessiert (fuck the EU). Aber auch von der EU gab es weder Druck auf Putin noch auf Selenskyj die Verträge umzusetzen. Dann hat B. Johnson die Friedensgespräche torpediert, sicher nicht im Alleingang. Man kann auch fragen, wer von dem Krieg profitiert, das sind sicher nicht die Russen! Auch was unsere Interessen betrifft hat Herr von Dohnanyi völlig recht. Nichts wäre für die USA schlimmer als eine wirtschaftlich starke EU im Verbund mit dem rohstoffreichen Russland. Lange vor dem Krieg war klar, dass die USA eine Versorgung der EU mit billigem Gas aus Russland über Nordstream 2 verhindern werden. Am Ende werden wir Deutschen es sein, die für diesen Krieg bezahlen.
Manfred Stauss

Ich war wirklich interessiert zu lesen, warum jemand wie Herr Dohnanyi zum BSW will. Ich hege weder besondere Sympathien für Herrn Dohnanyi noch für das BSW. Aber ich war einfach neugierig. Nun bin ich nach der Lektüre nur wenig schlauer, was seine Beweggründe angeht. Aber ich weiß, was der Interviewer von seinen Ansichten hält. Nun muss man als Journalist mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg halten. Aber selbige quasi immer wieder in einem kaum versteckten „Subtext“ unterzubringen, ist beeinflussend und nicht journalistisch aufklärend. Ich bin müde, dauernd zu lesen und zu hören, wie jemand aufgrund seiner (vielleicht auch verqueren) Meinung diskreditiert und fast schon ins Lächerliche gezogen wird. Wenn Sie nicht aushalten können, was Herr von Dohnanyi für eine Meinung hat, stellen Sie ihm von mir aus eine andere Meinung redaktionell gegenüber. Haben Sie Angst, dass Sie mit ihm in einen Meinungstopf geworfen werden, wenn Sie Sich nicht genug abgrenzen? Das müssen Sie schon aushalten. Auch in der „Zeit“ wird gerne die mangelnde Diskurskultur unserer Tage angemahnt. Wieso nicht einfach mal mit gutem Beispiel vorangehen?
Rainer Dost

Klaus von Dohnanyi ist ein unabhängiger Geist und profunder Kenner der jüngeren Geschichte. Das zeigt auch sein Buch „Nationale Interessen“. Hier werden Zusammenhänge deutlich, die die Tagespolitik ausblendet. Das führt zu gefährlichen Kurzschlüssen. Natürlich brauchen wir Verhandlungen mit Russland und die deutsche Regierung sollte sich auch auf unsere historische Verantwortung gegenüber dem russischen Volk besinnen! Von fast 27 Millionen Kriegstoten im zweiten Weltkrieg waren ein Drittel Zivilisten. Das ist offenbar völlig in Vergessenheit geraten. Übrigens ist Klaus von Dohnanyi durchaus nicht allein mit seiner Analyse. Auch der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat oder der ehemalige Berater von Angela Merkel, Dr. Erich Vad, sehen die Notwendigkeit von Verhandlungen. Werden diese Stimmen gehört? Wer vertritt wirklich deutsche und europäische Interessen?
Dorissa Lem

Klaus v. Dohnanyis politisches Auftreten durfte ich, 65 Jahre, Thüringer, langjährig medial verfolgen, bis hin zu seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender der TAKRAF AG Leipzig, Ich habe bei ihm immer eine klare, auch kritische Haltung und Meinung wahrgenommen. Im wiedergegebenen Gespräch werden seine profunden langjährigen politischen Erfahrungen sichtbar. Die von ihm vertretenen Positionen zu den besprochenen Themen resultieren aus seinem umfassenden analytischen Intellekt Ich teile seine Meinung in allen Punkten und bedanke mich ausdrücklich bei ihm dafür, dass er diese öffentlich vertritt. Sie dürfen meine Meinung gern veröffentlichen. Warum? Weil ich Sorge habe, dass unsere Politiker wie 1918 wieder in einen fürchterlichen Krieg taumeln könnten.
Clemens Borrmann

Die Ansichten von Herrn Dohnanyi sind ja hinlänglich bekannt. Dennoch hat mich der Artikel (negativ) überrascht. Herr Dohnanyi ist sich nicht zu schade dafür, anders denkende Menschen als „dumm“ zu bezeichnen. Jens Stoltenberg war Minister und Ministerpräsident Norwegens und ist seit 2014 NATO-Generalsekretär. Er hatte somit und hat politisch verantwortungsvollere Tätigkeit ausgeübt als Herr Dohnanyi. Indem dieser ihn „politisches Großmaul“, „arroganten Schnösel“ und „Dummkopf“ nennt, diskreditiert er sich restlos selbst. Das ist die spalterische Sprache der Demokratiefeinde und der Pöbler in den (un-)sozialen Medien.
Michael Bingeser

Großes Kompliment! Ihr Artikel über das Gespräch mit Klaus von Dohnanyi ist hervorragend. Sie wahren die kritische Distanz des Journalisten und pflegen einen Stil, der sich wohltuend von dem des Interviewten abhebt. Eigentlich sollte man alten Männern, die über die Weltpolitik lamentieren nicht zuhören. Über verquere Ansichten könnte man noch hinwegsehen. Aber das Vergreifen im Ton („Großmaul, Dummkopf“) gegenüber Jens Stoltenberg ist geschmacklos. Und die eigene Bequemlichkeit, er spricht von Sicherheit, über den Freiheitskampf eines angegriffenen Landes stellen ist schlicht ekelhaft. Am Ende meint der Kritiker von Dohnanyi, dass ihn „Kritik nicht kümmert“. Sagt man zu so etwas nicht auch Alters-Starrsinn? Nochmals Danke für diesen Beitrag, Herr Dausend. Das ist ZEIT-gemäß in jeder Hinsicht.
Thomas Meichle

Putin hat es offensichtlich geschafft sein Narrativ vom westlichen Aggressor in den Köpfen deutscher Intellektueller zu verankern. Ein angestaubter und gefährlich vereinfachender Antiamerikanismus reicht für ein simples „Schwarz-Weiß“ aus, dass sich zu guter Letzt auch noch gegen Argumente Dritter selbst immunisiert. So einfach ist die Welt!
Bruno Fey

Soeben habe ich Ihr Gespräch mit Klaus von Dohnanyi gelesen und tatsächlich war Ihr Beitrag der Grund, „Die Zeit“ überhaupt zu kaufen. Eine kurze kritische Anmerkung: Es ist sehr, sehr schade, dass Sie für die Aufzeichnung Ihrer Begegnung mit Herrn Dohnanyi ein journalistisches Format gewählt haben, bei dem Sie alle Aussagen Ihres Gegenübers aufbereitet wiedergeben und den Sinnzusammenhang herstellen. Ein Interview im klassischen Sinn, mit Fragen und Antworten, wäre viel wertvoller und informativer gewesen. In einem separaten Abschnitt („Kommentar“), hätten Sie allemal Ihre persönlichen Eindrücke, Überlegungen und Rückschlüsse darlegen können.
Sigrid Agathos

Die Alten in der SPD haben nicht vergessen, wofür sie in früheren Jahren eingetreten sind. Zwar deutlich jünger als Klaus von Dohnanyi fühle auch ich mich mit Schrecken ins Jahr 1983 zurückgeworfen werden, als die Amerikaner in Deutschland Atomraketen stationierten gegen russische hinter dem Eisernen Vorhang. Ein fürchterliches Szenario zeichnete sich ab: Wer als Erster auf den Knopf drückt, stirbt als Zweiter. Im Ernstfall würde Europa vom Atlantik zum Ural zur atomaren Wüste. Zum Glück gab es damals vernünftige Politiker auf beiden Seiten, die 1987 den INF-Vertrag zur Abrüstung vereinbarten. Doch heutzutage überbieten sich die Scharfmacher. Dabei gäbe es auf unserer Welt dringende Probleme, die zu lösen wären – vom Hunger über den Klimawandel bis zur Flüchtlingskrise. Es wird Zeit für eine neue Friedensbewegung!
Werner Bohn

Klaus von Dohnanyi war immer ein besonderer Genosse in der manchmal miefigen SPD, der auch ich seit mehr als 50 Jahren angehöre. Er hat Weltläufigkeit und Weitsicht in vielen Fragen in die Partei gebracht und als Weggefährte von Willy Brandt und Helmut Schmidt sowie Egon Bahr die Partei und das politische Leben der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig geprägt und bereichert! Der Rückblick auf die Krisenbewältigung im Kalten Krieg drängt sich in Zeiten des Ukraine-Krieges auf. Dennoch passen die Muster von damals heute nicht mehr. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 hat sich Osteuropa staatsrechtlich grundlegend verändert. Aus früheren Sowjetrepubliken sind selbständige Staaten in der Ukraine und auch im Baltikum entstanden, deren Souveränität nicht zur Disposition steht. Der Verweis auf den geschätzten Egon Bahr zu Polen 1981 passt im Falle der Ukraine nicht. Russland hat am 24.02.2022 die Ukraine angegriffen, in Polen hatte 1981 die eigene Regierung mit Hilfe des Warschauer Paktes den Arbeiteraufstand niedergeschlagen. Das sind unterschiedliche Szenarien. Vielmehr erinnert mich der Angriff Russlands 2022 auf die Ukraine an die Annexion des Sudetenlandes durch das Nazi-Regime 1938. Die Folgen der Appeasement-Politik der europäischen Westmächte im Münchener Abkommen sind hinlänglich bekannt und mündeten unmittelbar in den verheerenden 2. Weltkrieg. Die Ostpolitik der Brandt- und Schmidt-Jahre hatte recht, die Friedensordnung der Nachkriegsjahre rechtlich zu sichern. Daraus haben auch wir die Generation der 50er Jahre gelernt. So etwas darf nie wieder geschehen!
Die Ursachen des Krieges in der Ukraine müssen angesprochen werden. Zurecht kritisiert Klaus von Dohnanyi das Bestreben des Westens den Einflussbereich bis an die russische Grenze auszudehnen. Auch ich wünschte mir von EU und NATO manchmal etwas mehr Zurückhaltung. Aber die Entwicklungen im Baltikum, in Polen und der Ukraine seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion dürfen wir ebenfalls nicht verkennen. Und angegriffen hat nun einmal Russland mit seinem Führer Putin, trotz der vielseitigen und eindrücklichen Appelle von Bundespräsident Steinmeier und der Bemühungen der westlichen Politik, des Bundeskanzlers Scholz oder des französischen Staatspräsidenten Macron, um nur wenige zu nennen. Das wäre die Gelegenheit für Putin gewesen, seinen Friedenswillen zu beweisen und Lösungen zu finden. Er hat dies schnöde in den Wind geschlagen, hat gelogen und die militärische Lösung gesucht. Und er bombt heute das Land in erschreckender Weise kaputt. Das macht für mich die Friedensappelle von Frau Wagenknecht und des BSW mehr als fragwürdig. Es wäre schön gewesen, wenn Klaus von Dohnanyi sein Plädoyer direkt in die SPD eingebracht und er damit Leuten wie Rolf Mützenich den Rücken gestärkt hätte. Altersbedingt hat ihm vielleicht die Kraft gefehlt. Als SPD sollten wir mit seinem Plädoyer großmütig umgehen.
Ulrich Werwigk

„In meiner Erinnerung ist Herr von Dohnanyi ein hochangesehener, im guten Sinne vornehmer Politiker. Leider hat sich bei ihm mit zunehmendem Alter offenbar nicht die milde Altersweisheit, sondern ein böser Altersstarrsinn entwickelt. Der Zeitredaktion werfe ich vor, dass sie einem verdienten (nunmehr alten) Politiker den Raum bietet, sich vor einer breiten Öffentlichkeit selbst zu desavouieren.“
Manfred Buck

Die Ansichten eines kauzigen Bewohners einer Hamburger Stadtvilla, der nichts in seinem Leben dazu gelernt hat, außer der Tatsache, dass ein von ihm prognostizierter Krieg seine Komfortzone gefährden könnte, sind beschämend und dem ukrainischen Volk und allen geknechteten Völkern dieser Welt gegenüber zutiefst zynisch und verletzend. Wie kann man Akzeptanz von Unfreiheit als Lösung für Menschen anbieten, die von Russland überfallen, deren Frauen vergewaltigt und Kinder verschleppt und getötet wurden. Solch ein Interview gehört in den Müllhaufen der Geschichte.
Herbert Büttner

Dem alten Sozialdemokraten eignet eine gewisse politische Arroganz, wie gut gelungen damals ihre Politik gewesen sei und die feste Überzeugung, dass sie nach wie vor über Kenntnis und Strategie verfügen, die auch heute all diese Probleme lösen würde. Was mich aber müde lächeln und leicht zornig sein lässt ist, dass hier von Dohnanyi ebenso wie die von ihm gelobte S. Wagenknecht niemals mitgeteilt haben, wie konkret sie sich das vorstellen: Verhandlungen zwischen Russland bzw. Putin und der Ukraine. Können sie Signale konstruktiver Vorschläge zu einzelnen Punkten aus Moskau nennen, um die es gehen muss? Ich lese nicht von Dohnanyi und Wagenknecht, welche stichhaltig konkreten Punkte der Verhandlungen sie nennen. Und wofür steht das Dohnanyi-Wort von der Akzeptanz des Unrechtsstaates? Dass es uns nichts anginge… Putin zB. setzt voraus, dass er Verhandlungen nur ohne Selenskyj akzeptiert und meint damit eine neue Regierung seiner Zustimmung.
• Was soll mit den von Putin annektierten Donbassgebieten geschehen? Will Putin sie behalten?
• Wie wird die Zerstörung der zivilen Infrastruktur der Ukraine aufgerechnet, ist Russland zur Wiedergutmachung verpflichtet?
• Welche Rolle wird die Krim in den Verhandlungen spielen, wird der Ukraine von besorgten Freunden die Überlassung an Russland empfohlen?
• Wird die Ukraine Teil der EU werden?
• Welches wird der militärische Status der Ukraine sein?
• Welche Sanktionen gegen Russland werden in den Verhandlungen welche Rolle spielen?
• Und wie kann Russland ein Teil Europas sein, ohne im politischen Kontext einen neuen, seriösen Staat zu bilden (Menschenrechte)
Soweit erst einmal meine Fragen. Wenn Befürworter von Verhandlungen nicht Antworten auf diese elementarsten Fragen formulieren, sind sie nicht nur nicht ernst zu nehmen, sondern stellen im Gegenteil etwas als notwendig dar, dem keinerlei stringente Untersuchung zugrunde liegt. Dohnanyis Sozialdemokratie von vor 50 Jahren und S. Wagenknechts widersprüchliche Weltsicht haben offenbar nichts weiter in die Debatte einzubringen als den Vorschlag, man möge bitte Verhandlungen versuchen, wobei klar ist, dass, wenn sie Putin nicht passen, er den Krieg sofort weiterführen wird.“
M. Schmitz

Ich bin leider zunehmend unzufrieden mit der Art Ihrer Berichterstattung. Ich kaufe Ihre Zeitung z.B., um neutral über die Argumente und den Standpunkt von Hr. v. Dohnanyi informiert zu werden. Mich interessiert die Meinung von Hr. Dausend über Hr. v. Dohnanyi nicht. Ich möchte mir meine Meinung gerne selber bilden.
Vera Müller

Herr von Dohnanyi, ein Aristokrat in aristokratischem Habit, der immer schon damit beeindruckte und – allerdings – wohl auch so manche kontroversen Äußerungen im vornehm gedämpften Licht erscheinen ließ. Dieses „Dimmen“ wie wohl auch sein Stammbaum der Helden des Widerstands im Dritten Reich und eine ehrenvolle, bedeutende Laufbahn in Politik und Wirtschaft erlaubte es Herrn von Dohnanyi mit seinen Beiträgen im Hamburger Abendblatt – zu lange – öffentlich zu bleiben. Es gibt – und gibt sie immer noch – den Erfahrungen zum Trotz, nicht nur in der SPD der Mützenichs und Stegners, Politiker und idealistische Bürger und Demokraten – Weichspüler Putins – die kombiniert mit dem dazu passenden Antiamerikanismus, das revisionistische, neo-imperialistische Russland für ausreichend verhandlungsbereit halten, um einen völkerrechtmäßigen Frieden mit der Ukraine und Europa zu ermöglichen. Dabei geht keiner so weit „über Bord „wie Herr von Dohnanyi. Da ist in der Tat Vieles, was an den USA ausgesetzt werden muss: beginnend mit der mörderischen Verdrängung indigener Gemeinschaften am Anfang ihrer noch jungen Geschichte, dem anmaßenden Exzeptionalismus, die immer wieder zynische Machtausübung, diese maßlose Unterstützung Israels, Ablehnung internationaler, in der UNO-Charta institutionalisierter Gerichte. Das alles finde auch ich abstoßend, inhuman. Ich ziehe es allerdings vor, von einer doch immerhin weitestgehend demokratisch verfassten Macht „beschützt“ zu werden.
Es ist bigott, auch ideologisch begründet, jahrelang möglichst wenig für die Wehrfähigkeit „unserer „Demokratie auszugeben, sich dabei der edlen Friedenspolitik zu rühmen, gleichzeitig aber von den schlimmen Amerikanern und „ihrer „NATO schützen zu lassen. Ich hatte gehofft, dass nachdem sich einige Leser über Dohnanyis Abendblatt-Beiträge geärgert hatten und vielleicht auch die Redaktion eingesehen haben könnte, dass die freitäglichen Meinungsbeiträge Herrn von Dohnanyis durch konstruktivere, zu unseren tatsächlichen Problemen passende Beiträge ersetzt werden sollten. … und war fast erschrocken, dass nun ein Dohnanyi-Beitrag in Form eines Interviews in meiner Lieblingszeitung erscheint. Ich lebe damit, dass die „sozialdemokratische Russland-Nostalgie“ auch nach der Aggression in 2022 nicht untergeht, bin aber über die durch nichts gestützten, fast schon albernen Lästerungen der NATO und die Ablehnung der Unterstützung der Ukraine mit Waffen zornig. Von Dohnanyi findet es nachvollziehbar, dass Russland die souveräne Ukraine angreift, weil diese Teil Europas werden will, aber eigentlich Teil des russischen Imperiums, mindestens der russischen Interessensphäre, sein sollte. Er findet es offenbar falsch, dass sich die souveräne Ukraine frei für Europa entschieden hat und sich gegen den Angreifer wehrt. Falsch fände er es übrigens auch, wenn wir unseren Nachbarn und Bündnispartner Polen aufgrund unserer „Alle für Einen und Einer für Alle“-Verpflichtung gegen einen Angreifer, z.B., Russland verteidigen würden.
Polen ist auch Europa. Wir wollen europäisch, nicht länger nationalistisch denken … und handeln. Alte Männer können auch weise sein. Ich denke an den großen Europäer Otto von Habsburg, der in 2003, damals auch schon 91, in seiner Bregenzer Rede und drei und vier Jahre später in den „Vorarlberger Nachrichten“ ausdrücklich vor Wladimir Putin und Putins Russland gewarnt hatte: „Leider werden die freien Länder Europas Ihre Politik dereinst teuer bezahlen“ … und … “Wenn Menschen naiv genug sind, ihre Investitionen in Russland anzulegen, fordern sie eine Situation heraus, die für sie am Schluss katastrophal sein wird“. Wie sehr hatte von Habsburg recht! Gegenwärtig fallen auf dem Schlachtfeld ukrainischen Territoriums täglich angreifende Russen und verteidigende Ukrainer. Wer sich mit der Geschichte Russlands beschäftigt hat (z.B. “Der Fluch des Imperiums „von Martin Schulze-Wessel, Masha Gessens „Mann ohne Gesicht „oder Catherine Belton’s „Putin’s People“) und diese interessiert besonders seit 2000 verfolgt, sollte sich keine Hoffnungen auf einigermaßen austarierende Verhandlungen mit Russland machen: wir haben gerade eben erlebt, was passiert, wenn man mit dem Geiselnehmer verhandelt: Austausch von Schwerverbrechern gegen Geiseln. Herr „von Dohnanyi und wie er die Welt sieht“ – heute, nach all den Erfahrungen, die wir bis und besonders nach dem 24.Februar 2022 gemacht haben und weiterhin machen, bitte nichts mehr davon, vor allem nicht in Die Zeit.
Axel Below

Etwas weniger persönliche journalistische Beschreibung der Person und dafür etwas mehr Respekt für die Person von 96 Jahren, hätten gutgetan!
Helmut Karl

Schuld am Krieg sind männliche Großmachtansprüche, die sich in Beziehungen zwischen Staaten entwickeln. Nach dem Mauerfall, dem eine echte Zeitenwende, geprägt von Kooperation, hätte folgen müssen, träumten Gorbatschow, Jelzin und Putin (?) von einem friedlichen eurasischen Wirtschaftsraum. Ein so mächtiger Gegenspieler wäre jedoch den Interessen der USA zuwidergelaufen und musste verhindert werden. Als Sieger der Geschichte fühlten sich die USA, Die Nato-Osterweiterung, Kriege im Irak (’91, ’03) etc. signalisierten, worum es in der Welt geht: Hegemonie. Irgendwann hat der „Regionalmacht“-Herrscher Putin das auch verstanden. Sich unterzuordnen – das fällt ihm und vielen Männern schwer. Das Völkerrecht interessierte Putin nicht mehr. In Bezug auf Vorherrschaftsstreben „sitzen wir immer noch auf Bäumen“ (frei nach Erich Kästner). „Die Waffen nieder“ – solche Romane schreiben wohl eher Frauen.
Christian Tanzmann

„Alles Schuld der USA“ ist ganz bestimmt übertrieben und kommt sicherlich nicht aus dem Mund von Klaus von Dohnanyi. Aber dass die USA seit vielen Jahrzehnten Europa als „Brückenkopf zur Weltmacht“ verstehen, sollte historisch unumstritten sein. Und dass dies nicht gehen würde, wenn es paneuropäische Einigkeit von Lissabon bis Moskau gäbe, ist nicht nur kleines Einmaleins, sondern wird auch ganz offen und immer wieder in Vorträgen amerikanischer Strategen gesagt. Insofern ist von Dohnanyis Aussage „Wir haben uns den Interessen der USA ausgeliefert“ schwer von der Hand zu weisen. Die Frage des Journalisten, „ob nicht jedes Land“, also hier die Ukraine, „frei entscheiden“ dürfe, welchem Bündnis es angehören möchte“, ist sicherlich zu beantworten mit „Ja, das darf jedes Land“. Aber dies heißt doch nicht, dass dieser Wunsch erfüllbar sein muss, wenn der Preis dafür ist, dass dann „die USA de facto an der Grenze zu Russland“ steht. Im Umkehrschluss heißt dies: Man kann die Ukraine nur dann ins westliche militärische Bündnis aufnehmen wollen, wenn man aktives Interesse hat, militärisch an der Grenze zu Russland zu stehen. Klaus von Dohnanyi wird nach diesem Interview von Vielen als Gestriger bezeichnet werden, könnte aber in 50 oder 100 Jahren in den Geschichtsbüchern als einer der wenigen stehen, die in ihrer Zeit erkannt haben, wo die Reise hingeht.
Kurt Schäfer

Klaus von Dohnanyi wirft – nachdem er den NATO-Generalsekretär in völlig unerzogener (oder altersstarrsinnigerweise) beleidigt hat – seiner alten Partei und Kanzler Scholz vor, sich „die Friedenswurzel“ abgehackt zu haben, und plädiert für Verhandlungen mit Russland. Nur weil er – oder Margot Käßmann oder Alice Schwarzer – nicht darüber informiert oder gar daran beteiligte werden, finden genau solche Verhandlungen multinational auf diplomatischer Ebene (im Geheimen!) mit dem Willen, eine Waffenruhe und Frieden zu schaffen ständig statt. Klaus von Dohnanyi erkennt die USA als die Wurzel allen Übels – genauso wie die Nazis die Juden als alleinige Ursache allen Übels gehasst haben. Zum Schluss deklamiert er, „wenn er…zu der Überzeugung komme, recht zu haben, kümmere ihn Kritik wenig“ – ein Satz der genauso von Adolf Hitler, Kim Yong Un, Wladimir Putin oder Donald Trump stammen könnte. Wer ist Klaus von Dohnanyi? Ein altersstarrsinniger verbitterter 96-jähriger Mann, der zu unser aller Glück nichts mehr Wichtiges zu sagen hat.
Klaus Z. Kumpe

Zuerst habe ich mich über das Framing und das fehlende Fact-Checking geärgert, in dem Herr von Dohnanyi als gegen jede Kritik immun dargestellt wird. Aber vielleicht kann derlei Einordnung, wenn auch wünschenswert, im Rahmen eines personalisierten Interviews nicht vorgenommen werden. Beispiele gefällig? „Universalbösewichte“ USA ist schon ein wenig polemisch, der als arrogant dargestellte Herr von Dohnanyi auch. Etwas weniger Holzhammer-Methode hätte ich sympathisch gefunden. Zum Kursivblock der 2. Spalte: Hätte man die Sicherheitsinteressen der Ukrainer auch anders organisieren können? Soll ein Selbstbestimmungsrecht der Länder auch dann absolut gelten, wenn spätestens seit der Sicherheitskonferenz 2007, auf der Putin sehr scharf eine rote Linie gezogen hat, klar war, was Russland auf keinen Fall akzeptieren würde? Wenn (egal welches) Militär auf dem Vormarsch ist, warum verhandeln? Aber vielleicht ist das ja nur meine naive Logik. Wenn wir gelernt hätten, „Putin beim Wort zu nehmen“, hätten wir das vielleicht schon früher tun sollen, so ab ca. 2007? Ich habe das Zitat von der Größe Russlands gesucht – und (wie Herr von Dohnanyi) nicht gefunden, das von der größten geopolitischen Katastrophe schon. Es ist nachzulesen in Russland-Analysen 63/2005 oder direkt auf http://en.kremlin.ru/events/president/transcripts/22931, ziemlich weit vorne. Liest man die gesamte Passage, merkt der Leser schnell, dass sie nicht taugt, Putin Revisionismus zu unterstellen, sondern zunächst einmal als Auslöser für eine ganze Reihe negativer Entwicklungen für Russland dargestellt wird. Vielleicht sollte man das den Nutzern von X/Twitter und so manchem Talkshow-Master mal in Holz schlagen uns übers Bett hängen.
Rhetorische Manipulation mag man auch daran erkennen, dass eine Frage, in ihr Gegenteil verkehrt, trivial wird, weil sich die Antwort von selbst ergibt. Also möchte ich die im Artikel gestellte Frage umdrehen und fragen, ob man Krieg in Europa auf Kosten der Freiheit anderer Länder anstreben oder zulassen sollte. Zugespitzt: Wenn die Ukraine nur frei ist, ist es okay, dass in Deutschland wieder Bomben fallen? Wem sind unsere politischen Entscheider verpflichtet? Der Ukraine oder den deutschen Wählerinnen und Wählern? Genau das ist es, was Klaus von Dohnanyi mit seinem Buch „Nationale Interessen“ erreichen wollte – die Interessen Deutschlands skizzieren und diskutierbar machen. Denn wenn man seine eigenen Interessen kennt, kann man Kompromisse mit anderen finden. Wenn wir glauben, in der moralisch überlegenen Position zu sein, ist ein Ausgleich von Interessen im Prinzip unmöglich, weil es impliziert, der andere läge falsch. Dann entscheidet die militärische Schlagkraft. Dass Herr von Dohnanyi nie wieder Krieg in Deutschland will, hat er mit Helmut Schmidt gemeinsam – eine Haltung, die man beiden kaum übelnehmen kann.
Stefan Bischof

Herr von Dohnanyi hat Recht, Verhandlungen und Diplomatie hätten mehr bewirkt als Konfrontation mit Putin. Er wurde in die Defensive gedrängt und hat mit Offensive geantwortet, was ich aber auch nicht gutheiße. Leider ist Diplomatie in den letzten Jahren auf der Strecke geblieben. Außerdem hat sich Europa, hier ganz besonders Deutschland, abhängig von den USA gemacht, wie: Amerika wird’s schon richten. Dies sieht man auch daran, dass Bundeskanzler Scholz gerade beim Ukraine-Krieg nach meiner Meinung nur auf Anweisung von USA gehandelt hat. Das ist auch vielen Menschen in Deutschland bewusst, daher: Herr von Dohnanyi hat Recht. Auch deshalb, natürlich nicht nur, tendieren viele Menschen zum BSW und zur AfD. Noch eine Anmerkung: Es ist vollkommen egal, in welcher Straße Herr von Dohnanyi wohnt und wie oder dass er nach dem Interview müde gewirkt hat, Ihre Äußerungen, Herr Dausend, klingen hier despektierlich und zeigen wenig Respekt vor seinem Alter und seinen Leistungen.
Elisabeth Sintermann

Zunächst ist positiv anzumerken, dass Ihre Zeitung auch ein „Herz für alte weiße Männer“ hat. Dabei weist die Personalie „Klaus von Dohnanyi“ ein gehöriges Irritationspotential auf! Zunächst müsste doch ein ehemaliger Spitzenpolitiker wie Klaus von Dohnanyi den populistischen Charakter des „BSW“ erkennen. Diese Partei adressiert extreme Wählergruppen, rechts wie links, durch eine programmatische Revitalisierung des antidemokratischen Querfrontdenkens aus der Weimarer Republik. Dabei treten die „Wagenknechte“ rhetorisch auch als Friedensstifter auf, um wahltaktisch die Zielgruppe der Pazifisten anzusprechen. Auf diese Bauernfängerei muss man nicht reinfallen, schon gar nicht als 96-Jähriger! Völlig unverständlich ist zudem, wie Klaus von Dohnanyi, dessen Vater im Widerstand gegen Adolf Hitler gekämpft hat, so wenig Bereitschaft zeigt, die heroische Leistung des ukrainischen Volkes im Kampf um die Freiheit anzuerkennen. Denjenigen Menschen nicht zu helfen, die in Not sind, ist zutiefst inhuman, weil ihnen damit das Recht auf Autonomie und Unversehrtheit – kurz: ihre Würde – abgesprochen wird. Zudem existiert hinlänglich historische Evidenz, dass die notwendige Voraussetzung für Frieden nicht Friedfertigkeit, sondern Wehrhaftigkeit ist. Bei dieser kognitiven Erkenntnisleistung ist der amtierende NATO-Generalsekretär, Jens Stoltenberg, unserem Hamburger Ruheständler um einiges voraus! Bemerkenswert ist auch Klaus von Dohnanyis Selbstbeweihräucherung dergestalt, sich selbst als Adressat eines der wichtigsten deutschen Intellektuellen zu benennen, der ihn in seiner russlandfreundlichen Haltung bestärkte, aber dessen Namen er nicht verraten wolle. Diese Taktik ist unmittelbar durchschaubar, denn eine Berufung auf echte oder vermeintliche Autoritäten findet immer nur dann statt, wenn die eigenen Argumente wenig überzeugend sind. Dies hat unser Ex-Bürgermeister mit seiner Autoskopie – zumindest implizit – eingeräumt! Die bizarre Weltsicht eines Klaus von Dohnanyi verweist einmal mehr darauf, dass ein hohes Lebensalter kein Garant für Weisheit ist. Da hilft weder ein kultiviertes Auftreten in Denkerpose noch die inszenierte Ablichtung vor einer Regalwand mit Büchern, denn die Anmutung eigener Intellektualität verkommt im Lichte fehlgeleiteter Verstandesleistung zu einer Karikatur des Feingeistigen!
Christian F. Olejnik

Es ist erstaunlich, dass DIE ZEIT einem ewig gestrigen Besserwisser und „arroganten Schnösel“ (wie er andere bezeichnet, leider aber selber einer in ausgeprägtester Form ist) ein solch prominentes Forum gibt. Das hat sicher auch feuilletonistische Gründe. Man muss kein Freund der Amerikaner sein, um einfach mal festzustellen, dass nach dem 2. Weltkrieg ein stabiles Deutschland ohne die USA nicht zustande gekommen wäre. Und in diesem Deutschland ist Herr von Dohnanyi groß geworden. Und alt. Sein Gebrabbel ist heute in einer völlig anderen Welt schwer erträglich. Rechthaberei und Besserwisserei kann man in diesen komplexen Zeiten des Weltgeschehens nicht mehr gebrauchen. Die alten Männer sollten ENDLICH mal ihre Klappe halten.
Matthias Krug

Noblesse oblige. Adel verpflichtet, sagt man. Zu Anstand, zu Moral, zu Fairness, dachte ich immer. Bis ich die letzte Ausgabe der ZEIT las. Auf der Titelseite droht Klaus von Dohnanyi mit Krieg. In Anzug und Krawatte. Er will künftig Sahra Wagenknecht unterstützen. Dohnanyi? Auf Seite Drei bin ich endgültig empört. Wie einen missmutigen Schnösel hat man ihn da abgebildet, den alten Herrn. Ich werde sauer auf Herrn Dausend, den Journalisten. Wie respektlos. Mit 96 darf doch auch ein von Dohnanyi ein bisschen müde sein. Darf er, ist er aber nicht. Zumindest nicht so, dass ich Nachsicht haben könnte. Herrn Dausend, dem ich anfangs Wichtigtuerei unterstelle, zolle ich bei weiterer Lektüre sogar Hochachtung vor dem Drahtseilakt, den er da vor den Augen der Republik vollzieht. Ja, es ist richtig, diese Diskussion muss in der großen Öffentlichkeit geführt werden. Ja, Sahra Wagenknecht hat was. Auch ich war lange von ihr beeindruckt. Sie ist intelligent, keine Frage. Wer mit 12 schon Rosa Luxemburg liest und versteht, nimmt die Probleme der Menschen ernst. Was sie sagt, hat oft Hand und Fuß. Die Art, wie sie es sagt, irritiert mich. Es klingt nach Kalaschnikow. Warum will Dohnanyi sie zukünftig unterstützen? „Weil sie für Verhandlungen mit Russland eintritt.“ Die Antwort erstaunt mich. Ich wüsste nicht, wer sich nicht für Verhandlungen mit Russland einsetzen würde, sie laufen im Hintergrund seit zweieinhalb Jahren. Das Problem ist– und die Spatzen pfeifen es von allen Dächern – Putin verhandelt nur zu seinen Bedingungen. Er spricht der Ukraine das Existenzrecht ab. Sie soll sich unterwerfen, die Schöne. Darunter tut er es nicht.
Klaus von Dohnanyi entstammt einer Familie, die ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden hoffte, indem sie sich dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus verschrieb. Sowohl sein Vater als auch sein Onkel wurden von den Nazis ermordet. Klaus von Dohnanyi ist seit 67 Jahren Mitglied der SPD, er weiß um die Bedeutung der Arbeiterklasse. Er ist verheiratet mit Ulla Hahn, einer Schriftstellerin, die, aus einfachen Verhältnissen stammend, sich den Aufstieg in den bildungsbürgerlichen Olymp selbst erarbeiten musste. Klaus von Dohnanyi hat sich in seinem politischen Leben in vielfältiger Weise, u.a. in der Bildungspolitik, um das Land verdient gemacht. Der immer tiefere Absturz der SPD in der Wählergunst muss ihn schmerzen. Was ist da aus dem Ruder gelaufen? Ist die SPD zu bürgerlich geworden? Wann fing es an? War es vielleicht der „Genosse der Bosse“, der den Abstieg eingeleitet hat? Oskar Lafontaine hingegen hat früh die Reißleine gezogen. Er spricht jetzt aus dem Munde von Sahra Wagenknecht. Ist es späte Selbstkritik, die Dohnanyi so verbittert erscheinen lässt? Verbittert einerseits und verstörend unkritisch andererseits. Die USA sollen an allem schuld sein. Auch daran, dass Putin in die Ukraine einmarschiert ist. Herr von Dohnanyi, das kann nicht Ihr Ernst sein. Wo bleibt da das Erbe der Aufklärung, wo 2024 08 03 der kategorische Imperativ? Wollen Sie tatsächlich Putin gegenüber klein beigeben? Wir haben gerade erst gesehen, wie sich das anfühlt, bei dem Gefangenenaustausch. Es bleibt ein ganz schaler Beigeschmack, der für die Zukunft nichts Gutes verheißt. Und jetzt plädieren Sie dafür, das auch im großen Rahmen so zu handhaben? Mir wird angst und bange dabei.
Sie behaupten, die Haltung der Regierung führe zum Krieg. Den Krieg haben wir doch schon, wenn auch „nur“ in der Ukraine. Sie fürchten einen Weltkrieg, wenn der Westen aufrüstet. Es entbehrt jeder Logik, wenn Sie die Auflösung des „Sicherheitsgeflechtes zwischen Ost und West“ einseitig auf den Zerfall der SU zurückführen. Das Geflecht löste sich auf durch die Abrüstung des Westens, der sämtliche Sicherheitsstrukturen in den Wind schoss, der die Waffensysteme abzog und den Verteidigungshaushalt reduzierte, weil das Zeitalter ewigen Friedens angebrochen zu sein schien – und der Russland dadurch einen enormen Vertrauensvorschuss entgegenbrachte. Wie naiv waren wir alle nur, die SPD eingeschlossen. Helmut Schmidt wäre das nicht passiert. „Wenn man Frieden für Deutschland will, Sicherheit für unsere Kinder und Enkel“ – wie Sie sagen – dann kommt es sehr wohl darauf an, wie Russland regiert wird. Unter den heutigen Bedingungen eines eiskalt kalkulierenden Kriegsverbrechers im Kreml reichen Friedfertigkeit und guter Wille leider nicht aus. Das haben wir zur Genüge erfahren – in Tschetschenien, in Georgien, in Moldawien und in der Ukraine. Spätestens 2014, mit der Besetzung der Krim, hätten alle Alarmglocken schrillen müssen. Wir haben uns mit Appeasement zufriedengegeben. Sahra Wagenknecht war sich wenige Tage vor dem Großangriff auf die Ukraine noch sicher, dass Putin keinerlei Interesse an einem Angriff haben würde. Dabei kennt sie ihn doch so gut.
Recht haben Sie zweifelsohne, wenn Sie sagen, die USA agiere in Europa nicht aus Altruismus. Das erwartet auch niemand. Aber sie ist eine Demokratie, und das beruhigt ungemein. Wenn ich mich zwischen den USA und Russland entscheiden müsste, wäre meine Wahl klar, Ihre vermutlich auch. Und dennoch: Wenn Herr Dausend Sie richtig zitiert, dann sind Sie der Meinung, dass drei demokratische US-Präsidenten Europa zerstört haben. Woodrow Wilson habe nach dem Ersten Weltkrieg den Friedensschluss von Versailles „der Rachelust der Franzosen“ überlassen. Franklin D. Roosevelt habe 1945 die Sowjetunion in Osteuropa gewähren lassen, „wohlwissend, was in Russland los war“. Beide also haben sich Ihrer Meinung nach zu wenig eingemischt. Als Dritten im Bunde der US-Bösewichte nennen Sie Joe Biden, weil er sich nicht auf Putins Bedingungen einlässt und stattdessen die Ukraine in ihrem Selbstbestimmungsrecht unterstützt. Er mischt sich Ihrer Meinung nach offenbar zu viel ein. Sie widersprechen sich also selbst. Es hört sich fast so an, als würden Sie Donald Trump den Vorzug geben, der ja den Krieg in einem Tag beenden will. Vielleicht glauben Sie ihm sogar. Wer wäre in diesem Fall dann der Dummkopf? Stoltenberg jedenfalls nicht.
Ursula Pross-Wollny

«Klaus von Dohnanyi, seit 67 Jahren Mitglied der SPD, will künftig Sahra Wagenknecht unterstützen». Dies wegen der Haltung der SPD im Ukraine-Krieg. Im Grunde genommen geht es um einen Zielkonflikt. Es geht um die Frage: sollen weiterhin tausende Menschen sterben, um ein Ziel zu erreichen, das zwar wichtig ist, aber nicht mit ausreichender Sicherheit erreichbar ist? Oder soll man einen Angreifer belohnen und Frieden gegen – zunächst mal – „nur“ Gebietsverzicht eintauschen? Zielkonflikte löst man, indem man ein übergeordnetes Ziel anvisiert. Was wäre hier das übergeordnete Ziel? Ein solches Ziel könnte – im besten Fall – sein das Einbinden Russlands in eine Weltordnung, die geeignet wäre, der ganzen Menschheit eine gute Zukunft zu ermöglichen. Russland aber auch andere Länder wie etwa China müssen an einer solchen Weltordnung interessiert sein. Das hat demographische, ökonomische und ökologische Gründe. Aber auch militärische. Denn im Hightech Bereich ist Russland dem Westen unterlegen und das könnte sich bei einer langen Fortsetzung des Kriegs auswirken. Für ein Interesse der Ukraine und des Westens gibt es ebenfalls militärische Gründe. Da wäre vor allem der Mangel an Reservisten. Dazu kommt die verständliche Kriegsmüdigkeit in der Ukraine angesichts der Zukunftsaussichten. Das negative Amerikabild von Dohnanyi ist nachvollziehbar.
Zum Beispiel: Das Eingreifen Russlands in Syrien ist positiver zu sehen als das Eingreifen des Westens im Irak oder in Libyen. Das rechtfertigt natürlich nicht die Kriegsverbrechen, die auf beiden Seiten im Syrien-Krieg begangen wurden. Die Verluste an Menschenleben der Aleviten und der Sunniten sind – pro Kopf gerechnet – ähnlich. Ohne Eingreifen Russland wären die Minoritäten in Syrien vertrieben worden, etwa die Christen oder die Aleviten. Der Ukraine-Krieg hat nebenbei auch bewirkt, dass die Armenier nach tausendjähriger dortiger Geschichte vollständig aus Aserbeidschan vertrieben wurden. Angesichts der verfahrenen Lage wäre vermutlich eine von Vermittlern unterstützte Lösung noch am akzeptabelsten, eine Lösung, die darin bestände, dass in den aktuell von Russland besetzten Gebieten Volksabstimmungen durchgeführt werden. Das wäre vermutlich noch akzeptabler als die Spaltung Zyperns nach dem Überfall durch die Türkei oder die von den USA voll unterstützte Abtretung Südtirols an Italien. Dies ebenfalls als Belohnung nach einem Eroberungskrieg. Heute ist dieses Resultat nicht in Frage gestellt, vor allem auch nicht von den Bewohnern Südtirols. Seit damals also nach dem Ende des 1. Weltkriegs sind mehr als hundert Jahre vergangen. Es wäre schön, wenn man in hundert Jahren in einer Lösung, wie der erwähnten, keine Katastrophe sähe, sondern vielleicht sogar einen ersten Schritt zu einer Aussöhnung. Im Übrigen werden in den nächsten hundert Jahren vermutlich noch viel schwierigere Aufgaben zu lösen sein, was nur gemeinsam gelingen kann.
Gernot Gwehenberger

Herr von Dohnanyi, ich musste mir erst die Augen reiben, als ich das gelesen habe. Die aggressive Paranoia von Putin ist zu akzeptieren und die USA sind schuld, wenn sie seine Wünsche nicht erfüllen und er um sich schlägt. Ist das ein Rückfall in naive ideologische Gewissheiten aus der Jusozeit? Ich bin entsetzt und enttäuscht.
Reimer Clausen

In Ihrem Artikel über den Besuch bei Klaus von Dohnanyi haben Sie dessen Position sicher richtig wiedergegeben.  Dass Sie seine Auffassungen nicht teilen und voll auf der Linie der in den Medien dominierenden Meinungen, also mitten im verengten Meinungskorridor liegen, haben Sie ja mit Ihren Fragen („Was aber ist mit den Sicherheitsinteressen der Ukrainer?“ usw.) überdeutlich gemacht. Das stört an Ihrem Artikel nicht. Was aber stört, ist das, was Ihr Kollege im Geiste Markus Lanz immer, wenn ihm die Argumente ausgehen, den „Sound“ nennt. Wenn man den Politiker Klaus von Dohnanyi und seine Vita kennt, ist es gelinde gesagt einfach ungehörig, wie Sie raunend mit dem Bezug auf die Lebensumstände und das hohe Alter auf subtile Weise versuchen, die Person zu desavouieren, wo Sie Argumenten nichts entgegenzusetzen haben. Das werden Sie sicher anders sehen- das ist die Crux der gegenwärtigen Debatte. Für Ihren desavouierenden Sound aber müssten Sie sich eigentlich schämen. „ …. das neue Buch des Gastgebers, das auf der Fensterbank ziemlich auffällig darauf wartet, zufällig entdeckt zu werden“ – was soll das? Ich kann nur sagen: Lesen! Und was sucht der Schnösel mit dem Porsche in ihrem Beitrag?  Eins steht fest: obwohl Sie sich alle Mühe gegeben haben, Klaus von Dohnanyi als Person mit Andeutung zu beschädigen, ist Ihnen das bei jenen, die seine Auffassungen teilen, nicht gelungen. Man kann dankbar sein, dass sich der alte weise Mann wieder unkonventionell und unüberhörbar in die Debatten einmischt! Also dann doch: vielen Dank Herr Dausend.
Joachim Lange

„Klaus von Dohnanyi, wie er die Welt sieht“- klingt wie: „Lieschen Müller, wie sie die Welt sieht“ und ist sicher auch so gemeint- man kann auch subtil gehässig schreiben und (Vor)-Urteile fällen. Das ist Ihnen in Ihrem Artikel über den Besuch bei Klaus von Dohnanyi hervorragend gelungen! Ich fragte mich beim Lesen die ganze Zeit, warum Sie das Interview geführt haben? Um sich Ihre in der politischen Diskussion gerade dominierende Meinung bestätigen zu lassen wohl doch nicht?! Statt sich sachlich mit seinen Argumenten auseinanderzusetzen (ich kann mir schwer vorstellen, dass das, was Sie wiedergegeben haben, alles war, was er zur derzeitigen Weltlage zu sagen hatte- aber es ist natürlich einfacher zu schreiben, von Dohnanyi lasse die Argumente von Dausend nicht gelten…), ergehen Sie sich in sarkastischer Beschreibung des großbürgerlichen Lebensumfeldes eines 96jährigen Urgesteins der Politik. Was haben Villa, Sekretärin und ein zufällig auf der Straße fahrender Porscheschnösel mit dem Thema Ihres Artikels zu tun?? Am Ende dann die Behauptung, viele Experten, Russlandkenner, Historiker und Politiker sähen die Welt anders als von Dohnanyi. Wirklich? Oder hört und liest man die, die von Dohnanyis Meinung teilen, nur seltener?
Christine Schönfeld

Inzwischen bin ich hart im Nehmen, was Artikel betrifft. Aber obiger Artikel schlägt dem Fass den Boden aus. Es geht nicht um Ihre Meinung zum Ukraine Krieg. Da liegen Sie in einem scheinbaren Mainstream. Ich muss sie nicht teilen. Es geht um Ihre subtile, abwertende Darstellung eines verdienten Mannes mit großartiger Lebensleistung, der eine klare Meinung vertritt. Was bringt Sie zu solch einer Darstellung? Was interessiert Ihre Meinung zu unvollständigem Dreiteiler oder einer großbürgerlichen Wohngegend. Glauben Sie wirklich, Herr von Dohnanyi hat es nötig, Sie auf sein Buch hinzuweisen? Es ist die Dauerabwertung wie sie auch Habermas und Precht getroffen hat. Es ist so unglaublich peinlich, was Sie da schreiben. Kleinlich. Ich frage mich schon, was wollen Sie mit so einem Artikel erreichen? Wertfrei ist er nicht. Wirklich verärgert.
Ursula Kilian

Eigentlich schätze ich Peter Dausend. Dieser Artikel gibt Dohnanyis Standpunkt, insbesondere zu den USA, nicht differenziert genug wieder. Einer intellektuell-liberalen Zeitung wie der ZEIT hätte es besser angestanden, aus Gründen der Objektivität Klaus von Dohnanyi einen Gastbeitrag zu ermöglichen.
Thomas Cirsovius

Was reitet Euch, diesem russischen „Agenten“ (in der Putin -Diktion) so viel Aufmerksamkeit zu widmen? Ein beleidigter Autist, der nicht überwindet, dass sein Unterwerfungspazifismus in der relevanten politischen Arena von niemandem gehört werden will. Wagenknecht, ja bitte. Putins Knechte gehören zusammen. Darf ich an eine Kleinigkeit erinnern? Unter Bruch des Völkerrechts überfällt der Kriegsverbrecher Putin ein souveränes Land in Mitteleuropa – und pfeift auf elementare europäische Werte wie politische Souveränität und territoriale Integrität. Seine Kriegsziele einer Zerstörung der Ukraine hat der Kriegsverbrecher mehrfach betont. Frieden – sofort, die Ukraine zerstückeln und in einer abstrusen aufgezwungenen Neutralität zur leichten Beute machen. Pfui, Dohnanyi!! Dieser Unterwerfungspazifismus ist niemals sozialdemokratische Friedenspolitik gewesen. Putinisten wie D haben uns in ihrer kritiklosen Anbiederung an Russland und ihrem himmelschreienden Antiamerikanismus in diese Situation gebracht. Geschichtsklitterung ist auch immer ein Teil gesellschaftlicher Lügen. By the way: bin jetzt auch seit fast 50 Jahren Mitglied der SPD, habe für, nie von der Partei gelebt. Liebe Leute von der ZEIT: bislang habe ich bei der ZEIT Qualitätsjournalismus gefunden. Keine Propaganda für Kriegsverbrecher.
Reinhard Kuhlmann

Keine Frage: Der Lebensweg und die politischen Karrierestationen Dohnanyis gebieten Respekt. Dennoch fragt man sich, ob die dogmatisch anmutenden Meinungen zur Lage im Ukrainekrieg und dessen Ursachen wirklich ernst zu nehmen sind. Die beleidigenden Herabwürdigungen gegenüber dem NATO- Generalsekretär haben jedenfalls eine auffällige Ähnlichkeit mit dem Vokabular des US- Präsidentschaftskandidaten Trump und so scheint hier doch langsam das fortgeschrittene Alter seinen Tribut zu fordern. Die im Einklang mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht idealisierte, gebetsmühlenartige Forderung nach ‚Verhandlungen mit Putin‘, ohne dass dieser hierzu jegliche Bereitschaft signalisiert, zeigt doch die geradezu hilflose Verbohrtheit Dohnanyis. Einen Plan, wer hierzu außer der Ukraine ein Verhandlungsmandat hat und welche Bedingungen gelten sollen sind bei Dohnanyi absolut nicht erkennbar. Der Höhepunkt des Gesprächs ist dann wirklich das Amerikabild Dohnanyis mit der Kurzformal „Die USA sind an allem schuld“. Der Kreml hätte seine Freude beim Lesen dieses Interviews!
Michael Deil

Diesen Artikel sollte man zur Pflichtliteratur aller heutigen SPD-Politiker von Scholz über Klingbeil und Pistorius bis Kühnert machen, bevor diese ein politisches Amt bekleiden dürften. Aber die Zeit, in der führende SPD-Politiker alles für den Erhalt des Friedens unternommen haben, ist offensichtlich vorbei. Stattdessen überbieten sie sich mit immer mehr Aufrüstung in Deutschland und Waffenlieferungen an die Ukraine.  Egon Bahr (SPD) sagte „Frieden ist wichtiger als Polen“. Auf die aktuelle Situation übertragen bedeutet das: Frieden ist aber auch wichtiger als die Ukraine.  Ich hätte diesen 96-jährigen Dohnanyi lieber als Kanzler als den amtierenden 66-jährige Scholz.
Wilken Müncheberg

Wenn man älter wird, ich werde demnächst 70, dann weiß man, wie Recht wir in den 1980ern hatten. Wir waren in Bell, Mutlangen und Hasselbach, um gegen den Nato-Doppelbeschluss zu demonstrieren, waren in der DDR und der Sowjetunion, um unseren bescheidenen Beitrag zur Völkerfreundschaft zu leisten, waren in Bonn im „Hofgarten“ und in Düsseldorf in den Rheinwiesen, um mit jeweils einer halben Million Menschen für den Frieden zu demonstrieren. Damals waren Gewerkschafter noch Gewerkschafter (Franz Steinkühler und Ernst Breit) und die SPD noch eine Arbeiterpartei (Helmut Schmidt und Egon Bahr). Die Grünen (Petra Kelly) waren als „Friedenspartei“ im Aufbruch. Jetzt haben wir Baerbock, Habeck, Hofreiter, von der Leyen, Scholz, Pistorius und Lindner, alles „Lachtauben“, die besser Trampolin springen und Kinderbücher schreiben würden, als in der Politik unterwegs zu sein. Da kann man den Frust, aber auch die Beharrlichkeit und Resistenz gegen Kritik von Klaus von Dohnanyi, verstehen. Vermutlich wird es noch schlimmer, aber wir haben ja die „Gnade der frühen Geburt.“
Peter Balluff

Schon die lustige Überschrift weist den Weg. Auch „Universalbösewichte“ hält der Autor für eine dem Thema angemessene Wortwahl. Klaus von Dohnanyi wird als nicht ernst zu nehmender Greis, der betreut werden muss („ein junger Mann“), vorgeführt. Und Peter Dausend ist durchwegs überrascht, „am meisten überrascht“ aber über die Aussage, die Dohnanyi „in diesem Dunkel“ findet. Dass so viele nach Meinung dieses Autors kluge Menschen alles anders sehen, Dohnanyi „ficht das alles kaum an“, einen Mann, der „sich wenig mit Selbstzweifel“ rumplagt. Dabei würde es sich lohnen, Dohnanyis Argumente auf ihre Schlüssigkeit hin zu prüfen. Eine zentrale Frage des Artikels, „Darf man Stabilität in Europa auf Kosten der Unfreiheit anderer Völker anstreben?“ wird als Frage auch nicht ernst genommen. Hier wäre Platz, über den Begriff der „Staatsräson“ nachzudenken, der etwas anderes beinhaltet als Freiheitspathos, nachzulesen in einer Veröffentlichung des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Die Verunglimpfung der „Kontextualisierung“, die Ihre Zeitschrift seit einiger Zeit betreibt, rächt sich hier. Für mich ist nach 50 Jahren Abonnententreue mit diesem Artikel ein Schlusspunkt gesetzt.
Axel Hennies

Berücksichtigt und stützt man die Hypothese, dass jede Großmacht (USA, China, Russland), ein Eindringen fremder Mächte in ihre geographische Einflusssphäre unter allen Umständen vermeiden will, spricht so einiges für Dohnanyis Argumentation. Als Beispiel erinnert Dohnanyi an die sog. Kuba-Krise, in deren Verlauf bekanntlich die US-Amerikaner eine Seeblockade gegen sowjetische Schiffe errichteten und den Abzug der sowjetischen Mittelstreckenraketen aus Kuba forderten. Weniger bekannt ist, dass die USA seinerzeit bereits in der Türkei auf Russland gerichtete Raketen stationiert hatten. Gewiss gab es auch vorher schon russische Raketen, die auf Westeuropa gerichtet waren. Jedoch waren die eben nicht in der unmittelbaren Einflusssphäre der USA stationiert. Also, Schwamm drüber. Als dann jedoch die Russen auf Kuba Mittelstreckenraketen stationierten, fühlten sich die USA unmittelbar bedroht und reagierten entsprechend. Das Hemd ist einem eben näher als die Hose. Aber die Amerikaner blieben dabei, immer näher in die Einflusszone Russlands zu rücken. Nach den ersten Erweiterungsrunden in Osteuropa, stand die NATO nun fast vor Russlands Tür. Der nächste Gipfel sollte diese dann weit aufstoßen. Auf dem NATO-Gipfel in Bukarest 2008 scheiterte der damalige US-Präsident George W. Bush jedoch zunächst an den Vetos Deutschlands und Frankreichs, die Ukraine sofort in die Allianz aufzunehmen. Ex-Bundeskanzlerin Merkel begründete das mit der Sorge, dass im Falle der Einleitung des Aufnahmeprozesses der Ukraine in die NATO, dies Moskau zu einer militärischen Aktion veranlassen könnte.
Übrigens, waren 2008 die meisten Ukrainer noch gegen eine NATO-Mitgliedschaft. Die USA schienen jedoch den „NATO-Beitritt der Ukraine mehr als die Ukrainer selbst“ zu wollen und Victoria („Fuck the EU“) Nuland riet zu einer Informationskampagne, um die Stimmung im Lande zu drehen. Die Warnungen des damaligen US-Botschafters Burns (Rote Linie) sowie des damaligen US-Verteidigungsministers Gates („monumentale Provokation“ Moskaus) vor einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, wurden ignoriert. Zwei Monate vor Beginn des Krieges im Februar 2022, hatte Moskau Forderungen über ein Ende der NATO-Osterweiterung, also auch keine Aufnahme der Ukraine, vorgelegt, die allerdings von dem Bündnis zurückgewiesen wurden. Im Fall der Kuba-Krise, Jahrzehnte vorher, waren es Besonnenheit und ein Kompromiss, jeweils die Raketen in beiden Ländern (Kuba und Türkei) abzuziehen, die letztlich den Konflikt deeskalierten. Beider Sicherheitsinteressen, die der Amerikaner sowie der Russen, wurden gewahrt. Im Zuge der NATO-Osterweiterung wurden dann in den letzten Jahren offensivfähige Raketenabschussrampen in Rumänien und Polen in Betrieb genommen. Zudem haben die USA bereits vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, im Rahmen bilateraler Abkommen, das ukrainische Militär mit Waffen ausgerüstet und ausgebildet, zudem gemeinsame Manöver in der Ukraine abgehalten. Das alles rechtfertigt keinen Angriffskrieg, erklärt ihn aber möglicherweise. Aufmerksame Leser erinnern sich vermutlich an Meldungen des amerikanischen Geheimdienstes CIA vor rund zweieinhalb Jahren, im Februar 2022 publiziert, mit dem Inhalt, dass die russische Armee Mitte Februar in die Ukraine einmarschieren werde. Es war dann etwas später.
Aber wäre das nicht spätestens der Zeitpunkt gewesen, an dem die NATO-Staaten hätten zurückrudern, eine diplomatische Offensive starten und einen drohenden Krieg noch hätten verhindern können? Als wenn die Forderungen Moskaus 2 Monate vorher nicht schon eine ausreichende Botschaft gewesen wären. Und wenn Merkel die Ukraine bereits 2008, aus berechtigter Sorge, dass dies Russland zu einem Krieg provozieren könnte, nicht in die NATO aufnehmen wollte, hätte diese Sorge doch ab 2014 und somit 2022 noch ungleich größer sein müssen. Am 05.6. dieses Jahres konnte man u.a. bei Focus Online lesen, dass US-Präsident Biden einen NATO-Beitritt der Ukraine ausschließe. Zweieinhalb Jahre zu spät.
Reiner Gorning

Ich habe mich sehr geärgert über diesen Artikel.  Klaus von Dohnanyi gehört zur Schröder-, Platzeck-, Gabriel- etc. Clique, die jahrelang über die Petersburger Gespräche Honorare von Putin bekommen habe, um die russische Gasabhängigkeit zu festigen und seinen zukünftigen Krieg zu finanzieren. Er schrieb ein Lobesbuch für Putin, deren Thesen er nach dem Putin-Überfall auf die Ukraine korrigierte. „Seine sorgfältige Prüfung der Gegenargumente“ hat die Positionen der Polen und baltischen Staaten nicht erschüttern können bis hin zur Wahlwerbung von Sarah Wagenknecht. Das ihre Redaktion solchen Unsinn auf die Seite 3 der Zeitung bringt hat mich als langjährigen Leser erschüttert. Zuviel Hamburger Fils für eine überregionale Zeitung.
Edo Lübbing

Ein alt gewordener Intellektueller, dem offensichtlich die moralische und geistige Orientierung abhandengekommen ist. Traurig und fast schon tragisch, dass er auf den letzten Lebensmetern seinen Ruf derart beschädigt.
Wolfgang Steinmetz

Es ist schon merkwürdig, dass ausgerechnet einer aus einer Familie von Widerstands-kämpfern gegen Hitler eine Appeasementpolitik à la Chamberlain für geeignet hält, in der Aggression Russlands gegen die Ukraine Frieden zu schaffen, und das mit der arroganten Attitüde des Rechthabers, der alle für dumm erklärt, die nicht seiner Meinung sind.
Ernst Günther Weber

 


 

Leserbriefe zu „Das Glück auf der Straße“ von Volker Weidermann

Da haben Sie was angestellt. Ich habe Ihren Artikel verschlungen und mich an alles erinnert, was mich 1980 auch so bewegt hat. Damals habe ich alles von Michael Holzach gelesen und die Bücher gekauft. Seine Konsequenz hatte ich bewundert. Ohne ihn zu kennen, fand ich ihn äußert sympathisch. Und dann das schreckliche Ende, sozusagen aus Liebe…. Ich habe damals geheult, als ich von seinem Tod durch Ertrinken erfuhr. „Deutschland umsonst“ steht immer noch in meinem Regal! Danke, dass Sie an diesen ungewöhnlichen, leidenschaftlichen Mann erinnern.
Ulla Dick

Gleich nach Erhalt der heutigen ZEIT habe ich Ihren Beitrag über Michael Holzach gelesen und danke Ihnen sehr dafür. Sie haben ihm damit ein Stück Weiterleben beschert. Mein jüngster Sohn Rafael (damals 15) hatte mich Anfang der 80er Jahre auf das Buch Deutschland umsonst aufmerksam gemacht und wir haben es beide tief berührt und erschüttert gelesen. Was Michael Holzach für ein liebevoller Mensch gewesen ist, ist uns beiden bis heute bewusst, vor kurzem noch sprachen wir von ihm, weil uns Henning Sußebachs Buch Deutschland ab vom Weg wieder sehr daran erinnert hat. Es macht so viel Hoffnung und ist kein geringer Trost, dass es Menschen wie Sie gibt, die Lebensschicksale von Menschen publik machen, die vielleicht sonst untergehen würden. Ich bin sehr froh, dass die ZEIT in Ihnen einen empathischen Autor hat, der sein eigenes Mitfühlen so gut rüberbringen kann. Aus eigenem Erleben weiß ich jedoch, dass man als Mensch mit einer solchen Seele sehr auf sich aufpassen muss.
Herma Brandenburger

oft schon habe ich in den vergangenen 60 Jahren „Mecker- Briefe“ an meine ZEIT geschickt, heute will ich nur DANKE sagen für den Artikel von Volker Weidemann. Ein Familienfreund kannte Michael Holzach und so bin ich schon zu dessen Lebzeiten auf ihn aufmerksam geworden, in der ZEIT habe ich seine Reportagen auch deshalb besonders aufmerksam gelesen. Den Kindern in der Familie habe ich immer auch sein berührendes Kinderbuch “ Ich heiße Feldmann und bin ein Hund“ geschenkt, das von Freda Heyden ganz zauberhaft illustriert ist – und das, nebenbei, auch Erwachsene noch heute verzaubern kann. Berührt hat mich auch, dass Sie zu seinem 70. Geburtstag eine Anzeige in der ZEIT veröffentlicht haben. Michael Holzach war ein ganz besonderer Mensch, nicht selten sterben diese Menschen viel zu früh. Mit Dank
Dodie Volkersen

mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel über Michael Holzach gelesen. Ich frage mich allerdings, was aus Feldmann geworden ist, da er ja überlebte.
Luise Wolff-Boresch

Danke für den wunderbaren artikel über michael holzachs deutschlandreise ohne geld. er macht einem weh beim lesen, weil er so vieles aufruft an utopischer sehnsucht, bis hin zur vergeblichen suche nach der gedenktafel, die, wenn sie auffindbar gewesen wäre, vielleicht die sehnsucht verraten hätte. nur eines bleiben sie schuldig und das verwundert, weil doch darin der märtyrertod sein ziel hatte: was wurde aus feldmann?
antje reinhard

Nach langer Zeit kaufe ich mir mal wieder „Die Zeit“. Der Grund: Der Artikel von Volker Weidermann über Michael Holzach. Mein Mann, seit 2 1/2 Jahren verstorben, legte mir das Buch von Holzach „Deutschland umsonst“ damals in den 80-ern sehr ans Herz und es hatte auch mich tief berührt. Sehr bewegt hatte uns dann auch Holzachs tragischer Tod. Ich werde das Buch nun zum zweiten Mal lesen, noch intensiver, mit vielen Gedanken, im reichen Gedenken.
Sylvia Grosse

Vielen Dank für den tollen Artikel. Er ist seinerseits, wie Sie formulieren: „anschaulich, mitreißend und mitfühlend“! In Erwartung Ihrer nächsten Taten …
Burkhart Lauterbach

Glückwunsch Volker Weidermann zum überaus gelungenen, glücklich und zugleich traurig machenden Dossier zu Michael Holzach und seinem Hund Feldmann. Eine Aktualisierung am Schluss des Textes sei gestattet: Neben der beschriebenen eisernen Bank und zwei Stangen und der bei der Recherche fehlenden Gedenktafel, steht heute eine auf dem Boden fest montierte Säule mit einer ganzseitigen Erinnerung an Michael.
Dieter Franke

Herzlichen Dank für den wunderbaren Artikel von Volker Weidermann über Michael Holzach, der mich zur erneuten Lektüre von « Deutschland umsonst“ animierte. Nur eine Frage: weiß man, was aus dem erretteten Hund Feldmann damals geworden ist?
Christiane Schönherr

Sie haben mit dem „Das Glück auf der Straße“ nicht nur an Michael Holzach erinnert, Sie haben ihm (viel mehr uns) das Denkmal geschenkt, was an seinem Fluss, der Emscher, verloren gegangen ist. Ich kenne alle die Namen und Bücher, die Sie als von Michael Holzach inspiriert oder auf ihn zurückweisend nennen; doch ich kannte nicht Michael Holzach und sein „Deutschland umsonst“. Wie Sie über beides schreiben, hat mich tief berührt, wie lange kein Text zuvor. Es ist merkwürdig, wir kennen uns nicht, aber was und wie Sie schrieben gab mir das Gefühl, es zu tun. Ob Sie diese Zeilen je erreichen werden ist nicht so wichtig. Es werden nicht die einzigen sein. Dass ich es nicht beim Lesen und Wiederlesen belassen mochte mir hingegen schon.
Friedrich Steinhardt

Wie gerne habe ich vor 50 (schon wieder so lange her) Jahren die Berichte von Michael Holzach im ZEITmagazin gelesen. Gefühlsecht, nicht gefühlsduselig. Frühvollendet – leider. Ein bisschen theatralisch ausgedrückt: ‚Wen die Götter lieben…‘ Immer wenn ich auf der A 42 auf einer Brücke über den Emscher-Kanal fahre, denke ich an ihn.
Hartmut Wagener

Ihre Suche nach der Gedenktafel hat mich inspiriert, mal wieder an der Emscher entlang zu spazieren: Über die Schnettkerbrücke, Treppe runter durch die Kleingartenanlage und weiter Richtung Dorstfeld. Und siehe da: Sie steht wieder an derselben Stelle! Allerdings nicht mehr die ursprüngliche, künstlerisch gestaltete Gedenktafel, die war tatsächlich, nachdem sie aufgestellt worden war, schnell wieder verschwunden, sondern eine im Design der Emschergenossenschaft. Vielleicht hat ja dort jemand Ihren Artikel gelesen!? Danke für das tolle Dossier!
Ingo Schwenken

Da ich selbst vor langer Zeit mal ein paar Jahre oft ohne Geld und feste Unterkunft allerdings nicht nur in Deutschland unterwegs war, habe ich gemischte Gefühle beim Lesen des Berichts über Michael Holzach. Sein Buch ist für mich weitgehend uninteressant, möchte aber zum Titel desselben sagen: „Deutschland umsonst“? Nein, nein, es kostet was auf dem Planeten Erde klarzukommen und eigene Wege zu finden und auszuprobieren. Für einige sogar den Verstand.
Christoph Müller-Luckwald

Vielen Dank für den sehr interessanten Bericht über Michael Holzach. Er hat mich doch sehr berührt, so dass ich mich direkt nach dem Lesen am Sonntag, 04.08.2024, auf den Sattel geschwungen habe, um 30 km zu der Stelle zu radeln, wo Herr Holzach auf so tragische Weise ums Leben gekommen ist. Und siehe da: Es gibt die Gedenktafel wieder, die in Ihrem Text als fehlend beschrieben ist. Ich habe sie fotografiert. Man findet sie in Dortmund-Dorstfeld, Emscherpfad Höhe Haus Nummer 48, aber auf der zur Straße gegenüber liegenden Uferseite der Emscher.

Noch eine kleine Korrektur: Der Quellort Holzwickede ist kein Vorort von Dortmund, sondern eine Gemeinde im Kreis Unna, an der Stadtgrenze zu Dortmund. Vielen Dank für dieses Dossier!
Jens Köster

Vielen Dank für diesen schönen Artikel über Michael Holzach, der wohl schon etwas in Vergessenheit geraten ist! Ich war von seinen Büchern und seiner Art zu schreiben so berührt, dass ich das Gefühl hatte, einen geliebten Bruder verloren zu haben, als ich von seinem Tod erfuhr. Völlig erschüttert saß ich am Frühstückstisch über der Zeitung und konnte es nicht glauben. Das wird mir immer gegenwärtig bleiben. Ich verstehe Gott auch nicht.
Sabine Vötig-Zigmann

Ihren Artikel über Michael Holzach habe ich mit Begeisterung gelesen. Das Buch, Herausgabe von 1982, habe ich gottseidank noch im Besitz. Im Internet kann man nachlesen, dass 2016 eine Stele zur Erinnerung an Michael Holzach in Dortmund-Dorstfeld aufgestellt wurde, auch im Beisein der Lebensgefährtin von Michael Holzach. Ich persönlich habe sie nicht gesehen. Es gibt aber in Dortmund-Mengede einen Michael-Holzach-Weg. Der bringt mir den Autor immer wieder mal in Erinnerung: dort wohnen Schwester und Schwager.
Lena Siebert

Auch am Ende des Artikels kein Wort zum Verbleib von Feldmann, der doch eine gar nicht so unwichtige Rolle spielt.  Das hätte Michael Holzach nicht gewollt, denke ich.
Susanne Primus

Seien sie herzlich bedankt für diesen bewegenden Artikel über Michael Holzach, der 1947 zur Welt kam, als ich drei Jahre alt war und gerade erst zu sprechen anfing. Der Krieg war nur scheinbar zu Ende, in den Menschen ging er weiter, für die meisten ums Überleben. Keine Zeit zum Trauern. Das nackte Leben zu retten und den Horror zu verdrängen war der Hauptinhalt, Kinder waren eine zusätzliche Last in der Überforderung. Denn die Eltern, die überlebt hatten, waren noch jung, sie wollten leben, tanzen, genießen und vergessen. Wir Kinder wussten bald: wir wollten die Welt verbessern, aber wurden 1968 die Last dadurch nicht los. 1980 hat Heinrich Breloer in unserer WG in Ottensen eine Woche lang die Kamera aufgebaut und uns gefilmt, um herauszufinden, wie und warum wir ein so verändertes Leben führten. Meine Eltern waren dabei. Wenig später habe ich mit Therapie angefangen, um die Vergangenheit zu verarbeiten. Heute geht es oft eher darum, die Verschlechterung zu verhindern, aber die Hoffnung bleibt. Michael Holzach hat es auf andere Weise versucht, Verhältnisse deutlich zu machen, indem er sich ihnen aussetzt. Er war ein Weltverbesserer (ebenso wie auch viele der Gründer von der grünen Partei) und starb an ihrer Schlechtigkeit in Form von betonierten fließenden Kloaken.
Gerd Stange

 


 

Leserbriefe zu neue Plätze im Blatt / Ressortumzüge

Wir haben die Zeit etwa seit einem Jahr und empfangen sie in Dresden mit dem Teil „Zeit im Osten“. Seit 2 Wochen ist die Kinderseite ans Ende des Dossiers umgezogen, leider ist da auch Zeit im Osten. Ist es Absicht, dass die Kinderseite für alle, die Zeit im Osten dabeihaben, nicht mehr inkludiert ist? In dem Fall würde ich eher Zeit im Osten abbestellen wollen.
Annika Eisenschmidt

Den Brief von Giovanni di Lorenzo über die Umstellung der ZEIT-Beilage „Christ&Welt“ habe ich mit leichtem Befremden gelesen: Es klingt sehr nach Werbesprech. Man kennt ja das Schema: Eine für den Kunden negative Änderung wird irgendwie positiv dargestellt. Das erlebe ich grad hier mit meiner Bank, die mir massive Sparmaßnahmen als großen Vorteil für mich verkaufen will. Aber gut, sagte ich mir: Es handelt sich immerhin um die ZEIT, eine der bedeutendsten, europäischen Zeitungen. Die wird ja wohl nicht verfahren, wie dubiose Lebensmittelkonzerne, die bei gleicher Packungsgröße und gleichem Preis weniger Inhalt als Produktverbesserung verkaufen. Warte ich also ab. Dass die ZEIT Nr. 32 die Änderung mit einem eigenen Titelbild für die Ausgabe mit „Christ&Welt“ würdigt, finde noch akzeptabel. Nun stelle ich aber fest: Die Änderungen sind viel schlimmer als befürchtet. Nicht nur die Beilage ist um die Hälfte reduziert. Es fehlen auch Seiten, die in der normalen ZEIT-Ausgabe enthalten sind: die Rubrik „Verbrechen“, die Kinderseite und sogar die Seite mit den Leserbriefen. De facto ist meine Ausgabe um sechs Seiten reduziert – oder ist das ein Rechenfehler? Bei der Ausgabe Nr. 32 dachte ich noch: Das sind Kinderkrankheiten und sicher ein Versehen. Immerhin sind die Inhalte im Inhaltsverzeichnis ja aufgeführt. Ich kann es mir ja digital ansehen. Da es in der ZEIT Nr. 33 aber genauso ist, scheint das wohl der redaktionelle Plan zu sein. Und indem man die Leserbriefseite einfach wegkürzt, kann ich nicht einmal nachsehen, ob andere das nicht genauso skandalös finden. Zum Glück gibt es ja noch blog.zeit.de/leserbriefe, was mich beruhigt: Anderen scheint es ähnlich zu gehen wie mir. Da ich ein geduldiger Mensch bin, warte ich noch die nächsten beiden Ausgaben ab, bevor ich die ZEIT mit „Christ&Welt“ kündige und auf die normale ZEIT umstelle. Denn, ehrlich gesagt: Zu 90% stand auf den 6 Seiten nur belangloses Zeug. Nur selten gab’s mal einen schönen Aufreger wie die Artikel zu Predigt und Gottesdienst von Hannah Jacobs, denen ich zwar inhaltlich nicht zustimme, die aber spannende, binnenkirchliche Debatten eröffnet haben. Gibt es eigentlich bei einer solch massiven Änderung ein Sonderkündigungsrecht? Leider schreibt Giovanni di Lorenzo nichts dazu. Aber vielleicht können Sie in der nächsten ZEIT-Ausgabe sich mal in eigener Sache erklären.
Karsten Dittmann

Noch nicht überzeugt. Die bislang sechsseitige „Christ und Welt“-Beilage auf drei Seiten zu reduzieren und das als Fortschritt zu werten, ist schon mehr als gewagt. Nach den ersten beiden Ausgaben des neuen Formats befürchte ich nicht bloß eine Beschneidung der Quantität, sondern auch der thematischen Qualität. Vom neuen Konzept bin ich noch nicht überzeugt. Wie ließe es sich sonst erklären, dass die Redaktion ein derart brisantes Thema wie die Ereignisse im Dom zu Linz mit der gewaltsamen Zerstörung eines Kunstwerkes weder aufgreift, geschweige denn kritisch beleuchtet und einordnet. In einer Zeit, da die konservativen bis ultraorthodox-katholischen Kräfte aus allen vorkonziliar geprägten Nischen auftauchen, wäre es dringend geboten, deren Umgang mit aktueller, eingestanden ungewohnter Kunst tief ausleuchtend aufzuarbeiten, statt den empörten selbsternannten Kunstkritikern das Feld zu überlassen. Schon ist wieder von einem „Machwerk“ die Rede. Wird denn dieser Nazi-Begriff schon wieder legitim? Und der Beifall für den frommen Volksaufstand der Bilderstürmer für die Entfernung der Marienfigur aus dem Linzer Dom dafür umso lauter? Hier erwarte ich journalistischen Widerspruch! Das stünde „Christ und Welt“ ebenso gut an wie der ganzen ZEIT.
Bruno Dumbeck

Ihr Chefredakteur hatte eine schlechte Nachricht für eine gute zu verkaufen: Christ & Welt wurde um die Hälfte gekürzt, von 6 auf 3 Seiten. Noch dazu wurde es in die übrige ZEIT „integriert“. Dadurch fehlen mir seit den ersten beiden Ausgaben dieser Art 3 Seiten der ZEIT, darunter die mir besonders wichtige Seite der Leserbriefe. Drei Seiten der regulären ZEIT wurden einfach durch Christ & Welt ersetzt – und irgendjemand hat es nicht gemerkt oder gehofft, dass es niemand merkt.

Das geht gar nicht! Erst weniger liefern bei gleichem Preis – wie gewichtsreduzierte Packungen im Supermarkt, es als Fortschritt verkaufen und dann noch diese drei Seiten vorenthalten – während Christ & Welt-Abonnenten ohnehin mehr zahlen. Ich bitte Sie, für diesen „Fortschritt“ eine andere Lösung zu finden. Das Mindeste ist, mir (und allen „Christ & Welt“-Lesern) auch die drei Seiten zu liefern, die alle anderen ZEIT-Leser bekommen.
Reinhold Hertle

Warum ein „hochwertiges und ganzheitliches“ Leseerlebnis, das ich bei der Zeit definitiv so erkenne, zu einem Wegfall von Seiten führt, erschließt sich mir nicht, aber das fällt nicht in Ihren, sondern sicherlich in den Bereich des „Change Managers“ von Christ und Welt, der in der vorletzten Zeit vorgestellt wurde. Für mich liegt hier ein Tod auf Raten vor – der Umfang von Christ und Welt wurde nun bereits halbiert und wahrscheinlich bin ich nicht der einzige Leser/die einzige Leserin, die sich am Wegfall der (verschiedenen) Seiten stört und Konsequenzen zieht. Ich gehe somit davon aus, dass über kurz oder lang die Meldung über die Einstellung von Christ und Welt zu lesen ist. Wenn Sie die Möglichkeit haben, können Sie dieses Feedback gerne an entsprechende Verantwortliche in der Redaktion weiterleiten. Für ihr großzügiges Angebot des Online-Ergänzungsabos danke ich herzlich, aber ich möchte meine Zeit gerne in Print lesen, das heißt für mich in Gänze mit Verbrechen und Leserbriefen.
Daniel Lomp

Mir kam schon beim Durchlesen Ihres Briefs zwingend der Gedanke, dass es sich bei der Neugestaltung von C&W um eine Sparmaßnahme handelt, verkauft als „Chance“ (für wen?) und „Verbesserung“. Allerdings erinnert mich Ihre neue Rubrik „Das ist mir heilig“ eher an „Was mein Leben reicher macht“ auf der letzten Seite der ZEIT, also: Unterhaltung. Alles ist teurer geworden, die Zeitschriften kämpfen – Sie hätten sich da aber schon ehrlich machen können: wir sind ja nicht blöd und als Mogelpackung möchte ich mir die ZEIT lieber nicht vorstellen. Seit gestern habe ich nun die neugestaltete „ZEIT mit C&W“ in Händen und glaube es kaum: C&W „frisst“ hier „VERBRECHEN“ und „LEO“ und – das ist das eigentlich Ärgerliche – die LESERBRIEFE-Seite dazwischen! Und zwar, ohne dass dies auf S. 12 INHALT links unten („Wechselseiten“) kenntlich gemacht würde. Ich dachte immer, die LESERBRIEFE dienten dem Austausch und der Kundenbindung? Es handelt sich also bei den „drei exklusiven Sonderseiten“ um eine Kannibalisierung und weniger um eine „verstärkte Kooperation mit anderen Ressorts“. Ich glaube nicht, dass das Wegtauschen von S. 17 LESERBRIEFE in der C&W-Ausgabe ein Versehen beim Druck war. Wo Sie sich doch so viel Mühe mit der Neugestaltung (Verbesserung?) von C&W gemacht haben, siehe hierzu auch den – in diesem Zusammenhang – lustigen Brief an die Lieben Leserinnen und Leser von Frau Schmalenbach auf S. 16 der aktuellen Ausgabe. Wir C&W-Abonnenten zahlen also weiterhin für eine nicht mehr vorhandene Beilage und für auf 3 Seiten gekürzte C&W-Inhalte, die 3 bisherige Seiten der ZEIT schlucken, was uns u.a. von den Leserbriefen abschneidet. Das ist ein Nullsummenspiel für einen Abo-Preis, der gegenüber der Normalausgabe € 46,80 höher ist. Die € 384,80 wurden gerade erst am 25.06.2024 bei mir abgebucht. Ist dieser unterschiedliche Abo-Preis jetzt noch gerechtfertigt? Ich verstehe ja, dass Sie es sich nicht mehr leisten können, C&W als Beilage zu drucken. Aber verkaufen Sie es bitte nicht als Mehrwert. Gibt es eine Chance, dass sogar C&W-Leser die Leserbriefe sehen können? In der Druckausgabe?
Sabine Freund

…..verdammt nochmal, zum zweiten Mal schon suche ich vergeblich die S. 15 mit den Leserbriefen (bisher immer Teil vom Dossier gewesen) Unter Rubriken steht jedenfalls immer noch S. 15 Leserbriefe. In den anderen Teilen habe ich schon vergangene Woche vergeblich danach gesucht…. Was ist zu tun….?
Bernd Thyen

In der Ausgabe Nr. 31 (vom 18.Juli 2024) wurde mitgeteilt, dass die Seite ZEIT leo von Seite 39 auf die Rückseite des Ressorts Dossier „umzieht“. Aktuell ist das Seite 16. Da wir offensichtlich eine Regionalausgabe mit ZEIT IM OSTEN haben, fällt für uns die Seite ZEIT leo nun weg. Dass ist sehr schade, da unsere achtjährige Enkelin seit kurzem diese Seite für sich entdeckt hat. Wir waren davon ausgegangen, dass alle ZEIT – Leser die ZEIT IM OSTEN zu lesen bekommen. Das würde aus unserer Sicht durch Ihre Beiträge manche Sicht auf den Osten positiv verändern helfen. Zurück zu unserem eigentlichen Anliegen: Wie bekommen wir eine Ausgabe mit der Seite ZEIT -leo? Diese Frage müssten Ihnen ja auch alle an der Seite interessierten Abonnenten aus Österreich und der Schweiz stellen, denn dort müsste die Zeit leo ja nun auch nicht mehr ankommen, oder? Bitte überdenken Sie unsere folgenden Anregungen:
* Rückumzug der Zeit leo – Seite
* jeder Leser in Deutschland sollte die Seiten ZEIT IM OSTEN lesen können.
Undine und Uwe Kerstan

Ein Schreiben von Ihnen hat die Umstellung innerhalb der „Zeit“ angekündigt. Leider haben Sie nicht erläutert, dass die Seitenzahl halbiert wird. Oder sind die Anlaufschwierigkeiten, oder wird auch der Bezugspreis abgesenkt? Auch suche ich noch in der Ausgabe 33 die Leserbriefe.  Die sollen auf Seite 15 abgedruckt sein. Ich sehe sie aber nicht. Manchmal schaue ich erst auf die Reaktionen der Leser und erst dann lese ich den Artikel.
Horst Fressel

Ich habe festgestellt, dass bei meinem Abo im Dossier S.11-16 nur noch Beiträge über Christ und Welt kommen und nicht mehr Leserbriefe, Verbrechen und historische Beiträge. Die sind mir aber viel wichtiger. So steht es auch im Inhalt auf S.10. Ich möchte also von meiner Variante Christ und Welt weg und zu derjenigen, wie sie auf S.10 dargestellt ist.
Siegfried Linn

 


 

Leserbriefe zu „Weniger ist mehr“ von Heinrich Wefing

Es ist sehr erfreulich, dass das Thema ‚politische Adipositas‘ und die damit verbundenen Risiken nun endlich auch dort angekommen sind, wo das Problem im wahrsten Sinne des Wortes am größten geworden war. Die Erste Kammer unseres Parlaments bringt in der Tat nicht nur einiges auf die Waage. Verglichen mit anderen ebenso föderal also bundesstaatlich strukturierten Demokratien hat der Deutsche Bundestag sogar maßlos übertrieben, dazu ein einfacher Vergleich: Indien mit gut einer Milliarde Menschen leistet sich auf Bundesebene in der dem Bundestag vergleichbaren Kammer gerade mal 545 Abgeordnete. Diesen Vergleich sollte man einfach mal sacken lassen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestätigt den erfreulichen politischen Willen nach einer Verkleinerung des Bundestags, auch wenn im internationalen Vergleich hier noch reichlich Raum nach oben vorhanden wäre. Bedenklich ist in der Tat jedoch der Preis der Reform und des Urteils, indem die politischen Direktmandate im Bedeutungsrang zurückgesetzt worden sind. Die zurecht befürchtete Funktionärsdemokratie droht dadurch zu einer Klienteldemokratie zu werden. Wir brauchen mehr ‚Direkt‘ und weniger ‚Liste‘!
Johannes Warbeck

Abgeordnete, die ihr Mandat vor allem ihren Leistungen, ihrem Ansehen und ihren Verdiensten verdanken und nicht in erster Linie ihrer Partei, sind vermutlich in der Minderheit, auch solche mit Direktmandat. (Ist z. B. bei der jüngsten Wahl zum Europäischen Parlament wirklich jemand wegen seiner/ihrer europapolitischen Fähigkeiten und Erfolge gewählt worden? Waren diese Kompetenzen, soweit vorhanden, den Wählern überhaupt bekannt?) Es gibt immer noch Wahlkreise, in denen seit Bestehen der Bundesrepublik immer oder fast immer nur die Kandidaten einer bestimmten Partei zum Zuge gekommen sind (vor allem natürlich in Bayern), so dass dort das böse Wort vom schwarz/rot/grün-lackierten Besenstiel, den man zur Not auch noch wählen würde, nicht ganz unberechtigt ist. Oder kann sich jemand vorstellen, dass im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost eine andere Farbe als grün obsiegt? Von daher ist es absolut kein Anschlag auf die Institution „Direktmandat“, wenn nach einem neuen Wahlrecht nicht alle, die in ihrem Wahlkreis die meisten Stimmenerrungen haben, automatisch einen Sitz im Bundestag erhalten.
W.-R. Heilmann

Ein Blick in das Grundgesetz (GG) erleichtert die Rechtsfindung und zudem einen Problemorientierten Lösungsansatz zu finden. Die Zahl der Abgeordneten im derzeitigen Bundestag ist mit 733 Mandatsträgern viel zu hoch. Es ist die größte frei und demokratisch gewählte Parlamentskammer der Welt. Mit simplen Kapazitätsproblemen, bei Stühlen und Bänken, im Plenum und einer großen finanziellen Belastung auch für die Zukunft wegen der Diäten und Ruhegehältern. Das neue Wahlrecht der Ampel soll die Abgeordnetenzahl dauerhaft auf 630 festschreiben. Nach Artikel 20 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Davon ist nach den Wahlen in der Regel nicht mehr viel zu merken. Genau so wenig von den Amtseiden des Bundeskanzlers und seiner Ministerriege. Es soll hiernach Schaden vom deutschen Volk abgewandt werden. Das beinhaltet dann wohl auch finanzielle Schäden. Die Alimentierung der einzelnen Abgeordneten mit Diäten, Büros und Mitarbeiter sowie des Fahrdienstes, Netzkarten für die Deutsche Bundesbahn usw. ist ein enormer Kostenfaktor, auch für die Zukunft. Da ist die Wahlrechtsreform, zwar zu spät, aber im Prinzip richtig. Die Abschaffung der Überhang -und Ausgleichsmandate verhindert eine neue „Aufblähung“ der Zahl von Abgeordneten im nächsten Bundestag. Die Grundmandatsklausel die Parteien wie der Linken und auch der CSU zu Mandaten verhilft wurde vom Bundesverfassungsgericht „einkassiert“. Nun müssen die Ampel und die Union gemeinsam ein Verfassungskonformes Gesetz auf den Weg bringen. Das ist dann eine „Hieroglyphe der Vernunft“ (Hegel) = Schriftzeichen für das Volk mit erkennbar bildhaftem Charakter; also ein „Bilderbuchgesetz“!
Felix Bicker

Erneut hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt und siehe da, irgendwie ist doch wieder für jeden etwas dabei! Die Ampel dürfte dieses Urteil trotzdem als (Teil)Sieg feiern und die für sie daraus angenehmeren Teile sofort ans Revers heften. Ich hätte diese 5-Prozent-Hürde total gekappt, das wäre meine Lösung, wie ich finde eine demokratische Lösung! Alle Prozentzahlen, die unterhalb dieser Hürde liegen, die verpuffen irgendwie und irgendwo im Niemandsland, die sind einfach weg; und das finde ich eben nicht ganz so super demokratisch!
Klaus P. Jaworek

Leider empfinde ich ihren Artikel für die Ampel ausgewogen, nicht kritisch als Journalist. Das Verfassungsgericht hat sehr gut geurteilt. Jede neue Regierung kann sie ja wieder ändern. Das ist das Erste, was hier fehlt. Jetzt können die Parteien Oberen und Fürsten alleine bestimmen, wer denn so aufgestellt und gewählt werden kann. Ein typischer Gedanke der Grünen Bevormundung. Egal, ihr Vorname lässt auf die Herkunft von einem Bauernhof, sowie ich auch, da ist man doch erzogen zum kritischen Denken. Man ist nicht erzogen worden, hinterher zu laufen. Vielleicht als Anregung für den nächsten Artikel.
B.L. Winkelhaus

Zu Recht erwähnen Sie, dass mit der aktuellen Wahlrechtsreform die Erststimmen und damit das Direktmandat entwertet wurden. Das hätte nicht sein müssen, denn was in der Diskussion völlig gefehlt hat, ist die Option einer Stichwahl. Im deutschen Wahlrecht ist sie für andere Personenwahlen gang und gäbe, zum Beispiel bei Landratswahlen. Die Legitimität eines Direktmandats würde damit automatisch erhöht, weil es sich zwingend auf eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen stützen könnte. Dass das Endergebnis der Wahl erst zwei Wochen später feststeht, fällt angesichts der Dauer der anschließenden Koalitionsverhandlungen kaum ins Gewicht. Die zusätzlichen Kosten für einen Stichwahlgang halten sich in Grenzen, da nur die Wahlkreise betroffen sind, in denen kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen bekommen konnte. Selbst Überhang- und Ausgleichsmandate sollten ohne Risiko für eine Aufblähung der Sitzzahl in Bundestag möglich sein, da ihre Anzahl durch Stichwahlen ohnehin geringer ausfallen dürfte.
Franz Ulrich Häusler

Das Wahlrecht könnten wir besser und einfacher gestalten: Abschaffung der Erststimme und der 5%-Hürde, also ein reines Verhältniswahlrecht. Zusätzlich sollte die Zahl der Mandate auf maximal 500 festgelegt werden, wobei die tatsächliche Zahl proportional zur Wahlbeteiligung sein sollte: Also 60% Wahlbeteiligung heißt 300 Mandate.
Manfred Schwartz

Die Wahlrechtsreform koppelt die Bundestagswahl von Kommunal, Kreistags- oder Landtagswahlen vollständig ab. Bei diesen gilt weiterhin die Regel, dass in sämtlichen Wahlbezirken der Erststimmensieger mit einem Mandat zu versehen ist. Zielführender und ohne Einführung der reinen Verhältniswahl durchführbar wäre eine Reduktion der Wahlkreise von 299 auf z.B. 200 gewesen. Zwar hätten ca. 200 MdB danach kein Mandat mehr. Aber besser die leiden als 84 Millionen (bzw. 61 Millionen Wahlberechtigte). Da letztendlich jetzt nur noch die Parteien über den Einzug sämtlicher Abgeordneter in den Bundestag bestimmen und nicht mehr die Bürger zumindest über deren Hälfte, bewegt sich die Bundestagswahl jetzt in Richtung Weimar. Geschichte wiederholt sich nicht?!
Klaus Braak

 


 

Leserbriefe zu „Sie verlassen den amerikanischen Sektor“ von Iris Radisch

Nicht in der US-Präsidentschaft, aber schon oft in der Welt habe Frauen bewiesen, dass sie den Männern in keiner Weise nachstehen und zu genauso verheerender Politik fähig sind. Noch ist nicht klar, ob der deutsche Sinkflug nach Merkel abgefangen werden kann. Ich glaube fest daran, dass Frauen genau so oft in Ämter gewählt werden sollten. Für Margaret Thatcher würde ich noch heute durchs Feuer gehen. Kamala Harris mag eine Großartige Frau sein, aber sie ist eine linke Demokratin und da ist ihr Geschlecht leider kein Trost. Da ist mit Donald Trump viel lieber, obwohl er ein alter Mann ist. 235 Jahre Männerherrschaft, da waren so viele Luschen dabei. In den nächsten 100 jähren kommen hoffentlich viele Luschinnen dazu.
Fred Klemm

Ein Genuss, die beiden Leitartikel von Iris Radisch und Jens Jessen zu lesen. Schöner, besser, eindrücklicher konnte man die US-Misere mit ihren führerlosen Luxuskarossen und die Albernheiten bei der ‚Untermalung‘ der Sportler-Parade auf der Seine nicht beschreiben.
Hartmut Wagener

Vielen Dank für den pointierten, aber zu 100 % (wenigstens aus europäischer Sicht) zutreffenden Beitrag im Feuilleton der Zeit Nr. 33.
Günther Lettau

Der Schutz des Bundesverfassungsgerichtes im Grundgesetz vor der AFD ist ähnlich wie der Schutz des Kölner Dom vor der Luftverschmutzung – nämlich wirkungslose Symbolpolitik. Das Bundesverfassungsgericht ist wehrlos; eine Unrechtsregierung wird dessen Urteile einfach nicht beachten. Dagegen kann sich das Bundesverfassungsgericht nicht wehren und selbst, wenn es hundertmal im Grundgesetz geschützt ist. Unabhängig davon ist das Grundgesetz nicht dazu da, um Einzelheiten unseres Staates zu regeln, sondern es setzt einen Rahmen für die demokratische Werteordnung, wenn jetzt die Organisationsstrukturen jeder Institution im Grundgesetz verankert werden, dann können wir das direkt umbenennen und das „Grund“ aus dem Namen streichen.
Volker v. Moers

Sie sagen einleitend, sie wollten den „Geisteszustand einer Nation“ verstehen. Sie schreiben dann aber im Wesentlichen nur über die alten Präsidenten und das Verständnis von Richard Ford. Was mir fehlt, ist eine Auseinandersetzung mit der Frage, warum die amerikanischen Wähler alte und wirklich „greise“ Männer zu ihren Präsidenten wählen! Ein Land, das immer wieder die glänzendsten Wissenschaftler, Künstler, Sportler hervorbringt! Das kann doch nicht nur am Wahlsystem liegen, das den – offensichtlich verkalkten – Wahlmännern (und -frauen?) die Auswahl überlässt? Vielleicht gibt es ja doch einen Gott, dem es nun endgültig reicht und der den ältesten Kandidaten durch die vergleichsweise jugendliche Kamala Harris ersetzt! Drücken wir die Daumen!
Volkmar Zilch

Ihr Name hat beim Lesen Klang, und nun ein solcher Misston! In Ihrem o.g. Artikel haben Sie hie Welf, hie Stauf, die beiden Streiter beschreibend beide gleichermaßen „out of control“ genannt. Damit haben Sie nicht nur den amerikanischen Sektor verlassen, sondern auch Fairness und Anstand. Einen Herrn Biden, der einen nun wirklich out of control geratenen Netanjahu mit „dont bullshit me“ in die Schranken weist, der seine täglichen Amtsgeschäfte, natürlich mit Hilfe seiner Mitarbeiter, einigermaßen anständig und verlässlich erfüllt, so zu titulieren sollte man sich auch im Metaphernschwung nicht erlauben. Das ist, um mit Talleyrand zu sprechen, „nicht nur ein Verbrechen, sondern viel schlimmer, ein Fehler“. Auch eine weidlich bekannte deutsche puplic domina, die eine politische Bewegung unter ihrem eigenen Namen gegründet hat – was sich bisher nicht einmal die out of control geratenen Herren a la Mussolini erlaubt haben – und das ist kein freudscher Versprecher, hat sich ähnlich wie Sie über Herrn Biden ausgelassen. Ich kann mir Sie in dieser Gesellschaft nicht vorstellen.
H. Blöchl

Ich habe ©Philip Roth, 2004, Verschwörung gegen Amerika („The Plot Against America “), bei Hanser, 2005, gelesen. Der Plot besteht darin, dass der Flieger und „Hitlerfreund“ Charles Lindbergh statt FDR 1940 (zum dritten Mal) die US-Wahlen gewonnen hätte. Das ist ein Roman, dem am Schluss Original-Dokumente angehängt wurden. Und viel davon ist notwendigerweise fiktiv. Tendenziell sind Nachrichten, folgt man Anne Morrow Lindbergh (in 1976 The Flower and the Nettle: Diaries and Letters), anders verlaufen: Die in USA so kritisierte Ordensverleihung durch Göring mit Unterschrift Hitlers, spielte sich so ab, dass Göring und Lindbergh zu einem Treffen in die US-Botschaft eingeladen waren. Zu beider Überraschung brachte Göring den Orden mit. Für die US-Botschafter in D, GB und F war Lindbergh ein willkommener Gast. Militärisch war die Einschätzung L.s zu der jew. Stärke der Luftwaffe für die US-Army von Interesse. Die vermeintliche Finanzierung der britischen Kriegskosten durch US-Steuerzahler liefen tatsächlich auf Punp. GB war am Ende von WKII gegenüber den USA höchst verschuldet. Die Pläne der Lindberghs, für eine Zeit in D zu wohnen, waren Nov. 1938 nach dem Pogrom vorbei. Plausibel sind die Pläne von Mutter Roth, Arbeit aufzunehmen, Geld nach Kanada zu überweisen, um evtl. dorthin flüchten zu können. Als ich 1968 in den USA lebte, musste ich mich nach einem halben Jahr registrieren lassen – übrigens bei einer jüdischen Beamtin, die einräumte, sie verstehe deutsch, spreche es jedoch ungern. Ich hatte Probleme mit dem Formular.
Es lief der Vietnamkrieg. Junggesellen mussten mit einer Einberufung rechnen, Familienväter noch nicht. (Berühmter Fall, das Joan Baez einen Betroffenen heiratete, mit ihm ein Kind bekam, um ihn vor der Einberufung zu retten.) Viele überlegten die Flucht nach Kanada, das nicht nach den USA auslieferte. Es blieb der Verzicht auf die US-Identität: Beruf, Einreise, Familie etc… Die republikanische „Administration Lindbergh“, die Roosevelt bei der Wahl geschlagen hat, sieht die Feinde in den Demokraten, den Briten und den Juden sowie global das kommunistische Russland. Statt der Koalition Deutschland, Italien und Japan kommt es zu einem Bündnis Amerika, Deutschland und Japan gegen Russland. Zum Schluss ist es bei solchen spektakulären Sujets natürlich nicht einfach, zu einem plausiblen Ende zu kommen: Präsident Lindbergh mit einem ungeklärten Flug zu beenden liegt fast nahe. Irgendwann muss er ja mal abstürzten. Immerhin entwickeln sich Szenarien, die heute durchaus realistisch, möglich erscheinen. In der deutschen Übersetzung klingt „Krawalle“ statt riots zu schwach. Nach dem Studium ging ich zur IBM, weil die USA an sich wie auch beruflich interessant waren. Ein Jahr in Poughkeepsie, damals das IT-Valley, war mein Ziel – mit Familie zu besten Bedingungen. Ende 1968 gingen wir aber gern zurück nach D, damals Mainz.
Gerhard Schroeder

Dies war das beste FEUILLETON, das ich seit langer Zeit in der ZEIT gelesen habe! Dank – Rauterberg-Radisch-Baum-Sina-Michaelsen-Jessen – weiter so!
Heinz Mechling

 


 

Leserbriefe zu „Soll nach Syrien abgeschoben werden?“ Streit von Katrin Langensiepen und Armin Schuster, geführt von Simon Langemann und Stefan Schirmer

Unsere Justizstandards sind nicht universell und international eher die Ausnahme. Im Konflikt stehen Menschenrechte und Schutz der Bevölkerung. Dieser Antagonismus wird bisher zugunsten des Straftäters gelöst, falls ihm zu Hause eine unangemessene Behandlung droht. Das muss man ändern. Dann weiß der Delinquent, was ihm blüht, er handelt in vollem Bewusstsein der Risiken. Er hat deshalb keinen Schutz verdient. Abschiebungen könnten abschreckende Wirkung haben, zumindest würden sie die deutsche Justiz entlasten, das sollte es wert sein.
Christoph Schönberger

Wie kann DIE Zeit und diese zwei Politiker uns Leser und Wähler nur so zum Narren halten. Wir haben unkontrollierte, gesetzlose Einwanderung. Teil dessen ist eine unkontrollierte, gesetzlose Abschiebepraxis. Weder qualitativ und schon gar nicht quantitativ haben die Einlassungen der zwei Darsteller eines Disputes irgendeine Relevanz für den unkontrollierten Aufenthalt von Hunderttausenden Illegaler im Land. Das Gerede darum dient nur der Beschwichtigung. Die Grüne verteidigt ihre Lebenslügen ungerührt und der Unionist mit Routine. Bleibt die Hoffnung, dass der Wähler jene bestraft, die ihn zum Narren gehalten haben.
Fred Klemm

Ich kann die Argumentation von Armin Schuster verstehen – und er hat auch wirklich einen Punkt: es gibt gewaltbereite Ausländer – aber die grüne Antwort ist richtig: Wenn jemand hier straffällig wird, dann gehört diese Person vor ein sächsisches (oder sonstiges Deutsches) Gericht und gemäß dem Urteil in Haft. Sollte der verurteilte Straftäter die volle Haftstrafe verbüßen, dann wäre eine sichere Verwahrung oder Abschiebung sicherlich wünschenswert. Eine Entlassung in die Freiheit würde auch ich nicht begrüßen. Aber wir können nicht umhin, uns über den Prozess für die Abschiebung zu einigen. Mit Verbrechern reden wir nicht – Verhandlungen mit Syrien würden uns vollständig unglaubwürdig machen. Assad unterdrückt sein Land massiv – so ein großes Problem sind die paar Gefährder im Vergleich dazu auch nicht. Es ist richtig, dass das Außenamt einen Lagebericht auch ohne Botschaft erstellen kann. Ich muss aber auch darauf hinweisen, dass die Berichte aus Kabul über die Jahre bi stets extrem brauchbar und belastbar waren. Und das waren keine links grün versifften Diplomaten – die unterstanden alle den vielen Vorgängern von Frau Baerbock – Steinmeier, Westerwelle, Maas und Gabriel. Ich kann aktuell nicht beurteilen, ob die 16 Behörden bei uns immer einen einheitlichen Blick auf die Gefährder haben – der Anschlag von Anis Amri und auch die Mordtat von Brokstedt hätten durch bessere Koordination der Behörden verhindert werden können. Beide Täter hätten nicht in Freiheit sein dürfen.
Stephan Siegel

Es sind solche Totschlagargumente, mit denen im Streitgespräch der CDU-Innenminister Armin Schuster konfrontiert wird, die eine konstruktive Diskussion verhindern: „man darf nicht die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen treten“, oder „Betreiben Sie mit dem Thema Abschiebungen gerade Wahlkampf?“! Als deutsche Beamtin mit arabischem Hintergrund werde ich fast täglich mit unterschwelligen Anfeindungen konfrontiert, weil ich in einer Schublade gesteckt werde mit Straftätern! Genau solchen Situationen möchte Herr Schuster seit Jahren entgegenwirken!
Lara Thumm

Man könnte Frau Langensiepen so verstehen, dass Deutschland – oder allgemein gesprochen die rechtsstaatlichen Demokratien – als eine Art Hochsicherheitstrakt für den internationalen Terrorismus fungieren soll. Besser wir verwahren die Straftäter und Terroristen der Erde bei uns, als sie in ihren Heimatländern aus dem Blick zu verlieren? Dieses Prinzip wird uns über kurz oder lang überfordern, und uns zudem nicht von der Aufgabe entheben, terroristische Bedrohungen aus dem Ausland zu erkennen und zu entschärfen. Und auch das Reden mit Menschen wie Assad, der für seine Funktion als syrischer Machthaber ohnehin keine „Legitimation“ durch die deutschen Grünen benötigt, stellt eine Art der Inklusion dar, da man andernfalls eben nicht nur Herrn Assad, sondern auch die Menschen, die er beherrscht, außen vorlässt. Außerdem: Wer hat denn eben jetzt mit Herrn Putin geredet, und ihm ein riesiges, durchaus fragwürdiges Zugeständnis in Form des Tiergartenmörders gemacht. Waren das nicht auch die Grünen? Mit Putin in dieser Weise reden, aber auf gar keinen Fall mit Assad? Wer so offensichtlich mit zweierlei Maß misst, droht seine Glaubwürdigkeit zu verspielen.
Christian Voll

Das ganze System läuft falsch. Nach meiner Meinung kann nach Deutschland jeder kommen, der seinen Unterhalt selbst verdient! Wir brauchen Arbeitskräfte ohne Ende. Wer sich nicht selbst versorgen kann, weil er krank ist, sollte unterstützt werden. Alle anderen sollen keinerlei Unterstützung bekommen. Das System, das nur bleiben darf, wer Asyl bekommt, geht an dem Ziel vorbei! Die größte Bremse der Eingliederung ist die Bürokratie in Deutschland. Die schürt die Fremdenfeindlichkeit, weil sie unterschwellig immer wieder vermittelt, dass alle, die kommen nur aus dem deutschen Sozialsystem schöpfen wollen. Persönliche Dokumente werden vernichtet damit man nicht abgeschoben werden kann. Straftäter werden mit Samthandschuhen angefasst – für die ist ein deutscher Gefängnisaufenthalt wie Urlaub! Straftäter von Gewalttaten sind konsequent abzuschieben, egal was sie in den Herkunftsländern erwartet. Dieses Gutmenschentum – wir müssen Straftäter vor vermuteten Ereignissen in den Herkunftsländern schützen ist lebensfremd!
Rolf Geyer

 


 

Leserbriefe zu „Frisch erforscht: Stabiler Ort, stabiler Mensch“ von Wiebke Gessner

„Man nehme eine Arbeitshypothese und suche sich die passenden Zahlen aus – und schon hat man eine Gefahr heraufbeschworen: Kinder, die mehrfach umziehen mussten, haben eine um 61 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, im späteren Leben an einer Depression zu erkranken. Soweit der Beitrag. Ich bin in meiner Kindheit bis zum 15. Lebensjahr unzählige Male umgezogen – von Jugoslawien nach Israel, von Israel nach Zürich, von dort nach Berlin, dann wieder nach Israel und schließlich im Alter von fünf Jahren nach São Paulo/Brasilen, und mit 14 nach Essen. Dazu kommen noch mehrfach Wohnungswechsel innerhalb der genannten Orte und Ländern, auch Lagererfahrung. Wieso bin ich nicht depressiv geworden? Auch nicht mein Vetter sind es nicht, denen es zwar nicht ganz so heftig, aber doch ähnlich ergangen ist? Oder habe ich es, hat es meine Umgebung einfach noch nicht bemerkt? War ich zu unauffällig? Übrigens, auch nach meinem 14 Lebensjahr bin ich innerhalb Deutschlands mehr als 15-mal umgezogen. Dass die Autorin des Beitrags keine absoluten Zahlen nennt, ist ein erhebliches Versäumnis: Es könnte ja die spektakuläre Aussagekraft der Arbeitshypothese deutlich mindern. Wenn man es wirklich böse wollte, könnte man aus dem Beitrag herauslesen: Lasst keine Migranten rein, es kommen nur depressive Menschen …“
Josef König

Nachstehend beschriebene Studie über die Auslösung von Depressionen durch Umzüge in der Kindheit kann aus meiner persönlichen Erfahrung nur der reinste Bullshit sein. Ich war jahrzehntelang im Auswärtigen Dienst tätig und komme zu dem Schluss, dass, wenn diese Bullshitstudie doch stimmen sollte, nahezu sämtliche Kinder der Bediensteten des Auswärtigen Amtes (und natürlich weiterer Behörden, Unternehmen etc. mit Auslandseinsätzen) depressiv sein müssten. Dies ist mir aber nicht bekannt, weil schlicht und einfach nicht der Fall. Was unser mittlerweile über 50- jährigen Sohn mit Promotion in 2 Fächern und in einem davon habilitiert deprimieren könnte, ist, sich noch immer von einer befristeten Anstellung zur nächsten hangeln zu müssen. Wenn er depressiv werden sollte, dann davon, und nicht von den Umzügen, von denen er nach eigener Aussage eher profitiert hatte.
Alexander Petri

Wann bekomme ich eine Depression?
Mit 8 von Küstrin nach Niederbayern
Mit 10 nach Bonn
Mit 20 nach Weilburg/Lahn
Mit 23 wieder nach Bonn
Mit 25 nach Wien
Mit 35 nach München
Mit 37 nach Petershausen / Oberbayern
Mit 71 nach Frankfurt / Oder
Mit 87 immer noch keine Depression!
Siegfried Neubauer

Der Beitrag von Iris Radisch bringt die gesellschaftliche Lage in den USA genial auf den Punkt. Besser kann man es nicht darstellen. Sie schreibt genauso wie ich es denke, aber niemals so gut formulieren könnte. Endlich keimt auch bei mir etwas Hoffnung auf mit der Nominierung von Kamala Harris. Amerika, Du stehst am Scheideweg. Vermassele es nicht! Es steht für die ganze Welt sehr viel auf dem Spiel!
Heiner Behrens

Dem von Wiebke Gessner geschriebenen Artikel kann ich nicht beipflichten. Ich 1942 in Königsberg geboren, war zusammen mit meiner Mutter ab April 45 bis November 47 im ostpreußischem und litauischen Raum, welches nun unter russischer Verwaltung stand. Von mangelnder Verpflegung weiß ich nur aus Erzählungen. Haften geblieben ist mir jedoch das Spielen mit Litauischen und russischen Kindern, jedoch nichts von Diskriminierung, trotz meiner damaligen Segelohren. Auch nach der Vertreibung und Durchlaufen von mehreren Lagern, sowohl im russisch- als auch im britisch-verwaltetem Gebiet, habe ich immer genügend Spielkameraden um mich gehabt. Nicht optimale Ernährung und unkomfortable Unterkünfte hatten keinen hohen Stellenwert bei mir. Nach mehreren Wohnungswechseln landeten wir in Hamburg-Wilhelmsburg, wo Kindergarten, Einschulung und Umschulung in dichter Folge sich ergaben. Da der uns zugewiesene Kellerraum bei Starkregen unter Wasser stand, hat dies meiner Gesundheit nicht gutgetan und bei meiner Mutter nach der gesamten Odyssee zu einem Nervenzusammenbruch geführt. Dies hatte der Bruder meiner Mutter mitbekommen. Und so wurde beschlossen, dass ich von seiner Familie aufgenommen wurde. Der Wohnort war zunächst auf einem kleinen Dorf in Schleswig-Hosten. Nach einem Jahr erfolgte der Umzug nach Solingen. Nach 2-jährigem Aufenthalt dort holte mich meine Mutter 1954 wieder nach Hamburg zurück, da sie mit dem neuen Lebensgefährten und späterem Ehemann auch eine Wohnung gefunden hatte. Ich kam in die 5. Klasse und hatte sofort Anschluss bei Klassen- und Spielkameraden. Das Problem: Nicht das viele Umziehen hatte mich seelisch belastet, sondern der 3-jährige Aufenthalt bei der schrecklichen Verwandtschaft, wo Schläge, Befehl und Gehorsam herrschten. Da ich mich von meiner Mutter in diese schrecklichen 3 Jahre allein gelassen fühlte, hatte sie bei meiner Rückkehr keinen Zugang mehr zu mir. Erst der Rat eines Arztes, eine Psychotherapie mir und ihr angedeihen zu lassen, ließ den Knoten platzen. Wir hatten von da an ein unheimlich schönes Familienverhältnis mit viel Freiheit und Aufgeschlossenheit. Mein Fazit: Nicht der häufige Umzug hat mir geschadet, sondern der Aufenthalt bei der schrecklichen Verwandtschaft.
Mathias Boschke

Ihren Artikel habe ich mit Erstaunen gelesen. Die Statements von Clive Sabel – Datenforscher! – brachten mich zum Lachen. Realitätsferne par excellence! Ich bin in Deutschland geboren, aufgewachsen in der Schweiz, in Indien und Brasilien. Allein mit meinen Eltern bin ich fünfzehn Mal umgezogen! Neue Länder, neue Sprachen, neue Schulen. Meine Geschwister und ich haben nie Freundschaften aufbauen können, immer hieß es: Umziehen! Als ich neunzehn Jahre alt war, hieß das Kommando: zurück Nachhause!  Rio de Janeiro – Duisburg!  Schock! Dort blieb ich nur ein Jahr, dann zog ich nach München. Auch hier ständige Umzüge. Fünfundzwanzig Jahre war ich in dieser Stadt.  Aus beruflichen Gründen – Umzug nach Italien. Zehn Jahre war ich dort an verschiedenen Orten. Weiter nach Belgien – acht Jahre in Brüssel und Tournai. Seit einigen Jahren bin ich wieder in München. Diese Stadt ist teuer! Diverse Male musste ich umziehen – WGs, Hoteljobs mit Zimmer im Hause. Insgesamt bin ich bis heute 55-mal – in Worten: fünfundfünfzig Mal !!! – umgezogen Depressionen?!? Keine Spur! Mein Zuhause bin ich! Vor kurzem wurde ich sechsundsiebzig Jahre alt! And life goes on and on …! Da meine Rente sehr gering ist arbeite ich selbstverständlich weiter. Rente? Horror! Früher haben die Menschen auch bis zum Umfallen gearbeitet.
Irene Maeder

 


 

Leserbriefe zu „Haben die Linken ihre Stimme verloren, Herr Krastev“. Gespräch mit Ivan Krastev geführt von Mariam Lau

Haben Sie herzlichen Dank für das Interview, das Sie mit Ivan Krastev geführt haben. Selten habe ich klügere Sätze über die politische Situation in Europa gelesen. Schockiert hat mich die Aussage, es sei wissenschaftlich erwiesen, dass kein Trauma länger als drei Generationen überlebt. Das heißt für mich: wir leben zu kurz, um zu lernen. Und es wird uns nicht gelingen, allein mit unserer Erinnerungskultur oder Gedenkveranstaltungen die Fehler der Vergangenheit als Warnung hochzuhalten. Wenn zudem noch ständig „Aufregung“ erzeugt wird, ist der Hang, das Extreme zu wählen groß. Denn, Krastev betont ja, dass wir Alternativen brauchen und Wählerinnen und Wähler ein Recht auf Irrtum und Korrektur haben. Das sollten sich die sogenannten etablierten Parteien merken. Nochmals danke – solche Gespräche gehören in DIE ZEIT und dafür blättere ich sie durch, wenn sie donnerstags im Briefkasten steckt.
Thomas Meichle

Die Linke hat sich immer gegen gesellschaftliches Unrecht gewehrt. Nachdem sie an die Macht kam, wurde sichtbar, dass die Linke gar keinen Sinn für die gesellschaftlichen Grundlagen hatte. Nationalstaat, freie Wirtschaft, Eigenverantwortung der Bürger, Verteidigung und Rechtsstaat. All das waren immer die Bastionen der bekämpften konservativen Eliten. Linke waren gut beim Widerstand, an Universitäten und in den Künsten. Als sie an die Macht kamen, haben sie die alten Kämpfe einfach weiter gekämpft. Aus sozialer Gerechtigkeit wurde Sozialismus. Aus dem Staat wurde eine Bürokratie und die Wirtschaft wird mit dem ideologischen Argument der Klima-Transformation in die Knie gezwungen. Damit werden die gesellschaftlichen Grundlagen absichtsvoll zerstört. Die Linke kann Gesellschaft nicht erhalten. Sie ist der Geist, der stets das Gute will und doch das Böse schafft. Und der Kampf gegen die extreme Rechte ist das beste Mittel der Linken gegen diese schmerzvolle Selbsterkenntnis. Die Linke scheint nur in der „Defensive“. In Wirklichkeit scheitert sie an sich selbst.
Fred Klemm

Wenn die Einsichten der aufgeklärten Mitte nicht mehr anschlussfähig sind, entsteht große Ratlosigkeit. Sowohl ein ausdifferenziertes Argumentieren als auch die ersatzweise erfolgenden trotzigen, selbstgefälligen oder anbiedernden Reaktionen bewirken immer nur eine stärkere Drift zu den Rändern. Sehr überzeugend skizziert Ivan Krastev im Gespräch mit Mariam Lau die Trends, in denen sich der Zeitgeist heute bewegt. Lebensgefühl und Momentum migrieren zu den Rändern. Davon sind nicht nur die demokratischen Linken betroffen, sondern auch die Konservativen, die als Trittbrettfahrer der bisherigen linken Zeitgeistströmung (siehe u.a. Sozialdemokratisierung der CDU unter Merkel oder den Bäume-umarmenden Söder) nun den Anschluss beim Rechtstrend nicht verpassen wollen. Nicht gerade überzeugend! Ivan Krastev glaubt, dass Aufklärung möglich ist: Heimat sei der Schlüssel. Denn in der Heimat sei Verständigung möglich, kann Kommunikation und in der Konsequenz auch Aufklärung gelingen. Ich fürchte allerdings, dies ist nur ein theoretisches Konstrukt, auch da die Rechten die Heimat immer weiter besetzen. Dennoch sollten wir unsere Heimat nicht aufgeben. Vielleicht kann es ja Robert Habeck gelingen, Heimat und Aufklärung zu verbinden.
Reinhard Koine

Die erste Frage dieses interessanten Interviews zeigt ein grundlegendes Missverständnis. „links“ und „liberal“ sind eben nicht deckungsgleich. Der „linke“ Anspruch, liberal zu sein, führt dazu, dass das „rechts-außen“ Denken Liberalität als feindlich dämonisieren kann, führt also auch zur Polarisierung. Tatsächlich ist „liberal“ viel anspruchsvoller. Es setzt sich mit linken und konservativen Ideen auseinander und hält den „links-außen“ wie den „rechts-außen“ die Idee des freien und verantwortlichen Menschen entgegen. Ihre Frage in der Überschrift wird jedes Mal von der Zeit beantwortet. Bei liberalen Inhalten finden sich weit überwiegend linke Inhalte. Manchmal nur blitzt der Gedanke auf, dass es in der Redaktion einen Mainstream gibt, der sich eben nicht als liberal im oben bezeichnen Sinn versteht.
Bernhard Busch

Wenn man die Frage der Zeit-Journalistin auf die deutsche AfD. beziehen würde gehörte diese extrem rechtspopulistische Partei nicht zu dem Spektrum der Familie europäischer Rechtsparteien wie etwa Marine Le Pens RN in Frankreich oder die „Brüder Italiens“ der italienische Ministerpräsidentin Meloni. Wenn es eine geeinte europäische Linke gäbe, was genauso unwahrscheinlich ist wie Putins Rückzug aus der Ukraine, müsste eine politisch überzeugende Linke den klassischen Kampf gegen rassistische und völkisch orientierte Rechtsparteien aufnehmen. Hier böte sich als Gegner die AfD an deren deutschtypische Nähe zu den Nationalsozialisten europäisch einzigartig geblieben ist und bei Le Pen zu heftigen Abwehrreflexen geführt hat. Meloni ist politisch zu klug, um die italienischen Mussolini Jahre in ähnlicher Weise zu nutzen wie die politisch tumbe AfD die Hitler Vergangenheit Deutschlands. Die vorgezogenen Wahlen in Frankreich in den vergangenen Wochen haben der vereinten Linken zwar die meisten Parlamentssitze beschert aber nur, weil ein politischer Reflex der Wähler es in der Stichwahl für opportun hielt, die absolute Mehrheit für die RN Le Pens zu verhindern. Die französische Linke, unter der Fuchtel des LFI Vorsitzenden Mélenchon zusammen mit der PS (französische Sozialdemokraten), Ökologen und Kommunisten in der neuen Volksfront vereint, ist demnach über „geliehene“ Stimmen plötzlich so stark geworden. Der LFI Mélenchons haftet der Ruf an, Anhänger der radikalen Palästinenser in ihren Reihen zu unterstützen deren Nähe zu Hamas-Positionen offensichtlich sind. Natürlich auch mit dem Hintergedanken, Stimmen der arabischstämmigen Franzosen zu gewinnen die Israel als Feinde betrachten. Dieses Sammelsurium an extrem Linken (LFI und Kommunisten), gemäßigten Linken (PS) und Ökologen scheint als Parteienzusammenschluss für eine funktionierende Regierung aber kaum geeignet zu sein. Erstaunlich auch in Frankreich das stark vereinfachte und verkürzte Programm der Neuen Rechten unter Le Pen und der Extrem-Linken unter Mélenchon. Beide politisch gegensätzlich positionierten Blöcke haben fast deckungsgleiche Kernanliegen: Das Rentenalter wieder absenken, Mindestlöhne erhöhen und ihre indifferente Haltung zu dem Kriegsverbrecher Putin. Die Italienerin Meloni hat da eindeutig Stellung gegen Putin und für das von ihm überfallene Land Ukraine bezogen. Was früher die Diskussionen der Nachkriegsjahre in Deutschland prägte waren gesellschaftspolitische Gegensätze zwischen den Konservativen der CDU/CSU und den Sozialdemokraten.
Es ging um soziale Ungerechtigkeiten und die daraus resultierenden Verteilungskämpfe zwischen den sozialen Schichten. Gerne sprachen die Konservativen von einem Klassenkampf, der von den „Sozis“ ins kreuzbrave Bürgertum getragen wurde und die dort herrschende Friedhofsruhe störte. Diese Konflikte scheinen bei der Linken heute vergessen oder belanglos geworden zu sein. Dabei gibt es doch jede Menge an sozialen Problemen in der Gesellschaft. Zu hohe Mieten, keinen sozialen Wohnungsbau mehr der diesen Namen verdient. Die Schere zwischen superreich und bettelarm wächst wie ein Krebsgeschwür. Bildungsdefizite bei den unteren Schichten der Gesellschaft ja dazu gehören auch die migrantischen Teile unserer Gesellschaft die, einerseits andererseits, für den Arbeitsmarkt gebraucht aber gerne von der Extrem-Rechten verteufelt werden. Klar, der Kommunismus ist tot, aber es gibt immer wieder einen Bedarf an klug gesteuerten Eingriffen des Staates in einen ansonsten zu unkontrolliert funktionieren Markt. Die Linke hätte viel zu sagen, aber sie scheint den politischen Denkprozess eingestellt zu haben -nur warum?
Klaus Reisdorf

Der Artikel beginnt mit einer Frage an Ivan Krastev: «Herr Krastev, die gesamte politische Dynamik, das Interesse für Ideen, die Aufmerksamkeit spielen auf der Rechten.» Dafür gibt es folgende Erklärung: Die wichtigste Aufgabe der Menschheit ist der Ausstieg aus dem exponentiellen Wachstum von Konsum und Kopfzahl. Erschwert wird dies durch einen ungelösten Zielkonflikt innerhalb der Menschenrechte. Und zwar geht es um den Zielkonflikt zwischen den Menschenrechten auf Lebensunterhalt und dem Menschenrecht auf Eigentum. Zu ersteren Rechten gehört das indirekte Recht, mehr Kinder in die Welt zu setzen als die Ressourcen langfristig erlauben. Das legale Nutzen dieses Recht ergibt zu hohe Geburtenraten, Perspektivlosigkeit durch hohe Jugendarbeitslosigkeit und hohe Umweltbelastung. Dies führt regelmäßig zu Kriegen und Krisen, die wiederum zu hoher Inanspruchnahme des Asylrechts berechtigen. Das aber führt zu Entwicklungen, die das Menschenrecht auf Eigentum der Asyl-Zielländer in wachsendem Ausmaß ohne sichtbare Begrenzung nach oben bis zur Erschöpfung belasten können. Vor allem diese Entwicklung hat das politische Interesse von links nach rechts verschoben. Dabei liegt die Rechte allerdings insofern falsch, als sie das Recht auf Eigentum vor allem mit nationalen Interessen begründet. Korrekt ist, dieses Recht muss im Interesse aller Menschen bewahrt und gesichert werden. Der genannte Zielkonflikt muss gelöst werden durch Anvisieren eines übergeordneten Ziels: das lange gute Fortbestehen der Menschheit. Dieses Ziel erfordert aber das Einfordern der Eigenverantwortung. Natürlich ist Hilfe notwendig, sie darf aber nicht dazu führen, dass die Geburtenrate soweit ansteigt, dass durch die Perspektivlosigkeit zu vieler junger Menschen Krisen oder Kriege entstehen. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Geburtenrate im Iran, wo keine Hilfe von außen kommt, bei 1.68 liegt und die Geburtenrate im Gazastreifen bei 3.5 liegt.
Auch in Italien ist die Geburtenrate mit 1.25 sehr tief. Dort führt Armut dazu, dass viele Jugendliche bei den Eltern wohnen bleiben und keine Aussicht auf Familiengründung haben. Alarmierend als Beispiel ist das Resultat eines Vergleichs von Italien mit dem Gazastreifen bezüglich der in 4 Generationen zu erwartenden Zahlen: Bei Gleichbleiben der genannten Geburtenrate ergäbe sich, dass dann Italien statt heute 59 Millionen Einwohnern nur noch 9 Millionen Einwohner hat. Der Gazastreifen mit heute 2 Millionen Einwohnern hingegen hätte 18.9 Millionen. Krastev fragt: «Glauben Sie, als jemand der zwangsweise zum Osmanischen Reich gehörte, teile ich das Gefühl von postkolonialer Schuld, dass manche im Westen empfinden?» Es ist aber gerade dieses Gefühl, das die Politik des Westens bestimmt. Wie wenig berechtigt dieses Gefühl ist, erlebte ich z.B. 2010 bei einem Besuch der Mönchsrepublik Athos. Die 21 gewaltigen Kloster-Burgen zeugen von den gewaltigen Anstrengungen sich gegen den Sklavenhandel zu schützen, der vom Globalen Süden betrieben wurde. Diese Klöster beherbergten zum Teil jeweils über 1000 Mönche und leisteten damit einen großen Beitrag, die Geburtenrate auf friedlichem Wege den verfügbaren Ressourcen anzupassen. Zudem leisteten die Klöster enorme Beiträge zur Entwicklung von Zivilisation und Wissenschaft, von denen die Menschheit heute noch profitiert. In weiten Teilen Europas leistete auch folgende Regelung einen Beitrag zur genannten Anpassung an die Ressourcen: Nur ein Sohn erbte den Bauernhof. Seinen Geschwistern blieb oft nur die Wahl zwischen Kloster und Dienstbotenleben ohne Möglichkeit, eine Familie zu gründen. Zum Beispiel im Dorf, in dem mein Vater geboren wurde, gab’s beim größten Bauern zeitweise 21 Dienstboten (14 Knechte, 7 Mägde). Heute gibt es fairere Möglichkeiten, die Geburtenrate den lokalen Ressourcen anzupassen. Der Globale Westen hat auch deshalb das Recht aber wohl auch die Pflicht, auf die Bedeutung der demographischen Verantwortung hinzuweisen, als Voraussetzung für das lange gute Fortbestehen der Menschheit. Das gilt für Links und Rechts.
Gernot Gwehenberger

 


 

Leserbriefe zu „Der Wurst-Visionär“ von Daniel Hinz

Ein erfreulich guter Beitrag im Bereich Green! Was sie in einem weiteren Beitrag thematisieren können, ist die Betrachtung, welche Tiere wir halten sollten. Dabei gilt es zu berücksichtigen, welche Tiere (und wie viele von jeder Art) wir mit möglichst wenig Nahrungskonkurrenz zum Menschen (Stichwort HEF-Faktor) füttern können. Dies würde dann zum Zielfleischkonsum führen. Zentral sind dabei Wiederkäuer, da sie Grobfutter verwerten können, das wir als Menschen nicht nutzen können. Fakt ist, dass wir in D auf rund 1/3 der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) Grünland haben – und zwar Dauergrünland! – weltweit ist das auf 70 % der LN der Fall (das bedeutet, dass dort kein Acker möglich ist; zudem ist Dauergrünland der Garant für eine hohe Biodiversität und der größte Kohlenstoffspeicher – noch vor dem Wald, der ohne Nutzung des Grünlands an vielen Stellen schnell kommen würde). Allein das zeigt schon, ohne Tiere zu Schlachten und zu Essen werden wir die Menschen nicht ernähren können und die Ziele Erhaltung der Artenvielfalt sowie Ausbremsen des Klimawandels nicht erreichen können. Dazu kommt, dass wir auch vieles von dem, das wir auf dem Acker anbauen nicht essen können/wollen – es aber noch von Tieren verwertet werden kann. Das Schwein ist hier sicher noch vor dem Geflügel gefragt – aber nicht in den Mengen wie wir es heute halten. Zwei Beispiele: bei der Produktion von Hafer bleibt meist schon ein Großteil ungenutzt auf dem Acker: das Stroh, kleine Körner, Stellen, Unkrautsamen. Das dient letztlich der Bodenfruchtbarkeit, könnte aber in großen Teilen noch sinnvoll für die Tierernährung und Energieproduktion (Biogas oder Pyrolyse) genutzt werden (auch hier gilt es effiziente Kreislaufsysteme neu zu denken und umzusetzen).
Wird der Hafer dann Weiterverarbeitet gibt es viele Mühlennebenprodukte, die wiederum als Tierfutter nutzbar sind (leider geht es da aktuell komplett in die falsche Richtung, z. B. eine örtliche Mühle, die Schellermühle, plant gerade eine Biogasanlage für die Mühlennebenprodukte, da diese anscheinend dort besser verwertbar sind als beim Verkauf als Tierfutter -kann es sein dass dazu die derzeitige Politik samt Massenmedien einen nicht unerheblichen Beitrag für diese Fehlentwicklung liefern?) und wenn dann aus dem Hafer noch die vielgepriesene Hafermilch gewonnen wird bleiben nochmal 4/5 der dafür eingesetzten Haferkörner als Nebenprodukt, das von Schweinen gefressen werden kann, übrig. (Das zeigt auch, wie wenig effizient wir aktuell die Stoffkreisläufe organisieren!) Ein zweites Beispiel (das v. a. im Biolandbau notwendig ist, aber auch für konventionelle Landwirte sinnvoll wäre bzw. bei weiterer Reduktion der Herbizide unausweichlich ist): der Anbau von Feldfutter in Form von z. B. Kleegras. In der Bio-Fruchtfolge brauche ich mindestens 1 Jahr Feldfutterbau in 6 Jahren Fruchtfolgedauer. Also mindestens 1/6 der Ackerflächen, die nichts für den Menschen Essbares produziert, dass wiederum nur durch das Tier (in diesem Fall auch in Teilen vom Schwein und Geflügel, klassisch selbstverständlich vom Wiederkäuer) verwertet werden kann. Als Drittes Beispiel möchte ich das Wetter ins Spiel bringen: was machen wir mit z. B. ausgewachsenem Getreide (das es letztes Jahr beim Weizen fast überall in D in großen Mengen anstelle von Brotweizen gab)? Das wollen wir als Menschen nicht essen, aber es kann selbstverständlich über den Tiermagen in hochwertige Lebensmittelerzeugung für den Mensch veredelt werden. Und auch hier müssen wir diese Ernteprodukte über das Tier nutzen, um alle Menschen zu ernähren. Diese drei Beispiele sind grundlegendes Wissen jedes Landwirts und Agrarwissenschaftlers – derzeit aber scheinbar in der Politik und den Medien sowie in der breiten Öffentlichkeit völlig unbekannt – und da gibt es noch viele grundlegende Zusammenhänge, die bei so mancher aktuellen Problemanalyse außen vor bleiben und damit zu unsinnigen Ergebnissen führen – insbesondere im Bereich KI, die ja nur so gute Ergebnisse ausspucken kann wie die vorher gefütterten Daten beinhielten – ein Fakt der leider auch viel zu oft übersehen wird.
Stefan Thurner

Geboren, um zu sterben. Wann ist ein Leben den Tod wert? Fragt man die Täter, hier Herrn Esser, dann reicht es aus das Tierwohl zu verbessern. Wie er das konkret zum Wohl der (pro Jahr ca. 44 Mio.) Schweine machen möchte, lässt er offen. Ein bisschen Laub ein bisschen altes Brot und wenn die Schweine an die Lu+ können (wie viel Platz bleibt hier offen), dann fühlen sie sich wohl. Dann sind sie „ausgeruht und neugierig“. Das ist ein glückliches Schwein für Esser. Dafür s2rbt es sicher gerne. Oder? Schweine sind fühlende, empathische Lebewesen. Ihre Intelligenz ist vergleichbar mit der eines 3-jährigen Kindes. Sie sind schlau, smart und leben in weiblich geführten Familienverbänden. Schweine haben Streitschlichter und Schweinemü9er singen ihren Kindern Schlaflieder vor. Das alles sind sie, obwohl der Mensch sie bis zur Qual gezüchtet hat und täglich für maximalen Profit ausbeutet. Fragt man die Opfer, hier die Schweine, dann möchten sie nicht sterben. Sie haben Angst vor dem Tod. Wie jedes andere fühlende Lebewesen auch. Ein Schwein ist erst 6 Monate alt, wenn es getötet wird. Da hat es noch seine Milchzähne. Schweine werden vor der Schlachtung betäubt. Sie werden in 90 % der Betriebe „vergast“ mit CO2. Das Gas verursacht starke Schmerzen und die Tiere verlieren ihr Bewusstsein mit dem Gedanken zu ers2cken. Das ist 2erschutzwidrig aber in der Welt der „Nutz2ere“ erlaubt. „Gasgondel“ ist der Begriff, den man dazu googeln kann, aber nicht sollte, wenn man ein sensibles Wesen hat. Die Bilder und Geräusche, die Angst und der Kampf der Tiere bleiben im Gedächtnis. Darf man Tiere töten? Wann ist ein Leben den Tod wert? Und wie lang darf dieses Leben vor dem Tod dann sein? Ist ein besonders schönes Leben ein adäquater Ausgleich für ein sehr kurzes Leben, das mit Schmerzen und Angst endet? Fragen Sie die Opfer.
Katja Schneider

Ich finde es gut, dass Herr Esser sich bemüht, auf wissenschaftlicher Basis den Schweinen ein artgerechtes Leben und ein schmerzloses Sterben zu ermöglichen. Mensch möchte beim Fleischessen schließlich keine Gewissensbisse haben. Ich hätte mir noch etwas genauere Informationen dazu gewünscht, was denn konkret eine artgerechte Schweinehaltung ausmacht. Früher dachte ich nämlich, wenn ich Biofleisch kaufe, ist alles in Ordnung, aber das stimmt offenbar nicht. Das Hauptproblem kann freilich auch Herr Esser nicht beseitigen: die Gier und den Geiz der meisten Menschen. Meines Erachtens müsste der Staat deshalb vorschreiben, dass und wie Nutztiere artgerecht zu halten sind, die Einhaltung der Vorschriften auch tatsächlich kontrollieren und Verstöße gegen den Tierschutz tatsächlich und angemessen sanktionieren. Das geschieht derzeit nicht. Gleichzeitig müsste der Staat natürlich die Einfuhr von Fleisch und Fleischwaren, die nicht artgerecht erzeugt wurden, verhindern. Da fast alle Deutschen ihrem eigenen Bekunden nach für Tierschutz sind, sollte das machbar sein. Alles andere ist Heuchelei und Tierquälerei. Zum Töten von Tieren: https://www.ulrich-willmes.de/tierschutz.html
Ulrich Willmes

Max Esser schneidet die entscheidende Frage zwar an, wählt aber den falschen Begriff: es geht nicht darum, ob es „zumutbar“ ist, jeden täglich mit Billigfleisch schlechter Qualität zu versorgen, sondern es geht darum, ob es „ethisch vertretbar“ ist, die Tiere und die Umwelt gnadenlos auszubeuten (dazu gehört u.a. auch der gerodete Regenwald, um darauf das Soja für unsere Fleischproduktion anzubauen), nur damit sich auch die Ärmeren in unserem reichen Land ihr tägliches Schnitzel leisten können. Vor dieser Frage ducken sich alle Politiker weg, aber auch die Medien kommen nicht auf den Punkt und bleiben lieber an der populistischen Oberfläche. Wir müssen uns aber als Gesellschaft an dieser Stelle endlich ehrlich machen. Bejahen wir diese Frage können wir so weitermachen wie bisher und das Tierwohl den Gutmenschen überlassen. Verneinen wir sie aber, müssen wir auch zu den Konsequenzen stehen und uns darüber klar werden, ob es einen berechtigten Anspruch des Bürgers auf ein tägliches Schnitzel gibt. Wenn ja, müsste der Staat (also alle Steuerzahler!) diesen (Luxus-)Anspruch entsprechend subventionieren; und wenn nein, dann gibt es halt für einige Leute weniger Fleisch (und vielleicht wieder mehr Innereien, wie in meiner Kindheit). Tierwohl kostet – irgendwer muss dafür bezahlen, individuell oder kollektiv; das ist die nackte, bittere Wahrheit.
Wolfgang Heckl

Dass Max Esser sich um eine bessere Tierhaltung bemüht, ist löblich. Auch, dass er sich sein Auto mit „veganem Lederinterieur“ wählt, ist nett. Aber, dass die Redaktion hier nicht differenziert, zeigt oberflächliche Arbeit. Die Organisation „Peta“ wählt diesen Begriff, um Kunstleder sprachlich salonfähig zu machen. Kunstleder bleibt es, auch wenn es überwiegend aus veganen Bioprodukten besteht. Leder ist gegerbte Tierhaut. Alles andere ist kein Leder.
Friedrich Westerworth

 


 

Leserbriefe zu „Gefahr von Sonnenbrand“ von Marc Widmann

Dieser Beitrag ist doch ein absolut ungerechtfertigtes Bashing gegen Hausbesitzer mit PV-Anlage und Batterie im Keller. Das Problem sind nicht die Hausbesitzer, sondern die Industrie und die politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen. Ein Batteriespeicher im Eigenheim entlastet das Netz definitiv, weil die gespeicherte Energie das Netz entlastet und nicht ins Netz gelangt! Dass er darüber hinaus keine netzdienlichen Funktionen erfüllt, liegt an Gesetzen, die das aktuell verbieten. Aber nicht am Eigenheimbesitzer. Und die Industrie will das schon lange nicht, weil das nämlich ihre Profite beim Energieverkauf schmälern würde. Seit mehr als 20 Jahren treiben Eigenheimbesitzer die Energiewende voran! Da das konträr zu den Industrieinteressen ist und war, die eigentlich Energie verkaufen wollen, haben konservative Regierungen in den letzten 20 Jahren den weiteren Ausbau durch Rahmenbedingungen behindert und stark zurückgedrängt. Erst seit grüner Regierungsbeteiligung dreht sich der Wind langsam wieder und die Energiewende bekommt wieder etwas mehr Schwung. Die Einspeisevergütung beträgt für neue PV-Anlagen auf Eigenheimen mit Batterie im Haus nur etwa 8 Cent/kWh. Die Gestehungskosten für privat erzeugten PV-Strom liegen jedoch darüber, bei etwa 10 bis 20 Cent/kWh, über den Betrachtungszeitraum von 20 Jahren, in denen die 8 Cent/kWh Einspeisevergütung garantiert werden. Sie deckt also NICHT die Kosten, hilft aber wenigstens teilweise, damit sich eine kleine private PV-Anlage nach 20 Jahren doch meist rechnet. Nach 20 Jahren sinkt die Einspeisevergütung vermutlich deutlich unter 4 Cent/kWh. Der Wegfall der 20-jährigen Garantie für die Einspeisevergütung wäre daher aktuell der Todesstoß für den weiteren Ausbau von kleinen privaten PV-Anlagen. Und das können wir nicht wollen.
Dass auch bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden könnten, um auch Heimspeicher netzdienlich einsetzen zu können, steht außer Frage. Aber das ist eine Aufgabe des Gesetzgebers, nicht des Eigenheimbesitzers. Jedoch ist es wieder konträr zu Industrieinteressen, weil es deren Geschäftstätigkeit schmälern würde. Gegenwind ist daher vorprogrammiert. Der Netzausbau ist ausschließlich erforderlich, weil industrielle Großverbraucher im Süden des Landes Energie aus dem Windrad-reichen Norden des Landes benötigen. Aber nicht, weil private PV-Anlagen auf Eigenheimen einspeisen und deren produzierte Energie lokal von Nachbarn ohne PV-Anlage verbraucht wird. Aber diese industriellen Großverbraucher sind weitgehend von den Netzabgaben befreit. Erstaunlich ist, dass der Autor des Artikels den Fokus alleine auf die Eigenheimbesitzer richtet und Industrie und die politischen Institutionen, die die Rahmenbedingungen setzen, nicht berücksichtigt. Aus unserer Sicht als Solarberater sind private PV-Anlagenbesitzerinnen sehr wohl bereit, netzdienlich zu agieren. Sie tun das auch, wenn sie dazu die Möglichkeit haben, zum Beispiel beim Laden ihres Elektroautos oder durch die Verschiebung ihrer Energienutzung auf die Sonnenstunden bei Waschmaschine, Geschirrspüler und Wärmepumpe. Die Ansteuerung der Batteriespeicher im Haus lässt leider in der Regel keine Möglichkeit zu, das Laden besser über den Tag zu verteilen. An dieser Stelle sind die Wechselrichterhersteller gefragt, hier wären Verbesserungen leicht möglich.
Rainer Bachmann und Christian Koch

Nachts scheint die Sonne eher selten und der Wind, der nicht wehen will, der treibt naturgemäß auch kein Windrad an! Die Ampel setzt alles auf diese Form der Energiegewinnung; fragt aber anderseits nicht, ob die Bevölkerung damit einverstanden ist! Deutschland hat sämtliche Kernkraftwerke abgeschaltet, trotzdem kauft die Ampel-Regierung zusätzlich Strom aus Ländern, wie zum Beispiel Frankreich, die dann Strom liefern, der auch aus Kernkraft gewonnen wird; sehr komisch!?
Klaus P. Jaworek

Ja, Deutschland hat die Digitalisierung in vielen Bereichen verschlafen – und sobald man in nahezu jedem beliebigen europäischen Ausland war, merkt man, dass es das auch nach wie vor tut oder sich nach dem Start eines Digitalisierungsprojekts hoffnungslos im Bürokratie- und Förderalismusgestrüpp verheddert. Das Problem der Netzstabilität werden die digitalen SmartMeter, wenn sie denn überall im Einsatz sind, allerdings nicht lösen, denn die dahinter liegenden Heimspeicher sind viel zu klein, um die Kapazitäten, die zukünftig von großen Dach-PV- und weiteren Windkraftanlagen kommen, aufzunehmen. Jetzt fehlen regionale oder lokale Power-to-liquid-Speicher. Sie könnte es ebenfalls längst geben, wäre nicht auch hier viel Zeit im Tiefschlaf verbracht worden. Sie würden übrigens auch ein anderes Problem lösen, dass die großen Stromtrassen niemals in den Griff bekommen werden: Die Versorgung bei Dunkelflauten, denn dafür ist eine zeitliche Verschiebung eines großen Überangebots nötig, eine räumliche bringt gar nichts. Ein weiterer Vorteil: PTL-Speicher haben eine etwa 16.000-fach höhere Energiedichte als Stauseen – der gesamte Energiegehalt von Deutschlands größtem Pumpspeicherstausee, dem Schluchsee, ließe sich in einem Würfel mit nur 23 Meter Kantenlänge speichern. Ihr Wirkungsgrad liegt zwar – noch – unter dem von Pumpspeicher, wesentlich teurer kommt aber längst das ökonomisch und ökologisch vollkommen irre Abregeln von Anlagen bei einem Überangebot.
Markus Holt

Bisher gehörte es zu den wichtigsten Pflichten der Stromunternehmen, eine zuverlässige Versorgung sicherzustellen. Dies lassen sie sich teuer bezahlen. Jetzt sollen die Kunden einen Teil der Vorratshaltung und des Managements übernehmen, ich habe aber noch nicht gehört, dass die Stromversorger dies auch in ihren Tarifen berücksichtigen wollen.
Peter Pielmeier

 


 

Leserbriefe zu „Läuft gut“ von Christian Spiller

Die Grenzen menschlicher Leistungsfähigkeit im Leistungssport und der Anteil an Material- Eigenschaften sind offensichtlich noch nicht ausgereizt. Höher, schneller und weiter und wer die “ Goldmedaille “ gewinnt ist die mentale Tagesform ein nicht messbarer Teil verantwortlich. Allerdings wäre es interessant zu erfahren, wie die Frauen in diesem “ Wettbewerb “ unter sich , oder im Vergleich zu den Männern abschneiden. Läuft nicht gut für die Frauen- fehlen hier grundlegende Wissenschaftliche Untersuchungen, wir haben doch mit der Sporthochschule Köln eine wissenschaftliche Institution?
Thomas Bartsch Hauschild

Der Autor fragt: Geht da noch was? Ich hingegen frage mich andauernd, was hat die ganze Veranstaltung mit meinem Leben zu tun? Was nützt es zu wissen, dass man jetzt nur noch 12 Minuten braucht, um z. B. 5 km zurückzulegen, aber mein Heizungstechniker für diese Strecke drei Wochen braucht, weil ihm mein Auftrag nicht so dringend erscheint??? Und was nützt es zu wissen, dass man als Mensch einen Marathon in unter drei Stunden zurücklegen kann, die Leute aber lieber auf die S-Bahn schimpfen, wenn sie 10 Minuten zu spät kommt, anstelle es doch mal mit Selber-Laufen zu probieren??? Und was nützt es zu wissen, dass mit Hilfe eines Stabes 5 Höhenmeter überwinden kann, aber wenn ich die 5 Meter hohen Kirschen vom Baum pflücken will, benötige halt trotzdem eine Leiter. Schon lange ist erwiesen, dass die Leistungen der Spitzsportler überhaupt keinen Einfluss auf die Gesundheit und Fitness des Otto-Normalbürgers haben und – im Gegenteil – ihn eher demotivieren, weil er sicher sein kann, dieses Niveau niemals in seinem Leben zu erreichen. Mit seinem Alltag hat das alles also herzlich wenig zu tun Und dass vom ursprünglichen olympischen Gedanken nicht mehr viel übriggeblieben ist, das rufen doch schon die Spatzen vom Dach. Es ist ein Medien-Ereignis zur Unterhaltung und zu Ablenkung der Masse Mensch. Nichts weiter. Oder um es auf die letzte Seite der ZEIT zu pointieren: Olympia und Spitzensport macht mein Leben NICHT reicher.
Bernhard Moser

Wie unterschiedlich doch die wahrnehmung sein kann. Ich war auch im sog. deutschen „ haus“ in paris, auch oben ( nur mit akkreditierung zugänglich) und unten (fanzone). Leider spiegelte diese oben/unten verteilung auch einen grossen teil unserer gesellschaft wider: oben – buffet, wichtigsein, polit-& sportprominenz inkl. sportfunktionäre, die allesamt umsonst ein leckeres buffet & viel alkohol konsumieren konnten und unten die eintritt & essen/trinken – zahlenden normalos. Gemeinsamkeit zwischen oben & unten gab es nur auf der bühne unten. wie im ÖR. Wollen wir mal hoffen, dass die für teuer geld eingeflogene polit-prominenz ihre olympia- bewerbung nicht auf dieser grundlage gestaltet!
P. Roetzel

 


 

Leserbriefe zu „Sie sprechen mit Raketen“ von Andrea Böhm

Mit den erneuten gezielten, staatlich durchgeführten Morden im Libanon und im Iran hat die israelische Führung das Existenzrecht ihres Staates endgültig zur Disposition gestellt. Die Weltgemeinschaft muss Staaten, die sich jahrzehntelang weigern, Internationales Völkerrecht anzuerkennen und die ständig bewusst dagegen verstoßen, aus ihren Reihen ausstoßen. Wirtschaftlich, politisch boykottieren und gegebenenfalls militärisch daran hindern, permanent Internationales Recht mit Füßen zu treten.
Björn Luley

Israel, so sagen die Spezialisten, und sie müssen es ja wissen, „bereitet sich“ nun also „auf einen umfassenden Krieg vor“. Denn nachdem Tel Aviv ja schon lange über den ganzen Mittleren Osten verstreut die „politische Strategie“ verfolgt, unliebsame politische Anführer gegnerischer Formationen einfach gezielt abzumurksen (wie jüngst wieder in Teheran), signalisiert nunmehr Iran, solche Eskalations-Angebote fürderhin nicht mehr auszuschlagen, sondern anzunehmen und Israel im Gegenzug militärisch anzugreifen. Für uns Laien stellt sich da natürlich die bange Frage, an welchem Punkt genau ein Krieg denn von einem „nicht-umfassenden“ zu einem „umfassenden“ wird? Ist z.B. das nunmehr elfmonatige Gemetzel im Gazastreifen noch gar nicht „umfassend“? Nun besitzt Israel ja offiziell keinerlei Atomwaffen, und als eindeutiger Beweis hierfür gilt ja die unumstößliche Tatsache, dass kein israelischer oder wertewestlicher und israel-freundlicher Politiker je auch nur die leiseste Andeutung machen würde, dass das genaue Gegenteil Tatsache ist und alle Welt dies auch weiß. Aber ob das wiederum irgendetwas zu tun haben könnte mit diesen „Vorbereitungen auf einen umfassenden Krieg“, und was genau dieser ev. zusätzlich umfasst, was z.B. der Gaza-Krieg bisher noch nicht umfasst hat – weiß Gott! (Oder die Spezialisten?) Wie mit den Festen, die unsereiner feiern muss, wie sie fallen, zurzeit z.B. ganz groß Olympia, so ist es halt auch mit Kriegen und Atombomben.
Benjamin Kradolfer

Die meisten Beteiligten der Konflikte im Nahen Osten halten starr an ihren jeweiligen Identitäten, sprich Traditionen, Ritualen, Geschichtsinterpretationen und Wirklichkeitsverständnissen fest. Solche Identitäten sind allerdings vorgegebene Muster, die die individuellen Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten der Bürger einschränken und gegenüber anderen abgrenzen. Der Weg zu Frieden und Verständigung führt also über die Hinterfragung eigener Positionen und weg von der Verabsolutierung angeblich endgültiger Wahrheiten. Wenn das vernachlässigt wird, bleibt die sogenannte Realpolitik übrig, die aber in dem Fall nur ein mangelhafter Bruchteil ganzer Wirklichkeit ist und jegliche Kooperationen erschwert.
Christoph Müller-Luckwald

 


 

Leserbriefe zu „Hinaus ins Ungeschützte “ von Hanno Rauterberg

Ein ewiger Kreislauf: alles erodiert, bis es so klein ist, dass es durch Wind oder Wasser fortgetragen wird, um sich in irgendwelchen Senken zu sammeln und dort über lange Zeit wieder verdichtet zu werden, um dann später durch Erdkräfte wieder in die Höhe gehoben zu werden und dort erneut der Erosion ausgesetzt zu sein. Alles ist Übergang. Es gibt nichts Bleibendes. Dieser überwältigenden Ungeheuerlichkeit wird der Mönch am Meer gewahr. Eine fürchterliche Grenzerfahrung, für die er mutig das durch Regeln gesicherte Klosterleben verlassen hat. Unser Leben ist auf Sand gebaut, im Zweifel versinkt selbst das kleinste Körnchen Gewissheit im Sand, zerfällt zu Staub. Zugleich aber auch eine tröstende Grenzerfahrung: Aufgehoben zu sein in einem großen Zusammenhang. Und dann wieder beängstigend: In der Offenheit ausgesetzt zu sein den Kräften des ewigen Wandels. Es gibt nichts Bleibendes, nichts, woran wir uns halten können. Die Rettung aus dieser Ambivalenz sind jene Kräfte, die nur uns eigen ist: Geisteskraft, Ausdruckskraft, Vorstellungskraft, Willenskraft. So kann bei einem sommerlichen Gedankengang am Strand sogar die Leichtigkeit zum Tragen kommen.
Reinhard Koine

Herzlichen Dank und Gratulation an Hanno Rauterberg für seinen wunderbaren Text über den Strand!
Claudia Stursberg

Ich möchte Ihnen von Herzen danken für Ihren Text in der ZEIT Nr. 33 vom 1.8. Es ist eine wundervolle Beschreibung des Strandes, den man dabei hautnah erlebt, bzw. ein herrliches Gemälde vor sich sieht, ohne jemals dort gewesen zu sein. Ich habe Ihren Beitrag – wie eigentlich alle Ihre Beiträge -mit großem Gewinn gelesen!
Herma Brandenburger

 


 

Leserbriefe zu „Weltgeschichtliches Wasser“ von Alexander Cammann

Einige stille Tümpel in Tschechien sind der Ursprung der stolzen Elbe wie wir sie in Hamburg kennen. Eine fantastische Entwicklung von der Tschechei bis hierher. Nur sollten die Tschechen nicht auf die Idee kommen Hamburg sein ein Vorort von Prag. Hammonia rules the waves der Elbe. Und die Tschechen brauen ein gutes Pils und träumen vom Prager Vorort.
Hans-Emi Schuster

Schade, dass die Überschrift dieses Artikels so reißerisch ausgefallen ist. „Endlich bekommt die Elbe die literarische Würdigung, die sie verdient“. Keine Frage, eine literarische Würdigung verdient die Elbe. Nur stimmt leider das Wörtchen „endlich“ überhaupt nicht. Es gibt Uwe Radas Buch „Die Elbe – Europas Geschichte im Fluss“ aus dem Jahr 2013 (Siedler) und einen umfangreichen Katalog (Nicolai) zu einer Ausstellung des Deutschen Historischen Museums über diesen Strom im Jahr 1992. Zugegeben, eine Ausstellung ist nicht literarisch, ein Katalog wohl teilweise. Nebenbei bemerkt: Diese Buchbesprechung von Alexander Cammann hätte auch eine des Buches von Uwe Rada sein können.
Hartwig Riemann

Künstlerisch, d.h. malerisch wurde die Elbe bereits von Friedel Anderson geehrt. Ich möchte Sie daher auf das schöne Buch: Friedel Anderson, Die Elbe, eine Malreise von der Quelle bis zur Mündung (Deutscher Kunstverlag 2009) aufmerksam machen.
Anke-Katrin Schweizer

 


 

Leserbriefe zu „Was mein Leben ärmer macht“ von Marcus Rohwetter

Die Meldungen über eine sinkende oder steigende Inflation dienen nur der Verdummung der Massen. Ich führe seit über 20 Jahren ein Haushaltsbuch und habe die Kosten genau aufgeschrieben. Da ergibt sich bei ungeänderten Lebensweisen für die täglichen Kosten an Lebensmitteln eine Steigerung auf das 2,5-Fache! Die Löhne oder Renten sind nicht mal um das Doppelte gestiegen. Mit Meldungen das man sich daran gewöhnen soll ist den normalen Bürgern nicht gedient. Es wird nur wieder bewiesen das man nur einer Statistik glauben soll, die man selbst gefälscht hat.
Rolf Geyer

„Ein Zyniker ist ein Mensch, der von jedem Ding den Preis, und von keinem den Wert kennt!“ Dieses Zitat stammt von dem irischen Schriftsteller Oscar Wilde (1854-1900) Die Preise steigen zwar langsamer, aber dennoch hören sie nicht das auf zu steigen. Da in diesem Moment geht´s damit wieder bergauf! Und wem haben wir das alles zu verdanken? Richtig, unter anderem dieser Sanktionspolitik der EU und natürlich auch der Politik der Ampel, welche diese Vorgaben der EU gnadenlos in Taten umsetzt!
Klaus P. Jaworek

Die große Überschrift ist sehr berechtigt: steigende Preise oder Inflation machen das Leben ärmer — zunächst für alle, aber dauerhaft für diejenigen, die sich keinen Inflationsausgleich erstreiken oder politisch ertrotzen können, und das sind nicht nur reiche. Deshalb ist der zweite Teil der kleinen Überschrift — „Dagegen helfen nur höhere Löhne — und Gelassenheit“ — leider nicht ganz richtig, zumindest unvollständig: Erstens gibt es auch andere Maßnahmen, die helfen wie z.B. seriöse Finanz- und Steuer- und Ausgaben-Politik, realistische und auf das Gemeinwesen und Gemeinwohl Rücksicht nehmende Tarif- und Arbeits-verträge, Sorgen für genug gut ausgebildete Nachwuchs-Fach- und Arbeitskräfte durch genug Kinder, Lebensarbeitszeiten und/oder Migranten, die allerdings meist auch erst überprüft, in Wohnungen untergebracht und integriert werden müssen, dann Vermeidung von zu großen Abhängigkeiten in Energie-Importen und Lieferketten und Aufbau alternativer Energien und Produktionen. All das wird leider immer wieder ignoriert oder sabotiert oder mit manchmal fadenscheinigen oder irreführenden Argumenten weg-argumentiert. Höhere Löhne können natürlich helfen, allerdings nur, wenn die Arbeitgeber sie sich leisten können, ohne dass noch schlimmere Probleme auftauchen wie Preis-Lohn-Preis-Spirale oder bei deren Unmöglichkeit durch z.B. internationale Konkurrenz Verlagerung von Betrieben oder Teilen davon in andere Länder. Selbst die genannte Spirale verschlimmert noch die Ungerechtigkeit gegenüber all den genannten, die eben keine Chance auf Inflationsausgleich haben, weder durch Streiks noch durch politische Macht der großen Zahl wie Rentner oder Pensionäre. Solche Opfer von Negativ-Zinsen und Inflation sind leider abgesehen von kommenden Generationen auch öfter die Hauptzahlmeister auch von Staats- oder EZB-Schulden, die eben kein wirtschaftliches Perpetuum mobile sind, außer vielleicht in Fällen, wo es sich um wirkliche Real-Einnahmen steigernde Investitionen handelt und nicht nur um solche, die bestenfalls Verschlimmerungen vermeiden oder nicht einmal das, wenn es sich um rein „moralische“ Verbesserungsinvestitionen handelt.
„Gewöhnungseffekte“ gibt es natürlich, was aber nicht unbedingt bedeutet, dass es dann nicht mehr schlechter als vorher wäre. Solche Gewöhnung gibt es auch nach Verlusten aller Art, sogar bei schweren Unfällen oder Operationen mit resultierender Dauer-Behinderung. Und dass Industrien Preise auch bei sinkender Nachfrage nicht wieder senken, lässt sich in vielen Fällen auch ohne Gier oder Gewinnstreben erklären, die a auch schon vorher da waren: Z.B. haben sie vielleicht in der Zwischenzeit neue Lohntarife, steigende Energiekosten, noch mehr Bürokratie und auflagen etc. zu verkraften gehabt, also keine Gewinn-überschüsse, auf die wie ggf. verzichten könnten. Bekanntlich erwägen ja bereits große Teile der deutschen Industrie die Verlagerung von zumindest Teilen der Betriebe in andere Länder, wo die Summe aller Belastungen deutlich geringer ist und vielleicht auch das Angebot an Fachkräften noch besser. Die o.g. möglichen Ursachen sind bei den jüngsten Inflationsschüben aber wohl nicht die Haupt-Treiber, sondern die steigenden Energie-Kosten durch die erzwungene Umstellung von russischem Gas auf das 3mal teurere LNG, während im Strombereich der schnellere Aufbau erneuerbarer Energien immer noch durch Bürgerinitiativen gegen Windräder und Fernleitungen, durch Bürokratie-Monster und manipulativ geschürte Heiz-Umstellungs-Ängste massiv gebremst wird. Da die teureren Energien aber größten Teils aus dem Ausland kommen, gehen auch die verlorenen Gelder für deren Ankauf dorthin, so dass eigentlich niemand in Deutschland über die Reserven verfügt, die Ausgleichs-Steigerungen von Renten, Pensionen und Löhnen zu finanzieren, außer durch Umverteilung: Was die einen wieder mehr bekommen, kann nur auf Kosten anderer gehen, zumindest solange es kein nennenswerte reales Wachstum netto gibt — nach Abzug von Schrumpfungen oder „stranded Assets“ an anderen Stellen — durch wieder mehr Produktivität, Arbeit, Wettbewerbsfähigkeit etc.
Und anderen reale Vermögens- oder Einkommens-Abstriche aufzuzwingen, mag vielfach für die Gerechtigkeit wünschenswert sein, ist aber gefährlich, wenn diese die Möglichkeit der Leistungsverweigerung oder Verlagerung ihres Kapitals oder ihrer Arbeitsleistung ins Ausland haben. Deshalb kann man leider nicht jede Preis-Erhöhung verantworten, mit der Brechstange durch Lohn-, Renten- und Pensions-Steigerungen auszugleichen oder gar noch starke realwertige Steigerungen von Einkommen oder Freizeit durchzusetzen, im Staatsbereich z.B. auf Kosten von weiter steigenden Schuldenlasten. Dabei mag es richtig sein, dass es für Inflationsopfer und kommende Generationen noch schlimmeres gibt als noch größere Schuldenberge, wie ein „toter Planet“ oder kaputte Infrastruktur oder Bildung oder (sozialer und sonstiger) Frieden; aber ist es fair oder eher zynisch, unseren Erben und ihren jetzigen Fürsprechern nur die Wahl zwischen diesen Übeln zu lassen, damit die jetzigen Generationen von jeglichen Abstrichen verschont werden, sei es an Freizeit, Rentenzeit, Geld, „Freiheiten“ und sonstigen Besitzständen?
Peter Selmke

 


 

Leserbriefe zu „Deutsche Geister“ von Laura Ewert

„Den Artikel klaren und aufrichtigen Artikel von Laura Ewert über ihre Spurensuche zu ihrem Großvater und dem Umgang mit den Erlebnissen habe ich mit großem Interesse gelesen. Davon angeregt kam mir der Gedanke von der eigenen Spurensuche zu erzählen, hier zu meinem Großvater väterlicherseits, der von Beruf evangelischer Pfarrer war. Über die NS-Zeit wurde in beiden meiner Herkunftsfamilien nichts erzählt, was die Suche, die vor gut zehn Jahren stattfand, recht mühselig und zeitaufwendig machte. Auch waren meine Großeltern bereits gestorben. Als ich, geboren im Jahr 1977, in das Alter kam, wo ich meine Fragen hätte stellen können, gab es einen großen Streit und Kampf in diesem Familienzweig. Dieser war so heftig, dass ich mich damals nicht getraute meine Fragen auszusprechen, da ich eine Gefahr spürte, dass dies eine noch größere unheilsame Unruhe nach sich ziehen könnte. So habe ich auch den Mund gehalten, als wir die Wohnung nach dem Tod meines Großvaters ausräumten, wo die privaten Fotoalben in den Müll kamen, auf denen mir beim kurzen Blättern auch Menschen in Uniformen mit NS-Symbolen begegneten. So führte mich mein Weg zunächst in das Zentralarchiv der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in Darmstadt, wo ich die Personalakte meines Großvaters einsehen konnte. Dort fanden sich die Pfarrstellen, die er vor seiner langjährigen Zeit in Offenbach am Main betreute. Wie ich durch die Personalaktie erstmals erfuhr, war er zur NS-Zeit vor allem im kleinen Ort Sprendlingen in Rheinhessen tätig, dort wurde auch mein Vater und sein älterer Bruder geboren. In der Akte fand sich ein von meinem Großvater ausgefüllter Fragebogen der US-Armee, in der nach Mitgliedschaften in NS-Vereinigungen gefragt wurde. Dort las ich von vorübergehender Mitgliedschaft in der SA während des Theologiestudiums in Gießen.
Auch gab er an, Veröffentlichungen des „Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ bezogen zu haben. Dies erstaunte mich, da es mir schien, ohne allerdings genaueres darüber zu wissen, dass dies etwas war, dass man vielleicht lieber verschweigen will. Da ich um Religion bislang in meinem Leben einen weiten Bogen gemacht hatte, zumindest soweit es mir als Enkel des Stadt-bekannten Dekans möglich war, musste ich mich sehr langsam an dieses Thema herantasten. Wie sich herausstellte, wurde dieses Institut auf der Wartburg in Eisenach von knapp der Hälfte der evangelischen Landeskirchen im Jahr 1939 gegründet, zu den Mitgliedern zählten Oberkirchenräte, Pfarrer, Theologen und Akademiker. Man veranstaltete Tagungen und Seminare, veröffentlichte einen neuen Katechismus, das Gesangbuch „Deutsche mit Gott“ und ein „Volkstestament“, bei dem man jüdische Bezüge im Neuen Testament herausnahm und das Alte Testament ganz verwarf. Vielleicht glaubte mein Großvater, der zunächst den Weg eines Sportlehrers gehen wollte, dass es sich bei diesen Veröffentlichungen um offizielle evangelische Theologie handelte. Heute weiß ich, dass das Ansinnen das jüdische aus der Bibel zu entfernen bedeutet, alles darin zu verwerfen. Erst vor kurzem begegnete mir zufällig dieser Satz aus der Bergpredigt: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben!“. Allerdings fühlten sich die Mitarbeiter dieses Instituts gerade dazu aufgerufen. Zunächst über das Internet näherte mich auch dem kleinen Ort Sprendlingen in Rheinland-Pfalz, der mir unbekannt war. Auf der Webseite fand ich den Hinweis auf ein Video-Projekt einer Jugend-Initiative vor Ort, welche den Spuren der ehemaligen jüdischen Einwohner folgte, die in der NS-Zeit vertrieben, verfolgt, verschleppt und ermordet wurden. Das Video konnte ich mir als VHS-Kassette bei einer Bildungseinrichtung in Mainz ausleihen, beim Filmhaus Frankfurt fand sich ein passendes Abspielgerät. Davon angeregt nahm ich Kontakt zu den Initiatoren auf und fragte, ob dort noch etwas über meinen Großvater bekannt wäre.
Tatsächlich erinnerte sich eine Frau an einige Notizen, die sie bei ihren Gesprächen mit den Zeitzeugen vor Ort gemacht hatte, wo er erwähnt wurde. Es war kleine Erinnerungs-Bruchstücke, bei denen der Zusammenhang nicht immer ganz klar war. Zumindest konnte man herauslesen, dass mir hier kein besonders mutiger Mann begegnete. Im Kopf geblieben ist mir noch die notierte Empörung einer Frau, die darum bat, ihr „halbjüdisches“ Kind evangelisch zu taufen, was er ihr zunächst verweigerte. Wie es weiterging, ist mir leider mittlerweile entfallen. Als ich von einer Gedenkveranstaltung zum offiziellen Holocaust-Gedenktag dort erfuhr, beschloss ich daran teilzunehmen. Dabei begleitete mich die Frage, was die Geschichte meines Großvaters mit meiner eigenen zu tun hat, ohne darauf eine Antwort zu haben. Das Gedenken fand in der ehemaligen Synagoge statt, die mittlerweile saniert, für musikalische und kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. In Erinnerung habe ich, dass am Kopf des Raumes hinter einer Glasscheibe die ehemalige Thora-Rolle aufbewahrt wird und das zum Abschluss die Musik aus dem Film „Schindlers Liste“ von CD zu hören war. Als dieser Film im Jahr 1993 in Deutschland gezeigt wurde, gingen viele Klassen meines Gymnasiums geschlossen zu den im Kino extra angebotenen Schulvorstellungen, auch meine. Durch einen Termin oder eine Krankheit konnte ich nicht mitkommen. Obwohl ich gerne Filme schaute, war ich allerdings heilfroh darüber dem fernzubleiben, da ich den starken Eindruck hatte, dass die Lehrer froh waren, dass ihnen Steven Spielberg eine lästige und unangenehme Aufgabe abnahm. Für mich fühlte es sich so an, als ob man mit diesem Film, das Schweigen, dass ansonsten bei dem Thema herrschte, schnell und leicht überbrücken könnte, worüber ich mich ein wenig schämte. Als ich vor gut zehn Jahren begann, als religiöser Laie mir einen Reim auf die Arbeit des Eisenacher Institut zu machen, musste ich viel lesen.
Auch begann ich sonntags im Rundfunk Predigten zu hören, las Fachtheologie und kaufte mir für ein Jahr regelmäßig die Jüdische Allgemeine, die ich zu meiner Überraschung recht ansprechend fand. So habe ich beispielsweise erfahren, dass die Redaktion des MAD-Magazins, das ich in meiner Jugend gerne las, eine jüdische war. Auch las ich die Tora-Auslegungen der Wochenabschnitte der Rabbiner, von Männern wie Frauen, durchaus mit Interesse. Trotzdem ergab sich für mich ein verwirrendes Bild. Wovon die biblischen Geschichten tatsächlich erzählten, blieb mir verschlossen, da diese meist nur als lose Sprungbretter und Stichwortgeber für eigene Beiträge und Gedanken dienten. Um nicht völlig in der Beliebigkeit unterzugehen, suchte ich wenigstens nach einer Bibelübersetzung, die nah am Urtext blieb, um wenigstens hier einigermaßen auf festem Grund zu stehen. Auf einer Bibel-Webseite begegnet mir dabei zufällig eine Fußnote, die im Hinblick auf die vielen Zahlen in der Bibel (z.B. 40 Jahre Wüstenwanderung) auf das Buch „Schöpfung im Wort“ von Friedrich Weinreb hinwies. Da ich mittlerweile den Eindruck gewonnen hatte, dass Theologie ein Fass ohne Boden sein kann, war ich zurückhaltend wieder nach einem scheinbar rettenden Strohhalm zu greifen. Erst als ich von einer Empfehlung von Michael Ende las, bestellte ich mir das Buch. Die größte Frage, die sich nach meiner verblüfften und erstaunten Lektüre stellte, warum niemand in der offiziellen Theologie diese gut lesbare und nachvollziehbare Einführung in die biblischen Bilder kennt, die auf sehr genauen Kenntnissen der Alt-Hebräischen Sprache aufbauen. Für mich war dies eine schon unverhoffte Antwort auf die vielen Fragen, die sich für mich bei der Spurensuche zu meinem Großvater stellten. Dem Ort Sprendlingen habe ich daraufhin als Geschenk fünf Exemplare geschickt, u.a. für die Schulbibliothek. Ich erhielt die Anfrage zu einer persönlichen Übergabe an den Bürgermeister, auch im Beisein der Lokalpresse, was mir allerdings etwas unangenehm war und schob, glaube ich, Zeitprobleme vor.
Viel mehr Spuren zu meinem Großvater fanden sich nicht, es gab noch einige lose Hinweise auf mögliche Kontakte zu Personen, die für die SS kirchliche Würdenträger verfolgten und einsperrten, was sich aber alles nicht richtig belegen ließ. Die Akte zur Entnazifizierung der US-Besatzung meines Großvaters in Offenbach im Hessischen Hauptstaatsarchiv war nicht mehr auffindbar. Als ich am Ende meiner Spurensuche nach einem Gottesdienstbesuch in der Lutherkirche in Offenbach, wo mein Großvater lange Jahre tätig war, dem Pfarrer von all dem erzählte und als Geschenk „Schöpfung im Wort“ für die Gemeindearbeit überreichte, war ich recht schnell wieder auf dem Weg zu meinem Parkplatz. Ich hatte ich den Eindruck, dass ich damit eher gestört habe und fühlte mich ein wenig hinausgeworfen. Ähnlich erging es mir mit meinen zwei Cousins und der Witwe meines Onkels, die damals bereits selbst als Laienpredigern in Kirchen zu hören war, gleiches erlebte ich auch mit religiösen Einrichtungen und Hochschulen. Mittlerweile erzähle ich kaum noch davon, mit Blick auf den Artikel von Laura Ewert hatte ich aber den Gedanken, es doch mal wieder zu tun.
Johannes Eckert

Ich möchte Frau Ewert für den ergreifende Artikel danken. Eigentlich wollte ich- wie jeden Sonntag- gemütlich die ZEIT in meinem Hängesack lesen. Bei dem Artikel kamen mir dann die Tränen. Da ICH nicht weiß, was mein verstorbener Vater damals bei der Waffen-SS getrieben hat, bleibt das, was sie für sich in Erfahrung bringen konnten, für mich weiterhin offen. Wahrscheinlich bin ich aber nicht der Einzige. Danke für den toll geschriebenen Bericht.
Rudi Lorenz

Beim Nachforschen des „Drecks am Stecken meines Vaters“ habe ich ganz genau dieselben Erfahrungen wie Frau Ewert gemacht. Beim Lesen der Feldpostbriefe meines Vaters aus dessen Zeit der Stationierung in Italien 1943/44 stieß ich 2018 auf Berichte meines Vaters von eigenhändigen Erschießungen italienischer Geiseln, die er seiner Frau (meiner Mutter) ganz offen und ohne jegliches Unrechtsgefühl schilderte. Ich begann zu recherchieren und fand heraus, dass in dem Dorf, in dem damals mein Vater als Kommandant „wirkte“, alljährlich eine Gedenkveranstaltung für die vielen Opfer der von meinem Vater zum Tode verurteilten und teilweise eigenhändig erschossenen Menschen abgehalten wird. Nachdem ich mich mit dem dortigen Bürgermeister in Verbindung gesetzt und einen langen Brief geschrieben hatte, der auch in der örtlichen Presse veröffentlicht und bei der Gedenkveranstaltung verlesen worden war, erhielt ich nicht nur vom Bürgermeister, sondern auch von Nachkommen der damaligen Opfer viele dankbare Zeilen für meine Entschuldigung und Aufforderung, alles zu tun, dass solche Verbrechen nie mehr stattfinden dürften. Mit der Enkelin eines von meinem Vater damals erschossenen Mannes stehe ich in Kontakt. Wir beide engagieren uns ehrenamtlich dafür, Nationalismus, Rassismus und Militarismus zu bekämpfen. Unrecht darf nicht vergessen werden, die Zukunft aber muss gemeinsam gestaltet werden im Bestreben, es besser zu machen als unsere Eltern und Großeltern.
Björn Luley

 


 

Leserbriefe zu „Trinkfest“ von Sophie Neukam

Es geht um Kapseln für Kaffeemaschinen. Und die Kapseln sollen abbaubar sein und das alles verspricht Nachhaltigkeit. Na klar, Nachhaltigkeit ist immer gut. Die Frage ist nur, schmeckt die Flüssigkeit, die da erzeugt wird, auch dem Verbraucher? Ich bezweifle das stark. Kaffeebohnen gehören in die Mühle, ganz altmodisch. Bei den Bohnen macht es die Mischung. Mild bis kräftig. Und dann die richtige Portion heißes Wasser und Kaffeesahne. Am besten ist immer noch kräftig pur mit einen Schuss Cognac. Prost
Hans-Emil Schuster

Ihr Artikel vereint viele deutsche Klischees. Leider ist alles, was Sie propagieren aber ziemlich neben der Nachhaltigkeit. 1. Warum braucht es ein Supersonderangebot damit die Maschine samt Kapseln gut ist? Entweder sind dann die sonst verlangten Preise Mondpreise und die Handelsspannen der Unternehmen zu hoch. 2. Warum braucht es eine Kapselmaschine? Kapseln sind auch im Angebot noch wesentlich teurer als die selbe Kaffeemenge als geröstete Bohne und eine normale Kaffeemaschine (wenn man schon nur Knöpfchen drücken möchte) gibt es in Summe auch recht günstig (berechnen Sie mal den Preis für eine Kaffeemaschine für Bohnen mit Mahlwerk und dann die Kosten für die Bohnen für 1000 Tassen im Vergleich zu Ihrer Kapselmaschine, und dann noch mit einer French Press…) und das sollte die eigentliche Botschaft sein, anstatt Werbung für ein Produkt zu machen! 3. Kaffee ist niemals ökologisch und nachhaltig, selbst nicht Bio- oder Fairtrade-Kaffee. Das sollten Sie an den Anfang stellen. Sorry, aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Sie sich bei Green in einer ziemlichen Bubble befinden, die sich verboten hat, über den Tellerrand zu schauen und auch mal kritische Fragen stellt oder grundlegende Zusammenhänge betrachtet/berücksichtigt.
Stefan Thurner

 


 

Leserbriefe zu „Wenn Wälder wandern“ von Fritz Habekuß

Wieder stehen Bäume im Vordergrund, wo es doch um Wälder geht. 99,99 % der Wald-Organismen sind aber keine Bäume! Wie tief verstehen wir die gestressten Waldökosysteme, dass wir sie von den Bäumen her nach „Anbauversuchen“ durch „assistierte Migration“ „anpassen“ wollen? Ändert das irgendetwas an den bedrohlichen Ursachen? Sollte sich nicht der Mensch anpassen? Dieses vernunftbegabte Wesen weiß doch, was von einer lebensfreundlichen Erdatmosphäre abhängt. Er weiß auch, was (wer) diese Lebensfreundlichkeit gefährdet. Oder etwa nicht?
Georg Josef Wilhelm

Aus meiner Sicht gibt es drei Ursachen, warum wir in Deutschland zusehen wie die Wälder sterben und in den Städten das Grün immer weniger wird.
1. Naturschützer die jede Pflanze, welche nicht seit der Eiszeit im Gebiet des heutigen Deutschlands wächst als invasiv bezeichnen und bekämpfen. Diese Leute haben nicht begriffen, dass alle Wälder auf unserem Gebiet durch den Menschen gepflanzt nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gepflanzt wurden. Auch begreifen sie nicht, dass die Natur ohne Einfluss der Menschen sich im ständigen Wandel befindet.
2. Denkmalschützer, die darauf bestehen durch den Klimawandel eingegangene Bäume durch die gleichen Arten zu ersetzen, weil sonst die Ansicht auf ein Denkmal gestört werden könnte.
3. Ökonomen und Juristen, welche im Auftrage von Eigentümern Pflegeverträge für innerstädtische Grün ausarbeiten und abschließen. Diese Verträge werden nur nach ökonomischen und rechtlichen Gesichtspunkten abgeschlossen. Botanische Kenntnisse wann man welche Pflanzen schneidet oder die Rasenflächen mäht, um sie zu erhalten spielen keine Rolle. So werden die Wiesen- und Rasenflächen fünfmal im Jahr bis auf die Wurzeln abgehobelt. Die Gräser und Kräuter kommen werden zur Blüte noch zum Aussamen. Büsche und Hecken werden einem unnatürlichem Formschnitt unterzogen – alles, was grün ist oder kurz vor der Blüte steht wird abgeschnitten und das in der Zeit, wo eigentlich das Schneiden verboten ist. Bei Nachpflanzungen werden meistens hochgezüchtete Bäume mit unnatürlichem Kronenaufbau eingesetzt. So fallen sie schneller den Unwettern zum Opfer, weil das Kronensegel sehr hoch ansetzt. Die Hebelwirkung für die kleinen Wurzelbälle ist viel zu groß.  Wenn diesen Leuten nicht das Handwerk gelegt wird helfen auch die vielen Spenden der Bürger nicht um Ersatzpflanzungen zu realisieren. Wir selbst haben bisher 13 Bäume gespendet und die Pflegemaßnahmen der Stadt oder Grundstücksbesitzer sind sehr bescheiden, vom Wässern ganz zu schweigen.
Rolf Geyer

 


 

Leserbriefe zu „Goldrausch am Meeresgrund“ von Heike Buchter et al.

Man stelle sich vor, Außerirdische schickten riesige Maschinen, die unsere Erdoberfläche durchpflügen, Berge sprengen, Material abtransportieren und Staubwolken erzeugten, die die Sonne verdunkeln. Außerirdische könnten sich allerdings „vom Acker“ machen, wir Menschen bleiben an unser Ökosystem gebunden. Dass wir uns selbst ausrotten, ist nicht allzu schade. Ein Jammer nur, dass wir so viele andere Lebewesen mitnehmen.
Stefan Würfel

Das „Versprechen“ einer Goldgräberstimmung im Tiefsee-Bergbau ist für viele insbesondere kundige wohl eher eine Drohung. Andererseits ergibt der Bedarf gerade der erneuerbaren Energien und ihrer Verwendung und Speicherung auch große Dilemmas. Allerdings wird dieser Bedarf und der Klimaschutz oft auch scheinheilig vorgeschoben oder aufgebauscht dargestellt, um auch die Motive von Gier und Luxus oder gar Verschwendung zu rechtfertigen oder davon abzulenken. Die „Manganknollen“ sollten eigentlich längst Metallknollen heißen, da Mangan ja meist nur einen kleinen Teil des Inhalts bildet. Um den besten Weg in diesen Dilemmas zu finden ist offensichtlich dringend viel mehr Forschung notwendig, nicht zuletzt auch, was die Effekte oder Gefahren fürs Klima angeht: Schon vor Jahren wurde von Greenpeace auf die Klimaverschlechterung durch Schleppnetz-Fischerei hingewiesen, da diese Netze den Meeresboden aufwühlen, so dass vorher dort relativ stabil gebundener Kohlenstoff im Wasser mit seinem Sauerstoff verteilt und zersetzt wird, so dass CO-2 entsteht und emittiert wird. Logischerweise droht diese Gefahr auch bei Baggern und Absaugen vom Meeresgrund, weshalb die Methode des Robotergestützten schonenden Einsammelns einzig die einzig erlaubte sein sollte. Auch weil dies aufwändiger und teurer ist, sollte die „Ernte“ nur für wirklich wichtiges und nicht für entbehrliches, Luxus oder gar Verschwendung wie bei Wegwerf-Artikeln verwendet werden. Der Name der Firma „Green Metals“ ist wohl ein eher höhnischer scheinheiliger Zynismus, da die bisherigen Methoden alles andere als ökologisch sind. Aber die mächtigen Lobbys mit ihren scheinheiligen, verführerischen, irreführenden oder gar korrupten „Argumenten“ lauern bereits an vielen Orten, wo noch Bremsen für die so vehement propagierten Entwicklungen möglich sind.
Peter Selmke

 


 

Leserbriefe zu „Kippt da was?“ von Heike Buchter et al.

Sie haben mit fast allem Recht: Im Falle des Sieges von Kamala Harris und den Demokraten bei der US-Wahl im November gibt es Anhaltspunkte für Hoffnung oder gar Optimismus, aber auch für Skepsis, wenn nicht gar Pessimismus, besonders was das Klima angeht, denn natürlich kann ein Präsident und selbst ein knappe Kongressmehrheit in beiden Häuser nicht machen, was sie wollen. Deshalb sind Versprechen fast nirgendwo angebracht, insbesondere bei einem „Green New Deal“, sondern höchsten Zielsetzungen oder noch eher Forderungen an Land und Kongress. Natürlich ist es bei Herrn Trump viel schlimmer, hier ist viel eher Pessimismus angebracht als selbst Skepsis, und das nicht nur was das Klima angeht, dessen globale Chancen mit ihm und seinen Unterstützern an der Macht sich von (sowieso schon seit der Desinformationskampagne der Öl-industrie vor und nach der Jahrtausendwende) gering in Richtung mikroskopisch verkleinern. Und auch die sonstigen Versprechungen von Trump sind hohl und leer, wenn er z.B. verspricht, verschiedene Importe z.B. auch China drastisch zu beschneiden, ohne zu erwähnen, dass dann die entsprechenden Produkte ein bis zu mehrfaches kosten werden. Auch die Hoffnung vieler Wähler, dass es bei ihm mehr Geld für die Bürger geben würde als unter Biden, verkennt völlig, dass das für die Inflation ursächliche „Deficit Spending“ bereits unter ihm und seiner Steuersenkungspolitik geradezu explodiert ist, so dass die von ihm an teils noch immer dankbare Wähler verteilten „Helikopter-Gelder“ nur eine begrenzte Zeit lang gut gehen konnten. Und die Dividenden der billigen fossilen Energien fangen schon jetzt zunehmend an, durch die Kosten der immer häufigeren noch lokalen Klimakatastrophen aufgefressen zu werden, was aber insbesondere von den ignoranten und oft lobby-beeinflussten rechten Medien fleißig weiter ignoriert oder geleugnet wird, mit den sattsam bekannten Argumenten wie, das habe es schon immer gegeben.
Angesichts all solcher zukunfts-folgen-ignoranten Denkweisen allzu vieler Amerikaner ist es sehr geschickt oder intelligent von Frau Harris, wenn sie immer wieder kurzfristige Vorteile in einem Atemzug mit langfristigen Zielen und Notwendigkeiten nennt. Solche Narrative muss und wird sie wohl mit den eingesammelten Wahlkampf-Millionen intensiv weiterverbreiten, am besten mit regelmäßigen Entlarvungen der gegnerischen Propaganda-Argumente. Eine Vision oder Forderung auch von ihr und Biden ist allerdings etwas schöngefärbt und damit irreführend, nämlich das Ziel von „mehr“ Klimaschutz. Dieses „Mehr“ reicht leider schon lange nicht mehr, wenn es nicht ein Maß erreicht, dass es auch noch rechtzeitig und ausreichend ist, um den gefährlichen Kippunkten des Klimas noch zuvorzukommen, was weit vor den meist gesetzten Zeithorizonten von 2045 oder später liegen wird. In gewisser Weise ist das Prinzip des „Mehr“ an Schutz, als wenn jemand bei den Nazis ein Mehr an Menschenrechtsschutz versprochen hätte, während offensichtlich nur ein sofortiger Stopp all ihrer Verbrechen und Gefährlichkeiten eine ernsthafte Besserung gewesen wäre, und selbst das für schon Millionen Opfer viel zu spät, die außerdem noch zahlreiche Verfahren erforderten, die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen. Wie damals so etwas nur nach einer totalen Niederlage der Täter möglich war, wäre ein ausreichender und rechtzeitiger Klimaschutz heute wohl nur denkbar, wenn die fossilen mächtigen Lobbys und Interessengruppen ihre Macht verloren hätten, incl. der Macht der Manipulation, Irreführung, Verführung, Angstmache vor den kurzfristigen aber viel geringeren Gefahren etc. Leider ist es mit den heutigen Gesetzen und dem Geschick dieser Interessengruppen und ihrer Anwälte äußerst schwer, sind für die zahlreichen, formell aber legalen Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen.
Die Macht der fossilen Unternehmen, ihrer politischen Schutzpatrone und Anhänger zeigt sich nicht zuletzt auch an all den Gefälligkeiten, die selbst die Biden-Regierung ihnen erwiesen hat, wohl meist nicht gern, sondern blutenden Herzens nur angesichts deren Macht über Medien und das Denken so vieler Amerikaner. Ähnliches erlebt man leider auch in Deutschland, wo selbst von einer grün mitgeführten Regierung überschüssige Gasterminals gebaut wurden, das Heizungsgesetz weitestgehend wieder zurückgezogen wurde, das Klimagesetz der „GroKo“ sogar verschlechtert und alle fossilen Subventionen und Steuersätze weitestgehend unangetastet blieben, und fehlendes Geld statt ihrer Änderung eher auf Kosten des eigentlich angestrebten Klimageldes gingen. Um alle solche Widrigkeiten und Widerstände zu überwinden, brauchte Kamala Harris selbst als Präsidentin mit Kongress-Mehrheit nicht nur das von Ihnen genannte „viel Geschick“, sondern auch viele und gute engagierte Verbündete und dazu noch Glück. Sie könnte wohl mit all dem den Klimaschutz nennenswert voranbringen, aber ob es wirklich so kommen wird, steht derzeit in den Sternen. Die verantwortungsvollen und zukunfts-engagierten Menschen in den USA und überall auf dem Globus dürfen das aber nicht nur gespannt abwarten, sondern alle müssen tun, was sie realistisch und — alle zusammen nicht ohnmächtig — können, damit das alles noch gut ausgeht. Die großen Spenden-, Aktons- und Unterstützungs-bereitschaften aus der US-amerikanischen Gesellschaft sind allerdings wenigstens ein Hoffnungs-Schimmer.
Peter Selmke

Mit den Enkeln zur Entlastung der Eltern nach Kärnten. Aber eine Autofahrt mit dem Fünf- und Siebenjährigen? Das wollten wir uns und ihnen nicht zumuten. So habe ich im Januar die Fahrt Düsseldorf bis Linz im Schlafwagen für mich und die Jungs gebucht. Der Großvater konnte die entspannte Autofahrt mit Besuchen bei Freunden verbinden und uns ausgeschlafen am Bahnsteig Linz abholen. Soweit die Planung, gebucht, etwa 550 Euro im Januar gezahlt. Die Rückfahrt wurde später gebucht für an die 600 Euro. In großer, gespannter Vorfreude standen wir also mit den Eltern in Düsseldorf am Bahnhof. Über eine geringfügige Verspätung wurde ich per mail unterrichtet. Eine zufällig erst in Düsseldorf zusteigende Bahnmitarbeiterin sprach uns am Bahnsteig an und erklärte nach Ticketüberprüfung, dass unser Abteil, ja der ganze Wagon nicht mitfahre, somit wir also auch nicht. Das Angebot eines Hotelgutscheins war für uns als Düsseldorfer unsinnig. Die wirklich engagierte Zugbegleiterin telefonierte mit den Kollegen im anrollenden Zug. Kein Platz frei. Die Türen schlossen, die Eltern aufgelöst, die Oma fassungslos. Dann ging die Tür erneut auf. Ein überaus freundlicher Niederländer, der ein Sitzplatzabteil für sich und seine Tochter allein gebucht hatte, nahm uns auf. Die drei Kinder jedenfalls haben geschlafen. Die Rückreise verlief störungsfrei und angenehm. Die letzten Urlaubstage waren aber überschattet. Über die Hotline blieb es bei einem Vielleicht fahren wir wie geplant und bezahlt. Die Reisepreisrückerstattung dauert übrigens 6-8 Wochen.
Gudrun Janssen

Anhand der zu erwartenden Klimaschutzpolitik der Präsidentschaftskandidaten in den USA, wirft der Artikel beiläufig ein wichtiges Schlaglicht auf den gesellschaftlichen Diskurs um den Klimaschutz. Es geht eben auch um Narrative, Erzählungen darüber, nicht nur was die globale Erwärmung anrichtet, sondern auch welche Vorteile Klimaschutzmaßnahmen in Gegenwart und Zukunft haben können. Und hier sollte die Verbindung zwischen lokaler Lebenswirklichkeit und globaler Entwicklung stets mitgedacht und auch entsprechend publiziert werden. Im Positiven wie im Negativen. Es beeinflusst unser Denken und Handeln. Dieser Aspekt ist bedauerlicherweise unterbelichtet. In der Tiefe sowie in der Breite.
Reiner Gorning

 


 

Leserbriefe zu „Die Position: Mehr Praxis auf den Stundenplan!“ von Claus Leggewie

Rettet die Theorie! Claus Leggewie wünscht sich wie seine Studierenden mehr Praxis im Studium. Auch meine Studierenden äußern manchmal denselben Wunsch. Sollen wir deshalb unsere Studienprogramme neu ausrichten? Über Änderungen nachzudenken, lohnt sich ja eigentlich immer, aber: Nein, nicht mit dem Ziel, eine größere Praxisnähe zu erreichen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Erstens ist Theorie zwar anstrengend und lässt oft schwer erkennen, welchem Zweck sie dient, Studentinnen und Studenten lernen dann „auf Vorrat“. Allerdings benötigt jede Praxis die Theorie im Hintergrund, und es wäre daher in vielen Studiengängen unangemessen, diese zeitliche Abfolge auf dem Weg in den Beruf aufzulösen. Besonders in Studiengängen wie Medizin oder Lehramt, deren Absolventinnen und Absolventen bereits ein festes Berufsbild vor Augen haben, ist der Ruf nach früher Praxis laut. Aber auch hier ist ein wissenschaftliches Studium der beste Einstieg in das komplexe Berufsumfeld. Die – zumindest zunächst – von der Praxis losgelöste Theorie eröffnet zweitens den Zugang zu Problemlösekompetenzen, die unabhängig vom jeweiligen Gegenstand sind. Gesellschaft und Wirtschaft schätzen diese, wie ein Blick auf den Arbeitsmarkt zeigt. Dies liegt auch daran, dass praktischer Umgang mit bereits theoretisch Durchdrungenem leichter zu erlernen ist, als die nachträgliche Verallgemeinerung von Praxiselementen. Drittens: Die deutsche Ausbildungs- und Hochschullandschaft ist gegliedert. Dies eröffnet Schulabsolventinnen und -absolventen unterschiedliche Wege, ganz nach ihren Interessen und Fähigkeiten. Eine Ausbildung bietet frühen Zugang zur Praxis, ein Studium an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften ist theoriefundiert und zugleich der Anwendung zugewandt, das duale Studium bietet Kennenlernen von Hochschule und Arbeitgebern zugleich.
Ein Universitätsstudium bleibt üblicherweise lange der Theorie verhaftet. Tatsächlich ist die Quote der Studienanfängerinnen und -anfänger im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts stark angestiegen und verharrt seitdem auf dem hohen Niveau von über 50%. Dies spricht eigentlich nicht für einen flächendeckend unerfüllten Wunsch nach mehr Praxis. (Die Beratung der Absolventinnen und Absolventen der Schulen muss die Unterschiedlichkeit der Wege zum Beruf kenntlich machen.) Schließlich: Theorie macht Spaß! Zumindest kann sie das. Es ist ein befriedigendes Erlebnis, zu erkennen, dass es für die Vielzahl der Alltagssachverhalte übergeordnete Beschreibungen (eben Theorien) gibt, die es unnötig machen, dass man sich all diese Einzelsachverhalte merken muss. Theorien und Beschreibungen lassen sich anwenden auf Probleme, die man als Lernende oder Lernender bislang nicht kennt oder die die Menschheit selbst noch nicht erkannt hat. Diese Flexibilität ist der eigentliche Gewinn des Loslösens vom praktisch verwertbaren Einzelfall, nur sie erlaubt die spätere Anwendung auf unzählige weitere Fälle. Natürlich ist es auch im Universitätsstudium nicht schädlich, Praxisbezüge herzustellen und Kontexte zu schaffen – nur ist der Stellenwert umgekehrt: Im Studium starten wir nicht mit Praxis, um die dann folgende Theorie zu rechtfertigen, sondern nutzen Kontexte, um die Theorie zu üben.
Roger Erb

Die Maßnahmen entsprechen Ihrem Beitrag vom 1.8.24, S. 37 „Die Position: Mehr Praxis auf den Stundenplan!“ habe ich schon seit Schulzeiten vermisst, und eher noch mehr in meinen beiden Studiengängen Chemie und Medizin. In Chemie gab es zwar Labormaterialien und Versuche mit chemischen Reaktionen, aber wenn etwas nicht klappte wie vorgesehen, stand man ziemlich allein da. In Medizin war im vorklinischen Studium eine Menge Praxis, aber im klinischen Teil nur sehr kurze Beschreibungen und Praxisversuche, z.B. zum Blutabnehmen, nicht aber zu Infusionen, und die klinische Untersuchung lief typischerweise so ab, dass der Assistent die Gruppe zu einem Pat. führte, der sich bereiterklärt hatte, wonach der Assistent sich zurückzog mit der Bemerkung „dann untersucht mal schön!“ Als Konsequenz musste ich vieles von unbezahlten privaten und kompetenten Bekannten lernen oder bei z.B. Auskultation durch eigeninitiativ gekaufte Schallplatten. Dazu machte ich in etlichen Fächern freiwillige selbstgesuchte Praktika. In der Psychotherapie habe ich vieles ganz wichtige erst später durch freiwillig gesuchte Fortbildungen gelernt, so dass ich mich zunehmend sicher fühlte. In der Schule gab es in Chemie kaum Experimente und auch keine Erklärungen der Formeln. Ich lernte einiges durch einen selbstgekauften Kosmos-Experimentierkasten und ein wieder in Eigeninitiative gekauftes gut verständliches Buch „Keine Angst vor chemischen Formeln“ (Molekülstrukturen), wodurch ich mich nicht nur sicher fühlte, sondern auch größeres Interesse an Chemie entwickelte. Eine große Schwierigkeit hatte ich lange mit den Interpretationen im Deutsch-Unterricht, bei denen praktisch nie eine Anleitung und genaue Definition gegeben wurde, sondern nur verlangt, dass wir nun zu interpretieren hätten, was uns als Text vorgesetzt wurde. Dazu hatte nicht jeder das Naturtalent. Ich lernte es dann nach Tipps aus anderen Fächern zu Büchern, die genaueres erklärten. Meine Eltern habe ich gar nicht erst gefragt, aber sie wussten, wo ich Schwierigkeiten hatte. Do-It-Yourself-Handwerken lernte ich mangels Werkunterrichtes auch nicht auf dem Gymnasium, sondern später wieder durch private Bekannte und Versuch und Irrtum, in einzelnen Fällen noch viel später durch meinen eigenen Sohn, der lange Praktika und Ferienarbeiten in einer Baufirma gemacht hatte und dadurch fast alle Tricks kannte. Vorher allerdings hat er die ersten Handwerklichen Erfahrung unter meiner Anleitung gemacht und dann bei seinem Großvater, berenteter Tischler, mit welchem er ein Baumhaus baute. Dafür musste ich ihm viel bei Schularbeiten helfen, weniger inhaltlich als wegen der Motivation. Ich sagte ihm kaum, wie es geht, sondern stellte meist jeweils Fragen, durch die er selbst auf die Lösungen kam.
Solche langen Umwege würde ich gern vielen heutigen Schülern und Studenten ersparen, und selbst meinen Psychotherapie-Patienten der letzten ca. 2 Jahrzehnte im Beruf habe ich schon bei der Aufnahme in meine Abteilung in Kurzform erklärt, wie Psychotherapie als Lern- und Übungsvorgang eigentlich funktioniert, so dass sie möglichst von Anfang an realistische und auch eigenverantwortliche Erwartungen haben konnten. Vieles gehört nach meinem Verständnis nicht nur zu den jeweiligen Standard-Fächern, sondern zu einer Lebenskunst, die Kinder und junge Menschen früher meist von (Groß)Eltern und Verwandten oder sonstigen Bezugspersonen lernen konnten, oder im Handwerk von Lehrherrn, die zu vermitteln heute aber vielfach nur auf die Schulen und Studiengänge geschoben wird, und wozu manche Eltern und Verwandte auch gar nicht (mehr) in der Lage sind. Eine der wichtigsten Erkenntnisse im Studium war für mich leider von den lehrenden insbesondere zur Praxis nur sehr wenig erwarten zu können. Wenn ich wenigstens das früher erkannt oder von anderen erklärt bekommen hätte, wäre vieles schon etwas besser gelaufen, weil ich dann viel früher und konsequenter mit der Selbsthilfe begonnen hätte.  Ich würde eigentlich gelegentlich gern als „Senior for Schools“ Kinder und Jugendliche betreuen, habe aber durch Haus, Garten, familiäre Umstände und auch eigene gesundheitliche Probleme trotz Rente immer noch Zeitmangel, so dass ich meist gerade meine häufigen Leserbriefe und gelegentliche meist Mail-gestützten Kontakte zu einigen politischen Kräften schaffe.
Ihr Meinungsartikel passt auch im Sinne der Lebenskunst sehr gut als Ergänzung zum Beitrag von Herrn Erchinger in der Ausgabe vom 11.7.24, S. 34 „Die Position: Mehr Journalismus in die Schulen!“ (30/2024), wozu ich am 17.07. die folgende Mail geschrieben habe: „Ihrer Forderung und Argumentation für „Die Position: Mehr Journalismus in die Schulen!“ kann ich nur zustimmen, wie inzwischen wohl auch viele Theoretiker und Praktiker von Bildung, Medien, Schule und Politik. Schade, dass es so lange gedauert hat und wohl noch weiter dauern wird, bis es endlich und hoffentlich nicht ganz zu spät umgesetzt wird. Reichlich spät ist es ja schon jetzt.  Ihre Forderung ist m.E. eigentlich nur das Mindeste. Viel besser als „nur“ die Regeln des Qualitätsjournalismus zu unterrichten wäre eine umfassende Lehre von Medien, sowohl der Qualitätsmedien incl. Begründung als auch der zerstörerischen Medien, die nicht der Wahrheit verpflichtet, sondern vorrangig von ideologischen, machtgierigen oder finanziellen Interessen oder Motiven gesteuert sind. Weiter sollte zur Bildung gehören, die gängigen menschlichen Denkfehler und Wahrnehmungs-Bias bzw. -verzerrungen zu kennen und zu erkennen wie Negativity Bias, Wunschdenken, Befangenheiten, Bestätigungs-Neigungen, Wiederholungs-Effekte bei Botschaften und Lügen, Tunnelblicke, Tabuisierungen, falsche eingeengte Alternativen bzw. false Balance, Verdrehungen, Ad-Hominem-Argumente, Dilemmas und deren Ausblendung, Framing, Scheinheiligkeit, Whataboutism, und alle gängigen Propaganda-Tricks zwecks einseitiger unfairer Manipulationen und Irreführungen. Auch nicht ganz unwichtig wäre die Unterscheidung zwischen sozial erwünschten Angaben und Lippenbekenntnisse und wirklichen Verhaltens-Neigungen sowie allgemeiner die Gefahren der Prägung von gefühlten „Wahrheiten“ und Verhalten durch Emotionen und Bedürfnisse, statt vornehmlich durch Fakten und Logik.
Allgemein wäre so ein Lehrfach — hoffentlich — eine Befähigung zur Unterscheidung von guter und objektiver oder sachlich korrekter Information einerseits und faktisch oder logisch falscher oder gar bewusst propagandistisch oder zwecks Werbung manipulativ gesteuerter „Information“ und Kommunikation andererseits. Es würde oder könnte auch befähigen, den Unterschied zu erkennen von ethisch oder emotional gewünschtem einerseits und faktisch und logisch erforschtem andererseits und dem ethisch richtigen Umgang damit.  Es wäre auch eine Befähigung zu wirklich kritischem Denken, kritisch nicht nur bzgl. Gegnern und Regierungen, sondern auch gegenüber sich selbst und der eigenen Gruppe oder Filterblase. Insgesamt könnte so ein Fach in einer Demokratie eine Art Impfung sein gegen die um sich greifende unfaire oder zerstörerische Manipulation durch Propaganda von Egoisten, Narzissten, Verschwörungs-Erzählern, Schlichtdenkern und Demokratiefeinden.“ Damit wünsche ich ihnen wie zuvor schon Herrn Erchinger viel Erfolg mit Ihrer Forderung, sowohl im Bereich der sonst theoretischen Fächer als auch der sonst bis vor kurzem etwas einseitig praktischen Fächer, denn beide brauchen jeweils auch einen großen Teil vom anderen Prinzip
Peter Selmke

 


 

Leserbriefe zu „Das schöne gefährliche Gotteshaus“ von Christoph Heinemann et al.

Die Hamburger Blaue Moschee und das ihr angeschlossene Islamische Zentrum Hamburg (IZH) wurden von Innenministerin Nancy Faeser in der vergangenen Woche öffentlichkeitswirksam im Rahmen einer spektakulären Polizeidurchsuchungsaktion geschlossen und verboten. Begründung: als direkte Vertretung des Iran habe das IZH „einen aggressiv-kämpferischen Islamismus“ verbreitet und die in Deutschland verbotene Hisbollah unterstützt. Im Vorraum der größten Frankfurter Synagoge im Westend steht seit Jahren eine große Israelflagge und der Vorstand der hiesigen Jüdischen Gemeinde vertritt bei allen politischen Auftritten, meist in Kollaboration bzw. mit Unterstützung der Frankfurter Stadtregierung die politischen Positionen des Staates Israel. Nun ist dieser Staat vom Internationalen Gerichtshof wegen des Verdachts des Völkermordes an den Palästinensern im Gazastreifen angeklagt, gegen seinen amtierenden Ministerpräsidenten und Verteidigungsminister läuft zur Zeit ein Ermittlungsverfahren wegen Völkermordes, das höchstwahrscheinlich in einem internationalen Haftbefehl münden wird und die seit fast 60 Jahren bestehende brutale Besatzung des Westjordanlandes und Ostjerusalems durch Israel ist erst vor wenigen Tagen vom Internationalen Gerichtshof als völkerrechtswidrig verurteilt worden. Das Land betreibt seit Jahren gezielte Morde im Ausland und greift seine Nachbarländer Libanon und Israel, aber auch Ziele im Iran militärisch an. Wann ist wohl mit der Schließung der Frankfurter Westendsynagoge sowie dem Verbot des Zentralrats der Juden in Deutschland zu rechnen mit der Begründung der Unterstützung eines aggressiv-kämpferischen Zionismus und einer vom höchsten UN-Gericht verurteilten rechtsradikalen Regierung?
Björn Luley

Das ganze Drama um das jetzt – meines Erachtens zu Recht – verbotene Islamische Zentrum Hamburg und die Blaue Moschee ist ein drastischer Fall eines Versäumnisses, das man bei allen festgelegt traditionellen Konfessionen und entsprechenden Gruppen beobachten kann. Sie verabsolutieren ihren jeweils eigenen Glauben, um aktuelle Hinterfragungen ihres Religionsverständnisses nicht zuzulassen. Das daraus resultierende Ergebnis ist die autosuggestive Verabsolutierung selbstbezüglicher Wirklichkeitsinterpretationen und damit der Ausschluss aller anderen Orientierungen. Und das hat nichts mehr mit Religion zu tun, sondern ist nur noch ein Festklammern an den eigenen Fußabdrücken.
Christoph Müller-Luckwald

 


 

Leserbriefe zu „Wenn Zucchini mit da Vinci tanzen“ von Jens Jessen

darf man das, soll man das, dafür gibt es eine wunderbare Handlungsanweisung: „Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf. “ (Die Bibel). Nehmen wir aus dem bunten Bilderreigen die geköpfte Marie-Antoinette heraus – in Andy-Warhol-Manier, rot in jedem Fenster zu sehen, völlig gefühllos und beliebig, wird das dieser Grausamkeit, auch dem Blutrausch der darauf folgte, gerecht? Was sagt das über unsere heutige Kultur aus? Wollen wir so wahrgenommen werden von der Welt, die fragt sich vielleicht schon, wes Geistes Kind wir Europäer sind.
Birgit Siller

Herr Jessen sieht „keinesfalls eine zwingende Anspielung auf das Abendmahl“. Das ist auch dann überraschend, wenn man die Eröffnungsfeier gesehen hat. Nicht weniger erstaunlich ist, dass Herr Jessen den Gemüseanbau offensichtlich als ebenso prägend für die europäische kulturelle Identität einstuft wie die (Kunst-)Geschichte des Christentums. Völlig unabhängig von religiösen Fragen und von „Genehmigungen“ aus dem Vatikan müssen wir nach den Motiven für diese freiwillige Demontage identitätsstiftender Symbole vor den Augen eines internationalen Milliardenpublikums fragen. Einerseits wird das Christentum wohl als weniger „wehrhaft“ eingeschätzt als andere Religionen. Eine ähnliche Verhöhnung des Islam hätte man sich wohl kaum getraut. Die Schöpfer verschanzen sich zudem hinter dem Begriff der Inklusion. Von diesem missbrauchten Zauberwort versprechen sie sich wohl eine Art Immunität. Doch letztlich ging es um etwas Banales: um eine billige, narzisstische, selbstherrliche Provokation und Destruktion, um die Erregung von Aufmerksamkeit, seit jeher ein beliebtes Schmiermittel für „Künstler“-Karrieren. Mein eigenes Interesse an dieser Art von Spielen ist jedenfalls vollends erloschen. Schade um die Zeit.
Christian Voll

 


 

Leserbriefe zu „Bauch, Beine, Po“ von Nina Pauer im ZEIT Magazin

Wenn am Ende die „Hotness von Olympia“ doch nur in der „Beiläufigkeit“ eines trainierten Körpers besteht – wozu dann die geradezu genüssliche Darstellung von erotisch aufgeladenen Blicken auf Körperteile aller Art über zwei Drittel des Textes? Ich schaue jeden Tag die olympischen Wettkämpfe, ich überprüfe meinen Blick und ich finde die Körperlichkeit nicht verwirrend – diesen Artikel hingegen schon. Die Autorin kritisiert die „Awareness“ unserer Blicke, die „sauber“ sein sollen – und dann kommt da einfach ein Penis in einer engen Schwimmhose daher, na so was, und bringt die Schreiberin schier um den Verstand. Man könnte meinen, die Autorin leide unter hormonellen Hochstand. Wo sie erotische Reize wahrnimmt, sehe ich einfach Sportler*innen, die ich manchmal auch attraktiv finde, manchmal nicht – wen kümmert das. Was ist eigentlich ihr Problem? „Die olympischen Körper sind völlig autonom“ – mit Verlaub, das ist doch Blödsinn. Kein Körper existiert im luftleeren Raum. Er wird betrachtet, von sich selbst und von anderen. Wissen wir, wie ein Athlet sich fühlt, wenn er in Badehose vor Millionenpublikum herumläuft? Vielleicht fühlt er sich so sexy wie sonstwas. Oder auch nicht. Nicht die Körperlichkeit ist das das Thema, sondern unser Umgang damit.
Dana Schuster

Ihren Artikel über die Körperlichkeit der Olympischen Spiele im aktuellen ZEITmagazin habe ich mit Interesse gelesen. Hängengeblieben bin ich jedoch bei „Wer über die Körperlichkeit von EM-Kickern spricht, (…) kann immerhin so tun, als handele es sich bei ihrer Attraktivität um eine weitere Facette ihres Charakters.“ Dass Attraktivität die Persönlichkeit beeinflusst, halte ich für möglich. Aber Charakter handelt doch eher davon, ob ein gleichwie schöner oder hässlicher Mensch sich wünschenswert oder schädlich verhält? Als Beispiel würde ich die jeweilige Verschiedenheit der Attraktivität und des Charakters von Christian Lindner und Rolf Mützenich heranziehen. Und vermisst habe ich eine Anmerkung über die zumindest ehedem geltende Heiligkeit der Olympischen Spiele.
Gesche Heumann

 


 

Leserbriefe zum Wochenmarkt „Aprikosenmarmelade“ von Margit Stoffels im ZEIT Magazin

Ich lese immer wieder gerne Ihre Rezepte und liebe Marmelade. Ich mag den Geschmack von süßen, reifen Aprikosen! Aber noch mehr mag ich eine leicht bittere Note dazu: 1kg Aprikosen, 120ml Campari, Saft von 1 Zitrone und Gelierzucker 2:1 aufkochen. Der Campari gibt auch eine tolle Farbe. Versuchen Sie es mal!
Annina Bensemer

In Ihrem Rezept zur Marillenmarmelade empfehlen Sie Gelierzuscker 3:1. In Gelierzucker 3:1 und 2:1 sind wegen des schlechteren Konservierungsgrades und zur Verbesserung der Haltbarkeit als Konservierungsmittel Sorbinsäure (E 200) oder Kaliumsorbat (E 202) enthalten. Der geringere Zuckergehalt wird erkauft mit Gesundheitsrisiken. Wikipedia schreibt dazu: Der Stoffwechsel des Sorbits spielt bei der Entstehung einiger Spätfolgen des Diabetes mellitus eine Rolle. Bei unphysiologisch hohem Glukoseangebot wird der Polyolweg beschritten, dessen Gleichgewicht auf der Seite von Sorbit und Fructose liegt. Da Fructose praktisch nur in der Leber abgebaut wird und Sorbit und Fructose die Zellen nicht verlassen können, akkumulieren sie und verschieben das osmotische Gleichgewicht der Zelle, was letztendlich zur Zellschwellung führt. Insbesondere die Entstehung des Grauen Stars wird auf diesen Mechanismus zurückgeführt, aber er spielt auch bei der diabetischen Mikroangiopathie und Neuropathie eine Rolle. Beim Zuckerkauf sollte man auf die Zusatzstoffe im Gelierzucker achten. Da ist auch oft das umstrittene Palmfett drin, was nicht sein müsste. Fazit: Da man Marmelade nur löffelweise isst, ist Gelierzucker 1:1 die bessere Wahl als Ihr „Magerzucker“ 1:3.
S. Kaisers

 


 

Leserbriefe zu „Wer hat Rosa getötet?“ von Clara Suchy

Laut IPCC (Weltklimarat) kommt es nicht alleine auf die jährlichen Brutto-Emissionen von 7 Treibhausgasen (CO2, N2O, CH4, 4 Fluorgase) an, sondern auch auf deren natürliches „Verschwinden“ aus der Erdatmosphäre durch bspw. Photosynthese in Wäldern, Seegraswiesen, Mooren oder ähnlichen Prozessen mit unterschiedlichen „Verweilzeiten“ etc. Die Attributionsforschung müsste somit auch die Veränderung der weltweiten natürlichen „Senken“ in einem komplexen dynamischen Modell mit sauber ermittelten Parametern der Bewegungsgleichungen mit einbeziehen: DAS dürfte angesichts der jahrzehntelang mäßigen Datenlage extrem unsicher sein. Zuletzt: Je mehr Flüsse in schmalen senkrecht gemauerten Ufern „kanalisiert“ werden, desto dramatischer können sich starke Hochwasserereignisse auf die Flussanwohner auswirken: DAS weiß man auch schon länger! Vielleicht gibt es das Zusammenwirken von mehreren „verschiedenen Mördern“, die nichts voneinander wissen?
Wolfgang Ströbele

Ja, es ist menschlich, nach der Verantwortung für den Tod von Rosa zu suchen. Die Industrie darf sicherlich nicht aus der Verantwortung entlassen werden, aber ausschlaggebend ist die Politik, weltweit, die es nicht geschafft hat, sich auf gemeinsame Regeln zum Schutze der Ökologie unserer Erde zu einigen. Große, globale Konferenzen werden abgehalten, und immer wieder verhindern nationale Interessen wirksame Entscheidungen. Die Wissenschaft hat bereits vor 4 Dekaden vor den ökologischen und gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels gewarnt, und im Laufe der vielen Jahre immer wieder ergänzende Ergebnisse mitgeteilt und Empfehlungen zum Schutz vor der Erwärmung der Erde vorgetragen. Die Politiker*innen haben das durchaus zur Kenntnis genommen, sind jedoch immer wieder national-egoistischen, wirtschaftlichen Argumenten gefolgt. Wann übernimmt endlich die Politik die wahre Verantwortung, wann gibt es Einigkeit über wirksame Maßnahmen? Wie lange wollen Politiker*innen sich noch die Schuld aufladen, die Verantwortung für Erde und Menschheit nicht übernommen zu haben.
Hjalmar Thiel

 


 

Leserbrief zu „Vielleicht stimme ich für meine Katzen“ von Amrai Coen

Es war ja schon bekannt, dass die größte Herausforderung für die US-Demokraten und nun Kamala Harris die Menschen der ländlichen Bereiche sein würde. Aber die hier geschilderten Beweggründe und Argumente können erschrecken, noch mehr als diese Umfrage-ergebnisse hinsichtlich der Wahl-Tendenz. „Bei Trump wisse man, worauf man sich einlasse“. Wirklich? Kann man davon ausgehen, dass es so ähnlich würde wie in seiner ersten Präsidentschaft? Die Pläne einer Reihe von Unterstützern und seine schnoddrige Bemerkung, er werde „nur für einen Tag“ Diktator sein, lassen anderes zumindest nicht ausschließen. Es gibt offensichtlich kein Bewusstsein, dass aktuelle Zustände auch Folgen von Vorgänger-Regierungen, von jahrzehntelangen Entwicklungen, von Verhalten der Opposition und von Faktoren auch außerhalb des eigenen Landes sind. Niemand unter den Befragten scheint auch nur zu erwägen, dass die Faktoren der gegenwärtigen Inflation schon lange vor Biden begonnen haben, nicht zuletzt auch durch die Trumpsche Steuersenkungs- und Ausgabenpolitik dass gerade republikanische Kongress-Teile alles andere als neue Schuldenaufnahmen zur Finanzierung von Investitionen und erneuerbaren Energien blockiert haben, Dass die seinerzeit billige Energie u.a. bedingt war durch absolute Ignoranz für die Folgen fossiler Verbrennungen und schon der „Förderung“ mit rücksichtslosen Methoden incl. massiven Methanlecks und Verseuchung von Böden. „Politik ist uns nicht so wichtig“ sagen ausgerechnet arme arbeitslose? Ist das vielleicht auch Resignation, weil auch unter demokratischen Präsidenten vieles nötige nicht getan wurde, allerdings auch durch massive Blockaden und Desinformationen seitens Lobbys, Republikanern und eigenen reichen Spendern? Oder ist es schlicht Vermeidung ehrlicher Aussagen, mit denen man unter Trump-Anhängern sehr unangenehme Reaktionen erleben kann? „Ich werde nicht wählen gehen.“ Ist das die ehrliche Absicht und Wille, oder auch Vermeidung einer in der Umgebung kontroversen Aussage und Fragen, was/wen man denn wähle?
„Wir ganz normalen Amerikaner fühlen uns vergessen von „der“ Politik.“ Von welcher Politik ist da die Rede oder sollen allen völlig gleicht schlimm sein? Haben die sich jemals die Mühe gemacht, was der Wille der gegenwärtigen Regierung war und was davon durch andere blockiert oder unfinanzierbar wurde, u.a. durch die Jahrzehnte lange Steuersenkungspolitik, verschlimmert durch internationale Steueroasen und den Unwillen so vieler Länder eine gemeinsame Steuerpolitik zu finden, in der sich die Staaten nicht mehr gegeneinander ausspielen lassen? „Die Politik sei zu einem Schreiwettbewerb verkommen“. Dem und der konstatierten aggressiven Polarisierung kann man ja leicht zustimmen. Nur: Wer in diesem Klima von Hassern und Gegenhassern, von Spaltung selbst von Familien ist der Haupt-Motor und wer eher der Verteidiger? Die Äußerungen klingen so, als sei hier keine Differenzierung mehr zu sehen und eher ein Ausklinken und Vermeiden vorherrschend, ohne das Prinzip des geringeren Übels und der am ehesten gegebenen Chance einer Besserung und Versachlichung auch nur zu erwägen. Fragen sich die befragten wirklich nicht, wer am meisten Versöhnung, Zusammenführung und Ausgleich versucht hat, und wer das jeweils blockiert hat, teils aus völlig eigensüchtigen Motiven? Und kennt von den Befragten niemand die Rolle von super-einseitigen teils gesteuerten Medien mit Schwarz-Weiß-Denken und -Darstellungen und die Weigerungen sich zu anderen Argumenten überhaupt noch zu informieren? Woher kommt der Optimismus, dass Nicht-Wählen vielleicht eher helfe, und woher der Pessimismus, dass eine Stimmabgabe für wen auch immer sinnlos sei, wenn diese eine Stimmabgabe nicht deutlich sichtbar die jeweils eigenen Ziele und Wünsche verwirklicht? Glaubt diese Befragte, dass alle anderen oder eine Mehrheit genauso wählt und wünscht wie sie, und wenn, dass gleichzeitige andere Wünsche damit nicht im Konflikt oder Dilemma stehen können? Oder dass es ohne Stimmen wie die ihre vielleicht noch schlimmer kommen könnte?
Es scheint, dass die Aussichten für reifere und realistischere Wahl-Motive und Wahlverhalten in den USA noch schlechter sind als bei uns, und dass dort wie bei uns viel mehr Bildung nötig ist, mit den logischen und faktischen Möglichkeiten, Unmöglichkeiten, Zielkonflikten und Dilemmas von Politik, von nötiger Vorsicht vor allzu schneller Abstempelung zu „Skandalen“ oder „Empörungs-Anlässen“. Es ist in der gesamten Gesellschaft viel mehr Bewusstsein für solche Vorsicht und Fakten nötig, am besten mit Beginn schon in den Schulen. Dazu passend kam kürzlich in der ZEIT / Ausgabe vom 11.7.24, S. 34 ein Artikel „Die Position: Mehr Journalismus in die Schulen!“ Auch dessen Forderung und Argumentation konnte ich nur zustimmen, wie inzwischen wohl auch viele Theoretiker und Praktiker von Bildung, Medien, Schule und Politik. Schade, dass es so lange gedauert hat und wohl noch weiter dauern wird, bis es endlich und hoffentlich nicht ganz zu spät umgesetzt wird. Reichlich spät ist es ja schon jetzt. Diese Forderung war m.E. eigentlich nur das Mindeste. Viel besser als „nur“ die Regeln des Qualitätsjournalismus zu unterrichten wäre eine umfassende Lehre von Medien, sowohl der Qualitätsmedien incl. Begründung als auch der zerstörerischen Medien, die nicht der Wahrheit verpflichtet, sondern vorrangig von ideologischen, machtgierigen oder finanziellen Interessen oder Motiven gesteuert sind. Weiter sollte zur Bildung gehören, die gängigen menschlichen Denkfehler und Wahrnehmungs-Bias bzw. -verzerrungen zu kennen und zu erkennen wie Negativity Bias, Wunschdenken, Befangenheiten, Bestätigungs-Neigungen, Wiederholungs-Effekte bei Botschaften und Lügen, Tunnelblicke, Strohmann-Argumente, Tabuisierungen, falsche eingeengte Dilemmas, Alternativen bzw. false Balance, Verdrehungen, Ad-Hominem-Argumente, Dilemmas und deren Ausblendung, Framing, Scheinheiligkeit, Whataboutism, und alle gängigen Propaganda-Tricks zwecks einseitiger unfairer Manipulationen und Irreführungen. Auch nicht ganz unwichtig wäre die Unterscheidung zwischen sozial erwünschten Angaben und Lippenbekenntnisse und wirklichen Verhaltens-Neigungen sowie allgemeiner die Gefahren der Prägung von gefühlten „Wahrheiten“ und Verhalten durch Emotionen und Bedürfnisse, statt vornehmlich durch Fakten und Logik.
Allgemein wäre so ein Lehrfach — hoffentlich — eine Befähigung zur Unterscheidung von guter und objektiver oder sachlich korrekter Information einerseits und faktisch oder logisch falscher oder gar bewusst propagandistisch oder zwecks Werbung manipulativ gesteuerter „Information“ und Kommunikation andererseits. Es würde oder könnte auch befähigen, den Unterschied zu erkennen von ethisch oder emotional gewünschtem einerseits und faktisch und logisch erforschtem andererseits und dem ethisch richtigen Umgang damit. Es wäre auch eine Befähigung zu wirklich kritischem Denken, kritisch nicht nur bzgl. Gegnern und Regierungen, sondern auch gegenüber sich selbst und der eigenen Gruppe oder Filterblase. Insgesamt könnte so ein Fach in einer Demokratie eine Art Impfung sein gegen die um sich greifende unfaire oder zerstörerische Manipulation durch Propaganda von Egoisten, Narzissten, Machtgierigen, Verschwörungs-Erzählern, Schlichtdenkern und Demokratiefeinden.
Peter Selmke

 


 

Leserbrief zu „Wie hält sie es mit Donald Trump?“ von Tina Hildebrandt

Bis zur Wahl in den USA werden noch hunderte Artikel in deutschen Medien mit der Intension erscheinen, die Wahl Trumps zu verhindern. Und dann gibt es Umfragen, dass fast alle Deutschen Trump nicht wählen würden. Darum will ich darüber informieren, dass sich die Deutschen ihre Wahl und die Medien ihren Wahlkampf sparen können. Denn ich habe entschieden, dass Donald Trump diese Wahl gewinnen soll. Wie das möglich ist? Mir ist aufgefallen, dass meine Stimme genau so viel zählt, wie die Stimmen aller Deutschen und aller Medien in diesem Land zusammen. Und da konnte ich der Verlockung, nicht widerstehen. Den letzten Ausschlag, dass meine Stimme mehr zählt als die von Rest-Deutschland, kam aus meiner Gewissheit, dass ich klüger bin als alle anderen. Das soll aber nicht arrogant rüberkommen. Vielmehr ist es ein treulicher Beleg für eine letzte große Gemeinsamkeit, die mich mit der politischen Kultur meiner Heimat verbindet. Dafür sind wir Deutschen schließlich da, die Wirklichkeit zu schinden, bis sie gefällt.
Fred Klemm

 


 

Leserbrief zu „Und das soll jetzt gerecht sein?“ von Tina Groll

Sie scheinen bei den Gesprächen mit Bürgern über die neuen Grundsteuer-Regelungen ja kaum jemand zufriedenen gefunden (oder gesucht?) zu haben, dagegen zahlreiche wütende. Wie so oft bei Änderungen mit Gewinnern und Verlierern sind vor allem die letzteren aktiv und lautstark, die Gewinner, zufriedenen oder nur gleichgültigen dagegen kaum. Wie bei allen schwierigen und kontroversen Regeln und Gesetzen wird es auch hier kaum eine für alle wirklich gerechte Lösung geben können, sondern höchstens eine bestmögliche Balance zwischen den verschiedenen jeweils drohenden Ungerechtigkeiten, besonders wenn man ein neues bürokratisches Monster mit noch viel mehr Arbeitsaufwand vermeiden will oder soll. Eine „Heidenarbeit“ ist es ja schon jetzt gewesen, beim Gesetzgeber sicher genauso wie bei Ämtern und/oder Bürgern. Es fragt sich aber, ob das Gefühl „vom Staat“ ausgequetscht“ zu werden immer berechtigt ist, es kommt wohl drauf an, wie viele % von den jeweiligen Werten oder Erträgen eingezogen werden sollen, die zuvor oft viel zu niedrig kalkuliert waren, was ja auch der Grund für das seinerzeitige BVG-Urteil war. Bei auffällig unplausiblen Fällen wie dem der Hartmanns wird es sicher gerichtliche Korrekturen geben, zumal das zuständige wohl überlastete Finanzamt diese widersinnige Berechnung vermutlich nicht bewusst absichtlich gemacht hat. Alles, was auf schleichende allmähliche Enteignung von Hausbesitzern hinausläuft, dürfte vor den Gerichten kaum haltbar sein, und hoffentlich eher die Ausnahme sein. Die Altersvorsorgen sind ja oft betroffen bei Kapital- und Sachwert-Besteuerungen wie auch bei Negativ-Zinsen und Inflation, durch die immer wieder ein Teil der Realwerte der Staatsschulden „getilgt“ werden, damit oft auf Kosten gar nicht so reicher.
Andererseits wird das Gefühl oder die Erzählung „ausgequetscht“ zu sein von sehr vielen Steuerzahlern und ihren Vertretern manchmal auch von Arbeitnehmern hinsichtlich Arbeitsbelastung geäußert, was immer wieder die Frage aufwirft, wie Firmen und der Staat denn sonst ihre Aufgaben und Notwendigkeiten finanzieren könnten — ob das nicht letztlich darauf hinausläuft, statt der einen lieber andere „auszuquetschen“, die vielleicht nicht so laut schreien oder demonstrieren, aber nicht unbedingt reicher oder belastungsfähiger sind. Alternativ kann es auch auf Kosten der Kunden, Patienten, der Infrastruktur oder des Klimas und der Zukunft und künftigen Menschen gehen, wenn alle Belastungen für alle vermieden werden sollten. So können auch zu strenge Mietdeckel bei gleichzeitig steigenden Erhaltungs- und Reparatur-Kosten dazu führen, dass diese nicht mehr gedeckt werden und dass Vermietern nicht nur die Erträge vermindert werden, sondern sie teilweise und allmählich ihr Vermögen verlieren. Also alles nicht so einfach, und die bestmögliche Balance liegt immer wieder in den Augen der jeweiligen Betrachter. Ich denke, wir sollten nicht nur individuelle Menschen, sondern auch Regierungen von Perfektions-Ansprüchen wie völliger Gerechtigkeit oder völliger Behebung aller unbefriedigenden Zustände verschonen, denn auch sie sind nur Menschen und vor allem oft ohne wirklich bessere Alternative. Das gilt besonders in einer Zeit, wo nicht nur Ungerechtigkeiten oder Ungereimtheiten drohen, sondern mehr und mehr große Krisen und Katastrophen, die noch viel mehr die Aufmerksamkeit und Priorisierung der Regierenden erfordern.
Peter Selmke

 


 

Leserbrief zu „Wie gut kennen Sie sich denn?“ von Sven Michaelsen

Da ich mich für einen bescheidenen Menschen halte, möchte ich mich auf die Beantwortung eines Zehntels der Fragen beschränken.
– Homers erster Satz: standesgemäß in einem Hexameter formuliert könnte, deutsch übersetzt, so lauten: wollt denn ihr Toren von Kriegen nur lesen und Kämpfen um Troja?
– wahrheitsgetreue Biographie über mich: empfehle das Buch als medikamentenfreie Einschlafhilfe!
– Analtunke: rate Herrn Strunk, einen Blick in ein medizinisches Fachbuch zu werfen. Dort entdeckt er Krankheiten, deren Exkrete, Exkremente und Exprimate, vermutlich auch nach seinem Empfinden, deutlich widerlicher klingen als Analtunke!
– Samuel Beckett oder Volker Bouffier mit 70: weder-noch! In aller Unbescheidenheit (ausnahmsweise) dann lieber mein Aussehen mit 70 (jetzt 78)!
Ulrich Pietsch

 


 

Leserbrief zum Titelthema „Was der Körper kann“

Die Welt steht immer mehr in Flammen durch Kriege. Und ich lese Ihre Überschrift vom Hauptthema der Ausgabe vom 01.08.24, „Was der Körper kann“. Und was nicht. Ich glaube es gibt aktuell wichtigere Themen.
Brigitte Geismann

 


 

Leserbrief zu „Der göttliche Schlummer“ von Florian Eichel in Christ & Welt

Ruhe und Müßiggang sind wichtig. Allerdings um danach wieder ausgeruht ans Werk zu gehen. Im kleinsten kann man das an der eigenen Atmung nachspüren: auf die Anspannung der Einatmung folgt die Entspannung bei der Ausatmung. Ihren Vergleich mit Rentnerdasein und 4-Tage-Woche finde ich unzulässig. Gott hat bestimmt nicht gewollt, dass Millionen grundsätzlich arbeitsfähige Rentner in Deutschland mit fast 30% des Bundeshaushalts unterstützt werden, um „Ruhe“ zu haben. Ich würde die Bibel hier so verstehen, dass es ungerecht ist, dass arbeitsfähige Rentner „ruhen“ und andere das mit ihren Steuern mitbezahlen müssen. Aus meiner Sicht leitet die Bibel an, dass jeder seinen Beitrag leisten muss, also arbeitsfähige Rentner länger arbeiten müssen, wenn die Versicherungsleistungen nicht ausreichen. Dass die 4-Tage- Woche und die 3 freien Wochentage nicht zur 6-Tage-Woche der Bibel mit einem „freien“ Sonntag passt, ist ja unmittelbar einleuchtend.
Christian Voss

 


 

Leserbrief zu „Bedrohung aus dem Inneren“ von Paul Middelhoff

Ich darf Sie bitten, Artikel und Berichte mit Aussagen über Israel doppelt so oft von weiteren Redakteuren Korrektur lesen zu lassen wie üblich, damit sich kein Fehlerteufel einschleichen kann. Andernfalls würde ich Sie bitten, die Aussage, dass im Westjordanland Zivilisten durch Siedler „verstümmelt“ werden, faktisch zu belegen. Da wir uns inzwischen wieder in einer Welt bewegen, die antisemitische Ressentiments offen nährt, äußert und sich von ihnen verblenden lässt, vertraue ich Ihrer Redaktion, bei dem Thema äußerste Exaktheit walten zu lassen und ggf. Falschaussagen nachträglich zu korrigieren. Auch wenn das Wasser bereits auf viele Mühlen gegossen wurde und leider nicht mehr eingesammelt werden kann… Danke für Ihr Bemühen und Ihre Unterstützung.
Julia Grote

 


 

Leserbrief zur Infografik „Gesunder Durst“ von Mario Mensch (Illustration) und Tin Fischer (Recherche)

Ich bin regelmäßiger Zeit-Leser und auch Abonnent der Papierausgabe der Zeit. Vergeblich versuche ich die Quellen der Infografiken zu finden, die angeblich unter dem Link www.zeit.de/wq/2024-33 angegeben werden. Sind die Quellen nur für die Leser der digitalen Ausgabe? Kann ich mit meiner Abo-Nummer nicht direkt zugreifen, ohne ein Probeabo der digitalen Ausgabe abzuschließen? Zur letzten Infografik folgende Anmerkung: In Deutschland wollen viele gesünder leben aber zu wenige Deutsche ändern in Wirklichkeit ihre Ernährungsgewohnheiten. Steigende Fettleibigkeit und erhöhte Krankenstände sind deutliche Anzeichen für eine ungesunde Lebensweise in weiten Kreisen der Bevölkerung. Gründe, die in der Infografik nicht erwähnt werden und die zu dem mittelfristig fallenden Pro-Kopf-Konsum von Bier und steigendem Verbrauch von Kaffee und und Tee wesentlich beitragen sind neben der Alterung der Gesellschaft, die starke Zuwanderung aus Kulturen, in denen Kaffee und Tee beliebter und Alkohol weniger geschätzt wird.
K. Michael Finger

 


 

Leserbrief zu „Über die Gewaltdebatte und Ratschläge, die ganz sicher nicht weiterhelfen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Da sich nicht jeder auf Kommando übergeben oder eine offene Tb simulieren kann, rate ich zu folgendem Verhalten: erschrecken oder mitspielen! Bei einer Bedrohung durch Männer mit dunklerem Teint laut: Allahu akbar! rufen und die Jacke öffnen, aus deren Innentasche die Lunten mehrerer Knallkörper hervorlugen. Sie werden annehmen: ein Terrorist! und in alle Himmelsrichtungen davonstürmen! Bei Männern mit rechtsradikalem Outfit, Hooligans und Glatzen in die rechte Außentasche greifen und eine dort zusammengefaltete – muss nicht gleich Hakenkreuzfahne sein – sondern schwarz-weiß-rote Flagge hervorholen und schwenken und dazu: schwarzbraun ist die Haselnuss…anstimmen! Begegnet man dagegen dem schwarzen Block der Linksradikalen, ziehe man aus der linken Außentasche die rote Mao-Bibel und skandiere Ho-Ho-Ho-chi-minh (oder Ho-Ho-Honecker)! Das einzige Problem dabei: immer in die „richtige“ Tasche greifen!
Ulrich Pietsch

 


 

Leserbrief zu „Liebe Leute: Wahlmampf“ von Claire Beermann im ZEIT Magazin

Was will oder soll mir dieser Beitrag von Claire Beermann eigentlich sagen? Vielleicht das der Autorin eine Kamala Harris als Präsidentin lieber wäre als ein Donald Trump!? Joe Biden kann, will oder darf nicht mehr so ganz richtig den Präsidenten spielen. Kamala Harris hat das erkannt und hüpft aus ihrem Mauerblümchen-Schatten heraus und versucht sich schon mal vorab, natürlich ganz unverbindlich, in der Rolle der First Lady of America. Indes lauert Donald, „America first“, Trump etwas tobend im Hintergrund, auf seine zweite Chance!
Klaus P. Jaworek

 


 

Leserbrief zu „Hier sind einfach Menschen gestorben“ von Niko Kappel und Marcus Glahn in der Regionalausgabe ZEIT IM OSTEN

Es ist so weit. Seit Anfang der Neunziger sehne ich mich nach der Zeit, in der für die nachwachsende Generation diese simple Einteilung nach Ost und West keine Rolle mehr spielen und Gemeinsamkeiten wichtiger sein werden. Nach der Zeit, in der die nachwachenden Berliner nicht mehr wissen, wo genau in den einzelnen Vierteln die Mauer stand. Als Sie vor Jahren Ihre Rubrik „Zeit im Osten“ starteten, war ich getroffen und enttäuscht. Wie kann man diesen Ost-West-Blick in der Berichterstattung so viele Jahre nach 1990 aufleben lassen und weiter zementieren, dachte ich damals. Und diese Frage kam mir immer wieder bei der Lektüre dieser Rubrik. Sie bringt ja genau nicht zusammen, sie trennt. Auch, weil sie nur im Osten erscheint und ein gegenseitiges Sich-Erzählen gar nicht zustande kommen kann. Der „westliche“ Leser wird verschont, oder ausgegrenzt. Dafür muss der „östliche“ Leser auf die Leserbriefe an die Zeit verzichten, diese eigentlich wichtige Rückkopplung zur Zeitung. Ich wohne 500 m von der Berliner Stadtgrenze entfernt im Land Brandenburg und erhalte die „Zeit im Osten“ im Abo. 5 Kilometer weiter, im Reinickendorfer Ortsteil Frohnau, wird DIE ZEIT ohne „Zeit im Osten“ angeboten: mit DER ZEIT lebt West-Berlin noch ein wenig fort. Und nun sehe ich in Ihrem Artikel über die Radtour einer Schülergruppe entlang der innerdeutschen Grenze eine Karte des beschriebenen Gebiets. Ich schaue genauer drauf, stutze und fange an zu lachen. Es ist so weit! Selbst Ihre „Zeit im Osten“ Redaktion, die die Ost-West-Einteilung wöchentlich neu beatmet, weiß nicht mehr, wo die innerdeutsche Grenze war. Sie zeigen die heutige Landesgrenze zwischen Niedersachsen (inklusive dem Amt Neuhaus) und Mecklenburg-Vorpommern. Die lang ersehnte Zeit ist da. Wozu dann noch „Zeit im Osten“?
Jens Genersch