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8. August 2024 – Ausgabe Nr. 34

 

Leserbriefe zu „Ich bin das Auto. Sie sind das Lese“ von Ulrich Stock

Wie Ulrich Stock befürworte ich ein Gendern ohne Sternchen, aber nicht so „einschneidend“ wie er. Etwa geschlechtsneutral folgendermaßen: Ich bin das Leser, er ist das Autor. Um das Geschlecht zu spezifizieren: der/die Leser bzw. Autor; im Plural: die Autoren und die Lesers (das zusätzliche „s“ wie im Englischen). Ich prognostiziere, dass sich die bisherigen Gender-Wortungetüme niemals im Sprachgebrauch durchsetzen werden.
Harald Dyckhoff

Der Genderwahnsinn wird etwas überspitzt, aber sehr treffend „aufs Korn genommen“.
Birgit Liebert

Ich, um es mal in der ZEIT-Milieu-Sprache zu sagen: lese Ihren Beitrag zum sprachlichen Gendern als Satire – allerdings als etwas angestaubte, ähnliche mehr oder weniger ernst gemeinte Artikel gibt es ja zuhauf.  Tatsächlich sollte kein Mensch, dem es noch um ein gewisses Miteinander geht, auf die Idee kommen, die deutsche Sprache, so wie Sie es vorschlagen, zu instrumentalisieren. Es wäre nur ein weiterer ideologisch begründeter Schritt zur Spaltung der Gesellschaft – ganz zur Freude der AfD, die sich ein weiteres Mal nur zurücklehnen bräuchte, weil ihr durch solchen Unfug ohne eigenes Zutun noch mehr Stimmen zufließen würden. Natürlich kann man solche Beiträge drucken, in der Hoffnung, viel Resonanz zu bekommen. Die WELT probierte und probiert es etwa mit Kollegen wie Matussek oder Broder, die ordentlich auf die Kacke hauen, allein um Klickzahlen zu generieren. Nun gut, sollen sie, aber müssen Sie das bei der ZEIT nachmachen? Offenbar.
Kai Ritzmann

Herrlich, die Verballhornung dieser unsäglichen Gender-Sprache. Dass die Klageführenden (nicht: Kläger!) anscheinend keine anderen, vielleicht wichtigeren Probleme sehen, ist doch beruhigend.
Rainer Pfaff

Vielen Dank für diesen Artikel, Sie sprechen mir damit zum Einen aus der Seele und zum Anderen, es ist eine Art Singularität der Ereignisse, war ich gerade am Tag zuvor, bevor ich Ihren Artikel las, in einem Gespräch mit einæ Kollegæ zu genau diesem Thema der sog. »gendergerechten Sprache«, die in Schrift und Wort allmählich sehr umständlich zu werden droht und Political-Correctness-Trapps aufbaut, in die mæ-fæ zwangsläufig tappen MUSS. Ihren Vorschlag finde ich sehr gut, die Wortstämme zu beschneiden, um den Einsatz und der schriftsprachlichen Verkomplizierung von Asterisken [*], Doppelpunkten [:] oder Unterstrich-Gaps [_] und das Anhängen von »innen« zu vermeiden, und ebenfalls den Vorschlag allem den sächlichen Artikel »das« voranzustellen. Aus meiner Sicht hat das Institut der Deutschen Sprache es verpasst, eine wirklich sinnvolle Sprachreform einzuführen, die dæ Sprachæ wirklich adäquat wiedergibt. Mein Vorschlag wäre es, Sie baten in Ihrem Artikel ja quasi auch darum, alle geschlechtsspezifisch konnotierten Worte mit einem neuen und neutralem Appendix »æ« oder auch »œ« zu versehen und entweder ebenfalls einen neutralen Artikel »das« voranzustellen oder einen neuen, ebenfalls neutralen Artikel »dæ« oder auch »dœ« zu etablieren. Durch die Etablierung und Verwendung neuer Begriffe würden sich eventuell auch all diejenigen Menschen mitgemeint fühlen, die sich nicht innerhalb der männlich definierte Grenze auf der einen und der weiblich definierte Grenze auf der andern Seite verortet fühlen oder verortet fühlen lassen wollen, sondern darüber hinaus. Wieso gibt es überhaupt diese Grenzen, fragt man sich. In einer freiheitlichen Welt kann und darf jedæ das sein, was æ sein möchte. So sehe ich das zumindest. Die Frage ist nur, ob die Gesellschaft dazu bereit ist, dies zu akzeptieren. Und eine weitere und letzte Frage ist was machen wir mit den Toiletten? Sollte man dabei nicht auch endlich die Geschlechterspezifizierung abschaffen und einfach Toiletten für ALLE Menschen anbieten, OHNE Geschlechterspezifizierung? Niemand sollte sich zu einem Geschlecht bekennen MÜSSEN, wenn æ es nicht tun möchte.
Daniel Sauthoff

Eigentlich wollte ich Ihnen im Detail schreiben, wie erfrischend ich den Artikel von Ulrich Stock finde, aber mir sind vor Lachen die Augen so nass, dass eigentlich alles verschwimmt. Also, es geht nicht…
Frank Thuselt

Ich finde es gut, wenn sich jemand Gedanken darüber macht Dinge zu vereinfachen, da auch ich zu denjenigen gehöre. Ich bin Handwerker und freue mich über jede Errungenschaft, die das tägliche Leben vereinfacht. Genauso wundere ich mich allerdings auch über Unnützneues. Sachen wie bspw. das Warnhinweisgepiepse im Auto, der Schilderwald an Straßen oder der Kunststoffhundekotbeutel sind für mich Verschlimmbesserungen. Leider fällt für mich ihr gutgemeinter Vorschlag auch in diese Kategorie. Ich bin selbständiger KFZ Mechatroniker Meister oder selbstständiges Mechatronik Meistle !? Ihre Idee fühlt sich ein bisschen so an, als möchten sie sich bei der KI einschmeicheln …. Glücklicherweise finden wir ihren Artikel im Feuilleton und nicht im Politikteil.
Bodo Klimmek

Veränderungen solcher Tragweite bezüglich Deutscher Schreib- und Sprechweise bedürfen meiner Meinung nach gründliche Ermittlungen. Ich schlage daher eine groß angelegte Konferenz vor. Teilnehmen sollten neben den Kultusminister:innen von Bund und Ländern auch alle Innenminister:innen. Es geht schließlich (beispielsweise beim Binnen-I) auch um die innere Sicherheit. Da es ebenfalls um das Erscheinungsbild des geschriebenen Wortes geht, schlage ich weiterhin vor, den Rat von Innenarchitekt:innen einzuholen. Um unredliche Beieinflussungen zu vermeiden, sollte darauf geachtet werden, dass zwischen den einzelnen Innenminister:innen und Innenarchitekt:innen kein allzu inniges Verhältnis besteht. Natürlich sollte, wetterbedingt, das Treffen der Kultus- und Innenminister:innen mit den Vertreter:innen der Innenarchitekt:inneninnung in Innenräumen stattfinden. Bleibt zu hoffen, dass es bei den internen Gesprächen nicht nur um Äußerlichkeiten geht. Möge die Macht mit Innen sein!
Claus Marquardt

Nette Idee, aber trotzdem „Bullcowshit“. Machtnix!
Lese Axel Kunze

Gute Idee, die Sie dem Lese hier näher bringen. Haben Sie dabei auch bedacht, was bei konsequenter Anwendung der „Beschneidungstechnik“ aus den Werken unserer Dichtes und Literates würde? Das Richtes und sein Henkes. Das Tauches. Das Erlkönigs. Ich weiß nicht…Trotzdem Danke für die charmante Idee. Hat was. Und war unterhaltsam zu lesen.
Thomas Meichle

Sie sind Herr Stock und ich bin einer von 1/2 Millionen Lesern. Und ich denke, jetzt haben wir alle Argumente zusammen. Das hat zwar jetzt viele nervige Jahre gedauert, aber vielleicht war das jetzt ein gelungener Auftakt, das Thema Sprachverdrehung endlich zu beenden.
Bernd Baginski

Ulrich Stock ist ein hervorragendes Auto. Er macht Schluss mit den unästhetischen Gendersternchen und Wortungetümen wie Fliesenleger*inneninnung. Mir als begeistertes Zeit-Lese gefällt’s. Auch steht mir das Studente näher als ein Studierender, die Lehres kommen besser an als Lehrende, und Lernende können geschlechtsübergreifend als Schüles ihr Dasein fristen. So kommen wir endlich weg von den unseligen Partizipialkonstruktionen, die nicht nur sprachlich hässlich, sondern auch inhaltlich falsch sind, denn Studentes studieren nicht immerfort, sondern lassen hin und wieder völlig genderfrei die Sau raus. So können wir endlich auch das Studierendenwerk schließen, wo wir doch Stock sei Dank in jeder Universitätsstadt Studenteswerke haben.
Wolfgang Wendling

Danke für das Einladung zur Stellungnahme. Das Beschränkung auf den Artikel „das“ finde ich gut. Im Englischen gibt es ja auch nur einen Artikel. Für Ausländer und Kinder in Schule wird es einfacher, Deutsch zu lernen. Allerdings müsste in Konsequenz das Artikel im Plural (das Kinder?) und im Genitiv, Dativ und Akkusativ (in das Schule? das Leiter das Schule?) auch ersetzt werden. Das macht das Verständnis sehr schwer. Daher mein Vorschlag: Lernen wir doch gleich Englisch! Forget the awful german language, wie Mark Twain schon vor etwa 150 Jahren gesagt hat.
Dieter Marenbach,

Bevor ich mich als ehemaliger Hausarzt auf ein „Rz“ reduzieren lasse, der seine „Patiens“ hoffentlich zufriedenstellend behandelt hat, schlage ich eine Methode vor, die ich schon selbst gelegentlich angewendet habe: hinter das erste (maskuline) Wort, das der Genderkorrektheit wegen ein „*“ oder einen „:“ verdient hätte, setze ich ein „(m,w,d)“. Damit drücke ich aus: alle nachfolgenden, meist, wie üblich, männlichen Begriffe können automatisch doppel- oder mehrgeschlechtlich interpretiert werden! So verunstalte ich unsere Sprache nur mit einem einzigen „(m,w,d)“, bleibe damit Autor und kann nicht nicht mehr mit des Deutschen liebstem fahrbaren Untersatz verwechselt werden!
Ulrich Pietsch

Schon lange habe ich auf dieses Ereignis gewartet. – Denn Sie sind das erste professionelle Schreibe, das in der deutschen Sprache die Lösung zum *- Problem wieder gefunden hat. Das wurde auch ZEIT! Denn schon unsere Vorfahren haben weiter gedacht, als sie alle nahen Lebewesen auch geschlechtslos bezeichnet haben. Wir denken an „das Huhn“, „das Schwein“, „das Pferd“ und viele andere. Auch mit „das Kind“ waren sie auf einem guten Weg; nur bei „das Mensch“ scheint etwas dazwischen gekommen zu sein. Mir fehlen die Worte zu beschreiben, wie sehr ich mich freue, dass Sie uns unsere einfache Sprache zurückgeben wollen.
Uli Hildebrand

Als weibliches Leses tue ich hiermit meine Zustimmung kund. Der Verkürzungsgender muss eingeführt werden. Unbedingt. Schlage vor, Sie platzieren hierzu eine wöchentliche Rubrik, die für Hinterwäldles wie mich zu Übungszwecken dient. Dann brauchen wir auf dem Land auch die Türöffnes aus dem Ökobuestum nicht.
Waltraut Spitzl

Zum Thema „Gendern“ noch nie etwas Besseres gelesen – vielen Dank!
Michael Bingeser

Herrlich, es ist weder Karneval noch 1. April sondern Sommerloch und Sie verwöhnen Ihre Leser mit einer sagenhaften Idee, die deutsche Sprache restlos zu verballhornen. „Ich bin das Auto“ auf so eine Idee muss man erst einmal kommen. Dann ist vielleicht nichts mehr zu abstrus. Vielleicht hängt der Vorschlag indirekt mit der Liberalisierung des Cannabis-Konsums zusammen. Warum nicht knapp und eindeutig: Wer sich berufen fühlt die männliche und weibliche Form zu bemühen tut das, soweit es sie gibt – eine weibliche Form des Todes ist mir noch nicht begegnet – und die Anderen verwenden die Form die sie gerade meinen. Die deutsche Sprache bleibt, was sie ist und jeder wird nach seiner Fasson glücklich und nicht in ideologische Grabenkämpfe verwickelt. Und „das Lese“ (wirklich köstlich, fast wie die Trumpisten: weird) entscheidet sich weiterhin selbst was sie bzw. er gerne lesen möchte.
Hans-Jörg Lindner

Ich lese sehr viel und bin wie Sie von der Sternchenlösung wirklich nicht überzeugt. Allerdings fehlt mir bei Ihrer Lösung die Eleganz und auch etwas der Witz. Ich schlage deswegen in meinem Freundeskreis auch vor zu versachlichen. Im Gegensatz zu Ihrem Ansatz addiere Ich allerdings einen einzigen Buchstaben. Um in Ihren Worten zu sprechen: Das Autory dieses Textes bin Ich. Sie sind das Lesery. Als Autory wünsche Ich mir viele Lesery. Ich bin zumindest froh, dass noch über andere Lösungen nachgedacht wird. Den wenn die aktuell bevorzugte Lösung offiziell umgesetzt würde, müsste Ich komplett auf Englisch umstellen und dann könnte Ich ja auch die Zeit nicht mehr lesen. Viel Dank an all Ihre Kollegen und Sie für all die tollen Artikel.
Fridolin Struss

Welch nette Satire auf das Gendern! Dabei reicht zum gendergerechten Sprechen und Schreiben ein zusätzlicher Buchstabe – ein „s“. Wenn Frau Meier von nebenan und ihr Mann umziehen wollen, heißt es umgangssprachlich bereits „Meiers ziehen um.“ Bei deutschen Personengruppen heißt es dann: die Maurers, die Bürgers und die Lehrers. Das ist längst in einer Nische üblich, nämlich bei den Doctores und den Professores. Es hieße dann z.B.: die Studentes, die Autores und die Polizistes. So bleiben die Lehrer und Polizisten männlich, die Polizistinnen und Lehrerinnen weiblich, und die Lehrers und Polizistes sind dann alle Geschlechter zusammen, auch die Diversen. Jeder hätte schon jetzt die Freiheit, so zu schreiben. Klingt nur anfangs etwas ungewohnt. Aber alles ist knapp und klar zu schreiben, zu lesen, zu sprechen und zu hören. Kinders, wäre das schön!
Robert Lütjens

Das Schöne an Ulrich Stocks Vorschlag: Der Wegfall vieler Konsonanten am Wortende italienisiert die deutsche Sprache. Aber das schreckliche Gezischel nicht nur durch die Plural-s, sondern auch „das“ als anaphorischer Artikel! In meinen Ohren führt der Weg über die Anglifizierung des Deutschen; letztlich ist ja eh beides, das Deutsche und Englische minus die lateinischen Zuwächse, das Gleiche. Also: „De Auto(r)“ für bestimmte Männer und Frauen, „a Auto(r)“ für unbestimmte. Bei Briten und Amerikanern heißt es übrigens bekanntlich „author“, trotzdem werden alle Geschlechter mitgedacht.
Wolfgang Ludwig-Mayerhofer

Das Artike über das Gendern ist genial! Ich würde sogar empfehlen, sämtliche Begriffe von männlichen und weiblichen Artikes zu befreien: Das Mond, das Weg, das Himmel; auch abstrakte Begriffe wie das Liebe, das Blödheit oder das Lust usf. Der einfachen Lesbarkeit halber könnte ES auch gleich alle Worte vermeiden, das Interpunktieren des Schweigens sollte reichen. Und „Bue“ für Bauer? Sehr super! Manche Dramen müssten neu verfasst werden, zum Beispiel die von  Kotzebue. Der war zu polemisch und wurde leider ermordet. Danke für Ihre Überlegungen und: das Appendix muss weg!   * Hau = H err/Fr au
Klaus Huber

Ich brauche es nicht
Ob kurz oder lang
Ich brauche es nicht:
Das Gendern
Ich hoffe, es erhört uns
Der Gott der Sprache!
Und kümmert sich endlich
Um diese Sache!!
Lasst uns behalten die Vielfalt der Worte!
Mit ihrer Geschichte an diesem Orte
Dem Rhythmus! Der Vielfalt der Fälle!
Soll denn nur Einfalt an diese Stelle?!?
Lang lebe die Sprache!
In Schrift und gesprochen
Ohne dass sie aus dem Hals gekrochen
Oder zu lesen unnötig verziert :(
Ach, Gott der Sprache!
Kümmere Dich!!!
Ein Ende mache!
Erhöre mein Rufen in dieser Sache -!
Heidi Krausz

Das Lese? Einen Versuch, die umständlich wirkenden Leserinnen und Leser zu umgehen, wagte auch ich einmal, und zwar per Partizip Präsens: die Lesenden. Doch wurde mir klar: das meint gar nicht wirklich die selben oder dasselbe! Nun also: das Lese? Ach, warum die Sprache so reduzieren… Ich möchte tatsächlich weiterhin der, die, das sagen und schreiben dürfen mit allen Konsequenzen, mit allen Umständlichkeiten, so viel Zeit soll sein, und ich möchte dabei alle mitdenken und mitmeinen, die jeweils dazugehören oder dazugehören möchten.
Beate Hannen

Selten so ausgiebig Tränen gelacht!
Sibylle Riffel

Es ist schön, dass Ulrich Storck einige eklatante Schwächen der vorherrschenden Formen geschlechtergerechter Sprache erkennt und anspricht, auch wenn das Bäckereibeispiel weniger überzeugend ist als die Sache mit den Bürger*innenmeister*innen. Weniger schön ist es, dass er als Beispiel fürs Entgendern eine offensichtlich unbrauchbare und ins Lächerliche gehende Eigenkreation vorschlägt, anstatt den Lesys die vorhandene und durchdachte Schreibweise nach Hermes Phettberg zu zeigen, in der neben den Autorys auch Ärztys, Köchys und Bürgymeistys wohlklingende und gut verständliche Bezeichungen haben.
Jörg Eisfeld

Die Bergrette suchen Bodo Hell. Vergebne Müh‘. Die Dichte, die Poe, finden immer einen Weg.
Paul Zwirchmayr

Was für ein Auto! Welches Mut zum Messer der besseren Verständlichkeit zu greifen und Zöpfe abzuschneiden. Das Artikle vielfach kopiert und an Männes und Frauen in umliegende Orte verteilt, viel gelacht und das Spass geteilt. Das Vorschlag: Das Auto wird Ministe und Spreche für Lehres, Schüles und alle Hinterwädles dieser Welt.
Anna-Maria Jansen

 


 

Leserbriefe zu „Frieden schaffen mit Mittelstreckenwaffen?“ von Peter Dausend und Tina Hildebrandt

Die russischen Exklave Kaliningrad ist hochgerüstet. In deren Reichweite liegt halb Europa, Berlin gut 500 km entfernt, kaum 10 min. Flugzeit. Da soll eine Antwort des Westens mit Mittelstreckenwaffen, die Moskau erreichen könnten, gefährlicher sein, so Friedensapostel vom Schlage Mützenich. Wie skurril ist denn das? Vermutlich Wahlkampfgetöse, nachdem die Europawahl mit ähnlichem Thema in die Hose gegangen war. Wenn Scholz aus Gründen der Staatsräson bei seiner Linie bleibt und die Stationierung befürwortet, muss die SPD sich wohl einen neuen Kanzlerkandidaten suchen. Sein Amtsvorgänger Schröder ist dieses Risiko mit seiner Agenda eingegangen und hat dafür bezahlt, hat aber Größe gezeigt.
Christoph Schönberger

Worum geht es eigentlich? Da ist zum Einen die reale Friedenspolitik. Wir haben die klaren Erfahrungen der Nach-Nachrüstung der 80. Jahre. Wir haben die weitgehenden Demilitarisierungen der Bundesrepublik und der Nato-Ostflanke in den vergangenen 25 Jahren. Und wir haben den Verzicht der Ukraine auf Atomwaffen in den 90. Alle Erfahrung sagt klar: Westliche Stärke beruhigt Russland und westliche Schwäche führt zu Bedrohung und Krieg durch Russland.  Dann gibt es ein zweites Thema und da geht es um das Innenleben viele Deutscher, die sich von Russland weit weniger bedroht fühlen als von eigener Bewaffnung. Erfahrungen aus der realen Außenwelt spielen hier keine Rolle. Und das dritte Thema ist die SPD, die in Form des Kanzlers etwas Sinnvolles zur objektiven Außenwelt sagen muss. Und in Form des Fraktionsvorsitzenden Mützenich das Innenleben der Deutschen bedient. Nach aktuellen Umfragen geht es da um 15% der Wähler, also um etwa 9 % der Bevölkerung. Ich finde, dass jedes einzelne Thema für sich eine Bewertung verdient, wenn man nur etwas Klarheit erlangen will. Ob man danach noch eine Verknüpfung für sinnvoll hält, das würde ich bezweifeln.
Fred Klemm

Ein Artikel, der die Frage aufwirft „Frieden schaffen mit Mittelstreckenwaffen?“, müsste zu ihrer Beantwortung eigentlich genauer auf das Verhältnis von Abschreckungs- und Verständigungspolitik abstellen und die Realisierungsbedingungen, Chancen und Risiken beider kritisch erörtern. Schon rein quantitativ wird aber der Abschreckung absoluter Vorrang eingeräumt, wobei ausdrücklich die Sachlichkeit der Darstellung positiv zu erwähnen ist. Gleiches gilt leider nicht für den zweiten – wohl eher komplementären als konträren – Ansatz; durchaus prominente Kritiker der Stationierung neuer Waffen werden lediglich namentlich genannt, ohne ein einziges ihrer Argumente in die Waagschale zu werfen. Bedauerlich!
Norbert Albrecht

Als ich vor 40 Jahren meinen Wehrdienst ableistete, war mir die Notwendigkeit der Verteidigung und des erforderlichen Abschreckungspotentials klar. Heute frage ich mich, was hier (u. a. mit neuen Mittelstreckenwaffen) noch verteidigungswürdig ist? Die desolate Infrastruktur und kriminelle Familienclans? Eine überbordende Bürokratie oder das Desinteresse unserer Politiker an der arbeitenden Bevölkerung? Unsere Art zu leben, von der wir seit längerem entwöhnt werden? Einen Nationalstolz, der nur noch bei Sportereignissen geduldet wird? Aus welchem Grunde sollten wir dieses Land, früher Deutschland, noch verteidigen?
Reiner Halbritter

Im Einleitungsteil des Beitrags „Frieden schaffen mit Mittelstreckenwaffen“ (Politik-Ressort) sind den Verfassern Peter Dausend und Tina Hildebrandt leider die zeitlichen Bezüge „verrutscht“: Zum Zeitpunkt der großen Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten (am 22. Oktober 1983) war der amtierende Bundeskanzler schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr Helmut Schmidt – sein Sturz durch Helmut Kohl mittels konstruktiven Misstrauensvotums fand bekanntlich vom 1. Oktober 1982 statt.
R. Osterwinter

Aufrüstungsgegner und Friedensfreunde vergessen eines: Als Irrläufer der Evolution ist der Mensch grundsätzlich ein Zerstörer. Er neigt deshalb immer wieder zur Feindseligkeit. Deshalb müssen auch Friedensfreunde verteidigungsbereit sein. Das schließt absolut nicht aus, dass wir zumindest friedliche Koexistenzen anstreben und kooperativ am Erhalt des Erdballs arbeiten.
Albrecht Hauter

Vielen Dank für den Artikel, der darüber aufklärt, was tatsächlich an Waffen stationiert werden soll (soweit dazu derzeit überhaupt schon Informationen vorliegen) und dass es sich um konventionelle Waffen handelt, die die Bundeswehr eigentlich selbst anschaffen müsste und die nun die USA für Europa bereitstellen, um das Putin-Regime von einem konventionellen Krieg gegen NATO-Staaten in Europa abzuschrecken. Die vermeintlichen Friedensfreund*innen und faktischen Putin-Unterstützer*innen – und damit tatsächlichen Friedensfeind*innen, wenn auch nicht Putin-Freund*innen – in der SPD lesen hoffentlich Ihren Artikel. Zusätzlich zur konventionellen Abschreckung bedarf es gegenüber Russland bzw. dem Putin-Regime allerdings auch der atomaren Abschreckung, sonst bleibt Europa / bleibt Deutschland erpressbar. Sie schreiben dazu, die atomare Abschreckung leiste der Atomschirm der USA – aber Sie wissen wahrscheinlich sehr wohl, dass das nicht stimmt. Weder Donald Trump noch Kamala Harris werden im Ernstfall zugunsten Deutschlands Atomwaffen einsetzen. Von England und Frankreich ganz zu schweigen. Also braucht Deutschland mit eigenen Atomwaffen, die Russland erreichen, bestückte U-Boote. Leider werden wohl weder Olaf Scholz noch Boris Pistorius das ihren Genoss*innen sagen und beibringen können.
Ulrich Willmes

beim Lesen des o.g. Artikels wundere ich mich darüber, wie scheinbar in großen Teilen der SPD (aber auch anderer Parteien) Putin immer noch unterschätzt wird. Man glaubt, durch die Stationierung von Mittelstreckenraketen eine Art primitiven Reflex bei Putin auszulösen auf Deutschland einen atomaren Erstschlag auszuführen. Welch eine Fehleinschätzung und Geschichtsverkennung! Der NATO-Doppelbeschluss hat Deutschland 40 Jahre Frieden beschert. Putin ist ein intelligenter Stratege, der seinem Gegner nicht ins offene Messer rennt. Hätte es das Budapester Memorandum nicht gegeben und die Ukraine ihre Atomraketen behalten, dann hätte Putin es vermutlich nicht gewagt die Ukraine zu überfallen!
Martin Krivacek

Diesen Beitrag habe ich mit Interesse gelesen. Jeder Mensch kann sich für oder gegen eine Sache oder eine Aktion entscheiden. Meines Erachtens kommt es darauf an, alle ein Thema betreffenden Tatsachen in ihrer Gesamtheit zu erfassen, unvoreingenommen zu debattieren und gegeneinander abzuwägen. Während des „Kalten Krieges“ wurde der Frieden durch gegenseitige Abschreckung erhalten. In einer kritischen Situation, als der Befehl zum Angriff an die sowjetischen Raketentruppen erteilt wurde, hatte deren diensthabende Chef, Stanislaw Petrow, den Mut, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Er führte diesen Befehl nicht aus. Die Abschreckung der gegenseitigen Vernichtung wirkte. Michail Gorbatschow löste sich von den Doktrinen seiner Partei und deren Denkweise. Er wollte den Frieden sichern. Die beschränkte Sichtweise der Verantwortlichen im Westen erkannten diese Cjancwe für den Frieden leider nicht. Sie waren in alten Vorstellungen, in der Angst vor dem „Kommunismus“ gefangen. Dieser Beitrag weicht den eigentlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Frieden in Europa und in der Welt aus. Dazu gehören aus meiner Sicht Gebietsforderungen an benachbarte Staaten und die Ablehnung des Selbstbestimmungsrechts der Völker in selbst erklärten Einflussgebieten. Wenn diesen Vorstellungen gefolgt werden soll, erleben wir die Wiederauferstehung der „Kommunistischen Zentrale“ die Praxis des „Großen Bruders“, der in den wichtigen Fragen entscheidet. Wer diese Praxis in der DDR erlebt hat, möchte dahin nie mehr zurück. Putin hätte es nicht gewagt, die Ukraine zu überfallen, als diese noch sowjetische Atomwaffen besaß. Erst als die Abschreckung durch das Budapester Memorandum und die Abgabe der Atomwaffen durch die Ukraine erfolgten, war das möglich.
R. Reiger

Da „nuschelt“ der Kanzler die größte Auf- oder Nachrüstung der letzten Jahrzehnte mehr „heraus“, als sie zu verkünden. So formulieren es die Autoren. Sie schließen ihren durchaus lesens- werten Beitrag mit der süffisanten Bemerkung, Olaf Scholz sehe sich bekanntlich als einzigen Erwachsenen in der Republik. So schreibt jemand, dem die Verachtung des Kanzlers Olaf Scholz aus allen Poren quillt.  Dafür ist besonders Tina Hildebrandt sattsam bekannt. Die „Zeit“ gab in ihrer Nr. 46 vom 10.11.22 in einem Leserbrief das „erste Gebot“ des Journalismus von Hanns Joachim Friedrichs wieder: „Nicht die gute Absicht ist ein passender Maßstab für guten Journalismus, sondern die absichtsfreie Analyse“ Von einer absichtsfreien Analyse ist der Beitrag der Autoren meilenweit entfernt.
Christoph Pudelko

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 wurde von geschätzten wie selbsternannten Experten in unzähligen Talk Shows, Interviews und Kommentaren landauf- landab nur ein wirksames Mittel gegen die Expansionsfantasien Russlands propagiert: Härte! Die Fangemeinde der Verhandlungsbefürworter war bis heute sprach- und ratlos, wenn man sie nach ihrer Verhandlungsmasse, also Bedingungen, fragte. Mit dem Nato- Beschluss und der Zustimmung des Kanzlers, Mittelstreckenwaffen (ohne Atomsprengköpfe) ab 2026 in Deutschland zu stationieren, wäre das Manko fehlender Verhandlungsbedingungen doch beseitigt! Dass der Stationierungsbeschluss den Nerv der russischen Seite getroffen hat, konnte man postwendend an deren wütenden Reaktionen beobachten. Vor diesem Hintergrund ist der hysterische Aufschrei der SPD- Empörungsbeauftragten schwer verständlich. Ein gelungener Beitrag der regierungseigenen Opposition für das Berliner Sommertheater.
Michael Deil

Die Diskussion um die Raketenstationierung ist gespenstisch. Die Befürworter und Gegner drücken sich um die zentrale Frage: Warum stationieren die USA Raketen, die dem Befehl der Nato unterstellt werden, ausschließlich in Deutschland? Aus amerikanischer Sicht geht man gern den einfachsten Weg. Die zentrale Aufgabe der deutschen Regierung ist aber, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Einer Stationierung der Raketen in Europa gemäß dem Motto der drei Musketiere, um der russischen Aggression Einhalt zu gebieten, kann auch ich zustimmen. Aber ein kritikloses Einknicken der deutschen Regierung nach dem Motto, hier gibt es eine historische Verantwortung oder die Souveränität beschränkende Verpflichtungen, ist nicht hinnehmbar. Zumindest der Versuch hätte unternommen werden müssen, eine europaweite Stationierung zu erreichen. Die Risikolast eines Erstschlags Russlands hinsichtlich des größten Gefährdungspotentials (Hyperschallraketen) allein auf deutsche Schultern zu legen ist nicht ok.
Hans-Günther Vieweg

Ein etwas vage gehaltener Artikel, zur erneut geplanten Stationierung amerikanischer Mittelstreckenwaffen. Die Autoren lassen offen, ob sie denn selbst überrascht wurden: In formeller Hinsicht durch ein plötzliches, sehr dürr gehaltenes Communiqué am Rande (sic!) einer NATO-Tagung – so überrascht wie Friedrich Merz. Oder materiell betrachtet durch einschneidende geopolitische Implikationen, direkt oder später – wie Rolf Mützenich. Der Beitrag fokussiert dann auf eine offenbare Zerrissenheit der SPD. Ich meine indessen herauszuhören, in einer ähnlichen Ambivalenz fänden sich die Autoren selbst.  Nun, bei aller exekutiven Planungs- und Entscheidungsfreiheit wird sich hoffentlich noch ein Weg finden, eine potenziell schicksalhafte Weichenstellung spätestens vor der Wahl offen zu debattieren. Denn wenn Regierungshandeln durch die stetig zitierte ununterbrochene Legitimationskette demokratisch weithin abgesichert ist, dann bleibt eben nur der Legitimationsprozess – die Wahl – als Garant der Demokratie. Auf einen ernstzunehmenden Diskurs hoffe ich. Schwer abfangbare Mittelstreckenwaffen gelten unabhängig vom jeweiligen Gefechtskopf als besonders destabilisierend; das Fragezeichen in der Überschrift scheint mir völlig zu Recht gesetzt.
K. U. Voss

 


 

Leserbriefe zu „Krise – welche Krise?“ von Kolja Rudzio

Die Analyse von Kolja Rudzio bringt es treffend auf den Punkt, auch wenn viele Unternehmen in Deutschland selbst in einem Modernisierungsstau stecken, indem sie zum Beispiel trotz akuten Fachkräftemangels die Bewerbungen von älteren Arbeitnehmern auf ihre Stellenanzeigen von vornherein aussortieren oder ihre Buchhaltung immer noch zum Teil händisch über Papier erledigen. Schließlich kommt es gerade in einer Krise für die Politik vor allem darauf an, entschlossen nach vorne zu schauen, indem man die vorhandenen Defizite möglichst klar benennt und eine kreative Zukunftsvision für ein wieder besser funktionierendes Gemeinwesen entwirft. Deshalb darf sich die Ampelkoalition wie ebenso die Opposition im Bundestag in der Tat vor dieser Herausforderung nicht mehr drücken, zumal ein Schuldentopf für eine Bildungsoffensive und eine schnellere Digitalisierung im Gegensatz zu einem Land, das ohne Orientierung von seiner Substanz lebt, alles andere als der Generationengerechtigkeit widersprechen würde!
Rasmus Ph. Helt

Die goldenen Zeiten als Export Weltmeister scheint vorbei, weil, die Weltkonjunktur schwächelt erst China und jetzt Amerika.  Trotzdem schaffen es die führenden Dax – Konzerne ihre Gewinne zu stabilisieren.  Die Energiewende und das Stromnetz kosten im Ausbau mehr als 100 Milliarden Euro, das sogenannte Wirtschaftswachstum steht fast still. Die Inflationsrate ist höher als die Tarifabschlüsse, damit ist auch die Binnenkonjunktur betroffen. Konjunkturimpulse sind mit dem Sparhaushalt des Bundes; ist man eben nicht in der Lage eine immer wiederholte Wirtschaftskrise zu bekämpfen.
Thomas Bartsch Hauschild

Ich habe das dringende Gefühl, dass in Deutschland noch niemand von den Grenzen des Wachstums gehört hat. Und dass es etwas bedeutet, wenn der Erdüberlastungstag des Landes bereits in der ersten Hälfte des Jahres liegt. Wer’s nicht glaubt, wird es irgendwann schon lernen; dabei ist es so offensichtlich wie der Fakt in Des Kaiser’s neue Kleider, nur wagt es keiner zuzugeben.
Erich Würth

Vielen Dank für Ihren o.g. Aufsatz. Gerne bestätige ich Ihre Sicht der Dinge, wobei die Steigerung der Energiepreise ja auch längst beim privaten Endverbraucher angekommen ist. Während ich im Jahr 2022 für mein Einfamilienhaus eine Gasrechnung in Höhe von 2.616 € zu begleichen hatte, musste ich im Jahr 2023 beachtliche 5.665 € an meinen Versorger entrichten. Eine derartige Zunahme der Energiekosten dürfte für viele deutsche Unternehmen direkt in die Insolvenz, zumindest zu einer Verlagerung der Produktion ins günstigere Ausland führen.  Leider wurde uns Deutschen ja die Versorgung mit Erdgas über Nord-Stream 2 gekappt bzw. aus westlich-politischen Überlegungen der Zugang zum preiswerten russischen Erdgas verunmöglicht. Diese Nachteile und die Sanktionspolitik führen offensichtlich nicht nur zu einem Wohnstandverlust in Deutschland/Europa, sie erhöhen auch enorm die Möglichkeit eines kriegerischen Konflikts zwischen West und Ost; Aussichten, die sicher nicht in unserem nationalen Interesse sein können und damit auch nicht im Interesse der regierenden Parteien.
R. Dennebaum

Es ist schön, wenn die Bundesregierung nun ein „Bürokratieentlastungsgesetz“ plant; doch per Gesetz wird sich eine Denk- und Arbeitsweise, die sich seit mehr als 20 Jahren hierzulande etabliert hat, nicht von heut auf morgen wieder beseitigen lassen. Wenn in einem größeren Unternehmen der Einsatz einer Softwareerweiterung vom Qualitätsmanagement verhindert wird, weil im zugehörigen Fachkonzept der Konjunktiv verwendet wurde (Sie glauben es nicht? Ich habe es erlebt!), bekommen wir einen Eindruck, wohin die bürokratische Absicherung von Allem gegen Alles geführt hat. Wenn nicht die eine Hälfte der Beschäftigten damit befasst wäre, Wege zu finden, um die Regeln, welche von der anderen Hälfte aufgestellt wurden, zu umgehen, liefe hier wohl gar nichts mehr. Wir sind offensichtlich irgendwann falsch abgebogen, und aus diesem Dilemma hilft uns auch keine Künstliche Intelligenz heraus.
Raimund Poppinga

Sehr eindrucksvoll beschreiben sie die ökonomischen Zustände in Deutschland und dem politischen Zick-Zack-Kurs. Aus meiner Sicht gibt es hausgemachte Probleme und Folgen der aktuellen geopolitischen Entwicklungen, wie beispielsweise dem Krieg in der Ukraine. Die verarbeitende Industrie benötigt Rohstoffe und Energie. Insbesondere bei der Energieversorgung sind kostspielige Entscheidungen getroffen worden. Ist uns bewusst, was der beschlossene Kohleausstieg an Zahlungen des Staates an die Betreiber als Nutzungsausfall verursacht hat? Diese Milliarden wären anders sehr viel effektiver für eine sogenannte Energiewende einsetzbar gewesen. Mittlerweile ist die sichere Stromversorgung in Deutschland nur noch mit dauerhaften Stromimporten aus den Nachbarländern möglich. Es ist zu befürchten, dass das Vorgehen „erst Abschalten, dann Alternativen schaffen…“ uns in eine sehr schwierige Situation gebracht hat. Es ist nachvollziehbar, dass verantwortungsvolle Firmen ihren Standort in Deutschland überdenken. Die geopolitischen Ereignisse fordern Deutschland erheblich. Humanitäre und militärische Hilfen sowie die Unterbringung von Flüchtlingen fordern finanzielle Mittel. Ganz abgesehen davon, dass das deutsche Militär mehr Geld braucht. Auch dies wird weitere finanzielle Belastungen bewirken. Insofern halten die Bürger ihr Geld zusammen und die Konsumfreude ist gering. Politiker sind dafür da auch in solchen Situationen Lösungen zu finden, da sie vom Staat bezahlt werden.
T. Gruber

Als das „Made in Germany“ noch ein Alleinstellungsmerkmal besaß und die Qualität der deutschen Produkte Kunden in aller Welt trotz der höheren Preise zu Kauf motivierte, waren die Deutschen durch das Narrativ von der günstigen und dauerhaften Energieversorgung durch Russland von einer Unendlichkeit dieses vermeintlichen Glücks geblendet. Handlungspflichten für Reformen wurden in der Ära Merkel als „lästig“ empfunden. Die Kanzlerin war auch in ökonomischen Fragen überfordert. Nun garantieren Staaten außerhalb von Europa neben dem günstigen Preis auch eine gleichwertige Qualität der Produkte und überzeugen sogar die Arbeitnehmer der deutschen Industrie, sich zu bedienen. Man kann den wachsenden Anteil vornehmlich asiatischer Produkte auf den Betriebsparkplätzen und am Zweifel der Arbeitnehmer an der mitzuverantworten eigenen Zukunft erkennen. Doch das Vertrauen auf einen alimentierungswilligen Minister Heil sollte nicht überschätzt werden.
Jürgen Dressler

Selbsterkenntnis ist der Einzige Weg zur Besserung. Allerdings muss man dazu auch bereit sein. Zu erkennen, dass Entscheidungen falsch und/oder gar nicht getroffen wurden. Das ist eigentlich auch kein Wunder: Olaf Scholz der Bundeskanzler, Jurist und ehemaliger Finanzminister, leidet regelmäßig an „Wirecard und Warburg Bank“ Erinnerungslücken. Beim derzeitigen Haushaltsstreit scheint er auch nicht mehr Herr der Lage zu sein.  Christian Lindner hat in jungen Jahren mit einem Start-Up eine Insolvenz mit verursacht. Dabei wurden 1,4 Millionen Kapital aus öffentlichen Geldern „verbrannt“. Eine echte Visitenkarte für die Leitung des Bundes-Finanzministeriums. Um das „Triumvirat“ zu vervollständigen noch Robert Habeck ein Kinderbuchautor mit Philosophiestudium. Also bestens geeignet Wirtschaftsminister zu sein. Dann noch schnell im Ministerium viele Fachleute auszutauschen um „Grüne“ Parteifreunde, ungeachtet ihrer Fähigkeiten, einzusetzen. Das sogenannte „Heizungsgesetz“ war ein Beleg für fachmännischen Weitblick. Unvergessen die Erklärung Herrn Habecks zu einer Insolvenz. Diese drei sollen nunmehr der kränkelnden deutschen Wirtschaft wieder auf die Beine respektive an die Werkbank verhelfen. Diese drei Politiker sind das Synonym für den Begriff: „Fachkräftemangel“. Die bisherigen politischen Aktivitäten werkeln an den Symptomen herum, ohne die dafür verantwortlichen Ursachen zu beheben: Unternehmenssteuer senken, viel weniger Bürokratie, endlich massive öffentliche Investitionen usw. Alle von der Ampel bisher durchgeführten und angekündigten Maßnahmen sind zu begrenzt und zu klein, um einen Ruck zu erzeugen, der der deutschen Wirtschaft hilft, um am internationalen Markt zukunftsfähig zu werden. Die derzeit öffentlichen Diskussionen über den Bundeshaushalt 2025 sind da kontraproduktiv. Warum nicht mal auf anerkannte Fachleute, z B. die Wirtschaftsweisen hören und deren Rat dann auch in der Praxis umsetzen. Die Zeit wird knapp, da das Wirtschaftswachstum sich weiterhin zügig in die falsche Richtung entwickelt.
Felix Bicker

Bei der Überschrift fürchtete ich zuerst, das sei mal wieder so ein Schönreden von irgendwem aus Regierung oder Medien. Schon als ich Ihren Namen als Autor und die kleine Überschrift las, konnte das allerdings kaum sein. Entsprechend war die Überschrift dann offensichtlich eine sarkastisch ironische Wiederspiegelung der Inhalte der Schönredner und Schöndenker und Ihre Analyse ernüchternd realistisch und zutreffend, wenn auch leider nicht ganz vollständig. Sie haben aber allzu recht mit etlichen Sätzen wie den Schwächen Chinas und der USA, der Bürokratie, dem Hin und Her der Klimapolitik, der vielfachen Ignoranz des noch nur schwelenden „Brandes“, fehlender früherer und jetziger Investitionen in Infrastruktur und Arbeits- (und Lern-)Anreize als Faktoren und jeweils massiven Hindernisses für Wirtschaft und damit Wohlstand und von diesem abgezweigten Sozialwesen. Aber vor allem die „Lösung“ oder vorgeschlagenen Maßnahmen scheinen mir leider viel zu einfach und für die große Mehrheit bequem, als dass sie ausreichen und nachhaltig sein könnte.  Zunächst zur Analyse:  Da würde ich gern ergänzend, wenn auch sicher immer noch nicht vollständig, folgendes hinzufügen: Der Staat und seine Regeln, Steuern und Schulden wird von allzu vielen immer noch entweder als eine Art Feind oder als Heilsbringer angesehen, der entweder an fast allem schuld ist oder — bei „besserer Regierungspolitik“ — die Lösung für alles bieten könnte, ohne irgendeine zusätzliche „Belastung“, Anstrengung, Bescheidenheit, Maßhalten oder „Verzichte“ der Bürger. Entsprechend fordern die einen, der Staat dürfe nicht an der Inflation „verdienen“, gemeint oft rein nominelle Mehreinnahmen, die aber eigentlich bitter nötig sind für die schon durch die Inflation bedingten Mehrausgaben.
Die anderen machen Sprüche wie „Staat und Wirtschaft sind für die Menschen da, und nicht umgekehrt“ als ein furchtbarer Tunnelblick auf eine  viel zu eingeengte falsche Alternative:  Auch Pflug und Traktor sind für den Menschen da und nicht umgekehrt. Wenn der Bauer aber deshalb aufhört den Traktor zu betanken und zu reparieren, zu fahren und zu lenken, kann man sich denken, was für eine Ernte herauskommt.  Auch Staat und Wirtschaft und ihre Menschen können nur vorankommen — oder einem Abrutsch nach unten und rückwärts entgehen — wenn sie füreinander da sind, statt zu grübeln und streiten, wer nun mehr für wen da sein solle. Bei der Steuerkonkurrenz muss es nicht der Fehler der Staaten mit höheren Sätzen sein, sondern die mit niedrigen Sätzen können das Problem sein, entweder indem sie Steuern durch Schulden ersetzen oder indem sie anderen noch viel mehr Steuern abgraben als sie selbst gewinnen, beides mit dem Potential eine Art Parasitentum zu werden, sei es auf Kosten der Inflationsopfer und kommenden Generationen  oder auf Kosten anderer Staaten und Völker!  Hier ist viel mehr internationale Kooperation und Werbung und Arbeit zu ihrer Gewinnung nötig. den fehlenden Anreizen für Lernen und Arbeit könnte man noch die Anreize für Nichtarbeiten oder vorher Schul- oder Ausbildungs-Mangelmotivation hinzufügen. Die „gerade mal 1,04%“ dürften nur die derzeit sichtbare Spitze des Eisbergs sein, denn die eigentlichen Wünsche und Ziele beider Seiten laufen auf viel größere %e der derzeitigen Haushalts-summen hinaus und jede Seite glaubt zumindest ihre oder ihrer Klientele „Opferbereitschaft“ sei bereits ohne die Lücke bis aufs äußerste ausgereizt.

Trotz der Konjunkturabkühlung dürften immer noch fehlende Arbeits- und vor allem Fachkräfte eine Rolle spielen, deren Fehlen immer noch die Wirtschaftsleistung und damit auch die Steuern reduziert.  Dafür ursächlich sind auch  Weigerungen oder Blockaden vieler das Rentenalter heraufzusetzen, natürlich für Menschen, die nicht für ihren Beruf nicht mehr gesund oder belastbar genug sind, ferner viele Berufswahlen zugunsten von Branchen, die vielleicht „cool“ sind, aber nicht gerade die für Wirtschaft und Gesellschaft am dringendsten gebraucht werden,  und schließlich die verschiedenen Blockaden die angekommenen Migranten ausreichend schnell ausreichend überprüft, kompetent, deutsch sprechend, wohnhaft und integriert zu machen für eine Arbeitstätigkeit, möglichst die hier gebrauchten Tätigkeiten.  Hier dürfte teils schon ein Teufelskreis sein, da auch hierfür bereits die Fach-Kräfte und ausreichende Arbeitszeit fehlen. Die oft genannte Bürokratie, die auch die viel zu knappe Facharbeitszeit frisst, ist ja nicht ohne Gründe entstanden, sondern aus de Wunsch und den Forderungen vieler entsprechend alles und jedes perfekt zu berücksichtigen und es letztlich jedem maximal Recht zu machen. Bürokratie abzubauen, würde also auch von den Bürgern ein gewisses Maß an Toleranz für nicht mehr so große Gerechtigkeit, Sicherheit und Perfektion zu haben und vielleicht auch bei manchen Amtspersonen Toleranz für etwas Abstriche von der eigenen Bedeutung. Bei kürzlichem Abbau des Umfangs der amtlichen Prüfungen jedes einzelnen Windrades, um nur noch  ein ganzes Kollektiv an Anlagen für die gleiche Gegend zu prüfen, gab es prompt Proteste  von Naturschützern und deren Sympathisanten in Medien.
Es scheint ein großes Tabu zu sein, für alles eine Regierung verantwortlich zu machen, deren Parteien allerdings weitgehend für genau ihre Prioritäten gewählt wurden, von Wählern, die leicht bei einer langfristiger und realistischen Politik die Verantwortlichen abstrafen würden, wie es seinerzeit der SPD nach der Agenda 2010 und den Hartz-Reformen passiert ist.  Wir brauchen auch bei den Menschen weniger Anspruchshaltungen, weniger Illusionen und dafür mehr Bereitschaft zu Bescheidenheit, Einsicht (z.B. in Dilemmas auch der besten Regierung), Gemeinsinn, Arbeit (auch ehrenamtlich), Lernen von Neuem auch außerhalb der eigenen Filterblase und Kritikfähigkeit auch gegenüber eigenem (z.B. süchtigen, egozentrischen oder nicht nachhaltigem) Verhalten und miteinander unvereinbaren Ansprüchen und Wünschen. Nach all dem ergibt sich die Kritik an viel genannten  — nicht nur Ihren — Lösungen bzw. ihrer Unvollständigkeit fast von selbst:  Es braucht nicht nur bessere Regierungs-  und Gesetzgeber-Politik, sondern auch eine Wählerschaft und Medien,  die solches zumindest  ausreichend tolerieren und einsehen, die nach den Worten von J.F. Kennedy nicht nur fragen, was das Land für sie oder ihre Interessengruppe  tut, sondern auch, was sie selbst  für das Gemeinwesen tun oder wenigstens tolerieren können, z.B. Beamte bei Feuerwehr und  Polizei,  die sich nicht gleich betrogen und benachteiligt fühlen und auf die Barrikaden gehen,  wenn ihre Pensionierungs-Alter, derzeit meist 60, 61 oder 62 Jahre, dem der Rentenempfänger angeglichen werden, zumindest für nicht so stark belastende Arbeiten wie Außeneinsätze mit schwerer Montur und Gefahren. Die oft geforderten geringeren Steuern müssen ja irgendwo wieder eingespart oder durch mehr Wirtschaftsleistung und Steuern kompensiert werden, die nicht nur durch geniale Ideen und Innovationen kommen können, die z.B. noch lange nicht gereicht haben, um alle fehelenden Fachkräfte und Arbeitszeiten zu ersetzen und auch länger die Produktivität nicht mehr sonderlich gesteigert haben.
Peter Selmke

Ich möchte der Aufzählung noch etwas hinzufügen: In Deutschland haben wir das gegenseitige Vertrauen und das Handeln nach gesundem Menschenverstand verlernt – auf allen Ebenen. Stattdessen haben wir einen Regel- und Verordnungswahn entwickelt, weil jeder nur auf seinen eigenen Vorteil oder sein Recht pocht, anstatt auf das Gute zu vertrauen. Das beginnt schon im Kleinen, buchstäblich beim Verkaufen über Kleinanzeigen. Nach einer sehr kurzen und knappen Beschreibung des Kaufobjekts folgen endlose Ausführungen darüber, dass es sich um einen Privatverkauf handelt, keine Garantie und Gewährleistung übernommen wird und keine Markenrechte verletzt werden. Dabei sollte der gesunde Menschenverstand doch ausreichen: Wenn ich einen gebrauchten Badezimmerspiegel für 3 EUR kaufe, werde ich wohl kaum nach fünf Monaten beim Verkäufer eine Garantie einfordern.
Carl Robert Brand

Der Autor empfiehlt zu Recht einen „rigorosen Bürokratieabbau“. Nur habe ich als Bürokrat ein Interesse daran, mich abzubauen? Wohl kaum, d. h. man muss den Bürokratiebeschäftigten klar machen/versichern, dass sie weiterbeschäftigt werden und dass nicht der Untergang des Abendlandes droht, wenn man das eine oder andere Amt schließt. Weiter, kann ein System sich selber re-organisieren? Jein. Diesbezüglich wäre eine externe Supervision, die entsprechende „Schwachstellen“/Veränderungsbedarf aufzeigt, hilfreich. Wo soll die herkommen? Von uns Bürgern/Unternehmer etc., die wir unter der Bürokratie leiden. Helfen könnte eine gut zugängliche Internet-Plattform, auf der Betroffene ihre Empfehlungen/Erfahrungen mit Missständen etc. veröffentlichen können. Sichergestellt werden muss, dass die Behörden etc. diese Einrichtung nutzen und auch etwas ändern. Und da man ja mit gutem Beispiel vorangehen soll, schlage ich die Vereinfachung des polizeilichen Führungszeugnisses vor. Es gibt zwei Belegarten 0 und N. 0 bekommt man selber in die Hand. N ist für den Verkehr für Behörden untereinander. Nur, was steht in N drin, was in 0 nicht steht? Ein bissl weniger Bürokratie und ein bissl mehr informationelle Selbstbestimmung oder, wenn man so will, Obrigkeit.
G.-R. Erdmann

 


 

Leserbriefe zu „Sollen reiche Erben mehr Steuern zahlen?“ Streit von Rainer Kirchdörfer und Gerhard Schick, moderiert von Nike Mosa und Mark Schieritz

Was Wirtschaftslobbyismus ausrichten kann, dafür steht die letzte Reform der Erbschaftsteuer. Betriebliches Vermögen wird weitgehend „verschont „, weil sonst ja der Mittelstand den Bach runter gehen würde, so die Kassandrarufe der Verbände. Dabei hatte auch das alte Recht keinen Betrieb in den Ruin getrieben durch großzügige Bewertungsregeln und Stundungsmöglichkeiten. Die Erbschaftsteuer heutiger Prägung ist deshalb alles andere als gerecht. Ein wirklicher Befreiungsschlag wäre eine Flatrate, d. h. ein niedriger, einheitlicher Steuersatz für alle bei gleichzeitiger Streichung aller Ausnahmen bis vielleicht aufs Omas Häuschen. Der Nebeneffekt wären Steuervereinfachung tausende Finanzbeamte, die künftig Wichtigeres tun könnten.
Christoph Schönberger

Seit Monaten wird auf die Empfänger des Bürgergeldes heftig eingedroschen. Der festgestellte Missbrauch gehört natürlich abgestellt. Die Bundesagentur benennt für 2022 einen nachgewiesenen Vermögensschaden von rund 272,5 Millionen Euro im Zusammenhang mit Sozialbetrug beim Bürgergeld. Diese Zahl zeigt aber auch, dass der überwiegende Anteil der Bürgergeld-Empfänger sich korrekt verhält. Es ist aus psychologischer Sicht mehr als vertretbar, dass die Steuern von reichen Erben um 2- 4 % erhöht werden. Dabei geht es in erster Linie um die Linderung eines verletzten Gerechtigkeitsgefühls. Wir können nicht ständig auf die Armen rumhacken und gleichzeitig die Reichen in Ruhe lassen. Es liegt auch im Interesse der Reichen, dass unsere Gesellschaft wieder in ein ruhigeres Fahrwasser kommt.
Lothar Schattenburg

Leben wir immer noch in einer Art Feudalgesellschaft bzw. -staat, in der/dem lediglich das Erbfürst*innentum gegen ein Erbunternehmer*innentum ausgetauscht worden ist? Wie die Erbfürst*innen müssen die Erbunternehmer*innen keine Erbschaftsteuer zahlen und dürfen ihr Vermögen von Generation zu Generation ungeschmälert – oder eventuell sogar gemehrt – weitervererben. Zwar haben Erbunternehmer*innen anders als ehemals die Erbfürst*innen keine direkte politische Macht, aber sie haben – wie Herr Schick aus seiner eigenen Erfahrung als ehemaliger Politiker berichtet und wie auch Herr Kirchdörfer als Lobbyist der reichen und superreichen Familienunternehmer*innen sehr wohl weiß – Parteien, die sie unterstützen, nämlich FDP, CDU/CSU, AfD und Teile der SPD. So ist dafür gesorgt, dass eigentums- und vermögensmäßig im Wesentlichen alles so bleibt, wie es ist, also die Reichen und ihre Erb*innen reich und die Armen arm bleiben. Dass es in anderen Demokratien genauso oder schlimmer zugeht und manche Demokratie wohl eher eine verkappte Plutokratie ist, in der kein Mensch politisch etwas werden kann, wenn er nicht von mindestens ein paar Multimillionären oder Milliardären unterstützt wird, macht es nicht besser bzw. gerechter oder demokratischer.
Ulrich Willmes

Der Sohn vom Fürsten ist wieder ein Fürst. Er hat das Recht nicht nur den Adelstitel, sondern auch alle Schlösser und Ländereien (und ggf. auch Aktienpakete) zu behalten. Alles andere würde ja unser Feudalsystem gefährden und auch die Arbeitsplätze der Bediensteten wären in Gefahr. So bleibt auch 80% des Vermögens sicher in der Hand von 10% der Einwohner. Das ist in unserem Staat doch eine gerechte Ausgangssituation für jedes Kind!
Michael Hoffmann

Es ist ja eigentlich traurig, dass man über so ein Thema noch diskutieren muss, denn ein Mindestmaß an Gerechtigkeitssinn gebietet es, dass besonders Reiche nicht von einer Erbschaftssteuer befreit werden können sollten. Selbstverständlich darf eine solche Steuer nicht Unternehmen zerschlagen, und Unternehmen dürfen natürlich im Familienbesitz bleiben. Allerdings ist offensichtlich, wie einfallslos der Gesetzgeber und die Finanzbehörden hier agieren! Herr Kirchdörfer ist ein klassischer Lobbyist, und so spricht er auch. Dass man bei einem Erbe von über 90 Mio. Euro einen Antrag auf komplette Steuerfreiheit stellen kann, ist ein Skandal, den es in einem demokratischen Rechtsstaat nicht geben darf. Es gäbe ganz bestimmt Modelle, diese Erben in einem gewissen Umfang an der Pflicht zur Schenkungs- und Erbschaftssteuer zu beteiligen. Ein Unternehmen in dieser Größenordnung erwirtschaftet zig Millionen Euro im Jahr, die nicht zu 100% ins Unternehmen zurückfließen. Eine derartige Klientelpolitik führt unweigerlich zur Politikverdrossenheit und zur Radikalisierung in der breiten Bevölkerung. Da kommt ein Stein zum anderen, und die populistischen Parteien am rechten und linken Rand gewinnen immer mehr an Zulauf!
Martin Krivacek

So eine Erbschaft passiert ja nicht alle Tage und kann im Allgemeinen vorhergesehen werden (plötzliche Tode ausgenommen). Insofern können sich Firmeninhaber und Erben darauf vorbereiten und ansparen. Eine Erbschaftssteuer-flatrate wäre da vllt. hilfreich, um entsprechend vorzusorgen. Was meiner Meinung nach nicht geht, dass vermögende Erben die Steuer übergehen können dürfen, wenn sie „angeblich“ nicht liquide sind, aber der einfache Erbe u.U. ein Erbe ausschlagen muss, weil er nicht zahlen kann. Ich habe kein Verständnis für vermögende Erben, die über Erbschaftssteuer klagen. Jeder trägt seinen Teil zum Gesamtwohl bei.
Wolfgang Michel

Interessant, dass Professor Kirchdörfer seine Ausführungen nicht auf „Zahlenschlachten“ aufbauen möchte. Da würde man sich als Leser doch ein differenzierteres, Fakten-basiertes Denken wünschen. Fakt ist zum Beispiel, dass die Vermögensungleichheit in Deutschland deutlich höher ist als in der Eurozone oder als beispielsweise in unserem Nachbarland Frankreich (BMWK, 2024). Fakt ist auch, dass zwischen 1993 und 2018 die reichere Hälfte der Bevölkerung ihr Vermögen in etwa verdoppelt hat, während das der ärmeren Hälfte stagniert (Wirtschaftsdienst EU, 2024). Und Fakt ist eben auch, dass Erbschaften und Schenkungen dazu beitragen, dass diese Ungleichheit immer weiter ansteigt, denn „die Hälfte aller Erbschaften und Schenkungen geht an die reichsten zehn Prozent aller Begünstigten“ (DIW, 2021). Es ist also naheliegend, dass das aktuelle Erbschaftssteuersystem die Ungleichheit in unserem Land unterstützt und damit den sozialen Frieden untergräbt – und nebenbei insbesondere in Verbindung mit niedrigen Kapitalertragsteuern den Leistungsgedanken völlig ad absurdum führt. Gleichzeitig sind mir jedoch keine Studien bekannt, die belegen, dass die Qualifikation „Sohn“ oder „Tochter“ auf gute unternehmerische Fähigkeiten schließen lassen würden…Hier meine Quellen: BMWK: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Schlaglichter-der-Wirtschaftspolitik/2024/03/05-vermoegensungleichheit-in-deutschland-und-europa.html
Wirtschaftsdienst EU: https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2024/heft/7/beitrag/die-einkommens-und-vermoegensverteilung-in-deutschland.html#
DIW: https://www.diw.de/de/diw_01.c.809832.de/publikationen/wochenberichte/2021_05_1/haelfte_aller_erbschaften_und_schenkungen_geht_an_die_reichsten_zehn_prozent_aller_beguenstigten.html
Michael Reichert

Vermögen sind nicht leistungsgerecht verteilt. Daran ändern auch Steuern nichts. Steuern die entrichtet werden, müssen über Preise doch wieder von Konsumenten von Waren und Dienstleistungen, Grundstückskäufern usw. bezahlt werden. Im schlimmsten Fall wandert Kapital in andere Länder.  Diese Folgerungen legt der Artikel zwingend nahe. Deshalb Anregung an die „Zeit“:  Lasst Fachleute Vorschläge formulieren, wie Vermögen dynamischer, leistungsfördernder, gemäß den Beiträgen der Menschen zur Volkswirtschaft, immer wieder neu verteilt werden kann.
Siegfried Veile

Mir fehlt vor allem eine überzeugende Antwort auf die grundsätzliche Frage, mit welcher sachlichen Begründung der Staat sich eigentlich beim Tod eines Bürgers eines Teils der Erbschaft bemächtigt? Denn was am Ende eines Lebens übrigbleibt, wurde ja in der Regel zu Lebzeiten aus einem versteuerten Einkommen gewonnen, eine Erbschaftssteuer erfüllt also defacto den Tatbestand der Doppelbesteuerung. Geht es wirklich nur um die Vermeidung (zu) großer Vermögen? Das ließe sich auch anders bewerkstelligen. Der Begriff „Vermögen“ ist sowieso zu schwammig und indifferent (Herr Kirchdörfer hat ansatzweise versucht, zu differenzieren, indem er von Girokonto und Betriebsvermögen sprach): wenn Otto Normalbürger dabei spontan an Dagobert Duck und seinen Geldspeicher denkt, ist das genauso realitätsfremd, wie die Verwendung des Begriffs „milliardenschwer“ in der Überschrift. In den meisten Fällen dürfte das „Vermögen“ in Sachwerten gebunden und nur durch Verkauf realisierbar sein. Und sobald die Nachkommen gezwungen sind, die Erbschaft ganz oder teilweise zu verkaufen, um die Steuerschuld zu begleichen, wird der Staat übergriffig. Entscheidend ist doch nicht der (geschätzte) Wert eines Vermögens, sondern welches Einkommen daraus generiert wird (egal ob durch Verkauf oder unternehmerische Tätigkeit), und dieses Einkommen sollte dann natürlich der Einkommenssteuer unterliegen. Den „Wert“ eines Vermögens zu schätzen ist nicht nur eine Kunst mit durchaus fragwürdigen „Ergebnissen“, sondern immer auch zeit- und verhältnisgebunden: dass Bill Gates lange Zeit der reichste Mann der Welt war, lag schlicht an dem jeweiligen Börsenwert der MS-Aktien; sobald er begonnen hätte, seine Aktien zu verkaufen (also in Geld zu konvertieren) wäre er sehr schnell viel ärmer gewesen, da der Kurs eingebrochen wäre. Und auf solchen vagen, um nicht zu sagen: willkürlichen, Schätzungen begründet der Staat seinen Steueranspruch?
Wolfgang Heckl

Ein Erbe ist oft ein Vermächtnis einer erbrachten Lebensleistung, für die schon unzählige Formen der Steuer gezahlt werden mussten. Trotzdem glaubt der Staat ein Anrecht darauf zu haben, den Erben nochmals tief ins Portemonnaie greifen zu dürfen. Warum? Die gleiche Frage stellt sich bei der Besteuerung der Renten. Die Steuergerechtigkeit sollte im Focus stehen. Superreiche bedienen sich der Mittel der Steuervermeidungsindustrie, in der Finanzexperten mit kreativen oder aggressiven Mitteln alle legalen und grenzwertigen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Steuerlast zu senken. Der normale Erbe hat diese Möglichkeiten nicht und ist der Dumme. Ein Zauberwort ist die Verschonungsbedarfsprüfung, entwickelt vom Bundes- Finanzministerium im Jahr 2015. Es verschont auch ein Erbe in Milliardenhöhe, wenn der Erbe angibt, die Erbschaftssteurer nicht zahlen zu können. Dass die FDP-„Für dauerhafte Progressionsumkehr“ -die Erbschafts- und Vermögenssteuer nicht verändern möchte, dürfte keinen Wähler verwundern. Als Partei der Besserverdiener schützt man seine Klientel.
Andreas Löbbers

 


 

Leserbriefe zu „Y schlägt X“ von Martin Spiewak

„Frauen sind sie trotzdem.“? Woher nimmt her Spiewak diese Gewissheit. Meint er damit das biologische oder das soziale Geschlecht? Liegt die Krankengeschichte der Athleten vollständig offen vor ihm? Der Leistungssport legt den Finger in die hochkomplexe Wunde der Inter- und Transsexualität. Auch in diesem Beitrag wird allerdings nicht zwischen diesen beiden grundverschieden Sachverhalten – ersteres zudem extrem selten – unterschieden. Und der „einfache“ Lösungsvorschlag des Autors macht das Ganze noch komplizierter. Man soll nun also Medikamente einnehmen, um NICHT gedopt zu sein? Und reicht eine Momentaufnahme, um die Langzeitwirkung von Testosteron zu beurteilen? Nein, es gibt sie nicht, die einfache Lösung. Und „Gerechtigkeit“ für einen kann Ungerechtigkeit für viele mit sich bringen. Wenn nur der Passeintrag zählt, der z.B. in Deutschland mittlerweile ohne Weiteres geändert werden kann, dann wäre es wieder so weit: biologische Männer dürfen biologische Frauen k.o. schlagen, ganz offiziell und vor großem Publikum. Wollen wir das?
Christian Voll

Die ZEIT sollte wissenschaftlich fundiert bleiben: Seit wann sind Menschen mit XY-Chromosomen Frauen? Nur, weil sie im Pass „Frau“ stehen haben? Und den Testosteronspiegel zu senken wird die Vorteile der männlichen Muskulatur, Kraft und Hebelwirkung längerer Arme nicht beseitigen, was besonders gut sichtbar beim Boxen zum Tragen kommt wie auch beim Schwimmen oder der Leichtathletik. Letztlich wird das Fairste doch eine eigene Kategorie für Inter- und Transsexuelle sein, inzwischen gibt es ja einige. Auf jeden Fall möchte ich und viele andere solche unfairen „Wett-Kämpfe“ wie in Paris nicht mehr sehen.
Hajnalka Kovac

In dem genannten Artikel schreiben sie über die Teilnahme von Frauen und Männern an den Olympischen Spielen, dass ohne die Unterscheidung in Männlein und Weiblein die Wettkämpfe immer die X-Chromosomen gewinnen würden – „außer vielleicht beim Reiten“. Was heißt denn hier „vielleicht“? Beim Reiten treten die Teilnehmenden gemeinsam an, egal welches Geschlecht die menschlichen oder tierischen Teilnehmenden haben. Ende, aus. Die deutsche Dressurmannschaft bestand aus zwei Frauen und einem Mann, wobei die beiden Damen noch Gold und Silber im Einzel geholt haben. Bei allem Verständnis für den Artikel, empfehle ich mehr Dressurreiten, um ein paar Hürden aus dem Kopf zu bekommen. Denn hier schlägt X schon lange Y.
Elisabeth Sandow

Es sind wohl die wenigsten von uns (mich eingeschlossen), die genügend Wissen über Humangenetik, Chromosomenanomalien oder Testosteronwerte haben, um sich an dieser Debatte angemessen beteiligen zu können. Leidtragende sind die beiden Boxsportlerinnen, die von ihren Sportverbänden rücksichtslos in den Ring gepusht worden sind und sie damit einer unsäglichen Bloßstellung ausgeliefert haben. Kein Mensch darf dazu genötigt werden, vor aller (Welt-) Öffentlichkeit Auskünfte über das eigene Geschlecht, den Chromosomensatz oder das Innenleben geben zu müssen. Hier werden Persönlichkeitsrechte massiv verletzt. Leidtragende sind auch die Frauen, die gegen solche Gegnerinnen antreten müssen und aus Angst um die Gesundheit lieber freiwillig aufgeben. Gerade beim Boxen sehr verständlich, ganz unabhängig davon, dass damit die Chancengleichheit aufgehoben wird. Der folgende Streit über das Genderthema und so weiter war leider vorhersehbar und dabei ging und geht wieder einmal nicht um die Betroffenen selbst, sondern nur um die Bestätigung der eigenen „Mission“. Das ist unverantwortlich und diskriminiert im Übrigen alle Frauen, egal mit welchem Chromosomensatz die Natur sie ausgestattet hat.  So beklagt Marin Spiewak vollkommen zu Recht, dass dieser Streit im Vorfeld hätte verhindert werden müssen. Eine gute Lösung gibt es tatsächlich nicht und momentan geht es wahrscheinlich nur über die Feststellung des Testosteronspiegels. Bekanntermaßen können auch „XX“ Frauen erhöhte Testosteronwerte aufweisen, krankheitsbedingt. Ob die aktuellen Richtwerte überhaupt noch Gültigkeit haben können, ist unklar. Die zentrale Frage ist doch, ob diese divers genug erhoben worden sind.  Eine Untersuchung ist nötig und die Aufgabe der Wissenschaft, damit in Zukunft eine größtmögliche Chancengleichheit erreicht werden kann.
Regina Stock

Für wieviel Promille Prozent machen Sie einen solchen Aufriss????? Es reicht langsam, wie dieser so geringe Anteil an der Weltbevölkerung Sonderstellungen fordert. (Und dann noch in einer dubiosen Sportart, die schon längst abgeschafft gehört. Auf die Köpfe hauen!!!!!!!!) Würden Sie mal bei seltenen Krankheiten so agieren. Diesen Menschen muss tatsächlich geholfen werden und das interessiert niemanden??!!!
Susanne Wohlfromm

Nein, es ist nicht fair. Mit Imane Kehlif hat eine Boxerin den Boxwettbewerb der Frauen bis 66 kg gewonnen, die nach allem, was man weiß, wohl den männlichen Chromosomensatz XY besitzt. Möglicherweise liegt bei ihr ein sog. XY-DSD-Syndrom vor, was zu einer nicht vollständigen Ausprägung der männlichen Sekundärmerkmale führt. Sie dürfte aber in ihrem Leben eine männliche Pubertät durchschritten haben mit entsprechendem Aufbau einer für den Boxsport relevanten männlichen Muskulatur. Dies ist gegenüber ihren weiblichen Wettbewerberinnen mit XX-Chromosomensatz nicht fair und möglicherweise auch gesundheitsgefährdend, was eine ihrer Gegnerinnen damit zum Ausdruck brachte, dass sie nach einem schweren Kopftreffer nach 46 Sekunden das Handtuch werfen ließ. Dieser Fall zeigt auch, dass die woke Definition der „Frau“, dass man sich zur „Frau“ machen kann, wenn man sich als „Frau“ fühlt, unabhängig davon, ob man die chromosomalen oder biologischen Voraussetzungen erfüllt, eben nicht ausreichend ist. Es mag jeder nach seiner Façon selig werden, doch diese Definition des Weiblichen ignoriert die chromosomalen Voraussetzungen, den XX-Chromosomensatz, das Vorhandensein der primären Geschlechtsorgane, der Ovarien, das Charakteristikum des Weiblichen, ein Kind gebären zu können und damit im Reproduktionsvorgang des Menschen auch ein gesundheitliches Risiko einzugehen. Letztlich ist diese Definition des Weiblichen eine Diskriminierung der Mehrheit der XX-Frauen wie es eine Diskriminierung der Boxerinnen mit XX-Chromosomen ist, wenn in ihrem Wettbewerb Personen mit XY-Chromosomensatz und entsprechenden männlichen biologischen Attributen zugelassen werden.
Dirk Niemann

Da spricht Martin Spiewak wichtige sportethische Fragen an. Er dringt aber nicht zu einer entscheiden Problemstellung vor. Natürlich gibt es auch im Sport eine Klassifizierung. Auch wenn sie nach Spiewak im Sport nicht notwendig ist, um beispielsweise Frauen mit einem hohen Testosterongehalt im Blut auszusondern. Martin Spiewak weist daraufhin, dass zwei Boxerinnen, eine Algerierin und eine Taiwanerin sich Medaillen in Paris holten. Zwei Frauen, die wegen ihres Testorongehaltes im Blut von den Weltmeisterschaften ausgeschlossen waren. Sind deshalb im Sport neue Sortierungen notwendig? Was im gennannten Artikel nicht angesprochen wird: In allen Altersklassen werden beispielsweise Sieger und Verlierer ermittelt. Letztlich muss eine Identifikation mit einem „Gewinner“ gewährleistet sein. Ganz groteske Formen nimmt das beim Behindertensport an. Nach verschiedenen Formen der Beeinträchtigung wird sortiert. Wichtig ist zum Schluss ein „Medaillenspiegel“. Mit Inklusion hat das nur noch wenig zu tun. Das überall anzutreffende Konkurrenzgehabe wird bereits in der Schule angelegt. Gute Noten für das Erfolgserlebnis, Lernen um der Sache willen ist nicht wichtig. Dabei bringt Lernen mit Rückmeldungen ohne Ziffernnoten mehr, wie internationale Studien belegen. Übertragen auf den Sport: Selbst Sporttreiben und nicht vor dem Fernseher sitzen oder im Stadion brüllen. Bei der olympischen Euphorie ein in den Medien nicht angerissener Gedanke. Derweilen wird mehr oder weniger bewusst: Gedopt wird von allen. Von den Chinesen (zum Beispiel die Schwimmerinnen und Schwimmer), von den Spaniern und Spanierinnen (Fuentes) und letztlich auch Doping für Deutschland (Keul und Klümper). Hatte Sport nicht auch was mit Gesundheit zu tun?
Helmut Gattermann

Hermaphroditismus, Intersexualität, Zwittertum, Zweigeschlechtlichkeit – bei Menschen, Tieren (zudem: Proterandrie bzw. Proterogynie oder Dichogamie und Autogamie) und Pflanzen ist dies in der Natur natürlich vorhanden: weder männlich noch weiblich (oder sich dann jeweils umwandelnd) – doch beim Menschen als doppeltgeschlechtliches Individuum eher ein Fehlentwurf der evolutionären Biologie? Oder aber eine womögliche naturbedachte „Vorausbesichtigung“, falls wir durch unsere hemmungslos verbrauchende industrielle Selbstzerstörung als Homo sapiens keine Spermien mehr produzieren – ein Hermaphrodit jedoch ebenso zeugen wie auch gebären könnte… Doch kommen wir auf eine andere Selbstzerstörung – das Boxen – zwischen derartig „manipulierten“ Menschen als Männer und (auch eingeschmuggelten Pseudo-) Frauen zu sprechen und zu schreiben: Vor allem körperlich bedacht – und zählen wir hierbei beim Boxen das Gehirn ebenso zum Körper des Menschen: auch wenn permanent versucht wird, dieses doch irgendwie denkende Kopfinnere „beim Gegner“ möglichst K.o. (Knockout) zu schlagen: immer feste druff uff de Kopp! Man muss das sich nur vorstellen oder aber mit besichtigen: solch ein repräsentativer Schwergewichtsboxer kann mit einem Schlag einen Ochsen umhaun – Muhammad Ali könnte das einstens, wurde aber in seinen vielen stilistisch bewunderten Kämpfen zu beständig ebenso auch am Kopf getroffen und erlitt dadurch allmählich zudem diese Parkinson-Krankheit, manche anderen Boxer erlitten und erleiden die Boxer-Enzephalopathie bzw. wird dies dann als die Boxerdemenz benannt. Zu verifizieren ist in den möglichen Abfolgen dieses gefährlichen Pseudosports: „Gedächtnisverlust, sinkendes Urteilsvermögen, Verschlechterung der Koordination, Depression, Angstzustände – zudem wie beschrieben: Parkinson und die fortschreitende Demenz“. Und genau genommen: sind jene Erkennbarkeiten die Folgeerscheinungen der Hirnschäden durch das brutale Boxen. Aber auch Totschläge kommen im Boxring vor! Somit hat der Autor Martin Spiewak dieses Artikels in DIE ZEIT der anteiligen Titelseite „Y schlägt X“ die eigentliche Brutalität dieser Boxer-Schlägereien im Kern der Ursachenbenennung, wesentlich verfehlt – beschränkt sich in dem Untertitel zu seinem Text „in Paris boxen sich zwei Frauen, die männliche Chromosomen haben sollen, in die Medaillenränge. Ist das fair“: auf diese Hinterfragung: ob nun männliche Anteile überwiegen, wenn sich zwei derartige „Boxerinnen“ im Boxring mit mehr oder weniger Y&X auf die Birne kloppen. Und schreibt gleich eingangs seines Artikels: „Sport ist Spielen nach Regeln.“
Somit: Spielend nach allen Regeln des Box-„Sports“ jeweils eine und viele Schläge in die Fresse kriegen? Hier muss dringend widersprochen werden: Boxen ist 1.) kein Sport: sondern eine öffentliche Schlägerei! 2.) Außerdem kein sportliches Spielen miteinander – wenn hierbei die Regeln besagen: dass der technische K.o. sozusagen: die Krönung eines Boxkampfes sei. Da könnte man doch auch zur Steigerung der Spannung (für das gierige-voyeuristische Publikum) z.B. bei der Rad-Tour-de-France zukünftig mit einbeziehen, dass sich die Radfahrer gegenseitig ganz offiziell (nach den erneuerten Spielregeln) vom Rennrad aus z.B. in den Bergen jeweils eine in die Fresse hauen könnten – je nach brisanter Geschicklichkeit den anderen Mitfahrer vom Rad runterhauen dürften… Denn dann wäre dies ja auch (ähnelnd zum Boxen auf Rädern) ein Sport des Spielens nach Regeln. Und garantiert würde diese derartige neue Sportvariante jede Menge Zuschauende hinzugewinnen, wäre die vermarktende Werbung wahrscheinlich gerne bereit: sich auch hierbei weltweit mit zu engagieren… Pecunia non olet! Und im Klartext bedacht: Was ist denn fair durch die Natur für die „tierische“ Menschheit. Es gibt schöne und ästhetische Menschen (zum jeweiligen Besichtigen an Zeitbeteiligungen) und es existieren in den Massen unendlich viele optische unscheinbare Gestalten – und genau hierzu vermittelt diese internationale Werbung das „schöne, ästhetische Abbild“ des Menschen, ist sie sich dessen bewusst: dass dadurch doch so viele Menschen ins Abseits gestellt werden, diesen „Anforderungen“ gar nicht entsprechen können… Und dennoch werden WIR alltäglich/nächtlich mit diesen „verordneten“ Werbe-Ikonen konfrontiert – sind die jungen Menschen ebenso wie die älteren Jahrgänge (zudem auch persönlich mit sich selbst) zum Vergleich eingezwungen, wird das betreffende-angetroffene Gegenüber dann entsprechend bewertet und fällt aus dem (zumindest doch vorstellbaren) erwünschenswerten „Passepartout“ heraus, verläuft so manche Begegnungschance letztlich ins optische perdu… Zu den antiken Marmor-Plastiken der nackten Männerfiguren: waren die muskulösen und schönen Körper zu besichtigen – immer aber im Verhältnis mit einem kleinen Penis kümmerlich ausgestattet, seltsam unproportional bzw. dies nicht besonders hervorgehoben… Heute werden die Männer nach ihrer (erigierten) Schwanzlänge bewertet, zeigen die Frauen ihren kleinen Finger aufrecht, wenn sie miteinander ins Gespräch kommen, hierbei dann ein Mann nach seinem Penis beurteilt wird… Den Hinweis Hermaphrodit kennen diese diesbezüglichen Schwätzerinnen nicht, auch dass hierbei der Begriff Zwitter nicht unbedingt zutrifft, quatschend ebensowenig! Man spricht von einem Mikropenis: wenn dieser im erigierten Zustand kürzer als 7,5 cm misst – und von einem Makropenis: wenn dieser im erigierten Zustand länger als 19 cm hochsteht. Der Durchschnittspenis in Deutschland hat erschlaffte 9,16 cm und erigiert 13,12 cm: es geht also um Länge, Breite-Dicke und Standfestigkeit – und vergleichbar wie im Sport (bei Olympia sowieso) oftmals um Hundertstelsekunden (in der Erweiterung: bis zum Orgasmus). Aber lassen wir diese komplizierten Spielregeln zu den sexuellen Vermessungen und den entsprechenden Kraftakten und den erwartungsvollen Ausdauereien. Das ist ja längst auch zum stressigen Volkssport geworden – die Vergleiche in den Filmen der Darstellenden ob im Kino oder im Fernsehen oder in Pornoverfilmungen: haben ebenfalls uns zu den Sklaven dieser Vorführungen und Vergleichsverfügungen werden lassen… Aber kommen wir zu den boxenden Frauen, die sich mehr oder weniger fraulich vorzeigen… – warum wollen die sich eigentlich auch öffentlich auf die Köppe hauen, dazu die Schläge auf die Brüste (falls vorhanden)? – das scheint doch ausschließlich (?) mit dem Geld zu tun zu haben, zumindest in den Boxarenen vor Publikum. Was geht in deren Köppen vor sich, warum wollen sie sich prügeln, die andere Frau möglichst k.o. schlagen und bewusstlos zu Boden fallen sehen…?#
Martin Spiewak scheint für diesen Frauen-Boxsport sich scheinbar stark zu machen – oder ist dieser Artikel nur ein Hinweisen auf diese bestimmten „Ungerechtigkeiten“, wenn er schreibt: „Diese Frage wirft der Fall der beiden Boxerinnen Imane Khelif aus Algerien und Lin Yu-Ting aus Taiwan bei den Olympischen Spielen auf. Ihre Statur hat maskuline Züge, ihr Schlag ist laut ihren Gegnerinnen von ungewöhnlicher Härte. Der Boxverband IBA hatte die Sportlerinnen von den letzten Weltmeisterschaften ausgeschlossen, weil sie einen „Geschlechtstest“ nicht bestanden hätten. Das Internationale Olympische Komitee ließ sie in Paris antreten, weil sie laut ihrer Geburtsurkunde Frauen seien.“ Tatsächlich hat Imane Khelif bei der Olympiade in Paris im Weltergewicht die Goldmedaille gewonnen – und Lin Yu-Ting gewann ebenfalls Gold in ihrer Gewichtsklasse im Boxen in Paris. Auf den ersten und zweiten laienhaften Blick sind Imane Khelif und Lin Yu-Ting: optische Männer, vielleicht mit wesentlich mehr männlichen Chromosomen geboren worden oder aber Frauenfakes – ganz bewusst in diesen Boxsport hineinmanövriert, um die anderen „normalen“ Box-„Fräuleins“ auszuknocken, Geld und Ruhm und Medaillen zu produzieren… Dagegen hilft nur eins als „normale“ Box-„Fräuleins“: allesamt miteinander diese beiden „Box-Athleten-Athletinnen“ (und ähnlich gebaute) nicht zu beboxen! So käme frau zudem nicht einmal mit einem blauen Auge davon!
Rope-a-Dope – oder auf einen „seriösen“ weiblichen Nenner gebracht, um im „falschen“ Blick auf die optischen Unterschiede dies zu verdeutlichen – wie es Martin Spiewak eigentlich sehr bedeutsam vorbildlich aufschreibt: „Die beste aller Lösungen lautet: Obergrenzen für den Testosteronspiegel im Blut. Eine Frau, die in der Elite ihres Sports mitspielen will, solle per Test nachweisen müssen, dass sie die Testosteronwerte einer Frau hat. Beim Schwimmen und in der Leichtathletik gibt es diese Regel. Auch sie mag wissenschaftlich und sportpolitisch umstritten sein. Auch sie diskriminiert, denn sie zwingt die betroffenen Frauen, ihre erhöhten Testosteronwerte mithilfe anderer Hormone zu senken – oder nicht anzutreten. Doch bislang gibt es keinen anderen Ausweg aus diesem sportethischen Dilemma. Das Olympische Komitee sollte ihn in Zukunft gehen, das ist immer noch am fairsten.“
Wie wir Männlein und Weiblein vielleicht mehrheitlich wissen, hat doch die Klitoris eine Ähnlichkeit von/mit einer Art kleinem Penis, kann jeweils kleinst und größer sein – wie auch immer vaginal dazwischen und davor…! Die heterosexuellen Männer merken dann schon, ob sie mit einer Frau oder einem gefakten Mann sportlich ins Bett zum Verkehr antreten – und es dann bleiben lassen wollen, je nach Einstellung und Bedarf. Im Sport aber sollten die Chancen doch verhältnismäßig geschlechtsbezogen sich messen lassen – denn mal genauest betrachtet: würde doch die deutsche Fußball-Frauschaft (mit Olympia-Bronzegewinn) gegen jede männliche Fußballmannschaft der Zweitliga oder Drittliga haushoch an Toren, verlieren… Voila – Revue passierend nach Paris: mal Hand aufs Fußballherz mit Sinn und Verstand von Land zu Land! Horst Hrubesch (der Nationaltrainer der Fußballfrauen bei und zu Olympia 2024) weiß doch auch als einstiger Fußballer ganz genau, dass er aus seinen Mädels niemals einen Männerfußball rauszaubern kann, mehr geht eben nicht: das hat die Fußballnatur schon so eingerichtet und ausgerichtet. Immerhin: beide Fußball-Varianten wollen wir nicht missen – aber vielleicht gibt es ja in der Zukunft möglicherweise gemischte Fußballspiele: Frauen und Männer gemeinsam in den Nationalmannschaften… – nur, wohin dann die Fußballfrauen auf dem Sportplatz stellen, wenn sie von muskulöseren Fußballmännern total überrannt werden im Sturm und in der Verteidigung. Wie sollten solche geschlechterneutralen Spiele sich chancengerecht bespielen lassen – wenn doch Martin Spiewak in seinem interessanten Bespielen seines Textes uns klarmacht: „Sport ist Spielen nach Regeln.“  Im sexuellen Verkehr regeln sich Mann wie Frau (und in den anderen Varianten) je nach Bedarf und Position auch in der Opposition zu den verschiedensten Bespielungen… Aber auch hierbei soll es schon im Vorspiel und Hauptspiel zu manchem eigenartigen Nachspiel gekommen sein – wir alle kennen vielleicht derartige Spiele ohne Regeln im beliebtesten Sport der Welt der Menschen und der Menschheit. Eifersucht und auch tödliche Tragiken dabei nicht ausgeschlossen – und dennoch: wir lernen nichts aus unseren animalischen Abhängigkeiten, wiederholen all dieselben und gleichen Fehler der jeweiligen Vergangenheiten bis in die Steinzeit zurück… Und um (eigentlich unangebracht höflichkeitshalber gegenüber den Frauen) nur bei den Männern zu bleiben: „Steht der Schwanz ist der Verstand im Arsch!“
Sport ist auch Mord! Um auf dem neuesten Informationsstand (seit den Jahren 1890 bis 2024 sind 1.711 Boxer im Ring bzw. an den direkten Folgen nach Ende des „Boxkampfes“ an diesen Verletzungen, gestorben) zu reflektieren: Der Boxer Sherifdeen Lawal starb am 13. Juni 2024 in London gegen den Portugiesen Malam Varel in der zweiten Runde durch einen Boxschlag an den Kopf im Ring. Im Hauptkampf sollte der Albaner Amarildo Bakay gegen den Ghanaer Joshua Quartey boxen, und erklärte in den Medien diese Absage des Kampfes wie folgt: „Leider wurde mein Kampf abgesagt, da ein Boxer in dem Ring, in dem ich kämpfen wollte und in dem ich den Hauptkampf des Abends ausgetragen hätte, sein Leben verlor. Dieser Boxer hatte dieses Glück, es tut mir sehr weh, morgen können wir alle als Boxer dieses Glück haben. Es ist ein sehr schwieriger Sport. Stellen Sie sich vor, Sie müssten vor dem Betreten des Rings ihr Todeszeichen unterschreiben, und wenn etwas passiert, ist es weder die Schuld des Gegners noch sonst jemand. Es tut mir leid.“ Wir solle(t)n uns als Publikum hinterfragen, warum wir solche brutalen Boxkämpfe zweier Menschen, uns anschauen – und dass dabei möglichst einer der beiden Kämpfer K.o. zu Boden geschlagen würde… Ebenso ist es doch bei den Frauen-Boxkämpfen – hau sie weg, hau sie um! Was sind wir nur für eine Menschenansammlung von Männern und Frauen – die begeistert zuschaut, wenn zwei Menschen sich fast – oder doch auch vorhanden – zu Tode prügeln… Mohammad Ali hat diesem Box-„Sport“ keinen guten Dienst angetan – denn: bei ihm sah das Boxen (plus seinem Show-Gehabe) oft so spielerisch aus, und dennoch war deutlich erkennbar: die Brutalität dieses öffentlich mit staatlicher Lizenz erlaubte Boxen zum möglichen Töten. Der offizielle Sprecher des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) Mark Adams äußert sich zur Olympiade des Boxens 2024 in Paris: „Die Diskussion um das Geschlecht von Imane Khelif und Lin Yu-Ting sei „ein Minenfeld“, die Athletinnen könnten seelische Schäden erleiden.“ Aua – da wird also wesentlich doch auch mit der Seele geboxt? (Honi soit qui mal y pense!)
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

Herr Spiewak vergisst neben seiner sonst sehr guten Argumentation einen weiteren Faktor von elementarer Bedeutung:  Ein Mensch, der die männliche Pubertät durchlaufen hat, hat im Erwachsenenalter aufgrund der messbaren physischen Vorteile (Körpergröße, ca. 40% größere Muskelmasse, höhere Knochendichte etc.) einen nicht kompensierbaren Vorteil gegenüber einem Menschen, der eine weibliche Pubertät durchlaufen hat.  Selbst eine künstliche Absenkung des Testosteronspiegels würde diesen Vorteil nicht aufheben.  Die Sperrigkeit meiner Beschreibung sollte transparent machen, dass wir bestenfalls wieder von Frauen und Männern sprechen sollten, um keine unnötige Verwirrung zu erzeugen – auch wenn es Abweichungen von der Norm im Promillebereich gibt.
Vincent Gressieker

 


 

Leserbriefe zu „Chef, bin heute krank“ von Carla Neuhaus

haben Sie herzlichen Dank für Ihren aufschlussreichen Artikel in der jüngsten Ausgabe der ZEIT. Es ist also einfacher, sich krank zu melden, als eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. Das ist dann so etwas wie die „Blaupause“ für den Bürokratieabbau. Wie wäre es, wenn Politik und Verwaltung genauso schnell und entschlossen Baugenehmigungen oder Unternehmensgründungen vereinfachen würden? Muss ja nicht gleich per Telefon sein… Danke nochmals für den faktenreichen Beitrag. Ich fühle mich informiert und irritiert.
Thomas Meichle

Den o.g. Artikel fand ich sehr einseitig: Für das Problem des allgemein hohen Krankenstands werden die Arbeitnehmer:innen verantwortlich gemacht, während die Verantwortung der Arbeitgeber:innen (und auch der Politik) ganz ausgeklammert wird. Außer „richtig“ Kranken auf der einen und Blaumachern auf der anderen Seite gibt es gewiss einen Graubereich, der differenzierter zu betrachten ist. Deshalb hier ein paar Fragen und Hinweise, um Aspekte aufzugreifen, die mir wichtig erscheinen. – Eine niedrige Arbeitslosenrate als Grund für mehr Krankschreibungen – weil Menschen dann weniger Angst um ihren Job haben: Kann man so sehen, dass sie sich dann einfach mal ein gefahrloses Blaumachen leisten. Kann man aber auch so sehen, dass sie früher, als sie mehr Angst um ihren Job haben mussten, sich oft auch krank zur Arbeit schleppten (was ihrer Gesundheit nicht förderlich war, aber auch der ihrer Kolleg:innen, die sie ansteckten). – Ich bin ziemlich sicher, dass es Menschen gibt, die sich nicht zwecks Konzertbesuch oder anderer Vergnügungen ein Attest besorgen, sondern wegen eines Notfalls im Rahmen ihrer Care-Verantwortung: Die Kita ist kurzfristig geschlossen, ein Ersatz nicht in Sicht und die Urlaubstage sind aufgebraucht. Oder die betagte Mutter ist gestürzt und muss in die Notaufnahme gebracht werden. Es gibt so viele Erwerbstätige, die nicht nur im Job arbeiten und ansonsten Freizeit haben, sondern die darüber hinaus echte Verpflichtungen haben, die sie nicht beliebig flexibel handhaben können! Bekanntlich nimmt die Betreuungs-Krise weiter zu (Kitas, Altenpflege, …), so dass hier auch ein Grund für den Anstieg von Krankmeldungen liegen könnte. Und zuguterletzt hängt die Motivation von Arbeitnehmer:innen immer zusammen mit den Arbeitsbedingungen. Natürlich gibt es Menschen mit wenig Verantwortungsgefühl, die einfach mal blaumachen und das in jedem Arbeitsumfeld täten. Aber ganz sicher können viele Unternehmen viel mehr dafür tun, dass sich ihre Mitarbeitenden wohlfühlen, weil ihre Arbeit wertgeschätzt wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie aus Frust öfter mal einfach fernbleiben, ist dann garantiert geringer. Auf die Idee, Privatdetektive zur Bespitzelung der Mitarbeitenden anzuheuern, kommen solche Unternehmen vielleicht auch eher nicht.
Ruth Gelfert

Möglicherweise wird gar nicht öfter geschummelt als früher, vielmehr verstehen sich die Menschen in Fällen, in denen man früher zur Arbeit ging, tatsächlich als krank. Dies passt durchaus in die allgemein-gesellschaftliche Tendenz, Gegebenheiten zu dramatisieren, bei denen Generationen zuvor nur die Achseln gezuckt haben. So hatten bspw. die Soldaten im 2. Weltkrieg Angst, wenn ihnen im Schützengraben buchstäblich die Körperteile ihrer Kameraden um die Ohren flogen – heute reklamiert man als Zaungast für sich Ängste, wenn andere vorgeblich oder tatsächlich diskriminiert werden. In meiner Jugend nannte man es Hass, wenn jemand aus konkretem Grund gegen einen anderen emotional aufgepeitscht war – heute verwendet man dieses Wort, wenn jemand eine Haltung gegenüber Personen oder Gruppen vertritt, die als nicht politisch korrekt gilt. Noch vor 30 Jahren war es üblich, bei beherrschbarem Unwohlbefinden zur Arbeit zu gehen – heute versteht man tendenziell jegliches Unwohlbefinden als Krankheit, deren Symptome man aus Achtsamkeitsgründen sich und den Kolleg(inn)en gegenüber zuhause zu beobachten habe. Vorwürfe sind hier wenig hilfreich, weil man heute einfach anders trainiert und konditioniert ist als in den Generationen zuvor. Dies ist normal und gehört zu den Veränderungen der Alltagskultur, welche zukünftig vermehrt auch dadurch geprägt sein wird, dass Deutschland innerhalb Europas und der Welt wirtschaftlich zurückfallen wird. Dies wird bei kommenden Generationen zu anderen Konditionierungen führen. Die Natur des Menschen wird sich also selbst helfen. Panta rhei.
Kurt Schäfer

Grundsätzlich habe ich solch einen losen Müll selten gelesen, insbesondere in der Zeit. Sollte das ggfs. In den Postillon? Es gab schon immer Blaumacher und die wird es auch immer geben. Das ist aber ein zu vernachlässigender Anteil. Grobe, verallgemeinerte Grafiken zur Untermauerung einer kapitalistisch, blinden Geschäftsführung. Kein Wort von demographischem Wandel (mit dem Alter kommen die Wehwehchen), immer weiter steigende Produktivität (immer mehr erwirtschaften mit gleichen der geringeren Ressourcen) usw. Die Einseitigkeit des Artikels ist ekelerregend. Was ist mit den Arbeitenden, die bei krankem Kind oder eigener Erkrankung im Homeoffice arbeiten, anstelle sich krank schreiben zu lassen. Wie sind die Auswirkungen, wenn der kranke Kollege zu Hause bleibt und nicht seine ganze Abteilung ansteckt. Und wie sind die Leute zu bewerten, die krank zur Arbeit kommen, Kollegen anstecken, Fehler machen und ihre eigene Gesundheit nachhaltig schädigen und somit wieder krank werden? Die haben gesundes Maß an Angst vor der Arbeitslosigkeit?
Madlen Schütz

Bevor die digitale Krankmeldung eingeführt wurde, war das Vorgehen folgendermaßen: Die Praxis stellte eine Bescheinigung für den Arbeitgeber: erster und voraussichtlich letzter Tag der Krankmeldung, Erst -oder Folgebescheinigung eine Bescheinigung für die Krankenkasse, die außerdem die Diagnose enthielt ein Ausdruck für den Versicherten aus. Ich habe niemals eine Krankmeldung beim Arbeitgeber abgegeben, der dann die Krankenkasse informierte. Die Diagnose ist nicht für den Arbeitgeber bestimmt. Ob die Kassen die Zahlen geschätzt haben, ist in deshalb fraglich, weil die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf 6 Wochen begrenzt ist und die Kassen deshalb die korrekte Zahl (Krankentage) der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen benötigen.
M. Trampe

Vielen Dank für diesen informativen Artikel. Ein Aspekt wurde jedoch nicht genannt: Wir Deutschen sind tendenziell Perfektionisten und haben gelernt, dass man besser nicht zur Arbeit geht, weil man andere anstecken könnte. Meine Patient!nnen erzählen wiederholt, wie sie sich Ärger einhandeln, wenn sie mit etwas Schnupfen oder Husten auf der Arbeit erscheinen, viele werden nach Hause geschickt. Andere mögen aufgrund solcher Erfahrungen gleich zuhause bleiben. Wie hoch dieser Anteil ist, weiß ich natürlich nicht. Wir wissen nicht auf einmal nicht mehr, was das schlimmere schlechte Gewissen macht: Zuhause bleiben trotz Erkältung oder Arbeiten gehen trotz Erkältung? Manche mögen sich dann auch aus Selbstsorge fürs Zuhause bleiben entscheiden. Wir müssen bedenken, wir sind eine erschöpfte, ausgelaugte Gesellschaft nach Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten von Wirtschaftswachstum. Ich vermute, es wird nicht mehr besser werden.
Sibylle Riffel

Die gestiegenen Fehlzeiten durch Verkomplizieren der Krankschreibung anzugehen, ist, als wollte man eine Schnupfenwelle dadurch bekämpfen, dass man den Zugang zu Taschentüchern erschwert. Die eigentliche Ursache liegt woanders. Bereits in dem Artikel wird auf das eigentliche Problem hingewiesen: Überlastung und fehlende Identifikation mit dem Team sowie der Aufgabe. Dies ist ein Führungsproblem! Noch immer sind Führungskräfte unzureichend für ihre Aufgabe vorbereitet und gerade Mitarbeitende in besonderen Situationen zu führen, z. B., wenn sie zu „blaumachen“ neigen, ist eine Herausforderung, für die Chefs vorbereitet werden müssen – auch um sich selbst zu schützen. Der Artikel problematisiert den Aspekt des Absentismus, d. h. fehlen ohne Grund. Wir haben aber auch ein riesengroßes Problem mit Präsentismus, d. h. arbeiten trotz eigentlicher Arbeitsunfähigkeit. Die Forschung hat gezeigt, dass der wirtschaftliche Schaden von Präsentismus höher ist, als der von Absentismus – ein Umstand, der nicht nur in dem Artikel ignoriert wird, sondern meist auch in den Unternehmen.
Frank Stöpel

Das Thema „Kranksein und Krankfeiern“ begleitete mich während meiner aktiven Zeit, in der Funktion als technischer Geschäftsführer eines großen mittelständischen Bauunternehmens mit ca. 700 Mitarbeiter-in, leider permanent. In Abstimmung mit dem Betriebsrat vereinbarten wir folgende Gegenmaßnahmen:
– Der freigestellte Betriebsratsvorsitzende erklärte sich bereit unangemeldete Krankenbesuche vor Ort durchzuführen. Hierzu erhielt er ein Budget für Pralinen oder Blumenstrauß, um den Genesungswünschen des Betriebsrates und der Geschäftsleitung entsprechend Ausdruck zu verleihen.  Mit dieser Maßnahme konnte auf einfache Weise festgestellt werden, wer am Tapezieren, oder ernsthaft krank, war.
– Desweiteren führten wir „Krankenrückkehrgespräche“, durchgeführt von der Personalabteilung, ein.
– Bei Auffälligkeiten wurde der Mitarbeiter-in zum Arbeitsmedizinischen Dienst zur externen

 Begutachtung geschickt. Schon das Ankündigen der Maßnahmen führte bei der Belegschaft zu einer deutlichen Reduzierung der Fehlzeiten.
Am Ende reduzierten sich die wochenendverlängernden Krankschreibungen, wie Freitag und Montag und die Urlaubsverlängernden Ausfälle um ca. 90%. Dies soll nur aufzeigen, wie man mit einfachen Mitteln den Krankenstand in den Griff bekommen kann.
Eberhard Samtner

Mit Interesse habe ich Ihren Artikel über die steigenden Krankmeldungen der deutschen Arbeitnehmer gelesen. Kolleginnen und Kollegen, die sich krankmelden, ohne es wirklich zu sein, sind wohl in jedem Betrieb bekannt und jeder ahnt auch, wer das ist. Was ich insgesamt an diesem Verhalten der Leute bemerkenswert finde: Offenbar handelt es sich hier um Angehörige jener Gruppe, die die Politik gerne als die „hart arbeitenden Leistungsträger“ adressiert. Und besonders, wenn es darum geht, sich über vermeintlich faule Bürgergeldempfänger aufzuregen, wird ein Gegensatz zwischen der fleißigen arbeitenden Bevölkerung und den Leistungsbeziehern konstruiert. Ihr Artikel zeigt, dass die Deutschen offenbar alle gleich faul sind und die Lücken suchen. Wo beschissen werden kann, da wird es auch getan – egal, ob man zu den hart Arbeitenden gezählt wird oder zu den Bürgergeldempfängern. Dass auch die Blaumacher auf Kosten der Solidargemeinschaft zu Hause bleiben und die Lohnfortzahlungen, die sie genießen, irgendwo erarbeitet werden müssen, wird wohl gerne vergessen. Den Bürgergeldempfängern unterstellt man in Deutschland gerne, sich auf Kosten der Fleißigen zurückzulehnen. Aber dass auch die Fleißigen zuweilen nur vermeintlich fleißig sind, das wird bei den Debatten – vor allem in konservativen Kreisen – gerne unter den Teppich gekehrt. Das macht den Spaltungsversuch des „Wir gegen die“ so perfide. Die Folge ist ärgerlicherweise, dass diese Schummler dafür sorgen, dass arbeitnehmerfreundliche Regelungen wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall in Frage gestellt werden.
Die Argumente, die als Entschuldigung für diese Laumalocher-Mentalität angeführt werden, kann ich nur zum Teil nachvollziehen. Wie kann man denn auf die Idee kommen, es mache keinen Unterschied, ob man selbst da sei oder nicht? Schönen Dank für derart unkollegiales Verhalten! Folgt man Ihrem Artikel, sind viele Arbeitnehmer in Deutschland offenbar ausgeprägt egoistisch. Jeder beklagt, dass alles in Deutschland lange dauert, man ewig auf Arzttermine, Behördenentscheide etc. warten muss. Dass das möglicherweise auch damit zu tun hat, dass die Teams aufgrund der Blaumacher-Mentalität unterbesetzt sind, darauf könnte man ja auch mal kommen. Man kann nicht immer nur „die da oben“ oder die jeweils anderen kritisieren, sondern sollte sich auch vergegenwärtigen, dass man selbst Teil des Gesamtsystems ist – und damit auch mit verantwortlich dafür, ob es in unserem Land funktioniert oder nicht.
Erika S. Becker

 


 

Leserbriefe zu „Sind 16 Menschenleben nicht einen Mörder wert?“ Gespräch mit Wladimir Kara-Mursa geführt von Alice Bota

Der Gefangenenaustausch: ein politischer Deal, der die Autorität des Rechts, das Vertrauen in die Gültigkeit des Rechts, erschüttert. Das Recht hat verloren. Das Unrecht triumphiert. Die menschliche Entscheidung des Kanzlers war relativ – aber eben nicht absolut – richtig. Mit welchem Recht wollen wir uns in künftigen Fällen anders verhalten? Die Kanzlerentscheidung wird Unrecht und Unmenschlichkeit nach sich ziehen. Der Westen zeigt, dass er – anders als Putin – an Menschlichkeit gebunden ist und richtigerweise nicht bereit ist, Menschen zu opfern. Wladimir Kara-Mursa fordert logischerweise, dass auch die vielen weiteren politischen Gefangenen freikommen müssen. Putin wird nun Menschenraub, Giftanschläge und Auftragsmorde als Teil seiner hybriden Kriegsführung gut kalkulierbar ausweiten, weil wir Mörder gut behandeln und dann im Austausch freilassen werden. Natürlich nicht leichtfertig, aber am Ende dann eben doch. Wir haben uns als erpressbar erwiesen. So trägt der Gefangenenaustausch weiter zu der von Putin angestrebten Destabilisierung des Westens bei (hier: Abnutzung und Relativierung des Rechts). Pistorius hat ein weiteres Argument erhalten, dass wir kriegstüchtig werden müssen. Gerade auch, um menschlich bleiben zu können. Menschlichkeit darf keine Schwäche sein.
Reinhard Koine

Das Rechtsstaatsprinzip und die Pflicht des Staates, das Vertrauen der Bürger in staatliche Institutionen zu schützen, erfordern die Vollstreckung rechtskräftiger Strafen. Gemäß § 456a Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) kann hiervon ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Inhaftierte aus Deutschland abgeschoben wird. Diese Vorschrift ist teleologisch jedoch nur anwendbar, wenn die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe weder unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung noch der Prävention sinnvoll wäre. Der „Tiergartenmörder“ Wadim Krassikow wurde wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, mit besonderer Schwere der Schuld. Er hat knapp fünf Jahre im Gefängnis verbracht, etwa 20 Jahre weniger als üblich. Die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe ist unter dem Gesichtspunkt der positiven Generalprävention (Vertrauen der Gesellschaft in die Rechtsordnung) sinnvoll. § 456a Abs. 1 StPO ist daher nicht anwendbar. Generalbundesanwalt Jens Rommel sah dies wohl ähnlich und kam nach Ermessensprüfung zum Ergebnis, Krassikows Haft weiter zu vollstrecken. Bundesjustizminister Marco Buschmann wies ihn jedoch schriftlich an, dies nicht zu tun. Buschmann begründete seine Entscheidung damit, dass das staatliche Interesse an der Vollstreckung hinter dem Wohlergehen der unschuldig Inhaftierten und der Solidarität mit den USA zurücktrete. Hier spielten offenbar hauptsächlich politische Erwägungen eine Rolle. Die Entscheidung, Krassikow im Austausch für 16 Gefangene freizulassen, mag moralisch und politisch richtig sein. Juristisch ist sie jedoch falsch.
Michael Pfeiffer

Gefangenenaustausch. Die Ampelregierung hat sich wieder mal kläglich verhalten. Wer Mörder frei lässt, die ganz sicher die nächste Gelegenheit nutzen werden, wieder zu Morden, macht sich am Tod der zukünftigen Opfer mitschuldig und begeht Verrat an den bisherigen Opfern.  Der Staat wird zur Seifenblase, Respekt, Anstand und die innere Sicherheit scheint bei der Ampel keinen Wert zu besitzen. Alle Sanktionen gegen Russland sind mal wieder ausgehebelt und da die Grenzen nach wie vor, weit offen sind, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Mörder da ist. Der Gefangenaustausch war ein denkbar schlechtes Zeichen und wer ernsthaft den Krieg beenden will sollte dies tunlichst unterlassen. Unsere Regierung hat wohl nichts gelernt aus dem „Kalten Krieg“, da wurde auch die Teilung Deutschlands durch den Gefangenenaustausch um mehrere Jahre verlängert.
Georg Baumann

Herr Kara-Mursa stellt völlig zurecht fest, es sei nicht an ihm und den anderen Mithäftlingen, Kritik an Kanzler Scholz zu üben, dass für den Gefangenenaustausch so viel Zeit in Anspruch genommen wurde, andernfalls womöglich auch Alexej Nawalny freigekommen wäre. Er unterließ deshalb diese Vorwürfe anlässlich seines Treffens mit Herrn Scholz nach seiner Ankunft am Flughafen und nutzte stattdessen lieber deren Veröffentlichung in der ZEIT, um eine deutlich größere Reichweite sicherzustellen. „Dor nich för“, verehrter Herr Kara-Mursa.
Ruth Bingenheimer

Die politische Entscheidung der Bundesregierung mag vordergründig in Ordnung sein. Dagegen dürfte es aus der Sicht einer unabhängigen Justiz in unserem demokratischen Staat eine schlimme Entscheidung sein, wenn der Bundesjustizminister dem Generalbundesanwalt die politisch motivierte Anweisung erteilen kann, einen rechtskräftig verurteilten Mörder sofort freizulassen. Den Meldungen zufolge wies der Generalbundesanwalt darauf hin, dass er mit dem Inhalt der erteilten Anweisung nicht einverstanden ist. Wir meinen, unser demokratisches Rechtssystem darf keine Möglichkeit bieten, politischen Einfluss (hier: siehe auch Versuche in den EU-Ländern Ungarn und Polen) geltend zu machen. Die EU hat auf diese Fehlentwicklung im deutschen Rechtssystem hingewiesen und eine diesbezügliche gesetzliche Richtigstellung angemahnt.
Ludwig und Jana Degenhart

Der ausgetauschte Oppositionspolitiker Kara-Mursa hat recht. Wladimir Krassikow, der Tiergartenmörder, ist sogar zigmal weniger wert als 16 russische Inhaftierte. Für den Kriegsverbrecher und den sich in der Rolle als oberster Krimineller Russlands gefallende Putin ist der ausgetauschte Krassikow, wie die Bilder der Übergabe nahelegten, tatsächlich „bester Kumpel“. Putin hat kriminelles Handeln schon sehr früh in seiner Zeit an der Spitze der russischen Regierung zur Staatsräson erhoben. Also ist es logisch für Putins Denken, dass der Kriminelle Krassikow doch sehr wertvoll ist! Armes Russland, dass von solchen Leuten regiert wird und scheinbar nichts dagegen tun kann. In Putins Diktatur dürfen die Organe der Regierung lügen, morden und Regimegegner einfach wegsperren -am besten das seit den Zaren so geschätzte menschenleere und bitterkalte Sibirien. Wie Kara-Mursa den Alltag in den russischen Gefängnissen mit ihrer „Spezialität“ Isolationshaft beschreibt -die natürlich bevorzugt an politischen Gegnern vollzogen wird, ist schrecklich. An sich nichts neues aber eben typisch für den Alltag in den Diktaturen dieser Welt. Das Gefangene daran seelisch zerbrechen und für den Rest ihres Lebens daran leiden ist, neben der körperlichen Folter, das schlimmste Martyrium was Menschen anderen Menschen antun können. Regimegegner Nawalny, der am 15. oder 16. Februar dieses Jahres in einem sibirischen Gefängnis starb, bzw. umgebracht wurde, hätte lt. Kara-Mursa auch noch ausgetauscht werden können -was aber bekanntlich nicht geschah. Wahrscheinlich war für Putin ein toter Nawalny nützlicher als einer der im Ausland gegen ihn kämpft. Da die ausgetauschten Regimegegner keinen russischen Pass mehr erhielten können sie nicht mehr in ihr Heimatland zurück. Das der russische Geheimdienst und seine Handlanger jederzeit die jetzt im Ausland lebenden politischen Gegner wieder eliminieren könnten zeigt das deutsche Beispiel „Tiergartenmörder“. Also sichert sich Putin doppelt ab. Erstens durch die latente Gefahr seiner „Staatskiller“ und dann auch noch durch den stark verminderte politische Einfluss seiner Gegner im Ausland. Russland unter diesem Gewaltherrscher -wäre es nicht am sinnvollsten, zu Putin einfach die diplomatischen Beziehungen abzubrechen?
Klaus Reisdorf

Sehr bewegend, Ihr Bericht. Doch entkommen Menschen auch in der „Demokratie“ nicht der Hölle. Als Seelsorger blickte ich jahrelang, und bei Tag und bei Nacht, in einen Höllenschlund, wenn ich in tausenden von Telefongesprächen die Schicksale anonymer Menschen anhörte. „Diese Frau wird sich früher oder später das Leben nehmen“, sagte ein Notfallseelsorger einmal zu mir, den ich zu einer jungen Frau gesandt hatte, welche mir angekündigt hatte, sich das Leben zu nehmen. Niemals in meinem Leben ist mir ein solches Schicksal begegnet, das sie mir unter Tränen schilderte, Vergewaltigungen schon im Kindesalter, gebilligt von den Eltern, die von den Vergewaltigern Geld nahmen. Sie schneide sich mit einem Messer die Arme blutig, doch konnte ich es am Telefon nicht erkennen. Ich musste ihren Worten Glauben schenken, das hatte ich in der Ausbildung gelernt. Ich sprach sie mit ihrem Vornamen an, den sie mir genannt hatte, das schuf Vertrauen. „Fake“, nannte der Leiter einer kirchlichen psychologischen Beratungsstelle, ein katholischer Priester, ihre Anrufe, darüber zu sprechen, in Supervisionen der Fall war. Ich durchbrach daraufhin die Anonymität und besuchte sie eines Tages. Und sah die Arme über und über mit blutigen Messerstriemen übersät. In dem Augenblick würden wir, sagte sie mir, von einem Vergewaltiger beobachtet, welches zu hören, mir eine schreckliche Angst einflößte. Ich spürte, wie eine verbrecherische Atmosphäre geradezu in der Luft lag. Ob sie noch lebt, muss ich bezweifeln, einem solchen Teufelskreis, einer solchen Hölle, zu entkommen, ist unwahrscheinlich. Natürlich habe ich hunderte ähnlicher Schicksale am Telefon erlebt. Allein, die Öffentlichkeit weiß nichts davon, viele sonnen sich im Licht des Himmels, während gleich nebenan die Hölle seinen Lauf nimmt. Es wird Zeit, dass die Kirchen ihr Schweigen über die menschlichen Tragödien in einem freien und wohlhabenden Land brechen. Sie sind zahlreicher, als es sich der Normalmensch in den schlimmsten Vorstellungen ausmalen kann. Schweigt die Öffentlichkeit, auch die Presse, macht sie sich am Leid solcher Menschen mitschuldig.
Axel Spellenberg

 


 

Leserbriefe zu „Die neuen Demokraten“ von Amrai Coen et al.

im o.g. Beitrag heißt es an einer Stelle „die Menschen stammen von den Affen ab“. Dies ist aus naturwissenschaftlicher Sicht ein großer Fehler. Homo sapiens hat mit „den Affen“/ Primaten eine gemeinsame evolutive Entwicklung. Es sind nahe Verwandte, aber die Entwicklungslinie zu Homo spaltete sich vor etwa 7 bis 5 Mio. Jahren ab. Wir stammen nicht von den Affen ab.
Martina Brick

Ich gratuliere dem Autorenteam zu dem Dossier „Die neuen Demokraten“. In klar formulierten, gut strukturierten und gegliederten Abschnitten ist es ihm gelungen, das uns unbekannte und eher unverständliche amerikanische Wahl- und Parteiensystem zu erklären. Aber nicht nur das. Die Autoren vermochten es darüber hinaus, die langfristigen, politischen Linien und Inhalte mit den jeweiligen Kandidierenden herauszuarbeiten und kurz und bündig historisch einzuordnen. So wird deutlich, worauf das Duo Harris/Walz nun hinarbeiten muss: gute Kommunikation realistischer Ziele gegenüber der weißen Arbeiterschaft im flachen Land! Hoffentlich schaffen die beiden das noch in der kurzen Zeit bis zur Wahl.
Ulrich Reimann

WALZING KAMALA
Han Slawik

Ich lese die ZEIT immer sehr gerne und bin dankbar für die umfassende und objektive Information. Aber das letzte Dossier hat ganz besondere Spitzenqualität. Selten habe ich eine so verständliche und umfassende Analyse gesehen, ich bin begeistert. Gratulation an die drei Autorinnen! Der Artikel könnte sehr gut in die Geschichtsbücher einfließen, besser kann man wohl die Entwicklung der amerikanischen Demokraten nicht darstellen. Chapeau!
Frank Thuselt

Der historische Abriss über die jüngere Vergangenheit der Demokraten ist sehr erhellend. In der Frage, welches der richtige taktische Schachzug gegen Trump wäre, vermisse ich ein vielleicht nicht ganz unwichtiges Detail. Hat Biden die vergangene Präsidentschaftswahl strategisch gegen Trump gewonnen? Während der Pandemie machte Trump als Präsident haarsträubende Fehler. Er hatte überhaupt kein Konzept gegen Covid aufzuweisen, versuchte sich sogar als Coronaleugner. Dennoch fiel die Wahlentscheidung zugunsten von Biden verhältnismäßig knapp aus. Ich bezweifle, dass Bidens Konzept ohne Pandemie aufgegangen wäre. In der Konsequenz würde das die Frage aufwerfen, ob es gegen Trump sinnvoll ist, Bidens Konzept im jetzigen Wahlkampf auch nur ansatzweise zu imitieren …
Andreas Schäfer

Joe Biden kann, will oder darf nicht mehr so ganz richtig die Rolle des Präsidenten spielen, aber so ganz sicher bin ich mir da nicht! Was nun, America? Auf einmal kommt Barak Obama, wie aus dem Nichts auf den großen Plan und er flüstert sogleich seiner demokratischen Kollegin Kamala Harris etwas in ihr Ohr. Vielleicht die Story von einer „Tellerwäscherin“, die im Geschirrspüler einen großen Batzen Dollar findet, wer weiß!? Nichtsdestotrotz will Kamala Harris auf einmal gegen Donald Trump in den Ring steigen, um auch noch gegen ihn zu fighten. Ob es jedoch in diesem amerikanischen Fight letztendlich überhaupt einen echten Sieger geben kann, das bleibt abzuwarten
Klaus P. Jaworek

 


 

Leserbriefe zu „Wir müssen Lösungen finden, die weniger kosten“. Gespräch mit Georg Stamatelopoulos geführt von Marc Widmann

„Lösungen finden, die weniger kosten“ oder „effizienter“ sind, das ist ein seit jeher gutes und bewährtes Prinzip, aber leichter gesagt als getan, besonders sofern nicht offene sichtbare durch nur versteckte und ggf.  noch schlimmere Kosten ersetzt werden sollen, wie einst bei der Atomkraft, wo ein Großteil der Kosten auf die Zukunft verschoben wurde, oder bei Schulden, wo die Zeche nur später von zu Beginn gar nicht beteiligten beglichen werden müssen. Bei dem Beschluss zu Erdkabeln hat man oder vielleicht musste man damals ja leider kapitulieren gegenüber den irrationalen, aber lauten Ängsten vor „Elektro-Smog“, die dann noch mit Vernunft vernebelnden Kampfbegriffen wie „Monstertrassen“ gedopt wurden, so das viele wissenschaftliche Prüfungen und Ergebnisse gar nicht mehr gehört/gelesen oder als Teile einer Verschwörung der mächtigen gedeutet wurden. Man sah mit einer Art Tunnelblick nur noch die Risiken und Nachteile der einen Alternative und blendete die Risiken und vor allem Kosten der anderen Lösung aus, und wer sie bezahlen (müssen) würde. Am ehesten kann man aus dem Dilemma der damaligen Situation und Entscheidungen nur noch herauskommen durch einen Bürgerrat, der neutral moderiert und wissenschaftlich informiert und begleitet wird, bevor er zu einem Ergebnis kommt. Bei den Erdkabeln scheint es inzwischen mit den Kosten noch schlimmer zu sein als damals, wo ich von „nur“ dreifachen Kosten gelesen habe. Bei den Back-Up-Kraftwerken verstehe ich allerdings nicht ganz, warum diese nur dafür gebraucht werden sollen, wenn der Wind nicht weht UND die Sonne nicht scheint, denn in den dunklen Monaten fällt schon allein durch die Minderung der PV-energie ca.  4/5 von deren großem Anteil für einige Monate genau dann aus, wenn für Heizungen insbesondere mit Wärmepumpen ganz besonders viel grüner Strom gebraucht wird. Deshalb hat Wind als Energiequelle den unschätzbaren Vorteil, dass er bis auf maximal einige Tage bis Wochen Flaute auch dann liefert.  Bei den gängigen Preisangaben für grünen Strom sind leider die Kosten für die Herstellung, Speicherung und den Transport von Wasserstoff oder anderen Speicherformen in der Regel nicht einberechnet, erst recht nicht die Verpressungs- und/oder Klimakosten, falls man in diesen Monaten immer noch Erdgas oder gar LNG verwenden sollte.  Dass die Zustimmung zur Energiewende derzeit „ein bisschen“ schwächelt, ist leider eine Art Untertreibung des Jahres!
Die Lieferzeiten für Transformatoren und Umspannwerke von fast 4 Jahren  lassen auch erschaudern, wenn man an das  jederzeit mögliche durchbrennen beider Anlagetypen denkt im Falle eines großen Sonnensturms im Kaliber eines Carrington-Ereignisses, fast global,  da die Zivilisation ohne Strom weitestgehend zusammenbrechen würde, besonders nachdem der Treibstoff der Notgeneratoren  in ca. 1 Tag verbraucht wäre.  Kaum jemand denkt derzeit daran, die Transformatoren Sonnensturm-fest zu machen, was zwar teuer ist, aber nur einen winzigen Bruchteil einer solchen Katastrophe kosten würde. Dass Investoren riskieren würden ihr Geld evtl. zu verschenken ohne stärkere staatliche Garantien scheint wohl auch etwas naiv zu sein, bestätigt durch deren derzeitigen Mangel. Allerdings sind auch für den Staat solche Garantien evtl. sehr teuer, und fast jeder in Frage kommende „Zahlmeister“ geht auf die Barrikaden, außer die erst künftig betroffenen Kinder im Fall von noch mehr Schulden.  Die Ziele der Energiewende erst 2-3 Jahre später zu erreichen, mag im Vergleich zur Jahrzehnte langen Verschleppung gering erscheinen, ernster sieht es aber aus, wenn wir bedenken, wie wenige Jahre Frist wir und die Menschheit noch haben, bis die 1,5 Grad beim Jetzt-Kurs überschritten werden, leider bald danach gefolgt von den ersten großen Kippunkten und Irreversibilität   der großen selbstverstärkenden Prozesse, so dass es wohl kein Halten mehr gibt. Angesichts all dessen können wir uns längst nicht mehr leisten, auf die genialen bequemen und biligen Ideen zu warten, die eine gute Zukunft bringen, ohne dass wir — fast alle — mehr Zahlungen, Anstrengungen und ggf. Verzichte auf uns nehmen. Aber wer will das schon hören oder drüber nachdenken?
Peter Selmke

Langsam sickern jetzt in den (Print- und ÖRR-) Medien längst überfällige Erkenntnisse durch (welche den sachkompetenten Fachleuten der Energiewirtschaft und -technik schon seit Jahren geläufig sind): Wer auf „grüne Elektrizität“ als Lösungskonzept für fast alle Klima- und Energieprobleme setzt, sollte als erstes das komplizierte (und empfindliche) Stromsystem und seine Anforderungen gründlich verstanden haben. Offenbar haben sehr viele auch in der Politik noch einiges dazu zu lernen: Fachliche Inkompetenz trotz guter Absichten könnten erhebliche Risiken und Nebenwirkungen für Millionen Bürger entfalten! Dann helfen weder Arzt noch Apotheker! Danke an Herrn Widmann für das sehr interessante Interview mit ENBW-Chef Stamatelopoulos! In „dezenter Sprache“ weist der ENBW-Chef klar auf einige absehbare Probleme der praktizierten „Energiewende-Politik“ hin. Er begründet steigende Stromkosten (wegen notwendiger Netzausbauten, Backup-Kraftwerken, Redispatch-Kosten, …), und deutet die gefährdete Stromversorgungssicherheit nur an. Dabei könnte dieses letztere Problem dank „Dunkelflauten über 2 bis 5 Tage“ (NOV bis FEBR) krass spürbar werden. Wenn bei starker Kälte auch Strom-Importe aus französischen Kernkraftwerken ausfallen, müssten schon bald reihum viele Millionen Stromverbraucher für einige Stunden abgeschaltet werden. Ehemalige DDR-Bürger kennen dies seit der Jahreswende 1978/79. GRUND: Selbst wenn wir in zehn Jahren je 180 GW Wind- und PV-Kapazitäten hätten, 20 GW Gaskraftwerke und noch 10 GW Kohlekraftwerke: WAS machen wir bei 3 Tagen fast „Windstille“ (historisch in den letzten beiden Wintern 5-mal aufgetreten!) mit WKA-Verfügbarkeit um 7 % über drei Tage: Dann erzeugen (ab Nov) PV und Wind um 440 Millionen kWh täglich; sonstige erneuerbare um 250 Mill. kWh: In Summe EE-Stromerzeugung unter 700 Mill kWh: Um 36 % des Werktags-Bedarfs von 1,95 Mrd. kWh dank E-Mobilität und Wärmepumpen. Wenn alle Gas- und Kohlekraftwerke „volle Pulle“ liefen, brächten sie rund 700 Mill. kWh: Es fehlten immer noch ca. 500 Mill. kWh pro Tag. Dank 18 Millionen E-Autos und Millionen Wärmepumpen liegt die winterliche Last von 17 – 22 Uhr ca. nahe 100 GW. Selbst „Lastverschiebung“ versagt als Lösung: Der „blöde“ Zustand dauert ja mehrere Tage! Einzige Rettung: Alle strom- und energieintensiven Branchen in D. sind bis dahin abgewandert!
Wolfgang Ströbele

Vielen Dank für das informative Interview! Obwohl ich nicht sonderlich technikaffin bin, habe ich – glaube ich – die wesentlichen Aussagen verstanden. Es wäre schön, wenn alle Politiker*innen ebenso sachlich argumentierten, anstatt populistisch negative Emotionen zu bedienen oder sogar noch zu schüren. Was den Betrieb von Waschmaschinen und anderen Krachmachern zu Zeiten, zu denen der Strom besonders günstig ist, betrifft, möchte ich freilich anmerken: Es sollte auch an die Nachbar*innen gedacht werden. Z. B. liegt mein Schlafzimmer im Erdgeschoss direkt über der Waschküche mit etlichen lauten Waschmaschinen darin. Wenn diese am Wochenende in der Mittagszeit oder an irgendeinem Tag in der Nacht loslärmten, fände ich das nicht gut.
Ulrich Willmes

Herr Dr. Georg Stamatelopoulos sagt, dass die ENBW nur Windparks plant und baut, bei denen der Netzanschluss gesichert ist. In der Ostprignitz wehrt sich eine Bürgerinitiative (freier-wald.de) gegen die Planung der ENBW, über 30 große Windturbinen in ein zusammenhängendes Waldgebiet zu stellen mit einer Gesamtleistung von über 150 MW. Der Anschluss an das Netz sowohl des regionalen Versorgers edis als auch des überregionalen Netzbetreibers 50Hz ist nicht möglich.  Trotzdem hält die ENBW an der Planung fest, da die Profite über die Einspeisevergütung garantiert sind, egal ob sich die Turbinen drehen oder nicht. Da weiß entweder der Chef nicht, was an der Basis passiert, oder er weiß es doch ……
Peter Zeschke

Diese kostengünstigen Lösungen hat es bereits gegeben, bevor die linksgrüne Ampel losgerudert ist! Fast alles war vor der Übernahme der Ampel hier in Good Old Germany voll im/in Takt. Gut, auf die Energiegewinnung aus der Kernkraft hätte man nicht verzichten sollen, aber das wurde so von der „GroKo“ beschlossen, die auch nicht so ganz ohne, aber auch mit der SPD regiert hat. Was hat dieser Georg Stamatelopoulos in diesem Gespräch mit Marc Widmann alles so von Stapel gelassen hat, das lässt mich nur noch vollends erschaudern. Dieser Chef des Energiekonzern EnBW muss irgendetwas Falsches zu sich genommen haben! Energiegewinnung aus Windrädern, die nur bei genügend Wind diese Energie liefern kann und Energie aus Kollektoren, die sich auf Dächern montiert wurden oder die sich auf stillgelegten Ackerflächen befinden und die meist während der Nacht einfach nichts liefern wollen. Ist das wirklich der Weisheit letzter Schluss, Herr Stamatelopoulos! Von der Landschaftsverschandelung durch Windräder und Stromtrassen will ich ernst gar nichtreden oder besser hier weiterschreiben!
Klaus P. Jaworek

Das Interview mit Herrn Stamatelopoulos in der ZEIT Nr. 34, S. 23 hat mich enttäuscht. Über die Kosten der Energiewende muss offen gesprochen werden. Aber wesentliche Fragen kommen in ihrem Gespräch nicht zur Sprache. Die Standortbedingungen für energieintensive Produktionsstufen werden in Deutschland künftig nicht mehr gut sein. Das hat zumindest der Vorstandsvorsitzende von Siemens Energy, Christian Bruch, schon 2022 im Interview mit dem Spiegel festgestellt. Deutschland sei kein energiereiches Land. Teilt Herr Stamatelopoulos diese Einschätzung? Welche Energiemenge werden die südlichen Länder künftig brauchen, wie viel davon können oder wollen sie selbst erzeugen? Wie sehen die Planungen aus? Zu welchem Preis wird der Strom dann bereitstehen? Wie viel Strom soll mit Stromtrassen aus dem Norden importiert werden? Wie verteuert sich der Strom durch den Transport? Welche Branchen im Süden sind besonders energieintensiv? Führende Energieökonomen haben kürzlich in der FAZ lokale Strompreise gefordert, denn der Redispatch beraube „Deutschland der Effizienz und Effektivität einer marktwirtschaftlichen Preissteuerung.“ Der einheitliche Strommarkt setze ökonomische Fehlanreize: „Nur lokale Preise auf dem Strommarkt“ könnten „die Dynamik des Stromnetzes sinnvoll in Flexibilitätsanreize übersetzen“. Wie steht Herr Stamatelopoulos zu den Argumenten der Wissenschaftler?
Johannes Bierbrodt

 


 

Leserbriefe zu „Nebenfach: Gaza“ von Anna-Theresa Bachmann

Danke für Ihren Artikel „Nebenfach: Gaza“. Da der Name durchgängig falsch geschrieben wurde: Sie heißt nicht „Aragami“, sondern ihr Name ist Noa Argamani.
Veronika Weiß

Dieser sehr interessante Artikel über den Gaza-Kurs an der Beer-Sheba-Uni in der Negev-Wüste zeigt auf dramatische Weise, wie sehr das Palästina-Problem und die brutale Besatzung seit über 55 Jahren in Israel verdrängt wurde. Ein israelischer Freund erzählte mir einmal, dass er sowohl im Kindergarten als auch in der Schule und später bei der Armee zum Thema Palästinenser immer nur eins gelernt habe: wir müssen diesen Halbmenschen das Leben so bitter wie möglich machen, damit sie weggehen und wir das Land nehmen können. Und wenn sie bleiben, müssen wir ihnen das Land gewaltsam wegnehmen. Dieses rassistisch motivierte und arrogante Denken kommt Israel sehr teuer zu stehen. Insofern sind die Bemühungen an der Beerscheba Uni zu begrüßen, allerdings weniger als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Für die Israelis wird es demnächst ein sehr böses Erwachen aus ihrem Traum geben, denn kampflos werden die Palästinenser ihre geraubte Heimat nicht hergeben.
Björn Luley

In dem Artikel über die Hintergründe des Konflikts um den Gazastreifen an der Ben-Gurion-Universität in Be’er Scheva vermisse ich einen, meines Erachtens wichtigen Aspekt: Den fanatischen Islamisten, die für den Überfall auf Israel verantwortlich sind, ist der Tod der „eigenen“ Leute vollständig egal. Nach deren Ideologie gewinnen die Getöteten als Märtyrer sogar noch einen bevorzugten Platz in ihrer Vorstellung vom Paradies. Das ist eine vollständige Instrumentalisierung religiöser Werte mit dem Ziel, eine Rechtfertigungsstrategie für ihre sinnfreie Destruktivität präsentieren zu können. Es braucht Experten, um die Vorstellungen der Fanatiker zu widerlegen, Anfang und Ende davon sollte sein, dass die gestalthaften Gottes- und Paradiesbilder einst entstanden, um gesellschaftliche Ordnungen mit Absolutheitsansprüchen durchsetzen zu können, aktuell aber längst überholt sind. Wirklicher Glaube geht anders und bezieht sich auf menschliche, sprich mitmenschliche Erfahrungen. Um Ansätze zu dauerhaften Lösungen des gegenwärtigen Konflikts wirksam werden lassen zu können, müssen beide Seiten Fehler ihrer Konzepte einsehen und generelle Anfeindungen aller Art beenden.
Christoph Müller-Luckwald

Ich lese gerade „Nebenfach: Gaza“. Meine Frage will ich schon lange stellen. Wieso gendert die ZEIT nicht? Sogar Wörter wie „Studenten“ finden sich in Artikeln. Ich bin Abonnentin. Für mich ist die Handhabe maximal befremdend und ich würde Ihre Haltung gerne verstehen.
Martina Bischof

 


 

Leserbriefe zu „Unter den Wolken“ von Dmitrij Kapitelman im ZEIT Magazin

Doch zum Thema Flughäfen „Unter den Wolken“ würde ich gerne etwas anmerken: Der Autor Dmitrij Kapitelman schreibt, der Airport Heraklion belege den vorletzten 238. Platz, „verdient“. Sucht aber in der Verteidigung des Frankfurter Flughafens nach dem menschlichen Faktor auf beiden Seiten, des Personals und der Kund*innen. Ich liebe den Flughafen Heraklion! Der Weg vom Flugzeugbus zur Gepäckausgabe ein Katzensprung, man sieht auf dem Weg (Außen, Hitze, man weiß sofort, wo man gelandet ist) bereits, wo gleich Mietautos bei welcher Firma abzuholen sind und hat eine hervorragende Orientierung. Am Automaten holt man sich direkt eine 1l Wasserflasche für 1!€ und bekommt die Koffer sehr schnell. Die Toiletten- ja, Punktabzug…Trotzdem: Vom Verlassen des Flugzeugs bis zum Sitzen im Mietauto maximal 45 Minuten. Und ja, beim Zurückfliegen mega lange Wartezeiten und wirklich eng. Aber: Hier habe ich einmal das Freundlichste erlebt: Ich war super spät, fast dabei meinen Flug zu verpassen und mitfühlend wurde ich in jeder Schlange durchgewunken. So saß ich doch noch im Flugzeug und sollte mein Handy in den Flugmodus schalten. Und jetzt erst war mir aufgefallen, dass ich dieses in meiner Hektik in der Plastikschale bei der Security vergessen hatte. Ich meldete das der Stewardess und wirklich: Ein Mitarbeiter der Security ist zum Flugzeug gefahren und hat es mir direkt gebracht!!! Das war erst vor ein paar Jahren. Wir sind nicht zu spät abgeflogen und auch nicht verspätet gelandet. Wie Herr Kapitelmann beschreibt, kann man den Flughafen Dortmund nicht mit Airport Frankfurt vergleichen, Heraklion nicht mit Athen und so weiter, nicht Kleinflughäfen mit internationalen Drehkreuzen im Luftverkehr. Durchaus fand ich es auch angenehm, wenn ich (früher) auf Geschäftsreise war, noch Zeit hatte, die neuesten Kollektionen bestimmter Modemarken anzuschauen oder was Feines, Veganes zu essen (Frankfurt!) oder einen hervorragenden Kaffee zu trinken (Rom). Aber man könnte auch die Kunst an den Wänden und das allgemeine Flair bewerten, das einen zur Kultur des besuchten Landes hinführt. Da wäre Delhi zum Beispiel ganz, ganz vorn! Es sind also zu wenige Kriterien und alles sehr unscharf. Ab in die Tonne mit diesem AirHelpScore. Hilft keinem.
Saskia Rettig-Schmidt

Jede Woche freue ich mich über euer ZEITmagazin und lese es stets als erstes. Leider hat sich dieses Mal ein großer Fehler eingeschlichen. Im Bericht „Unter den Wolken“ wird „Warren Smith“ zitiert, als er sagt, der Bus habe die Fluglotsen angehupt. Nun das mag er so gesagt haben, es wäre aber schön gewesen, hätte man im Anschluss erklärt, dass er wohl kaum die Fluglotsen meinen kann. Diese befinden sich nämlich nicht auf dem Rollfeld mit dem Bus. Dieses Klischee begleitet uns Fluglotsen leider seit jeher, doch gerade weil wir so dringend Nachwuchs brauchen (um die neuen Kapazitäten des Terminal 3 überhaupt in die Luft zu bringen), wäre eine Klarstellung schön gewesen.
Verena Süß

Ich bin Fan und lese jedes ZEITmagazin mit Freude. Nun, die Titelgeschichte des Magazins No.34 ärgert mich nun so, dass ich Ihnen schreiben möchte. Ich wohne wie viele andere in der Ein-und Abflugschneise des Frankfurter Flughafens. Seit Start der nordwestlichen Landebahn ist der in der seinerzeit im Mediationsverfahren Lärmpegel permanent überschritten und nichts passiert (außer dass Menschen leiden und krank werde). Das Bauen des dritten Terminals soll zu einer höheren Passagierzahl führen und die kann -da von den großen Flugzeugen wie A360&co – Abstand genommen wird- nur über mehr Flugzeuge abgewickelt werden. Im Artikel lassen Sie das Thema Anwohner um den Flughafen, CO2 Belastung, Flugbenzinvorzugsbesteuerung etc. Einfach unkommentiert. Kann man machen – dann aber die Aussagen zur angeblichen „Nachfrage“ und zur Steigerung und Wachstums des Flughafens vom „Verkäufer“ des Terminal 3 so stehen zu lassen ist einfach wirklich einseitig. Ich würde mir wünschen, dass Sie dasselbe Thema: Flugverkehr, Flughafenerweiterung aus Prinzip und nicht nach Nachfrage (diese wird über billige Preise generiert), CO2 etc. Mal zum Thema nehmen! Gerne genauso als Titelgeschichte- „Frau Fechters Kampf für die Flughafen-Anrainer“. Frau Fechter ist seit Jahrzehnten engagierte Leiterin der Initiative gegen Fluglärm-für eine gute Nachbarschaft. Seit Jahren leiden hunderttausende Anwohner in Ffm & Umgebung unter der Lärm- und Umweltbelastung…Auch das müssten Sie ja dann nicht kommentieren…einfach als Interview und Perspektive beschreiben…
Frauke Hofsommer

ich habe eine redaktionelle Anmerkung zu der Reportage: es wird im Kontext der Fahrt über den Flughafen berichtet, dass ein Busfahrer einen Fluglotsen anhupe. Dieses Szenario ist allerdings mehr als unwahrscheinlich, da ein Fluglotse sich am Frankfurter Flughafen ausschließlich im Tower finden wird. Seine Aufgabe ist es, die an- und abfliegenden Flugzeuge sicher zu koordinieren – und zwar ausschließlich in der Luft. In dem Text ist vermutlich ein Vorfeldlotse gemeint. Dessen Verantwortung liegt im korrekten Koordinieren der Flugzeuge am Boden.
Nadine Davids

 


 

Leserbriefe zu „Weshalb eskalieren die gewalttätigen Proteste im Land?“ von Jochen Bittner

Jochen Bittner übersieht, wer die Geld- und Ideengeber sind, die hinter den gewalttätigen Fremdenfeinden stehen. Wie der Guardian enthüllt hat, wird Tommy Robinson, der die Schläger der EDL anführt, von reichen amerikanischen und australischen Gönnern sowie russischen Trollen unterstützt. Radikalisierte Konservative, die seit Jahren Migranten als eine Gefahr dämonisieren, die sie zu begrenzen versprachen, haben der Verhetzung, die immer wieder in Gewalt umgeschlagen ist, den Boden bereitet. Drei Schlaglichter auf die aktuellen Ausschreitungen: Elon Musk hat nach dem Erwerb von Twitter dem ausgesperrten Robinson seinen lukrativen Account zurückgegeben; auf seinem jetzt X genannten Kurznachrichtendienst befeuert Musk mit eigenen Posts einen „Bürgerkrieg“ auf den britischen Inseln. Die Fake News über den Amokläufer von Southport wurden zuerst von russischer Propaganda verbreitet. Und den Unterhausabgeordneten Nigel Farage kann man mit Fug und Recht als „auch nicht besser als Tommy Robinson in einem Anzug“ (Brendan Cox) bezeichnen. „Zu viel Großzügigkeit bei der Einwanderung“ war nicht das Problem. Die Einwanderer aus nicht-europäischen Ländern wurden und werden gebraucht, nachdem EU-Bürger aus ‚kompatiblen Kulturen‘ seit dem Brexit keine Arbeitnehmerfreizügigkeit mehr genießen.
Jürgen Thiede

unser Handel transformiert mit chemisch-physikalischen Transfers ein lebensfreundliches Holozän in ein riskanteres Anthropozän. D. h. der Lebensraum wird sukzessiv knapper, was in Sozialisationen zu Dichtestress führt. Gewalt ist eine Reaktion auf ein ungelöstes Dichteproblem, was u. U. persönliche bis staatliche Gewalt auslösen kann. Unsere irdische direktere Demokratie ist in Gefahr, da das Establishment nach einem monetären Weltbild navigiert und naturwissenschaftliche Einsichten ignoriert. Letztendlich betrügt der US-Währungshegemon das Volk der Erde mit seiner Plutokratie.
Matthias Losert

bezüglich des Artikels „Großbritannien: Weshalb eskalieren die gewalttätigen Proteste im Land?“ in der dieswöchigen Ausgabe der Zeit frage ich mich: Herr Bittner stellt es so dar, als wären die rechten Mobs einer gleichermaßen zu verurteilenden Gruppe an islamistisch motivierten „Trupps“ gegenüberzustellen. Beide Seiten seien demnach ausschlaggebend für die Eskalation der anderen Seite. Wo ist hier die Einordnung der völlig unterschiedlichen Stufen der Gewalt? Wo wird unterschieden zwischen den unterschiedlichen Absichten? Und ist es nicht vielmehr so, dass die Gewalt der rechten Mobs grundsätzlich rassistisch motiviert ist, sie demnach eben nicht nur Reaktion auf eine bestimmte politisierte Gegengruppe ist? Die Gewalt mit einer solchen Gegenüberstellung zu erklären, scheint mir die Hintergründe und Absichten der rechten Mobs zu verharmlosen.
Paul Kliesch

Die drei kleinen Mädchen, getötet durch einen schwarzen Migranten, sind in der etablierten Opferhierarchie offensichtlich nur feuchter Schmutz im Vergleich mit dem vergötterten George Floyd, der vor den Augen der Weltpresse geradezu in einem goldenen Sarg bestattet wurde… Ihre Ermordung soll kein „systemisches“ Problem aufzeigen? Und die Wut der Einheimischen ist „unerklärlicher Hass“, der – selbstredend – von „Rechtsextremisten“ getrieben wird? Es gibt offenbar keinerlei Berechtigung in solchen Fällen seine Wut zu zeigen.
Oliver Stumpf

 


 

Leserbriefe zu „Los geht‘s“ von Thomas E. Schmidt

Glückwunsch zu diesem nüchtern machenden Wermutstropfen in den süßen Wein der Träume, Mythen, „Visionen“ und Illusionen eines „Aufbruchs“ ohne genauere Bestimmung und Konkretisierung!  Die Frage der kleinen Überschrift „Worauf warten wir?“ würde ich schlicht beantworten mit „auf den Aufwachtest oder den Realitätscheck“. Die Geschichte ist ja leider voll von Aufbrüchen/Revolutionen, die statt dem verkündeten oder erhofften Paradies für weit mehr Menschen eine Hölle produziert haben wie nach der Französischen Revolution, bei dem berüchtigten „großen Sprung nach vorn“ von Mao Tse Tung oder nach der „glorreichen Oktober-Revolution“ von Lenin, Trotzki und Stalin.  Von Pinochet gibt es den sarkastischen Witz „gestern waren wir noch am Rande des Abgrundes, heute sind wir schon einen Schritt weiter . . .“.  Jeder Aufbruch hat nicht nur „Versprechen“, die oft gar nicht haltbar sind, sondern auch Risiken und seinen Preis.  Sehr wahr, dass es für „rein schöne“ Aufbrüche zumindest derzeit an jeglicher Grundlage fehlt, und wenn ein Aufbruch für die einen tatsächlich erstmal schön ist, dann meist auf Kosten von anderen, die irgendwann die Zeche bezahlen müssen, wie bei zunächst bequemen „Sonder-Vermögen/-Schulden“ die Inflationsopfer und die späteren Generationen.  Die Idealisierungen und Verklärungen einer Vergangenheit können fast immer nur mit einem Tunnelblick entstehen, der die Schattenseiten oder Kehrseiten der „Idyllen“ ausblendet.  Und natürlich ist Änderung/change kein Selbstzweck, zumal es viele Änderungen zum schlimmeren gibt, vielleicht mehr als zum besseren, was immer wieder vergessen wird. Selbst in katastrophalen Situationen wie der Weltwirtschaftskrise in den Jahren vor der „Machtergreifung“ in Deutschland zeigte sich im Nachhinein, dass es sehr wohl noch schlimmeres gab als die Anfänge der 30er Jahre, die ansonsten auch mit ganz anderen Methoden oder einfach der Zeit zu bessern gewesen wären.  Umgekehrt ist alt keineswegs immer schlecht oder überholt oder „nicht zeitgemäß“:  So sind die Gesetze der Mathematik teils bereits vor über 2 Jahrtausenden entwickelt oder entdeckt worden.  Dennoch sind sie so gültig wie zu ihrem Beginn, was genauso für etliche Naturgesetze gilt.
Peter Selmke

„Der Traum vom politischen Aufbruch ist groß. Worauf warten wir?“ Meine Antwort: auf ein gemeinsames Nachdenken in Bezug zu unserer aller >sein werden< auf gleichem Boden unter der Sonne. Jetzt, m Anthropozän sollten wir unser dialektisches Denken erweitern zu der Denkfähigkeit >Dialogisches Denken<, das ist der Dialog zwi A= dem Eindringen in die Wirklichkeit mit B = dem sich Einlassen auf die Wirklichkeit mit C = beider Unwissen von gelingender Wirklichkeit in Bezug zu D = >sein werden< auf gleichem Boden unter der Sonne. All unser Denken macht nur Sinn, wenn wir es in den „Bezug D = >sein werden< auf gleichem Boden unter der Sonne“ stellen. „Los geht’s!“
Elke Blancke

Ihre Worte, Herr Schmidt: „Nur als Hoffnung, Ahnung, Vorgefühl ist Aufbruch verheißungsvoll und unschuldig“, impliziert die Frage: Wozu brauchen wir Politiker, wenn die Vorfreude, die ihre Versprechungen erzeugen, regelmäßig Versprecher zu faktenbasierter Frust-, Enttäuschungs- und Wut-Ohnmacht sind? Weiter schreiben Sie: Hinterher werden nämlich allerlei Verlustrechnungen mit neuen Konfliktproblemen fällig… So, wie wir Menschen gestrickt sind, brechen wir gerne zu neuen Ufern auf. Suchen Gleichgesinnte, auch als Zusatzgeschenke und Mutmacher der Tat, was ohne Führungskompetenzen (auch an verbaler Überzeugungskunst) zum Schuss in den Ofen würde. Führer, die hinter uns stehen, sind mindestens verführende Scharlatane zu des Aufbruchs bitterem Ende. Gemeinschaft findet sich über Interessen und Notwendigkeiten zu Energiebündelung. Sie benötigt – im Ideal innerhalb der Grenzen individueller Freiheiten neben Mitmachfreude, Toleranz, auch Rücksichtnahme und Duldsamkeit im sich nicht zu wichtig nehmen als Garanten innerhalb zu akzeptierender Regularien. Alle weiteren Verfügungen und Maßregeln werden schon dann vom notwendigen Übel zu unstatthafter Ordnungsmacht, wenn Recht und Gewalt Gerechtigkeit beugen. In Bezug auf Politik, Regierungen und Nationalstaatlichkeit und ihrer Ränkespiele erweist sich ein ums andere Mal unserer Glaubenszuversicht als Enttäuschung, weil bislang noch jede Gesellschaft nicht wegen, sondern trotz Herrschaften funktionierte.
Wir machen uns Gedanken, lernen, schaffen und rackern. Gelangen über Vorbilder, Einbildung und Selbstentfaltung einschließlich vieler Fehler und noch mehr Erfolgen zu gewisser bildhaft-, wissens- und erfahrungsfundierter Meisterschaft, in dessen Gestaltungsingredienzien wir uns zu Recht Pinsel-Führhände verbitten. Größenselbst-Rechtsauslegung rhetorisch und ideologisch geschulter Maulhelden, sprich: hundsmiserabler, von der Allgemeinheit finanzierter Volksvertreter und Verwalter, die vorgeben, im Namen und in Auftrag des Souveräns zu handeln, brauchen weder Kinder, Heranwachsende oder Erwachsene – erst recht nicht über hart erarbeitete Abgaben. Gelangen wir in die Jahre, ab denen das Leben Mühe und Arbeit gewesen sind, sehen wir mitunter auch ohne Internet und Social Media sonnenklar, wenn unsere Erben sich befleißigen, nur das Beste für (von) uns zu wollen. Irgendwie kommt uns solch Umbruch-Strickmuster der vielen (Auf)Brüche bekannt vor.
Andreas Weng

«Der Traum vom politischen Aufbruch ist groß. Worauf warten wir?» Thomas E. Schmidt zitiert den Romantiker Novalis, der fragte «Wo gehen wir denn hin?». Seine Antwort «Immer nach Hause». Diese Antwort ist doch eigentlich beruhigend. Es gibt immerhin ein vernünftiges Ziel. Das ist zu begrüßen, nachdem ein solches Ziel nicht ausreichend sichtbar ist. Diese Situation hat der Kabarettist Helmut Qualtinger treffend beschrieben. Er lässt einen seiner „Helden“ die Worte sagen: «I hab zwar keine Ahnung wo i hinfahr. Aber dafür bin i früher durt.» Aber was heißt «nach Hause?» Nun, in der aktuellen Hitzeperiode – heute soll es über dreißig Grad werden – bleibt man am besten zu Hause. Besonders wenn man ein gewisses Alter erreicht hat. Dieser Umstand erinnert an einen anderen passenden Spruch zum Thema „Ziel“: «Die Zukunft der Jugend ist das Alter.» Er passt deshalb, weil das Alter damit anfängt, dass das Wachsen aufhört. Und das passt, denn die wichtigste Aufgabe der Menschheit besteht darin, aus dem exponentiellen Wachstum von Kopfzahl und Konsum einigermaßen sanft auszusteigen. Dies weil ansonsten die Natur für ein brutales Aussteigen sorgt. Nun, aus dem Wachstum der Kopfzahl sind wir in Europa längst ausgestiegen, wenn man die Geburtenrate als Maßstab nimmt. Nicht aber wenn wir die Einwohnerzahl nehmen. Denn die ist am Wachsen dank Zuwanderung und Migration. Also auch dadurch, dass in vielen Ländern die Geburtenrate so hoch ist, dass die lokalen Ressourcen bei weitem nicht reichen. Dies gilt für Afrika aber auch für Indien oder den Nahen Osten. Zum Beispiel, der Gazastreifen hat eine Geburtenrate von 3.5.
Nur wenn es gelingt, auch dort die Geburtenraten massiv zu senken – auch um die Folgen des bisherigen zu hohen Wachstums zu kompensieren – kann auch der Ausstieg aus dem zu hohen Wachstum des Konsums gelingen. Aber haben wir überhaupt das Recht, von anderen Nationen zu fordern, ihre Geburtenrate den lokal verfügbaren Ressourcen anzupassen? Dieses Recht besteht, nachdem die Zahl der Migranten aus diesen Ländern so hoch ist, dass die Zielländer in steigendem Masse überfordert sind. Aber es gibt einen weiteren Grund. Dieser besteht darin, dass in weiten Teilen Europas ein akzeptiert wirtschaftlicher Zwang bestand, die Geburtenrate den beschränkten Ressourcen anzupassen. Dazu Folgendes als Beispiel: Schmidt stellt fest «Europa ist retro gestimmt» und schlüsselt das auf für einzelne Länder. Zum Beispiel: «Österreich wartet nur darauf, sich endgültig in den Schladminger Janker zu werfen.» Dieser Spruch war mir bisher unbekannt. Schladming kenne ich ein bisschen. Die Gemeinde grenzt im Süden an die Gemeinde Göriach. Die gemeinsame Grenze geht über die Niederen Tauern, den Alpen-Hauptkamm. Göriach ist das Dorf in dem mein Vater geboren ist. Es gibt ein Heimatbuch über Göriach und da steht zu lesen: beim größten Bauern gab’s zeitweise 21 Dienstboten (14 Knechte, 7 Mägde). Heute gibt es fairere Möglichkeiten, die Geburtenrate den lokalen Ressourcen anzupassen. Der Globale Westen hat auch deshalb das Recht aber wohl auch die Pflicht, auf die Bedeutung der demographischen Verantwortung hinzuweisen, als Voraussetzung für das lange gute Fortbestehen der Menschheit. Und das sollte wohl das wichtigste Ziel für einen Aufbruch sein.
Gernot Gwehenberger

 


 

Leserbriefe zu „Wenn das rote Kreuz fehlt“ von David Baldysiak

Das ist doch mal eine geniale Idee: Erst liefert man die Waffen, um sich gegenseitig umzubringen oder zu verstümmeln und dann gleich noch die mobilen Sanitätsstationen dazu, um die Verstümmelten wieder halbwegs zusammen zu flicken. Geschäft ist eben Geschäft. War schon im Zweiten Weltkrieg so, als Krupp den Amis die Zünder für die Bomben geliefert hat, die dann auf Deutschland gefallen sind. Business as usual eben.
Joseph Zenz

Das Rote Kreuz wegzulassen, ist das falscheste, was man machen kann. Nur das Rote Kreuz bietet Schutz, und wenn die Begründung ist, ja genau dann greift der Feind an, ist aber auch nur dann der Feind zu ächten (wenn das Rote Kreuz da ist). Wenn hier das Symbol ausgehobelt wird, wo soll das hinführen? Ich bin im Katastrophenschutz in Deutschland (freiwillig) engagiert – zur Erklärung.
Rolf Wirkner

Ein Lichtblick in düsteren Zeiten: ein Rüstungskonzern produziert Sanitätsstationen! Wäre das nicht die Lösung aller Probleme? Nicht mehr Tötungswerkzeuge, sondern Material zum Retten und Heilen wird in den Stätten der Menschenvernichtung hergestellt! Waffenfabriken zu Heilmittelindustrien!
Ulrike Koppe

 


 

Leserbriefe zu „Allein hier?“ von Stefanie Kara

Zweisamkeit verhindert Einsamkeit; Der Mensch lebt nicht allein, sondern mit den sozialen Kontakten in der Familie, Ehe und den Freunden. Dieses stabile Netz an dauerhaften Kontakten beruht auf Gegenseitigkeit für lange Zeit. Die besonderen Lebensumstände sind es, die den Weg in die Einsamkeit erst möglich macht, der Tod des langjährigen Ehepartners, eine schwere Krankheit und das ungewohnte Altersheim.  Auch die jüngeren Menschen können in der Schule oder Beruf durch „Mobbing “ in die Isolation und Ausgrenzung geraten Einsamkeit mit Depression sind die Folge. Das Handy und Internet reduzieren die menschlichen Kontakte eine gemeinsame Freizeit zu pflegen. Der Mensch ist und bleibt in jedem Alter ein soziales Gemeinschaftswesen, die Telefonseelsorge oder das Smartphone sind kein Ersatz.
Thomas Bartsch Hauschild

Sollte man nicht wenigstens einmal versuchen, nicht nur den Arbeitskräftemangel, sondern auch das verbreitete Gefühl der Einsamkeit durch ein soziales Pflichtjahr für Jugendliche und Rentner zu mindern? Junge Menschen haben oft noch keine klare Vorstellung von ihrem künftigen Leben und Beruf. Das kann Ängste auslösen. In einem Pflichtjahr haben sie Zeit und Möglichkeit, ihren Blick zu weiten, gesellschaftliche Brüche, aber auch gelebte Solidarität kennenzulernen. Dabei können sie Kräfte und Fähigkeiten entdecken, die bislang nur in ihnen schlummerten, die sie nun einsetzen und in ihr künftiges Berufsleben einbringen können; erkennen, dass es nicht allein darauf ankommt, die Computertastatur perfekt zu beherrschen! Rentner fallen am Ende ihres Arbeitslebens oft in ein tiefes Loch, obwohl sie das selten zugeben würden. An dessen Grund wartet die Einsamkeit. Mit ihrer Berufs- und Lebenserfahrung, die sonst verloren zu gehen droht, könnten sie Bewahrenswertes instandsetzen und erhalten oder Menschen begleiten, die Hilfe benötigen. In einem sozialen Pflichtjahr begegnet sich zwangsläufig Jung und Alt, wird die Kluft zwischen den Generationen überbrückt, und ein Prozess des wechselseitigen Lernens und Verstehens beginnt. Am schnellsten verschwindet die Einsamkeit in einem Mehrgenerationenhaus, in dem Großeltern, Eltern und Enkel unter einem Dach zusammenleben. Jeder kümmert sich nach seinen Kräften und Fähigkeiten um den anderen, ohne dafür vom Staat Geld oder Anerkennung zu erwarten, jeder lernt von jedem. Verwandte, Freunde der Kinder, Eltern und Großeltern bringen immer wieder frischen Wind ins Haus, indem sie miteinander lachen und streiten. Gelegentlich entstehen so generationenübergreifende Freundschaften! Einsamkeit bleibt in einem solchen Haus ein Fremdwort!
Ulrich Pietsch

Keine Auswirkungen der (a)sozialen Medien? Wie bewerten die Wissenschaftler Auswirkungen auf Menschen, welche in der Öffentlichkeit ihren Blick vom Smartphone nicht abwenden, mit Kopfhörer und jetzt im Sommer mit Sonnenbrille durch die Welt laufen? Simple Kommunikation wie Danke oder Bitte ist nicht mehr erwünscht und auch nicht möglich.  Ein Mittel gegen die Einsamkeit ist es sicher nicht, wenn zwei oder mehrere Menschen über den gesamten Aufenthalt z.B. in einem Café ohne ein Wort der Kommunikation kollektiv „daddeln“. Auch die Partnersuche wird in das Internet verlagert.
Gerhart Herzig

 


 

Leserbriefe zu „Mit einem Bein in Nordkorea“ von Xifan Yang

Das diesjährige Motto des Karnevals in seiner Heimatstadt Osnabrück beschreibt treffend die Indopazifik-Reise von Verteidigungsminister Pistorius: Kreuz und quer, kunterbunt, das sind wir.
Ralph Bürk

Interessant, der Gedanke, dass Deutschland bei einem Präsidenten Trump auf einmal die größte Demokratie der Welt wäre. Boris Pistorius bereist einen fernen Ausschnitt dieser Welt voller Krisen. Überall eine Oberfläche, unter der es brodelt. Während die große Welt sich dreht, kocht Christian Lindner in Berlin sein Haushaltssüppchen. Während Boris Pistorius in der Ferne die neue Rolle Deutschlands mit offenem Blick sucht, starrt Christian Lindner im Windschatten von Gutachten selbstverliebt auf sein Spiegelbild. Der wirtschaftliche Riese schrumpft, ist aber doch noch relativ groß. Die Welt ist im Umbruch. Der politische Zwerg muss wachsen. Christian Lindner sucht Halt in der Schuldenbremse. In einer Welt ohne Nabel betreibt Berlin Nabelschau. Boris Pistorius blickt über den Tellerrand.
Reinhard Koine

Mir gefällt die Quintessenz aus einer Wahl Trumps zum Präsidenten, dass Deutschland dann die größte westliche Demokratie sei. Aber es gibt eine weitere; Deutschland bleibt auch mit seinen moralischen Prinzipien dann die einzige Demokratie. Alle anderen haben darin längst eine fatale Autonomieabhängigkeit für sich erkannt und öffnen sich strategisch breiter. Der erkennbare Bedeutungsschwund Deutschlands in der Welt gesellt sich zum ökonomischen Niedergang. Deshalb ist die Strategie Pistorius, Deutschland als globaler Partner in militärische Frage zu positionieren, der legitime, aber auch einer der letzten Versuche, jenseits nörgelnder Moralgetue ernst genommen zu werden.
Jürgen Dressler

 


 

Leserbriefe zu „Wie verkaufe ich den Brockhaus meiner Mutter?“ von Karin Ceballos-Betancour

Dieser Brockhaus-Beitrag hat auch meine Erinnerungen geweckt: Fasziniert hatte ich in der Abteilung Anatomie die Folien übereinandergelegt, auf denen Skelett, Gefäße, innere Organe dargestellt waren. Mit Befremden erinnere ich mich auch an eine Seite mit Schwarzweiß-Porträts unterschiedlicher Menschentypen, irgendwie ungut nah der „Rassenkunde“. Vieles, was man die Eltern nicht fragen wollte, war in den Bänden zu finden und umgekehrt wurden die Eltern mit unerwarteten Fragen konfrontiert, nachdem man im Lexikon gestöbert hatte. Wurde am ersten Weihnachtstag der Dia-Projektor bemüht, um dem vergangenen Dänemark-Urlaub nochmal nachzuhängen, waren die Brockhaus-Bände unverzichtbar beim Ausrichten des Projektors auf die richtige Höhe. Als Teenager schrammte ich knapp an der Magersucht vorbei, in dieser Zeit hatte ich mir zwecks Kalorienverbrauchs ein geheimes Sportprogramm auferlegt, in dem zwei Brockhaus-Bände als Hantel-Ersatz zum Einsatz kamen. Glücklich mit Meerschweinchen aufgewachsen, wurden die Bände auch mal benutzt, um beim täglichen Freilauf der Tiere im Wohnzimmer zu verhindern, dass sie unter die Heizkörper krochen, wo sie schwierig wieder herauszuholen waren. Irgendwann regte sich selbst unser Vater nicht mehr über die gewellten, vergilbten Seiten auf: Pinkel-Spuren der kleinen Nager… Als junge Frau hatte ich fiese Rückenschmerzen, irgendwas hatte sich im OSG verhakt. Mit einem Fuß auf einem Brockhaus, konnte ich das andere Bein entspannt herunterhängen lassen und auspendeln, das half. Leider weiß ich nicht mehr, was mit diesen Büchern beim Räumen des Elternhauses passiert ist. Aber interessant, dass ich sie nicht wirklich vermisst habe. Für alle Brockhaus-Ausgaben, die irgendwo herumstehen, niemand entsorgen mag aber auch nicht gut los wird, hätte ich noch eine Anregung, die bereits im Namen steckt: Es ließe sich daraus vielleicht ein „Brock-Haus“ zurechtstapeln, wie aus Holz- oder Plastikbausteinen.‘
Hanne Krieger

Daraus machen Sie bitte eine Serie, ja ?! Wie wir die Brockhäuser unserer Eltern loswerden, mit denen wir 1985 Abi gemacht haben (z.B.) – Brockhaus 1957 kostete im Dez.57 übrigens 646,80 DM … Bände 1-12 … u wie ich die 3mal anlässlich dreier Umzüge meines dementen Vaters schleppte … doch, doch, die brauche er … u was da drin stehe, habe sich ja auch seit 1957 nicht geändert … also: von vor der Mondlandung … halleluja … aber auch dement mit bestechender Logik (u alles, was danach kam, interessierte ihn zunehmend weniger …) nach seinem Tod verblieben sie in Dortmund im  Altpapier Container … das Auto war ZU voll, um sie noch mitzunehmen … Der Text machte mich wehmütig u ich bin froh, dass er (vorerst) bleiben durfte …
U.Fischer

Wir in Frankfurt-Nordweststadt (nicht weit von Bonames) hatten das geflügelte Wort vom Grzimek. Eine Enzyklopädie über die Tiere von Bernhard Grzimek in 13 (schweren) Bänden. Bei Familienfeiern kam immer die Frage auf wer von uns – meine Schwester und ich – das Haus erben würde und wer den Grzimek. Die Frage wurde nie abschließend geklärt. Zwischenzeitlich lebte meine Schwester im ererbten Haus mit dem Grzimek. Nach ihrem Tod habe ich nun den Grzimek (das Haus wurde verkauft).  Wenn wir zu Hause eine Frage über Tiere haben heißt es immer: da musste im Grzimek nachgucken. Der bleibt.
Wolfgang Michel

 


 

Leserbriefe zu „Über den Ruf der Leere und andere Dinge, die wir nicht verstehen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Der Ruf der Wildnis ist wohl realistischer als Harald Martensteins Abschluss-Satz seines Textes „Bestimmt gab es Menschen, die diesem Drang erlegen sind, einfach so, und ihre Liebsten ratlos zurückließen. Oder ruft da wirklich jemand, aus einer anderen Welt, wo sie schon auf uns warten? „- zu seiner tiefschürfenden-offenkundigen-selbstbezogenen Kolumne: „Über den Ruf der Leere und andere Dinge, die wir nicht verstehen…“ Immerhin Gedankengänge: hinter denen wir uns nicht verstecken sollten – zwar nicht der „Stein der Weisen“ (bezüglich des Rufes aus einer anderen Welt – wo sie schon auf uns warten…), aber doch ein bedenklicher Martenstein wie in Stein gemeißelt! Man kann es „Drang“ nennen, so wie Harald Martenstein seine „Versuchungen zum vielleicht so definierbaren „Suizid“-Gedanken (nicht aber als bewusstes Verlangen) beschreibt: „Ich war auf der Autobahn unterwegs, bei beginnender Dämmerung. Richtung Uckermark. Meine Geschwindigkeit lag zwischen 120 und 130 Kilometern in der Stunde. Die A 11 war leer, weit und breit kein anderes Fahrzeug. Mit einem Mal überkam mich der Drang, das Steuer herumzureißen und den Wagen in die Leitplanke zu lenken.“ Der RvM-Leserbriefschreiber hat da eine andere (ähnliche?) Begebenheit zu schildern: „Ein Bekannter lud mich ein: in seinem neuen Porsche zu einer Fahrt von Stuttgart nach Speyer, mitzufahren – unterwegs auf der Autobahn mit 200 Stundenkilometern Berauschung (?) sagte er plötzlich zu mir: „Ich möchte jetzt eigentlich den Porsche in meinen Tod lenken, sofort das Steuer rumreißen!“ Ich hörte wohl mal, dass er Tabletten nehmen musste gegen seine Depressionen – wußte aber nicht, dass er ohne dieses Medikament permanent Suizid-gefährdet sei… Ich sprach in dieser wahnsinnigen Situation beruhigend auf ihn ein, verdeutlichte ihm, dass er sich doch auf seine beginnenden Flugstunden in Speyer freuen solle, er dort als Flugschüler doch ganz neue Erfahrungen machen würde… Dann erzählte er mir während der langsameren Weiterfahrt (in meine innere Angst hinein): „… dass er immer wieder an seine Selbsttötung denken müsse, ihm dieses Leben nur Leere gäbe, kein Sinn darin zu finden sei, alles doch nur ein Abwarten auf den unausweichlichen Tod wäre…“ In Speyer angekommen – wir hatten die Rückfahrt nach Stuttgart zuvor abgesprochen -, fand ich einen Vorwand, dass ich nach Worms weiterfahren müsse, um dort einen spontanen Termin wahrzunehmen! Das wurde hingenommen und ich war heilfroh, aus dieser womöglich tödlichen Nummer und dem Porsche aussteigen zu können… Nie wieder solch eine Kombination von Autoraserei und verdeutlichendem Suizidwunsch-Gedanken!
Andererseits sind dem RvM-(Leserbriefschreiber) selbige Gedanken zur Todessehnsucht (nicht als Suizid-Wirklichkeit zu besichtigen!?!) oft durch seinen eigenartigen Kopfinhalt, gewahnsinnt! Auf Brücken, in den Bergen, an Abgründen kam urplötzlich wieder dieses Gefühl auf, sich herabstürzen zu wollen – fast wie ein Zwang zum Drang und zur Vollendung der unüberschaubaren eigenen Existenz an sinnlosem Zeitverlust… Und es ist doch auch so: dass diese ganzen Einforderungen und Anforderungen (die man sich auch selbst zwanghaft auferlegt) vielleicht sogar lebenslang – einen dazu bringen können, sich „einzugestehen“: Schluss jetzt zu machen mit dem ganzen Lebenstheater und dass dann der „geeignete Ort“, der „passende“ Moment diese Reaktion auslösen kann und man von der Brücke oder vom Berg herab in die Endgültigkeit springt… Der RvM hat sich gegen diese Gedankensprünge letztlich dadurch gewehrt, dass er zu einem Kurzurlaub in Kroatien durch Zufall einen Bungee-Jumping-Platz entdeckte, einen 68 Meter hohen Kran, der aufs Meer hinausgeschwenkt wurde, an dem man für 50 Euro Sprunggeld dann an einem Gummiseil hinunterspringen konnte… Nach langem Zögern tat ich dies, kletterte mit dem aufpassenden Begleiter den Kran hinauf, entlang der Kranausschwenkung, mit den Füßen am Seil verbunden – und natürlich voller Angst dort an der Kranverlängerung in die Tiefe schauend… Der „Kranführer“ sagte mir noch: „Weit abspringen, damit sich das Seil nicht um den Hals und Körper schlingen kann!“ Unten stand die Menge und schaute herauf zu mir – ich konnte nun nicht mehr zurück: und spraaang! Hierbei die Aaangst ohne Ende bzw. dann kurz vor dem Meerwasser ein Hinaufschleudern von etwa zwanzig Metern durch die Gummiseil-Elastizität und wieder hinunter in „die Tiefe“… In mir wie benommen (aus einer anderen Welt) – dann das Einschwenken des Kranes Richtung Land, der RvM kopfüber mit hinübergeschwenkt und mit einer unglaublichen Erleichterung am Boden aufgekommen: wie betäubt dort bestimmt eine Viertelstunde weltabwesend hinliegend und gleichzeitig aber auch wie von einem anderen Stern kommend… Welch ein gleichzeitiges Glücksgefühl, welch ein Zurückkommen in dieses eine einzige (persönlich wertvolle) Leben: in diesen Zustand der absoluten Vorhandenheit an Gegenwart und verbleibender „Zukunft“!
Und gleichzeitig wurde mir bewusst, dass ich diesen suizidären Sprung-Gedanken aus der „Vergangenheit“ loslassen konnte – das einzige eigene Leben ist zu einmalig, als dass ich mich daraus wegkatapultieren wollte, egal welche folgenden Lebensbedingungen sich irgendwie, irgendwo ergeben könnten…? Doch damals war noch nicht mit dem Altgewordensein „zu rechnen“ – heute mit 75 Jahren schaut das wiederum ganz anders aus, und die Gedanken sind wieder anwesend, den letzten Sprung doch aus diesem alten Leben zu wagen, dies aber eher als letzten Ausweg bei der Gefahr der vielleicht herannahenden Hilflosigkeit im vielerlei inneren und äußeren Gesamten besehen… Harald Martenstein gibt einem zu dieser Kolumne mit zu bedenken, welche Hirnakrobatiken auf einen zukommen könnten – da es ja kein Gegengehirn des Ausgleiches gibt, wir nie wissen können, welche Hirnverrücktheiten (oder undefinierbaren Hirnunbewusstheiten?) auf einen zukommen werden, gegen die wir uns nicht zu wehren wissen! Und genauso verhält es sich eben auch mit dem oder den Suizidgedanken! Wie beschrieben – mein (Porsche-)Bekannter muss lebenslang seine Medikamente nehmen, damit er nicht tatsächlich gegen sich selbst diese beständigen Suizid-Gedanken Wirklichkeit werden lässt. Harald Martenstein googelte zu Hause dieses Phänomen – und er schreibt hierzu: „Es scheint gar nicht so selten zu sein. Es wird „call of the void“ genannt. Ruf der Leere, eine andere Bezeichnung heißt „high place phenomenon“. Der gleiche Drang taucht nämlich auch manchmal auf, wenn man an einem Abgrund oder auf einer Brücke steht, nach unten blickt und die Versuchung spürt, hinunterzuspringen. Es gibt Studien dazu. Der Ruf der Leere läuft demnach vermutlich darauf hinaus, dass unser Gehirn in gewissen Momenten falsch verdrahtet ist und eine Angstaufwallung in diesen Drang verwandelt; wieso auch immer…“
Der RvM-Leserbriefschreiber ist sich ziemlich sicher, dass wir unser Gehirn selbst nicht kontrollieren können, immer nur in den Verläufen unserer Eigenarten und den Lebensbedingungen hierzu eine Frequenz der Ungenauigkeiten vorhanden ist: Und wir können uns selbst nicht sicher sein – dieses Gehirn im Kopf ist eine eigenartige Selbstständigkeit des Unkontrollierbaren, weiß zudem im Voraus uns zu bedeuten: dass wir sterblich sind, wahrscheinlich einen verbrauchten altersbedingten tragischen Tod auffinden werden… Hiergegen hilft eben immer wieder nur die Verdrängung, aus welchem Winkel des Hirns auch immer dieser vermeintliche Selbstschutz kommen könnte – uns letztlich aber vor dem „zu frühen“ (verständlichen) Suizid schützt… Sokrates empfand sich mit seinen 70 Jahren als zu alt, um sich auf die Flucht vor dem Schierlingsbecher-Tod retten zu wollen – Freunde hätten ihn (zu dem gerichtlichen Urteil) aus dieser Gefangenschaft retten können… Er aber sagte: Nein! – auch als das „heilige Schiff“ von Delos kommend, ihm dann den Todestag signalisierte. Wir sollten ebenfalls über den Tod und die Leere philosophieren, mehr bewusster in den Tag und die Nächte hineinleben, eher im „Memento mori“ erkennen dürfen: dass alles letztlich doch sinnlos ist, der ganze seltsame Aufwand sich selbst darzustellen und von anderen als „dargestellt“ sich empfinden zu müssen… Es wird immer nur zeitlich „den Rest des Lebens“ für uns geben, sogenannte Restzeit an Existenz im so unterschiedlichen Dasein der eigenen Anwesenheit zur Abwesenheit!
Eine 60jährige Frau schminkt sich am frühen Morgen, zieht ihr schönstes Kleid an, nimmt ihre besondere Handtasche – geht zum nahegelegenen Bahnhof, stellt sich zu den anderen Wartenden am Bahngleis: und springt vor den einfahrenden Zug. Der RvM hatte späterhin mit dem Ehemann gesprochen – der danach apathisch in seine Zeit hineinlebte -, ihn gefragt: warum dieser Suizid geschehen konnte? Und er antwortete mir: „Wir lebten über 35 Jahre miteinander – und dennoch kannten wir beide uns nicht! Was habe ich falschgemacht in der Zweisamkeit und Unzweisamkeit? Es bleibt immer der Anteil von gegenseitiger Fremdheit, um auch das Leben des anderen Menschen tiefgründiger verstehen zu können! Ich bin todtraurig!“ Und so könnte in dieser Lostrennung vom Leben selber noch vom RvM aufgeschrieben werden: Mein Vater soff sich zu Tode, kotzte zuletzt seine kaputte Leber aus – auch dies s/ein Suizid! Ein naher Verwandter spritzte sich Benzin in die Venen – er 23 Jahre jung. Meine Mutter – im März 1945 noch ein 14jähriges Mädchen, erlebte als BDM-Helferin zwischen den deutschen Flüchtenden: unzählige Frauen, die ihre toten Kleinstkinder am Straßenrand ablegen mussten, Verzweiflungen und Suizide zudem in diesen Massen der Flucht-Vertriebenen… Sie selbst war mit ihrer Mutter (meiner späteren Großmutter) und ihrem Vater (meinem späteren Großvater) auf der Flucht vor der Roten Armee, wurden dann von den Sowjets eingefangen, in Lager verschleppt – neben meiner (späteren Mutter) tötete sich eine deutsche Familie durch das Adern-aufschneiden: zwei Jugendliche und deren Eltern. Wie kann solch ein junges Mädchen all diese traumatischen Bedingungen in ihrer Seele (auch in ihrem weiteren Leben) so überlebt haben – heute existiert meine Mutter 92 Jahre in diesem tragischen Menschendasein. Überall und immerfort zudem: lauter Abschiede – nirgendwo ein Halt oder ein Anhalten ohne das Verdrängen in dieser Gewissheit des eigenen Todes und das der nahen Mitmenschen… Wir können Harald Martenstein für dessen Kolumne dankbar sein und durch seine Offenheit: unsere eigene Verinnerlichung mit hineinbedeuten – und wahrscheinlich eher durch mitbedachte philosophische Hineindeutungen, versuchen wollen: diesem ganzen Wahnsinn an unfassbarer Anwesenheit-Abwesenheit – eine fassungslose Besichtigung abzuverlangen.
Und dennoch kann auch der Stoizismus eines Philosophen Epikur gegenüber dem Tod uns nicht trösten noch deutliche Vertröstung bedeuten: „Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr.“ Somit haben wir uns die Götter einst erfunden, zudem den Monotheismus und hierzu die erweiterte Unglaubwürdigkeit zu all dem Religionstheater – damit wir zu allen Paradiesversprechungen uns aus dem Leben über den Tod hinaus, vertrösten sollen: dass da die Unsterblichkeit (nicht nur der Seele) über das Ende hinaus auch noch eine Auferstehung des Körpers zum jüngsten Tage hin sich ermöglicht. Wer´s glaubt wird selig. Der RvM-Leserbriefschreiber als Atheist mit 75 Jahren hält sich da auch an die Erklärung meiner nichtgläubigen Großmutter – die all den Wahnsinn des Krieges auf der Flucht von Schlesien, miterleiden musste, und ihrem RvM-Enkel dies auf den Lebensweg mitgab: „Ich glaube daran, dass ein Pfund Knochen eine gute Brühe abgeben!“ Immerhin hat diese Lebenseinstellung der Großmutter ihn dennoch zum Vegetarier werden lassen – und damit unseren tierischen Mitgeschöpfen eine minimale Überlebensmöglichkeit hinzugegeben… Hinterfragend zudem im Zustand der Unweisheit: „All the pigs are equal, but some pigs are more equal!“
Entre nous: Der RvM hat oft und zu gerne „die Sau rausgelassen“ – sich eigenwillig egozentrisch benommen, aber möglichst nicht egoistisch, und das mag ja ein Widerspruch sein… „Wir Menschen sind zwar zu 98,4 Prozent in den Genen mit den Schweinen identisch: doch hierzu im Gegenbild die furchtbarsten Bestien auf diesem Planeten! Aber lass mal den Schweinen einige Tage kein Futter geben – die fressen einen Menschen mit Haut und Haaren auf, wenn man ihn da tot in den Schweinepferch reinlegt. Nur nebenbei – dies ist eine alte Mafiamethode: eine Leiche so auf diese schweinische Art loszuwerden! Apropos:  zusätzlich noch in südlichen Gefilden zu meinem Alptraum: Oben am Rande des Vesuvs, unter mir ein Meer von Lava. Aber warum springe ich nicht aus meinem Erdenurlaub auf Zeit, dort hinein… Es ersparte mir doch zudem die Beerdigungskosten hinzu zu der Vorstellung: dann schlimmer noch als ein Spanferkel von den Gasflammen abgefackelt zu werden, und mein (dieser) Rest ab in die Urne… Vielleicht aber in den Vesuv gesprungen – wird zu einer späteren Eruption dann näher gen Himmel „aufgestiegen“. Verdammt nochmal – alles Leben ist und war doch nur ein zeitlicher Traum: aus dem (wie zu dieser Vesuv-Metapher) doch auch (nur) gesprungen werden muss! Was aber bleibt, ist die Leere – die wir nicht verstehen: weil sie uns im „wahren“ Leben nicht gelehrt wird oder aber wir unbelehrbar sind: weil diese Leere sooo unerträglich leer ist…
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

Willkommen im Club! Obwohl dieses von Ihnen beschriebene, übersensible Verlangen nicht nur empfindsame oder überempfindlich labile Gemüter betrifft, es sich somit wahrscheinlich um Restbestände unserer archaischen fünf plus fünfzig (transzendenten) Sinne in ehemals anarchischer Selbstbestimmungsverfügung handelt, kommt es relativ selten zur Tat – erst recht nicht eines Schreckens mit Ende. Das Paradoxe dieses magisch-, selten manisch-verlockenden Triebes besteht ja gerade darin, dass es uns meist in überaus zufriedenen, mitunter überglücklichen Momenten (siehe auch Liebespaar-Suizide) erwischt -als wenn Kontroll-Rezeptoren Urlaub machten und uns in Sphären verstörend- bis entrückende Absonderlichkeiten vergessener, kindlich-adoleszenter Umbrüche katapultierten. Ob wir, beziehungsweise unser Unterbewusstes wohl über unseren Unfehlbarkeitswunsch (immerhin kreierten schon die Frühmenschen ihre alternativen Götter und fiel es den Leviten in weiser Fehlbarkeitsakzeptanz ein, der Allmacht Jahwes den Teufel zuzugesellen), mit Impuls-Kicks die lange Nase des „alles ist möglich“ zeigen? Immerhin ein Erklärungsversuch. Solchen Impulsen Einhalt zu gebieten, erfordert den ganzen Kerl – viel umfassender, als bei erotischen Anwandlungen der Taube auf dem Dach zu widerstehen. Mangels Einfühlungsvermögen und somit Verständnis, auch der Vermeidung, „schlafende Hunde zu wecken“, sollten wir besser schweigen – wegen unnötigem Ängste schüren und auch wegen der Gefahr des Beschädigens gewachsener Vertrauenspositionen und der Lust und Last an Verantwortungsgefühl unseren Liebsten, besonders der Gefährtin gegenüber. Mobilisiert doch jeder für sich bei allerlei irritierenden Begebnissen intuitiv und durch Erfahrung klug Bewältigungs- und Vermeidungsstrategien zuhauf – wie dem Sog der Tiefe, der Leitplanke… mit gebührendem Abstand zu begegnen, bis auch diese Prüfungen als Wahrnehmungsgeschenke zu sortiert oder abgeheftet werden.
Andreas Weng

Mann, Martenstein! Und warum schafft man es nicht, das Lenkrad nach links?
Siegfried Knauer

 


 

Leserbriefe zu „Raufbold der Justiz“ von Götz Hamann in ZEIT Verbrechen

Götz Hamann muss Joachim Steinhöfel Respekt zollen, weil dessen Erfolge vor Gericht kaum eine Wahl lassen. Schillernd ist hier allenfalls, dass der „Raufbold“ ein Opferanwalt ist. Er verteidigt die Freiheit, die viel zu oft angeklagt wird. Und hier fremdelt der Autor. Denn für das etablierte, links-liberale Deutschtum ist Freiheit ein Hort gefährlicher Umtriebe. Wie kann man Henryk M. Bruder nur mit spitzen Fingern als „Intellektuellen“ vorstellen?  Mit seinem Humor, seiner Weisheit und seiner Schreibkunst ist er so viel mehr. Ich sage das, weil sich hier ein wichtiger Unterschied auftut. Humor, Witz, Individualität, den Mächten und Institutionen ohne Angst und dafür mit Lust entgegentreten, dass ist so jüdisches, anglophiles, ostdeutsches Rebellentum der besten Sorte. Die Freiheit ist das Beste und Wichtigste im Leben und   jedes Risiko wert. Die „Eltern“ des Grundgesetzt wussten das nach ’45 sehr gut. Also-mach Dich locker Götz Hamann und genieße Steinhöfel, Broder und die Freiheit, solange wir sie haben.
Fred Klemm

Dafür zu sorgen, dass Heinrich Heine und Joseph Görres zitiert werden dürfen, dass Gemälde nicht gelöscht werden, weil darauf ein blanker Busen oder Po oder Penis zu sehen ist, und dass für Puritaner*innen offenbar prinzipiell anstößige Texte und Bilder z. B. zu schwulen Themen unzensiert bei den sogenannten sozialen Medien veröffentlicht werden dürfen, ist sicherlich verdienstvoll. Hate Speech und Fake News sollten dort meines Erachtens allerdings verboten und leicht anzuzeigen sein und durchaus bestraft werden – und wenn die sogenannten sozialen Medien solche Beiträge nicht innerhalb einer angemessenen Frist löschen oder sie über ihre Algorithmen sogar weiterverbreiten, sollten meiner Meinung nach auch die Betreiber*innen der sogenannten sozialen Medien dafür bestraft und kräftig zur Kasse gebeten werden. Der raue Umgangston von rabiaten Typen wie Elon Musk oder eben Herrn Steinhöfel, der sensiblere Gemüter von Beiträgen abschrecken dürfte, wird vielleicht dazu führen, dass sich auf X und ähnlichen Plattformen bald nur noch Personen tummeln, die dort herumpöbeln und sich abreagieren wollen.
Ulrich Willmes

Die Verrohung im verbalen Umgang in den (nicht mehr ganz so „sozialen“) Medien ist sicher auch ein Grund für immer mehr Spaltung und extreme Ansichten in der Gesellschaft. Auch Herr Steinhöfel wird im Beitrag nicht gerade als Entpolarisierer vorgestellt. Schon lange aber denke ich, dass die Abwägung zwischen Freiheit in der Meinungsäußerung und der Freiheit/Unversehrtheit von Demokratie und Betroffenen nicht durch Zensur lösbar ist, denn die spaltet auch und ist fehleranfällig. Meiner Meinung nach liegt der Konstruktionsfehler woanders: Die freie Meinungsäußerung bleibt zwar ein hohes Gut im historischen Vergleich. Aber diese beinhaltet NICHT das Recht auf Anonymität! Jahrzehntelang war es völlig normal, dass die frei geäußerte Meinung immer einem Urheber zugeordnet werden konnte – der sich dessen auch bewusst war. Es gab in der Kommunikation immer einen Menschen als Sender, der für die Empfänger ansprechbar war. Das galt sogar für die Bildzeitung, die die Hassrede schon vor Jahrzehnten kultiviert hat. Warum nehmen wir es heute als selbstverständlich hin, dass jeder seine legale oder illegale Meinung anonym im Netz äußern kann? Was würde sich ändern, wenn an jeder Äußerung ein vollständiger Name und ein Ort vermerkt wäre? Ich bin überzeugt davon, dass hier eine Lösung für ein friedlicheres verbales Klima liegt. Warum nicht die Anonymität in sozialen Medien abschaffen? (Achtung: Das wäre keine Verletzung der Privatsphäre, denn niemand ist gezwungen, sich zu äußern!) Eine ganz andere, große Aufgabe entstünde dabei allerdings: Die Anonymität von politischen (sachlichen!) Äußerungen weiterhin zu ermöglichen, um in weniger demokratischem Umfeld vor staatlicher Willkür zu schützen.
Jörn Leiber

 


 

Leserbriefe zu „Ganz viel Luft“ von Tin Fischer und Hannah Knuth

Kann DIE ZEIT einem stolzen Opa einen Gefallen tun und diese Zeilen veröffentlichen, damit ich in einigen Jahren einen Beleg für meine Enkel habe? Also gut. Wenn man mit Klimarettung keine Wahlen mehr gewinnt, sondern verliert und wenn man mit Klimarettung genug Billionen verdient hat und die Luft raus ist aus diesem Geschäftsmodel, dann ist es aus und vorbei mit der ganzen Chose. Dann müssen sich die Politiker etwas Neues ausdenken, um das Geld der Steuerzahler zu verschwenden. Und die Medien haben viel mehr Zeit und Platz für den Kulturteil. Und vielleicht wird „Klimarettung“ zum Unwort des Jahres.   Und wenn sie diese Zeilen veröffentlichen, können sie mich ja dafür so richtig mit Häme und Kritik überziehen. Das macht sich gut. Das steigert meinen Triumph. Abgemacht?!
Fred Klemm

Vielen Dank für diesen erhellenden oder eher entlarvenden Artikel, aus dem noch deutlicher wird, was schon lange mindestens zu ahnen war:  Die fossilen Lobbys haben ihre Obstruktion der ökologischen Transformation und des Klimaschutzes noch lange nicht aufgegeben und sind weiter am Werk, nur nicht mehr direkt als Klimaleugner oder Klimazweifler, wie in den 80er bis 90er Jahren, sondern nun viel scheinheiliger und heuchlerischer  als angeblich nur um „Effizienz“ oder „Flexibilität“ bei Energiewenden und Klimaschutz besorgt.  Erschreckend ist, dass ein Beauftragter des demokratischen Präsidenten Biden dieses Spiel nicht nur mit spielt, sondern sogar aktiv antreibt.   Das ist symptomatisch für vieles in Politik, Wirtschaft und Medien mit den vielen Bremser-Argumenten und Ablenkungen oder Vernebelungen der immer noch nur ein kleines bisschen verringerten THG-Werte in den meisten Bereichen.  Man ist dann stolz auf „mehr Klimaschutz“, egal wie weit dieses „Mehr“ immer noch entfernt ist von ausreichend und rechtzeitig, um die völlige Überschreitung der 1,5 Grad noch zu vermeiden und kurz danach auch der ersten großen Kippunkte zu den dann irreversiblen Kettenreaktionen, der selbst verstärkenden Prozesse.  Einiges erinnert auch an FDP und konservative Kreise, die angeblich auch das Klima schützen wollen, nur lieber „mit Innovation, Effizienz und Technologie-offenheit“, immer da und so, dass es am wenigsten kostet.  Wäre ja schön, wenn das denn funktionieren würde, was aber offensichtlich nur ein Wunschtraum ist, der von den Scheinargumenten und Manipulationen der Vernebler aber leider sehr effizient genährt wird.  Nur da sind sie wirklich „effizient“, im Erzeugen von Ausreden, Täuschungen, Illusionen, man könne sich billig und bequem die weitere Steigerung des Treibhausklimas und der Meerespegel, der Hitzewellen, Naturbrände und Überflutungen vom Hals halten. Mit dieser Effizienz betreiben sie weitere Image-Werbung und Erlaubnis zu ihren  ungeschmälerten Profiten und ködern die Konsumenten und Wähler mit weiter leichten Bequemlichkeiten und Konsum-Mengen.
Gleichzeitig manipulieren sie die Öffentlichkeit zu einer ganz falschen und eigeengten Schein-Alternative:  Es gehe um die Frage, ob Reduzierung der eigenen THG  oder — genauso wertvoll und wichtig — der Einsparung gleicher Mengen THG  woanders in der Welt, wo es billiger ist oder sei.  Im Artikel wird schön deutlich, dass nicht einmal das wirklich erreicht wird, sondern nur eine Vortäuschung von nennenswerten THG-Reduktionen anderswo.  Selbst wenn man aber die gleiche Menge, die man selbst noch emittiert, woanders einsparen sollte, wäre das nicht genug:  Ein dringend und bald gebrauchter Stopp der Emissionen für die Einhaltung der 1,5 Grad oder wenigstens mit Glück 1-3 Zehntel darüber der Grenze unterhalb der Kippunkte zu bleiben:  Dieser Stopp erfordert ein „Sowohl als Auch“, nicht nur ein Entweder-Oder.  Und dieses Sowohl-als-Auch wird es nur geben, wenn die reichen, wohlhabenden und/oder industrialisierten Staaten den armen helfen, diese Ziele zu erreichen, ohne dies als Ausrede oder „Rechtfertigung“ für weitere eigene Emissionen zu missbrauchen.    Mit nur einem „Mehr“ an Klimaschutz, erst recht, wenn dies nur aus Promille oder Prozenten in diesem Jahrzehnt besteht,  wird der Schnellzug in Richtung Klimahölle,  auch nur ein kleines bisschen abgebremst,  das Ende des Bremsweges liegt aber immer noch  hinter der Kante zum Abgrund.
Die Einfluss-  und Manpulations-Methoden  gegenüber der Wissenschaft mit dem Versuch, diese für eigene Interessen zu korrumpieren,  ist verdächtig ähnlich denen der Leugnung und Zweifel ende des letzten Jahrtausends. Dass ausgerechnet der Amazon-Gründer mit seinen massiven fast durchweg fossil betriebenen Transporten und Ikea mit Fast-Furniture auf Kosten von Wäldern zu den Finanziers einer Art Regelungs-TÜV für die Strategien zur Klimaneutralität gehören, lässt schon Böses ahnen.   Das neue Wort der „Flexibilität“ ist dabei nur ein scheinheiliger oder heuchlerischer Euphemismus für Inkonsequenz, oder betrügerischer Vortäuschung von wissenschaftlich begründetem Klimaschutz. Aus ähnlichen Motiven wird das Wort Flexibilität oder „Reform“ auch in der Politik nicht selten verwendet. Damit haben die Experten mit ihrer Empfehlung am Schluss des Artikels absolut Recht:  Unternehmen sollten solche (in anderen als den eigenen Ländern verwirklichte) Klimaschutzprojekte unterstützen, allerdings nicht (anstatt eigener THG-Vermeidung bis Null oder als meist falsche Behauptung) um damit klimaneutral zu werden.
Peter Selmke

 


 

Leserbriefe zu „So gut ist Deutschland“ von Christof Siemes

Adieu. Nach den Spielen ist vor den Spielen. Da wird uns immer wieder der Medaillenspiegel vorgehalten. Sicher ist das ein Maßstab. Aber ich halte es für vermessen, jetzt zu sagen, wir hinken allem und den davor stehenden Nationen meilenweit hinterher. Wir sind immerhin noch Top 10 in der Welt unter 206 Nationen. Wir müssen und können nicht immer ganz vorne stehen. Es geht doch auch um die olympische Idee, den olympischen Geist. Nicht nur die Medaillengewinner sind Vorbilder, nein, auch die Sportler, die Vierter, Fünfter oder Zehnter geworden sind. Wichtig bei derartigen Spielen sind doch auch die Momente und Geschichten dahinter. Sie waren auch eine Wohltat für alle Menschen an den Bildschirmen und vor Ort, von den ich mich selbst überzeugt habe. Nämlich Freude, Miteinander, Empathie in einer Welt, in der sonst viel Missgunst und auch Krieg herrscht. Wenn man erwartet, dass man dauerhaft ganz vorne stehen soll, hat man es verpasst, Strukturen und Bedingungen generell zu verändern. Es ist jedes Mal das gleiche Gerede, dass man da heranwill.
Jürgen Henke

„Medaillen bleiben Mangelware“ schreibt Christof Siemes, und er ist nicht der Einzige, der in den Medien beklagt, dass deutsche Sportler nur wenige Medaillen von den Olympischen Spielen in Paris nach Hause bringen. Das kann man aber auch anders sehen. In Deutschland lebt etwa ein Prozent der Weltbevölkerung. Da kann man es als durchschnittlichen Erfolg bezeichnen, wenn Deutschland ein Prozent der Medaillen erringt. In Paris wurden in 329 Wettbewerben Medaillen vergeben. Ein Prozent der Goldmedaillen, das sind drei oder vier Stück. Diesen Sollwert hat Deutschland bei weitem übererfüllt. Bei vielen anderen Ländern sieht es anders aus, zum Beispiel bei China. In China leben ungefähr siebzehn Prozent der Weltbevölkerung. Hätten chinesische Sportler den entsprechenden Anteil der Goldmedaillen gewonnen, also 56 oder 57 Exemplare, so wäre das eine durchschnittliche Leistung. Bekanntlich liegt die Medaillenausbeute der chinesischen Athleten deutlich darunter.
Gerhard Taake

 


 

Leserbriefe zu „Der Fluchtwagen“ von Alice Bota

Toller Artikel. Wäre aber wünschenswert, wenn man über so ein Auto schreibt, das auch richtig zu tun. Shiguli hießen die Wagen ab Beginn der Produktion bis etwa Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts. Dann wurde der Markenname LADA begründet, Damit begann auch der weltweite Export dieser Fahrzeuge. Einen LADA Shiguli gab es nicht. Die Typenbezeichnungen waren immer Zahlen, wie 2101, 2103, 2106, 21061 usw. Erst der 2121 ab 1976 hatte einen „Namen“, der hieß „Niva“. Die Stadt, in der die Wagen gebaut wurden, wurde nach dem italienischen Kommunisten Palmiro Togliatti benannt. Daher wäre diese Schreibweise die Bessere. Wenn die Motorhaube „komisch“ aussieht, da ganz vorn, dann ist das da nicht, wo sie sich öffnet, das ist nämlich „hinten“, also vor der Frontscheibe wird die Haube angehoben und öffnet sich nach vorn!!! Im (ost) deutschem Sprachgebrauch wurde der Shiguli immer so, als mit „Sh“ ohne „c“ geschrieben, abgeleitet von dem weichen „ch“ im Russischem, dem siebtem Buchstaben im kyrillischen Alphabet. Im Übrigen fahre ich auch noch so einen Shiguli, meiner ist jedoch deutlich älter, nämlich von 1970. Damit war ich schon am Nordkap und auch in Italien nahe Rimini. Es macht mir einfach Spaß, so einen einfachen Wagen zu fahren. Als Kind und Jugendlicher erlebte ich diese Wagen als das Beste, was man bekommen konnte. So unterschiedlich sind die Sichten der Dinge.
Swen Beyer

Der beispielhafte rote Lada Niva ist wohl eher die Ausnahme, denn die Regel. Hier in München sehe ich vorwiegend teure Fluchtfahrzeuge: Mercedes GLA AMG, Mercedes GLE, Ford Mustang Cabrio, Audi Q7 und Q8, BMW X7 und BMW 4er Cabrio, VW Sharan, Chevrolet Camaro, Pontiac etc. Alles neuwertige Fahrzeuge. Und was soll ich sagen, das scheinen nicht gerade die Armen zu sein, die das Land verlassen haben. Denn die halten, wie ich jeden Tag im TV sehen kann, die Stellung. Und die mit den Luxusautos lassen es sich hier auf Steuerzahlers Kosten gut gehen. Die könnten doch erst mal ihre Luxusautos verkaufen, so als Kostenbeitrag.
Joseph Zenz

 


 

Leserbriefe zu „Kommt der Crash oder war’s das schon?“ von div. Autoren

In dem Artikel wird berichtet, dass die amerikanische Wirtschaft schwächelt. Am 16-08.2024 trat das Gesetz Inflation Reduction Act in Kraft. Es hat eine Summe von ca 737 Milliarden US und soll die Wirtschaft in den USA ankurbeln. Dieses Gesetz wird nicht nur mit Schulden finanziert, sondern auch mit höheren Steuern und Abgaben für Medikamente.  Die Medien haben diesen Schritt von Biden damals bejubelt. Frage an alle: Warum schwächelt die Wirtschaft heute schon, nur 2 Jahre nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist? Wir sollten darüber nachdenken, wenn auch bei uns die Stimmen nach höheren Schulden laut und lauter werden, um die Konjunktur anzuschieben.
Manfred Mengewein

Alle Börsen dieser Welt befinden sich immer wieder im Aufwind und Abstieg. Die „Hype“ über das ChatGTP als neues Geschäftsmodell der Zukunft, mit ewiger Gewinnmaximierung, ist ein echtes wirtschaftliches Unternehmens- Risiko, hohe Investitionen und ungewisse Renditen. Jeder Börsentag ist voller unvorsehbarer Ereignisse, die in Welt immer wieder passieren – ein Krieg ist ein solcher Fall. KI kann eben nicht alles verhindern.
Thomas Bartsch Hauschild

 


 

Leserbriefe zu „Stimmt’s: Windräder verändern Wetter und Klima“ von Christoph Drösser

Ob Windräder Wetter und Klima verändern mag sein. Strom ins Netz und weniger kohle wird verpulvert. Das schont Wetter und Klima. Aber die Nachteile. Windräder verschandeln die Landschaft und frikassieren die Vogelwelt. Das muss dann jeder für sich entscheiden, was er haben will. Wie immer im Leben alles geht nicht.
Hans-Emil Schuster 

Für mich sind Windräder nur gruselige und überflüssige Betonmasten, die meist nur stoisch, still und ruhig in der Landschaft herumstehen und diese auf das Grausamste verschandeln; von Eingriffen beim Bau des Windrades, erst gar nicht zu reden. Für jedes einzelne Windrad muss meist intakte Natur geopfert werden, das heißt für mich, dass reihenweise intakte Bäume gefällt werden müssen. So gesehen verändert jedes einzelne Windrad Wetter und Klima, aber das ist halt nur meine kleine Meinung zum Thema: Windrad!
Klaus P. Jaworek

 


 

Leserbriefe zu „Sinn und Verstand: Warum so nervös?“ von Elisabeth von Thadden

Nervosität trifft es nicht. Entscheidend ist eine Verunsicherung, es gibt keine einfachen Antworten auf sehr komplexe Fragen und Probleme.
Eckart Schermuly

Sie, Frau von Thadden, als eine der herausragenden Persönlichkeiten des ZEIT-Korpus kennen sicherlich das „Warum einfach, wenn´s auch kompliziert geht“-Werk „Sorge dich nicht, lebe!“ von Dale Carnegie. Ob für Körper, Geist oder Seele: Belastungsgrenzen-Steigerung ist uns Bedürfnis, nicht immer lebensnotwendig. Wird das zum Lebenszweck, springen wir von einem Limit zum nächsten, brauchen wir uns über Grenzerfahrungen nicht zu wundern. Alles, auch die Liebe, die wir geben, lebt von Wechselströmungen, ohne diese selbst Dauer- Eustress zu Disstress wird. Vielleicht brauchen wir Menschen für eine Weniger ist mehr-Gelassenheits-Erkenntnis tatsächlich Altersweisheit. Denn Schüsse vor den Bug allein mindern kaum Begehrlichkeiten, solange Vagus des Parasympathikus leidenschaftliches Leiden schaffen nicht dominiert. Bedingt doch jede Achtungs-Art das Beachten freiheitlicher Grenzen. Dieses Sinnieren ist weit mehr als Füllen eines Sommerlochs…
Andreas Weng

 


 

Leserbriefe zu „Zerbricht die Ampel am Etatstreit?“ von Mark Schieritz

Die Ampel sollte eigentlich den Haushalt schmeißen, aber keiner weiß so richtig wohin! „Der Irrsinn ist bei Einzelnen etwas Seltenes, aber bei Gruppen, Parteien, Völkern, Zeiten die Regel“ (Zitat von Friedrich Nietzsche, 1844-1900, deutscher Philosoph, Essayist, Lyriker und Schriftsteller)
Klaus P. Jaworek

Es lohnt sich immer, Mark Schieritz zu lesen.
Sven Herfurth

 


 

Leserbrief zu „Was wahre Größe ist“ von Elisabeth von Thadden

Wie groß ist schön? Ein Meter zweiundvierzig zu Beginn. Und auf dem Höhepunkt nur noch die Hälfte. Eine „Jahrhunderterscheinung“ ist sie, und ihre Sprünge, „Figuren für die Ewigkeit“, werden nach ihr benannt, weil keine andere Frau dieser Welt sie zu springen vermochte (am Boden, auf dem Balken). Über Menschen hoch und so, als pausierten die Naturgesetze, um Kunstgesetzen neuen Spielraum zu schaffen zwischen Himmel und Erde. Dies noch „Bodenturnen“ zu nennen, ist albern, und der sperrige Balken, über den sie schwebt und fliegt, ist nur mehr Teil des Rahmens für das Bildschöne, das nicht bleiben kann. Will man der Presse glauben, hat man für „die Größte aller Zeiten“, für die Kunst der Simone Biles, „noch kein Wort gefunden“. Als bei den Olympischen Spielen in Paris (2024) die Medaille aus Gold von den Preisrichtern nun einer anderen, der nachwachsenden Rebeca Andrade zugesprochen wurde, da überraschte die zu Silber Entthronte noch einmal mit einer Figur, mit der vielleicht großartigsten ihrer Karriere: Sie beugte das Knie vor der jüngeren Konkurrentin und strahlte dabei schöner als alles Gold der Welt. (Keuchenius)
Milena Dick

 


 

Leserbrief zu „Wie man Kühe kühlt“ von Dirk Asendorpf

herzlichen Glückwunsch: Sie haben – ohne es vermutlich zu bemerken – ein technisches Wunder entdeckt: ein Thermometer, das klettert. Seit Jahren suche ich nach einem, bei dem nicht nur die Temperatur klettert, sondern das gesamte Messgerät auch immer wieder selbstständig Schattenplätze aufsucht, um korrekte, übliche Daten zu messen. Wo, bitte, kann man es bestellen?
Claudia Brebach

 


 

Leserbrief zu „Torten der Wahrheit: “ von Katja Berlin

Was ist „rechtskonservativ“? Die Kachel „rechtskonservative Weltsicht“ löst bei mir eine merkwürdige Aggression aus. Als Pädagoge sage ich: Kinder brauchen mehr Führung. Als Mensch, der lange im Ausland gelebt hat, sage ich: Ausländer müssen sich integrieren. Als selbst längere Zeit Arbeitssuchender sage ich: Arbeit muss deutlich besser bezahlt sein als Nicht-Arbeit. Wiederum als Pädagoge sage ich: Junge Menschen müssen erkennen, dass sie nicht die Prinzen und Prinzessinnen sind, zu denen ihre Eltern sie gemacht haben. Als Liberaler sage ich: Freiheit funktioniert nur mit Verantwortung. Das Leben hat bei mir aus einem links-liberalen einen konservativ-liberalen gemacht. Ihre Darstellung ist nicht Florett, sondern eher Säbel aus dem Waffenschrank gut-meinender Menschen. Nicht hilfreich.
Bernhard Busch

 


 

Leserbrief zu „Eine Spritze gegen alles“ von Sina Metz

Ich bin Diabetikerin und wäre froh, wenn über Ozempic nicht so viel berichtet würde. Der Hype nervt.  Die Lieferzeiten für dieses Medikament werden immer länger. Eine kontinuierliche Therapie ist nicht mehr möglich. Seit Ende April warte ich auf Ozempic 0,5mg, muss entweder aussetzen oder auf 1mg ausweichen, was ich nicht so gut vertrage.
Angela Schultheiß

 


 

Leserbrief zu „Frisch erforscht: Bin ich glücklich? Nur nicht darüber nachdenken!“ von Harro Albrecht

Hier mein Beitrag, wie es gelingen könnte – hängt bei mir am Kühlschrank!
„Kurz mal nicht nachgedacht – zack – GLÜCKLICH!
Sophie Hennis

 


 

Leserbrief zu „Wie der Mensch zur Ruhe kommt“ von Volker Weidermann

Mit Begeisterung habe ich den Artikel von Volker Weidermann über die Inspirationen der Literatur und die Lehren der Schildkröte gelesen. Und ich bin nun beruhigt, da es also noch andere Schildkröten außer unserer zu geben scheint, die in heller Panik hin und her flitzen. Und ja: immer wieder tritt diese magische Beruhigungskraft ein!
Anke v. Sichart- Lenz

 


 

Leserbrief zu „Optimales Optimieren“ von Andrea Petkovic

„Die Wochenend-powerwanderer haben den braven asketischen Gedanken bereits aufs äußerste optimiert“. Wie haben sie das bloß gemacht? Ich habe auch nicht verstanden, was ich mir von den großen Champions abgucken soll. Egal was es ist, ich will das nicht. Am besten: Schwamm drüber!
Sven Herfurth

 


 

Leserbrief zu „Ihre Chance“ von Fritz Zimmermann

«Selten war der türkische Präsident Erdogan stärker in Bedrängnis als jetzt.» Die Bürgermeisterin von Üsküdar, einer Stadt, in der «mehr als eine halbe Million Menschen» leben «gehört zu jenen, die ihm gefährlich werden.» Kein Wunder, die Inflation liegt «noch immer bei über 60 Prozent.» und der Leitzins wurde auf 50 Prozent erhöht. Und selbst Olivenöl ist in Istanbul teurer als in London. Aber woher kommt die wirtschaftliche Misere? Und warum ist sie eher typisch für Länder wie Iran, Syrien, Irak, Ägypten, Marokko, Tunesien? Eine ähnliche Misere ist auch der Grund für die hohe Migration aus Afrika. Dabei sind die ökonomischen Voraussetzungen für die Türkei eigentlich recht gut: Ein beliebtes Tourismusziel, das viel zu bieten hat. Prima Bedingungen für Landwirtschaft und Energiegewinnung (Sonne, Flüsse). Die Geburtenrate ist tief und liegt (laut Wikipedia) bei 1.76 Geburten/Frau (2020). Wobei diese tiefe Rate eventuell auch eine Folge der schlechten Wirtschaftslage ist. Die Belastung durch 3 Millionen Flüchtlinge aus Syrien wird durch die EU kompensiert. Was sind dann die Gründe für die schlechte Wirtschaftslage. Es sieht so aus, als dienten die hohen Militärausgaben vor allem dem nationalen Prestige, eventuell als Ersatz für die fehlenden wirtschaftlichen Erfolge. Ansonsten wäre zu überlegen, ob die schlechte Wirtschaftslage nicht tiefere Gründe hat, die nicht allein an der dortigen Politik liegen. Ein solcher Grund könnte das Fehlen an Möglichkeiten sein, in ausreichendem Maß als Produzent am Welthandel beteiligt zu sein.
Der tiefere Grund ist, dass der technische Fortschritt eine Entwicklung fördert, die im Extremfall mit «The Winner takes it All» charakterisiert werden kann. Die Möglichkeit große Mengen an Gütern abzusetzen, fördert die Automatisierung und damit Konzentration auf wenige Standorte. Länder, die da nicht mithalten können und keine Bodenschätze besitzen, um einen wirtschaftlichen Ausgleich zu schaffen, bekommen dadurch Probleme. Wenn ein ähnliches Problem innerhalb eines Staates entsteht, dann ist die Lösung der Leistungstransfer von einer reichen Provinz in eine arme. Ähnliches geschieht auch weltweit, etwa durch Überweisungen von Migranten in die Herkunftsländer oder durch Entwicklungshilfe. Der Nachteil kann sein, dass dadurch die demographische Eigenverantwortung als unnötig angesehen wird. Hier kann es also Zielkonflikte geben, die gemeinsam gelöst werden müssen. Dazu muss Vertrauen aufgebaut werden, auch mit dem Hinblick auf ein gemeinsames übergeordnetes Ziel, nämlich den gesteuerten Ausstieg der Menschheit aus dem exponentiellen Wachstum von Kopfzahl und Konsum zu schaffen.
Gernot Gwehenberger

 


 

Leserbrief zu „Das ist für die Betroffenen eine Katastrophe“. Gespräch mit Angelica Lindén Hirschberg geführt von Martin Spiewak

Zeit: Frauen sind diese Personen schon? Hirschberg: Wenn sie sich als Frauen definieren und als Frauen leben: natürlich. Gerade um Gefühle, dachte ich, geht es nicht, sondern um wissenschaftliche Fakten. Und da hatte ich mir von einer Frauenärztin, einer Expertin also, mehr Fakteninformation erwartet. Was wäre denn mit einer DNA-Analyse? Diese Möglichkeit wird überhaupt nicht thematisiert, warum nicht? Als medizinischer Laie scheint mir dies die naheliegendste Methode zur eindeutigen Bestimmung ob Mann oder Frau zu sein. Oder bin ich durch zu viel Tatortkonsum fehlinformiert?
M. Weber-Blonsky

 


 

Leserbriefe zu „Geschichte mit dem Spaten“ von Marcus Jauer

Mit großem Interesse habe ich Ihren Beitrag „Revolution mit dem Spaten“ über das Ehepaar Ackermann gelesen. Ich wohne seit über 70 Jahren in der Gegend um Wolfsburg, aber diese Geschichte war mir nicht bekannt. In meinem Archiv habe ich allerdings noch eine topographische Karte des Jahres 1974 gefunden und tatsächlich habe ich den Hof Ackermann am Weißen Berg östlich der Gemeinde Tiddische gefunden.
Hans-Joachim Fuhlbrügge

 


 

Leserbrief zu „PROMINENT IGNORIERT. Duftig“ von Judith Liere

Aber was jetzt dort abgedruckt wurde, ist einfach nur erbärmlich. Das hat mit Humor oder Ironie oder auch Sarkasmus absolut nichts mehr gemein. Hat der Autor oder die Autorin denn noch nie erlebt, wie eine übermäßig stark parfümierte Person nebenan einem den Appetit total verderben kann. Oder auch das Vergnügen in der Oper nehmen kann. Denn selbst Chanel Nr 5 ist unerträglich, wenn darin gebadet wurde. Ich kann den Koch nur beglückwünschen, wenn er solche Gäste ablehnt. Wir hatten ein Geschäft für französische Weine. Zu Weinproben haben wir in der Einladung um dezente Parfümierung gebeten.
Herbert Fischer

 


 

Leserbriefe zu „Was ich gern früher gewusst hätte“ von Jutta Allmendinger im ZEIT Magazin

Sehr geehrte Herren, Damen können es, wenn man Frau Allmendinger folgt, ja nicht sein, es heißt ImpostEr und nicht ImostOr Syndrom.
Heinrich Wenz

 


 

Leserbriefe zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

Guten Morgen! Ich bin begeisterte ZEITmagazin-Leserin. Aber heute möchte ich meinen Unmut über die Rubrik Prüfers Töchter mitteilen. Es ist über die zu lange Zeit ermüdend, langweilig und schade um die schöne Position der Seite! Ich bin mit meinem Frust nicht alleine! Erwartungsvolle Grüße auf Veränderung,
Margret Wetzel

 


 

Leserbrief zu „Wir sind die Generation, die noch Angst vor der Polizei hatte“ Gespräch mit Esra und Enez Özmen, geführt von Christina Pausackl in der Regionalausgabe ZEIT Österreich

Schade, dass die Zeit beim Ottakring Bashing mitmacht. Ich liebe den Yppenplatz und fühle mich total sicher. Wie Esra und Enes sagen, wird ein nicht vorhandenes Problem politisch und medial hochgespielt, um die Politik der ÖVP zu stärken. In Ottakring wird täglich ein Miteinander gelebt. Wien ist eine der sichersten Städte der Welt, Angst müssen Frauen zu Hause haben, nicht auf der Straße. Das Femizid Thema wird immer noch runtergespielt und ich versuche seit 6 Jahren ein Anti Gewalt und Femizid Projekt zu verwirklichen und habe nach der letzten Absage von kör aufgegeben. Solange sich nichts im Parlament ändert, wird sich auch die Gefahr zu Hause nicht verringern. Mangel an psychologischer Unterstützung von Flüchtlingen, die Gewalt zu Hause und auf ihrer Flucht erlebten, Mangel an Integration und Gewaltprävention bei Kindern, Mangel an Interesse an einer diversen funktionierenden Gesellschaft prägen seit 24 Jahren dieses Land.
Denise Parizek

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