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22. August 2024 – Ausgabe Nr. 36

 

Leserbriefe zu „Fördern statt kuscheln“ (Erziehung in Kitas) von Martin Spiewak

Als ehemaliger Kitaleiter (in Berlin, Lübeck) danke ich Ihnen sehr für Ihren Artikel. Meine Bitte richtet sich an alle Landes- und Bundespolitiker und Verantwortliche: Habt mehr Ehrgeiz in der frühkindlichen Bildung!! Die sprachliche Förderung war ein Hauptanliegen in meiner Kitazeit, oft habe ich den „Situationsansatz“ in Leitungsrunden kritisiert. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Stellen der besser qualifizierten und höher bezahlten „Vorschulerzieher*innen“ Ende der neunziger Jahre „abgeschafft“ wurden. Jener Ansatz wurde auch deswegen populär, weil die Gruppengrößen extrem wuchsen, und man sich einen theoretischen Überbau wünschte. Tatsache ist auch, dass aufgrund der Personalsituation in Kitas immer mehr Sozialassistenten*innen eingestellt werden, die nicht die Qualifikation von Erzieher*innen mitbringen. In der „offenen Arbeit“ mit einer Gruppengröße bis zu 25 Kindern aus verschiedenen Nationen und Schichten, scheitert oft die beste Sprachförderung… der zwei/vielleicht drei Erzieher*Innen. Nebenbei: Die erste Prägung erhalten Kinder immer noch durch Mutter und/oder Vater! Bekanntlich ist Musik, besonders das Singen eine sehr gute Sprachförderung… Auch diese Kompetenz wird offensichtlich in der Ausbildung nicht mehr erworben. Sehr wünsche ich mir, dass das „begleitende Wort“ viel mehr gebildet und gefördert wird! Wer liest den Kindern noch etwas (aus Büchern) vor? „Unseren Kindern geht’s nicht gut“… Und: Die Vorbilder werden weniger.
Klaus Busch

Den in Betreff genannten Artikel vermag ich mangels Abonnements nicht zu lesen. Abonnement kommt wegen u.a. zu vieler falscher „demnachs“, teils Schwurbelsätzen und falscher Zeitenfolge (Plusquamperfekt statt Präteritum) nicht in Betracht. Ich frage mich, was den Autor aufgrund seiner Vita qualifiziert, mit einer derartigen Überschrift die Arbeit von ErzieherInnen zu diskreditieren. Anders als etwa in Frankreich ressortieren die Kita-und Vorschul-Angelegenheiten in Deutschland im Bund und vielen Bundesländern (lt. GG primär Ländersache) in den Familienministerien und nicht in den Schulministerien, dort liegt der Hund begraben. Dies ist jedoch nicht den in der Kita Beschäftigten anzulasten, wie der Titel Ihres Artikels es suggeriert. Die GEW setzt sich seit Jahren für eine verstärkte Ausbildung von Erzieherinnen mit Blick auf vorschulische Bildung für die Kinder ein, die Politik reagiert jedoch kaum.
Ingeborg Rennebaum

Eine andere Erzählart zu diesem Thema könnte so gehen: Seit dem 1. Pisaschock vor mehr als 20 Jahren wurden mannigfaltige Reformaktivitäten in Kitas durchgeführt. Verbindlich dazu gehören seither u.a. z.B. Pädagogische Konzeptionen und Bildungsempfehlungen; bei den meisten freien Trägern obligatorische, umfängliche Qualitätsmangementsysteme mit regelmäßigen Audits, differenzierte Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren, intensive Entwicklungsgespräche mit Eltern, Portfolios und die Beachtung neuerer, lernmethodischer Erkenntnisse sowie vielerorts Fall- und Teamsupervisionen. Ziel war und ist die bedarfsbezogene und individuelle Orientierung des pädagogischen Handelns an den tatsächlichen Entwicklungsständen und -Unterstützungserfordernissen der jeweiligen Kinder und ihrer Familien. Hinzu kommt eine hohe Fortbildungsbereitschaft, z.B. in Bezug auf die Aufnahme von Kindern im Alter unter 3 Jahren. Dies alles umzusetzen ist ein sehr anspruchsvolles Unterfangen, zumal wenn mancherorts mehr als 20 unterschiedliche Herkunftsländer vertreten sind, die Kinder häufig nur im letzten Kitajahr angemeldet werden und zudem kaum über deutsche Sprachkenntnisse verfügen. Enttäuschenderweise wurden die hierfür notwendigen Vor- und Nachbereitungszeiten kaum ausgeweitet und werden die diesbezüglichen, fachlichen Empfehlungen weit unterschritten. Dass dabei viele ErzieherInnen in die Knie gehen, wundert mich nicht.
Hans-Joachim Rohnke

„Im Zentrum des Kita-Alltags stehen (steht!) danach das freie, selbstbestimmte Spiel, in das Erzieherinnen möglichst wenig eingreifen.“ Wenn das stimmt, kann man kaum glauben, dass das Kita-Personal dauernd überlastet ist und überdurchschnittlich viele Krankheitstage ansammelt! Aber im Ernst: In einer Gesellschaft mit hoher Einwanderung nicht Deutsch sprachiger Familien und dem Ziel einer Bildungsgesellschaft für alle, in der Bildung nicht das Privileg einer Elite ist, muss im Vorschulalter die Sprachförderung stehen, denn ohne Beherrschung der Unterrichtssprache sind Misserfolge schon in der Grundschule sicher. Daher wäre es zwingend erforderlich, einen Kita-Pflichtbesuch der Grundschule vorzuschalten. Hauptziel der Kita muss dann die Sprachförderung sein. Für den Übergang zur Grundschule muss die Schulreife nicht nur vom Arzt, sondern auch von Pädagogen hinsichtlich der Sprachkompetenz entschieden werden. Ein Jahr mehr gezielte Sprachförderung in der Kita wird sich schnell auszahlen und unnötige Misserfolge zum Schulbeginn verhindern. Gerade Misserfolge in der Grundschule haben oft sehr negative Folgen auf die Motivation und die gesamte Schullaufbahn. Misserfolge aufgrund mangelhafter Sprachkompetenz müssten unbedingt vermieden werden!
Diese Forderungen sind keine Ablehnung der nichtdeutschen Familiensprache. Es ist besser, wenn die Eltern mit ihren Kindern die eigene Muttersprache sprechen, als wenn sie mit ihren Kindern fehlerhaftes bzw. falsches Deutsch sprechen. Gerade Sprachfehler, die von den Eltern übernommen wurden, halten sich sehr lange und hartnäckig. Da ist es besser, sauber zweisprachig aufzuwachsen: Familiensprache zu Hause und Deutsch außerhalb der Familie. Ich weiß, wovon ich rede: In meiner Familie wurde bzw. wird bis heute nur Plattdeutsch gesprochen und mit allen anderen, die des Niederdeutschen nicht mächtig sind, Hochdeutsch. Das hat uns vor Fehlern bewahrt, die ganz typisch sind für Familien, in denen die Eltern untereinander Platt sprechen, aber mit ihren Kindern Hochdeutsch. Das gleiche Problem habe ich übrigens bei Spätaussiedlern aus Russland in der Schule beobachtet, gerade dann, wenn die Eltern und Verwandten, deren Muttersprache Russisch ist, meinen, sie müssten zur Förderung ihrer Kinder mit ihnen Deutsch sprechen, diese Sprache aber nicht wirklich beherrschen und Fehler an ihre Kinder „vererben“.
Artur Behr

Vielen Dank für diesen so erhellenden, interessanten wie wichtigen Artikel, dem ich ganz große Verbreitung und Beachtung wünsche! Schließlich ist — auch — der Spracherwerb sozusagen die Mutter aller Integrationsmaßnahmen, von denen natürlich auch etliche andere wichtig sind wie Wohnungsunterbringung, Therapie von mitgebrachten Traumen, Bildung, Kontakte und (Ergänzungs-)Ausbildungen oder Prüfung u. Anerkennung von schon vorhandenen Ausbildungen. Das alles scheitert oft auch am Mangel an Geld und verfügbarer Arbeitskraft und -Menge. Hier aber scheint die Hauptursache für die fehlende Anregung, Ermutigung und Angebote in der Kita eher ein uraltes ideologisches und einseitiges Tunnelblick-Denken zu sein. Die Abgrenzung in der 70er Jahren vom früheren über-autoritären Lehr- und Erziehungsstil war schon verständlich. Man scheint aber diesen einen Fehler vermieden zu haben, indem man in einen umgekehrten Fehler verfallen ist, eine Art des Laisez-Faire oder auch des berüchtigten Prinzips, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Ihre ganzen Argumente für mehr sprachliche und auch mathematische Anregung dem Alter der Kitakinder entsprechend sind so umfangreich und fast zwingend, dass ich kaum noch etwas hinzuzufügen hätte. Das große Problem scheint, wie man den ohnehin wohl überknappen und überlasteten Kita-Erzieher*innen die besonders mit der Migration wichtigen neuen Notwendigkeiten nahebringt, denn zwingen kann auch ein Parlaments- und Bundesrats-Beschluss sie wohl schwerlich. Es ist aber wohl davon auszugehen, dass sie alle das Ziel einer guten Bildung und/oder damit Zukunft ihrer Schützlinge teilen würden. Hier scheinen Gespräche und Informationsveranstaltungen mit den Vertretern des Berufes, z.B. Gewerkschaften, dazu auch Eltern dringend empfehlenswert, wozu die meisten ohnehin auch überlasteten Politiker aber kaum Kapazitäten haben werden. Den Anfang könnte machen, wenn alle betroffenen und tätigen Ihren Artikel zugesandt bekommen, ggf. mit erklärendem Anschreiben, und danach vielleicht einen neuen „Runden Tisch“ zwecks Findung eines neuen Konzepts. Es wäre allerdings wohl schon eine Herausforderung, vielen allein für das Lesen oder Zuhören Ihrer Anregungen und Argumente zu motivieren.
Peter Selmke

Mich macht dieser Artikel sprachlos. Aber nur ganz kurz. Es geht um Sprache, und da kennen wir ErzieherInnen uns wirklich aus. Lieder, Fingerspiele, Kreisspiele, ungezählte Fragen, die wir täglich stellen, um die Sprachfreude zu wecken, Bilderbücher…. Alltagsintegrierte Sprachförderung, die sich bis ins Privatleben zieht, weil wir deutlich artikulieren, aufmerksam zuhören, Rückfragen (offene) stellen. Wir haben offene Ohren, Zeit (und davon oft zu wenig aus bekannten Gründen). Und dennoch stecken wir alle unsere Energie in unsere Arbeit. Wer in einer guten Kindertagesstätte Kind sein darf, der muss die Möglichkeit haben sich anzulehnen, getröstet zu werden. Manche dieser Kinder verbringen ihre Kindheit ab dem 1. oder 2. Lebensjahr bis zu 45 Wochenstunden in ihrer Kita. Wie wundervoll, „kuscheln“ zu dürfen. Und wenn diese Kinder dann ein paar Jahre bei uns sind, gruppenfähig, lernfreudig, neugierig auf die Welt, dann ist das Lernen von Buchstaben in der ersten Klasse etwas Tolles. Übrigens ist es wunderbar, dass die Erzieherinnen die Kinder anschauen, wenn sie mit ihnen sprechen. Handyfreie Zeit, Bibliotheken und gemeinsame Abendessen sind wunderbare Möglichkeiten für Familien Sprache zu leben. Man muss es nur wollen.
Michael Thissen

Kitas verstehen sich in Deutschland noch primär als Sozialisationseinrichtungen, weniger als Bildungsinstitutionen. Und damit bedienen sie die Erwartungen der gebildeten Mittelschicht, die ihre Kinder ohnehin auf die Grundschule vorzubereiten weiß. Dieses Bildungsprivileg erhält sie sich und sichert so den Vorsprung ihrer Kinder vor denjenigen, die einer intensiven Sprachförderung bedürfen. Das muss nicht bewusst geschehen, aber es ist das Ergebnis. Nötig wären klare politische Vorgaben, die Ziele der Sprachförderung in der frühkindlichen Bildung festschreiben und vorgeben. Wenn die Kita sich einer Vorschule annähern soll, müssten die beiden letzten Kita-Jahre verpflichtend für alle sein. So kann die Benachteiligung zahlreicher Kinder teilweise kompensiert werden und Misserfolgen in der Schule vorgebeugt werden. Wenn sich die Personalsituation in den Grundschulen einmal entspannt haben wird, kann die Vorschule in die Grundschulen integriert werden. Dabei darf die école maternelle nach französischem Vorbild durchaus als Orientierung dienen. Möglich ist dies alles – es fehlt nur der politische Wille.
Peter Betz

bereits das Wort „oder“ in Ihrer Überschrift weckte meinen Widerspruchsgeist! Ergänzend zu den m.E. berechtigten Hinweisen in Ihrem Artikel, die Vertretung des Ziels, bessere Deutschkenntnisse für Kinder zu erreichen, die eine anderen Familiensprache als Deutsch sprechen, sowie das Schaffen von Standards in der frühkindlichen Bildung, erlaube ich mir folgenden Hinweis: Zu diesen Standards in der Haltung von Fachkräften gehören unbedingt auch Empathie, Körperkontakt (Kuscheln) und Elternarbeit, die z.B. zum „begleitenden Wort“ und zum „dialogischen Vorlesen“ anleitet. Da es z.B. in NRW bereits seit langem Familienzentren gibt, die entsprechende Arbeit leisten, würde ich mich über einen Bericht freuen, der die positiven Ergebnisse der Bildungsarbeit in Kindertagesstätten in den Vordergrund stellt. Es würde das Herz vieler Eltern und Erzieher:innen wärmen.
Maria Nitsche

Endlich haben wir die Schuldigen gefunden, die für die Bildungsmisere verantwortlich sind. Es sind die Kita Erzieherinnen und -erzieher. Sie sprechen zu wenig und fördern nicht. Ich möchte gerne mal die Perspektive der Kinder einnehmen, die durch die Flucht Ihrer Eltern hier in die Kitas kommen. Sie verstehen die Sprache nicht und sind erstmal voller Misstrauen, was und wer da auf sie zukommt. Sie sind unsicher, es gibt eine andere Kultur des Miteinander und die Erzieherinnen und Erzieher haben alle Hände voll damit zu tun, dieses Vertrauen aufzubauen, damit die Kinder sowohl die Sprache lernen aber auch sich trauen, sich zu äußern. Das dauert und klappt nicht in wenigen Tagen. Wie soll eine Erzieherin/ ein Erzieher den Kontakt zu dem Kind aufbauen, wenn sie/er mehrere verschieden sprachige Kinder in der Gruppe hat? Jedes Kind ist bedürftig natürlich auch die deutschen Kinder, die auch nicht immer der Sprache sehr mächtig sind. Leider werden die Flüchtlingsunterkünfte in Bezirken geplant und gebaut, die schon genug mit der sozialen Integration ihrer eigenen Bewohner zu tun hat. Hier soll nun auch das „Sprachbad“ stattfinden, das Zweitsprachler bei Erlernen der fremden Sprache helfen soll. Dann geht die Klage weiter, dass es der Jungend heute schlecht geht, dass sie nicht leistungsfähig ist und darum schlechte Bildungsabschlüsse zustande kommen. Ich versetze mich in diese Generation, die gerade zwei Kriege miterlebt, die aufgrund von sozialen Medien wesentlich näher an Verbrechen teilnimmt und diesen Jugendlichen wird immer wieder vorgehalten, dass sie zu wenig Leistungen bringen würden. Immer wieder wird gemessen, aber wo liegen die Ursachen? Sollten wir nicht endlich mal einen positiven Blick auf die Kreativität, auf Hilfsbereitschaft, auf Bewusstsein für den Klimawandel wenden? Ich erlebe täglich Jugendliche beim Einkaufen in den öffentlichen Verkehrsmitteln, auf der Straße. Ich erlebe sie als freundliche, zugewandte Menschen, die selbstverständlich den Platz räumen, wenn ich sie höflich frage. Sind denn nicht eher wir Älteren das Vorbild für diese Jugend und sollten wir ihnen nicht das Selbstbewusstsein vermitteln, dass sie etwas in ihrem Leben erreichen können als sie ständig auf ihre Defizite zu verweisen. Genau das geschieht leider in diesem Artikel, die Defizite werden wieder aufgezählt. Sollte nicht eine Zeitung wie die Zeit einmal die Leuchttürme der Jugend aufzeigen? Ich wünsche es mir sehr, dass wir alle einen freundlichen und unterstützenden Blick auf unsere Kinder und Jugendlichen haben. Das sage ich vor dem Hintergrund, dass ich über 40 Jahre als Lehrerin gearbeitet habe und bis heute dazu stehen, dass der Lehrerberuf einer der schönsten Berufe ist.
Gabi Carossa

In Herrn Spiewak Wunschkindergarten wird also nicht gekuschelt. Na, ob ich da als Kita-Kind hin möchte? Wohl eher nicht.  Gegenwärtig lässt sich in Deutschland die politische Tendenz beobachten, die Misere des Bildungssystems dadurch beseitigen zu wollen, dass Kinder im Kindergarten gezielt auf schulisches Lernen vorbereitet werden. Herr Spiewak teilt offenbar diese Ansicht. Kita und Schule haben jedoch jeweils eigenständige Bildungsaufträge. Für die Kitas ist das im KJHG, SGB VIII geregelt, einfach mal nachlesen. Und nein, die Kita ist nicht verpflichtet auf die Schule vorzubereiten. Auch in den Kita-Gesetzen der Bundesländer findet sich hierzu keine Aussage. Lediglich von einer Kooperation zwischen Schule und Kita ist hier die Rede, wie diese konkret aussehen soll wird nicht erwähnt. Das heißt, es gibt offiziell weder den Auftrag noch ein Konzept, Kinder in der Kita mit fragwürdigen Methoden und Angeboten auf die Schule „vorzubereiten“. Leider verrät uns Herr Spiewak nicht, wie er sich eine solche Vorschularbeit vorstellt. Sollen etwa dreijährige still und leise in Reih und Glied sitzen und das ABC pauken? Bei Fehlern gibt es dann keine Kekse? Eine Horrorvorstellung! Eine Gefahr für die frühkindliche Bildung sehe ich aus einer ganz anderen Ecke kommen: insgesamt 125.000 Erzieherinnen fehlen laut einer Umfrage des Paritätischen Gesamtverbandes vom Juni 2024 in Deutschland. Herr Spiewak hingegen meint, es gäbe mehr Erzieherinnen als jemals zuvor. Wer hat recht?
Wolfgang Huth

Als Professor im Ruhestand, der an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg Elementarpädagogik und sonderpädagogische Frühförderung gelehrt hat, kann ich Ihren Beitrag „Fördern statt Kuscheln!“ nur nachdrücklich begrüßen und unterstützen. Sie machen deutlich, wie dringlich eine gezielte Förderung von sprachlichen und anderen Vorläuferfertigkeiten für den späteren Schulbesuch ist, insbesondere bei Kindern mit anderer Familiensprache oder Entwicklungsrückständen. Sie lassen sich bereits im Kindergarten zuverlässig erkennen und gezielt kompensieren. Forschungsergebnisse und Lehrbücher zur frühkindlichen Bildung, die diese Themen behandeln, sind gut zugänglich, positive Einzelbeispiele zur Umsetzung erwähnen Sie selbst in Ihrem Artikel. Es ist nicht länger zu verantworten, dass das frühpädagogische Wissen von vielen in der Praxis weiter ignoriert wird und es keinerlei Qualitätskontrolle und verbindliche Standards für die pädagogische Arbeit in Krippen und Kindergärten gibt. Ich hoffe sehr, dass Ihr Beitrag für die Bildungs- und Sozialpolitiker in den Ländern einen Impuls setzt, um dies endlich zu ändern.
Klaus Sarimski

Wieder ein neues Gesetz, wieder neue (Sprach-)Tests, wieder keine Akademisierung der Ausbildung, wieder keine wirkliche Ursachenforschung … The same procedure as every decade. Dieser Bericht liefert eine Zusammenfassung des Versagens, des Desasters, der Ignoranz der letzten Jahrzehnte gegenüber einer ehrlich gemeinten Aufwertung der Politik für Kinder. Man möchte jeden Absatz einzeln kommentieren, aber die Wut steigt mit jeder Zeile über die politische Scheinheiligkeit gegenüber dem viel zitierten, höchsten Gut in unserem Staate. Einzig erfreulich, der Politik ist in den letzten Jahren aufgefallen, dass Kinder nicht mit sechs Jahren (Schulbeginn) zur Welt kommen, dass Schulfähigkeit nicht vom Himmel fällt, allein der Bau von Kitas und die Formulierung von Kita-Rechtsanspruch nicht gleichzeitig gute Bildung bedeutet. Viele Steuergelder in den Sand gesetzt, weil die Bereitschaft und die Transparenz fehlen, die wirklichen Ursachen der Misserfolge zu hinterfragen. Wann hören wir endlich auf, die Kinder auf die unterschiedlichen Kitas anzupassen, anstatt die Kitas auf die vielfältigen Kinder einzustellen? Nicht nur verpflichtende Standards sind dafür notwendig, sondern endlich das Niveau der Ausbildung anzuheben. Es braucht keine pädagogischen Wunderwerke, sondern ein ernsthaft gewolltes, selbstverständliches Ernstnehmen jedes einzelnen Kindes. Allein dadurch ließe sich schon die dialogische Kommunikation verbessern.
Renate Holzner

Als Sozialpädagogin habe ich in den 70er und 80er Jahren in Bremer Kinder-Tagesstätten gearbeitet. Wir hatten, damals für die Republik vorbildlich, nur 20 Kinder in einer Gruppe. Als Sozialpädagogin betreute ich sogenannte „Vorschul-Gruppen“. Wie das Wort ahnen lässt, ging es in meiner Arbeit sehr gezielt um die Vorbereitung der Kinder auf die Schule und den Schulalltag. Die Schulen indes waren zu dieser Zeit an uns – an den Kindern und unserer Arbeit – leider gar nicht interessiert! Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Konzepte, die wir bezüglich der Vorbereitung der Kinder auf die Schule mit Akribie verfolgt haben, heute nicht mehr umgesetzt werden. Ich bitte doch sehr darum, diese pauschale Abwertung eines gesamten Berufsstandes – „In deutschen Kitas werden Kinder zu wenig auf die Schule vorbereitet“ – noch einmal gründlich zu überprüfen.
Gudrun Berg

 


 

Leserbriefe zu „Eine Impfung ist nicht nur ein Pieks“. Gespräch mit Frauke Rostalski geführt von Sibylle Anderl und Heinrich Wefing

Absolut richtig, die Impfung war nicht ’nur ein Piecks‘ , sondern hat uns letztendlich auch aus der Pandemie herausgeführt. Das war eine echte Erlösung! Sieht das keiner? Eine Aufarbeitung, was damals schieflief, ist durchaus richtig und wichtig, nur laufen wir mit Diskussionen in Richtung Stigmatisierungen und dergleichen Gefahr den Schwurblern unter uns eine Plattform für Aluhut-Fans zu bieten, von der aus der Weg in die Chemtrail-Verschwörungstheorie nicht mehr weit ist. Für Kinder im Vorschulalter besteht seit langem und richtigerweise eine Impfpflicht, Haustiere dürfen ohne Impfbuch keine Landesgrenze überqueren. Wo bleibt da die Empörung, die ‚Aufarbeitung‘? Und – wo bleibt die eigentliche Aufarbeitung des echten politischen Versagens von damals, als man hierzulande ohnmächtig zusehen musste, wie grob fahrlässig, ja schier dilettantisch der erlösende Impfstoff breitflächig besorgt und letztendlich höchst umständlich und typisch deutsch verteilt wurde? Im internationalen Vergleich hat uns das vermutlich gute zwei Monate gekostet, aus der Pandemie rauszukommen. Anekdotisch kann auf Vorfälle verwiesen werden, als Zufahrtswege zu Impfzentren gesperrt wurden, um Kröten (!) bei jährlichen Frühjahrswanderung nicht zu gefährden. Besonders schlimm: Die damals Verantwortlichen sind öffentlich geehrt und ausgezeichnet oder sogar im Amt bestätigt worden. Sehr zu unterstützen ist hingegen der Vorschlag von Frau Professor Rostalski den Kindern und Heranwachsende eine authentische Entschuldigung zu erweisen. Kinder als Gesundheitsrisiko einzustufen war eine weitere der vielen politischen Entgleisungen der damaligen Regierung. Es bleibt zu hoffen, dass wir aus der Pandemie gelernt haben. Dazu gehört auch eine politische Aufarbeitung, bei der Samthandschuhe fehl am Platz sind.
Johannes Warbeck

Das eine Impfung nicht nur ein Pieks ist, darin muss ich Frauke Rostalski voll zustimmen. Viele Menschen haben seit der Impfung, durch diesen mehr oder weniger aufgenötigten Pieks, lebenslang ein gesundheitliches Problem! Vieles klingt für mich in diesem Gespräch plausibel, vieles aber leider nicht. Jens Spahn, der damalige Gesundheitsminister und Karl Lauterbach, der jetzige Gesundheitsminister, beide wollen keinerlei Verantwortung für ihr Tun übernehmen. Für diese beiden Herren scheint damit die Sache mit dieser brenzligen Corona-Pandemie, erledigt zu sein. Am besten sollten sämtliche Aktendeckel zugeklappt werden und der Mantel des Schweigens darüber gestülpt werden. Man könnte die Sache ebenso totschweigen oder unter dem Deckel, der Decke oder gleich unter Verschluss halten; man könnte alles auch unter den Teppich kehren oder ganz einfach Gras über die Sache wachsen lassen.
Riggi Schwarz

Ich habe Frau Rostalskis Buch nicht gelesen, wohl aber ihre Interviewstatements. Nun weiß ich nicht, was sie an Neuem überhaupt sagen wollte. Kritik aus dem Nachhinein ist billig und unangemessen. Jeder, der sich aktiv oder passiv mit der Pandemie befasste, musste doch in Unkenntnis des Geschehens alle Informationsquellen nutzen, um sich im Nachhinein nicht des Desinteresses bezichtigen, oder gar der Unterlassung beschuldigen zu lassen, auch wenn die eine oder andere Maßnahme aus ruhiger Sicht und Distanz als unzureichend oder unangemessen erachtet wird. Das gilt für alle Länder, die von der Pandemie heimgesucht wurden und zum Teil noch sind. Der Volksmund meint: Nachher sind alle schlauer! Bleibt zu hoffen, dass nunmehr die richtigen Entscheidungen getroffen werden, um zu erwartende Pandemien so gut wie möglich in den Griff zu bekommen. Frau Rostalskis Beitrag aus juristischer Sicht wäre dabei sicher willkommen.
Harald Seidel

Prof. Rostalski leitet ihr Interview damit ein, dass es ihr nicht darum gehe, „…nachzutreten oder einzelnen Akteuren ein Fehlverhalten nachzuweisen“. Hehre Absicht! Und was tut sie dann? Durchgängig nur nachtreten. U.a. wirft sie BM Spahn vor, wider besseres Wissen gehandelt und Unwahrheiten verkündet und dem Chef des RKI durch Schweigen falsche Entscheidungen gestützt zu haben. Eine bekennende Impfablehnerin als Mitglied der Ethikkommission erscheint schon schlimm genug. Aber Rostalskis polemische Unsachlichkeit in diesem „ZEIT“-Interview ist nicht nur schwer erträglich – das disqualifiziert sie für so eine Aufgabe. Zudem: unangebrachte Werbung für ihr neues Buch für einschlägige Kreise?
Rolf W. Einsele

Mit mehrjährigem Abstand zum Geschehen wagt sich nun auch die ZEIT an eine „Aufarbeitung der Corona Pandemie“. Wollen Sie sich das wirklich antun? Einen Trippelschritt in diese Richtung zumindest stellt das Interview mit Frauke Rostalski dar. Aufzuarbeiten gäbe es Unmengen, auch jenseits der von Frau Rostalski aufgeführten Punkte: Milliardenschwere Verschwendung von Steuergeldern, die legale Selbstbereicherung vom Mitgliedern des politischen Filzes durch Maskendeals, offensichtliche Fehlentscheidungen und Verschwendung von Steuergeldern, der Hass, den die jeweiligen Lager über Mitglieder des gegnerischen Lagers ausgekippt haben, die Frage generell, wie es zu einer derartigen Lagerbildung „Spaltung der Gesellschaft“ und so viel Hass kommen konnte … man könnte die Wunschliste seitenweise fortführen, was es aufzuarbeiten gäbe. Die zitierten RKI-Protokolle sind ein Startpunkt von vielen. Ich bezweifle, dass eine vertiefte Auseinandersetzung mit den genannten Punkten stattfinden wird. Dazu ist die Ausgangslage zu eindeutig: Es gab zu Coronazeiten keine Opposition. Bei der FDP waren angedeutete Versuche zu erkennen, manche „Maßnahmen“ nicht in voller Härte mittragen zu wollen. Die einzig opponierende Partei – und dies in fundamentaler Weise – war die AfD. Was gemäß ihrer Paria-Rolle im Parteiensystem ebenso wirkungslos bleiben musste, wie es vorhersehbar hätte sein können, dass gegen alles und jeden opponiert wird. Was, wenn aus der kritischen Rückschau Fehler einzelner Entscheidungsträger oder Institutionen klar benennbar würden? Frau Rostalski nennt Beispiele: Einrichtungsbezogene Impfpflicht, Schulschließungen. Wer nun würde sich in dieser Ausgangslage also freiwillig melden, um eine „brutalst mögliche Aufklärung“ zu betreiben? Und bei drei waren sie alle auf dem Baum … Vielleicht hat das tumbe Volk aber genau diesen Schritt schon vollzogen. Dann würde es zur Corona-Aufarbeitung gehören, dass man eingestehen müsste, das Erstarken der AfD korreliere auch mit der Corona-Politik.
Oder deren medialer Orchestrierung. Oder dass man Corona-Politik einfach nicht gut genug erklärt hat. Ich glaube nicht, dass ein groß angelegter, mehrheitlich als seriös angesehener Prozess zur Nachbereitung des Unabänderlichen stattfinden wird. Die Parteien der damaligen großen Koalition, aber auch Grüne und FDP werden nicht den Mut aufbringen, sich den Unannehmlichkeiten zu stellen. Und sollten sie doch von der öffentlichen Meinung eines Tages gezwungen werden, so wird es inszenierte Selbstkritik geben. Bestimmte Fragen in der Aufarbeitungswunschliste des mündigen Bürgers werden schön brav im Dunkeln bleiben: Was wissen wir im Nachhinein über Impfschäden, Nebenwirkungen und Häufigkeiten bei verschiedenen Impfstoffen? Was ging schief in der chaotischen Hektik der Zwangslage, welche Kollateralschäden gab es? Was steckt in den Millionen von Datensätzen des Gesundheitssystems an Informationen? Welche Unterschiede manifestieren sich zwischen Geimpften / Ungeimpften? Gibt es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der nachgelagerten Übersterblichkeit und Corona, worin besteht diese? Aus welchen Quellen würden wir bei der nächsten Pandemie Schutzausrüstung beziehen, wie sieht es aus mit der Schaffung eigener Kapazitäten? Wie hat sich Deutschland gegen den Zusammenbruch der Lieferkette im Fall der Nachfolgepandemie abgesichert? Sind nun eigentlich genug Masken für die Nachfolgepandemie eingelagert? Auch hier ließe sich die Liste interessanter Fragen seitenweise fortsetzen. Ich hoffe auf Ihre Shitstormresilienz, liebes ZEIT Team und ihren Ehrgeiz, mit einem derartig schwierigen Thema eigene Lorbeeren zu verdienen zu wollen.
Maximilian Trattenbach

Danke für das Interview, in dem die Professorin für Strafrecht u Rechtsphilosophie den vulnerablen Bürger in seiner Abhängigkeit von staatlicher Entscheidung hinterfragt und die Journalisten das Handeln des Staates benennen. Herauszukommen scheint, dass die Professorin vorschlägt, der Staat möge in diesem Pandemie-Beispiel dem vulnerablen Bürger mehr Eigenverantwortung zumuten, „der Staat möge ein bisschen Resilienz entgegen(zu)setzen.“ Wir sehnen uns nach Gemeinschaft, nach Solidarität. „In der Kommunikation müssen wir uns wieder mehr zumuten, wir müssen alle miteinander diskutieren können“. Dafür brauchen wir den gemeinsamen Bezugspunkt: „>sein werden< auf gleichem Boden unter der Sonne. In nachchristlicher Zeit (s. Anhang europ.Entwicklg.), nach schmerzhafter, gelegentlich raisonabler europäischen Entwicklung seit der Antike zur Europäischen Union, bei allem Zuzug aus anderen Kulturen brauchen wir die Denkfähigkeit. Diese Denkfähigkeit von systemischem Denken sollten wir als Disziplin >Dialogisches Denken< ausarbeiten, einrichten, lern- und lehrbar machen von Kindesbeinen an, damit wir einen Maßstab haben beim Kommunizieren und Diskutieren.
Elke Blancke

Frauke Rostalski bezeichnet – sicherlich zu Recht – eine Impfung als „Eingriff in die Körperintegrität“, weshalb sie die Impfpflicht für Pflegekräfte während der Pandemie für falsch hält. Aber ging es hierbei nicht — wie in vielen Fällen damals — um eine Abwägung? Wäre die Infektion einer vulnerablen Patientin durch eine ungeimpfte Pflegekraft nicht auch ein Eingriff in die Körperintegrität dieser Patientin gewesen? Mit möglicherweise sehr massiven Folgen?
Oliver Thomas Domzalski

Ich sehe keinen vernünftigen Grund, aus dem ich mich, der durch glückliche Umstände seine Impfungen bereits sehr früh erhalten konnte, bei den Ungeimpften entschuldigen sollte. Zwar war schon zu Beginn der Impfungen klar, dass sie die Ansteckungsgefahr nur geringfügig reduzieren, aber es war genauso klar, dass sie schwere Verläufe wirkungsvoll verhindern. Und genau darum ging es doch, nämlich massenhaft schwere Verläufe zu verhindern, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Somit hat jeder, der aus nicht medizinischen Gründen die Impfung verweigerte, meine Freiheit eingeschränkt, denn die Alternative zur Verhinderung einer Überlastung des Gesundheitssystems bestand in Lockdowns und anderen Freiheitsbeschränkungen. Von daher nehme ich gerne die Entschuldigungen von Ungeimpften entgegen.
Andreas Zabel

Frau Rostalski irrt mit Ihrer Kritik an dem Slogan, ausgesprochen von Gesundheitsminister Spahn, dass es sich bei Corona um eine „Pandemie der Ungeimpften“ handele. Eine große Studie des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung und des französischen Demografie-Amtes hat jetzt ergeben, dass die Sterblichkeitsdaten für Europa im ersten Jahr der Pandemie (2020) besonders in Oberitalien und Zentralspanien sehr hoch waren, weil man dort nicht rasch mit strikten Schutzmaßnahmen (Lock-Down) reagiert hatte. Es gab da noch keinen Impfstoff. Dann verschob sich der Schwerpunkt in 2021 nach Osteuropa und ins Baltikum. Zu der Zeit gab es aber schon das Impfangebot. Auffällig stark war die erhöhte Sterblichkeit auch in Ostdeutschland gegenüber der Entwicklung in Westdeutschland. Warum? In ganz Osteuropa incl. Ostdeutschland gab es eine große Skepsis gegen die verfügbare Impfung, obwohl Geimpfte deutlich besser gegen die Seuche geschützt waren, und auch gegen die vielfältigen staatlich verfügten Einschränkungen. Erinnert sei an die irrationale „Querdenker-Bewegung“ in Ostdeutschland. Fazit: Die Backmesserei Rostalkis hilft nicht weiter, denn hinterher ist man immer schlauer. Deutschland ist in summa, trotz gemachter Fehler, erstaunlich gut durch die Krise gekommen.
Stefan Kaisers

Danke für den Artikel, er diskutiert Fragen, die ich für wichtig erachte. Der Begriff „Pandemie der Ungeimpften“ wurde auch massiv z.B. in den USA verwendet. Auch von z.B. Herr Biden. Daher finde ich es zu ungenau bis hin zu irreführend, den Begriff nur unter Verwendung der Äußerung von Herrn Spahn zu verwenden. Ich bin sehr interessiert, diese Tatsache von Ihnen diskutiert zu lesen. Zu den Maßnahmen, die aus meiner Sicht schlecht den Erfordernissen angepasst waren und zu enormen Belastungen und Schäden geführt hatten, gehören die massiven Schließungen von Kindertagesstätten und Schulschließungen und Maskenpflichten für Schüler/innen auch auf dem Pausenhof. Als Schweizerin habe ich von Beginn der Pandemie an erlebt, wie unterschiedlich die beiden Länder mit Schließungen und Auflagen in diesen Bereichen umgehen. In meinem Bekanntenkreis sind viele Wissenschaftler/innen und Ärztinnen, sie alle haben sich viermal impfen lassen-UND waren gleichzeitig überrascht und voller Mitleid für die Maßnahmen, die so brachial in Deutschland umgesetzt wurden. Sie entsprachen nicht dem wissenschaftlichen Stand. Die deutsche brutale Überregulierung wurde als „typisch deutsch“ wahrgenommen. Sie sind halt regelversessen und hierarchiegläubig-und arrogant: sie machen es besser als alle anderen Länder rundum.  Die Regeln für Kindertagesstätten und Schulen hatten sofort sicht-und spürbare negative Auswirkungen-und sie wurden gnadenlos immer wieder verlängert. Damals war ich noch Abonnentin der Süddeutschen, diese Zeitung hat diese Maßnahmen völlig unwidersprochen übernommen. Ich habe deswegen mein Abo gekündigt. Wie die „Zeit“ in der Zeit berichtet hat, weiß ich nicht…. Auch meine Haltung der Presse und der Politik gegenüber wurde durch die Art der Maßnahmen und der Berichterstattung darüber verändert. Themenwechsel: Sommer 2022. Warum wurde ein Handelsembargo gegen Russland beschlossen, obwohl sehr kontrovers diskutiert wurde, ob ein Embargo überhaupt einen Krieg zu verkürzen mag. Dass das Embargo für Deutschland wirtschaftlich sehr teuer werden würde, war klar, dass andere Länder davon weniger tangiert wären oder davon profitieren würden, war auch abzusehen. Und wie wird das Handelsembargo jetzt beurteilt? Welche Konsequenzen hatte es? Das würde ich gerne kontrovers diskutiert lesen.
Anna Daenzer

Die Haltung von Frau Rostalski ist wie Balsam für die Seele aller in Sachen Corona zu kritischer Haltung fähigen Menschen. Sie äußert sich sehr vorsichtig, weil sie weiß, dass eine offene Kritik des damals skandalösen Umgangs mit Menschen, welche die Fehlentwicklung in der Coronapolitik erkannt haben, sanktioniert werden kann. Nur eine Sache möchte ich herausstellen, die mich fassungslos macht, wenn ich die Fragen an Frau Rostalski lese. Wie kann man ihrer Kritik entgegenhalten, dass das Bundesverfassungsgericht die Impfpflicht im Gesundheitswesen für legitim gehalten hat? Im Artikel 2 des Grundgesetzes ist das Recht auf körperliche Unversehrtheit festgeschrieben. In dieses Recht darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat sich an Gesetze zu halten, muss Grundrechte schützen und darf sie nicht verletzen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zu einem gefügigen Organ der Politik gemacht und die Gewaltenteilung, die ein Garant unseres demokratischen Rechtsstaats ist, massiv beschädigt. Wenn Angestellte im Gesundheitswesen zu ihren Vorgesetzten zitiert werden, die auf sie Druck ausüben sich ein Medikament injizieren zu lassen, zu dem sie kein Vertrauen haben, weil sie ansonsten eine Kündigung erhalten und ihre Lebensgrundlage verlieren, dann befinden wir uns in einem rechtsfreien Raum einer Autokratie!
Martin Krivacek

Als Kinder- und Jugend Arzt sehe ich eine Impfung immer aus zwei Gründen: zum einen die individuelle Schutzmaßnahme vor einer gefährlichen Erkrankung und zum andern die gesamtgesellschaftliche Gefahr der Kosten und Schäden. Das war zu Beginn der Corona Pandemie gegeben, denn wir hatten mit einem hohen Prozentsatz an Schwerstkranken und Todesfällen bei der bis dahin unbekannten Infektion zu rechnen. In meiner 40-jährigen Impftätigkeit habe ich immer nach Aufklärung individuell entscheiden lassen, ob sich jemand impfen lassen wollte oder nicht. Andererseits habe ich es besonders begrüßt, dass die Masernimpfung bei Kindern quasi zur Pflicht wurde, denn jedes 500. kranke Kind wird lebensgefährlich krank. Aus meiner Sicht ist die Hauptfrage am Beispiel der Corona Pandemie:  Wie viel Liberalität und individuelle Freiheit darf unser Staat gewähren. Wenn jeder machen kann, was er will in einer Pandemie oder im Krieg, entsteht Chaos. Wir sollten es mit der Liberalität in unserem Staat nicht übertreiben, siehe Kita Bildungspolitik, Flüchtlingspolitik oder die Duldung von Staatsgefährdenden Parteien. Zu viel Liberalität in unserer Republik, bedroht letztlich auch unsere Demokratie!
Wolfgang Adam

 


 

Leserbriefe zu „Was wäre, wenn die AfD regiert?“ von div. Autoren

Es macht mich schlicht wütend, wenn man den erkennbar fadenscheinigen Zielen der AFD mit akademischen Analysen begegnen will. Die AFD verfolgt nach ihrem Vorbild NSDAP allein das Ziel, die erkannten gesellschaftlichen Potentiale mit fälschlichen Narrativen auf ihre Seite zu ziehen. Jeder Sachlichkeit wird sich verweigert. Als Erwiderung auf deren blanken Unsinn lässt sich zum Thema Migration die Emigration von hunderttausenden Deutschen in den letzten drei Jahrhunderten beschreiben. Hungersnöte, Armut und Perspektivlosigkeit trieben Deutsche in die Welt, bedrängten bis vernichteten sie die dort lebenden Ethnien und richteten sich nach „trumpschen“ Verständnis dort ein. Pikant wurde es, als sich dort die Lebensbedingungen verschärften und man mit Hilfe deutscher Politiker nach zig Generationen auf eine deutsche Herkunft berufend „heim ins Reich“ wollte und dann durfte. „Natürlich“ noch bis heute mit legitimen Bekenntnissen zu aktuellen russischen Führern. Politische Verbrecher und ihre Unterstützer (Wähler) verdienen eine unverblümte Darstellung und keine von ihnen unverstandene Betrachtung.
Jürgen Dressler

Wer die Migration stoppen will und die öffentlich- rechtliche Bevormundung leid ist, stößt bei der Partei auf fruchtbaren Boden. Beides sogar mehrheitsfähig. Auch die anderen Themen verbreiten keine Naziparolen. Manches bleibt aber unerwähnt. Einzig die Putinnähe ist abstoßend. Schon deshalb ist die Partei nicht wählbar auf Bundesebene. Doch regional haben sich längst neue Konstellationen aufgetan mithilfe der BSW. In Sichtweite rückt ein Bündnis der beiden Outlawparteien, die die etablierten Parteien ratlos und düpiert zurücklässt. Insbesondere die CDU darf dann über ihre Brandmauer signieren.
Christoph Schönberger

Was würde sich ändern, wenn die AfD in einem der ostdeutschen Bundesländer mitregieren würde? Wahrscheinlich wenig, wie Ihr Artikel zeigt: schon aus volkswirtschaftlichen und rechtlichen Gründen. Die Strategen der etablierten Parteien wissen dies auch. Wenn sie trotzdem an der ‚Brandmauer‘ festgehalten, wohl vor allem, um unliebsame Konkurrenten zu isolieren: Sorge um die Demokratie dürfte kaum eine Rolle spielen.
Thomas Cirsovius

Zuerst einmal möchte ich mich bei den 8 Redakteurinnen und Redakteuren bedanken für die verständliche und übersichtliche Erläuterung des AFD-Parteiprogramms in den 3 Bundesländern. Eine wichtige und aufschlussreiche Arbeit. Da ich auch bisher niemals auf die Idee gekommen wäre AFD zu wählen und ohnehin nicht in den 3 Bundesländern wohne; nach Ihrer Beschreibung der unterschiedlichen Themen würde ich sie nun noch weniger wählen. Zusammengefasst eine erzkonservative bis ausgesprochen rechte Familien-, Migrations- und Schulpolitik und eine Geldpolitik, die besonders die Reichen und deutlich weniger die Armen begünstigt. Allerdings null Ahnung, wie man das finanzieren will. Würde man die Steuerwohltaten vor allem für die Reichen bei der Migration sparen, würden die Migranten wahrscheinlich verhungern. Ein humanes Menschenbild ist etwas anderes. Ich finde allerdings auch, dass sich in unseren Schulen etwas ändern müsste und es dort mehr Geld und Personal braucht. Auch sind viele Schulen mit vielen nicht deutschsprechenden Kindern tatsächlich überfordert. Z.B. könnten die Kinder verpflichtend ab 4 Jahren in die Kita gehen. Auch dafür braucht es genügend Plätze und Personal. In den Kitas und in der Grundschule könnten vermehrt Sprachkurse angeboten werden. Eine bessere Verteilung der Kinder mit Migrationshintergrund auf verschiedene Schulen wäre anzustreben, wenn auch nicht einfach umzusetzen. Für Familien mit Kindern wären Erleichterungen auch notwendig. Aber eben nicht so wie beschrieben. Und nicht mit der Gießkanne verteilt. Über ein bisschen mehr direkte Demokratie lohnt es sich nachzudenken. Die Inhalte des Parteiprogramms der AFD sollte die Menschen warnen diese Partei auch bei der nächsten Bundestagswahl nicht zu wählen. Dafür müssten allerdings die regierenden Parteien weniger streiten, mehr und bessere Lösungen präsentieren und diese auch verständlich kommunizieren.
Petra Harink

Richtig und zu unterstützen. In der Schule muss auch Demokratie gelehrt und gelernt werden. Was aber, wenn Lehrkräfte vor der Klasse stehen, die Demokratie nach ihren eigenen Vorstellungen vermitteln und entsprechend buchstabieren? Die beispielsweise das sächsische AfD-Parteiprogramm verinnerlicht haben, das z. B. vorsieht, Kinder ohne Bleibeperspektive vor allem „auf die Rückkehr in ihr Herkunftsland vorzubereiten und die Zeit bis dahin sinnvoll zu überbrücken“. Siehe gleiche ZEIT-Ausgabe, „Was wäre, wenn die AfD regiert? Stichwort Bildung“. Stellen wir uns vor, Björn Höcke, ausgebildeter Gymnasial-Geschichtslehrer, der zurzeit Karriere als AfD-Rechtsaußen-Politiker macht, unterrichtet das Schulfach DEMOKRATIE. Es wäre wichtig und hilfreich, wenn Nina Kollek, Professorin für Erziehungs- und Sozialisationstheorie und Autorin des genannten ZEIT-Beitrags, dazu auch einen durchführbaren Vorschlag nennen würde, um undemokratische Lehrkräfte von unseren Bildungseinrichtungen fernzuhalten.
Dirk Hartwich

Ich weiß es wirklich nicht was dann wäre, wenn die AfD (mit)regiert!? Bisher hatten wir diese Konstellation mit der AfD noch nie im Land! Wie sagt man: „Probieren geht über studieren“, „Versuch macht klug“ oder „Erfahrung ist der beste Lehrmeister“. Wählen dürfen in diesem Jahr die wahlberechtigten Menschen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Wir hier in Bayern, wir sind leider nur zum Zuschauen verdonnert. Die Wahlberechtigten in ganz Deutschland, die dürfen erst wieder gemeinsam am 28. September 2025 bei der Bundestagswahl ihre Stimme abgeben.
Klaus P. Jaworek

Eine erfreulich neutrale und sachliche Auseinandersetzung mit der AfD, die realistisch zeigt, was AfD in der Praxis bedeuten könne. Ein Dokument, das ohne ideologische Rundumschläge auskommt und trotzdem kritisch ist. Allenfalls hätte Johanna Schoener darauf verzichten sollen, sich mit der Parole aus extremistischen Kreisen gemein zu machen, wonach das Einstehen für ein traditionelles Familienbild als „völkisch“ zu bezeichnen sei, wo doch „völkisch“ konnotativ mit „nationalsozialistisch“ verbunden ist, was in diesem Kontext nun wirklich nichts zu suchen hat. Denn dann wären ja auch Judentum, Christentum und Islam in ihrem Fundament „völkisch“ – das muss nicht sein.
Kurt Schäfer

Es scheint ein zwanghaftes Bedürfnis der vom Zeitgeist beseelten Medien zu sein, vor Wahlen das tumbe Volk vor den künftigen Machenschaften radikaler Parteien, hier der AfD, zu warnen. Ganz davon abgesehen, dass sie nur in Koalitionen und mit Kompromissen regieren könnte! Dabei wird unterstellt, dass Otto Normalbürger Parteiprogramme weder richtig lesen und verstehen noch bei Wahlkampfveranstaltungen genau zuhören könne. Was ist daran unvernünftig, unsere Grenzen für eine fortwährende Dauerimmigration zu schließen, um nicht länger Hehler von Schleusern zu sein, um die an ihre Grenzen gekommene Aufnahmefähigkeit unserer Gemeinden und Hilfsbereitschaft unserer Bevölkerung nicht weiter zu überfordern, um nicht noch mehr Gewaltkriminalität einfach als unabwendbares Übel hinzunehmen? Heißt es nicht im Amtseid: … Nutzen des deutschen Volkes mehren, Schaden von ihm wenden…? Es gibt viele europäische, auch asiatische und afrikanische Länder, die mehr Platz haben, in denen die Flüchtlinge ihren Heimatländern näher sind; die Deutschland finanziell, nicht aber durch Übernahme von Immigranten, unterstützen kann! Was ist daran unvernünftig, die jungen Menschen unseres Volkes zu mehr Kindern zu ermuntern und ermutigen, auch durch finanzielle Hilfe? Für jede andere Nation ist es selbstverständlich, ihr Gesicht, ihre Identität, ihre Kultur zu bewahren, nur bei uns hat dieser Wunsch einen absurden Blut- und Boden-Beigeschmack! Wir ermuntern lieber Menschen aus aller Welt, zu uns zu kommen, solange, bis Deutschland nicht mehr Deutschland, sondern Klein-Afrikasien ist! Unvernünftig dagegen ist es, Gesetze, die in der grauen Vorzeit des vergangenen Jahrtausends verfasst wurden, immer noch buchstabengetreu anzuwenden, nicht endlich zu ändern und an der Wirklichkeit auszurichten!
Ulrich Pietsch

Ein netter Artikel, aber eben zu nett. Besser als die Wahlprogramme zu analysieren – das sind Versprechen oder höchstens Pläne – wäre es das Abstimmungsverhalten der Parteien in der aktuellen Legislaturperiode zu analysieren. Dies gilt ebenso für die Wahl-O-Maten :-)
Sven Burggraf

Ihren ausführlichen und gutrecherchierten Artikel habe ich mit großem Interesse gelesen.  Allerdings hat mich ein Punkt sehr enttäuscht:  Dass solch ein Hochkarätiges Autorenteam in die „Falle des Begriffs Kosten“ getreten ist!  Auch wenn das (nahezu) Alle tun, rechtfertigt eine große Anzahl von Durchführenden nicht den gemachten Fehler.  Und zwar schreiben Sie – im Abschnitt „Geld“: „ … Gesenkt werden sollen: die Unternehmensteuer, die Einkommensteuer, die Stromsteuer. Das sind ziemlich viele Steuern, und deshalb würde das alles auch ziemlich viel kosten.  ….“   Wo sehe ich hier einen Fehler? In der Formulierung „… würde …. kosten.“  Die Reduzierung oder gar Abschaffung von Steuern (gemäß Vorschlag dieser Partei) verursacht von sich aus keine Kosten! Solch eine Reduzierung verringert die Einnahmen der öffentlichen Hand. Und das ist ein großer Unterschied! Eine Reduzierung der Einnahmen verringert den Handlungsspielraum der Regierungen bzw der öffentlichen Hand. Aber sie verursacht keine Kosten! Denn Kosten sind z.B. in der Betriebswirtschaftslehre eindeutig definiert als der „wertmäßige Güter- und Dienstleistungsverzehr zur Erstellung von Leistungen“ – oder (zitiert nach „Wöhe: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre“): „Kosten sind in Geld bewertete Mengen an Produktionsfaktoren, sind also ein Verzehr von Gütermengen … und Werten…“ Fehlende Einnahmen kommen in der Definition nicht vor.  Ich weiß, dass diese Wortwahl gebräuchlich ist – auch bei vielen Politikern – um unbeliebte Vorschläge von vorne herein abzubiegen („wer soll das bezahlen?“), aber dadurch wird der nicht korrekte Gebrauch des Begriffs KOSTEN auch nicht besser …..
Steffen Lasch

Danke für den interessanten Artikel vom 22.8.2024. Zur Grafik Sonntagsfrage: was ich immer wieder erstaunlich finde und nicht verstehe, ist, dass die graphische Darstellung der AfD mit blauen Balken geschieht. Blau hat so eine positive Konnotation (Meer, Himmel, Ad Blue, Hoffnung etc.), und das soll man mit der AfD verbinden (?) bzw. Vermutlich verbinden das viele Leser damit. Dabei repräsentiert die AfD doch das genaue, rechtsextremistische (sogar gesichert) Gegenteil und die Farbe dafür war früher braun (ohne Beispiele). Warum stellen Sie die Partei nicht farblich so dar wie sie sich gibt?
Marcus Fischer

Zum Beitrag Polizei: Im letzten Absatz: „Stadtpolizei“ Die beiden Buchstaben SA  sind in diesem Namen auch enthalten. Wie sich die Bilder gleichen: 1933 hat die SA die reguläre Polizei auch schnell entwaffnet und die Straßen-Rollkommandos übernommen.
Hartmut Wagener

Als Gesundheitswissenschaftlerin war ich ein bisschen überrascht darüber, dass das Teilthema Gesundheit – schon optisch – so kurz kommt im Artikel zu den AFD-Länder-Wahlprogrammen, weil für das Thema „Gesundheit“ doch ähnliches wie für das Thema „Bildung“ gilt: „Kaum ein Politikfeld bietet den Landesregierungen so viel Spielraum“. Ich hab mir darum einmal das AFD-Thüringen-Programm angesehen. Wenn man „gesund“ in die Suchzeile des PDF-Dokuments eingibt, dann bekommt man 67 Hinweise, und bei „krank“ bekommt man vierzehn Hinweise. Und für Thüringen jedenfalls – nur das dortige Programm hab ich mir angesehen – ist es wirklich sehr kurzgesprungen zu behaupten, dass es neben Krankenhäusern und Rettungsdiensten vor allem um Corona geht. Im Programm geht es auch um Fragen der ländlichen ambulanten und stationären Versorgung, der Verbesserung von Arbeitsbedingungen der Gesundheitsberufe, des Bürokratieabbaus im Gesundheitswesen, der gesunden Ernährung in Kitas und Schulen, der gesundheitsdienlichen Sportförderung, z.B. eine tägliche Bewegungsstunde in der Schule, Ausbildungsfragen im Hinblick auf Medizinstudium und gesundheitsbezogene Fachberufe, um gesunde Umwelt und Landwirtschaft etc. Viele Punkte sind vermutlich unstrittig in der Gesamtbevölkerung, denn wer wünscht sich z.B. nicht, dass die medizinische Versorgung auch in strukturschwachen ländlichen Regionen gesichert sei, doch einige Punkte jenseits der Corona-Aspekte sind durchaus erwähnenswert, z.B. (wie gesagt, ich habe nur das Thüringer Programm angeschaut): dass in Jena nur „Landeskinder“ (S. 56) studieren sollen; dass die private häusliche Pflege ähnlich vergütet werden soll wie die professionelle Pflege; dass die Gesundheitskarte für Asylbewerber abgeschafft werden soll; dass die Legalisierung von Cannabis zurückgenommen werden soll; dass Minderjährige im Bedarfsfall keine pubertätshemmenden Medikamente erhalten können etc. Ich bin ja nur in aller Schnelle über das Thüringer Programm geflogen und ich kenne mich in vielen der Themen auch überhaupt nicht aus. Aber es wäre sicher nützlich, die Programme gründlich zu untersuchen, um mit Hilfe von Expert*innen die Frage beantworten zu können, was es bedeuten würde für das Thema Gesundheit (und das umfasst mehr als die gesundheitliche Versorgung!), wenn die AFD regieren würde.
Bettina Schmidt

 


 

Leserbriefe zu „Von wegen rot“ von Robert Pausch

Die linken Parteien haben in der Vergangenheit ihren Fokus auf Klimaschutz, Gender-Themen und queere Belange gerichtet. Dies hat dazu geführt, dass die Alltagsprobleme ihrer Stammklientel, Geringverdiener und Arbeitslose, vernachlässigt wurden. Die AfD hat diese Lücke geschickt genutzt. Angesichts der Tatsache, dass Arbeiter und Arbeitslose bei der Europawahl 2024 am häufigsten die AfD gewählt haben, muss man diese wohl als die neue Arbeiterpartei bezeichnen – auch wenn es schmerzt. Die Hauptaufgabe einer erfolgreichen linken Partei muss es daher sein, ihre von Inflation, steigenden Energiekosten und Kriminalität geplagte Stammklientel von der AfD zurückzugewinnen. Dazu muss sie den Geringverdienern und Arbeitslosen durch konkrete Politik beweisen, dass ihre Sorgen und Nöte ernst genommen werden.
Michael Pfeiffer

Einigermaßen verwegen, Tim Walz als Vorzeigelinken neuen Formats hochzustilisieren. Wenn der links ist, muss Friedrich Merz seine Partei umbenennen. Die Frage lautet vielmehr, ob überhaupt noch eine linke Partei benötigt wird. Die Bindekraft der SPD ist längst erloschen, abgelöst von der AfD. Duisburg-Marxloh lässt grüßen. Und neomarxistische Parolen ziehen allenfalls noch bei ergrauten SED-Kadern. Wagenknecht profitiert mit ihrem Gemischtwarenladen von latentem Antiamerikanismus gepaart mit irrationaler Putinnähe. Das kommt im Osten an, hat aber nichts mit linker Politik zu tun. Kurzum: Gedanken über eine linke Renaissance sind akademische Trockenübungen.
Christoph Schönberger

Wenn aus dem berufenen Munde der Parteivorsitzenden Esken eine institutionelle Nähe von Sozialdemokraten mit den Sozialfaschisten und Stalinisten der BSW möglich ist, kann man nicht mehr von „stehend k.o. sprechen. Für die SPD wird es zur Katastrophe.
Jürgen Dressler

Die Linke ist, wie die Rechte, ein Kind des feudalen Obrigkeitsstaates. Alle drei sind am Management der modernen Wissensgesellschaft gescheitert, weil sie, mit wechselnden Obrigkeiten, doch am gleichen, illiberalen Politikmodel festhalten. Die Bundesrepublik und viele andere westliche Staaten sind im Grunde illiberale Politikmodelle, die zwischen links und rechts pendeln und, wie die Feudalordnung, letztlich scheitern. Die Demokraten in Amerika gehen den gleichen, verhängnisvollen Weg. Auch der moderne, demokratische Obrigkeitsstaat kämpft gegen bürgerliche Freiheit und Eigenverantwortung und scheitert an der Idee einer gerechten Gesellschaft. Die gerechte Gesellschaft ist und bleibt eine unausrottbare Illusion. Sie endet immer in Unfreiheit. Es gibt keine Erlösung! Aber die Freiheit kommt dem noch am nächsten. Die Dummheit macht daraus allerdings das am besten gehütete Geheimnis der Welt.
Fred Klemm

Stillstand und/oder Rückschritt sind nunmehr Markenzeichen etablierter linksorientierter Parteien. Die SPD und die Grünen haben offensichtlich Teile ihrer DNA (zum Beispiel: Soziales für Menschen und Rettung des Klimas) in der Ampelregierung verloren oder gar verraten. Die Linke und das BSW machen auch keine gute Figur. Denn nur dagegen zu sein ohne konstruktive Alternativen aufzuzeigen, bringt nur kurzfristig einen Wahlerfolg. Da sich dann im politischen Alltag zeigt, dass diese negative Haltung für den Einzelnen keine persönliche Verbesserung bringt. Vor allem die Linke ist derzeit wie ein Wimmelbild = Viele Figuren und wenig Handlung. Die Ampel ist voller Elan und als „Fortschrittskoalition für mehr Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ gestartet. Dann haben nicht nur der Ukrainekrieg mit den entsprechenden Folgen; sondern die erkennbare Unmöglichkeit Ideologiefrei zusammen zu arbeiten diese drei „Partner“ peu a peu entfremdet. Jeder kleine und große Zwist wird vor der Öffentlichkeit zelebriert. Papier ist geduldig. Absichtserklärungen sollten zeitnah und planvoll umgesetzt und nicht zerredet werden. Beobachter zum demokratischen Parteitag in die USA zu entsenden, um Nachhilfe in kraftvoller Performance von Harris und Walz zu erleben und dann welche Lehre daraus zu ziehen? Es würde sehr verwundern, wenn etwas positives, als politisches Kapital, für die Ampel entstehen würde. Kamala Harris und Tim Walz machen linke Versprechen, die wohl auch nach gewonnener Wahl umsetzbar sind. Und zu einem möglichen Wahlsieg im November beitragen können. Davon sind die SPD und die Grünen so weit entfernt wie die Erde vom Mond. Widerspruch, an dem man reifen kann, täten dem BSW und der Linken gut. Die Profile schärfen und klar erklären, wo und für wen die Partei steht. Das BSW liebäugelt, in den kommenden Landtagswahlen, das Zünglein an der Waage zu sein. Vielleicht ist, wie in den USA, ein bisschen Glamour auf Parteitagen und dosierter Humor der politischen Entscheider nicht falsch. Aber so locker sind der Bundeskanzler und seine Kabinettsmitglieder dann wohl doch nicht. Von Frau Wagenknecht und den Linken ganz zu schweigen. Vernünftige, zielorientierte Arbeit der Ampel, im Sinne des Koalitionsvertrages würde schon helfen das Wahlvolk zu besänftigen. Derzeit geht es darum Probleme zu beseitigen, die es ohne die Ampel gar nicht gäbe. Das zu erkennen wäre gut und sinnvoll. Aber…
Felix Bicker

Was verstehen Sie unter einer linken Partei? Ich empfinde es als Zumutung, wenn Sie Parteien wie die SPD und die Grünen in einem Artikel, in dem Sie einen Blick auf die Linksparteien werfen, als weitere Linksparteien vereinnahmen und reduzieren. Sie grenzen damit mich – und ich bin mir sicher auch viele andere – aus, die große Sympathien für eine der beiden Parteien haben und froh sind, dass das Schubladen- und Klischeedenken früherer Zeiten überwunden ist. Das, was Sie als vernünftig bezeichnen und gute Laune macht, kommt auch bei mir deshalb gut an, weil es sich gerade nicht auf die Schublade einer Linkspartei reduzieren lässt und ich die ich Hoffnung habe, dass es auch der veröffentlichten Meinung nicht gelingen wird, dieses Lager und Schubladendenken wieder aufleben zu lassen oder als Utopie zu verkaufen.
Alexander Büker

Ihren Artikel zu lesen, war mir ein Genuss! Sie bringen es inhaltlich und sprachlich so schön auf den Punkt, dass ich ständig nicken, schmunzeln und nachdenken musste – was kann man sich als Leser mehr wünschen? Und ja, einen deutschen Tim Walz habe ich mir auch schon erträumt. Aber es scheint eine unheilvolle deutsche Tradition zu sein, dass sich die Linke lieber zersplittert als sich im Kompromiss auf eine Partei oder einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen. Das können wir Deutschen offenbar leider besser, wenn der Impuls von rechts kommt…
Tobias Meyer

Die Grünen sollen also Fasane jagen und dabei pausenlos gackern, Herr Pausch? Ich weiß nicht. Ich glaube, statt einer „vernünftigen“ linken Partei ist es eher an der Zeit, an die Vernunft unseres Volkes zu appellieren. An dieses Volk, das sich von der Klimapolitik verabschiedet, obwohl es weiterhin laut Umfragen den Klimawandel als eines der größten Herausforderungen unserer Zeit hält. Ist das vernünftig? Ist es vernünftig, die Klimapolitik der Ampel auf die Wärmepumpe zu reduzieren? (An der was genau eigentlich falsch ist?) Ist es vernünftig, einerseits zu erwarten, dass der Klimawandel gestoppt wird, aber zu meinen, dass man selbst dafür nichts tun muss? Aber es ist ja so bequem, sich selbst immer nur als Opfer zu betrachten und die Verantwortung abzuschieben. Sie führen den running mate von Kamala Harris, Tim Walz, als leuchtendes Beispiel an, aber so sehr ich den Demokraten den Erfolg bei den Präsidentschaftswahlen wünsche, noch hat Tim Walz auf Bundesebene nichts geleistet. Im Gegensatz zu den linken Parteien in unserer Bundesregierung.
Julia Lietzmann

Außer den Demokraten gibt es in den USA keine linke Partei, die je die Chance hätte, mitzuregieren. Robert Pausch beschreibt es sehr richtig, die Demokraten stehen für eine vernunftorientierte linke Politik und sind Gegenpol der sehr rechten Republikaner. In Deutschland gehört zum Linkssein mittlerweile mehr, nicht nur Politik, auch Weltanschauung. Den Grünen haftet der Makel an, für eine elitäre Linke zu stehen, die wirtschaftlich nichts mehr zu befürchten hat, und für die der Klassenkampf nur noch ein Begriff aus den Geschichtsbüchern ist. Das ist zwar ungerecht, aber sie werden nicht mehr viel Stimmen aus anderen „Lagern“ für sich hinzugewinnen können. Die Linke verprellt sehr viele der eigenen Wählerinnen und Wähler, indem sie Carola Rackete zu Ihrer Kandidatin für die Europawahl kürt. Eine Person, die kaum etwas mit den Lebensrealitäten der Menschen zu tun hat, die die Linken eigentlich vertreten wollten, sie sägt am eigenen Ast. Sahra Wagenknecht gründet eine neue Partei, die eine „echte“ linke Alternative hätte werden können, unter anderem mit ihrer Haltung zu Russland bleibt sie für viele nicht wählbar. Linke Parteien also, die keine Mehrheit „bedienen“ können. Bleibt also noch die gute alte SPD mit einer Politik, die der der Demokraten sicherlich am ähnlichsten ist. Vergleicht man aber die Verve der Demokraten mit der der SPD, kommt die SPD daher wie eine in die Zeit gekommene alte Dame, die in Puschen herumschleicht. Der Nominierungsparteitag für Kamala Harris und Tim Walz war natürlich eine riesige Show, gute Politik muss aber auch in Deutschland an den Mann und an die Frau gebracht werden. Der SPD fehlt das (alte) Charisma, sie muss sich dringend um ihre Personalien kümmern. Lebendigkeit und Authentizität sind wesentlich ansprechender als Gehemmtheit und Leichenbittermine. Ein wenig mehr Lockerheit würde der ganzen deutschen Politik guttun, auch in schweren Zeiten.
Regina Stock

Warum ist die Linke meist zersplittert, die Rechte eher nicht? Die Linke (Kommunisten, Sozialisten, Grüne etc.) leben vom Idealismus der gerechten Teilhabe, verbunden mit Verzicht beim wohlhabenderen Teil, also dem Altruismus, die Rechte vom Pragmatismus, gemeint ist Wohlstand durch eigenes Wirtschaften, also quasi vom Egoismus. Was ist leichter? Was ist dem Menschen immanenter? Jeder möge sich selbst die Antwort geben. Aus meiner Sicht kann die Linke nie gewinnen, solange die Menschheit gemäß Konrad Lorenz? nicht zum Wir-Bewusstsein gelangt.
Clemens Borrmann

Wenn von den deutschen Linksparteien die Rede ist, befällt den Betrachter Wehmut und Verzweiflung. Die Grünen auch noch dort anzusiedeln, geht zu weit, da diese Partei aus einer ganz anderen Richtung kommt.  Umweltfragen und der Kampf gegen den Klimawandel haben mit klassischen linken Themen wenig zu tun. Die SPD als historische Linkspartei hat schon lange ihre politische Identität eingebüßt da sie nur noch auf Themen der Mitte schielt und versucht, der konservativen CDU/CSU Stimmen abzujagen. Das klappte noch leidlich gut unter Brandt, Schmidt und Schröder -unter Merkel spielte man nur noch die 2. Geige -um erst 2021 erstmals wieder mit Scholz einen Kanzler stellen zu können. Die dabei entstandene Ampel mit SPD, Grünen und der FDP fällt viel häufiger aus als selbst eine nur mäßig funktionierende Ampel an der nächsten Straßenkreuzung. Die Folge ist, dass der politische Prozess mittlerweile immer häufiger in einem politischen Verkehrschaos endet. Für die Wiedergeburt einer linken deutschen Partei braucht es erst einmal politische Köpfe, die überhaupt in der Lage wären, ein strukturiertes Programm ins Leben zu rufen. Dabei denkt man an die alte Nachkriegs-SPD mit ihren Parteigrößen Carlo Schmid, Fritz Erler, Erich Ollenhauer und Herbert Wehner unter deren Regie sich die politische Neuorientierung der Partei in Richtung Godesberger Programm entwickelte. Später kamen die Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt dazu.  Der letzte Kanzler Schröder steht heute im politischen Zwielicht, da er nach der Ablösung durch Merkel seine politische Reputation verscherbelte, um das große Geld aus den Töpfen von Putins Russland zu kassieren. Schröders Nähe zu Putin hat auch der SPD mit ihrem verqueren Russlandbild den politischen Abstieg beschert. Saskia Esken als Co-Vorsitzende der SPD hat neulich sogar die neue Partei von Sahra Wagenknecht als denkbaren Koalitionspartner in Ostdeutschland vorgeschlagen. Die Wahlen in Thüringen und Sachsen nächsten Sonntag lässt sie wahrscheinlich das Schlimmste für ihre SPD befürchten.
Und Wagenknecht schwadroniert von raschen Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine. Da müsste sich Putin aber komplett aus der Ukraine zurückziehen. Noch ist nicht zu erkennen, dass Putin seinen politischen Selbstmord plant. Die etablierten deutschen Parteien CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP gucken wie das Kaninchen auf die Schlange AfD im Osten der Republik. Sie haben es nicht geschafft, mit klaren Positionen und scharfen Angriffen diese Partei in die Knie zu zwingen. Warum? Weil sie mehr Angst um ihre eigenen, vielleicht wankelmütigen Wähler haben, die aus Protest die politische Seite Richtung AfD wechseln könnten. Was den etablierten Parteien nicht gelingen wollte soll jetzt das BSW erledigen und der AfD die Stimmen wegnehmen. Nur das BSW ist selbst auch eine populistische Partei mit Links- und Rechtsdrall. Der dort unter Wagenknecht grassierende Populismus lässt keinen Raum für realpolitische Ansätze. Guckt man über den Rhein nach Frankreich sieht man eine scheinbar vereinte neue Front der Linken wo sich Kommunisten, populistische Linksradikale, Sozialisten und Grüne misstrauisch beäugen und die Hoffnung haben, den nächsten Premierminister stellen zu können. Allerdings verfügt keine der französischen Parteifamilien über die absolute Mehrheit im Parlament!  Man darf gespannt sein, ob das überhaupt klappt oder in knapp einem Jahr nicht wieder Neuwahlen des französischen Parlaments von Macron angeordnet werden und dann die rechtspopulistische Partei Le Pens doch noch die Mehrheit gewinnt. Interessanter ist da schon die neue englische Labour-Regierung unter Keir Starmer. Macht er eine solide linke Regierung in Europa wieder salonfähig?  Deswegen jetzt der (noch) unverstellte Blick auf die kommenden Präsidentschaftswahlen in den USA. Europa ist von den amerikanischen Wahlen oft fasziniert. Heute von Kamala Harris gegen Trump, früher von Kennedy, Clinton, Bush usw. Die Demokratische Partei unter Harris als eine neue linke Partei zu bezeichnen, scheint aber eine eher unscharfe politische Einordnung zu sein. Das die europäische Linke von der Demokratischen Partei und ihrem Wahlkampf in den USA lernen kann ist nicht zu bezweifeln.
Klaus Reisdorf

 


 

Leserbriefe zu „Kaputt im Amt“ von Hannah Knuth et al.

Die Ampel ist schon jetzt scheintot. Doch was kommt danach? Der FDP wird meist das Sterbensglöcklein geläutet mit oder ohne Koalitionsbruch. Doch könnte sie ihren Kopf aus der Schlinge ziehen, sofern die Koalitionsarithmetik ein Dreierbündnis nach der Bundestagswahl sieht. Da die Grünen für Friedrich Merz ausscheiden (sollten), wäre die SPD gefordert, was wahrscheinlich nicht reicht. Das ist die Chance der Liberalen als Steigbügelhalter. Sollte sich die SPD zieren, könnte ein Blick über die Brandmauer Wunder wirken. Übrigens hatte Steinmeier seine Genossen schon einmal zur Räson gebracht.
Christoph Schönberger

Unstrittig ist, dass unsere Nation schon zu Beginn der Ampel bessere politische Analysen benötigte. Und es zeigte sich ebenso frühzeitig, dass die Koalitionäre ein geringes Wissen um die Ziele der Partner geradezu pflegten. Es verwundert deshalb nicht, dass eine Notwendigkeit nicht gelebt wurde, angemessene gemeinsame politische Zielvorstellungen ernsthaft zu begreifen, geschweige zu entwickeln. Alle Bekenntnisse zum Überleben der Ampel mutieren zu schändlichen Narrativen und zu einer vorsätzlichen Täuschung. Noch schändlicher ist jedoch der Umstand, dass die Koalitionäre weder irgendein Interesse noch ein Bemühen zeigen, mit welchem Erfolg sie an die Lösung ihrer gemeinsamen Schwierigkeiten herangehen wollten.
Jürgen Dressler

Deutschland leidet, wo die politische Führung ihre Aufgaben so unzureichend erfüllt und ihrer Verantwortung nur verzögert und im Ergebnis ungenügend nachkommt. Besserung ist nicht in Sicht. Eher ist mit weiterer Verschlimmerung zu rechnen. Und es wird immer klarer, dass alle drei Ampelparteien in den nächsten Wahlen die Quittung für die schlechte Teamleistung der Führung erhalten werden. Ein nachhaltiger Schaden für die Demokratie in Deutschland zeichnet sich ab. In dieser verfahrenen Situation könnte vielleicht diejenige Partei, die aus der Koalition aussteigen würde, ein paar Punkte sammeln. Denn sie würde zeigen, dass sie nicht ängstlich an der Macht klebt, dass sie ins Risiko geht und Verantwortung übernimmt, indem sie die Übergangskoalition beendet und die Perspektive für einen notwendigen Neustart schafft. Ich vermute, dass die Partei, die den weitaus größten Anteil an der Verantwortungsblockade der Ampel hat – nämlich die Lindner-Partei – diese Punkte einsammeln wird. Zu einem geeigneten Inszenierungszeitpunkt wird Christian Lindner mit einem Schlag die Ampel zerstören. Ein Befreiungsschlag, der von der eigenen kleinkarrierten Verantwortungslosigkeit ablenkt, nach großer staatsmännischer Verantwortung aussieht und die beiden Partner ins Unrecht setzt. Bis dahin gilt: Es gibt nichts zu sehen, bitte weitergehen.
Reinhard Koine

Letztlich hat das Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Umwidmung von Coronageldern für den Klimatransformationsfonds die Ampel schachmatt gesetzt. SPD, Grüne und FDP hatten nie eine inhaltlich gemeinsame Basis, die über Politfolklore („Fortschrittskoalition“) hinausging. Basis der Koalition war die Addition von Projekten. Und die Projekte der Grünen und der SPD kosteten vor allem Geld. Das war nach dem Urteil plötzlich weg. Was danach vom Koalitionsvertrag übrig blieb war weitgehend FDP pur – die Schuldenbremse und ein Veto gegen alles, was die staatlichen Einnahmen vergrößern könnte. SPD und Grüne hätten vor dem Hintergrund von Ukraine-Krieg und Wirtschaftskrise zwingend auf eine Neuverhandlung der Koalitionsgrundlagen dringen müssen, mit dem Risiko des Koalitionsbruchs. Dies ist unterblieben, weil das größte aller Übel für Politiker noch immer der (mögliche) Verlust der Macht ist. Seitdem ist die Koalition permanent im Emergency-Modus. Es geht nur noch um die notfallmäßige Stabilisierung auf Zeit. Die verheerende Außenwirkung wird als Kollateralschaden hingenommen.
Mathias Siekmeier

Es gehört nicht viel dazu, zu erkennen, dass in der Politikunfähigkeit der Ampel Probleme kulminieren, die sich über Jahrzehnte aufgebaut haben und auch von einer kommenden Regierung nicht gelöst werden können. Linke und rechte, zentralistische und liberale Politiken werden auch weiterhin Spannungen und Blockaden aufbauen, mit denen man das Land nicht durch die Stürme der Zeit führen kann. Ohne eine klar liberale Neuausrichtung von Wirtschafts-und Sozialpolitik haben wirtschaftliche Prosperität, Wohlstand und innerer, wie äußerer Frieden keine Grundlage. Der Krampf der Ampel oder der Kampf gegen Rechts sind nur Angstreaktionen, um sich die eigentliche Entscheidung vom Hals zu halten. Mit immer mehr Schulden hat man sich die Zeit erkauft, so weiterzumachen, wie bisher. Diese Zeit geht erkennbar dem Ende entgegen. Das betrifft auch DIE ZEIT und ihre Redakteure. Wann sich die Ampel scheiden lässt, ist ein Thema für die Ausgabe von gestern. Wieviel Hirn muss man sich stilllegen lassen, um bei Scholz, Habeck und Lindner stehen zu bleiben? Freiheit oder Sozialismus? Das ist die Entscheidung. Die Deutschen wollen Sozialismus. Doch das Geld dafür verdient man nur in Freiheit. Was also tun, wenn man die Schweiz nicht überfallen und ausrauben kann, weil die Bundeswehr in Mutterschaftsurlaub ist. Hat DIE ZEIT einen Rat?
Fred Klemm

Die Ampel-Mitglieder werden wohl bis zum bitteren Ende zusammenhalten, obwohl sie eigentlich nie und niemals so ganz richtig zusammengepasst haben. Das Trennende scheint diese drei Parteien auf Teufel komm raus, jedenfalls noch bis zum September 2025, zusammengeschweißt zu haben. Sie spielen gnadenlos mit der Macht und diese auch rücksichtslos aus, die sie nicht auf ewig, sondern eigentlich nur auf Zeit innehaben! Aber ich bin mir da nicht ganz sicher, ob sie das auch so verinnerlicht haben!? Das Trio tut und macht jedenfalls nur das, was sie schon immer tun und machen wollten und kein Wähler in Deutschland kann/wird/dürfte sie darin stoppen. Manch ein Ampel-Männchen hat keine richtige Ausbildung genossen, deshalb dürfte auch dieser Mangel an Fachkräften zu einem riesengroßen Thema der Politik in Berlin geworden sein!
Klaus P. Jaworek

Vielen Dank für diese Analyse, die den aktuellen Zustand unserer Regierung und der sie tragenden Koalition auf den Punkt bringt. Als Bürger steht man ratlos in einem politischen Vakuum, konfrontiert mit einer Regierung, deren Mitglieder es nur noch um den eigenen Machterhalt geht. Regieren wird zur Nebensache. Verstörend ist die Selbstwahrnehmung des Kanzlers und seiner Ministerinnen und Minister. Die Regierung kreist um sich. Leider hat diese Selbstwahrnehmung eine Schieflage, die zunehmend in die falsche Richtung kippt. Es ist eine Schieflage, die in unserer Gesellschaft zunehmend zur Normalität zu werden scheint. Lösungen, die dieses Land in so vielen Feldern so dringend nötig hätte, fallen Egoismus und Ignoranz zum Opfer. Oder so: „Wissen Sie, Dummheit kann gefährlich sein.“ Ein Satz aus einem anderen Zusammenhang, aber irgendwie passend – und beängstigend, wenn man ihn zu Ende denkt.
Sven Rothfuß

Eine Scheidung unmöglich, wo die Wahlumfragen der Ampel-Parteien im Keller sind und die Ostdeutschen Landtagswahlen vor der Tür stehen. Durchhalten um jeden Preis, das ist jetzt die einzige Option, die übrig bleibt. Eine Ehe zu dritt, das kann auch im richtigen Leben nicht immer gut gehen. Am Anfang war die Hoffnung, am Ende angekommen bleiben die Unterschiede in ihre parteipolitischen Ideologien in seinem Kern verhaftet, alle Kompromisse enden mit großer Unzufriedenheit. Die deutsche zerklüfteten Parteien- Landschaften und die dazugehörigen Wählerinnen, verheißen keinerlei Besserung in der kommenden Bundestagswahl.
Thomas Bartsch Hauschild

Bei ihrer Kritik an der 3er-Koalition vermeidet die ZEIT die entscheidende Frage: welche Alternativen gibt es? CDU/AfD oder was wäre anders mit einer CDU an der Spitze einer 3er-Koalition? Positiv formuliert: Welche Ideen aus den 3 Parteien könnte man zusammenführen?
Eckart Schermuly

Die seinerzeit imaginierte Fortschrittskoalition war von vornherein eine Chimäre. Die Koalitionäre sind zu verschieden und blockieren sich gegenseitig. Es wächst eben nicht zusammen, was nicht zusammenpasst. Sicher hat die Koalition eine große Last von den Vorgängerregierungen geerbt. Und auch die Herausforderungen der aktuellen Legislaturperiode dürften jene der letzten Jahrzehnte übertreffen. Das rechtfertigt aber keinen Stillstand und schlechte Arbeit. Deshalb wäre eine Aufkündigung der Koalition nicht leichtfertig, sondern, berücksichtigt man die Umfragewerte (Sonntagsfrage) und Umfragen bezüglich der Qualität der Arbeit der Koalition, ein Befreiungsschlag. Vor allem für den Souverän. Und der ist bekanntlich das Volk. Möglicherweise wäre es auch einer für die Partei, die Neuwahlen durch Aufkündigen der Koalition auf den Weg brächte. Könnte deren Mut angesichts der Umfrageergebnisse doch als Prinzipienfestigkeit honoriert werden.
Reiner Gorning

 


 

Leserbriefe zu „Können wir euch helfen?“ von Stefanie Kara und Jan Schwenkenbecher

Unseren Kindern geht’s nicht gut „Wissenschaftler warnen …“ Dazu bräuchte es keine Wissenschaftler, das ist vielfach sichtbar! „Wie können Ärzte und Therapeuten helfen?“ Es müsste heißen: wie können Eltern, Lehrkräfte, Erzieherinnen Therapeuten usw. helfen? Denn die Familien sind als erste gefordert. „Wie erkennen Eltern, dass etwas nicht stimmt?“ Dass etwas nicht stimmt, ist doch gerade das Problem – sonst bräuchte es diese Titelgeschichte nicht. Es geht darum, was genau es ist! Das ist immerhin die erste Seite der ZEIT – und gleich drei Fehler!
Kilian Rinne

Die Antwort ist ein eindeutiges „Ja“, aber nicht erst, wenn das „Kind in den Brunnen gefallen ist“, sondern durch konsequente Gegenmaßnahmen gegen die schädlichen Megatrends. Keiner der aufgeführten „schädlichen Megatrends“ ist eine „Gottesstrafe“ oder höhere Gewalt, sondern menschengemacht oder zumindest beeinflusst. Sarkastisch könnte ich nun formulieren: Das haben um wir nun davon, dass wir die Dinge haben treiben lassen und davon ausgingen, dass „es so schlimm schon nicht werden würde“. Anders gefragt: Wie lange wollen wir noch untätig zusehen, wie die Welt so allmählich den Bach runter geht? Hinweis zu Punkt 4: Eine gute Möglichkeit ist es den Kindern vorzuleben, dass es auch anders geht, dass man z.B. problemlos auf Flugreisen verzichten kann, dass man nicht das tun muss, was alle tun. Hinweis zum Megatrend „Ungleichheit zwischen den Generationen“: Ich halte diesen Trend für sinnlos, denn ich bin beispielsweise froh, dass ich nicht wie meine Eltern einen Weltkrieg erleben musste. Und falls nun jemand einwirft, darum ginge es nicht, sondern dass die Kinder nicht mehr das tun dürfen/können, was die Eltern getan haben, kann ich nur entgegnen, dass viele Millionen Menschen noch nie in ihrem Leben ein Flugzeug bestiegen haben, während wir uns anmaßen, das dies uns zusteht. Wie ist es denn, wenn jemand ein Leben lang geraucht hat und im Alter ihm gesagt wird, dass er entweder sofort damit aufhört oder er/sie ist bald tot? Wird er/sie sich dann beschweren, dass er/sie nicht mehr rauchen darf, was alle anderen es ja dürfen? Letzter Punkt: Wie geht denn die sog. reiche Welt (die nun auf einmal negative Konsequenzen ihres Lebensstils erfahren muss) damit um, dass die armen oder aufstrebenden Länder auch so ein Leben erträumen wie die Bewohner der reichen Welt, aber aus ersichtlichen Gründen es diesen Ländern verwehrt sein oder werden muss, auch so reich zu werden, weil sonst alles kollabiert? Was passiert, wenn sie sich mit Gewalt holen, was sie meinen, dass ihnen zusteht? In kurzen Worten: Die Symptome zu behandeln, ohne die Krankheitsursachen zu beseitigen, ist sinnlos.
Erich Würth

Wie allgemein üblich werden im Zusammenhang mit seelischen Erkrankungen die falschen Fragen gestellt, insofern wird man kaum zu richtigen Antworten kommen, außer zu der Erkenntnis, dass sich dieses Problem nicht auf Dauer mit Geld zuscheißen lässt. Seelische Erkrankungen werden in der Regel als Problem des Individuums aufgefasst. Dementsprechend werden auch die Lösungen in der Behandlung des Individuums gesucht. Dabei kennzeichnen seelische Erkrankungen, wenn sie denn in der beschriebenen Massivität auftreten, eher Zerfallsprozesse einer egozentrischen Gesellschaft, die sich am individuellen Protzgehabe ergötzt und Probleme gern den „Fachleuten“ zuschiebt, um am Ende festzustellen: „das wird ja unbezahlbar!“ Ein wesentlicher Fakt für seelische Gesundheit bedingt innerhalb des Gemeinwesen einen sinnerfüllenden Platz zu finden. Auf dem Weg dorthin kann offensichtlich diese Gesellschaft den jungen Menschen kein ausreichendes Angebot mehr machen. Hinter der Glitzerwelt der ausufernden Konsumwelt, lässt sich am Ende kein Sinn finden, aus dem sich Identität und Selbstwert schöpfen lässt. Es braucht einer Ebene des Miteinander Schaffens, um Beziehung herzustellen und Identität am Ergebnis des Geschaffenen wachsen zu lassen. Um diesen Prozess werden in einer Welt, in der alles käuflich und schnell verfügbar ist, unsere Kinder betrogen. Insofern stehen wir also vor dem Produkt einer verwahrlosenden Gesellschaft, die allzu gern bereit ist, Unsummen auszugeben, für ein Gerät, an dem sich die Urzeit ablesen lässt, aber ihren Kindern nicht das zu geben, was sie benötigen.
Bernd Schumann

Die Diagnose über die Zunahme psychischer Belastungen bei Kindern und Jugendlichen erfordert ein gründliches Nachdenken über die Bedingungen des Aufwachsens und der Selbstwerdung junger Menschen. Je stärker der „Druck der verwalteten Welt“ die Ausbildung einer persönlichen Ich-Identität erschwert, desto stärker müssen jungen Menschen sinn- und identitätsstiftenden Denk- und Sprachhorizonte erschlossen werden, damit ihnen ein selbstbestimmtes Leben gelingen kann. „Digitalisierung“ und „Couching“ können nicht die einzigen Rettungsanker eines maroden Bildungssystems sein. Wir brauchen eine grundlegende kulturbasierte Verständigung über die Frage, auf welches Leben in welcher Welt wir junge Menschen eigentlich vorbereiten wollen.
Paul Fringes

Zunächst möchte ich betonen, dass ich Die Zeit in den letzten Monaten als richtig gut aufgestellt empfinde, dass sie mein Denken durchaus anregt und meinen Horizont erweitert. Das viele Geld ist gut angelegt bei Ihnen. Zum Artikel „Können wir euch helfen“ möchte ich allerdings eine Perspektive hinzufügen. Sie schreiben, „… unzureichende Maßnahmen gegen den Klimawandel, eine unsichere digitale Welt, soziale Ausgrenzung, unsichere Arbeitsverhältnisse, eingeschränkten Zugang zu bezahlbaren Wohnraum und Ungleichheiten zwischen den Generationen. All diese Trends hätten in vielen Ländern – eine düstere Gegenwart und Zukunft – für junge Menschen geschaffen“. Sinngemäß müssen nun Eltern und vor allem Therapeuten ran, um die Probleme bei den Kindern zu lösen. Merken Sie selber, ne? Es lässt sich doch viel passender sagen: die Kinder reagieren völlig angemessen auf ihre Lebenswelt, die Erwachsenen haben die Aufgabe, die Ursachen zu bearbeiten! Vielleicht geht das sogar mit den Kindern zusammen. Diese Perspektive fehlt mir wirklich in diesem Artikel und in der öffentlichen Diskussion.
Lars Wiebke

Ich habe mir DIE ZEIT vom 22.08. nur wegen dieses Leitartikels gekauft. Ich teile die Meinung, dass es unseren Kindern nicht gut geht, sehr vielen jedenfalls nicht. Das ist aber kein neuer Missstand, ich beobachte den seit Jahrzehnten mit Kopfschmerzen. Nur die Erscheinungsformen haben sich vielleicht etwas in Richtung psychische Erkrankungen verschoben. Wobei ich mal die Frage aufwerfen möchte, ob es eine psychische Erkrankung ist, wenn Mädchen gegen schlechte Behandlung in den Hungerstreik treten. Und Suicide unter Jugendlichen sind kein neues Phänomen. Ich habe schon vor längerer Zeit darüber Recherchen im Web angestellt, angeregt durch zwei öffentlich gewordene Vorfälle, den Fenstersprung eines 14-Jährigen aus den 4.Stock der Lindenrealschule in Stuttgart-Untertürkheim und den S-Bahn-Sprung eines ebenfalls erst 14-Jährigen am HP. Nürnberger Straße. Eine Quelle behauptet, Suizid sei die häufigste Todesursache unter Jugendlichen. Suizidankündigungen sind meist nur Hilferufe, auf die man allerdings mit Hilfeangeboten – nicht mit einsperren(!) – reagieren sollte. Wer aber entschlossen ist, redet nicht, er macht’s. Er will ja nicht daran gehindert werden. Ganz allgemein gilt aber, man sollte Kids, die psychische Auffälligkeiten zeigen, immer zuerst mal selbst fragen, „kann ich dir helfen, wie, was fehlt dir, was brauchst du“ und ihnen das dann geben oder vermitteln, bevor man daran denkt. professionelle Therapeuten einzuschalten. Die können ja nur Seelenmassage betreiben, nicht aber die Lebensumstände ändern, die die psychische Beschädigung ausgelöst haben.
Ich hatte einen Nachhilfeschüler, zu Anfang gut 9 Jahre jung. Dem Jungen fehlte es nicht an Intelligenz. Sehr bald schon rückte er mit seinem Problem heraus: „Die Schule frisst mich auf, ich habe keine Zeit mehr für die schönen Dinge im Leben.“ Hinzu kam eine giftige Atmosphäre in der Schule, und in seiner Familie stimmte auch einiges nicht. Das Gefühl, das Leben besteht doch nur aus Belastungen, ist gefährlich. Es kann in Drogenabhängigkeit oder in den Suizid führen. Ich habe dann sehr viel mehr Zeit auf die Gewährung positiver Erlebnisse verwandt als auf die Hausaufgabenhilfe. So habe ich den Jungen heil durch seine Schulzeit gebracht.   Kids (= Kinder + Jugendliche) sind in Deutschland recht-, schutz- und hilflose Untermenschen, mit denen selbsternannte „Erziehungspersonen“ (Eltern, Lehrer, Heimerzieher) nach Belieben umspringen dürfen. Überhaupt ist „Erziehung“ ein Unwort, vgl, Alice Miller, „Am Anfang war Erziehung“. Die Geschichte der „Erziehung“ ist eine Geschichte von Gewalt + Erniedrigung – und die Gegenwart? Die zunehmenden psychischen Beschädigungen von Kids belegen doch wohl, dass die Gegenwart nicht besser aussieht. „Erziehung“. war + ist eine Sublimierung von Herrschsucht. Gesellschaft + Staat haben nichts gelernt von den „Kindern vom Bahnhof Zoo“, von Jürgen Bartsch, von Rösner + Degowski. Letztere waren in ihrer Jugend Gefangene in einem Kinderzuchthaus in Papenburg und dort tiefschwarzer Pädagogik ausgesetzt, und solche Kinderzuchthäuser existieren noch immer. Artikel 20a GG schützt die Umwelt und die Tiere, einen Schutz für Kinder sucht man im GG + anderen Gesetzen vergeblich. Das legt den Schluss nahe, dass Kids in Gesellschaft und Politik im Rang unter Tieren rangieren. Das erst 2000 (späte Erkenntnis!) erlassene Gewaltverbot in der Erziehung – es verbietet auch nur physische Gewalt –  steht auf „geduldigem Papier“. Und strukturelle (Schulen, Heimerziehung) und psychische Gewalt sind eben auch Gewalt. Eine Psychologin schrieb im Spiegel, „Strafen schädigen das Selbstwertgefühl von Kindern“. Ein stark beschädigtes Selbstwertgefühl kann die Neigung zu gewaltsamen Konfliktlösung(versuchen) aber auch den Entschluss zum Suizid auslösen. Und diese Situation hat natürlich Auswirkungen auf die seelische Gesundheit von Kids .   Die Konsequenz aus solchen Erscheinungen, wie Sie sie hier beschreiben, kann nur lauten: Es nicht so weit kommen lassen. „Vorbeugen ist besser als heilen!“ Und ob solche verzweifelten Heilungsversuche überhaupt Aussicht auf Erfolg haben, bezweifle ich. Die sind ein vorübergehender Schutzraum, aber was kommt danach?   Wenn wir unseren Kids solche psychischen Beschädigungen ersparen wollen, müssen wir uns unbedingt einen ganz anderen Umgang mit ihnen angewöhnen. Wir müssen Kids als vollwertige, gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft + der Familie begreifen lernen. Wir müssen sie so annehmen + lieben, wie sie sind. Wir dürfen Kids nicht „erziehen“, sie stattdessen freundlich, tolerant, einfühlsam, warmherzig bis zur Selbständigkeit begleiten. Wer das nicht kann oder nicht will, soll sich keine Kinder zulegen und keinen Beruf mit Kindern ergreifen! Und der Staat muss sich endlich dazu durchringen, „Erziehung“ zu verbieten und dieses Verbot noch konsequenter durchzusetzen als seine Geschwindigkeitsbeschränkungen. Dann gehören Pubertätsprobleme und psychische Erkrankungen der Vergangenheit an.
Alexander Abel

Unbestritten geht es vielen Kindern und Jugendlichen derzeit nicht gut. Dieses Schlaglicht hat einen oft vergessenen gesamtgesellschaftlichen Kontext, so dass mindestens die Überschrift zu kurz greift – weil es den meisten Eltern nicht gut geht, meistens ohne dies und dessen Gründe wahrzunehmen. Sie projizieren ihre Hektik und Außenlenkung, ihre Unlust und Gleichgültigkeit, ihre Erschöpfung und Unfähigkeit zu Verantwortung auf die Kinder. Erwachsenwerden ist für Kinder und Jugendliche schwierig geworden, auch weil das angepeilte Erwachsensein keine verlässlichen Konturen mehr zeigt. Das alle Altersklassen und Generationen vereinheitlichende Digitalangebot entbehrt notwendiger Alternativen zum typisch westlichen konsumistischen Monolebensstil und zu der Notwendigkeit von Distanz und Selbstreflexion. Die mit der Individualisierung einhergehende Infantilisierung und strukturelle Verantwortungslosigkeit, eine mit der Betonung der Gefühle gewachsene Aufmerksamkeitsstörung, eine allgemeine Bildungsdekadenz, Körper- und Naturvergessenheit und eine zerstörerische Verrohung unserer Umgangsformen machen es Kindern und Erwachsenen in ihrer Selbstfindung schwer. Ein anderes Gegenüber und ein analog-anregender Anderer fehlen, auch als kritische Distanz für Kinder im Lernen durch Nachmachen. Corona allein kann dafür nicht haftbar gemacht werden, sondern auch Langzeitentwicklungen wie die bis ins Selfie gesteigerte Individualisierung, der Verlust an Ritualen, an Traditionen, religiösen Tröstungen, an Diversitätsfreude und Gemeinschaft stiftenden Erzählungen. Die Selbstbezogenheit des typisch westlichen Lebensstils fördert die allseits bedauerte Verletzlichkeit, die sich ihrerseits sowohl in Aggressivität als auch in Rückzug und Vereinsamung Luft verschafft. Wir brauchen einen differenzierenden Generationenvertrag und eine kommunizierende Gesellschaft und Politik. Dabei die Bitte: Kinder und Jugendliche können selbst sagen und schreiben, was sie von uns Erwachsenen für ihr Erwachsenwerden angesichts unseres wenig attraktiven Erwachsenseins erwarten.
Uwe Gerber

«Wissenschaftler warnen vor der psychischen Krise einer ganzen Generation von Kindern und Jugendlichen.» Doch was könnte die tiefere Ursache dieser Entwicklung sein? Ist sie Spiegelbild unserer Gesellschaft, der es nicht gelingt, einen gesicherten Weg in eine lange, gute Zukunft aufzuzeigen? Dies obwohl immer mehr Wissen angesammelt wird, immer mehr Menschen sich um diese Aufgabe bemühen? Letztlich geht es bei beiden Themen um ungelöste Zielkonflikte, um fehlendes Gefühl von Sicherheit. Bei den Jugendlichen ist es auch das Gefühl mit etwas nicht zu Rande zu kommen. Es wird immer schwieriger, seine Rolle zu finden. Einerseits muss man Interessantes erleben und konsumieren, um sich gut präsentieren können. Andererseits sind hohe Ansprüche an Aussehen und Fähigkeiten zu erfüllen, um mithalten zu können. Das ist ein Abbild der Anforderungen, die sich auch an Erwachsene richtet. Die Norm ist nicht mehr der lebenslang ausgeübte Beruf beim selben Arbeitsgeber. Das erfordert lebenslanges Anpassen an neue Anforderungen und auch hier die Fähigkeit, sich gut präsentieren zu können. Das betrifft nicht nur den Beruf, sondern auch die Partnerwahl. In dieser Situation ist es hilfreich zu akzeptieren, dass es Zielkonflikte gibt, nicht nur in Bezug auf das eigene Umfeld, sondern auch in der Gesellschaft. Man wird dann nicht zum Opfer des Chaos, sondern zum Beobachter, der darübersteht. Schwierig wird es, wenn das Chaos auch die eigene Familie betrifft. Hilfreich wäre es, Lebensfreude aus anderen Bereichen zu finden, Natur erleben, eventuell auch Religion, Sport (ohne unerfüllbare Ambitionen), Verwandtschaft und Freunde (auch ohne unerfüllbare Ambitionen). Letztlich ist die Situation auch ein Aufruf an die Politik, durch vorausschauendes Handeln, ein berechtigtes Gefühl der Sicherheit in Gegenwart und Zukunft zu vermitteln. Dazu gehört auch das Lösen von Zielkonflikten, etwa desjenigen zwischen den Menschenrechten auf Lebensunterhalt und dem Menschenrecht auf Eigentum und Sicherheit. Das betrifft auch die Migrations-Politik.
Gernot Gwehenberger

Es ist sehr traurig, dass es unseren Kindern in einem der reichsten Länder der Erde psychisch schlecht geht! Ja, Eltern wollen nur das Beste für ihre Kinder! Was aber heißt das? Werden nicht zu oft eigene Vorstellungen, wie Kinder und Jugendliche sein sollen, „überstülpt“? Mein Menschenbild sagt mir: Nimm das Kind so an, wie es ist, so ist es nun einmal „geschaffen“! Liebe dein Kind so wie es ist! Trau Deinem Kind viel zu, vor allem das Gute, den Mut, das Vertrauen! Schenke Deinem Kind jenen großen „Spielraum“ den es braucht, um sich zu entfalten! Denke, Deine Kinder sind nicht Deine Kinder; Du darfst ihnen das Leben schenken; leben müssen sie selbst lernen!
Wolfgang Zopora

 


 

Leserbriefe zu „Der Tag danach“ von Yassin Musharbash

Nein! Deutschland wird nicht gebraucht, um „eine Perspektive auf Frieden aufscheinen“ zu lassen, zwischen Gaza und Israel. Es sei denn, sich maßlos zu übernehmen ist deutsche Staatsräson. Nach tausendfachem Mord und Totschlag ist Frieden schlicht das falsche Wort für Palästina. Und die Deutschen schaffen es ja noch nicht einmal, alle politischen Parteien des eigenen Landes in den nationalen Diskurs einzubinden. Soll man jemand, der schon beim Spielen mit Stoffbären scheitert, die Bändigung von riesigen Braunbären anvertrauen? Lassen wir den Deutschen lieber noch etwas Zeit mit den Stoffbären.
Fred Klemm

„Denk’ ich an Deutschland in der Nacht …“ Es ist sehr schwer vorstellbar, was Herrn Musharbash überhaupt auf die Idee kommen lässt, auch noch Deutschlands Eingreifen in die unendliche Gaza- und Palästinenser-Problematik zu fordern, so etwa als neueste Welt-Rettungs-Aktion, weil ja die hausgemachten Probleme und der Ukraine-Krieg nicht reichten. Ja, Deutschland kann man auch anders kaputt-Machen! Also: Für den Verfasser kommen die arabischen Staaten, die EU und USA erst gar nicht in Frage! Warum denn nicht die arabischen Staaten mit unermesslichem Reichtum und subversiver und offener Hilfe für die Palästinenser Aufrüstung? Warum denn nicht die USA – Hunderte mal potenter und mit immerhin wirkungsvoller humanitärer Effizienz (die nebenbei gesagt nicht „arabisch“ genug war)? Warum denn nicht die EU, die doch alles gemeinsam nur im Verbund ihrer Mitglieder machen will? Warum denn nicht Großbritannien, das dieses Problem maßgeblich mit konstruiert hat? Ein deutsches Mitwirken wäre der sichere Weg, sich auch – wie hier vorgeschlagen – unausweichlich in den Nah-Ost-Konflikt mit perfidem Terrorismus und offenen Atom-Kriegs-Drohungen hinein ziehen zu lassen. Es ist uns allen klar, dass es sich um eine Region und Problematik handelt, die von Fanatismus und Totalität nur so trieft. Meint der Verfasser wirklich, man könne uns so leicht vergessen machen, was diese Eigenschaften in der deutschen Geschichte angerichtet haben? Alle verantwortungsbewussten Politiker sind der Meinung, dass eine dauerhafte Lösung nur dann gefunden werden kann, wenn die Beteiligten selbst die Schatten Ihrer Religionen und absoluten Sichtweise aufgeben und nach neuen Wegen suchen. Es ist unendlich viel Geld in diese Region geflossen und noch mehr vorhanden und arabisches Land ist – nach eigenem Bekunden – auch ausreichend vorhanden.
Was soll dieser Vorschlag? Es ist Jahrzehnte verhandelt worden und Generationen von Diplomaten wurden verbraucht. In die Falle des Palästina-Konfliktes, hinter dem sich ganz eindeutig der religiöse Kampf des Islam gegen das Christentum in dieser Region verbirgt, sind schon viele getappt. Deshalb muss auch Deutschland verbraucht werden und Teil des Gemetzels werden??? Deutschland, das keine Menschen hat, seinen Sozialstaat aufrecht zu erhalten, das im Ukraine-Krieg hilft, das sich nicht verteidigen kann während Putin Atom-Raketen auf deutsche Städte verspricht, das in einem fast epochalen Niedergang seiner Wirtschaft begriffen ist, das sich vor innerer Zersplitterung kaum selbst findet und dem als Bedingung für die Wiedervereinigung äußerste militärische und politische Zurückhaltung von den „4 +2“-Mächten auferlegt wurde und wozu es sich bekannt hat und – ja – das zwei Weltkriege auch durch Überheblichkeit und politische Fahrlässigkeit auf dem Gewissen hat. Und wir brauchen nach Ansicht des Verfassers noch einen Konflikt? Was soll das? Hier drängt sich ein abgewandeltes Wort eines der besten Nahost-Kenners, Peter Scholl-Latour als unverändert wahr auf: „Wer sich in Nahost einmischt, hilft nicht Nahost, sondern hat Nahost dann hier. „Und so ganz nebenbei lässt der schon tägliche Terror der Messer- und Macheten-Kundigen in diesem Land grüßen!
B. Hauser

Wenn man DIE ZEIT vom 22.Aug. liest, fragt man sich, was wohl in der Redaktionskonferenz der Grund dafür war, den Text von Yassin Musharbash als Leitartikel auszuwählen. Sollen wir, wie der Autor uns bewusst macht, nach einer Waffenruhe in Gaza in die Pflicht für den Wiederaufbau genommen werden, der viele Milliarden kosten wird? Wie diese Vorstellung dann finanziert werden soll, kann sich der Leser selbst überlegen, die derzeitige Regierung wäre hierzu ganz sicher nicht in der Lage, wie man ja auch im Artikel KAPUTT IM AMT (vgl. S. 2 ) lesen kann , denn sie ist ja kaum mehr fähig , die bestehenden Haushaltslücken zu schließen bzw. droht an diesen Problemen zu scheitern. Die immer mehr sich abzeichnende wirtschaftliche Talfahrt in unserem Land, wird auch kommende Regierungen kaum die erforderlichen Steuermilliarden bringen, die erforderlich sind, um die schon bestehenden Verpflichtungen zu bezahlen, jetzt dann auch noch den Wiederaufbau von Gaza ? Hierzu kein Wort vom Autor des Leitartikels und es wird auch nicht daran erinnert, dass wir im Rahmen unserer Solidarität mit Israel, in einem gewissen Umfang mit dazu beigetragen haben, dass Gaza total zerstört werden konnte. Die „Logik“ in dem Artikel, dass wir deshalb auch aus moralischen Gründen für den Wiederaufbau verpflichtet sein müssen, ist auf jeden Fall „Wasser auf die Mühlen“ der AfD! Honi soit qui mal y pense!
Hans-Heinrich Jakober

Nur dann würden Verhandlungen im Nahostkonflikt zu einer dauerhaften Lösung führen können, wenn die in ihren Positionen verhärteten Verhandler in der Lage wären, ihr Selbstverständnis und ihre daraus abgeleiteten Ansprüche zu überprüfen und, im Blick auf ihr Gegenüber, womöglich neu zu bestimmen. Solange die Hamas an der in ihrem Gründungsdokument festgeschriebenen Intention, Israel völlig auszulöschen, festhält, ja darin ihr Selbstverständnis definiert sieht, kann sie kein glaubwürdiger Verhandlungspartner sein. Und solange in der Regierungskoalition Netanjahus Sympathisanten der zunehmend gewaltbereiten Siedler das Sagen haben, die von der Bibel her nur sich als die berechtigten Besetzer und Besitzer des gesamten umstrittenen Landes sehen, können auch sie nicht als glaubwürdige Verhandler gelten. Könnte ein wenig vom Geist der Bergpredigt hier weiterhelfen?
Klaus Lutterbüse

Man hat ja förmlich darauf gewartet, auf die Schlusssequenz: „Und Deutschland sollte sich am Wiederaufbau beteiligen, der viele Milliarden kosten wird.“ Aber warum eigentlich immer Deutschland? Ist noch nicht durchgedrungen, dass die Kuh inzwischen so ausgemergelt ist, dass sie sich kaum noch in der Lage sieht, ihre eigenen Kälbchen zu ernähren? Wie wäre es denn, wenn hier einmal diejenigen einsprängen, die zwar auch wenig Milch haben, dafür aber Öl und „Kohle“ im Überfluss. Für riesige Sportveranstaltungen und architektonische/städtebauliche Highlights gibt man gerne Unsummen aus, aber für die Unterstützung der ihnen soziokulturell und religionsmäßig nahestehenden Nachbarn? Da macht man sich gerne einen schlanken Fuß, ist ja auch nicht so glamourös!
Jürgen Methe

Herr Musharbash hat vermutlich recht. Sobald die Waffen schweigen, macht die Weltgemeinschaft weiter wie in der Vergangenheit, man baut auf, gibt humanitäre Hilfe etc. Doch es geht nicht um den Gazastreifen, es geht um das Existenzrecht von Israelis und Palästinensern. Beide Parteien müssten sich verständigen, sei es auf die von der Weltgemeinschaft immer geforderte Zweistaaten- oder eine Einstaatenlösung. Ohme eine von beiden Seiten anerkannte, verbindliche Vereinbarung wird jeder Wiederaufbau nur in eine neue Zerstörung führen. Kein Land und keine internationale Organisation sollten vor einer solchen Zusage tätig werden.
Hans-Günther Vieweg

Fast am Ende des Artikels steht das Wichtigste: Um dem Wahnsinn des Gaza Krieges endlich ein Ende zu bereiten, vor allem aus humanitären Gründen, muss eine multinationale Sicherungstruppe dort vor Ort die militärische Kontrolle übernehmen. Weder Israels Premierminister Netanjahu noch die Terroranführer der Hamas sind in der Lage, dem Dauersterben, der Vernichtung von Wohngebieten und Infrastruktur zu stoppen. Weder Netanjahu noch die Hamas haben ein Interesse daran, der Hölle auf Erden im Gazastreifen ein Ende zu bereiten da beide dem Hirngespinst nachjagen, auf dem Territorium Israels und seiner von ihm kontrollierten besetzten Gebiete nur ihren Staat zu dulden -also nie und nimmer die 2-Staatenlösung zu akzeptieren. Das Schicksal der noch lebenden Geiseln wird bei den immer wieder geforderten Verhandlungen von beiden Seiten mehr oder weniger hintertrieben! Israels Demokratie mit seiner Regierung Netanjahu und der Gruselkoalition von fanatisch Religiösen und rechtsextremen Siedlungsideologen steht weltweit unter verschärfter Beobachtung und Kritik. Und wenn Netanjahu nicht müde wird zu betonen, dass seine Koalitionspartner ihn immer wieder daran hindern, nach Kompromissen zu suchen, um den Dauerkonflikt mit Palästina zu entschärfen, glaubt ihm das keiner mehr. Eher das Gegenteil trifft zu. Erst so hat er freie Hand militärisch und politisch eine 2-Staatenlösung zu blockieren. Er denkt im Traum nicht daran, seine nur schlecht getarnten Besiedlungsziele aufzugeben und denkt politisch genauso wie seine extremistisch denkenden Koalitionspartner. Und was unterscheidet den palästinensisch-islamischen Dschihad noch von den radikalen Zielen eines extrem orthodoxen Judentums? Das demokratisch verfasste Israel hat hier seine politische Achillesferse. Die Auswüchse von religiösem Denken und Handeln im orthodoxen jüdischen Israel und islamischen Palästina beziehen sich zwar auf 2 Religionen, die aber als abrahamitische Religionen gleichen Ursprungs sind. Dieser weltweit zunehmende tödliche Mix aus Religion und Politik ist das wahre Übel der Menschheit, besonders im Nahen Osten -zusammen mit dem „Gottesstaat“ Iran. Also weiter den Gazastreifen dem Erdboden gleichmachen und die Zivilisten ihrem Elend überlassen? Oder schwebt Netanjahu etwas ganz anderes vor?
Die Palästinenser des Gazastreifens aus den zerstörten Wohngebieten vertreiben und umsiedeln in das von Israel besetzte Westjordanland? Das würde, so hofft vielleicht die Horror-Regierung Netanjahu, auch der Hamas das Genick brechen. Oder sind das nur die Auswüchse im Denken des israelischen Premiers und seiner extremistischen Koalitionspartner? Aber erst einmal sollen die USA und EU den Aufbau im Gazastreifen, bitteschön, mitfinanzieren, damit dort überhaupt wieder Menschen leben können. Werden das dann Palästinenser oder israelische Siedler sein? Und Israel würde aber weiterhin von den USA Waffenhilfe erwarten! Dieser Wahnsinn übersteigt selbst den furchtbaren Angriffskrieg von Putins Russland gegen die Ukraine. Um wieder auf den Ausgangspunkt (siehe oben) zurückzukommen: Nur die USA, als größte und wichtigste Schutzmacht Israels, und die EU, zusammen mit England, wären in der Lage, Netanjahus Regierung militärisch zu stoppen und die Terrorangriffe der Hamas zu beenden, indem man den Gazastreifen besetzt und Israel zwingt, seine Streitkräfte auf die Hisbollah (und ihrem Unterstützer Iran) im Libanon zu konzentrieren. Hoffen wir, dass ein demokratisches Israel Netanjahu endlich abwählt und die amerikanische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris in ca. 10 Wochen sich gegen den Demokratieverächter Trump durchsetzt. Harris ist zwar außenpolitisch ein unbeschriebenes Blatt aber vielleicht geeignet, der amerikanischen Nahostpolitik eine drastische Kehrtwende zu verordnen. Dabei darf die Existenz Israels natürlich nicht gefährdet werden, sondern es muss endlich gelingen, diesen politischen Brandherd in Form einer 2-Staatenlösung zu löschen.
Klaus Reisdorf

Jean Asselborn, der frühere luxemburgische Außenminister, hat es prägnant beschrieben´: Im Nachostkonflikt sind die Europäer bloße „Payer“´(Zahler) und keine „Player“ also Handelnde mit Einfluss. Dies gilt auf palästinensischer Seite von der UNRWA über die Autonomiebehörde bis hin zum Jemen (wo wir für die Huthi zum Schutz des Roten Meeres Ölentladeterminals sponsern und gleichzeitig Öltanker beschießen lassen). Insofern sollten wir uns im Gazakonflikt bitte nicht auf billigste Weise vordrängen, sondern auch die politischen Unterstützer der Hamas für den Wiederaufbau in die Pflicht nehmen. Vielleicht begreift das bei etwas Nachdenken auch Herr Musharbash. Schlicht beim eigenen Wort genommen: „Warum eigentlich nicht?“.
Martin Hommel

 


 

Leserbriefe zu „Die Position: Wir brauchen ein Schulfach Demokratie“ von Nina Kolleck

Nachdem parlamentarischen Fazit „Ein höherer Preis für Kohlenstoffemissionen wäre sinnvoll, schadet aber dem Wettbewerb“ bin ich verwirrt: Navigiert die Regierung nach einem ökonomischen Weltbild, was naturwissenschaftliche Einsichten widerspricht? Mit jeder Transfer-Entscheidung entscheide ich über die kollektive Vermögensverteilung der Erdbevölkerung mit. Faktisch auch über den Lebensraum, wie mir die IPCC-Berichte nahelegen. Warum also keine direktere Demokratie per „energetischen“ Transfers für den Zustand vom Lebensraum? Der politische Westen unterstützt das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine mit Waffen, Geld und Logistik; verhindert aber einen politischen Diskurs über eine Korrektur der Währungsdefinition. Cancel Culture ist auch von demokratischen Repräsentanten möglich; aber ein demokratischer Diskurs „Wie akkumuliere ich den Volkswillen? Warum soll das Volk diesem Akkumulationssystem zu stimmen? fehlt. Ist das Aufgabe von Lehrern oder Politikern? Wir leben in einer vorkopernikanischen Zeit, wo das Establishment auf ihrer Plutokratie beharrt und die Jugend schulisch auf ihr System durch Noten einschwört.
Matthias Losert

Der Vorschlag von Nina Kolleck, ein Schulfach für Demokratie einzuführen, ist sicher gut gemeint, aber nicht wirklich gut durchdacht. So berechtigt und hochaktuell die Sorge um die Stabilität der Demokratie auch in Deutschland zweifellos ist: wir brauchen kein Schulfach für Demokratie. Demokratie ist kein Schulfach wie Sprachen, Mathematik, Geistes- oder Naturwissenschaften, Demokratie ist ein anspruchsvolles und herausforderndes politisches System, das von aufgeklärten und engagierten Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern getragen und gelebt werden muss, wenn es nicht nur stabil, sondern möglichst vital werden und bleiben soll. Die Demokratie ist keine sich selbst erhaltende politische Ordnung. Die Stabilität eines demokratischen Systems wird nicht durch den Verfassungstext garantiert, sondern durch die Entschlossenheit der Staatsbürger, die Geltung der Verfassungsordnung für wichtiger zu halten als die jeweils eigenen politischen Präferenzen. Dazu muss selbstverständlich auch die Schule einen wesentlichen Beitrag leisten, aber weder kann sie es allein noch am besten über ein weiteres Schulfach, das den Verdacht der systemtreuen Indoktrination von vornherein gegen sich hätte. Nicht nur bevormundete frühere DDR-Bürger könnten sich an die „Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit“ unangenehm erinnert fühlen.
Es gibt manche Defizite im deutschen Schulsystem und die fehlende kontinuierliche politische Bildung gehört wohl dazu. Aber das kann und muss mindestens ebenso gut und zugleich wirkungsvoller durch Einbeziehung in vorhandene Schulfächer geleistet werden. Die zentrale Bedeutung von Spielregeln anstelle von Wahrheitsansprüchen für jede ernstzunehmende Demokratie, von Mehrheitsentscheidungen und Minderheitenschutz, von Toleranz für andere Auffassungen und Interessen, die Unverzichtbarkeit von Gewaltenteilung und einer unabhängigen Justiz, die Schlüsselrolle von Parlamenten und ausnahmslos begrenzten Amtszeiten kann nicht nur im Geschichtsunterricht an konkreten historischen Beispielen verdeutlicht werden, sondern aus anderer Perspektive auch im Deutsch- und Sprachunterricht durch entsprechende Lektüre, im Religionsunterricht durch die Vermittlung der Verirrungen dogmatisierter Glaubenslehren bis zum Sportunterricht, der sich nicht auf „Leibeserziehung“ reduziert, sondern Regeln einübt und Fairness hoffentlich auch. All dies gerne auch mit Rollenspielen wie simulierten Parlamentsdebatten, die die Autorin vorschlägt, vielleicht auch Gesprächsrunden mit Mandatsträgern außerhalb von Wahlkampfzeiten, für die keine Schule, die das will, ein eigenes, weiteres Schulfach braucht.
Norbert Lammert

Nein, es braucht kein Schulfach. Was gebraucht wird, ist die wöchentliche Klassenratsrunde im Stuhlkreis, mit fester Tagesordnung und Schülerinnen und Schüler, die reihum die Moderation übernehmen. Dazu jemand, der das „Protokoll“ schreibt, damit Verabredungen / Beschlüsse festgehalten werden. Es gibt einen wichtigen Grundsatz: Mädchen und Jungen sind gleichberechtigt. Zur Vorbereitung werden im Laufe der Woche auf einem Plakat mögliche Themen gesammelt. Die Auswahl treffen die Moderatorinnen und Moderatoren, ggf. mit Hilfe der Erwachsenen. Außerdem liegt ein jederzeit zugängliches „Beschwerdebuch“ bereit, in das unzensiert aus aktuellen Anlässen eingetragen werden kann. Besprochen oder diskutiert werden: Dienste für die Klasse und die Schule, Konflikte, Probleme, Befindlichkeiten, Planungen zu Feiern, Fahrten, Festen. Jede Sitzung endet mit positiven Bemerkungen (Lobe), z.B. „Ich lobe xy, weil …“ oder „Ich finde gut, dass …“ Das müssen die Erwachsenen am Anfang beispielhaft vormachen. Eine wichtige Regel für Lehrerinnen und Lehrer: Die üblichen „offiziellen Bekanntmachungen“ sollten möglichst unterbleiben. Sie stehlen wichtige Zeit. Bei Konflikten stellt jede Partei öffentlich ihre Sicht der Dinge dar. Dann wird die Frage gestellt: Wie kann es in Zukunft ohne Streit weitergehen? Jede Konfliktpartei macht einen Vorschlag und der Klassenrat signalisiert, ob er das in Ordnung findet. Keinesfalls wird im Klassenrat diskutiert, wer bei einem Streit angefangen hat. Für das Metawissen zu Demokratie genügen dann die Unterrichtsstunden in Gesellschaftslehre. Außerdem kann dieses Wissen mit erlebten Beispielen aus dem Klassenrat veranschaulicht werden.
Dieter Schüller

Vielen Dank für diesen Meinungsartikel, dessen Inhalte in vieler Hinsicht überfällig sind zu kennen und zu beherzigen! Dieser Beitrag reiht sich ein in ähnlich wichtige wie in der Ausgabe vom 1.8.24, S. 37 „Die Position: Mehr Praxis auf den Stundenplan!“ und Ausgabe vom 11.7.24, S. 34 „Die Position: Mehr Journalismus in die Schulen!“, dazu einige andere in der ZEIT über zB. Rechtsextremismus oder Bundeswehr im Klassenzimmer, und ergänzt sich gut mit dem Beitrag der gleichen Ausgabe 22.8. S. 31 „Fördern statt Kuscheln“ über die fehlenden Kompetenzvermittlungen schon in der Kita schon beim Spracherwerb, der für alles weitere in den Schulen wohl eine unverzichtbare Voraussetzung sein dürfte! Wie zuvor bei “ Mehr Journalismus in die Schulen!“ und beim parallelen Artikel zur Kita-Politik kann ich Ihnen fast nur zustimmen, wie inzwischen wohl auch viele Theoretiker und Praktiker von Bildung, Medien, Schule und Politik. Und schade finden, dass es so lange gedauert hat und wohl noch weiter dauern wird, bis es endlich und hoffentlich nicht ganz zu spät umgesetzt wird. Reichlich spät ist es ja schon jetzt. Sehr realistisch und vedienstvoll ist der Hinweis, dass zu einer Lehre der Demokratie nicht nur die Rechte, sondern auch die Pflichten gehören. Schließlich sind Rechte meist nur umsetzbar, wenn sie durch Pflichten aller anderen, auch zu entsprechenden Arbeiten und Zahlungen gestützt werden. Nicht nur die Funktionsweisen sind wichtig, sondern auch deren Bedingungen und damit Funktionsmöglichkeiten.
Aber auch Ihre Forderung ist m. E. eigentlich nur das Mindeste: Viel besser als „nur“ die Regeln der Demokratie zu unterrichten wäre eine umfassende Lehre auch von den Mythen und Missverständnissen und (Un-)Möglichkeiten von Demokratie und Politik, z.B. dass sie keine widersprüchlichen Erwartungen erfüllen und keine Dilemmas zur Zufriedenheit aller auflösen kann, dazu gehört auch Lehre aller Medien, sowohl der Qualitätsmedien incl. Begründung als auch der zerstörerischen Medien, die nicht der Wahrheit verpflichtet, sondern vorrangig von ideologischen, machtgierigen oder finanziellen Interessen oder Motiven gesteuert sind. Weiter sollte zur Bildung auch bzgl. Politik und Demokratie gehören, die gängigen menschlichen Denkfehler und Wahrnehmungs-Bias bzw. -verzerrungen zu kennen und zu erkennen wie Negativity Bias, Wunschdenken, Befangenheiten, Bestätigungs-Neigungen, Wiederholungs-Effekte bei Botschaften und Lügen, Tunnelblicke, Tabuisierungen, falsche eingeengte Alternativen bzw. false Balance, Verdrehungen, Ad-Hominem-Argumente, Dilemmas und deren Ausblendung, Framing, Scheinheiligkeit, Whataboutism, und alle gängigen Propaganda-Tricks zwecks einseitiger unfairer Manipulationen und Irreführungen bis hin zu einer Botschaft, Demokratie überhaupt — und nicht etwa die Art, wie sie (miss)verstanden und gelebt wird — sei das Problem und nicht die Lösung, oder umgekehrt, es würde alles gut, wenn man den Volkswillen lt. Volksabstimmungen nur 1:1 umsetzen würde oder müsste, als wären Mehrheiten weniger Irrtums- und fehleranfällig oder auch egozentrisch als von Experten beratene und gewählte Regierungen und Parlamente. Auch nicht ganz unwichtig wäre die Unterscheidung zwischen sozial erwünschten Angaben und Lippenbekenntnisse und wirklichen Verhaltens-Neigungen sowie allgemeiner die Gefahren der Prägung von gefühlten „Wahrheiten“ und Verhalten durch Emotionen und Bedürfnisse, statt vornehmlich durch Fakten, überprüftem Wissen und Logik.
Schließlich gilt es auch das Verantwortungsbewusstsein und die soziale Hilfs- und Kooperationsbereitschaft von Mehrheiten, wenn nicht aller als nötige Bedingung für ein gelingendes Gemeinwesen verständlich zu machen. Dazu gehört auch die Anregung oder Ermutigung, sich mit individuellen und gesellschaftlichen Zukunfts-Szenarien auseinander zu setzen: In einer gerade gestern in Arte gesendete Information „Was ist Zeit“ gab es u.a. ein Experiment, in dem eine Gruppe über eigene Zukunftspläne erzählen sollte, währende die Kontrollgruppe neutrale Bilder betrachtete. Danach wurde unauffällig das Sozialverhalten beider Gruppen in einem Videospiel beobachtet, und siehe da, die von Zukunfts-szenarien erzählende Gruppe verhielt sich signifikant prosozialer und hilfsbereiter als die Kontroll-Gruppe. Ein anderes Beispiel aus der Doku war die Erfahrung der Verhandlungen von Camp David zwischen Israel und Ägypten, als die kurz vor dem Scheitern standen, bis man beiden Verhandlungspartnern Bilder ihrer Kinder und Enkel zeigte und so über deren hier mit verhandelte Zukunft nachdenken ließ: Das brachte beide Gegner erneut an den Verhandlungstisch und zum schließlichen Erfolg. Allgemein wäre so ein Lehrfach oder all diese Lehrfächer zusammen — hoffentlich — eine Befähigung zur Unterscheidung von guter, realistischer und objektiver oder sachlich korrekter Information oder Entscheidungsfindung einerseits und faktisch oder logisch falscher oder gar bewusst propagandistisch oder zwecks Werbung manipulativ gesteuerter „Information“, Kommunikation und schließlich (Wahl-)Entscheidungen andererseits. Es würde oder könnte auch befähigen, den Unterschied zu erkennen von ethisch oder emotional gewünschtem einerseits und faktisch und logisch erforschtem andererseits und dem ethisch richtigen Umgang damit. Es wäre auch eine Befähigung zu wirklich kritischem Denken, kritisch nicht nur bzgl. Gegnern und Regierungen, sondern auch gegenüber sich selbst und der eigenen Gruppe oder Filterblase.
Insgesamt könnte so ein Fach in einer Demokratie eine Art Impfung sein gegen die um sich greifende unfaire oder zerstörerische Manipulation durch Propaganda von Egoisten, Narzisten, Verschwörungs-Erzählern, Schlichtdenkern und Demokratiefeinden. In meiner Tageszeitung SLN vom 20.8.24 war eine einmal mehr hervorragende Analyse von Frau Riepe, der Chefredakteurin der NOZ über das heutige Wissen und immer noch Nichtwissen zur Corona. Das war wichtig nicht nur für die Diskussionen zu Corona und den damit verbundenen Kontroversen. Leider kann die menschliche Natur Unklarheiten, Nichtwissen oder Unsicherheiten der Fakten oft schwerer aushalten als das Risiko von voreiligen Schlüssen, faktisch unbegründeten Ideologie- oder Glaubensüberzeugungen mit jeweils falscher Sicherheit ohne Bewusstsein der Möglichkeit des Irrtums oder falscher Beschuldigungen. Man kann das Aushalten solcher Unklarheiten aber lernen und trainieren, wenn man deren Vorhandensein und die Vorzüge ihres Bewusstseins und des Aushaltens einmal verstanden hat. Besonders im Leben und in der Politik ist es ja eher die Regel als die Ausnahme, dass man es nicht mit klaren sicheren Fakten zu tun hat, sondern mit noch ungeklärtem oder unsicherem, was keinesfalls die „Schuld“ des jeweiligen Berichterstatters oder Politikers sein muss. Meist geht es um Wahrscheinlichkeits-Einschätzungen, die wir brauchen, um mit solche Unklarheiten umgehen und dennoch oft nötige baldige Entscheidungen trefffen zu können. Außer der Wahrscheinlichkeit hilft dann auch die Überlegung, welche Entscheidung im Falle des Irrtums oder der Falschentscheidung den geringeren Schaden zur Folge hat. Bekanntlich handeln Gerichte bei nötigen vorläufigen Eilentscheidungen nicht selten nach solchen Kriterien. eine weitere wichtige Entscheidung ist oft, wieviel Aufwand, Arbeit und Kosten die weitere Aufklärung wert ist, sei es durch weitere wissenschaftliche Forschungen, durch jounalistische, kriminalistische oder Geheimdienst-Arbeit. Bei den sogenannten „sozialen Medien“ macht es leider oft den Anschein, dass kaum ein Bewusstsein für diese Fragen und Problematiken besteht, was auch zur dortigen oft geringen Toleranz bzw.. hohen Aggressivität beitragen dürfte.
Peter Selmke

Der Untertitel des Artikels von Nina Kolleck lautet: „Demokratie ist kein träges Wissen. Die Grundlagen sollten in der Schule gelehrt werden.“ Frau Kolleck fordert ein eigenes Schulfach für Demokratie, in der etwa die Funktionsweise von politischen Systemen gelehrt wird. Das klingt auf den ersten Blick gut, doch dann frage ich mich, was das bringen soll, solange die Schulen selbst noch vom System her undemokratisch sind? Bis heute basiert unser Schulsystem im Wesentlichen auf den vor-demokratischen Prinzipien von totaler Bevormundung einerseits und gehorsamer Unterwerfung andererseits. Das mag früher noch einigermaßen funktioniert haben, als Gehorsam bzw. blinde Unterwerfung als erste Bürgerpflicht für alle BürgerInnen gegolten hat, und daher auch von neu Heranwachsenden als normal empfunden werden musste. Das ist in Deutschland aber gottlob längst vorbei! Wir sind inzwischen eine Demokratie mit einer Verfassung, die das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit garantiert (soweit dies nicht die Rechte anderer verletzt)!  Dies Recht kann es allen BürgerInnen ermöglichen, ihr individuelles Bestes zu entfalten und in die Gemeinschaft einzubringen – was unschlagbar klug ist! Erwachsene nutzen dies Recht, und sie billigen es meist auch ihren Kindern zu. Nur die Pflichtschulen bestehen darauf, ihnen Tag für Tag eine fremdbestimmte Auswahl von Lerninhalten aufzuzwingen. Kein Wunder, dass immer mehr Aggression um sich greift und Widerstand gegen eine Gesellschaft, von der sich die Kinder in ihrer natürlichen Entwicklung irgendwie verraten fühlen. Mindestens 10 Jahre lang sind sie diesem Unterwerfungssystem ausgeliefert, das ihnen verbal als „Demokratie“ verkauft wird. Kein Wunder, wenn viele von ihnen später aggressive Parteien wählen, von denen gemunkelt wird, dass sie womöglich die Demokratie zerstören könnten, denn hey, warum nicht?
Es gibt dieses englische Kinderlied, das mich immer sehr berührt hat: „I want to be me, the very best me you ever could see!“ Nicht auszudenken, wie großartig es für eine Gesellschaft wäre, wenn demokratische Schulen ihre Aufgabe darin sähen, den nachwachsenden Generationen zu dienen, sie darin zu unterstützen, „the very best me“ zu entfalten! Man stelle sich ein modernes Schulsystem vor, das Kindern mit Hilfe von modernen Kommunikationsmitteln Einblicke ermöglicht in die gewaltigen Wissensgebiete auf unserem Planeten, wobei die Heranwachsenden entsprechend ihren aktuellen eigenen Interessen jederzeit wählen können, in welchen Bereichen sie sich tiefer gehendes Wissen erschließen wollen. Was für eine Lust lernen (und auch lehren!) wäre! Bei dieser Vorgehensweise würde sich übrigens nach und nach für jeden einzelnen Heranwachsenden herauskristallisieren, in welchem Bereich er/sie sich am besten beruflich weiterbilden möchte. Und: Solche Menschen hätten Grund, der Gesellschaft dankbar zu sein. Sie könnten naturgemäß stolz sein auf ihr „very best me“, und wären begierig darauf, es zum Wohle aller einzubringen. Oh Gott, wie einfach wäre das, und wie schön!
Dorée Hullmann

Ihre in der ZEIT vorgetragene Position „Wir brauchen ein Schulfach für Demokratie!“ klingt zunächst vernünftig. Nach der Lektüre des Beitrages zeigt sich mir allerdings ein einseitiges und unhaltbares Verständnis von Demokratie.    Aber fangen wir von vorne an. Sie zitieren eine ARD-Umfrage, der zufolge sich zwei Drittel der Bevölkerung um die Demokratie sorgen. In diesem Zusammenhang „rechtspopulistische Kräfte“ (gemeint ist natürlich die AFD) unumwunden mit „Demokratiefeinden“ gleichzusetzen, ist ein starkes Stück. Ich gehe noch weiter und sage: Das ist eine Unverfrorenheit (weil demokratietheoretisch unhaltbar). Zunächst einmal: An „Rechtspopulismus“ ist nichts Verwerfliches. Ebenso wenig ist an „Linkspopulismus“ nichts Verwerfliches. Beides ist durch die Rede- und Meinungsfreiheit gedeckt und steht NICHT im Widerspruch zu unserer FDGO. Populismus im Wortsinn bedeutet „volkstümlich“, „populär“. Man kann die damit einhergehende Zuspitzung und Polarisierung mögen oder nicht. Verwerflich ist daran nichts. Eine Gefahr für unsere Demokratie geht von den extremistischen (linken wie rechten) Rändern aus! Wenn fanatisierte Islamisten auf einem Straßenfest Menschen umbringen, richtet sich das genauso gegen unsere Demokratie, wie wenn Rechtsextremisten eine Asylunterkunft anzünden. Staat und Gesellschaft müssen sich hier wehrhaft zeigen und mit allen ihnen gebotenen Mitteln dagegen vorgehen. Richtig wäre zu sagen: „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ und „Diskriminierung“ (wieder eine platte Anspielung auf die AFD) findet man sowohl bei den Linksextremisten, darunter muslimische Männer, die Ihren Judenhass offen auf Deutschlands Straßen tragen, wie auch bei den Rechtsextremisten (beispielhaft sei der Mord an Walter Lübke genannt). Als Mann der politischen Mitte halte ich an meiner Überzeugung fest, dass wir „Extremismus“ und „Populismus“ – egal ob von links oder rechts – nicht in einen Topf werfen dürfen! Wer ständig das vermeintliche Schreckgespenst „Rechtspopulismus“ an die Wand malt ohne „Linkspopulismus“ auch nur zu erwähnen, und nicht die von „Linksextremismus“ UND „Rechtsextremismus“ ausgehenden Gefahren klar benennt, hat von Demokratiebildung nichts verstanden. Setzen, sechs.
Stefan Martin

Ihre Forderung nach einem Schulfach für Demokratie ist in Schleswig-Holstein seit Jahrzehnten verwirklicht! mit dem Fach Wirtschaft- Politik ( WiPo). Es passiert genau das, was sie wünscht und noch viel mehr: Besuche der Schüler im Landtag, Diskussionen mit Politikern in der Schule, Ausprobieren des Wahlomats. Mehr Praxisbildung für Professoren!
Inge Daniels

 


 

Leserbriefe zu „Der neue Kolonialismus“ von Jens Jessen

Blaise Pascal (1623-1662) schrieb in seinen Pensées unter dem Stichwort „Stolz“: Neugierde ist nichts anderes als Eitelkeit. Meistens wollen wir etwas wissen, um darüber reden zu können. Niemand würde eine Seereise unternehmen, ohne darüber ein Wort zu verlieren, nur um der Sehenswürdigkeiten willen, ohne Hoffnung, jemals seine Erfahrungen anderen mitzuteilen. (Meine Übersetzung einer englischsprachigen Ausgabe) Massentransportmittel und /Social media /haben eine neue Dimension eröffnet. Um keine Zornesröte bei Leserinnen und Lesern aufkommen zu lassen: Das oben Gesagte ist nur ein Aspekt des Phänomens Massentourismus und gilt sicherlich nicht für alle, die sich in die Ferne begeben.
Christoph Schech

Das kann man als Kolonialismus ansehen, man muss es aber nicht so sehen! Diese Touristen bringen Geld mit ins Urlaubsland, sie bezahlen einfach für das Urlaubmachen in Santa Irgendwo! Nach dem Urlaub dürften sie wieder dorthin zurückreisen, woher sie hergekommen sind. Sehr viele Asylanten entdecken Deutschland als ihr Reiseziel Nummer eins und strömen ungebremst in unser Land herein. Diese Menschen wollen jedoch in Deutschland keinen Urlaub verbringen. Im Gegensatz zu den oben genannten Kolonialismus-Touristen, wollen sie (ohne plausible Angaben von Gründen) Asyl bei uns. Diese Menschen erhalten hier in Deutschland Unterkunft, Verpflegung und Geld, aber ohne jegliche Gegenleistung und ein Zurück in ihr Heimatland, das kommt auf gar keinen Fall in Frage. Fazit: Kolonialismus-Touristen reisen nach einer bestimmten Zeit wieder ab, die Asylanten, die fast alle, als Einreiseziel nur Deutschland auf der Agenda haben, die kommen, um zu bleiben, die reisen nicht mehr zurück!
Klaus P. Jaworek

Anfang der 1960er Jahre galt der Tourismus als „weiße Industrie“, als Hoffnung. Keine hohen Schornsteine, kein dunkler Rauch. Inzwischen weiß man, dass eine Masse an Touristen an einem Ort eine Last ist – von den Emissionen bei der An- und Abreise ganz abgesehen. Gleichzeitig werben die touristischen B- und C- und D- und… Orte für mehr Touristen. „Kommen Sie bald wieder; bringen Sie das nächste Mal mehr Zeit mit.“ Wenn die Freizeitindustrie weiter so stark wächst wie in den letzten Jahrzehnten, dann werden in einiger Zeit auch B, C- und D-Orte so überlaufen sein wie die A-Orte. Wird dann noch „sanfter Ökotourismus“ möglich sein? Weniger ist manchmal mehr.
Adolf Ronnenberg

Die Auswüchse des Massentourismus wurden bereits im Jahr 1862 satirisch aufs Korn genommen. Auch wenn die Touristenscharen heute ungleich größer sind, an der Obszönität hat sich nichts geändert.
Lothar Zeileis

Es braucht eine verordnete Begrenzung & Limitierung. Verzicht & Selbstverwirklichung schließen sich in unseren globalen Zeiten definitiv aus wo sich jeder selbst der nächste ist und diese gesellschaftliche Malaise immer weiter um sich greift. Danke, dass Sie an diesem Thema so hartnäckig dranbleiben. In Zeiten der globalen Gewissenlosigkeit, Habgier und grenzenlosem Egoismus, ich erspare mir die zigfachen Beispiele, tagtäglich, national wie global, tut das Recht der Urlaubsorte auf Begrenzung not. Ich bin dafür, dass Städte, Urlaubsorte, die Anzahl an Besuchern konsequent und völlig transparent begrenzen, analog Konzertsälen / Stadien / Hotels / Restaurants. So absurd es klingt: der Massentourismus, diese ungeheure Massenmobilität lässt einem keine Wahl. Bürgermeister sollten im Sinne der Bewohner ihrer Stadt/Ortes/Dorfes Maximalzahlen an Besuchern pro Tag & Woche im Dialog mit lokalen Unternehmern und Bürgern ermitteln und konsequent und transparent umsetzen. Dubrovnik hat es in Ansätzen vorgemacht, Sie berichteten darüber. Parkplätze limitieren, Landungen von Schiffen, Anzahl von Bussen begrenzen, Betten & Airbnb Wohnungen begrenzen, warum nicht Airbnb komplett verbieten. Anzahl Besucher pro Tag festlegen. Ich verstehe bis heute nicht, warum Venedig seine Tore ab x Besuchern pro Tag nicht komplett schließt? Was sollen die 5€? Wäre für mich komplett nachvollziehbar.  Auf die Selbstverantwortung von Menschen/Touristen zu setzen ist hoffnungslos. Außerdem können diese / einzelne die Situation vor Ort nicht überblicken. Erst retrospektiv. Der Tourismusbranche inkl. Fluggesellschaften, Reedereien etc. so etwas wie Verantwortung abzuverlangen, ist sowieso sinnlos. Hier guckt jeder auf seine Profitmaximierung.  Sonst wäre das längst passiert und wir wären nicht in dieser Sackgasse. Alles in allem, ein sehr bedrückendes, trauriges, deprimierendes Symptom unserer global entfesselten Welt.
Kinga Bogdain

Bitte Jens Jessens Beitrag in möglichst vielen Medien verbreiten. Allein die ZEIT erreicht zu wenige Massentouristen. Auch im Fernsehen wird dieses Thema nie erörtert. Das wird aber höchste Zeit.
Brigitte Wörl

„Die Welt brennt!“ sagte Greta Thunberg. Sie brennt nicht nur hinsichtlich klimatischer Katastrophen, sondern auch in den Köpfen zu vieler Menschen, und scheint die über Jahrhunderte und Jahrtausende weltweit gewachsenen kulturellen Werte auszulöschen! Vielleicht brauchen wir das, um einen neuen Anfang zu finden. Nur … es wird sehr hart werden!
Walter Moritz

 


 

Leserbriefe zu „Titelthema: Unseren Kindern geht’s nicht gut“ allgemein zu den Artikeln von Florentin Schumacher, Stefanie Kara und Jan Schwenkenbecher

Wir rannten x-mal pro Woche bei Tag und Nacht in den Stollen/Bunker/Keller, oft schossen Tiefflieger mit deren MGs auf uns – wir sammelten nach den Angriffen Bomben- Splitter und Brand-Granaten, die wir öffneten und den Inhalt aus bunten Farbzündstoffen im Straßenkandel angezündet haben. Wir spielten Baufange in den Bombenruinen. Alles nicht immer ohne schlimme Unfälle dabei. Wir sammelten Buchecker im Wald und mussten in größter Sommerhitze auf abgeernteten Äckern Ähren lesen usw. Wir waren Kinder! Ohne Psychiater oder dergleichen (Gottseidank!) – später Schlüsselkinder. Wir müssten die Kindergeneration sein, der es je am schlechtesten ging. Aber dann haben wir Deutschland wieder aufgebaut – ohne zu jammern oder bejammert zu werden. Daher ist der Kinderhype über deren Übel reiner Quatsch!
Norbert Daiß

In dem Artikel wird viel erzählt, eine Analyse fehlt hingegen. Die Pubertät ist für Jugendliche immer eine schwierige Zeit der Selbstfindung, Probleme und Zweifel. Schon die klassische Literatur behandelt diese Thematik. Ich wurde mit 6 Jahren aus einer behüteten Kindheit zum Flüchtlingskind, meine Mutter zur Bauernmagd und mein Vater schuftete im Straßenbau, die ganze Familie hauste in einer kleinen Bude. So ging es Millionen. Nur – meine Eltern haben nie geklagt, haben uns Kindern Orientierung und Sicherheit gegeben, waren uns Vorbild. Das und das Erlernen von Disziplin könnte den Jugendlichen über die schwierige Zeit hinweghelfen. Ich empfehle zum Thema das Buch der von mir sehr verehrten Marion Dönhoff „Kindheit in Ostpreußen „
Brandt

Stefanie Kara und Jan Schwenkenbecher stellen bereits im Titel ihres Artikels die falsche Frage: Es geht nicht um das Helfen, sondern um eine viel grundlegendere Verantwortung. Trotz aller gegenläufigen gesellschaftlichen Tendenzen bleibt die Familie der zentrale Ort, an dem Kinder erzogen werden und Schutz finden sollten. Wenn jedoch nach einem langen Arbeitstag und Ganztagsunterricht alle zu Hause erschöpft auf Smartphone und Fernseher blicken, dann fehlt das, was Kinder wirklich brauchen: dass man ihnen zuhört und nicht ihre Freizeit gestaltet oder ihre Probleme zu lösen versucht. Die richtige Frage ist daher nicht „Können wir Euch helfen?“, sondern „Können wir für Euch da sein?“ Das ist in einer Gesellschaft der „Beschleunigung“ (Rosa) und der „Singularitäten“ (Reckwitz) nicht ganz einfach. Schulen und Psychologen können Eltern nicht ersetzen. Psychologen nicht, weil sie überlastet und für das Kind Fremde sind. Schulen nicht, weil sie fachliches Lernen und Sozialisation für manchmal dreißig Kinder im Klassenzimmer verbinden müssen und weil es ihnen bereits nach Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes verwehrt ist, die Elternpflicht grundsätzlich zu übernehmen. Aber auch Eltern können nur dann für ihre Kinder da sein, wenn sie die nötige Zeit haben. Hier sollte die Politik ansetzen, auch wenn das konservativ erscheinen mag.
Ralf Weskamp

Ich liebe es die ZEIT zu lesen, und orientierte mich auch dieses Mal an dem auffallenden Titel, der sofort mein Mitgefühl erweckte-, obwohl ich keine eigenen Kinder habe, „unseren Kindern geht es nicht gut“. Beim Lesen diverser Artikel zu verschiedenen Themen, versuchte ich die Abgrenzung ihres Journalisten Themenaufbaus, von a) warum werden Kinder nicht als “ kleine schlaue Erwachsene“ verstanden, die die Themen die sie ebenso wie die erwachsenen betreffen, wahr nehmen und sie an gehen, . Thema (Unausgesprochene Nöte und Ängste) aus ihrem Alltag, die vielleicht nicht an gesprochen werden können von den Kindern, weil der Verarbeitungsmechanismus verzögert stattfindet zum Alltag, und die Alltagsproblematik in den Kinderseelen (besonders bei Kindern) womöglich kumuliert. b) Ich vermisse schmerzlich interdisziplinäre Verarbeitung der Themen, zwischen den Journalisten der verschiedenen Redaktionen. Nicht nur das Thema Demokratie muss ab der 5. Klasse sich durch alle Fächer ziehen, sondern auch: Klimaschutz, Persönlichkeitsbildung, a la “ Schülerverhalten“- wie reagiere ich als Mensch nicht mit Ausgrenzung, sondern Verständnis, Mediennutzung, Politik und Geschichte, Wirtschaft. Ich bin immer wieder erstaunt, dass wir unser Schulsystem nicht längst auf dem Hintergrund der neuesten gesellschaftlichen, soziologischen, journalistischen, internationalen Forschungsergebnisse umorientiert haben.
Regina Sowa

 


 

Leserbriefe zu „Die Rettungsstelle“ von Florentin Schumacher

Der eindrückliche Bericht von Florentin Schumacher in einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Potsdam bewegt. Man spürt die Ängste und Hoffnungen der jungen Menschen und ihrer Eltern, auch von den Klinikmitarbeitern, die Räume schaffen, die Halt, Hilfe oder sogar Heilung ermöglichen. Man erfährt, viel ist da, was die Eingangsfrage „Wer kann ihnen helfen?“ beantwortet. Und doch schwingt beim Lesen zwischen den Zeilen auch eine Hilflosigkeit mit, da die Unberechenbarkeit der menschlichen Psyche nicht jede Hand annimmt, die ihr gereicht wird. Im Nachgang sind mir einige Gedanken zu möglichen weitere Antworten auf diese Eingangsfrage gekommen, über die es sicherlich vielleicht lohne könnte weiter gesellschaftlich nachzuspüren. Eine Psychiatrie ist bis heute ein Ort, mit dem die meisten Menschen nichts Positives verbinden, „Psycho“ ist ein Schimpfwort oder auch ein Horror-Thriller von Alfred Hitchcock. Meistens verbergen sich aber hinter solchen klugen griechischen Begriffen recht einfache Worte. Bei der Psyche handelt es sich um die Seele oder auch einen Schmetterling. In dem Buch „Metamorphosen“ (griechisch „Umwandlung“) beziehungsweise „Der goldene Esel“, von Lucius Apuleius, nach einer griechischen Vorlage von Lukios von Patrei, wird in einem Nebenstrang die Geschichte von Psyche, einer wunderschönen sterblichen Königstocher, und dem göttlichen Eros erzählt. Wie man sich beim Namen Eros schon bemerkt, ist es eine Liebesgeschichte.
Nach zahlreichen gefährlichen Prüfungen für Psyche, die sie bis in die Unterwelt führt, gibt Zeus am Ende sein Einverständnis zu dieser eigentlich unmöglichen Verbindung mit Eros, und sie verwandelt sich in eine unsterbliche Göttin. Eros und Psyche werden Eltern einer wunderschönen Tochter mit dem Namen Hedone, die als Göttin der Freude, des Vergnügens, der Glückseligkeit und der Lust bekannt ist. Die Prüfungen von Psyche durch die Göttin Venus ähneln dabei den Taten der bösartigen Königin im bekannten Märchen Schneewittchen: beide stehen völlig arglos und gutgläubig diesen ihnen feindlich gesinnten Frauen gegenüber und fallen schließlich in einen todesähnlichen Schlaf. Erst durch das Auftauchen von Eros beziehungsweise einem jungen Prinzen, geschieht die unerwartete Rettung. Verortet man den Schauplatz der Prüfungen der Psyche im eigenen Inneren, könnte man vor dem Hintergrund dieser Geschichte aus dem Altertum voller Ehrfurcht auf die jungen Menschen in einer Psychiatrie wie hier in Potsdam blicken, in denen möglicherweise eine solch gewaltige Liebesgeschichte tobt. Vielleicht könnte eine Psychiatrie auch ein Ort sein, an dem Geschichten wie diese in Zukunft erzählt werden, sei es in Filmen, Musik, Büchern, oder auch im Theaterspiel. In der ZDF-Serie „Safe“ erzählt beispielsweise die Oskar-Gewinnerin Caroline Link anhand inszenierter Therapiesitzungen von den Problemen von Kindern und Jugendlichen. Und wie bereits erwähnt haben Fremdwörter wie „Therapie“ meist eine recht einfache Bedeutung, in diesem Fall ist es Begleitung. Vielleicht könnte man sagen, dass eine Psychotherapie einfach sagt, dass die Seele eines Menschen begleitet wird, in der Hoffnung, dass ihr am Ende doch Eros, also die Liebe, begegnen kann. Und vielleicht begleitet man sich auch manchmal selbst auf diesem Weg. Wie, wo dieser Weg führt, und wie lange er dauert, weiß natürlich kein Mensch. Manchmal können auch Eltern solche Begleiter sein, was aber nicht immer der Fall ist. Davon erzählt beispielsweise der Film „Breakfast Club“, bei dem fünf sehr unterschiedliche Jugendliche aus einer High School nachsitzen müssen, mittlerweile ein Klassiker aus dem Jahr 1985. Bezeichnenderweise sind die Eltern bis auf die Eröffnungs- und Abschlusszene im Film abwesend, haben aber sehr viel damit zu tun, warum ihre Kinder nachsitzen müssen. Die Worte des Rebells John Bender „Eat my shorts“, die er dem autoritären Lehrer entgegenwirft, hat Comic-Autor Matt Groening später Bart Simpson in den Mund gelegt, in der Serie Futurama zieht der Roboter Bender mit Zigarren, Alkohol und lautem Fluchen durch die Episoden. Auf Youtube bespricht ein englischer Therapeut auf dem Kanal „My Little Thought Tree“ Film-Charaktere. Die Folge „What Drives John Bender“ über den Breakfast Club hat bereits über 270.000 Abrufe. Im Jahr 2017 veröffentlichte Dr. Stephan Schleim, Assoziierter Professor für Theoretische Psychologie an der Universität Groningen in den Niederlanden, im FAZ-Ressort „Natur und Wissenschaft“ den Beitrag „Im Schaltkreis der Neuro-Forschung“. Darin kritisiert er, dass große und teure wissenschaftliche Forschungsprojekte der Neurowissenschaften („neuron“ bedeutet im Griechischen „Nerv“) wie das das „Human Brain Project“ der EU-Kommission, das in den Jahren 2013-2023 etwa 1 Milliarde Euro Fördermittel erhielt. Aus seiner Sicht bindet diese umfangreiche Grundlagenforschung erhebliche finanzielle Mittel, die dann für die praktische Ansätze wie beispielsweise zur Suizidprävention und Umgang mit Störungen fehlen. Bei diesem EU-Projekt war die Vision das menschliche Gehirn in einem Supercomputer abzubilden, es ging um Themen wie Neuroinformatik und Neurorobotik.
Hier in Frankfurt gibt es das „Brain Imaging Center“ von der Universität, der Max-Planck-Gesellschaft und dem Ernst Strüngmann Institute, bei dem man ebenfalls die Magnet-Resonanz-Technik einsetzt, um sich ein Bild vom Gehirn zu machen. Die Einrichtung ist in das Frankfurter Interdisziplinären Zentrum für Neurowissenschaftliche Forschung eingebettet, an der 70 Professuren mit entsprechenden Arbeitsgruppen tätig sind. Das Ziel ist die Erforschung von Aufbau, Funktionen und Erkrankungen des Gehirns, „eine der größten biomedizinischen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte“ wie dort zu lesen ist. Da unsere Sprache ein Bereich ist, der unserer menschlichen Konstruktion grundsätzlich entzogen ist, können Wörter manchmal auch etwas über Begriffe wie „brain“ erzählen. Dieses Wort hat eine ungenaue Herkunft, eine Vermutung geht in Richtung des proto-indoeuropäischen Begriffs *bhragno, was in etwa „etwas Kaputtes“ bedeutet. Das Herkunftswörterbuch des Dudens sieht „Hirn“ in einem sprachlichen Zusammenhang in der indogermanischen Wurzel *ker, was „Horn, Geweih, gehörntes Tier, Kopf, oberste Spitze“ bedeutet. Das „Horn von Afrika“ bezeichnet die östliche Spitze des Kontinents. Mit Horn wird auch ein musikalisches Blasinstrument bezeichnet. Laut dem Duden hat das sprachlich nahe Wort „hören“ die indogermanische Wurzel *keu, was etwa „auf etwas achten, merken, bemerken, hören, sehen“ bedeutet. Im Alltag nutzen wir das beispielsweise das Wort „aufhören“, wenn etwas beenden werden soll, vielleicht vergleichbar mit „mach mal die Ohren auf“, wenn man etwas wichtiges zu sagen hat. In diesem Sinne könnte man sagen, dass hören und das Ohr sprachlich viel mit dem Gehirn zu tun haben. Im althochdeutschen Wörterbuch von Alfred Schützeichel findet sich bei „los“ die Bedeutung „hörend, gehorsam“, das Verb „losen“ hat die Bedeutung „hören, zuhören“. Hingegen erzählt „lōsen“, lang gesprochen wie „lose“ in der englischen Sprache, von „lösen, befreien, erlösen“. Wenn etwas beginnen soll, sagen wir heute manchmal „los gehts“, was vielleicht auch damit etwas zu tun hat. Die sprachliche Form bezeugt klar einen engen Zusammenhang „losen“ und „lōsen“. Von daher könnte es ein Gedanke sein, dem Erzählen von Geschichten in jeglicher Form, wie von Eros und Psyche mehr Raum in Einrichtungen wie den Psychiatrien zu geben.
Nicht als Gegenentwurf zu dem naturwissenschaftlichen Blick, aber als eine Ergänzung und Erweiterung. Die mündlichen überlieferten deutschen Märchen wie Schneewittchen waren ursprünglich übrigens für Erwachsene gedacht, erst später hat man sie auch Kindern erzählt, wobei dann auch einiges umgeschrieben wurde. So könnten sich Psychiatrien eines Tages möglicherweise in Einrichtungen verwandeln, die nicht nur bei akuten Notfällen aufgesucht werden, sondern auch freiwillig bei offenen Veranstaltungen und einem Besuch im Theater, Kino oder Konzertsaal ähneln. Im Jahr 1995 gab der Drehbuchautor und Psychotherapeut Jeremy Leven mit dem Film „Don Juan de Marco“ sein Regiedebut. Johnny Depp spielt einen jungen Mann, der sich als Don Juan sieht, den größten Liebhaber aller Zeiten, und vom Psychotherapeuten Dr. Mikler, gespielt von Marlon Brando, vor einem Selbstmordversuch bewahrt wird. Im Rahmen der Gespräche, bei denen sich Dr. Mikler als Don Octavio del Flores der Welt des angeblichen Don Juan annährt, erfahren beide eine Verwandlung. Bei Dr. Mikler erwacht wieder seine vom Alltag verschüttete Liebe zu seiner Frau, Don Juan erkennt, dass er nicht nur der größte Liebhaber aller Zeiten ist, sondern auch ein ganz normaler junger Mann. In der Kritik der Fachzeitschrift „Reflections: Narratives of Professional Helping“ schreibt der Psychoanalytiker („Seelenauflöser“) Joel Kotin: „Ultimately this movie asks, what is real? The grinding routine of our modern rat race, or the world of the spirit, the world of love?“. Der Film endet mit einer Reise von Dr. Mikler, seiner Frau und Don Juan zur Insel Eros, wo er am Strand seine einst geliebte Frau Doña Anna, die ihn verlassen hat, wieder in seine Arme schließt.
Johannes Eckert

Das Dossier spricht Bände, gleichwohl es ja „nur“ die Momentaufnahme aus einer Klinik ist. Und die ist auch noch ziemlich gut aufgestellt. Ob dies auf alle Kliniken im Land so zutrifft darf bezweifelt werden. Schon in Halle, das macht Lucas’ Erlebnis schmerzhaft bewusst, geht es anders zu. Das klingt dann schon wieder fast, als hätten sich dort die alten Muster von denen, die „nur wollen müssen“ erhalten, oder wie sollte man das sonst verstehen. Luca hat für sich zum Glück einen Ausweg gefunden. Das Kinder und Jugendliche – und nicht nur die, wie ich aus eigener beruflicher Erfahrung anmerken muss – so lange auf notwendige Behandlungen warten müssen ist ein Armutszeugnis für unser Gesundheitssystem. Und es lässt erahnen, was auf unsere Gesellschaft zukommen wird. (Fast) Jedes nicht oder zu spät behandelte Kind, jeder Jugendliche mit bereits manifesten psychischen Erkrankungen oder Behinderungen, wird dem medizinischen System auch im Erwachsenenalter „erhalten“ bleiben. Unzureichend behandelte psychische Erkrankungen drohen zu chronifizieren, es entstehen nicht selten Drehtüreffekte mit traumatischen Folgen für die Betroffenen. Diese gehen dann später unter Umständen mit Verweigerung weiter Behandlung einher, die die Situation letztlich weiter verschlechtern. Das System wurde kaputtgespart. Die Einführung der Fallpauschalen hat gerade in den Psychiatrien des Landes zu gravierenden Fehlentwicklungen geführt, die gelegentlich, wie offensichtlich in Potsdam, von engagiertem Personal nur mehr schlecht als recht aufgefangen werden können. Folgeeinrichtungen, wie die im Dossier benannte WG in München, sind von Ihren Kapazitäten viel zu knapp bemessen. Wie sonst müsste eine Jugendliche aus Potsdam nach Bayern ziehen, um angemessen versorgt zu werden. Der Slogan “ambulant vor stationär“ lässt junge Menschen ebenso im Stich wie Erwachsene. Für beide Patientengruppen gibt es auch nicht mehr genügend Plätze in Einrichtungen nach dem Klinikaufenthalt, von den geschützten Plätzen in der Eingliederungshilfe ganz zu schweigen. Und dann gibt es zu den Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen in Deutschland nicht einmal Zahlen, wie dem „Wissen“ auf S. 27 zu entnehmen ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Der Autorin sei gedankt für dieses Dossier, auch wenn es beim Lesen schmerzt.
M. Belke-Zeng

Vielen Dank für die sensible und sehr gut beobachtete Darstellung der Klinik-Situation in Potsdam.  Allerdings finden maximal 1 bis 2 % aller Behandlungen von psychisch auffälligen Kindern und Jugendlichen in Kliniken statt. Die Masse an Behandlungen findet im ambulanten Setting statt.  Sollten von ihrer Seite Berichterstattungen auch über den ambulanten Bereich geplant sein, können wir als Bundesverband überwiegend niedergelassener Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und -psychiater gerne Auskunft geben und Kontakte herstellen. Beispielsweise leisten Praxen im Rahmen der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung sehr effektive Teamarbeit, die der im klinischen Setting in nichts nachsteht, allerdings ambulant und somit auf längere Zeiträume in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ausgelegt.
Arnfried Heine

 


 

Leserbriefe zu „Große Bühne für große Versprechen“ von Jana Hensel

„Aber wie will die Partei ohne Regierungserfahrung das schaffen?“ Im Ernst jetzt? Was bringen denn Parteien MIT Regierungserfahrung zustande? Zweijährige Galopper, die das erste Rennen ihres Lebens bestreiten, siegen auch über Konkurrenten, die bereits Rennerfahrung haben.
Ulrich Niepenberg

In Ihrem lesenswerten Artikel zitieren Sie Katja Wolf, die Thüringer Spitzenkandidatin des BSW. Frau Wolf wolle, dass das BSW „ein bodenständiges Profil hat, ihr gehe es um ein „positives, praxisnahes Unternehmerbild und nicht darum, dass alle böse Kapitalisten sind“. Sie halten ihre Worte für „ein(en) erstaunlich(en) Satz, weil Frau Wolf ja „zuvor ihr Leben lang wie Wagenknecht auch der Linkspartei angehörte“. Diese Kommentierung halte ich für unangemessen, denn Sahra Wagenknecht hat genau dieses Unternehmerbild in ihrem Buch „Reichtum ohne Gier“ (Frankfurt / M. 2016) propagiert. Frau Wagenknecht fordert „die Ausschöpfung der kreativen Potentiale einer Gesellschaft … beim Aufspüren von Marktlücken, beim Verbessern bestehender Produkte und dem Ausprobieren neuer Ideen, beim Feilen an besseren, arbeitssparenden Technologien. Zu solchen Leistungen motiviert kein anderer Mechanismus so gut wie der freie Wettbewerb vieler Anbieter und die ständige Offenheit von Märkten für Neueinsteiger. Das ist das Feld für private Initiative und kommerzielles Engagement.“ (a.a.O. S. 160f.)
Viktor Rintelen

Prozent der Unternehmen in Sachsen hatten im Jahr 2022 weniger als zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In Thüringen waren es sogar 88,7 Prozent. So stellen Sie das in ihrem Artikel heraus. Auch wenn alle ihre Zahlen im Artikel wohl stimmen, der Tenor, den Sie damit suggerieren, stimmt nicht. Denn die Werte für Kleinstunternehmen, auch M‘ sind in allen Bundesländern vergleichbar hoch und keine Besonderheiten von Thüringen und Sachsen. Auch die Probleme dieser Unternehmen sind überall ähnlich. Schade, dass Sie nicht auch die bundesweite Quote als Referenz mit angegeben haben. Dann wäre der Artikel richtig gut. So viel Seriosität erwarte ich von der ZEIT.
Matthias Preis

 


 

Leserbriefe zu „Das Ende ist der Anfang“ von Hanno Rauterberg

Gratulation an Hanno Rauterberg für seinen Artikel „Das Ende ist der Anfang“, dem ich ein Zitat von Friedrich Schiller aus den „Räubern“ hinzufügen möchte: „Es war etwas und wird nichts – heißt es nicht eben so viel, als: es war nichts und wird nichts, und um nichts wird kein Wort mehr gewechselt – der Mensch entsteht aus Morast, und watet eine Weile im Morast, und macht Morast, und gärt wieder zusammen in Morast, bis er zuletzt an den Schuhsohlen seines Urenkels unflätig anklebt. Das ist das Ende vom Lied – der morastige Zirkel der menschlichen Bestimmung, und somit – glückliche Reise, Herr Bruder! „
Dieter Bandhauer

In einer Zeit, in der wir aus Zivilisation und Kultur kaum noch Kraft und Sinn schöpfen, liefert die Natur ein funktionierendes Modell, an das wir immer mehr unsere Hoffnung knüpfen können: Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, Lebenszusammenhang, unendliche Lösungsvielfalt. Ein Wesensmerkmal der Natur ist der ewige organische Wandel entlang von Zersetzung und Wachstum. Kein Wunder, dass es der Komposthaufen in das Feuilleton der ZEIT schafft. Der Kompost steht für eine große schöpferische Kraft aus der Reduzierung auf das Elementare, das Wesentliche. Wo nichts mehr Bestand hat, stehen Verwesung und Verrottung nicht für Nicht-Sein, sondern für Aufgehoben-Sein und die Möglichkeit eines neuen Seins. Das Entlastende dieses Modells: Wir streben nicht mehr nach der bleibenden Form, nach dem ewig Gültigen. Das Bleibende ist der Wandel. Das Sein besteht nicht im Festhalten des ewig Guten, Wahren und Schönen, sondern im Zulassen des Wandels. Auch Irrtümer können vorübergehend schön sein. Und wir alle sind Künstler.
Reinhard Koine

Hanno Rauterberg überhöht in seinem Essay einen biochemischen Vorgang zu einer philosophischen Metapher. Den verrottenden Kompost mystifiziert er zum großen Gleichmacher, durch den jede Individualität zu dampfendem Mist vergoren wird. Dabei sollen nicht näher bezeichnete „andere Mächte“ geheimnisvolle „erdige Wunder“ bewirken. Ernst gemeint? Was soll bei diesen Wundern denn am Ende herauskommen? Wie würde eine Gesellschaft aussehen, die das individualistische Denken überwunden hat und in der der Einzelne sich nur gewiss ist, dereinst im großen Komposthaufen der Geschichte zu verfaulen? Das würde zu einer Carpe-Diem-Haltung führen ohne Hoffnung auf eine Zukunft ähnlich dem Vanitas-Gedanken im Barock, wo das Vergängliche stets gegenwärtig war, und sei es nur als welkende Blume in den Stillleben der barocken Maler.
Mia Herber

 


 

Leserbriefe zu „Rauch, Wasser, Schönheit“ von Georg Seesslen

In Ihrem Artikel schreiben sie, dass es die Aussage eines Psychologen sei, dass Alain Delon schon als Kind kein Herz gehabt habe. Da sei mir der Rückschluss erlaubt, dass Alain Delon aufgrund seiner Kindheitserfahrungen schon sehr früh gelernt hat, seine Gefühle zu verbergen. Auch wenn in seinen Filmen sein ganzes Gesicht hell ausgeleuchtet wurde, kann daraus kein Rückschluss auf seine Person gezogen werden. In seinen Rollen aber hat er der Gesellschaft einen Spiegel vorgehalten: Einer Gesellschaft von „eiskalten Engeln“. Sein Herz hat Alain Delon an seine Hunde gehängt. Zu denen kann „Mensch“ eine feste vertrauensvolle Bindung eingehen, weil Tiere rückhaltlos lieben. Diese Erfahrung hat Alain Delon mit Menschen offenbar nicht gemacht oder konnte es aufgrund seiner Verletzlichkeit nicht mehr zulassen.
Sabine Westphal 

Alain Delon zieht sein Resümee: „Ich habe meinen Erfolg mit Einsamkeit bezahlt.“ Schönheit Ästhetik und Eleganz (und Erfolg) eines Mannes – erzeugt und bezeugt bei uns Männern der Kategorie Unauffälligkeit: Neid, Eifersucht, „verachtende“ Bewunderung und dadurch auch die unangenehmen Selbstbetrachtungen in der persönlichen Erkenntnis dieses Verlustes zu dieser realer Vergleichbarkeit – wie wenn ein Kunstwerk der Natur im eigenen Gegenüber diese Unzulänglichkeit widerspiegelt, siehe die antiken griechischen Marmorstatuen der schönen Gestaltungen… Alain Delon war nicht nur ein „Monument francais“ (lt. des französischen Staatspräsidenten Macron) an optischer Perfektion – seine optische Ausstrahlung widerspiegelte fast schon das absolute Schönheitsideal eines Mannes… Vergleichbar vielleicht auch mit dem jungen Jean Marais, dem einstigen Geliebten von Jean Cocteau. Georg Seesslen beschreibt in seinem ZEIT-Memorandum „Rauch. Wasser. Schönheit.“ diesen Schauspieler und zudem sicherlich auch schauspielenden Menschen als „den größten Schauspieler seiner Generation? – zwar gleichzeitig mit einem Fragezeichen versehen, aber wohl dies nicht so hinterfragend gemeint: was sich alleine schon aus dieser phänomenalen Seesslen-Laudatio zu diesem Star der Leinwand, überdeutlich aufzeigt… Eigentlich ist dieser Text in DIE ZEIT unvergänglich tiefgründig, der Werbe-Nachruf auf eine Ikone – gleichwohl wird dennoch mit keinem einzigen Wort dessen exzessives Privatleben ergründender hierbei erwähnt, so, als ob hier eine bereits antike Marmorfigur in einem Museum präsentiert zu erscheinen hat: der Mensch (ohne Darstellbarkeit) hierbei vollkommen unerkennbar verbleibt… Als wäre dieses unverletzt zu erhaltende Schönheitsideal eines Mannes mit seinem marmornen Herzen ohne die Empfindungen für uns doch weit entfernten Menschen, als Sensation ewig fortzuführen… Vielleicht aber ist gerade diese Veredelung einer Galionsfigur des Unerreichbaren: die interessanteste Vortäuschung für seine unaustauschbaren Filmrollen-Besetzungen gewesen, war er doch dadurch dieser Kassenmagnet zugleich – eher aber blieb er für Deutschland (bzw. das deutsche Publikum) selbst ja geradezu unnahbar und im weitesten Sinne (für die massenhaften Männer der Austauschbarkeiten) ein zusätzlich beneideter, unerreichbarer Beau mit der Ausstrahlung eines edlen Gangsters… Frauen aller Couleur und Jahresringe schwärmten von ihm, viele der Homosexuellen waren verzückt von seinem Anblick: er war eine sexuelle Begierde und letztlich doch nur sich selbst zur Zierde!
Für Frankreich war er längst schon eine Art von Nationalheiligtum an Rebellion und Hemmungslosigkeit geworden – wie auch Brigitte Bardot in ihrer sexuellen Freiheit in den späten 50er- und 60iger Jahren… Wir hatten in jenem damaligen spießigen Deutschland nichts derartiges Befreiendes anzubieten – und die BILD-Zeitung schreibt in ihrem ganzseitigen Nachruf: „Romy Schneider wollte sich umbringen, als Alan Delon 1963 nach fünf Jahren Liebe floh wie ein Dieb.“ Doch Stopp: es gab da in etwa zeitgleich die Kommune 1 in Berlin – den haarigklugen und nackten und revolutionären Langhans und die wunderschöne Uschi Obermaier, die immerhin mit den beiden Stones Mick und Keith und dem exzentrischen Jimi Hendrix ihre sexuellen Ausstrahlungen miteinander austauschten – und auch den Dieter Bockhorn. Außerdem und immerhin wurde die bayrische Uschi bedeutend von Helmut Newton fotografiert, wäre vielleicht ein Weltstar geworden, wenn sie nicht das Angebot von Carlo Ponti für zehn Filme u.a. mit dem Regisseurs Michelangelo Antonioni, abgelehnt hätte… „Zuviel“ Schönheit macht oft auch die „falschen“ Sprünge im Erleben ohne vernunftvolle Strategien und nichts ist mehr rückgängig-wiederholbar innerhalb des eigenen Chaos – zu den irrationalen Leidenschaften mit eingerechnet! Also muss frau/mann sich vieles auch im Nachhinein schönreden können an/zu verpassten Gelegenheiten in die jeweiligen Gegenwarten hinein und heraus empfunden… Im übertragenen Sinne: „Hic rhodus – hic salta!“
Alain Delon war einst Zuhälter (wie Bockhorn auch) – schlugen anteilig ihre Frauen, waren einnehmend und ausnehmend! Auch das gehörte zu Delons Geschichten, die ihm das Leben entgegenhielt und all dies ihm (zu oft auf dem Tablett?!) präsentierte – welche Frau schon wollte ihm widerstehen, er konnte hinlangen und zufassen wie und wo er wollte: Aber auch das kann langweilig werden, nichts und niemanden erobern zu müssen??? Diese Fragezeichen sind mit aufzuzeigen – wenn eine zu sehr illuminierte Privatheit letztlich doch den Vordergrund aufbieten sollte, vor der sich dann der Mensch Delon nicht verstecken kann… Und hier muss nochmals BILD zitiert werden, weil diese jeweiligen Offenbarungen als un/wirklich wirkenden Offenlegungen vielleicht doch nur verständlich sich einprägen, wenn man dessen Delon-Leben mit als Film anzuschauen hätte: „Mit 17 ging er freiwillig in den Indochina-Krieg (Vietnam): „Es war meine prägendste und glücklichste Zeit. Ich war wie ein Tier.“ Sein Offizier erinnert sich: „Er war ein Sadist, ein Junge, der Spaß hatte am Töten. Ein sexuell Abartiger.“ Zweifellos wollen wir solche Art von erschreckenden lebensechten „Heldenfiguren“ nicht in unserem privaten Programm vermittelt wissen: aber auf der Leinwand soll unterhaltsam gemordet werden – ebenso wie in dem Film „Nur die Sonne war Zeuge“: wie auch im Indochina-Krieg des 17jährigen Alan Delon mit unvorstellbaren realen Szenen – dessen Offizier (von dorther) über ihn gesagt haben soll: „Er war ein Sadist, ein Junge, der Spaß hatte am Töten!“ Was aber bedeutet die zusätzliche Aussage des Offiziers: „Er war ein sexuell Abartiger!“ Hat Alain Delon diesen Aufstieg aus schwierigem Milieu (sein Stiefvater war Schlachter) auf seine Art zelebriert und definiert – nicht nur durch seine Schönheit (die ja auch korrumpiert), sondern eben auch mit der Kenntnis zu der eingeforderten Brutalität im Krieg und den dadurch enthemmten Mechanismen für die weitere Zukunft zwischen (und zu) den Menschen seiner späteren Umgebungen… All dies zusammen: ergab dann wohl jenen Alain Delon, vielleicht in diesem Zusammenhang wohl doch gleichfalls eine Art von Tom Ripley, wenn Georg Seesslen es so hautnah interpretiert und vielleicht auch in der Vergleichbarkeit erkennt: „Delon war zweifellos der ideale Tom Ripley, Patricia Highsmiths Jahrhundertfigur, ein Mann ohne Eigenschaften und dennoch gewillt, zu den Schönen und Reichen zu gehören, auch um den Preis des mitleidlosen Mords. Er kann die Rolle eines anderen einnehmen, weil er selber niemand ist. Aber selbst das ist schon zu viel der psychologischen Erklärung.“
Wie kommt solch ein Glanzlicht an greller Schönheit mit dem Verdunkeln des Alterns in eine (vernunftvolle) Erträglichkeit? -– wie sah es in seinem „altgewordenen“ Innen dadurch/damit aus? Wir wissen es nicht! Ein letztes Foto von ihm vom Juli 2024 durch seine Tochter Anouchka auf Instagram gepostet, ließ ihn erschreckend verfallen sich aufzeigen: das konnte nicht mehr gespielt werden – diese 88 gespielten und verspielten Lebensjahre (und in dieser Metapher: als Kerze an zwei Enden brennend sowie auch ausstrahlend) mit vollem Programm auf der Überholspur des Daseins, und zudem dann der Schlaganfall im Juni 2019: dessen relative Rekonvaleszenz Jahre bedurfte: er eingefangen verblieb in einem tragischen Körper der ihn extrem belastete… Wo ihn einst die Frauen (gegenüber den Kino-Illusionen) umschwärmten, ihn an sich fesseln wollten, aber er von sich fast schon defaitistisch wusste: „Ich wurde belästigt und habe belästigt. Das war damals so. Man muss immer lügen, wenn man liebt. Das ganze Leben entlang.“
Wie die Rolling Stones es früh schon besangen: „Well, now what can a poor boy do, except to play and sing for a Rock´n`Roll-Band?“ – so hatte dies ähnlich vergleichbar Alan Delon zu seiner Lebensvorstellung ausgeplaudert oder gar verkündet: „Wäre ich nicht ein Filmschauspieler, wäre ich am liebsten Gangster geworden.“ Sicherlich war er privat späterhin auch auf dieser Seite der Unterwelt mit aufzufinden – lebte in seiner komplizierten Jugendzeit „abseits“ bei Pflegeeltern, flog sechsmal von der Schule, verbrachte eine Zeitanteiligkeit auf einem Internat, wurde ab 1952 bis 1956 dann Marinesoldat, kämpfte im Indochinakrieg in Vietnam, war ebenso 11 Monate im Militärknast und wurde dann unehrenhaft entlassen. Späterhin in Star-Zeiten sind zwei seiner Leibwächter ermordet worden, auch der Geliebte seiner Frau (woher kamen diese Killer und wer beauftragte sie…?) – all das tat ihm jedoch keinen publikumswirksamen Abbruch: der französische Staat kürte ihn im Jahr 1991 zum „Chevalier de la Légion d´honneur“, im Jahr 1995 zum „Officier de l´Ordre national du Mérite“ und darüber hinaus im Jahr 2005 zum „Officier de la Légion d´honneur“. Sicherlich Stolz-machende Auszeichnungen – zudem im kürzlichen Nachruf der französische Staatspräsident Emmanuel Macron: ihn als ein „Monument francais“ öffentlich in den Olymp seines Landes hob… Georg Seesslen in DIE ZEIT benennt Alan Delon als: „Objekt der Begierde, dunkel entrückt:“ und hinterfragt fast schon klassisch memorierend: „Was machte Alain Delon zum größten Schauspieler seiner Generation?“
Wir wollen nicht untertreiben – es gab da einstens einen fast ebenbürtigen Beau und Darsteller seiner selbst: Piere Louis Baron le Bris – in Deutschland schmachtend als „unser“ Pierre Brice bestaunt und bewundert, aber doch eher in den Rollen der leichten Schauspielkost und besonders als „Winnetou“ herzhaft umarmt vom deutschen Publikum… Alan Delon jedoch blieb stets irgendwie-irgendwo unnahbar, entfremdet von diesen Menschenmassen der banalen Allgemeinheiten und Alltäglichkeiten – der so vielen unscheinbaren (optischen) Menschen aber ebenso plus-minus diesen zeitlich kurzen Erden-Aufenthalt unausweichlich zuordnet: Anwesenheit-Abwesenheit in diese/r massenhafte Namenlosigkeit. Andererseits ist die irdische Schönheit sicherlich manchmal unerträglich für jene diese Besitzenden – Frauen können sich vielleicht daran gewöhnen in diesen Besichtigungen ihre Selbstgefälligkeit zu betrachten und zu oft auch zu benutzen… Männer hingegen sind hierbei eher doch rar gesät, ein Samen-„Projektil“ schießt in die Vagina zur Menschwerdung: und nimmt keine Rücksicht wie dann dieser Mensch eine optische un/schöne Bewirkung finden kann. Schönheit und Unauffälligkeit sowie Häßlichkeit sind hierbei je nach dem Moment der sexuellen Zweisamkeit im Orgasmus an die Zufälligkeit des Momentes in der Abhängigkeit der Bewirkungen eingeordnet… Sekunden oder Minuten später in der Lustempfindung wäre ein ganz anderer Mensch entstanden oder produziert worden… Wir Vielen sind letztlich vielleicht auch nur austauschbar in unseren Funktionen des alltäglichen Existierens, können uns unsere Produzenten nicht aussuchen – angekommen gilt nicht der eigenartige Spruch der unattraktiven Anwesenden: dass Schönheit von innen käme… Aber trösten wir unauffälligen Männer uns doch mit der Erkenntnis des Liebhabers (par excellence) Giacomo Girolamo Casanova (1725-1798): „Auch die schönste Frau ist an den Füßen zu Ende“.
Männer könn(t)en noch mit ihrem Schwanz auftrumpfen, wenn er sich zur körperlichen Liebe besonders eignet, standfest ist und bleibt – durchschnittliche Optik und dabei sexuelle „Schlaftablette“: „Rien ne vas plus!“ Was man von dem „enfant terrible“ Klaus Kinski nicht erzählen konnte – der mit Alain Delon (hierzu die César-Verleihung an A.D.) im Jahre 1977 in dem Film „Der Fall Serrano“ gemeinsam aufspielte… In Frankreich wurde Klaus Kinski (als eine der höchsten Ehrungen für einen ausländischen Künstler) mit dem Orden „Commandeur de l´Ordre des Arts et des Lettres“ ausgezeichnet. Kinski über sich selbst: „Warum ich eine Hure bin? Ich brauche Liebe! Liebe! Immerzu! Und ich will Liebe geben, weil ich so viel davon habe. Niemand begreift, dass ich mit meiner Hurerei nichts anderes will, als mich zu verschwenden! Ich werde wirklich öfter geschlechtskrank, als andere sich erkälten.“ Wir alle wollen schön, gesund und (materiell) reich sein. Ach so: und möglichst entsprechend jung plus Überschaubarkeit, dazu! Die geistige Schönheit, das philosophisch einbedachte Universum im Kopf zählt hierzu nicht im vordersten Wunschprogramm der Menschen. Schade drum! Doch sollte einem bewusst werden: dass durch den ausdrucksvollen Kopfinhalt so manche körperliche unscheinbare Optik ausgeglichen werden könnte – denn: schlaue Männer und Frauen wissen, wie sie ihre Fallen (jenseits von optischer Attraktivität) aufstellen sollten… So oder so: der Mensch ist manipulierbar – und besonders auch in der Sexualität kann/wird mann mit einer schönen Optik noch lange kein besonderer Liebhaber sein. Wenn dem so wäre – werden die Frauen auch nach einer gewissen Zeit von solch einer optischen Ausstrahlung allmählich gelangweilt sich absenTIERen. Hallo, ihr Unauffälligen: das ist unsere Chance in der ansonstigen gemeinsamen Unauffälligkeit! Gleichwohl sei mitgeteilt: dass es ebenso viele unauffällige Frauen im gemeinsamen Spiel auf der Suche nach dem „Deckelchen zum Töpfchen“ aufzufinden gibt – und da wäre das wenige erkennbare Vorhandene, um „aus der Reihe zu tanzen“: dann doch zu unförderlich in dem hierbei Habendürfen an erreichbaren Ähnlichkeiten des Annäherns der Ausgeglichenheiten des massenhaften Banalen…
Und man muss nochmals BILD zitieren, wenn man das Feuilleton in DIE ZEIT zuvor mit einbezieht und dann diese Betrachtungsgegenwelten sich zusammensetzen mag: „Seine Gruft sah Delon vom Sterbebett. Sein Wunsch für den letzten Gang: eine katholische Zeremonie und ein Begräbnis in der Kapelle seiner 35 treuen toten Hunde auf dem Anwesen. Seine weißen Schäferhunde waren seine letzten Freunde. Die Kinder zofften sich zuletzt um sein Millionen-Erbe. Delon konnte kaum sprechen: „Ich werde die Welt ohne Reue verlassen. Alle Menschen sterben an Trauer.“ Der Bericht über die (künstlerische) Berühmtheit des Alain Delon wurde sehr literarisch und kritisch klug von Georg Seesslen uns in DIE ZEIT zugeeignet, spannend sprachlich in Szene gesetzt – auch mit dem Abschluss dieser Überlieferbarkeit als Memento mori: „Das Bild des schönen Mannes mit dem steinernen Herzen ist lange verschwunden. Nun ist auch der Mensch Alain Delon gestorben, der es erzeugte.“ Und gar nicht seltsam – wenn Alain Delon schlussendlich äußerte: „Die Frauen sind ein notwendiges Übel. Ich werde wohl sterben, ohne sie jemals verstanden zu haben.“ Und der französischen, wöchentlich erscheinenden Illustrierten „Paris Match“ hat er in einem Interview auf deren Frage „Kommen Sie ins Paradies oder in die Hölle?“ geantwortet: „Ich werde wohl irgendwo dazwischen enden. Ganz sicher! Die sind ja nicht dumm da oben…“
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

Was war das bitte für ein Nachruf??? Herzlos und von unerträglicher Schönheit? In einem Interview mit der Lettre International beschreibt Alain Delon seine Kindheit so:  „Ich bin allen nur lästig, das Kind zuviel, der Störenfried zwischen zwei Paaren…dabei bin ich ein Wunschkind, doch als die Liebe abhandenkam, machte jeder seine Kinder mit anderen Partnern. Und keiner weiß, was er mit mir anfangen soll.“ Das einsame, herumgestoßene Kind, dadurch natürlich aufsässig, ist dann später laut Autor also herzlos und zudem von unerträglicher Schönheit. Aha. Unerträglich blöder Artikel oder schimmert gar Eifersucht durch?
Jutta Schäfer

 


 

Leserbriefe zu „Auf Kante“ von Christine Lemke-Matwey

Die Definition der „Seillänge“ sollten Sie sich nochmals ansehen.
Eberhard Grundgeiger

Sehr schön geschrieben, Danke auch für die Aufwertung des Schwierigkeitsgrades. Erwähnenswert finde ich auch den Moment.an dem man direkt in die Kante quert und plötzlich tausend Meter Luft unter dem linken Schuh hat. Das ist echt dolomitisch, tief Luft holen und „La Montanara“ singen.
Lothar Dilcher

nur ein kurzer Zuruf: Nun erfreue ich mich schon so sehr über Ihre Einschätzungen, Ihre humorvollen Anmerkungen bei der „Blindverkostung“ und dann erklimmen Sie noch einen Berg! Ach, ich bin begeistert und tief beeindruckt. Das mal als Zuruf – „einfach nur so“.
Annette Hillebrand

Den Artikel von Frau Lemke-Matwey über eine Klettertour in den Dolomiten habe ich mit großem Interesse gelesen. Vor vielen Jahren, im Juli 1959, habe ich den Delago Turm zummen mit einem Freund über diese Kante bestiegen. Es war meine eindrucksvollste Klettertour in den Dolomiten, auch jetzt im hohen Alter denke ich gern daran zurück. In den folgenden Jahren machte noch viele Hochtouren in den Westalpen und auch der Kilimanjaro steht auf meiner Liste.
Hermann Petri

 


 

Leserbriefe zu „Monströse Subventionen“ von Kolja Rudzio

Da lacht unser Kanzler aber wieder einmal, wie sein eigenes Honigkuchenpferd! Wieder einmal wurde die Staatskasse, wie ich finde vorsätzlich und über Gebühr, um fünf Milliarden Fördergelder, wie das jetzt so schön heißt, geplündert. Ob der Chip-Riese TSMC wohl auch freiwillig, ohne dieses fette Lockmittel nach Dresden gekommen wäre? Egal, mit fünf Milliarden, da kann man schon einiges hinstellen und wenn´s schief geht, nochmals egal, dann ist er eben wieder fort, der kleine Riese aus Taiwan. Wo sollen eigentlich die vielen Fachkräfte herkommen, die in diesen fantastischen Komplex der Megachip-Träume, mal jobben sollen/wollen? Heute habe ich gelesen, dass TSMC ihre Facharbeiter selbst mitbringen will!!
Klaus P. Jaworek

dass die Schaffung eines Arbeitsplatzes die Steuerzahler*innen nicht 2,5 Millionen Euro kosten sollte und dass die Wähler*innen von AfD und BSW nicht vorwiegend aus Vernunftgründen, sondern aus emotionalen Gründen, nämlich Unsicherheit und Unzufriedenheit, diese Parteien wählen und dass folglich all das Geld, das in den letzten 35 Jahren von Westdeutschland nach Ostdeutschland geflossen ist, nicht wahlentscheidend sein wird, dürfte klar sein. Es ist nun einmal so, dass sehr viele junge, liberal denkende und veränderungsbereite Menschen in den vergangenen Jahrzehnten Ostdeutschland verlassen haben – wodurch der Anteil der konservativen bis rechtsextremen, „heimattreuen“ Wähler*innen entsprechend gestiegen ist. Dass so viele Menschen Ostdeutschland verlassen haben bzw. verlassen mussten, weil sie in Ostdeutschland keine oder nur schlecht bezahlte Arbeit fanden, hat natürlich auch – aber nicht nur – mit Fehlern von westdeutschen Politiker*innen und Wirtschaftspersonen, u. a. der Treuhand, zu tun, lässt sich nun aber nicht mehr kurzfristig ändern. Der Hauptgrund für die in der Tat erstaunliche Subventionierung von Chipfabriken in Ostdeutschland war aber ja wohl, wenn ich das der Presse richtig entnommen habe, das Bemühen, Deutschland in einem wichtigen Bereich unabhängiger von China bzw. Taiwan zu machen. Falls das durch die Subventionierung nicht gelungen ist bzw. Deutschland es durch Diversifikation der Importländer oder Vorratshaltung wesentlich preiswerter hätte erreichen können, sind die Milliarden freilich eine Fehlinvestition. Meines Erachtens sollte sowieso der Dschungel der Unternehmenssubventionen gelichtet und die Hilfe auf das Notwendige beschränkt werden. Warum müssen Großunternehmen oder Spieleentwickler fortwährend subventioniert werden? Funktioniert so Kapitalismus? Erst geben die Steuerzahler*innen das Geld – und dann werden die Gewinne privatisiert und durch „kreative Steuergestaltung“ optimiert?
Ulrich Willmes

Die Subventionen mit den Arbeitsplätzen in den geförderten Unternehmen und deren Zulieferern gegenzurechnen, greift zu kurz. Alle Branchen benötigen heute Chips, von einem nachhaltigen Ausfall wichtiger Chips wäre eine um Zehnerpotenzen höhere Zahl von Arbeitsplätzen betroffen. Derartige Folgen konnte man in den vorübergehenden Lieferstörungen von Speicherbauelementen aufgrund von Unwettern in Asien oder eingeschränkter Autoproduktion aufgrund fehlender Chips in der Corona-Pandemie bereits erahnen. Auch wenn es viele Chiphersteller weltweit gibt, auch in der EU: Es gibt nur wenige Hersteller (alle außerhalb der EU), die Schlüsselkomponenten in großen Stückzahlen in modernsten Technologien liefern. Ein dauerhafter Ausfall einer dieser Hersteller hätte katastrophale Folgen für die heimische Wirtschaft und wäre kurzfristig nicht zu kompensieren. Die Gefahr einer solchen Entwicklung wächst durch die weltweit zunehmenden staatlichen Eingriffe in den freien Handel, z.B. durch massive Subventionen gerade in der Halbleiterindustrie und die Bedrohungen des pazifischen Raumes durch die VR China. Die EU reagiert nun auf diese Entwicklung, indem sie im Rahmen des ChipsAct die bisher auf F&E beschränkte Förderung auch auf die Generierung von Produktion erweitert hat und damit eine Förderung wie in Dresden überhaupt erst ermöglicht hat. Man mag diesen Subventionswettlauf beklagen – ihn zu ignorieren kann unabsehbare Folgen haben. Das Ziel der EU-Strategie ist, die aktuell zu große Abhängigkeit von außereuropäischen, unsicheren Lieferketten zu verringern. Niemand strebt Autarkie an, es geht um die Sicherstellung der eigenen Handlungsfähigkeit in Schlüsseltechnologien. Das schließt auch Aktivitäten für die erwähnten Rohstoffe für die Halbleiterindustrie ein. Wenn das gelingt, ist der volkswirtschaftliche Nutzen deutlich höher als die hier infragestehenden Fördermilliarden.
Peter van Staa

 


 

Leserbriefe zu „Braucht es eine strengere Mietpreisbremse?“ Streit von Zanda Martens und Kai Warnecke, moderiert von Eva Ricarda Lautsch und Stefan Schirmer

In dem moderierten Gespräch versteigt sich Frau Zanda Martens (SPD) zu der Aussage: „Auch im Sozialismus war nicht alles schlecht. Zumindest hatten die Leute kaum existentielle Sorgen, ob sie eine bezahlbare Wohnung haben und behalten.“ Man darf Frau Martens ihre Jugendlichkeit zugutehalten. Mit 39 Jahren hat sie keine Erinnerungen an die Wohnungsnot in der DDR (oder einem anderen sozialistischen Land: Polen, Rumänien, Sowjetunion…) Aber von der wohnungspolitischen Sprecherin einer Bundestagsfraktion darf man wohl erwarten, dass sie einmal ins Geschichtsbuch schaut, ehe sie solche Äußerungen abgibt. Das großangelegte Wohnungsbauprogramm in den Satellitenstädten der DDR kompensierte nicht den gleichzeitigen Verfall von Wohnraum in den Innenstädten. Das Hauptproblem einer jungen Familie bestand tatsächlich niemals darin, „eine bezahlbare Wohnung zu behalten“, sondern darin, überhaupt eine Wohnung zu finden. Ich wohnte zum Beispiel mit Frau und zwei Kindern in einer Ein-Raum-Wohnung, die wir nur durch einen halblegalen Trick bekamen. Der Herr behüte uns vor den Segnungen des Sozialismus. Natürlich sind Sie als Autorinnen nicht für Äußerungen Ihrer Gesprächspartnerin verantwortlich, doch an dieser Stelle wäre entschiedener Widerspruch angemessen gewesen.
Kai Seyffarth

Als langjähriger Verwalter von 10 privaten Mietwohnungen habe ich nicht erlebt, dass Mietinteressenten nach der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ oder nach der vom Vormieter gezahlten Miete gefragt haben. Die Interessenten vergleichen meine Mietforderung mit den in „den Medien“ genannten Angebotsmieten und sind zufrieden, wenn mein Wert darunter liegt. Ich sehe ein ganz anderes Problem: Obwohl vor ca. 4 Jahrzehnten genannte Wohnungen energetisch in den damaligen „grünen“ Bereich gebracht wurden, sind nach Berechnung eines Energieberaters jetzt ca. 1500€ Investitionen pro m² Wohnfläche (nach Abzug der erwarteten Zuschüsse) erforderlich, um die Wohnungen auf das heute gewünschte Level zu heben. Schlägt man diese Kosten auf die Miete drauf, so würde die Miete um 10€ pro m² steigen. Durch die Investition werden aber nur etwa 1€ pro m² Heizkosten gespart und die Miete darf nur um maximal 4€ pro m² erhöht werden. Es reicht auch noch nicht, wenn die gesamte Miete zur Finanzierung der Energiesparmaßnahmen verwandt wird. Ein Ausweg wäre, nur einen Teil der Wohnungen energetisch zu sanieren und dann 20Jahre lang die Miete der unsanierten Wohnungen mit für die Finanzierung genannter Investitionen zu verwenden.
Adolf Ronnenberg

 


 

Leserbriefe zu „Im Dienst der Wahrheit“ von Sabine Rückert in ZEIT Verbrechen

Vielen herzlichen Dank für Ihren interessanten und wirklich vorzüglich gemachten Artikel zu Ciceros Rede Pro Sexto Roscio Amerino, der für mich als Altphilologen ein besonderes „Schmankerl“ gegenüber der sonstigen alltäglichen – oder leider manchmal nicht so alltäglichen – Gegenwartskriminalität auf der Seite war. Es ist Ihnen sehr gut gelungen, die rhetorische Strategie Ciceros in der Rede deutlich zu machen und zugleich die komplizierten kriminologischen und politischen Hintergründe des Falls eindrucksvoll vor Augen zu stellen. Falls Sie sich mal wieder mit einer Prozessrede Ciceros befassen wollen, empfehle ich die Rede Pro Milone aus den 50er Jahren, also der endgültigen Krisenzeit der Republik. Hintergrund; Milo und Clodius sind die Anführer politischer Straßenterrorgruppen, die sich auf den Straßen Roms die Köpfe einschlagen (in etwa vergleichbar mit dem Roten Frontkämpferbund und der SA in der Schlussphase der Weimarer Republik), und zwar Milo Anführer der Optimaten, Clodius der Popularen. Clodius wird nun in der Nähe Roms ermordet, und die Popularen inszenieren nun einen Prozess gegen Milo, den sie als Täter beschuldigen. Cicero verteidigt nun Milo in etwa mit folgender Argumentationsstrategie: Milo kann es aus verschiedenen Gründen gar nicht gewesen sein, z.B. weil er zum fraglichen Zeitpunkt gar nicht am Tatort war.
Wenn er es doch getan haben sollte, müsste das gesamte Römische Reich Milo dankbar sein, dass er die Römer von diesem Politschwein Clodius befreit hat. Und wenn er es war, kann er gar nichts dafür, denn dann haben ihm die Götter bei der Tat die Hand geführt (Ich habe vor den Schülern hier manchmal den Cicero gegeben, beschwörend die Hände nach oben gestreckt und gerufen: „Die Götter, die Götter waren es , gedankt sei den Göttern“ Der Clou bei der Rede ist nun, dass Cicero sie so nicht wirklich gehalten hat. Milo ist nämlich verurteilt und ins Exil nach Marseille geschickt worden. Zitat aus Wikipedia dazu: „Die erhaltene Rede gibt somit nicht wieder, was Cicero im Prozess tatsächlich sagte, sondern wurde später von ihm niedergeschrieben und publiziert. Diese publizierte Fassung, in der Antike als einer seiner besten Redentexte beurteilt, schickte er auch an Milo in Massilia, der darauf geantwortet haben soll, er schätze sich glücklich, dass Cicero die Rede nicht so gehalten habe, da er sonst jetzt nicht die exzellenten Seebarben Massilias genießen könnte.“ Ähnliches könnte auch für die von Ihnen behandelte Rede Pro Sexto Roscio Amerino gelten: Auch Sie könnte nachträglich stark bearbeitet und rhetorisch aufgemotzt worden sein, so dass man die Aussage, dass sie uns einen Eindruck vom wirklichen Auftritt Ciceros als Anwalt gibt, etwas relativieren muss. Aber trotzdem: Nochmal vielen Dank für den tollen Artikel !!!#

Klaus-Dieter Beims

Als Lateinlehrer habe ich Ihren Artikel über Marcus Tullius Ciceros Rede für Sextus Roscius aus Amerika mit sehr großem Interesse gelesen, zumal der Text seit meinen Schülertagen meine lateinische Lieblingslektüre ist. Insbesondere bezüglich der Chronologie der Ereignisse und hinsichtlich des Auseinanderhaltens der verschiedenen – offenbar ja hoffnungslos zerstrittenen – Roscier kann man die Klarheit Ihres Artikels nicht genug hervorheben. Ich habe lediglich eine Anmerkung zu Ihren Ausführungen, die Sie bitte nicht als Kritik, sondern als Gedankengang meinerseits verstehen sollten. Sie sprechen vom Untergang der römischen Republik und weisen in diesem Zusammenhang auf das Schwanken der Demokratie hin. Meines Erachtens ist es eher irreführend, von Rom als Demokratie zu sprechen. Schon aus dem Staatsnamen (Senatus Populusque Romanus – Senat und Volk von Rom) geht ja hervor, dass sich hier zwei Instanzen bzw. Machtgefüge, eben Senat und Volk, die Waage halten. In einer richtigen Demokratie müsste dagegen alle Gewalt vom Volk ausgehen, auch eine Institution wie der Senat. Der Staatsname sagt aber aus, dass sich Volk und Senat die Macht teilen. Bedenkt man dann noch, dass Senatsbeschlüsse ein erdrückendes Gewicht und ungeheure Bedeutung hatten, verschiebt sich der Schwerpunkt sogar Richtung Senat, also dem Adelsgremium. Zudem konnte es sich kein Volkstribun leisten, die Beschlüsse der Volksversammlung allzu forsch vorzutragen, wenn er politisch überleben oder gar weiterkommen wollte. Es wäre insofern treffender, von einer Adelsrepublik mit einer gewissen Gewaltenteilung mittels Volksversammlung zu sprechen. Ich denke, Ihre These, es habe sich bei Rom um eine Demokratie gehandelt, ist durch das hohe Maß an Rechtsstaatlichkeit begründet, das Sie bei der Bezeichnung der Regierungsform der römischen Republik quasi mitdenken: Weil Rom schon so eine ausgeprägtes Rechtssystem hatte und unsere Rechtsstaatlichkeit auf dem römischen Recht beruht, greifen Sie quasi auf die Bezeichnung als demokratisches System aus, was es aber meines Erachtens aus den oben genannten Gründen nicht ist. Ein kleiner Exkurs: Indien wird gemeinhin heute als größte Demokratie der Welt bezeichnet, kann es aber nicht sein, weil wir im Westen seit der Französischen Revolution die Gleichheit der Menschen in der Demokratie mitdenken. Diese ist aufgrund des Kastensystems nicht gegeben. Also ist Indien auch keine Demokratie in unserem Sinne, es sei denn, man versteift sich bezüglich der per se demokratischen Wahlen auf eine Art Stimmzettelfetischismus. Das sind, wie gesagt, Anmerkungen, die Ihren Artikel, der vor allem in rechtlicher Hinsicht ausgezeichnet ist, nicht kritisieren sollen. Vielleicht tun Sie Cicero am Ende an einer Stelle etwas Unrecht, wenn Sie ihn des Kokettierens mit seinem mutigen Auftreten bezichtigen. Immerhin weist er gleich in den ersten Sätzen der Rede für Sextus Roscius darauf hin, dass die eine oder andere gewagte Formulierung bestimmt seiner Jugend und Unerfahrenheit zugeschrieben werde, während man bei den anderen potentiellen Rednern davon ausgehen müsse, dass jedes kritische Wort eine Gefahr darstellen könne. Ihr Vergleich Sulla/Putin ist in diesem Zusammenhang übrigens sehr treffend. Wir brauchen solche Vergleiche, um Ereignisse von vor 2100 Jahren zu begreifen. Dass sich Cicero aus Sicherheitsgründen erst einmal nach Griechenland absetzte, wusste ich nicht. Auch dafür vielen Dank.
Ralf Rieber

 


 

Leserbriefe zu „Was kann ich für Sie tun?“ von Stefan Schmitt und Jens Tönnesmann

Ich nehme Bezug besonders auf den Absatz unter dem kleinen Foto, in dem es heißt: „Nicht als Ersatz für Pflegekräfte, sondern als social bot: als Roboter für das Zwischenmenschliche.“ Eine Kommunikation mit einem social bot ist keine zwischenmenschliche Kommunikation, ich bitte Sie um sprachliche Sorgfalt und Korrektur dieser Aussage. Auch wenn der Roboter so gebaut oder programmiert wird, dass er menschlich wirken soll, bleibt es eine Interaktion mit einer Maschine. Roboter können sehr hilfreich sein und den Menschen viele Tätigkeiten abnehmen, aber für diese Tätigkeiten müssten sie weder menschenähnliche Formen haben noch menschliche Gefühle vortäuschen. Auch wenn er mit Roboteraugen blinzeln kann oder Emotionen nachbilden kann, bleibt der Roboter eine Maschine. Ich finde es traurig, wenn Menschen auf Roboter als Ersatz für zwischenmenschliche Kommunikation zurückgreifen, wo zwischenmenschliche Interaktion sinnvoll wäre, aber dieser Einsatz von Robotern wird dadurch nicht zu etwas Zwischenmenschlichem und dessen sollte sich der Mensch bewusst sein.
Nina Fuchs

Die Menschheit braucht keine Roboter für die Hausarbeit und schon gar nicht, um Senioren zu pflegen. KI sollte dort zum Einsatz kommen, wo sie uns deutlich überlegen ist: Riesige Datenmengen sammeln und auswerten und damit der Menschheit helfen, Lösungen für die drängenden Probleme des Planeten zu finden. Dafür sollten die Regierungen weltweit große Summen zu Verfügung stellen.
Inga Hänsel-Nell

 


 

Leserbriefe zu „Und, erkennen Sie ihn?“ von Paul Middelhoff

herzlichen Dank für Ihren mich zu diesem Leserbrief anregenden Artikel über Bijan Djir Sarai. Ich habe ihn –als Pädagogin und am Thema „Kriegskinder“ interessierte- vor allem unter dem Aspekt gelesen, was seine Kindheit und sein Bildungsweg mit seinen politischen Positionen (die Erklärung dafür, dass nur die eigene Leistung zählt) und seiner Art, sie zu vertreten („wütend“) zu tun haben könnten. Die Sichtweise, dass Glück der einzige Zugang zu Bildung und beruflichem Erfolg sein sollte, dies kann nur möglich sein, wenn Traurigkeit und Ruhe nur nachts sowie auf einer Reise in die alte Heimat möglich sind. Vielleicht gibt es Parallelen zu den Themen der Kriegskinder, die im Deutschland der 50er Jahre gelebt haben? Angesichts der erfolgten Aufarbeitung (z.B. durch Sabine Bode)wünsche ich Herrn Djir Sarai, dass er sein in Rage reden, sein Dagegenhalten als Politik der Mitte verbinden kann mit einem konstruktiven Blick in die Zukunft, in der auch Kinder, die weniger Glück hatten als er, mehr Unterstützung bzw. qualifiziertere Bildungsangebote bekommen können. Das „Ausgabenproblem“ der Bundesregierung sollte nicht dazu führen, dass für Kinder in Zukunft weniger Geld da sein wird. M.E. bringt er gute Grundlagen mit, dies verstehen zu können und seine Haltung zu verändern (Vielleicht geben Sie ihm das Dossier dieser Ausgabe der „Zeit“ zu lesen?
Maria Nitsche

Der FDP-Generalsekretär ist also für die „Abteilung Attacke“ zuständig. Da wäre es gut, wenn Bojan Dir-Sarai klar wäre, dass die FDP, nach Solingen, im Endspiel um ihr eigenes Überleben steht. Jetzt ist die letzte Chance für die FDP, sich aus der Beteiligung an einer vollkommen inkompetenten Regierung zu verabschieden. Nachdem die Zeitenwende, die Energiewende, die Wirtschaft und viele andere Politikbereiche, wie Bildung und Wohnungsbau, vor die Wand gefahren wurden, ist der Offenbarungseid bei Einwanderung und innerer Sicherheit die letzte Gelegenheit für einen verzweifelten Befreiungsschlag. Wenn die FDP noch irgendetwas retten will, dann muss sie Bundeskanzler Scholz, die SPD und die Grünen   feuern. Zu verhindern, dass die Ampel Deutschland noch weitere 13-14 Monate ruiniert, wird vom Wähler vielleicht honoriert. Aber die Uhr läuft, General!
Fred Klemm

 


 

Leserbriefe zu „Ich habe viel Zeit darauf verwendet, außerirdisches Leben zu suchen“. Gespräch mit Martin Rees geführt von Christina Rietz

Außerirdisches Leben sucht der berühmte Astronom Martin Rees. Über seine Fähigkeiten und Kenntnisse herrscht kein Zweifel. Ich war selber mal Astronom und erlaube mir einige Bemerkungen zu der Suche on Prof. Rees. Man soll besser nicht im Universum herumsuchen. Da könnte es dann wirklich Leben geben, aber uns immens überlegen an Technik, Wissen und Möglichkeiten. Das ist eine andere Liga und wir sind nur Kreisklasse. Also besser stille sein und nicht auf sich aufmerksam machen. Ich persönlich teile die Theorie unser Planet ist die Hölle eines anderen Planeten also, Problem gelöst da muss es Leben geben. Aber im Übrigen absolut mucksmäuschen Stille sein. Das Universum ist unberechenbar und kann uns noch böse Sachen bieten. So tun als wenn wir gar nicht da wären. Bei uns selber gibt es Probleme genug.
Hans-Emil Schuster

In seinen Antworten drückt Martin Rees eigentlich nichts anderes aus als Sokrates mit seinem weisen Satz: ich weiß, dass ich nichts weiß. Das jedoch, worüber er Bescheid zu wissen glaubt, kann er gut und sogar verständlich erklären. Den Nobelpreis stutzt er auf ein gehobenes wissenschaftliches Maß zurück. Zwischen den Zeilen allerdings meint man herauszuhören, dass er ihn selbst auch verdient hätte! Ein Interview auf hohem intellektuellem Niveau! Mehr davon!
Ulrich Pietsch

 


 

Leserbrief zu „Womit keiner rechnet: In Berlin ist ein illegaler Markt entstanden: …“ von David Baldysiak

Ihr Artikel beschreibt sehr genau die Situation in Berlin. Beim Blick auf die Briefkästen in meiner Wohngegend im Außenbezirk Reinickendorf wundere ich mich schon lange über die vielen zusätzlichen Namen an den Briefkästen. Sie klingen meist ausländisch. Es sind aber kaum Ausländer beziehungsweise vom Sehen nicht bekannte Menschen, in der Einfamilienhausgegend zu erkennen. Offenbar ist das von ihnen beschriebene Modell tatsächlich lukrativ. Die Idee mit der Sammeladresse finde ich wirklich gut. Denn was passiert, wenn die Menschen, die ja offensichtlich guten Willens sind, sich nicht anmelden können, wird Berlin demnächst erfahren, wenn der Länderfinanzausgleich wieder nach unten korrigiert wird.
Elke Hube

 


 

Leserbrief zu „Ich war ein nützlicher Idiot“ von Adrian Geiges

Adrian Geiges hat mit klaren Worten die Finger in die Wunde gelegt. Nützliche Idioten gibt es leider bis heute in den Führungsetagen deutscher Dax-Konzerne. Wann wird man dort endlich die sich seit Jahren abzeichnenden Entwicklungen im Chinageschäft registrieren und „das als Warnung nehmend unverzüglich entsprechende Maßnahmen einleiten“? Geiges‘ erhellendem Zitat aus dem Kotau der Mercedes Benz AG sei noch das eines unterfränkischen Landpfarrers hinzugefügt, der schon vor Jahren meinte: „Gier frisst Hirn“. Punkt.
Dietmar Wickles

 


 

Leserbrief zu „Stimmt’s? Vögel der Südhalbkugel ziehen in ihrem Winter nach Norden“ von Christoph Drösser

Ob Süd oder Nord Vögel ziehen immer dahin, wo es ihnen gut geht. Das heißt: gute und genügend Futter finden, passende und sichere Nistplätze, keine Windräder, die sie schreddern könnten und keine Netze mit denen sie in gewissen italienischen Landstrichen sich verfangen könnten um gegessen zu werden, wenn das wirklich stimmen sollte. Dann guten Flug.
Hans-Emil Schuster

 


 

Leserbrief zu „Täglich, minütlich, sekündlich“ von Antonia Baum

Es ist für mich schon sehr erstaunlich und gleichzeitig auch etwas befremdlich, mit welchem Schwachsinn sich oft manche Wissenschaftler abgeben (müssen), um uns danach die daraus gewonnenen Erkenntnisse auch so noch großspurig mitzuteilen. Diese Emojis können mir gestohlen bleiben, ich verwende diese unwitzigen Figürchen nicht. „Grundlagenforschung betreibe ich dann, wenn ich nicht weiß, was ich tue.“ (Zitat von Wernher von Braun, 1912-1977, deutscher und später US-amerikanischer Raketenpionier und Wegbereiter der Raketenwaffen und der Raumfahrt)
Riggi Schwarz

 


 

Leserbrief zu „Anna Mayr entdeckt: Schreibgeschichte“

Schade, dass Sie Ihr kariertes Notizbuch nicht mehr benutzen! Wie Sie schreiben, was Sie hineinschreiben, ist Ausdruck Ihrer journalistischen Persönlichkeit. Sie hätten Ihre Notizen allerdings erst nach den Gesprächen mit den „Dackelzüchterinnen“ machen sollen! In meiner fast 40jährigen hausärztlichen Tätigkeit habe ich bis zum Schluss DIN A5-Karteikarten verwendet. Erst, nachdem ein Patient (m,w,d) mein Sprechzimmer verlassen hatte, habe ich handschriftlich meinen Eintrag gemacht, um beim Gespräch nicht abgelenkt zu werden. In diesen Karten lag in der grauen analogen Vorzeit des letzten Jahrtausends noch der papierne Krankenschein, in den ich für die Nachbearbeiter einigermaßen leserlich Diagnosen und Abrechnungsziffern eintragen musste. Am Quartalsende wurden die Scheine aus den Karten herausgenommen, nach Krankenkassen geordnet und dann noch nach M (Mitglied), F (Familienmitglied) und R (Rentner) sortiert, in einen Karton gepackt und zur nächsten KV gebracht; von mir nach Gießen. Vor meiner Fahrt zu den Hausbesuchspatienten steckte ich deren Karteikarten, angefüllt mit gestempelten Formularen, in mein Arztköfferchen, während manche meiner Kollegen bereits ihren Laptop mitnahmen. Erst zu Hause machte ich die Besuchseinträge; so weit reichte das Kurzzeitgedächtnis gerade noch zurück! Wenn mich heute im Rentnerdasein mal die Nostalgie übermannt, gehe ich in den Keller, wo ich in drei Boxen die Karteikarten meiner früheren Patienten aufbewahre; picke mir zwei, drei Karten heraus, versuche meine Ärzteklaue zu enträtseln, die mit zunehmendem Alter immer schlimmer wurde, und schmunzle manchmal über meine Wortwahl. Dabei habe ich ihre Gesichter vor Augen, noch lebend oder zumindest jünger als heute! Meinen Computer habe ich längst abgeschafft. Das Lesen der dort gespeicherten Daten würde mir nicht einmal einen Bruchteil der Unterhaltung und auch des Vergnügens bieten wie das Entziffern der Einträge in den alten Karteikarten!
Ulrich Pietsch

 


 

Leserbrief zu „Wortschatz“ von Thomas Domzalski

Der jüngste Beitrag in Ihrer von mir geschätzten „Wortschatz“-Rubrik rief in mir augenblicklich die Erinnerung an eine beeindruckende Musiklehrerin wach und ihren Eintrag aus dem Jahr 1959 in mein damals sorgfältig geführtes sogenanntes „Poesie-Album“: „Wer sich die Musik erkiest, / hat ein himmlisch Gut gewonnen, / weil die lieben Engelein / selber Musikanten sein.“ Ihr Hamburger Leser Thomas Domzalski liegt also durchaus richtig mit seiner Vermutung, dass der Ausdruck „erkiesen“ die Bedeutung von „erwählen“ trägt. Doch „uralt“ ist er keineswegs, denn das genannte Zitat stammt von Martin Luther, dem wir auch dieses Lied verdanken. Wir sangen es übrigens noch im Schulchor, auch die zweite Strophe ist bemerkenswert, und die Melodie spukt mir jetzt deutlich im Kopf herum!
Ulrike Krebs

 


 

Leserbrief zu „Ein Leben gegen die freie Wahl“ von Anna Sauerbrey

Um dem Kampf um das Recht auf Abtreibungen die konfrontative und moralische Schärfe zu nehmen, wäre es gut, einen Blick auf die historischen Gegebenheiten dazu zu werfen: Als die meisten Menschen nicht so alt wurden wie heute und die Kindersterblichkeit hoch war, gehörte es zur Existenzsicherung von Gruppen und Völkern, viele Kinder zu bekommen. Das hatte sich als religiös unterfütterte Erwartungshaltung verfestigt. Wer nicht dazu beitrug, galt im Normalfall nicht als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Einerseits sollte die heutige Möglichkeit zu Abtreibungen niemanden zu leichtfertigem Umgang mit Sexualität verleiten, andererseits sollten die sich selbst so bezeichnenden Pro-Lifer verstehen, dass sie ihr Glaubensverständnis als verabsolutierten Maßstab für andere missbrauchen und sich damit in eine illusionäre Welt begeben. Wer grundsätzlich gegen Abtreibungen ist, sollte sich entsprechend verhalten und es dabei belassen. Nicht nur in den USA würden dann der Spaltung von Gesellschaften nicht noch fiktionale Argumente geliefert.
Christoph Müller-Luckwald

 


 

Leserbrief zu „Hat Elon Musk diesmal recht?“ von Thomas Fischermann

Es ist egal, was du sagst, Stephanie, sag‘ es oft genug und die Leute werden dir glauben.“ Das erklärte Donald Trump seinerzeit seiner Pressesprecherin Stephanie Grisham – und er hat leider recht. Je öfter wir Aussagen hören, desto eher neigen wir dazu, sie zu glauben – auch wenn sie unwahr sind. Dafür sorgt unser Gehirn. Das ist der sogenannte Illusory Truth Effect, zu Deutsch Wahrheitseffekt. Angesichts dieses Effektes halte ich es nicht für „Einschränkungen der Redefreiheit“, das öffentliche Lügen und Verleumden zu bekämpfen und zu bestrafen. Das sollte meines Erachtens nicht nur durch das Sperren von Accounts geschehen, von denen aus erwiesenermaßen wiederholt oder sogar ständig Lügen gepostet werden, und durch die Bestrafung der entsprechenden Postenden bzw. der Produzent*innen der entsprechenden Social Bots. Sondern es sollte meiner Meinung nach auch dadurch geschehen, dass die Betreiberunternehmen der sogenannten sozialen Medien zumindest finanziell bestraft werden, wenn sie von sich aus – in der Regel mittels Algorithmen – Lügen verbreiten, weil sie die Inhalte, die sie verbreiten, vor der Verbreitung nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen. Das gilt außer für X z. B. auch für Facebook, YouTube, TikTok, Instagram und wahrscheinlich für alle sogenannten sozialen Medien. Freilich sollte die Sperrung eines Accounts angemessen begründet sein. Einfach Listen mit Accountnamen an das Betreiberunternehmen zu schicken, ist wohl zu wenig. Es sollte schon ersichtlich sein, was der Grund für die Verfügung ist.
Ulrich Willmes

 


 

Leserbrief zu „Die Vergessenen von Belarus“ von Alice Bota

Mit großer Erleichterung und ja, auch Freude, habe ich den Beitrag „Die Vergessenen von Belarus“ entdeckt und gelesen. Seit langem frage ich mich, was mit M. Kolesnikowa und den anderen Oppositionellen in Belarus geschehen ist bzw. geschieht. Aufmerksam suche ich in der Presse und im Fernsehen nach Informationen über sie. Nichts!!! Bei dem letzten großen ‚Austausch-Deal‘ habe ich mich auch gefragt, warum niemand von ihnen dabei war. Für sie gibt es offenbar kaum noch Aufmerksamkeit. Maria Kolesnikowa ist eine Frau – ist das womöglich immer noch ein Grund für weniger Aufmerksamkeit und nachdrückliches Engagement??? Umso dankbarer bin ich, dass Sie jetzt diesen Artikel in der aktuellen Ausgabe haben. Bleiben Sie doch bitte an diesem Thema und greifen sie alles auf, was hilft, diese mutige Frau und ebenso andere zu Unrecht inhaftierten politischen Gefangenen im öffentlichen Bewusstsein zu halten und so die politisch und diplomatisch wichtigen Kanäle zu befeuern. Auf meinem Schreibtisch steht seit 2021 genau dieses Foto von Maria Kolesnikowa, das jetzt auch Ihren Artikel bereichert. Danke für Ihre gute Berichterstattung insgesamt! Mein Mann und ich lesen ‚Die ZEIT‘ immer mit großem Interesse.
Dorothea Schönwälder

 


 

Leserbrief zu „Es ist härter, schwarz zu sein als eine Frau“. Gespräch mit Teresa Hord Owens geführt von Evelyn Finger

Unser gesamtes Leben – ganz gleichgültig in welcher Hautfarbe wir geboren werden – besteht aus Diskriminierungen: die Weißen gegeneinander, die Schwarzen gegeneinander und jede andere Hautfarbe ebenso auch in ihrer jeweiligen optischen Majorität in einem Land – der RvM-Leserbriefschreiber meint hiermit: die insgesamte Unterschiedlichkeit zwischen oder gegen uns Menschen innerhalb einer „Gesellschaft“ oder der „Gesellschaften“, gleichgültig in welchem Land gelebt oder überlebt wird, ist unmenschlich schon vorprogrammiert? Man kann so viele verschiedene Varianten an Diskriminierungen erleben, die sozusagen „übereignet“ sind, wenn mann/frau nicht (nach den Werbefiguren-Vorgaben) entsprechend ausschaut oder so in etwa daherkommt… Es dreht sich also fast alles um die so präsentierte „offizielle“ Schönheit in der Werbung – schöne Menschen, die für die Massen der Unattraktiven dennoch diese Produkte präsentieren: ein Widerspruch in sich zwar, aber dennoch von den nur allzu oft „Verzweifelten“ ob ihrer Unscheinbarkeit: unweigerlich gekauft und benutzt werden… Und ganz besonders auch von den Schwarzen oder Afro-Americans in den USA – wenn sich z.B. diese Frauen mit asiatischen-indischen Langhaar-Perücken ihr negroides Kraushaar verdecken, oder mit Hautbleichungscremes ihre dunkle Haut aufhellen wollen… All diese Varianten vorbei an ihren natürlichen Merkmalen ihres Äußeren, zeigen doch auf: dass dieses Selbstbewusstsein ihrer Optiken „noch“ nicht vorhanden sei – und sicherlich wird wiederum die weißhäutige Gesellschaft dafür nicht nur psychologisch in die Verantwortung genommen, da den Afro-AmerikanerInnen seit dem Beginn ihrer Versklavung durch die (zumeist) weißen Europäer: auch ihre Identität geraubt wurde und weiterhin in den USA diese unmenschliche Vergangenheit sich auswirkt, diese Diskriminierungen – falls an der Oberfläche verdeckbar – immer noch in/zu diesen weißen Dominierungen (nicht nur) in den wirtschaftlichen und politischen Machtzentren vorhanden sind… Erst wenn besonders in den Südstaaten der USA: die Heiraten zwischen Schwarzen und Weißen zu ganz normalen Verbindungen werden könnten, wäre der Weg frei für eine Vergemeinsamung dieser optischen Unterschiede… Teresa Hord Owens bezeichnet diese farblichen Unterschiede als Rassenzugehörigkeit!
Es ist tragisch, wenn Teresa Hord Owens als erste schwarze Pastorin (an die Spitze einer Kirche der USA gewählt) in dem Interview in DIE ZEIT der Gesprächs-Erfragenden Evelyn Finger zur Vermittlung bringt: „ES IST HÄRTER, SCHWARZ ZU SEIN ALS EINE FRAU“. Und desweiteren mitteilt: „Wer wie ich eine eher helle Haut hat, gilt als Nachfahre der Sklavenhalter und ihrer „Haussklaven“. Das Bittere daran ist, dass die Sklavinnen damals meist vergewaltigt wurden. Trotzdem gilt hellere Haut unter Schwarzen noch heute als Schönheitsideal. Aber: An der Unterstützung für Kamala Harris merkt man, dass sich etwas zum Besseren verändert. Viele halten ihr ihre Multikulturalität zugute. Ihr Vater ist ein schwarzer Jamaikaner, sie hat aber auch indische Wurzeln, ist mit einem weißen Juden verheiratet. Sie kommt aus Kalifornien, hat aber an der Howard University (Anm: RvM – Private Universität in Washington, D.C.) studiert…“ – bzw. berichtet Teresa Hord Owens selbst: dass sie in Harvard und an der Divinity School der Chicago University studierte… (Ein Übersetzungsfehler: – die Howard University?). Wenn das alles so aufgezählt werden muss, um einen Menschen in den USA entsprechend so öffentlich zu offerieren und zu präsentieren – stimmt das ganze dortige kapitalistische System zur möglichen Menschlichkeit doch nicht… Johnny Depp äußerte sich hierzu: „Was in den USA zählt, ist nur der Dollar. Alles wird dadurch erkauft und gekauft – besonders auch der Mensch!“ Und dann erzählt Teresa Hord Owens der feinfühligen und mitberührten Evelyn Finger diese seltsamen Feststellungen: „Für Barack Obama war seine hellere Haut noch ein Vorteil bei gewissen weißen Wählern und seine dunklere Frau ein Vorteil bei gewissen schwarzen Wählern. Kamala hingegen wird von den meisten Schwarzen als eine der Ihren wahrgenommen. Und es ist heute kaum mehr akzeptabel, zu sagen, dass jemand nicht schwarz genug sei“
Wir in Deutschland bekommen den Begriff Rasse aus unseren Köpfen herausdiktiert, gleichwohl aber erzählt die Pastorin Teresa Hord Owens in dem Interview: „Bis heute wird Obama vorgeworfen, das Thema Rasse nicht genug thematisiert zu haben. Ihm half, dass er mit Michelle verheiratet ist, die aus Chicagos South Side stammt.“ All das ist für uns Deutsche eigentlich unverständlich gewesen, wird aber nun durch die vielen Millionen Migranten in diesem Land ebenfalls zu einer Gesellschaftsfrage, die dringend beantwortet werden muss – dieses Hineinströmen von zudem mentalitätsfremden und andersgläubigen Menschen nach Deutschland, das ja offiziell (und von der Politik so deklariert) kein Einwanderungsland sei. Und dennoch ist dieses Deutschland nicht mehr wiederzuerkennen, fühlen sich die meisten Deutschen zwischenzeitlich fremd in ihrem (oder unserem) doch eigenen Land. In den USA weiß jedermann und jedefrau, dass dieser Kontinent von den Ureinwohnern (den „Indianern“) durch die Weißen tragisch okkupiert worden ist, dass diese Natives (die früheren Völker Nordamerikas) quasi per (politischen) geplanten Vernichtungen fast eliminiert wurden – und somit der sogenannte Amerikaner, die Amerikanerin auf einem Kontinent leben: dessen Vergangenheit durch die Völkermorde, die Genozide an den Ureinwohnern stets präsent bleiben werden… Und wie lebt es sich damit…? Wir Deutschen müssen durch die Nazi-Verbrechen und den Vernichtungen an Millionen von jüdischen Menschen – in einer ewigen Schuld über die Generationen hinweg: diesen Wahnsinn einer furchtbaren Ideologie des Nazi-Faschismus in unsere jeweilige Gegenwart und Zukunft mit übernehmen, wenn auch nicht mehr als Einzelpersonen verantworten… Doch diese Schuld als Volk und Nation kann nicht abgelegt werden – genauso wie in den USA (durch die damaligen Europäer und auch den vielen ausgewanderten Deutschen) diese verbleibende Schuld eine Unausweichlichkeit in der jeweiligen Existenz und im Dasein bedeutet…
Dem RvM-Leserbriefschreiber bleibt es daher absolut unverständlich, wie eine hell-schwarze Pastorin oder Reverendin Teresa Hord Owens diesen weißen Jesus von Nazareth als den Sohn Gottes für sich mitempfinden kann – wo doch Millionen von AfrikanerInnen als Sklaven nach den USA verschleppt wurden, Zehntausende als krank erkannt – während der Schiffsfahrt in Ketten, dann über Bord geworfen wurden – da nicht mehr als SklavenarbeiterInnen gebrauchbar… Wie kann sie solch einem weißen „Sohn Gottes“ und diesem „Gottvater“ der Weißen denn vertrauen, diese sogenannte christliche Religion ohne dieses kritische Bedenken als Pastorin in die Welt predigen. Da stimmt doch kein vernunftvoller Zusammenhang im Glauben-wollen oder Glauben-müssen – und jede vernunftvolle Philosophie und Bedenklichkeit würde diese Illusionen auf die Vergangenheitsdeponie der Menschheitsgeschichte entsorgen… Das Interview mit Teresa Hord Owens von der (gläubigen?) Evelyn Finger hat bedeutende Tragweite im Menschlichen und Zwischenmenschlichen – bewirkt eine erweiterbare Verdeutlichung über die Probleme in unserer eigenartigen Welt der Gegensätze und Gegenentwürfe, verliert sich doch unser Menschsein nur allzu oft in diesen Strukturen der falschen Programmierungen aus den Vergangenheiten in die jeweiligen Gegenwarten… Und geradezu unvorstellbar wird die Wirklichkeit von der Pastorin Teresa Hord Owens wiedergegeben, wenn sie Evelyn Finger darlegt: „Ganz ehrlich: Es ist härter, schwarz zu sein als eine Frau. Ob man sich in einer Führungsposition behauptet, hängt natürlich immer von der Persönlichkeit ab. Ich bin nicht konfliktscheu. Das wird bei Frauen ungern gesehen. Aber noch bitterer ist es, wenn man als erste Schwarze an die Spitze seiner mehrheitlich weißen Kirche gewählt wird – und kein einziger Weißer aus der Führungsriege lädt dich zum Essen ein. Meine Vorgängerin hatte als Weiße Sozialkontakte in der männlich dominierten Kirchenstruktur, die ich nie hatte. Ähnliches habe ich auch mit weißen Männern in der Tech-Branche erlebt, die weit weniger wussten als ich, mich aber belehrten.“ Was tun sprach Zeus, die Götter und Göttinnen sind besoffen!“ Und wir Menschen scheinen weiterhin noch von den Rassen-Unterschieden (jetzt nennt der RvM-Leserbriefschreiber das so deutlich: durch die persönliche Beschreibung von Teresa Hord Owens) in die eigene optische Rasse hineinvertieft zu sein – werden vielleicht lernen können, dass diese jeweiligen äußeren Lebensbeteiligungen nichts mit dem inneren Menschen zu tun haben – alle Veränderungen sind eine gemeinsame Verantwortlichkeit des humanen Miteinander zu der Erkenntnis unserer knappen Lebenszeit. Da muss endlich Frieden untereinander und miteinander möglich sein – ansonsten hört dieser weltweite „Kriegszustand“ gegeneinander nie auf!
Und es wird eine Zeit kommen, da es eine Idee und Idealität und Ideologie geben könnte – in und zu der sich alle Menschen weltweit hingezogen fühlen wollten und dadurch diese Menschenwelt gerecht und friedlich und mitmenschlich sich beleben ließe… Was spricht denn dagegen? Die Illusion des Aufteilens an gleichberechtigten Gütern, dass Menschen in ihren besonders auch materiellen Hoffnungen sich auf die eigene Existenz und die ihrer erweiterbaren Familie, konzentrieren… Und darüber hinaus die Masse der anderen Menschen letztlich eine namenlose Anwesenheit bedeutet: ganz besonders die automatisch innere Abwehr gegenüber dem optischen Fremden zu der erkennbar ähnelnd „gemeinsamen“ Unvergleichbarkeit des beheimateten ersten Eindrucks… Die jeweils kategorisch einfordernden Religionen trennen zudem diese komplizierte Möglichkeit einer Wahrnehmung, dass doch alles zusammen nur eine scheinbare Abwendung gegenüber dem gemeinsamen Tod sein kann – wir Menschen nicht endgültig abgetrennt werden in Anwesenheit und Abwesenheit… Jedweder Glauben – ohne zu Zweifeln jedenfalls kann nicht die Grundlage und das Fundament für eine gemeinsame Menschheit sein: wenn doch jede Religion ihren eigenen Himmel beansprucht ohne den anderen Göttern eine jeweilige Gleichberechtigung zu garantieren… Denn, wie sonst sollte dieses Miteinander auf Erden ansonsten möglich sein, wenn diese Hoffnungen von der jeweiligen anderen Religion schon im Gegenüber und Gegeneinander fundamentalistisch zerstört werden… Sigmund Freud erkannte in den Religionen eine Geisteskrankheit der Menschen, Religion als Neurose… Also fragt der RvM-Leserbriefschreiber: Wann könn(t)en wir von diesen Neurosen geheilt werden – und bin ich als Atheist endlich unausweichlich davon geheilt? Besonderen Dank an Evelyn Finger für ihr nachbewirkendes Gespräch mit Teresa Hord Owens. „Everybody wants to go to heaven – but nobody wants to die.“
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 


 

Leserbrief zu „Zu Anfang dachte ich, sie lügt“. Gespräch mit Sandra Maischberger geführt von Katja Nicodemus

„Sehr geehrter Herr Hitler, vor kurzer Zeit habe ich zum ersten Mal in meinem Leben eine politische Veranstaltung besucht… Ich muß gestehen, daß Sie und der Enthusiasmus der Zuhörer mich beeindruckt haben. Mein Wunsch wäre, Sie persönlich kennen zu lernen…“ Helena Bertha Amalie Riefenstahl (genannt: Leni – 1902-2003) schrieb diesen Brief an Adolf Hitler – anlässlich ihrer Filmvorführung „Das blaue Licht“, und war dann aus Neugier anschließend in den Berliner Sportpalast zu einer Hitler-Rede gegangen. Hitler traf sich mit Leni Riefenstahl daraufhin: sie „empfand hierbei Hitler als einen liebenswürdigen und sympathischen Privatmenschen“ – abseits von seiner ansonsten öffentlichen politischen Aggressivität. Nach Hitlers sogenannter „Machtergreifung“ (- tatsächlich jener Hitler aber am 30. Januar 1933 staatsrechtlich durch den Reichspräsidenten Hindenburg zum Reichskanzler ernannt wurde…): erhielt die Riefenstahl von Hitler den filmischen Auftrag für die „Dokumentation“ des fünften Reichsparteitag in Nürnberg – wobei dann dieser Film „Sieg des Glaubens“ am 1. Dezember 1933 zur Premiere kam: Hitler als Reichskanzler und Führer sowie sein Propagandaminister Goebbels und Entourage (Gefolge) waren begeistert! Leni Riefenstahl als Bewunderin dieses Mannes: hatte in Hitler ihren Mäzen und Beschützer gefunden – und damit war es nur noch eine Frage der verfügbaren Machbarkeit: bis sie für den Reichsparteitag im September des Jahre 1934 ihren Film von Hitler genehmigt bekam: eine filmische Propaganda-Vergabe (und Dokumentation) mit nur zwei Wochen Vorbereitungszeit für die Riefenstahl und ihrem dafür bereitgestellten Team von 120 Mitarbeitenden und dem extra hierfür einbeorderten Kameraequipment aus Hollywood. Die Regisseurin und Dompteurin ihres Teams: hatte absolute „Narrenfreiheit“ für ihr Vorhaben – konnte Schalten und Walten und filmen wie sie es wollte: alle Türen und Tore waren in Nürnberg für sie weit geöffnet und ebenso auf Hitlers Anordnung: die Partei und deren Organisationen hierfür in ihre filmischen Dienste gestellt. Dieser Film wurde ihr ganz persönlicher Erfolg – und Hitler selbst positionierte diesen selbstgefälligen-grandiosen Filmkult um seine Person in der eigens dafür von ihm gefundenen Betitelung (frei nach Nietzsche „Der Wille zur Macht“): „Triumph des Willens“. (Die Regisseurin Leni Riefenstahl wurde Jahre später zur Pariser Weltausstellung 1937 mit einer Goldmedaille geehrt – und erhielt zudem mehrere Auszeichnungen in anderen Ländern…).
Bis dahin und soweit noch unbestreitbar in der Übersichtlichkeit seiner Popularität: ist dieser Adolf Hitler nicht nur scheinbar in der Mehrheit der Deutschen beliebt, hatte sich im „Deutschen Reich“ eine nationalsozialistische Ordnung etabliert – in der zwar eine Art von reglementierender Oberaufsicht herrschte, jedoch der sich einordnende und unterordnende Mensch („der Zughörigkeit“) diese diktatorische Macht des Staates nicht negativ persönlich wahrnahm: denn, die Arbeitslosigkeit war fast verschwunden, das System der Verordnungen und Anweisungen funktioniere als Schubkraft zu den elementaren Verwirklichungen einer sogenannten „Volksgemeinschaft“ – der einstige kaiserliche Untertan war nun in einem nationalsozialistischen Staat (auch) stramm ausgerichtet, und man an/erkannte des Diktators Verdeutlichung: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!“ Der Widerstand gegen Hitler und seine Nazi-Partei war durch die vorrangigen Erfolge des (unseriös finanzierten) Aufbauprogramms in den Untergrund verdrängt worden – diese WiderständlerInnen aber existieren weiterhin: trotz der brutalen Verfolgungen seitens des Regimes…
Leni Riefenstahl war sich bewusst: dass sie ohne Hitler und seinem servilen (klugen und raffinierten) Propaganda-„Kläffer“ Goebbels keine Chance im Filmgeschäft haben könne – warum also nicht mit dem Wolf (Hitlers „nom de guerre“) mitheulen: Die Riefenstahl wurde zu einer der populärsten Frauen im „Dritten Reich“ (im Volksmund aber nannte man sie: die „Reichsgletscherspalte“ aufgrund ihres Filmes „Das blaue Licht“) – doch ihre Filme „Fest der Völker“ und „Fest der Schönheit“ zu den XI. Olympischen Sommerspielen in Berlin im Jahre 1936 bekamen internationale Auszeichnungen, wurden aber in den USA boykottiert. Inwieweit kann bis zu diesem Zeitpunkt dieser filmbesessenen Leni Riefenstahl der Vorwurf gemacht werden, mit dem NS-System und besonders mit Hitler „paktiert“, ihn sozusagen mit ihren Filmen ins hellste Film-Licht der Öffentlichkeit noch populärer erhoben zu haben… (Jene späteren bundesdeutschen Kritiker in ihrer USA-demokratisch dressierten Kapitalismus-Belebung hatten sich auf die Riefenstahl eingeschossen – jenseits des Bedenkens der Abfolgen des damaligen Daseins in einer Diktatur und ihrer komplizierten Einforderungen bis hin zur persönlichen Lebensgefahr beim Verneinen der Wünsche und Befehle des Regimes…)  Zur Besichtigung: 49 Nationen hatten an diesen Olympischen Spielen in Berlin teilgenommen, die französische SportlerInnen-Equipe grüßte im Beginn der Spiele mit dem Faschistengruß hinauf zu Hitlers Tribüne, viele Staatsmänner waren anwesend, die Begeisterung in Berlin international (von den Touristen ebenso) ansteckend… Wer werfe da den ersten (oder weitere zeitbegrenzte) Steine gegen diese Filmregisseurin des Zeitgeschehens – wo doch ganz andere Würdenträger und höchste Personen vor diesem Adolf Hitler ihren Kotau darbrachten, ihn diese Hasardeur-Politik seiner Machtausübung allmählich zum mächtigsten Mann Europas werden ließ… (Hitler im Originalton zu seinen Selbstverfügungen: „Ich habe in meinem Leben immer Vabanque gespielt.“) Und hatte nicht der britische Premierminister Neville Chamberlain nach dem „Münchner Abkommen“ von 1938 (mit Hitler, Mussolini und Daladier) in die Welt hinausverkündet: „Peace for our time!“ Hier muss doch deutlich mit hinzugefügt werden, dass selbst diese höchsten Politiker Englands und Frankreichs: diesem Adolf Hitler scheinbar (bzw. offensichtlich) vertrauten, ihn als einen gleichrangigen Gesprächspartner und politischen Führer anerkannten… Was aber erwartet man dann in damaliger Zeit von einer Leni Riefenstahl – jener zwar doch herausgehobenen Mitbeteiligten und zudem auch propagandistischen Arrangeurin Hitlers – doch dass sie damals bereits diesen Mann als ein Ungeheuer zu erkennen gehabt hätte… Hinzukommend in Deutschland (im deutschsprachigen Raum) all die Massen an Menschen: die ihrem Führer zujubelten, sich gegenseitig mit „Heil Hitler“ auch bei den alltäglichen Begegnungen begrüßten und selbst die private Post mit „Heil Hitler“ unterschrieben wurde… Wie sollte das zu jener Zeit alles überschaubar und kritisierbar sein – wenn doch dieser Diktator Adolf Hitler als Staatsmann von den fremden Regierungen mehr als anerkannt, ja respektiert und zudem auch sicherlich gefürchtet worden ist, neben ihm der Faschistenführer Mussolini als der Duce Italiens: sein politischer Freund und Verbündeter war…
„Seit zwei Jahrzehnten sucht Sandra Maischberger die Wahrheit über Leni Riefenstahl“ – schreibt moderat DIE ZEIT in der Unterbetitelung zu dem ganzseitigen Gesprächsbericht „Zwischendurch dachte ich, sie lügt“. Doch schon hierbei wird deutlich erkennbar, dass die Moderatorin Maischberger sich hierbei weit aus dem Zeit-Fenster lehnt – dies fast schon als eine Anmaßung sich darstellen könnte – nun persönlich tief ins Innere der Helena Bertha Amalie Riefenstahl vorgedrungen zu sein – wobei sich hierzu vielleicht auch die Verniedlichung „Leni“ als Kosename hätte durchaus „enttarnen“ lassen können…? Maischbergers/Veiels Film „Riefenstahl“ wird hierzu (in der Öffentlichkeit) seine jeweilige Deutlichkeit oder Deutung aufzeigen – vielleicht auch die „endgültige Durchröntgung“ der Riefenstahl anbieten…? Externe (internationale) Aufarbeitungen zum Fall und Verfall der Leni Riefenstahl wurden doch bis ins Detail von der Forschung, von Biographen, den Medien und in Ausstellungen: bereits (ausufernd) dargelegt und aufgedeckt – was also wollte die Rechercheurin Sandra Maischberger zusätzlich noch herausfinden wollen im/zum Fazit ihrer zwanzigjährigen Nachverfolgungen und im persönlichen Gespräch mit der Riefenstahl? – dass sie eine überzeugte Faschistin war und es auch so geblieben ist…?!?! Vergleichbar vielleicht mit Winifred Wagner, die in ihrem braunen nostalgischen Zirkel nach dem Krieg, mit der Umschreibung 8/8 der Buchstaben des Alphabets (zweimal H – gleich: H-eil H-itler) sich gegenseitig bzw. beidseitig (weiterhin Hitlergläubig) mit „Achtundachtzig“ begrüßten… Eigenartig zugleich – dass Sandra Maischberger nach etwa 20 Jahren persönlicher Recherche – ab dem Jahr 20O2 dann – zu erkennen meinte: „Mir war damals noch nicht klar, was Leni Riefenstahl wirklich angetrieben hat. Also fuhr ich zu ihrem Haus am Starnberger See, mit einem Sack voller Fragen, und kam mit einem Sack voller Fragezeichen wieder raus, weil ich das Gefühl hatte, ich bin nicht an sie rangekommen.“ Ach ja, dabei wird im Gespräch in DIE ZEIT mit Katja Nicodemus von der Maischberger verlautbart: „Ich glaube, dass Riefenstahls Geschichte weit über ihre Person hinausgeht und dass sich darin für jede Generation etwas Neues finden lässt. Etwa zu der Frage, wie man sich als Individuum in einer totalitären Gesellschaft verhält.“ Da ist man dann doch sehr erstaunt, dass die selbstbefundene historisierende Sandra Maischberger diese Erkenntnis für sich und auch DIE ZEIT-Lesenden (weltbewegend?) so deutlich geschichtsträchtig erarbeitet, einzigartig(?) wahrnimmt… All das Hauptinteresse an dieser Riefenstahl-Person begann wohl, als Sandra Maischberger von „Arte“ im Jahr 2002 gefragt wurde, ob sie ein Interview mit der Riefenstahl zu ihrem hundertsten Geburtstag sich vorstellen könne… Jawoll: konnte sie – und dann noch vieles mehr…
S.M. antwortet im Gespräch mit Katja Nicodemus: „Ich sagte der Arte sofort zu, weil mich ihre Persönlichkeit immer interessiert hat. Der Aufstieg einer Frau in den 1920er-Jahren, einer Frau, die aus einer Arbeiterfamilie im Berliner Wedding stammt und sich sozial hochgekämpft hat. Die gegen den Willen des Vaters Tänzerin wurde, später als Schauspielerin zum Film ging, aber eben nicht nur vor der Kamera blieb. Sie interessierte sich für Filmtechnik. Es ist die Geschichte einer selbstbewussten, emanzipierten, eigenständigen Frau, heute würde man „self-empowered women“ sagen, die Regisseurin wurde und sich mit dem politisch aufsteigenden Adolf Hitler anfreundete. Die für ihn Propagandafilme drehte: den Reichsparteitagfilm „Triumph des Willens“ und davor schon „Sieg des Glaubens“ und dann eben „Olympia“… Was eigentlich erwartet eine Sandra Maischberger von jener (jeweiligen) Leni Riefenstahl zu ihrer Befragung durch die Entnazifizierungsbehörde, dass sie sich damals vor dem Komitee dann weiterhin als begeisterte Nationalsozialistin bezeichnete und auch gewusst habe, dass dieses Nazi-System Millionen von jüdischen Menschen vernichtete… Leni Riefenstahl hätte zu ihrer Zwangsrekrutierung von über 100 Sinti konzentriert befragt werden müssen, die sie für ihren Film „Tiefland“ sich (mit entsprechender Obrigkeitserlaubnis)  aussuchen konnte – und von denen sie (zu den Vorwürfen gegen sie) angeblich gewusst habe, dass diese Menschen – als ihre Komparsen – später zur Vernichtung ins Konzentrationslager Ausschwitz deportiert würden… Der Verleger Helmut Kindler brachte dies im Jahr 1949 zur Sprache, wurde von Leni Riefenstahl verklagt und vom Amtsgericht München wegen übler Nachrede verurteilt. Immer wieder wurde zu dieser Konfrontation von der Riefenstahl vermerkt, dass sie nicht wusste, was dann nach diesen Filmaufnahmen mit diesen Sinti weiterhin geschehen würde… Auf Anordnung Hitlers hin: soll dieser Film „Tiefland“ aus dem Staatsetat mit Millionen Reichsmark finanziert worden sein…?
Katja Nicodemus erläutert in DIE ZEIT: „Bei der Entnazifizierung gelang es ihr absurderweise, als Mitläuferin eingestuft zu werden.“ Und Sandra Maischberger antwortet: „Wenn sich jemand schon so lange selbst belogen hat, wird es ganz schwierig, das zu durchschauen. Ich war mit diesem Interviewfilm nicht zufrieden, weil ich glaubte, da liegt noch etwas dahinter. Riefenstahl starb ein Jahr nach unserer Begegnung im Alte von 101 Jahren. Als 2016 auch ihr vierzig Jahre jüngerer Ehemann starb, habe ich mich sofort bemüht, an ihr Archiv heranzukommen. Ich hatte ja in ihrem Haus gesehen, dass sie alles aufgehoben hatte. Der in 700 Kisten verpackte Nachlass ging an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz…“  Wäre der bekannte öffentliche Name Sandra Maischberger nicht im Vordergrund dieser ihrer Erwartungshaltung gewesen, dass über die Filmförderungsprogramme diese teure Verfilmung „Riefenstahl“ mit finanziert wurde – wären sicherlich jene Geldtöpfe nicht geöffnet worden: denn diese Leni Riefenstahl war längst schon gläsern beschaut und durchschaut worden, und es hätte auch nichts zur wesentlichen (psychologischen) inneren und äußeren Sezierung jenes Adolf Hitler mit beigetragen… Dessen Selbstwahrnehmung war keineswegs verrückt oder wahnsinnig erkennbar – Hitler hatte ab einem gewissen Zeitpunkt erkannt: dass er die Menschen manipulieren kann: und er war nicht nur „der größte Redner deutscher Zunge“ (lt. Marcel Reich-Ranicki), sondern wohl auch einer der größten Schauspieler aller Zeiten – den selbst ein Shakespeare nicht erfunden und hinzugefunden haben könnte… Alles was dieser spätere Machtmensch Hitler befahl, war berechnende und durchdachte Strategie, auch der Krieg gegen die Sowjetunion – da ihm ein Großteil seiner militärischen Berater diese Sowjetunion als einen „Riesen auf tönernen Füßen“ darstellte…
Man möge diesbezüglich das Gespräch vom 4. Juni 1942 zu der (heimlichen) Tonaufnahme mit dem Oberbefehlshaber der finnischen Armee Carl Gustav Mannerheim und Hitler: anhören oder nachlesen – und dann wird einem bewusst: in welchem intern falschen Informationsnetz  dieser Hitler verfangen war, dadurch dessen Folgerungen oftmals so sich auswirken mussten… Diesen Diktator und Tyrann als verrückt oder wahnsinnig erkennen zu wollen, entspricht nicht der Realität seiner bewussten Anwesenheit – sein Größenwahn und dessen Selbstüberheblichkeit kam zum großen Anteil durch das ihn verführende fanatische Bejubeln einer Mehrheit der damaligen deutschen Bevölkerung! J´accuse! Wer so aus dem Nichts in die unvorstellbare Höhe seines Daseins massenhaft hochgejubelt wird, der kann wohl keine Bodenhaftung mehr für sich wahrnehmen… Beispiele in der Menschheitsgeschichte gibt es im Vergleich zur Genüge! Hitler war in seiner Bedeutung: ein Beispiel des absoluten Bösen – das in unserer Art als homo sapiens sich so entwickeln kann. Und wenn die Evolution dies ermöglicht(e) – dann müssen wir uns weiterhin darauf gefasst machen, dass es in der Zukunft derartige Menschenwesen geben wird. Nur haben wir im ganz eigenen Interesse der Menschheit die Pflicht: solche deutlichen Erkennbarkeiten dann sofort radikal zu regulieren! Dass ein Wladimir Putin diese Machtfülle als Diktator einnimmt und seine Minister die Claqueure seiner gewaltsamen Dominanzen sind – zeigt uns auf: diese Hasardeure und Kriegs-Aggressoren existieren weiterhin, sind für die Welt (und nicht nur für die Ukraine) eine (atomare) Lebensgefahr der Menschheit. So besehen (denn ohne Manipulation und Propaganda kein Aufsehen) wäre der Aufstieg Hitlers, zu einem Anteil auch von den Filmen durch Leni Riefenstahl in der Mitbeteiligung, mitzuverantworten… Zu der Filmdokumentation über Hitlers Lieblingsregisseurin: von Sandra Maischberger produziert und durch ihr werbendes Engagement mit den entsprechenden finanziellen Mitteln dann versehen, kritisch-historisch begleitet und vom Regisseur Andres Veiels und Team ermöglicht – vielleicht doch eine weitere Notwendigkeit des Darstellens dieses Aufstiegs Hitlers in den Untergang. Und das muss man wissen: Hitler war und bleibt hierzu in diesen Filmen die absolute „vergötterte“ Selbstdarstellung, und alles Strammstehen und Marschieren in den Aufmärschen um ihn herum, bestätigen nur diese selbstherrliche Erhabenheit als der Führer des deutschen Volkes… Filmvorführung als Filmverführung!
Leni Riefenstahl war hierbei nur die Dienerin ihres Herrn, dieses Adolf Hitler – und eher eine filmische Werbeveranstalterin, die filmtechnisch gekonnt seinen Größenwahn vorführen konnte, diesem Ver-Führer ein Podium gab, dass er selbst schon längst mächtig beherrschte und nur noch zu diesem „Triumph des Willens“ sich selbst – bestens veröffentlich – entrückt und abgehoben triumphal widerspiegelte… Ganz bestimmt – diese Filme waren die Propaganda ausschließlich für die Person Adolf Hitler und am Rande hinzu seine Komplizen und Komparsen… Die tragende Rolle im Reichspropagandatheater aber spielte das deutsche Volk zu diesen Hitlerverfilmungen der Leni Riefenstahl – von dorther kam die Botschaft des Führerkultes, dort aus diesem Heil Hitler-Gebrüll der Massen überkam die Überheblichkeit und der Größenwahn jenes Mannes aus dem Nichts… Und dadurch ganz deutlich erkennbar und zudem filmisch konserviert: „Ein Volk–ein Reich–ein Führer! Ein Volk–ein Brei–ein Rührer.“ Das Filmfestival in Venedig wird den Film „Riefenstahl“ vorführen – genau dort, wo im Jahre 1938 im Palazzo del Cinema Leni Riefenstahl der Coppa Mussolini für ihren „Olympia-Film“ überreicht wurde… Die kritische Frage von Katja Nicodemus in DIE ZEIT: „Die Darstellerpreise des Festivals sind bis heute nach Volpi (Anm.: RvM: u.a. früher Förderer Mussolinis und später dessen Minister sowie Präsident der Biennale di Venezia) benannt“ – beantwortet Sandra Maischberger wie folgt: „Unsere Premiere findet in einem Land statt, dessen Regierungschefin es zulässt, dass auf der Straße massenhaft der faschistische Gruß gezeigt wird. In dieser europäischen Gegenwart, in der wir das Aufkommen von rechtspopulistischen, postfaschistischen, neonazistischen Strömungen erleben, ist Venedig genau das richtige Forum.“  Katja Nicodemus fragt vielleicht auch leider ablenkender (?), nach: „Könnte man überspitzt sagen, dass dieser Film Ihre Rache an Leni Riefenstahl ist, eine Rache im Sinne der Wahrheit?“ Und die eigenartig zu selbstbewusste Befragte antwortet pro domo eher sibyllinisch: „Ich bin kein rachsüchtiger Mensch. Deswegen stolpere ich über diesen Begriff. Was aber stimmt: Weil sie so alt wurde, hatte sie sehr lange die Möglichkeit, einzugreifen, wenn sie das Gefühl hatte, ihre Biografie oder sie würden negativ dargestellt. Jetzt kann man sich besser mit dem Phänomen Riefenstahl auseinandersetzen als zu ihren Lebzeiten. Gleichzeitig hat sie sich der Welt durch den Nachlass noch mal anders gezeigt. Sie hätte noch vieles beseitigen können, was wir gefunden haben. Warum hat sie es nicht getan? Vielleicht wollte sie am Ende dann doch eine Art Bekenntnis.“ Andererseits benötigt die wissenschaftliche Aufarbeitung des Nachlasses der Leni Riefenstahl wohl mindestens 8 Jahre, wenn nicht länger an Zeitaufwänden… Wer bezahlt das alles – und welche Ergebnisse wird das zudem auch für die Öffentlichkeit erbringen können? Wir dieser Frau nicht doch zuviel an nationalsozialistischer Zeit-Bedeutung angedient – wenn ihre Filme vielleicht nur als gutgemachte Zeitdokumente zu besichtigen wären… Eva Brauns private Filmaufnahmen von Adolf Hitler auf dem Obersalzberg zeigen einen anderen Menschen, der vielleicht nach Thomas Manns Bezeichnung: umgedeutet filmisch „Bruder Hitler“ benannt sein könnte… Diese Eva Braun-Film-Dokumente zeigen im Gegenbild oft einen sehr privaten Hitler – der auch nach dem Spaziergang zum Teehaus gerne dort mal drei Stück Torte verputzen konnte… Und schließlich war die Eva auch sein von ihm benanntes Tschapperl – bei all dem Führerkult um ihn herum, schien ihn seine Eva doch an den Eiern gepackt zu haben…?
In der Nachkriegszeit kam es in der Bundesrepublik Deutschland zu über 40 Prozessen – in der die Ankläger der Leni Riefenstahl unterstellen wollten, dass ihre Filme etwas anderes waren als die hehre Kunst, nämlich reinste Propaganda für Hitler und sein Nazi-Reich. Jeden Prozess aber hatte die Riefenstahl gewonnen! Vielleicht wäre Sandra Maischberger bereits sehr früh dem „Phänomen Riefenstahl“ doch sehr viel nähergekommen, wenn sie sich über das Prinzip von der Riefenstahl schlau gemacht hätte, nämlich: „Realität interessiert mich nicht!“ Und zu ihrer Aussage sollten wir doch eher skeptisch verbleiben: „Ich bedaure zu 100 Prozent, Hitler kennengelernt zu haben. Dass der in mein Schicksal eingegriffen hat. Mein ganzes Leiden nach dem Krieg ist ja nur dadurch entstanden.“ Dabei sollte diese Leni Riefenstahl nicht vergessen haben: dass sie ohne diesen Adolf Hitler (ihres ab dieser Zeitanteiligkeit dann mitbeteiligten Lebens) keine Hundert Jahre und ein Jahr berühmt geblieben wäre! Das kann man auch mal so sehn – ohne sich dabei persönlich oberflächlich zu versehen in schwierigen „demokratischen“-kapitalistischen Zeiten… Wenn in der Menschheitsgeschichte alle Beteiligten immer auch schon die Vorhersehungen in sich verfügbar gehabt hätten – wären wir so in unserer heutigen Welt nicht vorhanden. Apropos – in aller Bescheidenheit: Wie der RvM-Leserbriefschreiber z.B. – der ohne diesen Hitler und den Krieg nicht existieren würde – dessen Mutter aus Schlesien im Anfang des Jahres 1945 fliehen musste und dadurch den Vater, den Erzeuger so erst antraf zum körperlichen Liebesakt des Jahres 1949 im und zum Werden des Sohnes. Auch das kann man mal so sehen (müssen) – in der Anwesenheit und Abwesenheit des Daseins zum Leben, Erleben und in den Tod!
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 


 

Leserbrief zur Infografik „In Verwandlung“ von Sophia M. Phildius (Infografik und Recherche)

Ihnen ist beim Schwalbenschwanz ein Fehler unterlaufen. Die Raupen fressen mit Vorliebe wilde Möhre, Fenchel, Dill oder andere Möhren, der fertige Schmetterling ist derjenige, der gern auf blaue Blüten fliegt. Wir hatten in diesem Jahr das Glück, drei dieser herrlichen Schmetterlinge im Garten beobachten zu dürfen, sowohl bei der Paarung als auch bei der Eiablage und der Entwicklung der Raupen.
Elisabeth Eschmann

 


 

Leserbrief zu „Über eine gefährliche Entdeckung im Garten“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Sie benutzen für einen Gartenpedanten (den man sicherlich nicht mögen muss) das Wort Gartennazi. Die Bezeichnung Nazi darf man nicht inflationär verwenden. Das wissen Sie aber auch.
Jürgen Hartje

 


 

Leserbrief zu „Was ich gern früher gewusst hätte“ von Karl Lauterbach im ZEIT Magazin

Sie haben sich die Erweiterung Ihres „Epidemiologensatzes“ verkniffen, den ich mir hiermit zu vervollständigen erlaube: „Entgegen meiner Erwartung als – also – renommierter Epidemiologe, der nicht sämtliche Ratschläge befolgt, die er gibt, ergeben die Studien, dass sich die Praktiker als – also – bessere Gesundheitsminister erwiesen haben als – also – die Theoretiker!“
Ulrich Pietsch