Lesezeichen
 

26. Oktober 2023 – Ausgabe 45

Leserbriefe zu „Haben sie das Mitgefühl verlernt?“ von Peter Neumann

Primär lernte ich Impulskontrolle und danach „strategische Tiefe“: etwas, was ich auch dem „politischen Westen“ seit 9/11 empfehle! … Derzeit entwickeln wir uns vom Holozän zum Anthropozän, wo für das „Überleben die Fluktuation vom Güterumschlag entscheidend ist. De facto akkumuliert die Natur chemisch-physikalische Transfers in Form von Kohlenstoffemissionen zu einem kollektiven Willen in Form vom Artensterben, u. U. inkl. Mensch. Es existieren zwei Unsichtbare Hände im Markt: der Finanzmarkt und der Gütermarkt als evolutionäre Entwicklung. Da wir in unserer Währungsdefinition nur ortsbezogen monetäre Transfers gewähren, spalten wir vom existenznotwendigen Gütermarkt einen menschengemachten Finanzmarkt ab. Da unsere Wirtschaftswissenschaft eine axiomatische Geisteswissenschaft und keine Naturwissenschaft ist, ist die Spaltung überwindbar. … Illustriert finden Sie die Spaltung in der sixtinischen Kapelle, wo Michelangelo das Bild von Gottvater und Adam schuf.
Das Wort Gott als Axiom für einen unerklärbaren Anfang vor unserem naturwissenschaftlichen Anfangsverständnis ist kein gesellschaftliches Problem. Problematisch sind menschengemachte Bilder von Gott, die einen „sakralen Herrschaftsanspruch“ erklären soll. Und der derzeitige globale Herrschaftsanspruch wird in dem Berliner parlamentarischen Fazit „ein höherer Preis für Kohlenstoffemissionen wäre sinnvoll, schadet aber dem Wettbewerb“ offenbar. Es ist ein monetäres Weltbild, was eine „Unsichtbare Hand im Gütermarkt“ trotz naturwissenschaftlichen Einsichten leugnet. Eine Korrektur ist möglich; aber machtpolitisch bedroht diese Einsichten ein US-militärgestütztes Währungssystem. Um die geistige Haltung vom US-Hegemon widerzuspiegeln, möchte ich Sie an die legendären Worte vom ehemaligen US-Finanzminister Mr. John Conally erinnern: „Der Dollar ist unsere Währung aber euer Problem“.
Mitgefühl mit Israel? Israel ist eine theokratische Idee; keine geografische Wirklichkeit. Ihre derzeitige physikalische Wirklichkeit ist eine menschenverursachte Abwärtsspirale; die sukzessiv stärker wird. … Und es ist schon eine historische Ironie, dass der „politische Westen“ eine Weiterentwicklung demokratischer Prinzipien hemmt: Warum soll ihrer Meinung nach die Völker der Erde nur über Vermögensverteilung und nicht über den planetarischen Zustand ihres Lebensraums entscheiden?
Matthias Losert

Bei aller Zustimmung zu dem Artikel möchte ihn doch um einige Aspekte ergänzen. Der Autor erwähnt Zizek, Thunberg und Shibli. Gilt nicht für viele der Satz, „wenn du geschwiegen hättest, wärst du ein Philosoph geblieben“? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Jeder hat das Recht auf eine Meinung und auch, diese zu äußern. Nur gibt es doch wohl Berufene und solche, die es weniger oder nicht sind. Ist es nicht ein Teil des Problems, dass „Unberufene“ ihre Meinung per Twitter etc. in die Welt setzen können, verbunden mit einem ungeheuren Multiplikationseffekt? Der Autor moniert zu Recht die fehlende Empathie. Nur verhält es sich nicht so, dass global einerseits einer Objektivität/Sachlichkeit (vs. Subjektivität) gefrönt wird und andererseits einem Narzissmus? Beide lassen keinen Raum für Mit-Gefühl, abgesehen davon, dass Gefühle ja nicht objektiv sein sollen. „Man wolle nicht relativieren, man wolle nur kontextualisieren“. Was heißt das?
Ein Kontext wird angeboten oder dargestellt. Dagegen ist erstmal nichts einzuwenden. Aber. Jeder zusätzliche Fakt (=Objektivität) „erfordert“ oft eine andere Positionierung (Stichwort: allen gerecht werden). Wenn ich das Kontextspiel lange genug spiele und der Gegenüber mitspielt, hat er irgendwann seinen Standpunkt im „Argumentations-Faktendschungel“ verloren, womit es dem anderen Spieler gelingt, seine Standpunktlosigkeit oder seinen Standpunkt zu kaschieren (s. a. Brechts TUI-Roman). Es geht nicht darum „stur“ zu sein, es geht darum, sein moralisches Wertesystem bzw. den moralischen Wert nicht aufzugeben, was aber zwingend voraussetzt, dass man eines hat. Bei der ganzen Objektiviererei geht das aber gerne mal verloren. Also nicht Lost in Translation sondern Lost in Objectivity. Es ist eigentlich ganz einfach: man (etwas, was es bei Narzissten nicht so ohne weiteres gibt) tötet keine Zivilisten und man lässt niemanden verhungern oder verdursten.
Gerd-Rüdiger Erdmann

Der Artikel von Peter Neumann trifft den Kern der Problematik der Einstellung vieler deutscher und europäischer Intellektueller Aktivisten der vorgeblich postkolonialen und progressiven Szene. So wie in den 70er Jahren K-Gruppen und die selbsternannte Avantgarde Propaganda für autoritär-menschenverachtende Regime geleistet hat, so verirren sich jetzt linke und vermeintlich fortschrittliche Gruppen auf antisemitische und vermeintlich gerechte propalästinensische, in Wahrheit aber rassistisch Autokratie unterstützende Pfade. Mehr Aufklärung im Stil des oben genannten Artikels ist notwendig.
Hermann Bach

Offenbar sind die staatsräsonalen Narrative so wirkmächtig, dass eine naheliegende Erklärung für die „intellektuellen Beschwichtigungen“ von Peter Neumann überhaupt nicht berücksichtigt wird, nämlich die Tatsache, dass es zu der militärischen Reaktion des Staates Israel auf den Überfall der Hamas ja natürlich Alternativen gegeben hätte, denn so schrecklich der Überfall auch war, er hat die Existenz des Staates faktisch nicht bedroht. Es gibt neben anderen Akteuren, die sich von einer Eskalation strategische Vorteile versprechen ja nur eine Person, die unmittelbar davon profitiert: Benjamin Netanyahu. Universalismus würde insofern bedeuten, analytisch zwischen einer Kritik am Handeln des Staates Israel und antisemitischen Positionen zu unterscheiden. Selbstverständliche „westliche“ Solidarität mit einer Regierung, die noch vor wenigen Wochen versucht hat, an einem der Grundpfeiler liberaler Gesellschaften zu sägen, damit ihr Vorsitzender nicht in den Knast muss, und nun mit äußerster Brutalität agiert, scheint jedenfalls angesichts der Ereignisse fehl am Platze.
Dirk Böhm

Mit ihrem Artikel haben Sie gewiss die Gewissensprüfung der ZEIT-Oberen und des Kollegiums bestanden, deren Augenmerk, spätestens seit der Corona-, Ukraine- und jetzt Israel-Krise bundesweit grassiert und vielfach unerträglich wird, scheuklappenverdächtig ist, weil neutrales Hinterfragen mit dem Schlagetot-Argument des Querdenkens sofort als unzulässig gebrandmarkt wird. (Über den erfühlten und schwer übersehbaren, gewissen Zungenschlag (Sie erinnern sich?), mokierte ich mich ja schon. Dürfen oder wollen viele ihrer Kollegen nicht erwachsen werden, eine fundiert ausgewogene, mit eigenen Grundsätzen dezidierte Meinung kundzutun? Im sächsischen hieße es dazu lapidar freundschaftlich sowie warnend: „Mein Gutester!“. Verleitet doch jede Direktive, jede interne und externe Räson zu vorauseilendem Gehorsam.
Missachten Sie bitte nicht diesen Brief.  Wohl wissend, dass ich als vernachlässigbarer Küchenphilosoph kaum Gehör finde, erst recht keine Stimme habe, sowieso didaktisch wie rhetorisch niemandem von ihnen das Wasser reichen kann, mache ich trotzdem aus meinem Herzen keine Mördergrube. Seit meiner Adoleszenz hechele ich versäumter Bildung hinterher, wohl spürend, dass ich nie den Grad des Bildungsbürgertums und erst recht nicht das Fundament eines Martin Walsers erreiche. Allerdings moniere ich bei vielen ab 1960 Geborenen deren kurzsichtige Ereignishorizonte, die sie verleiten, aus Momentaufnahmen-Reaktionen spontan-aktiv vieles zu verschlimmbessern.

Auch mein Wissen ist bruchstückhaft, ebenso viele Schlussfolgerungen daraus. Aber immerhin bin ich beseelt von Gerechtigkeitsempfinden und somit in meinem Umfeld ein großer Kämpfer vor dem Herrn.
Auch sind Sie, Herr Neumann weder mein Intimus noch ich ihr Mentor, was ihnen die Freiheit lässt, meine Gedanken dem Papierkorb zu überantworten. Sollten trotzdem einige meiner Äußerungen bei Ihnen und ihren Kollegen auf fruchtbaren Boden fallen, waren meine Anstrengungen nicht vergebens. Wenn Sie von ungeheuerlichem Grauen reden, beziehen sie sich auf die Hamas-Chaoten mit ihrem überraschenden Überfall (eventuell, wie bei früheren Berserkern, durch Drogen beeinflusst), dem so sicher wie das Amen in der Kirche die mörderische Rache der Israelis folgt. Dass dabei ebenso Zivilisten und tatsächlich unschuldige Kinder zu Opfern werden, teilweise bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt werden, wird durch die „gerechte“ Sache des Staates nicht weniger barbarisch wie der Gewaltausbruch der palästinensischen „Kämpfer“, nur in vielfacher Stärke und hundertfacher Zerstörungs-Konsistenz gnadenloser Revanche. Wie groß dabei der Unterschied zu den Rachetötungen „Unschuldiger“ nach Partisanenüberfällen während des 2. Weltkriegs ist, die zurecht als Kriegsverbrechen geächtet wurden, mag sich ein jeder Gutheißende vor seinem eigenen Gewissen selbst fragen.
Alle Welt gibt sich dem Trugschluss hin, die mosaischen Juden mit allgemein gültiger Elle zu messen. SIE sind gemäß Prophetie Jahwes auserwähltes Volk. Nichts und Niemandem Rechenschaft für ihr Verhalten schuldig als IHM allein. Erregen sie seinen Unmut, ermahnt oder gemahnt er sie auf seine Weise. Wird ER zornig, benutzt er Menschen, sie zu züchtigen. Sie mit der erzieherischen Bestrafung auf den rechten Weg der Glaubensnachfolge zu zwingen. Mit ihrer Reue und Buße begeben sie sich wieder unter den Schutz des Höchsten – und sind gewiss, dass es ihren Feinden, von IHM als seine Werkzeuge benutzt und abgewirtschaftet, dreckig ergeht. Diese geradezu fanatische Glaubenszuversicht sollte uns, den Anhängern christlicher Lehren, Alt- und Neutestamentarisch vermischend und nach Belieben passend gemacht, eigentlich vertraut sein. Finden doch zumindest alle orthodoxen Rechtgläubigen – und das nicht nur die religiös Verbohrten, für jeden Topf den passsenden Deckel – womit (der Möglichkeiten sind Legion!) einem Wadenbeißer erwartungsgemäß Absolution und Hilfe zuteilwird, wenn der Gebissene aus der Jacke springt.
Berücksichtigen wir im konkreten Fall die Opfer/Täter-Konstellationen, in weiten Teilen fanatisch-geifernd aufgeheizt, so ist auch Ihr Artikel gesinnungslastig, statt um Mediation bemüht. Ihr Argumentationsstil hinterlässt den Eindruck eurozentrischer Besserwisserei, der Dünkel erzeugt, indem anderen der eigene moralische Kompass nahegelegt wird, indem ihnen Amoral unterstellt wird. Diktate wackerer Demokraten in kaum glaubwürdiger Friedens- und Verständigungsbereitschaft bei gleichzeitig negativen Fingerzeigen gegenüber allen „Blockfreien“ und den Zusammenschlüssen derer, die sich dem Diktat westlicher Segnungen verweigern, ist nicht sittsam, sondern zutiefst spalterisch und überheblich wie dazumal der Kolonialismus. Sind doch kulturelle Werte schon vom Wortstamm her kultisch gefärbt, was in direkter Beziehung steht zum Menschen als Schrecken aller Kreatur – wobei das Christentum in all seinen Ausprägungen nach wie vor den ersten Platz belegt. Auch ist ja ziemlich zeitlos, dass Rücksichtslose Rücksicht einmahnen und Gerechtigkeitsbeuger Recht sprechen.
Wenn, in Bezug auf die Palästina-Problematik, jemand den Funken des Zionismus zur Flamme anfachte, dann waren es die Briten mit ihrer Schaukelpolitik zwischen eigenen, arabischen und jüdischen Interessen. Denn die Bewegung, auf offene Ohren all jener treffend, die glaubensorthodox ins Land ihrer Väter, dem von Jahwe zugewiesenen Landstrich Kanaan zurückwollten, dabei verkennend, wie wenig sie gemein hatten mit dem ursprünglichen Stammesverband des Isaak, dessen Mannen laut Erzählung als Gäste Aufnahme fanden und sich räuberisch das Land ihrer Gastgeber aneigneten, nicht ohne (ähnlich der Legende vom Raub der Sabinerinnen) sich der Frauen und Jungfrauen zu bemächtigen, indem sie deren Männer und Väter erschlugen. (Unabhängig davon, dass diese Legenden, zur Wahrheit erhoben, auch bei den Niederschriften ab etwa 400 vor Christus (zuvor hätten die Schriftgelehrten bestenfalls in Keilschrift berichten können), auf religiös-konnotierten Wunschvorstellungen basierten und den Realitäten Hohn sprachen, nie ein Volk innerhalb eines relativ geschlossenen Herrschaftsgebiets, geschweige denn innerhalb von Nationalgrenzen gewesen zu sein), mahnten sich die Zionisten dieses Recht auf Heimat ein auf ein Gebiet, das seit 1800 Jahren Heimat arabischer Mischpoche war.
Dieser mit der Balfour-Deklaration beschlossene räuberische Akt entspräche einer Rückübereignung Mitteleuropas an die Kelten, die u. a. von den Germanen verdrängt wurden! Bemühten wir die Geschichte und nicht Thora und Bibel, noch Erbauungslektüre, könnten wir wissen, dass bis auf eine Zwischenzeit um die einhundert Jahre vor Alexanders Feldzügen nie ein unabhängiges Gemeinwesen Namens Israel, nicht einmal Judäa existiert hat. Selbst zur Zeit Jesu war außerhalb des Stammesgebiets Benjamin, Levi und Juda der Einfluss auch der Rabbiner marginal (siehe Samaria). Jesu vermeintliche Heimat Nazareth im Bezirk Galiläa wird bis auf eine Anmerkung in allen römischen Schriften als Teil Syrias geführt! Ist doch bezeichnend, dass große Teile des Neuen Testaments – immerhin sprechen wir hier über die Zeit um 70 bis 210 nach Christus, in aramäischer Sprache verfasst sind, die neben der Phönizischen, Griechischen und Römischen in der gesamten Levante gebräuchlich war. (Ein ähnliches Sprachtalent müssen auch unsere Vorfahren gehabt haben, bevor sich die starren Nationalstaaten herauskristallisierten…).
Wie weit hergeholt der jüdische Anspruch auf eine Heimat ist, wird deutlich über die Geburtsländer der Gläubigen, derer sie sich zwar ausweismäßig bedienen, wenn es ihnen Vorteile bringt, aber in der Hinterhand stets ihre Glaubensgemeinschaft halten. (Das wäre etwa so, als wenn ein Katholik seine Kirchenzugehörigkeit über seine Nationalität stellt – oder eine öffentliche Person als deutscher Katholik benamst würde). Auch diese Eigenart des kosmopolitischen Selbstverständnisses, gepaart mit Integrationsverweigerung der Streng-Religiösen Chassiden, befeuerte Juden- und neidvoll-verachtetes Weltjudentum, die so weit ging, dass sich das Gros der assimilierten, in großen Teilen sephardischen Juden, ihrer Glaubensbrüder und Schwestern schämten. Die Araber, ab 1919 unter Völkerbunds-Mandat verraten und verkauft (Lawrence hatte seine blutigen Hände mit im intriganten Spiel), machten gute Miene zum bösen Spiel, als von Jahr zu Jahr mehr Mosaische, meist Idealisten, ins Land kamen. Großgrundbesitzer, selbst die im Lebensstil kaum mehr als Fellachen, hatten plötzlich Dollar- und Pfund-Zeichen in den Augen, als sie den Neusiedlern ihr schütteres Weideland verscherbelten. (Was die eifrigen Schaffer der ersten Kibbuzim allerdings daraus machten, ließ ihnen die Augen übergehen – immer noch blind für die sich abzeichnende Entwicklung).
Die relativ friedlichen und anpassungswilligen Erst-Ankömmlinge waren weit von der Arroganz der “weißen Rasse“ entfernt. Integrierten und arrangierten sich mit der arabisch-jüdischen Stammbevölkerung, denen aufgrund der langen islamisch-osmanischen Tradition Gastfreundschaft in Kooperation in vorbildlich religiöser Toleranz selbstverständlich dünkte. Dann kamen ab 1945 die überwiegend ostjüdisch-chassidisch geprägten Neusiedler, viele von ihnen, ob in den alliierten Streitkräften oder als ukrainisch-weißrussische Partisanen kampferprobt, hinzu. Aus ihnen bildeten sich die Attentäter, Geheimdienstler und Führungseliten heraus, die gegen Araber und Briten gleichermaßen opponierten und letztendlich einen eigenen Staat erzwangen. Gegen diese aschkenasische Übermacht der Rechtgläubigen kommen bis heute die eigentlichen Mehrheiten der Semiten, Sepharden, Säkularen und farbiger Juden nicht an. Übrigens: Ab 1945 flohen die Juden aus aller Welt nicht aus bestehender Drangsal, auch wenn die damaligen Lebensbedingungen häufig, für Heutige schwer vorstellbar, prekär waren! (Auch ich wuchs als Flüchtlingskind in einer Baracke auf…) Deshalb ist es ja so kontraproduktiv, heutigen Migranten kostenlos Obdach und Lebensnotwendiges, anstatt Hilfe zur Selbsthilfe nebst Arbeitsanstellung zu geben. Setzten doch Almosen noch nie Energien zum Selbsterhalt frei, sondern demütigten auch noch die letzten Reste von Selbstwertgefühl!).
Wie würden wir als slawisch-germanisch-romanische Mischpoche reagieren, wenn von heute auf morgen qua UN-Beschluss den Kelten ihre alte Heimat zurückgegeben würde? Auch wenn Vergleiche stets hinken: Den Palästinensern, die neben ihren Nachbarn Libanon, Syrien und Jordanien nach der Zerschlagung des osmanischen Reiches ebenfalls Anspruch auf eigenes Staatsterritorium erhoben, muss die Spucke weggeblieben sein, als sie von den Briten wie eine heiße Kartoffel fallengelassen wurden. (Womit ich, trotz aller Studien und Rückschlussgedanken immer noch nicht klarkomme: Die heutige Klagemauer als angebliche Reste des Tempels des Herodes, respektive Salomos, wurde bis in die 50er Jahre immer als osmanische Mauer bezeichnet. Es scheint zwar gesichert, dass Nabatäer (sic Petra) einen Tempel ihres Gottes auf heute Jerusalemer Gemarkung bauten, erklärt aber wenig, wie eine aus den Fingern gesogene, ab etwa 450 vor Christus niedergeschriebene und um etwa 1000 nach Christus beendete Genealogie-Legende es in die monotheistischen Weltreligionen vom Glauben zum Wissen schaffte, als hätte sich die Menschheit mit dem Aufkommen dieser Gottesgnadentums-Allmachts-Phantasten in vorgriechische Zeit zurückentwickelt. Rufen wir uns ins Gedächtnis, mit welcher Rigorosität allein die frühen Christen (siehe Bilderstürmer) alles Ungläubige selbst aus den kleinsten Katen vernichteten, grenzt es fast an viele Wunder, wie es ab der Renaissance gelang, aus Bruchstücken wenigstens ein ungefähres Abbild vergangener Hochkulturen zu erstellen! Denn besonders der Siegeszug der Christen und Mohammedaner ist getränkt vom Blut der Ungläubigen, nebst aller Verketzerten.
Auf das Konto heutiger israelischer Expansion, gemäß einer Staaträson wie unser Bundesdeutscher Blankoscheck, gehen bislang, ohne Neugeborene, rund 1,5 Millionen Vertriebene und um die 2 Millionen mehr oder weniger ghettoisierte Palästinenser. Ausgerechnet die Nachkommen faschistischer und bolschewistischer Drangsal Entronnener knechten kaum weniger menschenverachtend im Namen des Allmächtigen! Weil ihren Vorfahren so übelst mitgespielt wurde? „Die Rache ist mein“ bislang nicht auf sie zurückfällt, wie es so treffend von Jesaja heißt? Worin besteht der Unterschied zwischen großem und übergroßem Dünkel? Dereinst ertrotzten die Warschauer Ghetto-Juden, wohlwissend um ihre geringe Chance, den Aufstand. Gelten seitdem als Helden wider die Faschisten. Den Hamas-Terroristen werden gewiss keine Denkmäler errichtet, obwohl ihre Verzweiflungstaten frappante Ähnlichkeit mit Eingeengten haben, die mit dem Rücken zur Wand stehen. Ihren Kollegen schrieb ich kürzlich ins Stammbuch: Erwüchse den Palästinensern ein Bolivar oder Garibaldi, würden die derzeitigen Verbrecher als siegreiche Widerstandskämpfer Freiheitshelden!
Aber ihre Generation, Herr Neumann, maßt sich ja sowieso an, über vieles, einschließlich der Taten ihrer Großeltern, zu richten. Sonnt sich in ihren fest positionierten Sichtachsen, ignorierend, dass ihnen in Höchstgeschwindigkeit wie im Flug vieles entgeht und für das Wenige, was haftet, sie keine Muße haben, Erfasstes auch nur annähernd zu verarbeiten. Fundamentales Grundwissen ist ihnen dabei hinderlich wie das Felleisen eines Wandergesellen, der immerhin, nach vielen Lern-Stationen seine Heimat findend, erfahrungsreich seine Meisterschaft weitergab. Nicht die Großen und Kleinen dieser Welt haben den demokratischen Westen zu Feinden erkoren. Sie verwahren sich lediglich gegen dessen sendungsbewusstes Überstülpen, das teilweise missionierende Formen wie der gewaltsamen Christianisierungen annimmt, die in wohlbekannter Kolonisierung gipfelten. Ein jeder, der um seiner Rechtsauslegung willen Gerechtigkeit beugt, wie es ihm beliebt (wie die USA als Nachfolger britischer Kanonenboot-Politik), taugt, auch für uns als anglo-amerikanische Kotau-Verbündete schlecht als Weltpolizist. Ist doch kein Staat seit Beginn seiner Existenz häufiger in Ungerechtigkeitskriege verstrickt als unsere Freunde jenseits des großen Teiches.
Noch etwas: Seit wann ist unsere deutsch-eurozentristische Wahrnehmung historischer „Tatsachen“ der Stein der Weisen? Sind nicht große Teile unseres Geschichtswissens – unabhängig davon, dass Verlierer nicht zu Wort, sondern regelmäßig schlecht wegkommen (viel bewusster Tatsachengebeugt als jede persönliche Lebenslegende)? In welchem Verhältnis stehen die zivilisatorischen Werte des globalen Westens zu den Unwerten, die sie transportiert haben? Soziale Umstände sind nie frei von Verwerfungen. Aber erst mit Machtgelüsten, gepaart mit universalistischem Dünkel (selten ohne ideologische Verbrämung), werden aus Disputen Streitigkeiten, wachsen sich aus zu Scharmützeln und, bedingt durch Emotionen wie Hass gebiert Hass und durch äußere Einflussnahme, die eigene Gelüste anstachelt, zu leider unumgänglichen Kriegen, deren erste Opfer Moral und Wahrheit sind. Wir kennen keine bessere Regierungsform als die Demokratie? Dann sollten wir sie mit Leben erfüllen und so andere animieren, unserem Beispiel zu folgen. Derzeitige Parteilichkeit, dazu gehört auch das zu Streitkultur erhobene Verächtlichmachen gegenteiliger Ansichten, verlockt wohl kaum jemanden, seine Zukunft in solchem System zu sehen – es sei denn, er erliegt den Verlockungen des Mammons.
Auch stünde uns Bescheidenheit gut zu Gesicht: Wer nie erlebt hat, wie strangulierend gesellschaftspolitische und religiöse Gesinnungsdiktatur ist, beginnend mit rituellen Gepflogenheiten innerhalb der Familie, wo es dem einen ein Bedürfnis, dem anderen eine Qual ist, sich im Einfügen zurückzunehmen, sollte nicht über Freiheit in Konformität salbadern. Denn viele der Trabanten (um in unserer Eurozentrik zu reden), die nie wirklich Teil des Planeten Wirtschaftswunderland werden sollten, bringen das Gleichgewicht der Kräfte durcheinander schon deshalb, weil ihnen Gleichberechtigungs-Relevanz verweigert wurde (Siehe Entwicklungshilfe, gönnerhaft verteilt wie Gnadenbrote an Dritte-Welt-Länder). Diese Verdauungsbeschwerden, ob aus Ahnungslosigkeit oder Ignoranz, haben sich die Konsumenten wie die Möchtegern-Macher selbst zuzuschreiben. In dieses Statement müssen wir, uns schuldig bekennend, auch den gesamten Nahen Osten einbeziehen. Hat es doch unter anderem unsere Entwicklungspolitik über 70 Jahre hinweg fertiggebracht, als Rohrkrepierer das Gegenteil dessen zu bewirken, als dass es geplant war. Ähnliches passiert uns momentan, weil wir uns berufen fühlen, Dankbaren gegenüber Gutes zu tun, ohne ihnen die ihnen gebührende brüderliche Achtung entgegenzubringen. (Da wären wir wieder beim Thema Almosen statt Aufbauhilfe zu Geschäften auf Augenhöhe…. Sind nicht auch Errungenschaften-Transfer zynische Nachweise vermeintlicher Zivilisation?)
Sicherlich kann keine Regierung, nicht einmal eine Generation das ausbügeln, was an tiefliegenden Knitterfalten vorhanden ist. Zu früheren Zeiten galt allerdings bei allem Größenselbst der gute Wille viel, zu allgemeinverträglichen Kompromissen zu finden. Dieser Geist hoher Diplomatie ist leider nicht mehr en vogue. Stattdessen aber auf Zeiten des Krieges und Zeiten des Friedens zu verweisen und alles zu tun, das Feuer zu schüren, solange nach Brandbeschleunigern geschrien wird, ist nicht nur dumm, sondern verbrecherisch! Zeugnisnote: Ungenügend! Wie sehr unsere Kompromiss- und auch Lernbereitschaft nämlich tatsächlich im Argen liegt, zeigt sich unter anderem in den hohen Scheidungsraten. Ungeachtet der angerichteten Flurschäden, besonders bei den gemeinsamen Kindern, leben die Eltern ihre Egoismen aus, wachsen in Schuldzuweisungen über sich hinaus wie feindliche Brüder, die dem anderen nicht das Schwarze unter dem Fingernagel gönnen. Inwieweit solche unreife, falsche Eigenliebe, die den Balken im eigenen Auge nicht sieht, geeignet sein soll, Geschicke der Welt zu lenken, mag sich ein jeder selbst fragen….
Auch ich bin nicht frei von Scham, auf meinem Lebensweg vieles meiner Alters-Vorgänger, die sich als Vorbilder geradezu anboten, gering geachtet zu haben. Denn spät wurde mir bewusst, wie reich das Wissen der Generation vor mir war, denen nicht einmal ein Volksempfänger zur Verfügung stand, die aber dadurch offen blieben auch für kleinste Begebnisse, sie zuzuordnen in ihr Alltags- und Bildungsleben. Für die von ihnen begangenen Verblendungs-Fehler büßten sie gewaltig und erhoben sich wie Phönix aus der Asche. Chapeau! Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Neumann, kann ich mich jetzt zurücklehnen, da ich mich seit Jahren befleißige, aus jedem Tag einen Feiertag zu machen (der rauchende Schädel hält mich hoffentlich noch lange agil!). Trotzdem nehme ich an, mich nicht bei ihnen entschuldigen zu müssen, Ihnen ihre kostbare Zeit gestohlen zu haben.
Andreas Weng

Die Terrororganisation Hamas hat Israel auf bestialische Weise angegriffen. Israel ist das Opfer. Es ist richtig, sich auf die Seite der Opfer, auf die Seite Israels, zu stellen. Es ist falsch, sich auf die Seite der Terroristen zu stellen. Die Hamas will durch die provozierte israelische Reaktion eine große Solidarisierung gegen Israel erreichen. Es ist falsch, diese Solidarisierung zu fördern. Die Palästinenser sind als Spielball der Hamas Opfer dieser Terroristen und zugleich auch Opfer der israelischen Reaktion. Es ist richtig, sich auf die Seite der Opfer, auf die Seite der Palästinenser, zu stellen. Die Hamas will durch viele Opfer auf Seiten der Palästinenser einen Flächenbrand auslösen. Ein Flächenbrand gefährdet Israel, die Palästinenser und den Weltfrieden. Es ist falsch, einen Flächenbrand zu fördern. Putin fördert den Flächenbrand, um den Globalen Westen zu schwächen. Alles ist richtig, was einen Flächenbrand verhindert. Es ist richtig, wenn die Opfer sich gegen die Terroristen verbünden. Der Globale Westen sollte alles tun, was diesen Bund fördert. Dazu könnte gehören, China ins Boot zu holen.
Reinhard Koine

Eine notwendige und richtungsweisende Klarstellung von Peter Neumann. Zwischen Opfer und Täter muss unmissverständlich, glasklar in der Sprache, unterschieden werden. Solidarität und Hilfe für die einen, Verurteilung und Sanktionen gegen die anderen, ohne Zwischentöne, ohne Doppelmoral, ohne Rücksicht auf potentielle eigene wirtschaftliche Nachteile. Schwarz-Weiß. Gut-Böse. Sind die Deutschen dazu bereit ? Mit dem „absolut Bösen“ wollen wir nichts, aber auch gar nichts zu tun haben, auch keine wirtschaftlichen Beziehungen. Ganz im Gegenteil: Wandel durch Handel hat nachweislich ausgedient. Dieses Konzept ist nicht nur fehlgeschlagen, es wendet sich nun sogar gegen den Westen. Russland, China und Iran wenden sich zunehmend auch aggressiv-militärisch direkt gegen den Westen. Nicht nur ideologisch und verbal gegen unsere Werte, unsere Lebensweisen, unsere Weltanschauung, sondern strategisch-ausdauernd und punktuell-zielorientiert gegen unsere staatlichen Institutionen und gegen unsere Bevölkerungen.
Weitere Schurkenstaaten stehen bereit. Deutschland darf nicht weiter die Augen davor verschließen, dass diese Schurken das „absolut Böse“ bereits seit Jahrzehnten in unser Land exportiert und inzwischen betonfest verankert haben. Diese Schurken fräsen ihre barbarische und menschenverachtende Gesinnung immer tiefer in unser Land und in unsere Gesellschaft.  Sie mobilisieren mit Geschichtsklitterung, Fake-News, Verschwörungstheorien und massiven Geldmitteln. Das ideologische, autoritäre, repressive Gift erweist sich dabei zunehmend resistent gegen die lediglich rechtsstaatlichen Möglichkeiten von Demokratien. Wer Zeitenwende ernst nimmt, darf nicht länger die Augen davor verschließen, dass das, was wir uns alle wünschen, um unseren Lebensstandard weiter fortzuführen, reines Wunschdenken ist, eine Verweigerung die tatsächlichen weltpolitischen und nationalen Realitäten anzuerkennen. Realitäten, die nicht weiter weichgespült und relativiert werden dürfen. Kuschelkurs und handshake mit Autokratien war gestern. Es ist abrupt ziemlich unkuschelig geworden in unserem Land und es ist nicht abzusehen, dass sich das mittelfristig ändern wird.
Es ist Krieg in der Welt. Brutalos sind an der Macht. Rücksichtslos. Barbarisch. Mit mittelalterlichen Gräueltaten, aber ausgestattet und hochgerüstet mit Waffen und Technologie aus der Moderne. Das „absolut Böse“: Krieg gegen unsere Werte, Krieg gegen unsere Freiheit, Krieg gegen unsere Friedenssehnsucht. Deutschland ist mittendrin. Die Schlinge zieht sich zu. Deutschland muss sich wehren. Die Mittel der Demokratie werden dafür bedauerlicherweise nicht ausreichen. Weder außerhalb von Deutschland noch innerhalb. Die Politik muss endlich dazu übergehen die innere Sicherheit im eigenen Land wiederherzustellen. Wenn es nicht anders geht auch undemokratisch, denn das „absolut Böse“ ist immun gegen rechtsstaatliche Mittel.
Die Selektion des „absolut-Bösen“ in Deutschland endet dabei nicht bei den Handlangern, Propagandisten, Gesinnungsgenossen und Auftragskillern von Putin, Xi und Raisi,  sondern auch Rechtsextremisten, Reichsbürger und Nazis deutscher Herkunft gehören genauso ins Radar wie alle islamistisch-salafistischen Fundamentalisten und antisemitische Gewalttäter. Deutsche, die für den IS gekämpft haben, haben ihren Anspruch auf lediglich rechtsstaatliche Verfolgung und eine Strafverfolgung mit demokratischen Samthandschuhen verwirkt. Wer diese Auseinandersetzung nicht will oder aber den notwendigen drastischen und nicht-rechtsstaatlichen Mitteleinsatz scheut, der führt unser Land an einen Ort, den Peter Neumann beschreibt: „Eine Welt ohne Kopf. In einer solchen Welt bestimmen andere, was der richtige Kontext ist.“
Hans-Jörg Glaß

Peter Neumann wirft u.a. dem Philosophen Slavoj Žižek vor, nicht genug Mitgefühl für Israel zu zeigen. Ich empfehle Herrn Neumann die Lektüre des Interviews mit dem Philosophen auf Zeit online: „Die Hamas muss vernichtet werden.“ Dort findet Žižek nicht nur klare Worte zu diesen perversen Schlächtern – es gibt auch eine frappierende Übereinstimmung mit Peter Neumann bei der Rolle Europas: „Und selbst die, die Europa kritisieren, tun dies dank der Konzepte, die die europäische Aufklärung und der Protestantismus hervorgebracht haben. (…) Bei aller notwendigen Selbstkritik sollten wir wieder stolz auf unser europäisches Erbe sein.“ Ich finde, ein Zeit-Journalist sollte wissen, was in der eigenen Zeitung steht.
Kurt Eimers

Mir war Slavoj Źižek immer schon suspekt, aber das, was er sich bei seiner Eröffnungsrede zur Buchmesse geleistet hat (große Ausschnitte waren in der „Kulturzeit“ auf 3sat zu sehen), war eine einzige Unverschämtheit, die nur noch von Martin Walser getoppt wurde. Zu Greta Thunberg habe ich ja letzte Woche schon meine Meinung kundgetan. Shame on you (both)! How dare you? Vielen Dank, dass Sie so klare Worte gefunden haben! Jetzt kommen ein paar deutliche Worte von mir: Wer jetzt schweigt oder relativiert, der sollte sich mal untersuchen lassen! Der Globale Süden will sich vom Westen das „Denken“ und „Fühlen“ (wenn man das überhaupt so bezeichnen kann) nicht mehr vorschreiben lassen? Ach ja? Und warum übernimmt man dann die westlichen (oder besser gesagt: europäischen) antisemitischen Stereotypen des 19. und 20. Jahrhunderts?
Warum übernehmen die Hamas-Nazis in ihrer Terror-„Charta“ die infamen Lügengeschichten der sogenannten „Protokolle“ (okay, das geht zulasten der Vorgänger Putins, also russischer Staat und Geheimdienst, die hinter der Fälschung stehen)? Appeasement und Diplomatie bringen nichts! Klare Kante gegen die Faschisten in aller Welt (Russland, China, Iran, Syrien, Nordkorea, Saudi-Arabien, Katar, Burma – ich sage bewusst nicht „Myanmar“ – Trump, Putin, Xi, Assad, Erdoğan, Orban, Kackschisski etc.) und auch hierzulande natürlich! Und den Mob dabei nicht vergessen, in die Mangel zu nehmen! Ich scheiße auf den palästinensischen Pöbel und diejenigen, die sich mit ihm „solidarisieren“, dieser Mob hat sein Existenzrecht verwirkt. Nochmal, wie 1993, lass ich mich nicht mehr von dem Baumafioso Arafat und Co. verarschen! (Schon interessant, dass auch Putin und Erdoğan Verbindungen zur Baumafia haben …)
Thomas Manthey

Da überfällt die Terrororganisation Hamas, die – inzwischen längst ohne demokratische Legitimation – den Gazastreifen kontrolliert, Israel, tötet über tausend Zivilisten teilweise auf bestialische Weise, verschleppt über 200 Geiseln in den Gazastreifen und feuert nach wie vor Raketen auf Israel – und was liegt Slavoj Žižek, Greta Thunberg und anderen angeblichen Gutmenschen am Herzen? Nicht etwa der Schutz und das Wohl der angegriffenen Israelis, sondern der Schutz und das Wohl der Palästinenser*innen im Gazastreifen, die sich 2006 die Terrororganisation Hamas zur Regierung gewählt haben (vgl. u. a. https://de.wikipedia.org/wiki/Hamas). Das ist so, als kritisierte frau*man die Engländer und US-Amerikaner dafür, dass sie Krieg gegen Hitlerdeutschland geführt haben, und zwar deswegen, weil es dabei zivile Opfer unter den Deutschen gab. Selbstverständlich hat Israel das Recht, sich zu verteidigen, militärisch relevante Gebäude im Gazastreifen zu bombardieren und die Terroristen der Hamas auch unter Inkaufnahme ziviler Opfer – wenn es nicht zu vermeiden ist – zu jagen. Indem die Terroristen der Hamas ihre Stellungen ganz bewusst inmitten von Städten und sogar unter Krankenhäusern platziert haben, sind sie selbst – und ihre Wähler*innen von 2006! – für die zivilen Opfer im Gazastreifen verantwortlich, nicht die sich verteidigenden Israelis. Wer einem Hitler oder einem Putin oder einer Terrororganisation in Wahlen zur Macht verhilft, muss auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen.
Ulrich Willmes

Peter Neumann beklagt eine „Welt ohne Kopf“, fordert aber andererseits, ausschließlich über israelisches Leid zu reden. Mitgefühl ohne Diskurs wird das Palästina-Israel-Problem keiner Lösung näherbringen. Das wissen und artikulieren auch viele israelische Historiker und andere. Warum also sollten z.B. Zizek oder Thunberg an Reflexion gehindert werden, die nicht einseitig wertet? Israel braucht keine falschen Freunde!
Joachim Frensel

Sie haben das Mitgefühl nicht komplett verloren, sie teilen ihr Mitgefühl auf. Die sogenannte postkoloniale antirassistische Szene, Teile der linken Intellektuellen und ihrer Aktivisten wollen nicht begreifen, dass Menschenrechte universell sind. Zu den Menschenrechten gehören Leben, Freiheit und Sicherheit. Eines jeden Menschen, egal welcher Herkunft er ist, wo er lebt oder welcher Religion er angehört.
Es ist an Doppelmoral kaum zu überbieten, sich einerseits für die Einhaltung dieser Rechte für Palästinenser einzusetzen (was richtig ist) anderseits Israelis dieses Recht indirekt abzusprechen, indem von den bestialischen Morden und Entführungen der Hamas abzulenken versucht und der Fokus komplett auf die Unterdrückung der Palästinenser gerichtet wird. Was hätten sich diese Intellektuellen denn vergeben, wenn sie die grauenhaften Morde an israelischen Zivilisten und deren Verschleppung eindeutig verurteilt hätten? Dieses von Hass geprägte antisemitische Massaker geächtet hätten? Es wäre kein „Verrat“ an den schutzbedürftigen Menschen im Gazastreifen gewesen. Es geht der Hamas um Terror, nicht um legitimen Widerstand! Peter Neumann spricht hier zu Recht von einer künstlich erzeugten Opferkonkurrenz, die niemanden mehr schützt und dem „Recht des Stärkeren“ Tür und Tor öffnet. Der 7.Oktober war ein Markstein, kein Zeitpunkt, um Leid gegen Leid aufzurechnen, sondern von Mensch zu Mensch denjenigen das gebührende Mitgefühl entgegenzubringen, die an diesem Tag ermordet, vergewaltigt oder entführt worden sind. Ohne Wenn und Aber und ohne das reflexartige Verfallen in die Diskussion um die israelische Politik.
Peter Neumanns Hinweis, dass die Abrechnung gegenüber dem Globalen Westen, die hier auch eine große Rolle spielt, die Werte des Westens gefährdet, ist wichtiger denn je. Putin, Xi und Co.  sitzen bereits in den Startlöchern, für sie ist die Destabilisierung des Westens mitentscheidend, um die Welt in ihrem Sinne zu verändern. Intellektuelle wie die Klimaaktivistin Greta Thunberg sind im Westen aufgewachsen und kommen seit Geburt in den Genuss der westlichen Freiheitsrechte. Sie müssen nicht mit Repressalien oder Schlimmeren rechnen, wenn sie hier Ihre Meinung frei äußern. Bequem übers Internet, auf Demos, wie auch immer.  Das ist gut so, aber längst keine Selbstverständlichkeit mehr, auch im 21. Jahrhundert nicht.
Regina Stock

Im Artikel steht der wichtige Satz: warum fällt es vielen so schwer, Terror Terror zu nennen? Terror ist tatsächlich eine absolut zu verurteilende Kriminalität gegen die Menschlichkeit. Aber warum nennt niemand die unter der schützenden Hand der Regierung agierenden Siedler-Aktivisten Terroristen, obwohl sie im Westjordanland Land rauben, Häuser zerstören und Menschen ermorden? Dahinter steckt nach meinem Dafürhalten eine Gesinnung, wie sie Joav Galant mit dem „Kampf gegen menschliche Tiere“ zum Ausdruck gebracht hat. Die USA haben uns wiederholt vorgemacht, dass die „westlichen Werte“ nur gegenüber Teilen der Menschheit zu gelten scheinen. So werden wir nie einen Frieden hinkriegen, sondern – wie die Geschichte zeigt – immer wieder Gewalt und Terroristen züchten.
Peter Früh

Peter Neumann kritisiert mit Recht eine Welt „ohne moralischen Kompass“, eine „Welt, in der jeder Staat machen kann, worauf er Lust hat“, in der „Herrscher sich nicht an Regeln halten“… und „eine ganze Region in Brand stecken können.“ Eine bessere Charakterisierung Israels, seiner rechtsradikalen Regierung und seiner völkerrechtswidrigen Politik gibt es nicht.
Björn Luley

Es mag durchaus einen nachvollziehbaren Grund geben, warum die palästinensische Autorin Adania Shibli nicht Stellung beziehen wollte: Sie wollte den Verkauf ihres Buches nicht gefährden – so oder so. Von einem Reporter, der in jedem zweiten Satz seines Artikels seine Unfähigkeit unterstreicht, sich vorzustellen, dass andere Menschen anders denken und fühlen könnten als er selbst, kann man durchaus befürchten, dass er einem das Wort im Mund herumdreht. Dass Shiblis denkbare Befürchtung im Blick auf den Verkauf ihres Buches nicht ganz unbegründet ist, zeigt die Tatsache, dass das Buch bei Amazon online gar nicht angeboten und bei Thalia zwar angeboten wurde, aber nach einer Bestellung als „nicht lieferbar“ deklariert wurde: Shibli war schon mundtot, bevor sie sich weigerte, den Mund zu öffnen!
Wilhelm Otto Deutsch

ich bin schon etwas überrascht und sogar genervt davon, dass ihre zeitung nicht müde wird, gegen die errungenschaften der westlichen demokratischen werte zu argumentieren, wenn sie jetzt wieder der kulturszene vorwirft, die greultaten der hamas von zwei seiten aus zu betrachten. schon in der sesamstraße wurde uns von grobi die was-passiert-dann maschine präsentiert, die kausale zusammenhänge verdeutlicht hat und auf diesem prinzip u.a. unsere rechtssprechung aufgebaut ist, die bei der urteilsfindung der umstände berücksichtigt, in denen eine tat begangen wurde. natürlich soll mord bestraft werden aber trotzdem wird von uns – zu recht – erwartet, dass wir unsere spontanen reaktionen auf unrecht, nämlich die schuldigen aufzuknüpfen, zugunsten einer differenzierten betrachtung aller faktoren im zaum halten, um am ende so nahe wie möglich an gerechtigkeit heranzukommen und genau diese haltung bringt nun die links-liberale szene zum ausdruck, wenn sie nicht reflexartig davidsterne in ihre instagram-profilbilder einblendet, so wie es beim überfall auf die ukraine der fall war. und was noch schlimmer ist: sie bezichtigen alle, die sich eher zurückhaltend gegenüber den parteien des nahostkonflikts zeigen, als antisemiten.
dieses verhalten der presse, auch der zeit, ist mir schon im kontext der corona-berichterstattung und ebenso beim ukraine-krieg negativ aufgefallen, bei dem alle meinungen, die sich nicht mit der der jeweiligen redaktionen dekte, konsequent niedergemacht wurden, u.a. indem sie auf ihren seiten gar nicht stattfanden bzw. erst im nachhinein mittels gastbeiträgen diskutiert wurden, um ein wenig objektivität zu heucheln. bereits diese zeilen zu schreiben gibt mir das ungute gefühl, von ihnen sogleich in irgendeine radikale aluhut-ecke gestellt zu werden, in die ich nun wirklich nicht reingehöre, aber mir wird zunehmend klar, warum sich bestimmte gruppen von der presse und der politik abwenden. die unerträgliche art, hier allen andersdenkenden detailliert zu beweisen, dass sie moralisch verkommen sind, ist kontraproduktiv und wahrscheinlich die bei weitem größte gefahr für unsere gesellschaft, auch wenn sie sich einbilden, die guten zu sein.
ich will mir meine meinungen freiwillig bilden und selber entscheiden, wen ich unterstütze bzw. mit wem ich mitgefühl habe und mir das weder von einem journalisten noch einem stammtischbruder mit rethorischen tricks oder der androhung von ausschlus aus dem club der gerechten aufzwingen lassen, denn selbst, wenn ich ihnen zustimme, ist ihre position sogleich vergiftet, wenn sie derart arrogant kommuniziert wird. intellektuelle hetze ist nicht besser, als die des pöbels.
p stampe

Die grausamen Verbrechen der Hamas am 7. Oktober an jüdischen Zivilisten an der Grenze zum Gaza-Streifen müssten eigentlich weltweit Entsetzen und Abscheu ausgelöst haben. Haben sie aber nicht und diese Tatsache, die einen Unterschied macht zwischen unschuldigen Opfern des Terrors in Israel und denen in Gaza, ist das verstörende an dem weltweit gespaltenen Echo auf das Massaker. Menschlich unverständlich, dass man die bestialische Ermordung von unschuldigen Menschen der Hamas durchgehen lässt und sie dafür sogar feiert und bewundert. Und das auch in Deutschland, geschehen in Berlin -auch wenn das keine von mehrheitlich Deutschen organisierten Demos waren. Immer und überall ist wieder das unsägliche Wort Antisemitismus zu hören, dass genau so oft falsch wie zutreffend benutzt wird. Fest verankert in der Geschichte des christlichen Abendlandes, unausrottbar, unter Hitler rassistisch eingefärbt und damit todbringend für 6 Millionen europäischer Juden. Die Gründung des Staates Israel war in letzter Konsequenz der Rettungsanker für die oft weltweit verfemten, verfolgten und unterdrückten Juden.
Das nie gelöste Problem dabei die auf dem neuen Staatsgebiet der Juden ebenfalls lebenden Palästinenser. Eine 2-Staatenlösung, wie 1993 von Israels Premier Rabin und PLO-Chef Arafat im Osloer Friedensabkommen skizziert, wurde nach der Ermordung Rabins 1995 durch einen strenggläubigen Juden seitdem von Israels Regierungen nicht mehr ernsthaft verfolgt. Welcher Unsinn, besser politischer Schwachsinn zum Thema Israel gegen Gaza sich ausbreitet, zeigt der Putin-Ideologe Dugin, der hier einen Kampf der Kulturen sieht. Er versteigt sich sogar zu dem Vergleich Russland/Ukraine mit Israel/Palästinensern! Wenn in dem Artikel von Peter Neumann die fehlende Empathie westlicher Intellektueller am Geschehen vom 7.Oktober beklagt wird, muss man versuchen, den Ursachen dafür auf den Grund zu gehen. Einer der Gründe dafür ist mit Sicherheit die Politik von Netanjahu gegenüber den Palästinensern -seit er regiert. Von ihm und seiner von religiös geprägten, ultraorthodoxen und fanatischen Siedler-Ideologen getragenen Koalition konnte kaum eine Annäherung, selbst an Forderungen gemäßigten Palästinenser, erwartet werden.
Die Hamas ist leider der Stachel im Volk der Palästinenser und kann nicht zur Gänze von Israel entfernt werden. Das müssen die Palästinenser selbst schaffen -dabei kann ihnen niemand helfen! Israels Bevölkerung stand und steht, vermehrt nach dem 7.Oktober, in wachsender Distanz zu Netanjahu. Die Weltöffentlichkeit, egal wie sonst politisch positioniert, hat zu sehr die Israelis mit der umstrittenen Politik Netanjahus identifiziert und sie damit einer zu kritischen Betrachtung ausgeliefert. Die arabische Welt, wie immer uneins in religiösen und politischen Fragen, kann aus machtpolitischen Gründen kaum den Iran in dessen Hass auf Israel unterstützen. Saudi-Arabien war auf dem Weg einer Annäherung zu Israel und Ägypten hat schon lange normale Beziehungen zu seinem Nachbarn. Und die radikale Linke in Europa? Sie kann doch im Ernst nicht an den Unsinn glauben, dass mit dem Anschlag vom 7.Oktober ein postkolonialer Kampf der Palästinenser gegen die Juden stattfand. Aber so tickt leider auch der extrem links positionierte französische Politiker Melenchon mit seiner Partei LFI, der sich zunehmend der arabisch-islamisch orientierten Wählerschaft in Frankreich zuwendet.
Klaus Reisdorf

Entsetzen und Trauer um die Opfer der Massaker in Israel am 7. Oktober, Mitgefühl mit den Hinterbliebenen und Angehörigen der verschleppten Geiseln und die Sorge um sie bewegen mich zu dieser Replik. Eingedenk des anhaltenden Grauens hielte ich lieber inne, doch der Kopf sagt nein. Wann wird Israel endlich eine sichere Heimat sein? Seit der Staatsgründung hofften auch hierzulande zu viele vergeblich, die politisch-kulturelle Verflüchtigung (neudeutsch: „Genozid“) der palästinensischen Diaspora werde Teil der Lösung sein. Erreicht wurde das Gegenteil. Im Angesicht des Grauens werden auch in der ZEIT Versuche skandalisiert, beharrlich weiter „über die Palästinenser“ zu reden einschließlich jener zwei Millionen Geiseln, die niemand befreien will und die das Stockholm-Syndrom zu Abertausenden dem Wahnsinn des Terrors in die Arme trieb. Globaler denn je findet er Mäzene und Claqueure.
Israel wirkt so verletzlich wie seit Generationen nicht. „Das Böse der Hamas hat keinen Kontext“, lese ich. Es liest sich wie eine Absage an die vom Verfasser selbst geforderte „Bereitschaft und Fähigkeit“, „aus historischen Fehlern zu lernen“. Krieg und Besatzung sind der Kontext, nicht die Lösung. Für Millionen Israelis gab und gibt es keine Alternative zu Israel. Millionen Kindeskinder der einst daraus Vertriebenen brauchen nicht trotzdem, sondern auch deshalb Anerkennung und eine Wahl. Vereinfachendes Gerede über universalistische Werte diskreditiert diese sonst nur noch mehr. Wer deren historische Wurzel (Barmherzigkeit) selbst beschneidet, darf sich nicht wundern, wenn die heikle Pflanze verkümmert.
Thorsten Maentel

Peter Neumann meint, mit dem Satz „Free Palestine from German guilt“ solle ein Schlussstrich unter die deutsche Vergangenheit als Grund der Solidarität mit Israel gezogen werden. So dürfte er in der Tat gemeint sein. Wenn man ihn aber anders versteht, dann reißt er die Geschichte auf, statt sie vergessen zu machen. Als das Deutschland Adenauers und Globkes sich zu Israel bekannte, ging es weniger um Buße als um Entlastung, um einen nationalen Persilschein. Wäre das Motiv ein moralisches gewesen, dann hätte man ein Problem damit gehabt, dass die Palästinenser mit ihrem Land einen Großteil der deutschen Rechnung zu zahlen hatten. Dass ihr Los mit unseren Verbrechen zu tun hat und wir damit auch in ihrer Schuld stehen, hat aber nie Eingang in Deutschlands Staatsräson gefunden. Ein Deutschland im Übrigen, von dem man wohl kaum sagen kann, dass es sich, so Neumann, „nach 1945 auf den Weg der Vergangenheits­bewältigung“ gemacht hat. Sondern ein Deutschland, das, woran Michel Friedman in derselben ZEIT erinnert, bis weit in die 60er Jahre hinein ein „verlogenes“, „durch und durch antisemitisches Land“ geblieben ist und das sich bis heute mit einer Hymne feiert, die von einem Antisemiten verfasst wurde. Ist die offizielle Verbundenheit mit Israel ein hehrer Fels in dieser Verlogenheit, oder bleibt sie in sie verstrickt, solange man sich, wider allen Terror, nicht auch zur Schuld gegenüber den Palästinensern bekennt?
Heiner Roetz

«Statt sich die Augen zu reiben, versuchen Aktivisten und Intellektuelle den Wahnsinn des Terrors mildernd in ihre Diskursbahnen zu lenken.» stellt Peter Neumann fest. Genau auf diese Diskursbahnen muss man eingehen, trotz allem, auch wenn es schwerfällt. Der Angriff aus dem Gazastreifen war eine Kriegserklärung an Israel UND an die wichtigsten Werte der Menschheit. Er war aber auch eine Kriegserklärung an die Vorstellung von einer Entwicklung, die in eine gute gemeinsame Zukunft führen kann. Das Beängstigende dabei ist, dass es eine solche gemeinsame, akzeptierte Vorstellung schon vor dem 7.10. nicht gab. Der Grund dafür liegt auch im Bereich der Demographie. Um das zu illustrieren reichen zwei Zahlen: Im Iran liegt die Geburtenrate bei 1.68, die Palästinenser habe eine Rate von 3.5. Die Ursache: Die Hilfsmaßnahmen für die Palästinenser scheinen unerschöpflich. Sie wachsen exponentiell mit der exponentiell wachsenden Bevölkerung. Die Folge ist hohe Jugendarbeitslosigkeit wegen fehlender Perspektiven aus dem Bereich der Selbstversorgung. Als Ersatz für diese fehlenden Perspektiven wurden bekanntlich Perspektiven genutzt, die Tunnelbau, Waffenproduktion und Beitragen zur hohen Fertilitätsrate bieten. Im Iran, wo eine ähnliche Unterstützung fehlt, beruht die dortige tiefe Geburtenrate auf Eigenverantwortung.
Es wird auch die Frage gestellt, wieso die Palästinenser für Verbrechen bestraft werden, an denen nur Europäer beteiligt waren. Doch die Gründung des Staates Israel beruht auch auf dem Versuch, ein Problem zu lösen, an dem auch die Araber beteiligt sind. In Israel gibt es bei 9 Millionen Einwohnern 2 Millionen Palästinenser. Dazu kamen Grenzgänger, die in Israel Arbeit fanden. In der arabischen Welt gibt es bei 300 Millionen Einwohnern knapp 2000 Juden. Der Vergleich der beiden genannten Zahlenpaare zeigt, dass ein Zusammenleben von Juden und Muslimen schwierig ist, vor allem für Juden. Eine Situation, die durch die demographische Entwicklung verstärkt wird. Die Zahlen der ausgewanderten Juden und der ausgewanderten Palästinenser sind in vergleichbarer Größenordnung. Der Bevölkerungsaustausch entspricht demnach dem im Vertrag von Lausanne ausgehandelten Bevölkerungsaustausch zwischen Türken und Griechen. Auch dieser war eine Folge der Feststellung, dass ein weiteres Zusammenleben nicht im Interesse der Beteiligten ist.
Neumann schreibt, dass «der Weste nun seine Quittung bekommt: für seinen kolonialen Hochmut, seine rassistische Arroganz, seine erinnerungspolitische Selbstverliebtheit, seine klimapolitische Ignoranz.» Doch Schuldzuweisungen bringen nicht. Da die Zukunftsprobleme nur gemeinsam gelöst werden können. Dabei muss man sich auch mit Zielkonflikten befassen. Da wäre vor allem der Zielkonflikt zwischen den Menschenrechten auf Lebensunterhalt (etwa dem Recht mehr Kinder in die Welt zu setzten als die eigenen Ressourcen erlauben) und dem Menschenrecht auf Eigentum. Die Konsequenz dieses Zielkonflikts wird sichtbar im aktuellen Krieg im Nahost. Verallgemeinernd kann man diesen Zielkonflikt so darstellen: Angenommen eine Gruppe von Menschen mit hoher Geburtenrate kann sich nicht selbst ernähren. Dann muss die Weltgemeinschaft für die Ernährung sorgen. Damit wird aber die Eigenverantwortung geschwächt, die bewirken kann, die Geburtenrate den langfristig verfügbaren Ressourcen anzupassen.
Daraus ergibt sich die entscheidende Frage: Wie kann das sich ergebende exponentielle Wachstum mit einer sanften Landung beendet werden, wenn die Unterstützung durch die genannte Gruppe fehlt? Hilfreich sind Narrative (Erzählungen), die zeigen, dass andernorts größere Zumutungen ertragen werden mussten. Vorbilder könnte auch Europa liefern. Ewa folgendes: In weiten Teilen Europas wurde das demographische Problem lange Zeit entschärft durch die Regel, dass nur ein Sohn den Hof erbte. Die Geschwister hatten oft nur die Wahl zwischen einem Leben als Dienstboten oder im Kloster. Dienstboten und Arme konnten keine Familie gründen. Heute gibt’s zumutbarere Methoden, aber sie müssen im Interesse aller genutzt werden.
Gernot Gwehenberger


Leserbriefe zu „Wie gut können Sie rechnen?“ von Christoph Drösser, Illustration Sandro Rybak

Ich sehe hier in der ZEITung nur 26 Aufgaben, obwohl immer von 29 die Rede ist. Aber es sind 26 Aufgaben und 26 Lösungen. Druckfehler oder wurde aus der 6 eine 9?
Joseph Zenz

Gerne hätte ich den Vergleich online gemacht. dass ich dazu ein online Zugang bezahlen muss, hätten Sie eigentlich mit bemerken sollen.
Mario José Cuadra Braatz

Zu den enttäuschenden Mathe-Kenntnissen der Deutschen (nicht nur Frauen) fällt mir noch eine Erklärung ein, die mit dem hiesigen Image des Fachs zu tun haben könnte. Achten Sie mal darauf, wie häufig in der Öffentlichkeit z.B. Radiomoderatoren oder in Interviews auch Politiker und andere Prominente mit einer solchen Schwäche geradezu kokettieren. Selten höre ich in diesem Zusammenhang von schlechten Englisch- oder Geschichtsnoten. Eine Schwäche in Mathematik – sofern man darauf hinweisen kann, trotzdem erfolgreich im Leben geworden zu sein – scheint hier zu Lande Sympathiepunkte einzubringen. Warum eigentlich?
Barbara Rogge

Mein Mann liest mir beim Frühstück einige Aufgaben des großen ZEIT- Mathetests vor und beginnt bei Aufgabe Nr. 6 zu lachen. Bei der Frage a) bekommt er so einen Lachanfall, dass er nicht mehr weiter vorlesen kann. Ich muss natürlich gleich mitlachen, sodass unser Frühstück herrlich lustig wird. Danke liebe Mathetest-Erfinder!
Eva-Maria Münzer

Zur Aufgabe 23: Wenn ich mich nicht irre, habe ich bei „Forschung aktuell“ im DLF gehört, dass die Wahrscheinlichkeit für Kopf oder Zahl bei einem Münzwurf nicht genau 50:50 ist. Es wurden nach meiner Erinnerung zigtausende Würfe durchgeführt und es ergab sich, glaube ich, eine Abweichung von 0,08. Das Experiment ist aber noch nicht validiert worden. Möglicherweise hat das Auswirkungen auf die Antwort zu Ihrer Frage. Zur Lösung der Aufgabe 6b: Sie wollten doch eine Angabe in Zentimetern, nicht in Metern, deswegen lautete meine Lösung 395 cm. 15a war verwirrend, was das Ablesen der Jahreszahl anging, aber das war wohl auch der Zweck der Angelegenheit.
Ein wenig fand ich mich von den Aufgaben unterfordert, vor allem, weil man ja auch noch den Taschenrechner benutzen durfte. Da habe ich schon schlimmere Aufgaben zum Beispiel in der Tageszeitung gesehen, wobei es da, glaube ich, um Aufgaben für Fünft- oder Sechstklässler, vielleicht auch noch etwas höher vom Niveau her, ging. Und vor einiger Zeit gab es mal wieder eine IQ-Show bei RTL. Da bin ich im Gegensatz zu zwei vorherigen Shows vorzeitig ausgestiegen, weil mir die Fragen, vor allem die zur Mathematik, zu verquast waren. Eine Ihrer Aufgaben hatte ich übersehen, wäre aber kein Problem gewesen. Nur bei den Würfeln (Nr. 24) muss mir ein Denkfehler unterlaufen sein. Das war (erstaunlicherweise) mein einziger Fehler abgesehen von dem Ablesefehler.
Ich hatte zuvor leichte Manschetten. Manche Fragen sahen schwerer aus als wie sie letztendlich waren. Also die Textaufgaben, die es zu meiner Schulzeit gab, waren bei Weitem komplizierter. Ich finde, dass man quasi so ziemlich alles, was nach der Grundschule an Mathematik drankam, in die Tonne kloppen kann. Bis auf den Pythagoras vielleicht. Aber Nullstellen, Wendepunkte, kongruente Dreiecke, Vektoren, Matrizen, blablabla, wer braucht diesen Quatsch im weiteren Leben noch, wenn man nicht gerade Mathelehrer*in, Ingenieur*in oder Architekt*in geworden ist? Statistik scheint mir sinnvoller zu sein. Schön zu hören, dass da der Stellenwert zugenommen hat.
Thomas Manthey

Auch wenn das durchschnittliche Ergebnis des „Mathe-Tests“ etwas erschreckend ist, möchte ich das „eigenmächtige Hinzufügen des Prozentsatzes der Redaktion“ bei Frage 16 (Anstieg des Strompreises um 9,75 Cent/kWh gegenüber 2010) als „mutig“ bezeichnen: Nach meiner Rechnung (korrekt auf das Ausgangsjahr bezogen!) ist der Strompreis somit um 69,94 % und nicht um nur 47 % angestiegen. Beispiel: Wenn Sie im Oktober 2023 für Gut A genau 3 € bezahlen müssen, was im Herbst 2022 noch 2,40 € gekostet hat, dann ist
– der absolute Preisanstieg 60 Cent,
– der prozentuale Preisanstieg (wie bei der Inflationsmessung!) 60/240 = 25 %.
Wenn man falsch herum rechnet: 60/300 wäre die Inflationsrate nur 20 % – ein Anfängerfehler! Ich nehme an, dass dieser Patzer nicht nur mir auffällt. Trotzdem: Irren ist menschlich! Wer viel arbeitet, macht auch einmal einen Fehler – wenn diejenigen befördert werden, die niemals einen Fehler machten, bekommen wir somit erst ein Problem!
Wolfgang Ströbele

Eine kleine Anmerkung zu Aufgabe Nr. 24: Die Fragestellung kann man auf zwei Weisen verstehen, nämlich in der mathematisch üblichen Weise, in der „ein Mal“ als „mindestens ein Mal“ zu verstehen ist und auf umgangssprachliche Weise, in der auch „genau ein Mal“ gemeint sein könnte. Ihre Lösung ist die Antwort auf die zuerst genannte Alternative. Die Lösung für die zweite lautet 25/72 = 0.347… Die zur Auswahl angebotene Antwort „kleiner als 1/2“ ist aber auch in diesem Fall richtig.
Michael Krech

Wie realitätsfern muss man sein, um die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Augenzahl bei nur drei Würfel-Würfen zu berechnen? Schade! Solche Beispiele ohne Validität und die Ausführungen dazu (über Berechnung der Gegenwahrscheinlichkeit) sind Anlass für viele, wegzublicken, wenn es um Statistik oder gar um Wahrscheinlichkeiten geht, führen zu Statistik- und Zahlenblindheit.
Gerhard Hoffmann

Nachdem ich die 26 Tests erledigt habe, sehne ich mich nach den fehlenden drei Tests: oder ist das ihr ultimativer Rechentest, die 3 zu vermissen?
Friedbert Hofmann

Jetzt bin ich wirklich enttäuscht. Wenn man in der Printausgabe (auch den Print-Abonnenten) den Mathetest als Online-Version anbietet, kann man ihn nicht im Netz nur für Abonnenten der Online-Ausgabe freischalten. Das ist unredlich – um mal einen alten Begriff zu verwenden.
Clemens Bakalara

Interessant wäre noch gewesen, wie lange die Getesteten jeweils benötigt haben, um alle Aufgaben zu beantworten. Ich hatte vor einigen Wochen ein Bewerbungsgespräch für eine offene Informatikerstelle. Nach dem ersten Interview wurde mir eröffnet, ich müsste noch ein Rechenquiz lösen: 50 Aufgaben in 25 Minuten. Das Niveau entsprach eurem Mathetest. Meine Frage, wieviel % Richtige man denn schaffen müsse wurde beantwortet mit: „Wir mussten das auf 30% senken, und es hat noch niemand geschafft, im Zeitrahmen alle Fragen zu beantworten.“ Das beantwortet vielleicht die Problematik mit den seit Jahrzehnten unbesetzten Informatikerstellen (und anderen).
Andi Pfaff

Ihre Lösung von Aufgabe 6b ist nur dann richtig, wenn man das Erdgeschoss als „Stockwerk“ ansieht, man also insgesamt „65 Fußböden“ hat; dann teilt man die Höhe 275 m durch 65 und erhält ihren Wert 3,95 m. Sieht man den „ersten Stock“ als erstes Stockwerk, muss man durch 66 teilen (man hat dann 66 Fußböden) und erhält für die Höhe eines Stockwerks 3,89 m. Oder denke ich da irgendwie falsch? Keine Angst, ich will nicht wegen eines schlechten Ergebnisses verhandeln, hatte nur eine falsche Antwort.
Michael Barth

Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zum Mathetest. Der erste Kritikpunkt betrifft die Aufgabe 13. 3x=72, die Frage lautet: „Was ist x?“ Die Antwort eines cleveren Schülers könnte sein: „x ist ein Buchstabe.“ (womit er Recht hat) Die Fragestellung müsste lauten: „Berechnen Sie x!“ Auch die Aufgabe 14 ist kritikwürdig, weil die Zutaten zusammen keine 100 % ergeben. Weizenflocken und Gerstenflocken fehlen jegliche Angaben. Da der Anteil der Haselnüsse mit 4 % (20 g) schon angegeben ist, führen alle anderen Zutatenmengen zu Unklarheiten, was natürlich auch Absicht sein kann. Eine solche unvollständige Zutatenliste würde sicherlich bei den zuständigen Behörden auf Kritik stoßen. Es schreibt Ihnen ein Lehrer für Mathematik und Physik im Ruhestand.
Dietmar Seela

M. E. ist Ihre Lösung der Aufgabe 24 falsch. Bei jedem Wurf habe ich zu 1/6 die Chance auf eine 6, bei 3 Würfen addieren sich die Chancen, also auf 3/6 = 1/2. Multiplikation ist hier nicht richtig. Jeder Wurf ist von den anderen Würfen unabhängig. Nach Ihrer Rechnung wäre bei sechs Würfen die Chance auf eine 6 ja noch geringer, usw., je öfter man würfelt. Oder können Sie mich eines Besseren belehren?
Leonhard Martin

Ich bin langjährige Abonnentin Ihrer Zeitung. Die Mathetest Initiative finde ich gut und spannend und wollte mich nun gerade online mit anderen Leser:innen vergleichen. Geht aber nicht, muss ich Abonnentin Ihres Online-Angebots sein. Was soll das? Finde ich nicht gut bzw. ärgere mich gerade so, dass ich kurz davor bin mein Abo zu kündigen.
Katharina Hölzle

Vielen Dank für den vergnüglichen Mathetest. Eine Anmerkung und eine Frage hätte ich zu den Aufgaben: 1) Die Frage zum Goldpreis ist meines Erachtens nicht eindeutig beantwortbar, da man den Stichtag nicht kennt, an dem die Datenpunkte erhoben wurden. Die Kurve schneidet die 750-Euro-Linie zwischen den Beschriftungen „2007“ und „2008“. Falls die Daten zum Jahresanfang, z.B. 1.1. erhoben wurden, liegt dieser Punkt im Jahr 2007. Falls die Daten z.B. zum 31.12. erhoben wurden, liegt der Punkt im Jahr 2008. Und wenn sie zum 30.6. erhoben wurden, liegt er genau auf dem Jahreswechsel. Oder habe ich etwas übersehen?
(Und wenn man ganz nerdig sein will, lässt sich das eigentlich gar nicht bestimmen, da ja normalerweise Daten nicht kontinuierlich erhoben werden, sondern zwischen den einzelnen Datenpunkten linear interpoliert wird… so dass es theoretisch auch möglich ist, das es keinen einzigen Moment gegeben hat, in dem der Preis genau 750 Euro betrug… Aber das ignorieren wir jetzt mal :-) ) 2) Warum wird bei der Kühlschrankfrage ein so komplizierter Lösungsweg vorgeschlagen? Einfacher wäre doch, die Differenz der Anschaffungskosten zu berechnen (148 Euro) sowie die Differenz der jährlichen Stromkosten (18,75 Euro) und dann das eine durch das andere zu dividieren (7,89 Jahre, aufgerundet 8).
Corinna Fischer

Bei der Aufgabe 24 besteht der Lösungsweg darin, dass man die Wahrscheinlichkeit berechnet, keine 6 zu würfeln und dann dieses Ergebnis von 1 abzieht. Gibt es auch eine direkte Methode, die nicht über die Komplementärwahrscheinlichkeit gerechnet wird?
Wolfgang Scheer

In Ihrem unterhaltsamen wie interessanten Wissenstest haben Sie zu der Frage 24 (Mensch ärgere Dich nicht) leider die falsche Lösung präsentiert: In der Fragestellung wird nach der Höhe der Wahrscheinlichkeit gefragt, mit einer gewürfelten Sechs bei drei Versuchen mit einer Spielfigur herauszukommen. Im Spiel reicht eine Sechs aus, um mit einer Figur ins Spiel zu kommen, wofür man maximal drei Versuche hat: Beim ersten Wurf besteht die Wahrscheinlichkeit 1/6, eine Sechs zu würfeln. Klappt dies, darf die Figur auf das Startfeld gesetzt werden. Ansonsten erfolgt mit derselben Wahrscheinlichkeit der Versuch zwei, wenn notwendig dann der dritte Wurf. Somit besteht die Wahrscheinlichkeit für eine Sechs mit den maximal drei erlaubten Würfen: 3*1/6, also 3/6 = ½.
In Ihrem Lösungsweg gehen Sie – wie Sie es dort auch selbst beschreiben – von einer anderen Fragestellung aus, nämlich mindestens eine Sechs bei drei durchzuführenden Versuchen zu erzielen.
Hieraus ergibt sich die von Ihnen richtig hergeleitete Wahrscheinlichkeit von 42%. Im realen Spielverlauf deckt diese Fragestellung als mögliches Resultat auch das Extrem von drei Sechsern bei drei Würfen ab: Mit der ersten Sechs eine Figur ins Spiel zu nehmen, mit der zweiten Sechs diese fortzuziehen und mit der dritten Sechs eine weitere Figur einzusetzen (wahrscheinlich: 1/6*1/6*1/6 = rd. 0,5%). Dann hätte der Spieler noch einen vierten Wurf. Aber das war nicht Gegenstand der Frage 24.
Wolfgang Mantel


Leserbriefe zu „Kanzler Kernig“ von Peter Dausend

Abschieben im großen Stil, Grenzen dicht und alles tun Flüchtende und Vertriebene von unserem Lande fernzuhalten, darauf läuft die gesamte Politik in großer Einigkeit hinaus. So schnell und problemlos sind „Menschenrechte“ erledigt und keiner redet mehr von Moral und Menschlichkeit. Plötzlich scheinen Flüchtlinge und Asylsuchende lein Recht mehr zu haben und auf illegalen Wegen bei Suche auf Recht und Freiheit. Nicht Flüchtende haben zu definieren was ihr Recht ist oder wer aufzunehmen ist. Es sind bemerkenswerte Töne, die einst vor nicht zu langer Zeit ganz, ganz anders klangen. Es war absehbar, wie Menschen-rechte wandelbar und umzudefinieren sind. Nur Einfaltspinsel, Leichtgläubige Zeitgenossen konnten an das glauben, was zu Menschenrechten triefend wie Honig den Politikern aus den Mäulern floss. Nie ging es um Menschenrechte. Immer ging es um politische Interessen und heute dazu um wirtschaftliche Interessen der Verfügbarkeit billiger, ausgebildeter Arbeits- und Fachkräfte.
Nun geht es um „eine gewisse Härte“, Verantwortung dafür, „dass unser Gemeinwesen funktioniert“. Wenn Flüchtlinge politisch nicht mehr interessant sind, nicht politisch gebraucht werden, dann werden sie zu Bedrohung, Belastung und gelten einfach als Sozialbetrüger. So schnell geht es. Warum kommt der Menschenrechts- du Rechtsstaat nicht darauf an den Ursachen von Flucht und Vertreibung zu arbeiten? Gibt es keine Gründe, die auch Deutschland zu verantworten hat? Woher kommen Flüchtende? Abschieben soll das Problem lösen. Die Lösung heißt dann, andere Staaten, die ärmeren, haben das Problem mehr als bisher zu lösen. Das ist die Solidarität und Menschenrecht der Wertegemeinschaft! Nicht darüber nachdenken, was in Deutschland mehr und besser noch möglich wäre als anderswo, sondern abschieben, andere belasten und selbst selektieren zum eigenen Vorteil.
Roland Winkler

Manchmal wäre weniger mehr gewesen. Die furchtbar menschengemachten Wortspiele, die der Autor endlich in großem Stil auf Seite 1 präsentieren darf, sind nicht wirklich sachdienlich. Wenn abgelehnte Asylbewerber ausreisepflichtig sind, sollten sie ausreisen, so der nicht unlogische Gedanke vieler Wahlberechtigter. Wenn wir dies achselzuckend für illusorisch und entsprechende Willensbekundungen für populistisch halten, so können wir uns mit demselben Fatalismus auf eine ziemlich rechte Regierung einstellen.
Christian Voll

Das Leid der geflüchteten Menschen geht weiter. Menschengemacht. Wie furchtbar.
Sven Prevrhal

Sie haben vollkommen Recht. Ein weiterer Schritt in die falsche Richtung. Die markigen Worte von Herrn Scholz und die inhumanen Beschlüsse werden unerfüllt bleiben. Seine Aussagen teilen Menschen in Richtige und Falsche auf. Flüchtende werden noch weniger als geschätzte MIT-Menschen wahrgenommen und Ihr Elend sowie die Spaltung der Gesellschaft vergrößert sich. Aus Angst, plötzlich auch zu den Falschen zu gehören, machen dann noch mehr Wähler*innen bei den Parteien ihr Kreuz, die ihnen Sicherheiten versprechen, die es so schon längst nicht mehr gibt. Denn die Klimakatastrophe bringt immer mehr Hunger-, Flut- oder Hitzetod. Dieses tägliche, qualvolle Sterben vor Augen sind Flucht, Grenzkontrollen und Abschiebung das kleinere Übel. Schade, dass eine Partei, die einst mit einer Vision von Mitmenschlichkeit und internationaler Verbrüderung groß wurde, sich mit Scholz’s Worten hinter die Ideen der AFD einreiht. Er schafft damit die SPD ab, denn er spaltet und schürt Ängste, Verunsicherung und Fremdenfeindlichkeit. Die SPD wird aber in diesem Punkt immer nur als eine schlechte und unglaubwürdige Kopie wahrgenommen. Die Früchte fährt auch nicht die CDU/CSU ein, sondern nur das Original: die AFD.
Klaus Siersch

Schnelle Abschiebungen sind ein Bluff, Baldrian für die Volksseele. Es grenzt an Volksverdummung, dies als Befreiungsschlag zu postulieren, betreffen sie doch nur einen Bruchteil der hier Gestrandeten und führen kaum zur Entlastung des Systems. Solange die „Duldung“ quasi die Regel ist, verschafft der (illegale) Grenzübertritt eine dauerhafte Bleibe im gelobten Land. Mithin kann die Lösung nur in stärkerer Abschottung liegen. Ob dafür das gesamte Flüchtlingsregime zur Disposition gestellt werden muss, entscheidet sich mit weiterem Vorrücken rechter Strömungen. Die politische Großwetterlage in Europa gibt dem Rückenwind.
Christoph Schönberger

Warum tut Scholz das? So fragt Peter Dausend, gibt auch schon zwei Antworten: um Sarah Wagenknecht zu bremsen und den weiteren Absturz der Ampel zu stoppen. Eine dritte Antwort aber fehlt: Weil er einmal geschworen hat, Schaden vom deutschen Volk abzuhalten. Er muss weiter versuchen mit ruhiger Hand weiter zu regieren und das ermöglichen, was machbar ist. Dass er dabei kein Show-Talent zeigt, ist hinnehmbar. Wenn aber nun von ihm erwartet wird, er könne Flüchtlings-, Wirtschafts-, Ukraine-, Israel/Palästina- oder Klimaprobleme im Alleingang lösen, dann kann er sich nur wieder ein blaues Auge holen. Über Wasser gehen kann er nicht.
Werner Bohn

Während in Polen, das wir in den vergangenen acht Jahren wegen des Abbaus von Menschenrechten gebrandmarkt haben, die „Rechtspopulisten“ abgewählt wurden (nicht zuletzt Agnieszka Hollands Film „Grüne Grenze“ hatte die Gewissen aufgerüttelt), macht sich unsere Regierung daran, die AfD mit einer „Verschärfung“ des Asylrechts bekämpfen zu wollen, als ob ein Grundrecht eine Waffe gegen die zu Schützenden wäre. Merkt die Ampel nicht, dass sie die AfD längst mitregieren lässt, wenn sie deren Politik übernimmt? Davor, den Teufel mit Beelzebub auszutreiben, hat nicht nur Jesus gewarnt, das ist noch nie gut gegangen. Bei der Wahl in Hessen auch nicht, nach der der SPD nichts anderes einfällt als noch mehr von der falschen Medizin Nancy Faesers, die bei den Wählern nicht angeschlagen hat. Ein weiterer Versuch der sprachlichen Vertuschung ist dabei das Gerede von der „Humanität“, die Scholz trotz seiner neuen Härte wahren will. Wenn die Bewahrung elementarer Werte links ist, bin ich ein linker Grüner. Den Sozialdemokraten, die ihr Erbe für das Linsengericht des kurzfristigen Machtgenusses verkaufen, sollte jedoch die Zeile von der Internationale, die das Menschenrecht erkämpft, im Hals stecken bleiben.
Jürgen Thiede

Olaf Scholz „pfeift“ nun, nein nicht auf dem letzten Loch, sondern laut beim Gang in den Keller, seiner ziemlich bedeutungslosen Ankündigung. Nunmehr springt er, für seine Verhältnisse vehement, seiner Innenministerin Nancy Faeser, bei. Zu spät und zu offensichtlich in Panik. Wie immer ist Zuviel Zeit, ohne sinnvolles Handeln, vergangen. Außer reden nicht viel gewesen. Das mit den Abschiebungen im „großen Stil“ wird erkennbar ein „Rohrkrepierer“: Eigene Gesetze und Verordnungen und die Weigerung vieler Herkunftsländer Abgeschobene aufzunehmen werden die gute Absicht praktisch ins Leere laufen lassen. Die neu geplanten Maßnahmen helfen den überlasteten Kommunen und den betroffenen Ländern kurzfristig, und überhaupt, gar nicht. Der Kanzler ist kein „Treibender“ vielmehr ein „Getriebener“. Seinem alten Ruf in der SPD als „Das Möbel“ wird er wieder mal gerecht: Da sein und unbeweglich „wirken“.
Dann noch nach den ernüchternden letzten Landtagswahlergebnissen, von aktuellen Umfrageergebnissen ganz zu schweigen, die Vorhandene und bald neue Alternative Partei. Somit Bedrohungen durch „Selbständige“ Frauen = Alice Weidel und Sahra Wagenknecht. Hierdurch könnte den etablierten Parteien, nicht nur den Ampelparteien, Wählerstimmen abspenstig gemacht werden. Eine als Grundstimmung erkennbare Unzufriedenheit ist ja schon länger der Elefant im Raum. Es droht eine Veränderung der Parteienlandschaft und eine Verschiebung der Machtverhältnisse, nicht nur in den östlichen Bundesländern. Das könnte mit schwierigen Regierungsbildungen einhergehen. Der Bundeskanzler allein wird die zerstrittene Ampelkoalition (neuestes Streitthema die Schuldenbremse) nicht vor einem Absturz in der Gunst des Wahlvolkes retten können. Ein schnelleres Eingreifen fehlt.
Zudem konkrete Vorgaben von Richtlinien. Sie kommen immer nur dann, wenn das jeweilige Projekt schon in den Brunnen gefallen ist. Das hilft wenig und lässt die Politik in keinem guten Licht dastehen. Das Zögern und Zaudern des Olaf Scholz kommt längst nicht mehr als vorausschauendes Abwägen daher. Eher schwerfällig. Die Ampel mit dem Bundeskanzler ist leider auch nicht in der Lage das, was gut gelaufen ist positiv nach außen darzustellen. Kommunikation scheint bei den Ampelkoalitionären ein Fremdwort zu sein. Parteigeplänkel statt gemeinsamer Anstrengungen. Lieber gar nicht regieren als so wie derzeit. Aber die Ampel macht unverdrossen weiter. Wie wenig fruchtbar!
Felix Bicker

Wer legal oder illegal nach Deutschland einreisen will, egal, der sagt nur ein Wort mit vier Buchstaben: „ASYL“, heißt diese Zauberformel und schon ist er da und drin. Gestern hieß es noch, wer über ein EU-Land oder ein anderes Nachbarland Deutschlands einreist, der hat keinen Anspruch auf Asyl und kann sofort abgewiesen werden. Das besagt die sogenannte „Drittstaatenregelung“, die auch in anderen EU-Ländern existiert. „Politische Verfolgte genießen Asylrecht“, Grundgesetzt für die Bundesrepublik Deutschland Art. 16a, Abs.1 In Deutschland ist bei der Unterbringung von Flüchtlingen längst schon Schicht im Schacht, aber es wird so getan, als dürften weiterhin alle „Kinderlein aus aller Welt“ zu uns kommen, und die werden nicht nur weiterhin kommen, die werden auch bleiben!
Klaus P. Jaworek

Aus dem Mund unseres schweigsamen Ampel-Kanzlers sprudeln plötzlich wieder „kernige“ verbale Eruptionen, wie: „in großem Stile abschieben“. Klopft man diesen Wortausbruch auf seine praktische und rasche Umsetzbarkeit ab, spürt man sofort, dass es sich – wie üblich – um eine tönerne Hohlphrase handelt; ähnlich seiner „Führung“, „Zeitenwende“, „Doppelwumms“! Einem Zauderer wie ihm, wer traut ihm noch zu, dass er die Felsbrocken auf dem steinigen Weg dorthin beiseite räumen kann?
Der Kanzler einer starken, wehrhaften deutschen Demokratie dagegen verzichtet auf Worthülsen, handelt stattdessen schnell und entschlossen! Ihm liegt das Wohl des Volkes näher am Herzen als das der gesamten Welt, wie es der Amtseid auch von ihm fordert! Bei einer erkennbaren Überlastung unserer Gesellschaft würde er die Immigration stoppen! Jeden Asylsuchenden ohne gültige Papiere würde er dorthin zurückweisen, wo er die deutsche Grenze überschritten hat! Dann könnte das bequeme Durchwinken nach Deutschland endlich ein Ende finden! Die europäische Solidarität darf nicht zu einem nationalen Egozentrismus verkommen! Asyl in Europa verläuft nicht auf einer Einbahnstraße nach Deutschland! Unzähligen Beamten würde er das absurde Nachforschen nach der Herkunft der Asylbewerber ersparen; Abschiebungen abgelehnter könnten einfacher und schneller vollzogen werden!
Dauert die Immigration dagegen unvermindert an, droht eine immer tiefere Spaltung unserer Gesellschaft. Die inneren Konflikte nehmen zu, zu denen sich die weitaus heftigeren importierten ethnischen und religiösen gesellen – siehe gerade jetzt! Ein starker Kanzler blickt nicht durch die rosarote „wir schaffen das“-Brille, sondern auf die ungeschönte Wirklichkeit und richtet danach seine zukunftsorientierte Politik aus, stützt sich dabei nicht bloß auf verstaubte Gesetze und Parteienideologien! Er würde verhindern, dass unser Volk sich zu einem Beliebigkeitsvolk und Deutschland zu Multikultistan entwickelt! Zuviel zeitgeistmoralgetriebene Zuwanderung zerstört Zukunftszuversicht!
Ulrich Pietsch

Kernige Worte hin oder her, Bundeskanzler Scholz wird sich daran messen lassen müssen, ob die Abschiebungen „im großen Stil“ überhaupt umgesetzt werden (können) und es eine merkbare Veränderung zu der bisherigen Migrationspolitik in Deutschlands geben wird. Ich habe da so meine Zweifel. Es ist schon bemerkenswert, welche 180 Grad Wendung Scholz und seine Innenministerin Faeser (nach ihrem gescheiterten Antritt in Hessen) in Punkto Migration vollziehen, und das in kürzester Zeit. Es herrscht hektische Betriebsamkeit und ich glaube, dass die kernigen Worte des Kanzlers vor allem der Not geschuldet sind. Die Zustimmung zur Ampelkoalition und die Umfragewerte für die SPD sind im Keller angekommen. Die irreguläre Migration nach Deutschland bewegt viele und betrifft Teile der Bevölkerung unmittelbar. Das Hinwegsehen darüber hat seitens der Politik etliche Jahre angedauert und viel zu lange Rechtspopulisten den Weg geebnet. Mit den Ambitionen Sahra Wagenknechts, die jetzt in die Tat umgesetzt werden, wird es für die SPD nicht leichter. Peter Dausend weist zu Recht darauf hin, dass die SPD (und ihr Kanzler) unter Merkel dieses Land zwölf Jahre lang mitregiert hat. Das haben die Leute nicht vergessen.
Regina Stock

Peter Dausend schreibt wieder einen ebenso geistreichen wie treffenden Artikel. Man merkt ihm an, dass ihm der Zustand der SPD und die Handlungsunfähigkeit des Kanzlers nahe geht; wobei die Betonung auf „Unfähigkeit“ liegt. Während Peter Dausend die Taten und Untaten (im Sinne von Versäumnissen) von Scholz bis vor Kurzem noch mit mildem Spott begleitet hat, liest er ihm jetzt gehörig die Leviten. Die Wortschöpfung „Entschlossenheitssimulation“ im Zusammenhang mit Friedrich Merz hat mir gut gefallen.
Sven Herfurth


Leserbriefe zu „Ihr großer Sprung“ von Robert Pausch

Was 2018 mit der Bewegung „Aufbruch“ im außerparlamentarischen Raum nicht klappte, soll nun mit der neuen Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht“ in den Parlamenten gelingen: Die Basis für eine machtpolitische Relevanz von Sahra Wagenknecht zu schaffen. Die Zeiten für einen Homo novus sind günstig. Es ist kein Nachteil, nicht zum politischen Establishment zu gehören, Außenseiterin zu sein. Was Emmanuel Macron in Frankreich mit En Marche im großen Maßstab erreicht hatte, könnte zumindest im Kleinen auch Sahra Wagenknecht in Deutschland schaffen. Eine erfrischende Veränderung der Parteienlandschaft ist zu erwarten. Die Gründung ist der notwendige Schritt, um eine Aufbaudynamik auszulösen. Erst mit der Gründung zeichnet sich eine Perspektive ab, die zu der gewünschten Migration von den alten Parteien in die neue Partei einlädt. Von der FDP lernen: In einer kleinen Partei kommt man schnell in höhere Positionen. Und: Zuschneiden auf eine Person an der Spitze kann erfolgversprechend sein. Von der AfD lernen: Es ist ein recht großes fluides Wählerpotenzial vorhanden, das sich recht leicht für sich gewinnen lässt. Von Söder lernen: Omnipräsent sein und in jedem zweiten Satz mit „Die Menschen wollen…“ für sich werben. In gewissem Sinne ist Söder auch nur ein Medienphänomen. Das macht ihn so gefährlich für die CDU und für Merz.
Reinhard Koine

Frau Wagenknecht war „Punk in der DDR“? Ich kann mich an kein einziges Lied von ihr erinnern. Haben Sie sie vielleicht mit Andrea Nahles oder Claudia Roth verwechselt? Mit Lars Klingbeil, der ja tatsächlich mal in einer punkigen Rockband spielte, wohl eher nicht. Lesen Sie mal „Wir wollen immer artig sein …: Punk, New-Wave, Hip-Hop und Independent-Szene in der DDR von 1980 bis 1990“ und erkundigen sich mal etwas genauer über die Undergroundszene in der DDR, ehe Sie solchen Nonsens behaupten und damit auch den Punk in Misskredit bringen. Selbst Heino ist mehr Punk als Wagenknecht!
Thomas Manthey

Der Umstand, von den Medien derart „geliebt“ zu werden, erklärt die Umfragewerte von Wagenknecht. Sie landen wegen der ungehemmten Dummheit im Land gleichauf mit Horst Schlemmer.
Jürgen Dressler

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die Weltpolitik derzeit in einer Phase befindet, in der „toxisch-narzisstische Persönlichkeiten“ in den verschiedensten Ländern die Politik bestimmen: Trump, Kim Yong Un, Putin, Erdogan, Orban, u.a.m. Endlich hat die bundesdeutsche Politikszene auch eine derartige Person, die sich nicht scheut, ihre „Pseudokampagne“ zur Gründung einer Partei unter ihrem Namens-kürzel BSW von irregeleiteten Bewunderern organisieren zu lassen. Den politischen „Auftrag“ steuert wahrscheinlich ihr Ehemann vom heimischen Sofa.
Werner Helten

Dieses ganze hausgemachte Tamtam um eine Frau Wagenknecht, das geht mir voll am Schnürsenkel vorbei! Was soll überhaupt dieser ganze Hype, dieses seltsame und makabre Spielchen, um einen Egotrip? Ein Schelm, der dabei Böses oder doch Gutes denken dürfte, egal! Brauchen wir wirklich noch so eine Geschichtenerzählerin, die mich nur so ganz nebenbei, sehr stark an den Baron Münchhausen und seine Ammenmärchen erinnert?
Klaus P. Jaworek

Sahra Wagenknecht wird aus meiner Sicht wie ein Komet starten und als Sternschnuppe enden. Sie ist zu sehr Egomanin, zu wenig Teamplayerin, zu sehr Populistin, zu wenig Realpolitikerin, als dass sie die Probleme unserer Zeit tatsächlich politisch verändern könnte. Und wer käme als Koalitionspartner im Land oder Bund überhaupt in Frage?  Weder die SPD noch die GRÜNEN, geschweige denn die CDU. Im Osten vielleicht die AFD, mit der sie, falls die Umfragen zutreffen sollten, tatsächlich eine Regierung bilden könnte. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg und möglicherweise ist das Bündnis Sahra Wagenknecht nach der Europawahl schon nur noch Geschichte.
Helga Tillmann

Was aus Wagenknecht und ihren Plänen wird, wollen und können sie nicht vorhersagen. Wie bei der ihr ähnlichen Nofretete bleibt zu viel enigmatisch. Manche Zuschreibung ist Poesie. In diesem Rahmen wage ich daher eine poetische Vorhersage.
Wo sie recht hat, hat sie recht / die hübsche Sahra Wagenknecht.
Was immer sie vorgebracht / es ist gründlich durchdacht.
Sie äußert mit viel Geschick / allenthalben Kritik.
Schon in der ersten Strophe: / Die „Ampel“? – Eine Katastrophe!
In der zweiten ungerührt: / Der Westen hat Putin verführt.
In der dritten wird mitgeteilt, / der Reichtum sei falsch verteilt.
Sie ist so perfekt angeschirrt / dass sie niemals irrt.
Wer das Gegenteil sage, / verkenne, sagt sie, die Lage.
Sahra, ein edler Solitär / unter grauen Steinen am Meer,
der glänzt und strahlt im Rampenlicht. / Die andren Steine tun das nicht.
Heute gesuchte Talk Show Queen / Morgen schaut man nicht mehr hin.
Das Feuer wird sich selbst verzehren; / was übrigbleibt wird man wegkehren.
Johannes Kettlack

Es ist selbstverständlich nicht anzunehmen, dass allein eine neue Partei den demokratischen Frühling macht, den viele Bürgerinnen und Bürger in Deutschland herbeisehnen. Zumal ihre unbestrittene Leitfigur Sahra Wagenknecht ob ihrer (politischen) Individualität von nicht wenigen Menschen in diesem Lande als allzu eigensinnig und polarisierend, mitunter gar als radikal betrachtet wird. Doch selbst wenn nicht jeder Denk- und Lösungsansatz der gebürtigen Jenaerin zielführend erscheint, sollte ihrer Partei die basisdemokratische Möglichkeit eingeräumt werden den Nachweis zu erbringen, dass sie deutlich mehr sein will und kann als eine „Alternative für Deutschland“ von links.
Dass mithin ein streitbarer Diskurs mehr sein kann als Polemik oder Demagogie. Und dass unliebsame Wahrheiten und Einschätzungen nicht zwangsläufig zu einer Schwächung oder gar Spaltung einer demokratischen Gesellschaft führen müssen; sondern zu mehr sachdienlichen Differenzierungen. Dr. rer. pol. Sahra Wagenknecht verfügt durchaus über den Intellekt, die Konstituierung und den Anspruch, pragmatische(re) Politik zu gestalten. Dass sich bereits im Vorfeld politischer Existenz die Perspektiven des „BSW“ derart erfolgsversprechend darstellen, liegt freilich nicht zuletzt an der bemerkenswerten Schwäche der etablierten Parteien in rauen Zeiten.
Matthias Bartsch

Vielen Dank für Ihre Annäherung an Frau Wagenknechts Projekts einer eigenen Partei. Bei ihrem Artikel musste ich immer an die Beschreibung der politischen Agenda von Sahra Wagenknecht als die der „Vertreterin des inneren Schweinehunds“ denken. Solange ich Nachrichten verfolge, hat SW eine endlose Reihe Schuldiger an den jeweils aktuellen Problemen präsentiert. Zu dieser Megaidentität zählen u. A. Banker, Konzernmanager, Reiche im Allgemeinen, sämtliche dt. Parteien (inkl. ihrer eigenen), sämtliche dt. Politiker (außer ihr selbst), die EZB, besonders Mario Draghi, die USA, Flüchtlinge, Migranten jeglicher Art, Trans- und Klimaaktivisten, die USA, Herr Selenskyj, das linksliberale Bürgertum (sogenannte Selbstgerechte), Boris Johnson und, nicht zu vergessen, die USA. Dass Umfragen ihr ein Potential von ca. 12% bescheinigen, stimmt traurig. Glaubt wirklich irgendjemand, eine Politikerin, die nicht mal in der eigenen Fraktion Kompromisse schließen kann, sollte künftig Migrationsabkommen mit nordafrikanischen Machthabern aushandeln?
Adrian Schröder

Schon bei einem vorherigen Artikel zum Bündnis Sarah Wagenknecht dessen Ausrichtung als sozial-konservativ beschrieben wurde, kam in mir eine Ahnung hoch. Sicher ist nur das Wort „konservativ“ durch ein anderes Wort zu ersetzen, an die erste Stelle und dann braucht nur noch alles zusammenschreiben und man einen Begriff gefunden, der von 100 Jahren gebrauchsfähig wurde und vor 90 Jahren zu einer zerstörerischen Kanzlerschaft führte. Nicht umsonst hat die AfD Sorge um Wählerstimmen. Jetzt heißt es doppelt auf der Hut sein, nicht nur vor der AfD, die Ihre Richtung offen darstellt, sondern vielmehr vor Sarah Wagenknecht deren Ziele sicherlich deutlich überwachungsbedürftiger sein sollten.
Hilmar Klemm

Wenn Sahra Wagenknecht sich mit solchen Gschaftlhubern wie Diether (Lerryn) Dehm umgibt (”Hurra, der Mann mit den besseren Liedern ist da…”) brauchen wir vor einer seriösen Organisation/Partei BSW wahrscheinlich keine Bange haben. Vielleicht gibt es dann statt ”schwarz-kühlem Adlerblick” den Song ”Habichts Sturzflug”.
Hilde Wecke


Leserbriefe zu Streit: Pro und Contra „Soll man die Demos gegen Israel verbieten?“ von Anna Sauerbrey und Peter Dausend

Um Auswüchse wie auf der Sonnenallee – sie gibt es in der Tat, und nicht nur in Berlin-Neukölln – zu verhindern, muss man nicht in vorauseilender Antisemitismusbekämpfung propalästinensische Kundgebungen generell verbieten. Es reicht, sie, wie nicht nur in Stuttgart geschehen, mit harten Auflagen zu versehen und bei Verstößen gegen diese Auflagen konsequent vorzugehen – das Strafgesetzbuch hält die entsprechenden Paragrafen bereit.
Das obige Zitat enthält den sicher mehrheitlich akzeptablen Kern Ihres Beitrages. Hier hätte mehr Ausführlichkeit gut getan. Beispiele zu verbietender Auswüchse und Straftatbestände etwa. Verallgemeinerungen aber dienen der Sache überhaupt nicht.  Ganz verbotene Demos zeugen doch vor allem von fehlender Sensibilität und Differenzierungswillen.
Meinungsfreiheit sollte aber keine gewalttätigen Aktionen legitimieren, Krawall, Sachbeschädigung, symbolische Fahnenverbrennung, Gewalt gegen Polizisten fallen auch nicht unter dieses Grundrecht. Also: friedliche Demonstration – ja, Gewalt in jeder Form – nein! Die Einhaltung von Auflagen ist durchzusetzen.
Joerg L. Neumann

Ich möchte gar nicht über Argumente Für oder gegen ein Verbot von Demonstrationen schreiben, sondern lediglich über Ihre Aussage „Die Deutschen haben sich die Demokratie nicht selbst erkämpft, sie wurde ihnen nach dem Zweiten Weltkrieg von den West-Alliierten beschert.“ Beides trifft so nur auf einen Teil der Deutschen zu, dem anderen Teil wurde sie nicht nach dem Zweiten Weltkrieg beschert, er hat sie sich 1989 erkämpft!
Axel Voigt

Peter Dausend schreibt: Die Auswüchse in der Sonnenallee sind auch dem Versagen der Gesellschaft bei der Integration geschuldet. Da macht er es sich aber leicht! Die Gesellschaft ist also schuld. Dann ist sie auch schuld an den NSU-Morden, an den Femiziden, dem tausendfachen Kindesmissbrauch? Er meint also, dass die Erziehungsanstrengungen von Familie, Schule und Staat, die Artikel und Texte der Zeitungen, der ZEIT, das öffentlich-rechtliche Fernsehen, Kunst und Theater nicht die Hirne und Herzen von einigen, die sich einen Dreck scheren um Menschenrechte und Grundgesetz, erreichen können. Sorry für die Hassparolen: Die Gesellschaft hat versagt. Das klingt mir zu sehr nach Alt-68er. Wenn jemand seinen aufgestauten oder mitgebrachten Hass nicht abbauen will und in seinen Verhaltensmustern verharrt, sich weiterhin indoktrinieren lässt durch aufpeitschende Reden, Medien und Bilder, wie kann diesem das „Gehirn gewaschen“ werden? Durch Zwang? nein, wer hier lebt und das Grundgesetz missachtet, kann nicht die Gesellschaft dafür verantwortlich machen. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. „Und wer nicht hören will, muss fühlen…“
Alois Lienhard

Eine Demo gegen Israel impliziert meistens, dass das Existenzrecht Israels in Frage gestellt wird.  In den beiden Texten ist aber von propalästinensischen Demos die Rede. Das ist nicht das Gleiche. Dass viele propalästinensischen Demonstranten Israel Hass und den Einsatz für die Palästinenser gleichsetzten, zur Gewalt aufrufen oder/und gewalttätig agieren, ist nicht hinzunehmen. Ja: es darf nicht erlaubt sein, den Tod anderer Menschen zu fordern. Das ist auf eine fürchterliche Art menschenverachtend. Solange aber keine Gewalt angewendet, nicht zur Gewalt aufgerufen und das Existenzrecht Israels nicht in Frage gestellt wird, müssen propalästinensische Demos erlaubt sein. Man kann und sollte, auch im Angesicht des fürchterlichen Terrors der Hamas, der durch nichts zu rechtfertigen ist, nicht die leidvolle Geschichte der Palästinenser unter den Tisch kehren.
Petra Harink

Es ist erschreckend, dass diese Frage in der Zeit diskutiert wird. Die Überschrift ist schlicht saublöd. Warum nicht die Überschrift: „Soll man Grundrechte pauschal verbieten?“ – dann könnte sich ein intelligenter Leser die Antwort selbst geben, ohne so einen Schwachsinnsartikel lesen zu müssen! Und den Dummen wird dann auch das Lesen des Artikels nicht aus ihrer Dummheit heraushelfen, denn wer grundsätzlich nicht versteht, das Grundrechte nur pauschal verboten werden können, wenn man die Bundesrepublik und damit das Grundgesetz via Staatsstreich abschafft – was rechtlich wegen der Ewigkeitsklausel des GG unmöglich ist – dem ist eh nicht mehr zu helfen. Erschütternd, dass die allgemeine Verblödung auch in der Zeit nachzulesen ist…
Florian Lahmann

Schön zu lesen, dass die Kontrahenten so uneins nicht sind. Im Prinzip geht es um ein Vorher-verbieten versus ein Währenddessen-Verbieten. Persönlich empfinde ich den Mehraufwand, den der Dausendsche Ansatz bedeutet, sehr gerechtfertigt, wenn damit, wie überzeugend dargestellt wurde, friedliche Demos ermöglicht werden können.
Sven Prevrhal

Mord bleibt Mord, aus welchen Gründen auch immer. Es gibt keinen entschuldbaren Mord. Sie argumentieren mit intellektuellen Nebelkerzen, Sie missbrauchen das Recht auf freie Meinungsäußerung. Ich missbillige Ihren Beitrag aufs tiefste.
Dietrich Kruppa

Sie schreiben in dem Diskussionsbeitrag u.a. über das rassistische Klischee vom Muslim als Menschenfeind und das Versagen der Gesellschaft bei der Integration von Menschen aus anderen Ländern. Könnte es nicht sein, dass manche Migranten sich gar nicht in die deutsche Gesellschaft integrieren, sondern diese nach ihren Vorstellungen ändern wollen? Ich empfehle Ihnen dringend das Studium des Korans. Dort werden Sie schockierende Anweisungen lesen. Eine der noch eher milden steht in Vers 51 der Sure 5: „O die ihr glaubt! Nehmet nicht die Juden und die Christen zu Freunden. Sie sind Freunde gegeneinander. Und wer von euch sie zu Freunden nimmt, der gehört fürwahr zu ihnen. Wahrlich, Allah weist nicht dem Volk der Ungerechten den Weg.“ Wenn man davon ausgeht, dass unter uns Muslime leben, die diese Anweisung befolgen, ist man doch kein Rassist, sondern Realist.
Manfred Wiech

Wer befasst sich mal mit der Aussage zur Versammlungsfreiheit in Art. 8 (1) GG „Alle Deutschen haben das Recht …“?
Hans Hopfenmüller


Leserbriefe zu „Bin ich nicht queer genug?“ von Emily Lau im ZEIT Magazin

Wenn das die Hauptprobleme der heutigen Generation zwischen 20 und 30 Jahren sind, dann „Gute Nacht, Deutschland!“
Björn Luley

Vielen Dank für diesen interessanten Einblick in die von mir sogenannte „woke“ Community. Offensichtlich gehört cancel culture zu der queeren Gemeinschaft und wird dort auch aktiv gelebt, wie der Artikel beschreibt. Sie sehen die von mir seit Monaten getätigten Aussagen hier bestätigt. Traurig ist nur, dass eine Gemeinschaft, die gegen Diskriminierung kämpfen möchte, sich intern dann allerdings ausschließlich dieses Mittels bedient und keine sachlichen Diskussionen zulässt.
Volker v. Moers

Ihren Erlebnisbericht habe ich mit großem Interesse und gleichzeitig einer Art Vorahnung gelesen, die in jeder Hinsicht bestätigt wurde. Denn es handelt sich bei den von Ihnen geschilderten Vorgängen ja durchaus um exemplarische Angelegenheiten. Diese ganze Sache ist auf eine schmerzhafte Weise symptomatisch – nicht nur für die besonders sektiererischen Problematiken innerhalb sogenannter queerer Teile der Linken, sondern ebenso für den allgemeinen Zeitgeist. Es versammeln sich dabei nahezu alle Tendenzen, die den gegenwärtigen falschen Aktivismus und das falsche Nachdenken über politische, kulturelle und sprachliche Themen prägen: das Nachdenken, wo man nur noch in ganz schematischen und formelhaften Konzepten denkt, die jeder Empirie und Geschichte entbehren, wo es nur schwarz und weiß gibt, wo Identitäten wichtiger sind als Argumente, wo man apodiktisch, dogmatisch und kategorisch ist bis zum Abwinken, wo man mit einem ganz fragwürdigen Begriff von Erfahrung arbeitet usw.; den Aktivismus, wo postmoderne Hexenjagden veranstaltet werden, in denen „Schuldige“ gebrandmarkt und sozial geächtet werden, wo ganze Existenzen destabilisiert werden, wo Unterwerfung unter das ideologisch eingeschworene und moralisch überlegene Kollektiv gefordert wird, gegen das selbst die katholische Kirche alt aussieht.
Das sind, frank und frei gesagt, schlicht totalitäre, wenn nicht gar faschistische Züge. Dass queere Aktivisten mittlerweile Anschläge auf als transfeindlich gebrandmarkte Frauenhäuser durchführen, wie in Halle a.d. Saale geschehen, ist da nur die logische Konsequenz. Man ist dort am einfachsten Täter, wo man sich als Opfer dünken darf. Jenseits der weitreichenden philosophischen und soziologischen Problematiken, die hier im Spiel sind, sind mir auch eine Reihe von Fällen aus dem Freundeskreis bekannt. Die Entfremdung zwischen den Generationen ist mir sehr vertraut – meine homo- oder bisexuellen Freunde verstehen sich nicht als queer, sondern stehen dieser mit einem ganz bestimmten lifestyle verbundenen Konzeption sehr kritisch gegenüber. Manche gehen gar so weit, die gesamte Angelegenheit der Sexualität gar nicht per se als politisch progressiv aufzufassen, weil sie dem Liberalismus, auf den eine Politik der Minderheiten(rechte) üblicherweise hinausläuft, überhaupt mit Skepsis begegnen.
Dies zu tun, bedarf es freilich eines Blickes, der weiß, worin der Unterschied zwischen Liberalismus, Faschismus und Sozialismus besteht. Ich selbst habe eine gute langjährige Freundin in New York über einen Konflikt über ihre neu entdeckte queerness verloren. Mein Bruder, der als „weißer cis-Mann“ in Berlin gender studies studiert hatte (im Jargon also eigentlich ein „ally“), brach das Studium aufgrund unaufhörlicher Anfeindungen vorzeitig ab. Denn das Klima, das Sie beschreiben, herrscht ja nicht nur in „linken“ WG’s, sondern auch an Hochschulen. An der HGB in Leipzig ist es beispielsweise wiederholt zu Vorgängen gekommen, die sich nicht anders denn als Hetzjagden beschreiben lassen. Wie im Privaten knüpfen sich auch hier selbsternannte Richter andere vor, deren Betragen sie als problematisch erachten (mit zwei, drei Begriffen in der Hand ist man gewappnet, je mehr Quote man hinsichtlich potentieller Diskriminierung erfüllt desto besser). Die vermutlich heftigste Geschichte in diesem Zusammenhang betrifft einen Freund, der von einer anonymen Gruppe im Namen der „transformational justice“ so lange terrorisiert und bedroht wurde, bis er tatsächlich den Wohnort gewechselt und sein soziales und berufliches Umfeld aufgegeben hat.
Mir scheint, dass es in den letzten Monaten und Jahren zu einer zunehmenden Problematisierung dieser Tendenzen in dem Medien kommt – Ihr Beitrag zählt ebenso dazu wie das symptomatische Streitgespräch aus der ZEIT im April zwischen Wilken und Amelung oder der Sammelband Beißreflexe. Es bleibt natürlich zu hoffen, dass es dadurch zu einem Umdenken kommt. Gleichwohl sind für derartige Abgründe ja auch (historische und gesellschaftliche) Kräfte verantwortlich, die in der gegenwärtigen Situation außerhalb der Einwirkung stehen. Vielleicht ist der zunehmende Regress im politischen Denken und Handeln auch überhaupt nicht aufzuhalten.
L. Wiesenfeld

Seit zig Jahren lese ich DIE ZEIT, Stuttgarter Zeitung, Natur u.a., aber nach meiner Erinnerung noch nie habe ich einen Text gelesen, dessen Geschichte so weit von meiner Lebenswirklichkeit entfernt ist.
Martin Domhan

Die Autorin Emily Lau dieses Textes „Bin ich nicht queer genug?“ steht hindrapiert in ihrer neuen Wohnung, schaut irgendwie von der Fotografin Prissilya Junewin (für DIE ZEIT) fotogen angewiesen in einer Entfremdung zu ihrer einstigen Gegenwart, verlassen von ihrer gestrigen Wohngemeinschafts-Zeit, scheinbar eher hilflos in die Zukunft schauend… Was aber kommt für die Lesenden in diesen drei Seiten Lau-Seelen-Aufarbeitung rüber, als dass eine (doch individuell vorstellbare) Konfrontation in der WG die Mitbewohnerinnen gegen Emily Lau aufbrachten: die bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion mit einem schwulen taz-Radakteuer scheinbar sich aus der „Community“-vorgegebenen Norm des verbalen Verhalten-müssens sich herauslehnte und dadurch von ihren drei WG-Frauen (lt. E.L.: „im Ton eines Politkommissars“) quasi angeklagt wurde: „Du hast durch Deine Präsenz bei der Veranstaltung den Transfeinden eine Plattform gegeben und transphobe Aussagen unterstützt.“
Überhaupt kommt einem dieser insgesamte Text vor, als ob sich diese „Community“ bundesweit in einem (eingebildeten) Feindesland befände – die Lesben, Schwulen und Transfrauen sowie Transmänner in der großen Mehrheit der „Normalos“ fast nurmehr gegenüber Feindschaften sich vorfänden… Die sogenannte Gesellschaft hat sich doch mehr oder weniger angepasst an diese öffentlichen Offenbarungen des gleichgeschlechtlichen Sexuellen, und hierbei der Gesetzgeber noch die Mainstream-Meinungen weiträumig überholte und „orientierende“ Eheschließungen zwischen diesen Paaren verfügte; und die Krankenkassen finanzieren oder bezahlen (aus dem Gesamteinzahlungspott des zeitanteilig desorientierten Volkes) die (auch operativen geldteuren) Geschlechtsumwandlungen von Transmenschen, die geburtlichen Vornamen können feminin/maskulin abgeändert werden! Und jeder/jede kann sich sexuell verlustieren wie eben gegenseitig sich empfunden wird mit allem Drall und Prall und auch den entsprechenden Komplikationen: in diesem sexuellen Theater der vielseitigen Befriedigungen unserer Menschenaufdringlichkeiten… In summa: jedem Tierchen sein Pläsierchen!
Was also wollen die Queeren ad hoc eigentlich noch schneller von der Mehrheits-Masse der „Normalos“? einfordern – dass diese sich voll emanzipatorisch reinfinden in dieses „Anderssein“ und überhaupt nicht mehr strukturiert „Nachdenken“ über ihre Vorhandenheit zur „normierten“ Heterosexualität, mehr noch: alles nun endlich anzutrainierende Verständnis aufbringen zu den anderen Möglichkeiten, anders zu sein in den verschiedensten sexuellen Präferenzen… Und somit alles, aber auch alles gaaanz selbstverständlich daherkommt und so abläuft im Sinne einer absolut freien Lebensvorstellung nach eigenem Gusto… Modernität (im Geiste und zwischen den Beinen) heißt ja nicht: den Traditionen grundsätzlich in den alten Arsch zu treten und so zu tun, als ob der Weihnachtsmann eigentlich eine Transfrau sei und den Männern der intensive Wunsch zum Gebären eines eigenen Kindes in naher Zukunft ermöglicht werden könne… Wahres Beispiel hinzugefügt: Ein Mann hatte sich in eine Ziege verliebt, oft (meckernd ungefragten?) Sex mit ihr, färbte ihr das Fell rosa und hofft: dass es in der Zukunft möglich sein könne, sich mit ihr offiziell zu verheiraten… Für ihn ist das selbstverständlich, eine Ziege lieben zu können!
Was also hat die Gesellschaft dagegen einzuwenden – die doch Ziegenfleisch isst und dafür zuvor diese Ziegen ermorden lässt. An die Auffressenden und Mordenden die Frage: Was sei somit schlimm an dieser Liebe zu einer Ziege? Die Unfreiwilligkeit des Tieres? Lieber Ziegen lieben, als sie in die Schlachthäuser zu treiben. Sind das nicht zudem vorstellbare Veränderungen in der Gesellschaft zu den Präferenzen der Zoophilen. Und wir sollten uns nicht wundern, wie viele Menschen sich sexuell zu Tieren hingezogen fühlen… Dies nur als Vorstellbarkeit: inwieweit die Gesellschaft dann sich auch zu diesen „Vorhandenheit“ ihre veränderbaren Gedanken machen wird – und flexibel zu reagieren hätte…? Und was ist mit der Nekrophilie? Schockt Euch das? Aber zurück in die moderne Wirklichkeit der Anpassungen an die verschiedenen Natürlichkeiten und zu der Wollust an der Lust, diese auch auszuleben: ohne Rücksicht auf (die vielseitigen) Verluste psychischer und physischer Kollateralschäden?
Emily Lau beschreibt in dem ZEIT-Artikel: „Die Texte, die ich an dem Abend vorstellte, thematisierten den oben skizzierten Grabenkampf. Die AutorInnen kritisieren, dass sich die queere Bewegung autoritär verhalte, weil sie einfordere, dass alle ihre Ideen annehmen – dass es beispielsweise kein biologisches Geschlecht gebe und Geschlecht nur konstruiert sei. Wer sich den Ideen nicht anschließe, werde ausgeschlossen. Ich hatte versucht, meine eigene Position zu den Texten herauszuarbeiten, die sich teilweise auch gegen die AutorInnen richtete, die, anders als ich, Etablierte des Journalismus waren.“ Der RvM-Leserbriefschreiber hat in eigener Umgebung die (geschlechtliche) Umwandlung eines Riesenmannes (zwei Meter, 102 Kilo, Fußgröße 51) in eine Frau (in der Nachbarschaft) in dieser Veränderung mitbesehen… Jetzt stakelt diese Riesin auf Stöckelschuhen eher unbeholfen durch die Gegend, trainiert sich die tiefe Stimme ab, nimmt regelmäßig Hormone und versucht mit aller Übertreibbarkeit: auch optisch für sich eine optimale Frau zu sein – doch auch in der Psyche scheint ihr das (auferzwungen?) kaum gelungen zu sein…
Dennoch: eigentlich (für mich besichtigbar) ein Drama: wie sich dieser Mensch versucht in die (wie auch immer) Wesenheit einer Frau hinein-zu-manipulieren! Die Natur hatte ihn zu einem Mann gebaut, ihr passte dieser Bebauungsplan nicht – die Entscheidung war zum „Frausein“ dann hintendiert! Der RvM schreibt das nicht einfach so daher – er hatte noch wenige Tage vor der Umoperation mit diesem Menschen gesprochen: und war von dieser Unumstößlichkeit unfassbar beeindruckt! Alles spielt sich doch letztlich in der Psyche ab, sind wir darin unausweichlich verfangen, quasi in diesem Gefängnis verhaftet. Sigmund Freud transzendiert in den Tiefen des Unterbewussten unserer Seele in seinem zweitem topischen Modell: „Das Ich, das Es und das Über-Ich.“
In allem aber er/trägt und trügt uns die innerlich unorganisierte (persönliche) Sexualität, werden wir durch diese kindlichen und jugendlichen sowie erwachsenen „Verführungen“ zu dem, was uns (in den zeitlichen Veränderungen) beständig in der (sexuellen) Gefangenschaft hält und wir in diesem jeweils zeitlichen anteiligen Vergangensein kaum mehr wahrnehmen können: warum wir uns mit uns selbst darin verloren haben – und welche Menschen dadurch uns vereinnahmen können und konnten: und wir sie in unsren Zwanghaftigkeiten… Ob nun Heterosexuelle, Homosexuelle (Lesben und Schwule) und welche Präferenzen auch immer in dem sexuellen Tohuwabohu sich einfinden (müssen) – die abhängig-machendste Droge ist und bleibt die Sexualität, die Lust auf Befriedigung, die Gier nach den Orgasmen! Und da können Mann/Frau oder Transe oder andere Varianten an Vorstellungen irgendwie Sein-zu-wollen – noch so daherlamentieren: kaum eine/r kommt aus seiner/ihrer inneren und äußeren Gefangenheit in diesem sexuellen Menschentheater – und keine/keiner soll sich in seiner Rolle (zu) natürlich und/oder überheblich/erhaben empfinden und vorfinden… Friedrich Nietzsche („asexuell“ bis schwul: in seiner Philosophie der verdrängten Weiblichkeit des Mannes) hat uns mit seinem Aphorismus wohl deutlicher geerdet: „Der Unterleib ist der Grund dafür, dass der Mensch sich nicht so leicht für einen Gott hält.“
Der RvM-Leserbriefschreiber fuhr als Jugendlicher etwa 3 Jahre auf den Weltmeeren – und musste des Öfteren seinen Arsch an Bord vor schwulen, geilen, besoffenen Männern verteidigen – blieb auch durch Karate-Training und Abwehrkampf dadurch verschont. Das hat aber null mit m/einer Homophobie zu tun – im Gehirn ist mein Schalter eben andersrum gepolt! Emily Lau resümiert zu ihrem grassen Rausschmiss aus der Frauen-Vierer-WG: „Heute ahne ich: Es ging während des gesamten Streits nie um Inhalte, sondern um Formalitäten. Für meine WG war es egal, dass ich auf besagtem Podium (RvM-Anmerkung – u.a. mit dem taz-Redakteur) auch Kritik geäußert hatte. Interessant war nur, wer der Veranstalter war. Und dass ich überhaupt dort saß. Es ging im Grunde um Kontaktschuld. Anstatt die Ressentiments besser zu verstehen, von denen wir alle nicht frei sind, wurde ein Sündenbock gesucht, und wenn dieser nicht brav Besserung gelobt, tja, dann ist man im Grunde Faschist.“ Zum Abschluss der Verdrängungen zu diesen ewigen verwirrenden (sexuellen) Verfügbarkeiten unseres Menschendaseins: könnte noch der verrufene „sadistische“ Theoretiker und soziologische Philosoph Marquis de Sade (1740-1814 zu dieser (sehr menschenannähernden) Metapher zitiert werden: „Der Lebenskünstler und der Feinschmecker wissen, daß man ein Schwein sein muss, um Trüffeln zu finden.“
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

als alter heteronorm. mann sehe ich solches als privatsache, doch bin ich auch anhänger von herrn martenstein, der ja quasi ein vorwort zu ihrem artikel geschrieben hat.  ich darf sie zu ihrem text beglückwünschen, hatte ich mich zunächst köstlich amüsiert, blieb mir dann doch alles in der kehle stecken. leider verbraten leute viel gehirnschmalz, mit luxusproblemen den rest der welt retten zu wollen. da fehlt es wohl an anderen erfolgserlebnissen….ein konfliktfreies leben gibt es kaum, und ich wünsche ihnen, weiterhin stark zu sein und sich gegen zensur zu wehren, auch wenn sie dafür einen hohen preis zahlen.  halten sie durch, es gibt andere möglichkeiten. sie schreiben so gut, ob sie es mal mit büchern oder theaterstücken oder satire versuchen sollten?
franz lohrengel

Ich bin selbst Journalistin, schreibe hier aber als Leserin und Abonnentin. Über die aktuelle Geschichte im Zeit-Magazin „Bin ich nicht queer genug?“ habe ich mich sehr geärgert. Das liegt nicht an dem Thema, sondern an dem mangelhaften journalistischen Handwerk: Die Autorin erhebt in dem Text massive Vorwürfe gegen ihre ehemaligen Mitbewohnerinnen und stellt sie in ein sehr schlechtes Licht, ohne dass die Betroffenen die Chance bekommen, ihre Sicht auf die Dinge zu schildern. Dabei ist es ein Grundprinzip des Journalismus, Menschen, gegen die Vorwürfe erhoben werden, damit vor der Veröffentlichung zu konfrontieren. Falls das geschehen ist, kam es in dem Text nicht zur Sprache.
Ich ärgere mich sehr über so etwas und vermute den Fehler weniger bei der Autorin, für die es ja anscheinend der erste Text für die „Zeit“ ist, sondern bei der Redaktion, die das hat durchgehen lassen. Der Journalismus steht ohnehin schon im Kreuzfeuer öffentlicher Kritik, da muss so etwas doch nicht sein – wie unterscheiden wir uns sonst noch von der weit verbreiteten, nicht journalistischen Meinungsmache und Propaganda?
Annika Schneider

Sie schreiben zum Abschluss Ihres Artikels im ZEITmagazin Nr. 45: „Energie, die wir in dieser Zeit bräuchten, für den Kampf gegen diejenigen, die wirklich gegen uns sind. Denn die waren doch ursprünglich mal der Feind, oder?“  Wofür nutzen wir unsere Energie? Mich haben die Erfahrungen auf dieser Erde gelehrt, dass das Handeln, Denken, Fühlen für Verständnis, Mitgefühl, Respekt sowie Verständigung unsere Energie benötigt und dies sollte primär – soweit es die Umstände erlauben –  geschehen. Menschen pauschal als Feinde zu betrachten, weil sie der Kategorie der „Feinde“ zugeordnet werden, trägt die eigene Erfahrung von Leid, Schmerz, Unterdrückung, Ausgrenzung … immer weiter – von einer Generation in die nächste. Das ist der Fluch von gegen.
Damit dies nicht geschieht, ist es grundlegend, sich selbst einen großen Wert zuzusprechen, die Eigenart und sei sie noch so ungewöhnlich anzuerkennen, damit solches auch dem Anderen gegenüber möglich wird. Natürlich ist genau dieses oft überfordernd. Auch solche Überforderung sollte sich jeder Mensch zugestehen. Über den Wert jeden Menschen zu wissen ist der erste Schritt und wenn er nicht durch von außen angenommener Moral, sondern aus eigenem inneren Streben geleitet ist, ganz sicher fruchtbar. Vielleicht interessiert Sie – und schenkt Ihnen eine weitere Perspektive – der biografische Roman einer jungen Frau über ein so vollkommen anderes Leben, als Sie es führen: Alexandra – die Geschichte eines ungewöhnlichen Lebens (www.Alexandra-die-grosse-Reise.de)
Michael W. Geisler

Was für eine schmerzhafte und frustrierende Situation! Die Tatsache, dass der Opferstatus nichts über den Charakter eines Menschen oder den Wahrheitsgehalt seiner Überzeugungen aussagt, wird leider von vielen Menschen übersehen. Besonders fällt mir dies seit Jahren bei Feministinnen auf, für die die Frau immer nur das unschuldige Opfer der Umstände ist, das keinerlei Verantwortung für seine Situation trägt.  Solange wir solche Scheuklappen tragen, wird ein Fortschritt m.E. nicht wirklich möglich sein.  Das hilft Ihnen natürlich in Ihrer Situation nicht weiter. Ich hoffe Sie schaffen es sich von dieser Erfahrung nicht unterkriegen zu lassen und weiterhin mit kritischen Augen in die Welt zu sehen.
Sabine Möhler


Leserbriefe zum Titelthema „Sehnsucht nach Trost“ „Die Erfindung der Sehnsucht“ von Florian Illies

Herzlichen Dank für Ihren schönen Artikel. Herzlichen Dank für Ihre Kunst-Podcasts mit Herrn Di Lorenzo.
Michael Scheppler

Ist Sehnsucht der Fluchtpunkt der künstlerischen Arbeit von Caspar David Friedrich und zugleich der große gemeinsame Nenner, auf dem wir uns als Betrachter (incl. Beckett) zusammen mit dem Maler bewegen? Hier ein anderer Versuch: Friedrich fühlt sich klein und getrennt. Mit seinen Naturbildern kann er Großartigkeit in der Selbstauflösung (Erlösung) erreichen. Es ist der künstlerische Akt selbst, mit der er sich der schöpferischen göttlichen Kraft nähert (Gottesdienst). Indem er in seinen Naturinszenierungen Gott nachahmt, empfindet er eine Größe, die das verstrickte und vertrackte Leben nicht bereithält. In den Bildern lebt dieser mimetische Impuls weiter, der aber in unserer Zeit der totalen technischen Nutzung und Beherrschung der Natur kaum mehr empfunden wird. Die Bilder von Friedrich sind heute Projektionsflächen für die Sehnsucht nach heiler Natur, nach heiler Welt. Mit Warten auf Godot skizziert Beckett uns als diese hilflosen Betrachter, die mit dem sinnlosen Warten sich davon ablenken, dem Humanum Geltung zu verschaffen. Aus heutiger Sicht gehört die Ökologie zum Humanum dazu. Sehnsüchte sind mit menschlicher Energie erfüllbar. Wir sollten mutig und entschlossen sein, und nicht in Romantik versinken.
Reinhard Koine

Mit Vergnügen lese ich den Artikel. Sofort finde ich meine ewig aufbewahrte Abbildung davon mit meiner handschriftlichen Umrandung von Wieland Schmieds Text. (Wieland Schmied * 5. Februar bis 22.April 2014) Wieland Schmied hat auch über C.D. F. veröffentlicht, ich zitiere: „Auch der Abend der Welt kann harmonisch sein, es gilt Abschied zu nehmen von dem was war, dass zumindest das Gute und Schöne überwog, auch wenn es in diesem Augenblick endgültig vergangen ist. Das ist die Stimmung, die uns erfüllt und die Friedrichs Gemälde ausstrahlt. W Sch.  2011“
Gundis Friege

Vielen Dank für das verklausulierte Angebot eines Trostpreispflasters, aber ich bleibe doch lieber dabei, meinen Level erreichter Resilienz zumindest aufrechtzuerhalten. Was ich völlig absurd finde, ist, Caspar David Friedrich den großen Erfinder der Sehnsucht zu nennen. Sicher hat er eine damals neue Bildsprache dafür gefunden, aber in allen Kultur-, Religions- und Zivilisationsgeschichten ist die Sehnsucht ein hervorragendes Motiv für Stabilität bei gleichzeitigen Fortschritten. Das wohl bekannteste Beispiel dafür aus der Bildenden Kunst ist die Mona Lisa. Da geht es nicht nur um das geheimnisvolle Lächeln, sondern man sollte die Symbolik der hintergründigen Landschaft deuten können, um das Sehnsüchtige zu erkennen. Aber daran schauen die Interpreten ja (fast) alle vorbei.
Christoph Müller-Luckwald

Das Herz einer bildenden Künstlerin erwärmt sich, von einem kunstkritischen Betrachter wieder Worte wie Trost und Sehnsucht zu lesen. Es ist eine Freude, dass diese Begriffe wieder „salonfähig“ geworden sind, dass der Satz geschrieben werden kann: „Friedrich atmet zeitlebens Natur ein, um sie als Kunst wieder auszuatmen“. Hier schimmert eine neue Bereitschaft für Stille und Schönheit. (Ähnlich wie in dem Buch Der Trost der Schönheit von Gabriele von Arnim.) Ist das eine „Zeitenwende“ in der Kunstkritik? Ich würde es mir wünschen.
Dietlind Petzold

In seinem schönen Artikel über C.D. Friedrich erwähnt Florian Illies auch Samuel Beckett und bringt dessen Stück Warten auf Godot in Verbindung mit dem Gottesbegriff. So kannte ich das auch – aber etwas ganz anderes hat Beckett auf diesen Titel gebracht! In ihrem Buch An den Ufern der Seine schreibt Agnès Catherine Poirier, dass sich in den magischen Jahren 1940 bis 1950 viele Intellektuelle im Café Flore um Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir geschart haben, darunter auch Beckett, der damals noch vor seinem großen Erfolg mit Warten auf Godot stand. Poirier schreibt, wie es zu dem Titel gekommen ist: Beckett mochte die Prostituierten in seinem Viertel sehr, hatte aber an einem Tag keine Lust auf eine sich anbietende Dame. Das Bordell befand sich auf einer Straße, die in ihrem Namen das Wort Godot führt (Rue Godot de Mauroy). Diese Dame war erzürnt und meinte: „Wartest du auf Godot?“
Uta Lehnert

Jede Gegenwart plündert aus/von der Vergangenheit – ob nun literarisch, malerisch, bildhauerisch, künstlerisch insgesamt; denn auch das „Dagegensein“ beinhaltet die Position des „Dazugekommen-Seins“ als Kontrapunkt der somit bekämpften Zeitanteiligkeit. Wir müssen akzeptieren, dass Evolutionen immer auch die Revolutionen mit verfügen – und hierbei sind Revolutionäre (besonders auch in der Kunst) fast schon eine erwartbare Selbstverständlichkeit und Orientierung in die Zukunft… Gegebenenfalls sind WIR nur zu träge, um den Erneuerungen in der Kunst zu begegnen – was wir in der Technik eigentlich als normal ansehen bis in die Utopie der technischen Gefährlichkeiten für die Menschen und die Menschheit. Caspar David Friedrich hatte diese Angst vor der Zukunft in all den Bereichen der Veränderungen, dem Abschlachten der Menschen-(Soldaten) an allen Fronten der Napoleonischen Kriege! So besehen ist sein Rückzug aus der Menschenwelt sicherlich nicht als „kauzig“ zu verstehen – vielmehr ein persönlicher Selbstschutz: besonders auch als Künstler seiner Verinnerlichungen und er sicherlich wie auch Arnold Böcklin: sehr deutsch!
Florian Illies kunstbereichernde Gefühls-und-Wissens-Botschaft als vielseitiger Kunstkenner, wird dankend memoriert und persönlich archiviert – darf aber bittesehr nicht darüber hinwegtäuschen: diesen Caspar David Friedrich quasi seismographisch dennoch stante pede vor und hinter seiner Malereistaffelei als Nationalisten, Frömmler und zudem als Kauz zu deklarieren… War er nicht und doch auch wiederum so besichtigbar! – die auf die Länder-und-Ländchen verteilten „Deutschen“ (oder eher Deutschsprachigen in ihren vielfachen Dialekten, Einengungen und Gefangenheiten) hatten auch in der frühen Napoleonischen Zeit sich gegenüber den Hunderten von jeweiligen Adels-Herrschaften zu ver/fügen und orientierten sich (nolens volens) an ihren Landesherren: die sich auf welche Gewinner-Seite auch immer schlugen: in dem Gewinnstreben nach erweiterbarem Land und den Adelserhöhungen durch Buonaparte sowie den politischen Beteiligungen zu der Hochphase der Siege dieses erschreckenden, brutalen Korsen mit italienischer Abstammung… Württemberg und Bayern wurden Königreiche, Baden ein Großherzogtum usw.: Throne wurden von Napoleon vergeben und genommen – und man stand stramm um seine Person herum… Alle Imperien aber stürz(t)en in sich zusammen – hatte doch Napoleon nach dem tragischen, grauenvollen Rückzug der Reste der „Grande Armee“, der durch den „General Winter“ und der Uneinsichtigkeit des größenwahnsinnigen Kaiser-Diktators im Untergang enden musste: zu spät seiner reduzierten Grande Armee den Rückzug befohlen – obwohl ihn sein Generalstab immer wieder drängte: frühzeitig die Rückkehr aus/vor diesem Winter-Desaster zu befehlen… Der französische Kaiser in dessen arrogantem Bulletin zu seinem Eintreffen in Marseille (im Dezember 1812) verkündete im „Monitor“ abschließend: „La santé de Sa Majesté n´a jamais été meilleure. („Die Gesundheit Seiner Majestät ist niemals besser gewesen.“). Welch ein Zynismus – ohne Rücksicht auf Verluste!
Am 26. Juni 1813 im Palais Brühl-Marcolini in Dresden eskaliert das Gespräch zwischen Napoleon I. und Fürst Metternich, indem u.a. der gebürtige Korse verdeutlicht: „Die Franzosen können sich nicht über mich beklagen; um sie zu schonen, habe ich die Deutschen und die Polen geopfert. Ich habe in dem Feldzug von Moskau 300.000 Man verloren; es waren nicht mehr als 30.000 Franzosen darunter.“ Metternich antwortet diesem (undiplomatischen und realitätsfernen) Imperator: „Sire, Sie vergessen, dass Sie zu einem Deutschen sprechen!“ Vorschläge von Metternich (als Abgesandter der gegnerischen Kriegsparteien) für eine Friedensbereitschaft – wurden rigoros vom L‘Empereur abgelehnt: „Eure Herrscher, geboren auf dem Throne, können sich zwanzigmal schlagen lassen und doch immer wieder in ihre Residenzen zurückkehren, das kann ich nicht, ich, der Sohn des Glücks! Meine Herrschaft überdauert den Tag nicht, an dem ich aufgehört habe, stark und folglich gefürchtet zu sein…“  Man muss das berichten: um das deutsche Aufbegehren gegen diesen korsisch-französischen Tyrannen und Okkupanten in die Struktur des zukünftigen, allmählichen Deutschseins in der Bevölkerung zu begreifen – und dazu zählte auch der am 5. September 1774 in Greifswald geborene Caspar David Friedrich, ein Sohn armer Leute: dessen Vater ihn ebenfalls zum Kerzenzieher und Seifensieder verfügen wollte – doch er windet sich da kompliziert aus dieser Elternfalle heraus, wird zum malenden Caspar David, sicherlich auch späterhin nicht perfekt in den Menschenzeichnungen (daher auch zumeist die Posen der Träumenden, der „Naturphilosophen“ in Rückenansicht!).
Napoleon I hätte von ihm kein einziges Bild gekauft – so sehr hasste dieser Menschenmassenmörder die unkontrollierbaren Landschaften, die Schneeweiten: im Wissen um seinen Absturz aus höchsten Höhen. Adolf Hitler – der Napoleon I. wohl auch als Vorbild vereinnahmte: gab im Jahre 1937 aus seiner Privatschatulle einen fehlenden Betrag von 10.000 Reichsmark für den Ankauf zu 25.000 Reichsmark des Caspar David Friedrich-Bildes (von 1824/25 – 136 cm x 170 cm)) „Der Watzmann“ – des GröFaZ Hitlers (späterhin) pompöser „Berghof“ liegt nicht weit entfernt zu diesem Bergmassiv in der Nähe von Berchtesgaden. Die Restitutionsverhandlungen im Jahre 1999 (dieser Raubkunst) mit den Nacherben des jüdischen Martin Brunn in New York: haben sicherlich viele Millionen Euro gekostet – leider erhält in solchen Rückübergaben und den jeweiligen Abläufen: die Bevölkerung in Deutschland keine diesbezüglichen Informationen zu dem vereinbarten Preis. Man erfährt eher nebenbei: dass diese erweiterte nun reguläre Übernahme unter dem Marktwert des Bildes: ausgehandelt worden sei – und zudem dies „nur“ eine Dauerleihgabe für die „Berliner Nationalgalerie“ vertraglich festschreibt!
Und wieso eigentlich Dauerleigabe (?) – wenn doch ein hoher Preis für das „Watzmann-Bild“ aufgebracht wurde: hinüber transferiert nach New-York zu der Erbengemeinschaft auf das Konto der Spätzeit! Caspar David Friedrich aber hungerte in kärglichen Verhältnissen, konnte manchmal sogar ein größeres Konvolut an Bildern verkaufen – z.B. an den preußischen König. Von Goethe können diese Empfehlungen nicht gekommen sein – er konnte mit den „Romantikern“ nichts anfangen: war doch der „Fürstenknecht“ weder romantisch gestimmt, noch zuvor für die „Französische Revolution“ eingenommen! Goethe war ein angepasster Salonlöwe – der zu nachmittäglichen Stunden oft der Herzoginmutter Anna Amalie aus seinen frischen Werken vorlas: das sagt doch eigentlich schon alles in dieser Konstellation des Kotaus am Fürstenhof in Weimar… Christian Dietrich Grabbe nannte den Dichter und Dramatiker Goethe: das „Trojanische Pferd“ der deutschen Literatur!
Zurück zum Maler Friedrich, der mit seiner Malkunst zu oft nicht zufrieden war – besonders wenn es um die Portraitmalerei sich handelte und die Menschen (als Staffage) auf seinen Bildern sich eigenartig steril einzuverfügen hatten! Desweiteren war Caspar David Friedrich kein „Frömmler“ – ganz im Gegenteil: ein durch und durch frommer, gläubiger Mensch und Maler: der in diesen Weiten und Himmeln auf seinen Bildern gleichzeitig auch den „Gott der Schöpfungen“ vorrangig mit einbezog : wahrlich ein Maler im Gebet mit „Gott“ und seiner Natur… Romantik hatte damit zu tun, sich selbst durch die Empfindungen mit und in der Natur – herauszuheben aus den komplizierten Menschentheatern und ganz in der Vereinbarung mit seiner Wesenhaftigkeit eine läuternde Gemeinsamkeit mit der Einsamkeit zu verinnerlichen… Gleichwohl kann ein Gemälde oder eine Photographie oder eine Erzählung niemals einem den Eindruck vermitteln: dass man nicht dort in den Naturumgebungen real sich einzufinden hätte: letztlich wirken diese Abmalereien (bei aller handwerklichen Qualität) doch winzig und durchaus nicht in der Vorstellung des Menschen aus der Ferne, mitfühlbar – alles wird zur Retuschierung des wirklichen Daseins… „Rom sehn und sterben! Wie es der Sohn August von Goethe auf seiner Italienreise sich leider vorgenommen hatte! Des Vaters Verehrung des Klassizismus (in den Rekonstruktionen) ging dem Filius auf die Nerven: „Jetzt kriecht der schon wieder hinter den ollen Griechen her!“
„Die Erfindung der Sehnsucht“ – wie die Überschrift zu dem besonders lesenswerten Text des Florian Illies erkennbar werden muss: hat mit dem Menschen Caspar David Friedrich kaum etwas zu tun: er hat sein Sujet gefunden, hielt sich daran fest, wie auch Chagall mit seiner Menagerie an aufmalendem, niemals mehr aus dieser Einfesselung herauskommen konnte: man hätte ihm in der Kunstgierwelt solch einen „Neuanfang“ nicht abgenommen, den reichen Sammlern dies offerieren zu können… Picasso hat sich kaum wiederholt, selbst wenn die Eroberung des Findenden („ich suche nicht: ich finde!“) nicht selten sich vereinnahmen läßt mit vorhandenen Einfallsideen seiner Malkunst! Und er war nicht nur ein Revolutionär, sondern im wahrsten Sinne des Wortes: ein kunstvoller Maler der Ewigkeit! Caspar David Friedrich würde der RvM nicht zu den Vorbereitern der modernen Kunst aufzeigen wollen – viel eher doch den unvergleichlichen William Turner (1775 – 1851) in seiner Befreiung aus den Malverfangenheiten seiner Zeit. Ich bin mir fast sicher: dass Caspar David Friedrich diese Bilder von ihm nicht in der Gegenüberbesichtigung gesehen hat – dann nämlich wäre er mit seinen feinstgenauen Pinselerbringungen auf die Leinwände, garantiert umgestiegen zu diesem englischen Malergenie der einfordernden Moderne…
Erinnern wir uns an die Modersohn-Becker, die von Paris zurückkommend nach Worpswede, sich nicht mehr durch die Genauigkeiten der dortigen Malerei beeinflussen ließ: nunmehr eine moderne Malerin wurde… Übersehen wir hierbei zeitgleich nicht den zu sehr dem Schönheitsideal verfangenen Malern: Jacques-Louis David, Dominique Ingres, Theodor Géricault aus ihrer Gefangenheit des Rokokos und/oder im Übergang zum Klassizismus. Großformatige, glorifizierende Napoleon-Abbildungen über die Kleinheit seiner Körperkurzheit von 153 Zentimetern hinaus – waren die Werbung und Propaganda zu seinem imperialen Größenwahnsinn; und wir kennen das von Adolf Hitler, diesem Österreicher mit dem Weltmachtwahn und den Massenermordungen zum Holocaust, den Abschlachtungen der Millionen Soldaten und Zivilisten an den Fronten und in den Heimaten, Städten ihres furchtbaren Verbleibs bis in die Verletzungen, Schwerverletzungen und in den Tod. Hitler aber sammelte bis fast zuletzt vor seinem Kopfschuss ins Nichts – Bilder von Malern, die ihm besonders als (sicherlich auch ichbezogener) Künstler: zum Kauf „verführten“ – in Linz sollte nach dem „Sieg über die Welt“ dann das große Museum für seine Sammlung(en), vorbereitet werden. Darunter auch Caspar David Friedrich-Bilder und besonders auch Carl Spitzweg sowie Arnold Böcklin usw. … Alles wohl auch Ablenkungen von seinem persönlichen Nichtkönnen – wahrlich: er ein Nichts als Künstler, und das von ihm auch im engeren Kreis auf dem Obersalzberg zudem eindeutig mitgeteilt: „Man solle nicht mehr als ein paar Hundert Reichsmark für diese Bilder von mir, ausgeben!“
Erkennbar aber wird mit einem selbst in diesen Emotionen und Gefühlsveredelungen der auch seelischen Augen-Blicke, wenn man vor den Landschaftsbildern (unscheinbar verkleinert: mit Mensch und Menschen) jenes C.D. Friedrich sich aufhält, anhält, einhält: Hier ist man Mensch, hier darf man sein – und möchte sich fast persönlich hineinbegeben in diese Verewigung des verdrängenden Daseins zu all der verständlichen Einsamkeit in/zu unserer (vielleicht) wahren Menschennatur! Caspar David Friedrich verinnerlicht seine Verfügung als Orientierung.“: Es ist einmal die Richtung unserer Zeit, sich überall in starken Färbungen zu gefallen, und auch die Maler überbieten sich einander darin, nicht etwa bloß, dass sie die Backen und Lippen ihrer Bildnisse schminken, sondern sogar die Landschaftsmaler übertreiben die Farben und schminken Bäume, Felsen, Wasser und Luft.“
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

Leserbriefe zu „Ein Aufbäumen“ von Anna Sauerbrey

Ach. Den Niedergang der USA haben schon so viele vor Ihnen in deren Stehvermögen in Krisenzeiten gesehen. Die Unkenden kamen und gingen. Die USA sind immer noch da, noch immer die einzige ernstzunehmende weltordnende Kraft. Vielleicht wäre es an der Zeit, wenn Deutschland und die EU sich ihres hegemonialen Potentials bewusst würden. Aber Ach.
Sven Prevrhal

„Deutschland sollte sich bereithalten“ – Deutschland als Vermittler in Nahost als Nachfolger der USA? Wie naiv ist das denn? Außenpolitik braucht Bewegungsspielräume. Bilden hat diese, Macron auch … aber in Deutschland ist Nahostpolitik immer Innenpolitik, ist aus bekannten Gründen starr und fixiert auf pro-Israel-egal-was und folglich als Vermittlerrolle völlig ungeeignet. Frau Baerbocks im arabischen Umfeld höflich belächelte, aber wirkungslose Nahost-Reisen belegen dies in eher peinlicher Weise. Daran wird sich nichts ändern. Die deutsche Politik sollte daher eine ernsthaft-vermittelnde, weiterführende Nahost-Politik anderen überlassen und sich auf die innenpolitischen Bekenntnisse beschränken. Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit (Kurt Schumacher).
Ralph Bürk

Ihr Artikel beginnt mit einem rhetorischen Stilmittel, einer Wenn/Dann-Aussage (Implikation), die zog mich an. Man kann fragen, unter welchen Umständen ist eine Implikation zutreffend, also wahr. Wenn, was hinter Wenn steht nicht zutrifft, es keine Gewissheit in diesem Krieg gibt, dann ist die Implikation per se wahr, unabhängig vom Wahrheitswert der Aussage nach Dann. Vermutlich haben Sie für spitzfindige Überlegungen zurzeit wenig Verständnis. Ich glaube, wir halten die Ungewissheit über den Verlauf dieses Krieges nur schwer aus.
K. Miltenberger

Die Betrachtung der Probleme in Palästina und Israel sollte m. E. nicht nur aus einer Perspektive erfolgen. Worin besteht der Unterschied der aktuellen Situation in Palästina und der Zeit des Faschismus in Europa?  Extremisten hatten die Macht übernommen, ihre Ideologie zum Staatsziel erklärt und versucht diese durchzusetzen. Die Bekämpfung und Vernichtung des Faschismus damals kannten keine Rücksichtnahme auf die Zivilbevölkerung. In Palästina beobachte ich eine lang anhaltende ähnliche Entwicklung. Seit 70 Jahren wird Kindern, Jugendlichen Studenten in Moscheen, Schulen und Universitäten die Notwendigkeit der Vernichtung Israels und seiner Bevölkerung erklärt. Der Islam wird nicht nur dort, sondern in vom Islam beherrschten Ländern in diesem Sinne interpretiert. Das ist Staatsräson. Widerspruch gilt als Verrat an der „Sache“ der Palästinenser und an der Religion.
Soll zugeschaut werden, wie die Extremisten in Palästina ihre Macht weiter ausbauen? Anderseits muss ebenso der Vorstellung jüdischer Extremisten von Groß-Israel entschieden entgegen getreten und ebenfalls öffentlich verurteilt werden.  Auch unter Freunden bzw. gerade unter diesen sollte das möglich sein. Haben die Verantwortungsträger in der großen Politik immer noch nichts aus der Geschichte gelernt? Damals wie heute geht es sachlich und nüchtern um sämtliche Tatsachen und deren Abwägung. Mit Haltung und Moral wird dem Faschismus und dem Rassismus niemals Einhalt gebieten können. Schließlich ist dieser Extremismus stets mit blindem Fanatismus verbunden. Wurde bei der Niederschlagung des Faschismus Rücksicht auf die Zivilbevölkerung genommen?
R. Reiger

Nach diesem unsäglich grausamen Überfall der Hamas, der weder politisch noch ethisch zu rechtfertigen ist, hat Israel zweifelsohne das Recht, sich zu wehren. Es bleibt die Frage nach den Zielen. Derzeit wird formuliert: man will auch noch den letzten Hamas-Krieger in Gasa eliminieren. Und dann? Die führenden Köpfe der Hamas sitzen in den Golf-Staaten. Will Israel sie dort verfolgen? So lange es so etwas wie die bekannte israelische Siedlungspolitik gibt, wird es die Hamas geben. Diese Politik ist die Lebensversicherung der Hamas. Eine Lösung ist nur denkbar, wenn man sich auf einen respektvollen Umgang mit den Palästinensern arrangiert. Das wäre eine echte Zeitenwende. Lässt man sich nicht darauf ein, kommt der nächste Gaza-Krieg mit absoluter Sicherheit.
F. Kleiner

Seit dem 7.Oktober ticken die Uhren anders im Nahostkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Das Massaker der Hamas an unschuldigen Zivilisten an der Grenze zum Gaza-Streifen wird eine grundlegende Wende im Verhältnis der beiden Völker bewirken da nun klar zu sein scheint, dass weder die Hamas noch Netanjahu mit seiner Regierung aus orthodoxen Religiösen und rechtsextremen Siedlungsideologen nie ein Ende der ewigen Auseinandersetzung anstrebten. Jetzt müssen verhandlungsbereite Israelis und Palästinenser das Heft des politischen Handelns in die Hand nehmen, um eine 2-Staatenlösung umzusetzen. Etwas anders ist jetzt gar nicht mehr vorstellbar. Die israelische Bevölkerung macht Netanjahu mitverantwortlich für das Massaker, da er und seine Regierung, Militärs und Geheimdienste die Vorbereitungen für das Desasters durch die Hamas nicht bemerkte. Einen letzten Dienst an seinem Volk muss Netanjahu jetzt noch leisten.
Von ihm verlangt man, dass ihm der Spagat zwischen Geiselrettung und militärischen Schlägen gegen die Hamas gelingt. Ein fast unmögliches Unterfangen da zeitgleich auch die palästinensische Zivilbevölkerung zur Flucht in den Norden Gazas gezwungen wird, um wenigstens ihr Leben zu retten. Gaza-Stadt wird zum Teil zerbombt, um militärische Stützpunkte der Hamas zu vernichten und dort unbewohnbar bleiben. Man kennt die Bilder aus dem Ukraine-Krieg. Amerika unter Biden hat Netanjahu gemahnt nur mit Augenmaß von dem Prinzip der Vergeltung Gebrauch zu machen. Falls die palästinensische Bevölkerung zu stark unter Israels Angriffen leiden sollte, kann es zu einer Überreaktion der arabischen Welt kommen. Hier ist nicht das religiös-verbrecherische Regime der Ajatollahs im Iran gemeint. Die liefern ja auch Waffen an ihren Freund Putin dessen Kriegsverbrechen langsam die Ukraine zerstören.
Amerikas Warnung an das iranische Regime der Hamas Unterstützer muss auch den Iranern noch klarer machen, dass die religiös missbrauchte Politik ihrer Regierung ins Verderben führt. Die Deutschen können sich ihrer historischen Last gegenüber Israel nicht entledigen, sondern müssen politisch dafür kämpfen, Israels Existenzrecht zu verteidigen. In Europa gibt es seit fast 2000 Jahren einen von der Kirche lange geduldeten Antisemitismus -der nicht ausstirbt. An sich ist der Antisemitismus eine mehr als primitive Form der Ablehnung von fremd erscheinenden Kulturen, religiösen Ritualen und Rassen. Dafür wie lebensgefährlich und tödlich er für die Juden werden kann, hatten die Deutschen unter Hitler mit zu verantworten.
Klaus Reisdorf


Leserbriefe zu „Mein rechter, rechter Platz ist frei“ von Mark Schieritz

Die AfD lebt bekanntermaßen von ungelösten Problemen. Ihr Erstarken zeugt daher vom Versagen der Regierung. Statt mit markig-edlen Worten einen AfD-Bundestagsvize zu verhindern, sollten sich die anderen Parteien lieber in konstruktiver Art und Weise den Herausforderungen unserer Zeit stellen. Und nebenbei: der Begriff des ethnisch-kulturell geprägten Volksverständnisses mag dehnbar sein, ich wage aber zu behaupten, dass Ethnie und Kultur weltweit eine zentrale Rolle spielen, wenn Menschen an Deutschland oder auch irgendeinen anderen Staat denken. Wenn das, was von den Allermeisten als ziemlich normal empfunden wird, plötzlich als rechtsradikal gilt, so könnte auch die Rechtsradikalität normal werden. Und die Sicherheit eines Staates, der sich in extremer Art und Weise ethnisch-kulturell definiert, ist bekanntermaßen deutsche Staatsraison.
Christian Voll

Der Titel ist gut. Aber – was soll der Satz im Untertitel „Kann man mit undemokratischen Mitteln die Demokratie retten“? Das Mittel ist eine freie (!) Wahl. Selbst das Bundesverfassungsgericht hat dieses Vorgehen als demokratisch bezeichnet, wie im Text erwähnt. Es ist das demokratische Mittel überhaupt. Habe ich etwas übersehen oder nicht verstanden?  Falls nicht: Wieso steht im Untertitel einer Zeitung, die glücklicherweise für ihren zweifelsfrei festen Stand in der Demokratie bekannt ist, ein derart falscher Satz?
Das Schlimme daran ist, dass dieser Satz den demokratisch gewählten Abgeordneten unterstellt, sie würden sich undemokratisch verhalten, wenn sie ihrer Gewissensfreiheit folgen. Das Gegenteil ist doch der Fall und ist unbedingt zu verteidigen. Schlimm genug, wie viele Menschen in Deutschland offenbar nicht verstanden habe, was demokratische Mittel sind und was nicht. Ein solcher Satz unterstützt dieses Unwissen, er stiftet Verwirrung und verbreitet Unklarheit darüber, welche Mittel demokratisch sind. Ich bin empört. Mir machen diese standhaften Politiker Hoffnung für unsere Demokratie! Oft genug liest man in dieser Zeitung zu Recht, wenn Politiker sich uneindeutig hinsichtlich ihrer Demokratiefestigkeit verhalten. Und jetzt dies.
Sibylle Riffel

Ihre Artikel gehören nicht zu denen, die ich auch mal überspringe, doch den zum Thema “Bundestagsvizepräsident der AfD” hätte ich auslassen können. Er konnte mir nicht die kleinste Krokodilsträne zum Zustand unserer Demokratie entlocken. Aber zwei Sätze, die gereicht hätten. Erstens: Wie sie richtig erzählen, hat das Verfassungsgericht die Sache klargestellt, nämlich dass die Mitglieder des Bundestags-Präsidiums durch die Abgeordneten gewählt, und nicht durch eine Geschäftsordnung bestimmt werden. (Ist dieser offensichtliche Dünnsinn immer noch nicht aus der Geschäftsordnung verschwunden? Reformstau?) Zweitens: Also müssen sich die Herren und Damen von der rechten Parlaments-Seite eben um Mehrheiten unter allen Abgeordneten bemühen, und wenn sie das mit ihren ‘Einlassungen’ nicht schaffen, dann ist das deren Problem, und nicht undemokratisch. (Im Gegenteil: Das Ergebnis in dieser Sache, also ca. 580 zu 90, lässt mich freudig hoffen, dass es auch weiterhin Demokraten in unserem Land gibt.)
Ewald Fischer

Eine wehrbare Demokratie braucht vor allem gebildete und aufgeklärte Bürger*innen. Wobei Herzensbildung, Mitgefühl und Menschlichkeit die wichtigsten Bildungspunkte sind. Medien haben die Verantwortung Bürger*innen über Tatsachen, Ursachen und Folgen aufzuklären. Wie Sie so trefflich am Beispiel der Weimarer Republik zeigen: fehlt es an einem, dann rutscht Demokratie unweigerlich in inhumane Barbarei ab. Insofern ist Ihre Frage, ob eine Demokratie mit undemokratischen Mitteln zu retten ist, eine rhetorische. Leider versäumen heute die Medien bezüglich Fluchtursachen und Klimakatastrophe ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Warum? Denn der Reichtum der industrialisierten Welt ist nur möglich, weil Menschen im globalen Süden auf all das verzichten müssen, was wir für uns als selbstverständlich und nötig annehmen. Seit Jahren warnen Papst, UNO, EU und führende Wissenschaftler vor den apokalyptischen Folgen der Klimakatastrophe, ja sogar vor einem Klima-Holocaust. Trotzdem tun die Medien so, als ob für uns immer mehr Luxus und Konsum gewollt oder sogar ein Recht ist.
Als „Reportage“ getarnt oder verpackt als „Schleichwerbung“ preisen sie immer größere SUVs, Häuser oder exklusivere Reisen an und noch immer bilden sie Anzeigen ab, die äußerst klimaschädliche Produkte als den letzten Schrei, die Krönung des technologischen Fortschritts oder als begehrenswerten Luxus und „must have“ darstellen. Aber gerade dieser Luxus treibt die Klimakatastrophe an und somit die Menschen zur Flucht aus dem globalen Süden in den Norden. Das inkonsequente und verantwortungslose Verhalten der Medien hat die AFD groß gemacht. Ändern Sie nichts, dann drängen Sie immer weiter die „Mitte der Gesellschaft“ in die Arme der AFD.
Klaus Siersch

Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages legt fest, dass jede Fraktion durch mindestens einen Vizepräsidenten bzw. eine Vizepräsidentin zu vertreten ist. Mark Schieritz stellt zurecht fest, „warum es überhaupt eine Geschäftsordnung gibt, wenn man sich nicht daran halten muss.“ Dass sich die selbsternannten „demokratischen“ Parteien Die Linke und Die Grünen mit ihrer zweifelhaften demokratischen Vergangenheit nicht an die Geschäftsordnung halten, war zu erwarten. Ein Armutszeugnis für die Demokratie ist allerdings, dass dies auch die überwiegende Anzahl von Parlamentariern ehemals bürgerlicher Parteien selbst in einer geheimen Abstimmung nicht wagen.
Rolf Schikorr

Die Aufgabe des Bundestagspräsidiums ist es, Sitzungen zu eröffnen, zu leiten, zu schließen. D.h. es sorgt für die Einhaltung der Geschäfts-Ordnung, was bei mehreren hundert sicher starken Persönlichkeiten, fundamental verschiedenen Meinungen und oft emotionalen Debatten an sich schon schwer sein dürfte. Die vielen Interventionen zeigen das.  Zur Not kann die amtierende Bundestags-Vize-Präsidentin oder der Vizepräsident die Executive/Polizei zur Hilfe rufen, was ja auch schon geschehen ist. Viel besser aber ist es doch, wenn diese Person kraft ihrer persönlichen Autorität oder ihrer überzeugenden Führung die Disziplin im Parlament durchsetzen bzw. aufrechterhalten kann.  Dabei ist es sicher hilfreich, wenn sie mehrheitlich gewählt wurde. Einem Menschen, den ich selber gewählt habe, werde ich eher zugestehen, mich zur Ordnung zu rufen als einem, der mir vorgesetzt wurde.
Und wie müsste die Person sein? Zunächst müsste sie respektvoll mit ihren Mitmenschen umgehen, damit sie glaubhaft Respekt einfordern kann. Sie müsste ein ‚Gesetzesdenken‘ haben, also ein Gespür dafür, wie ein zunächst abstraktes Gesetz in der Realität anzuwenden ist/ sich in der Realität auswirkt.  Sie müsste so reif und gefestigt sein, auch in angespannten Situationen Ruhe und Höflichkeit wahren zu können und fähig, zumindest für den Zeitraum ihres Vorsitzes die eigenen Gefühle hintanstellen und eigene parteipolitische Interessen außer Acht lassen zu können.  Ein gerütteltes Maß an Humor ist sicher auch hilfreich. Wenn die AfD eine solche Person aufstellte, würde ich sie wählen. Schreihälse allerdings disqualifizieren sich automatisch. Wer andere beschimpft oder gar beleidigt, wer die Wirkung/Gültigkeit von Natur-Gesetzen verneint, weil sie gerade nicht zu den eigenen Wünschen oder politische Strategie passen, wer in Erregung oder Zorn mit dem Fuß aufstampft, disqualifiziert sich automatisch.
Ortrud Mauk


Leserbriefe zu „Mehr arbeiten lohnt sich nicht“ von Kolja Rudzio

Seit ich den obigen Artikel, auf einer Parkbank in der Herbstsonne sitzend, gelesen habe, lassen mich 2 Fragen nicht mehr los: Frage 1 (für mich die wichtige Frage, aber entgegen der Regel aus dem Deutschunterricht, dass man das wichtigste Argument zum Schluss bringen soll, bringe ich es als erstes) : Was soll der Artikel bewirken ? Ich hoffe, es handelt sich um reine Information, die ich in die Rubrik „Was ich noch nie wissen wollte“ einordne. Oder soll Stimmungsmache ala dem Blatt mit den 4 Buchstaben (beginnend mit B) betrieben werden, dass arbeiten und sich anstrengen nicht lohnt – siehe dazu „Mallorca-Rolf“- für Internetuser kein Problem? Frage, bzw. Hinweis 2: Für mich handelt es sich um ein mathematisches Problem mit minimalem Bezug zur Realität. Wieso ich das so sehe, werde ich im Folgenden erläutern:
Es mag ja rechnerisch vollkommen korrekt sein, dass die Nettoeinkünfte (inklusive Sozialleistungen) bei steigendem Einkommen kurzzeitig sinken (so wie es in der Mathematik Funktionen gibt, die sich „sonderbar verhalten“), aber für die Realität hat das wenig bis keinen Bedeutung, da dies voraussetzen würde, dass es hinsichtlich Einkommen und Sozialleistungsbezug 100 % Flexibilität gibt: Quasi so, als wenn es im Internet eine Seite gäbe, in der alle möglichen Sozialleistungen aufgeführt sind und ich nur noch anklicken muss, welche ich beziehen möchte. Im Hintergrund rechnet ein Computer aus, was mir zusteht (alle Unterlagen sind verfügbar) und automatisch werden die mir zustehenden Leistungen auf mein Girokonto überwiesen.
Außerdem kann ich problemlos mein Arbeitseinkommen verändern, indem ich einfach sage, dass ich statt 3000 nun 4000 verdienen will oder dass ich auf die „angedrohten“ 5000 verzichte, weil 4000 für mich „günstiger“ sind. Die Realität sieht ganz anders aus als „eine mathematische Funktion“: Ich habe keinen Überblick über die möglichen Sozialleistungen. – Diese müssen einzeln aufwendig beantragt, Unterlagen müssen eingereicht werden, dann heißt es abwarten. – Man kann sein Arbeitseinkommen nicht so einfach verändern. Außerdem würde man sich ins „Knie schießen“, wenn man auf Bruttoeinkommen verzichtet, denn ein geringeres Einkommen bedeutet später eine geringere Rente, außerdem hat man wenig Chance auf Zusatzleistungen des Arbeitgebers wie Firmenrente.
Was mich wieder zu Frage 1 zurückführt: Ich hatte Zeit meines Arbeitslebens immer mehr berufliche Verantwortung verbunden mit mehr Gehalt, habe zwei Eigentumswohnungen als Alleinverdiener finanziert und beziehe nun eine auskömmlich Rente , aber ich frage mich immer wieder, was der Artikel für mich als ZEIT-Leser bedeutet (irgendeine Bedeutung muss er ja haben oder musste nur die Seite gefüllt werden ?) ? Dass ich so doof war, mich lebenslang anzustrengen, auf Sozialleistungen, die der Staat anbietet, zu verzichten und jeden Tag vor 6.00 Uhr aufzustehen, anstatt faul im Bett liegen zu bleiben und darauf zu warten, dass der Staat mich alimentiert (dieses Wort ist speziell für ZEIT-Leser) . Vielleicht interpretiere ich zu viel in den Artikel oder habe zu viel Zeit, die ZEIT aufmerksam zu lesen?
Erich Würth

Danke für diesen Beitrag zu „perversen“ Sozialleistungen. Sie müssten diesen Beitrag noch zu dem „ungerechten“ Steuersystem ergänzen. Sie können Ausgaben für private Krankenkasse nur teilweise in Abzug bringen. Es können „Sonderausgaben“, die bei einer Krebserkrankung erheblich sein können, nur je nach Einkommen nur teilweise anrechnen. Der Steuersatz wurde im Zuge der EURO-Umstellung „angepasst“! Heute sind die Preise in EURO für die meisten zum Leben benötigten Produkte genauso hoch wie DM-Preise. Wurde der Einkommensteuer-Tarif angepasst????? Also in diesem Staat stimmt KEINE Zahl!!!!!!!!!!!! Über eine Gesamt-Bewertung der ZEIT würde ich mich freuen. Am besten auf einem Bierdeckel!
Klaus-Peter Baensch

Vielen Dank für Ihren sehr informativen und fundierten Artikel in der jüngsten ZEIT-Ausgabe. Einen Aspekt, der leider so gut wie nie beachtet wird, möchte ich allerdings noch hinzufügen: Für Arbeitslose, die unverschuldet ihren Job verloren haben und noch keine neue Beschäftigung finden konnten, gab es früher Hartz IV bzw. Arbeitslosengeld II. Man kann über die Begriffe streiten. „Hartz IV“ wurde irgendwann als Abwertung benutzt und empfunden und damit zu Recht abgeschafft. Bei der Bezeichnung „Arbeitslosengeld“ allerdings traf der Titel den Zweck: Wer arbeitslos wird, bekommt Hilfe als Überbrückung, bis sie oder er wieder eine Anstellung gefunden hat. Diese Überbrückung für die Zeit der Arbeits- und Einkommenslosigkeit sollte doch nie ein Äquivalent zum Arbeitslohn oder zum Gehalt sein. Gerade weil es eine Hilfe für die Dauer der Arbeitslosigkeit ist, sind Abstriche hinzunehmen. Abstriche, die dann auch motivieren, mit Arbeit wieder mehr Geld in der Tasche zu haben.
Heute habe ich den Eindruck, dass Begriffe wie Bürgergeld und / oder Grundsicherung quasi als Basisleistungen des Sozialstaats eingeordnet werden, auf die ein prinzipieller Anspruch besteht. Auch über Jahre. Dass jetzt über die Abstände zwischen Gehalt und Bürgergeld im zwanzig Euro-Bereich diskutiert wird ist grotesk. Auch der Hinweis, dass die sogenannten Geringverdiener dann eben mehr haben müssen, verfängt nicht. Denn es kann wohl nicht sein, dass der großzügige Sozialstaat die Lohn- und Einkommensentwicklung vor sich her treibt. Wenn man jetzt noch zur Kenntnis nimmt, dass überall „händeringend“ nach Arbeitskräften gesucht wird, gerät die Geschichte vollends aus der Balance. Nochmals danke für Ihren Beitrag. So stelle ich mir echte Information durch ein Leitmedium wie die ZEIT vor.
Thomas Meichle

Eine plakative Behauptung, in ebenso plakativen Lettern. Zur Untermauerung der These ein Hinweis auf hochkarätige, wissenschaftliche Expertise unter der Ägide des Bundesfinanzministers: Da drängt sich die Frage auf: Will der Autor, Kolja Rudzio, Wirtschaftsredakteur der ZEIT, damit etwa seine Skepsis gegenüber dem Bürgergeld, wie schon vorher gegenüber dem Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE), probeweise mal in Bildzeitungsmanier und bei ZEIT-Lesern testen? Nicht zum ersten Mal schlägt er ja den immer gleichen O-Ton an: Mehr Arbeiten lohne sich da nicht (mehr)!
Was sagen die Experten dazu? Es heißt, „das ganze System sei zu intransparent, sorge für Ungerechtigkeiten und honoriere Arbeit höchst unterschiedlich.“ Betroffene dürften sich wundern: War soviel nicht eh bekannt? Warum also soviel Aufwand? Die ehrliche Antwort dürfte lauten: Weil Autor und Experten, Gefangene des „aktuellen Systems“ mit seiner ökonomischen Logik sind und nicht bereit, in wirklichen Alternativen zu denken. Eine solche Alternative wäre gleichwohl die schon erwähnte, vom Mainstream des ökonomischen Denkens stets verworfene Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens. Die benannten Problematiken (Kinderzuschläge, Sozialhilfeansprüche, Wohngeld), würden sich verflüchtigen, weil sie in dem für alle geltenden BGE aufgehen oder – wie eventuell beim Wohngeld – neu auszutarieren wären.
Jenseits solcher Zahlenarithmetik würde zudem erst ein BGE allen Menschen umfassende Selbst-bestimmung ermöglichen. Erst daraus ergäbe sich der entscheidende, qualitative Sprung, der sie sagen lässt: „Ich will das BGE nicht nur aus finanziellem Kalkül, sondern weil ich mir für mein Leben materielle Sicherheit u n d Selbstbestimmung wünsche“. Ist es vielleicht die Angst vor einem solchen qualitativen Sprung in der Bevölkerung, die den Autor zu seinem Beitrag motiviert hat? Fragt er sich etwa: „Was, wenn mit der gerade in diesen Wochen erneut an den Start gehenden Volksinitiative „Hamburg testet Grundeinkommen“ die Diskussion zum BGE in der Hansestadt wieder Fahrt aufnimmt?! Kaum auszudenken, wenn dann auch noch beim Praxistest des geplanten, wissenschaftlich begleiteten Modellversuchs jene so lange gehegte und abgesichert geglaubte These widerlegt würde! Um ein BGE dann noch auszubremsen, müsste man sich ja womöglich ganz neue Argumente überlegen!
O. Lüdemann

Es läuft doch ungemein etwas schief in diesem Land: die ganz überwiegende Mehrheit kann sich dafür abstrampeln, Steuern und Abgaben noch und nöcher zahlen, damit, ja was eigentlich, eine Familie mit 2 Kindern ohne jegliches Zutun 3.333 € vom Staat erhält, jeden Monat. Und gleichzeitig wollen immer mehr der Arbeitenden die work life balance deutlich verbessert sehen, möglichst bei steigenden Einkünften, während es an allen Ecken und Enden an Personal nur so mangelt. Man bekommt angesichts des internationalen Wettbewerbes, dem sich unsere einst stolze Exportnation ausgesetzt sieht, regelrecht Angst um unser aller Zukunft. Es mag ja viele Bedürftige in unserem Land geben, aber in den letzten Jahren, erst recht unter der Ampel, hat sich eine Verteilmentalität etabliert, die einen gruseln lässt. Von Nichts kommt Nichts. Und von keiner Arbeit sollte auch kein solch hoher Anspruch erwachsen. Noch besser schneiden eigentlich nur unsere wirklich Reichen ab. Deren Steuerschlupflöcher sind legendär und bleiben unangetastet. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der breiten Mitte, die den ganzen Karren ziehen, sind und bleiben die Dummen.
Thomas Harnisch


Leserbriefe zu „Über Rücksicht auf Empfindlichkeiten“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Herzlichen Dank für Ihren Artikel. Es tut gut, wenn wer meine Meinung so kompakt zusammenfasst und das in einer Zeitung, die wohl kaum als routinemäßig links zu sehen ist. Ich habe die Seite herausgeschnitten und stecke sie ein für ev. Diskussionen, leider auch mit meinem Sohnemann.
Felix Fischer

Geht es um die Empfindlichkeiten in Ihrer Umwelt oder um Ihre eigenen? Die Umwelt muss selber damit zurechtkommen. Nicht einmischen. Und Ihre eigenen? Die kennen Sie natürlich und müssen damit leben. Vergeuden Sie bitte nicht Ihre Zeit mit solchen Petitessen. Schreiben Sie Ihre Glossen. Ich bin gespannt auf die nächste.
Hans-Emil Schuster

Bei uns sind Triggerwarnungen auf Amazon und Netflix sehr beliebt und erste Hinweise, nach denen wir (Enkel F., 13 Jahre und Enkel L.,  16 Jahre) streamen. Ohne Triggerwarnungen fangen wir meist gar nicht erst an, entsprechende Serien und Filme zu streamen. Also weiter so !
Johannes Rolofs

Ein Glück, dass Sie noch nicht gesensitivity-readet werden!
Angela Howard

Warnung: der folgende Text könnte zu lange Sätze enthalten und manchen Zeitgeistmoralisten aufs Gemüt schlagen! Wenn ich darüber nachdenke – sine ira et studio – ,wie ich mich seit 2015 in meinen Leserbriefen zu Asyl und Dauerimmigration geäußert habe und jetzt erleben darf, wie selbst Urgrüne eine wirksame Begrenzung fordern, dann frage ich mich: hat der Willkommenskulturler oder der Skeptiker Vernunft und Weitsicht bewiesen? Doch selbst, wenn plötzlich ein radikales Umdenken in der Asylpolitik einsetzen sollte: zieht sich der Prozess, wie üblich, in die Länge aufgrund des ständigen Parteiengezänks, dürften wir Deutschland in einer Generation kaum wiedererkennen! Bei den Sensitivity Readern erwarte ich ein ähnliches Umdenken: wenn niemand mehr die „sensitiv gereadeten“ wattigen, weichgespülten, nirgends aneckenden Texte lesen will, werden sie sich bald einen neuen Beruf suchen müssen! Die Autor(inn)en dagegen werden dank einer poetischen Perestroika wieder lesenswerte, fesselnde Kunst schaffen! Bleibt noch die Hoffnung, daß der Wandel zum befreiten Schreiben in „Rußland“ und im „Iran“ sich noch schneller vollziehen möge als in unseren westlichen Demokratien!
Ulrich Pietsch


Leserbriefe zu „Sie wollen ihre Toten zurück“ von Andrea Böhm

Der Artikel schließt dankenswert Lücke im „historischen Bewusstsein“ unserer eigenen Kolonial- und auch Wissenschaftsgeschichte, wobei nur allzu oft gerade dieser wunde Punkt schöngeredet wird. Es gibt beim Versuch der Aufarbeitung aber immer wieder eine Formulierung, die m.E. zum Widerspruch herausfordert. Das gilt auch für den Vorschlag von Frau Böhm für die Rede des Herrn Bundespräsidenten vor Ort, sich“ im Namen meines Landes“ zu entschuldigen. Das klingt m.E. ähnlich wie „Ich entledige mich…“ Treffender wäre m.E.: „Ich bitte um Verzeihung“. Denn das Recht liegt auf Seiten der Opfer, Verzeihung zu gewähren – oder zu versagen. Bei „Entschuldigung“ haben die Täter ein weiteres Mal den Opfern das Vorrecht genommen, der „Ver-Gebende“ sein zu können.
Friedhelm Katzenmeier

Andrea Böhm schreibt in ihrem Artikel „Sie wollen ihre Toten zurück“, die Ausbeutung seiner Kolonien habe Europa „eine Industrialisierung“ ermöglicht. Es habe sich „materiell fast alles, was es für seinen Aufstieg, also für das Zeitalter westlicher Dominanz brauchte“, aus den Kolonien geholt. „Gold, Silber, Zucker, Elfenbein, Kautschuk, Kupfer, abgebaut von Millionen Sklaven und Zwangsarbeitern.“ Vielleicht bin ich nicht richtig informiert, aber ich ging bisher davon aus, der Aufstieg Deutschlands beispielsweise beruhe auf Kohle und Stahl. Soweit ich weiß, benötigt man für die Stahlerstellung weder Gold, Silber oder Zucker und auch nur geringe Beimischungen an Elfenbein. Aber mal im Ernst – die Behauptung, Europa verdanke seinen Reichtum der Ausbeutung Afrikas, ist heutzutage genauso falsch wie sie es in Bezug auf das neunzehnte Jahrhundert ist. Wenn der Zufluss aus den Kolonien eine so große Bedeutung gehabt hätte, hätten Spanien und Portugal zu Zeiten des Imperialismus an der Spitze der europäischen Entwicklung stehen müssen. Tatsächlich befanden sie sich seit langer Zeit im Niedergang oder stagnierten zumindest.
Genauso war es die Großmacht, die am wenigsten Kolonien in Besitz nahm, die zur Jahrhundertwende ein wenn auch damals nicht so genanntes Wirtschaftswunder an den Tag legte. Die Gründerzeit ging dem Kolonieerwerb voraus, nicht umgekehrt. Die deutschen Kolonien waren dabei bis auf Togo ein Minusgeschäft. Treiber der kolonialen Expansion der wilhelminischen Zeit war nur vorgeschoben die Wirtschaft, tatsächlich aber das nationale Prestige.  Auch heutzutage beruht der europäische Wohlstand nicht auf der Ausbeutung Afrikas, sondern auf Handel und internationaler Arbeitsteilung. Die größten Rohstoffexporteure sind auch heutzutage Industriestaaten wie beispielsweise Australien. Der Anteil Afrikas am Welthandel liegt bei 2,2 Prozent. Es ist absolut verständlich, über viele Zustände in Afrika traurig, empört oder davon betroffen zu sein. Ich verstehe auch, dass man denjenigen, denen es sowieso nicht gut geht, nicht auch noch die Verantwortung an diesen Zuständen zuweisen möchte (selbst wenn sie u. a. durch das Fehlen guter Regierungsführung dort zu finden ist). Das rechtfertigt m. E. aber weder ein europäisches Schuldbewusstsein auf schwacher empirischer Basis, noch die daraus abgeleitete Umdeutung der Massenmigration aus Afrika nach Europa.
Interessant ist, dass Frau Böhm von „Europas Lebenslüge“ schreibt. Diese bestünde in der Annahme, Afrikas Geschichte begänne erst mit den Europäern. Dem ist absolut zuzustimmen, gerade was Tansania angeht. Bevor die Europäer kamen, war Sansibar Zentrum des Sklavenhandels nach Arabien, der allerdings schon seit der Zeit der Abbasiden, also über eintausend Jahre andauerte. In dieser Zeit wurden nach Tidiane N’Diaye 17 Millionen Schwarzafrikaner in den Norden verschleppt. Warum es in Arabien im Gegensatz zu Amerika keine große Anzahl von Sklavennachfahren gibt? Weil die männlichen Sklaven in der Regel kastriert wurden – was 75% nicht überlebten –, während die Kinder schwarzer Frauen getötet wurden. Nun ist ein Unrecht nicht mit einem anderen aufzuwiegen. Es sei allerdings die Frage gestattet, warum Reparationsforderungen an Europa gestellt werden und nicht etwa an reiche arabische Staaten. Die Antwort dürfte weniger in der historischen Wahrheit liegen und mehr im spezifisch europäischen schlechten Gewissen, das dieser Artikel nach meinem Eindruck exemplarisch zeigt.
Arne Jacobsen

Der Artikel von Andrea Böhm zeigt wieder einmal in aller Klarheit unseren ungerechtfertigten und immer noch “ überheblichen“ Umgang mit Afrika. Es ist ein großer Gewinn, dass sie aus Afrika berichtet. Aufgrund persönlicher Erfahrung in Westafrika- ich habe Familie dort- kann ich ihren Analysen nur zustimmen. Die Sklaverei und der Kolonialismus haben über Jahre und Jahrhunderte Gesellschaften und Familien schwer geschädigt und uns bereichert. Unsere westliche Wirtschaftspolitik mit Handelszöllen usw. tut ihr übriges, um ökonomische Entwicklung zu bremsen. Es geht nicht nicht um Mitleid, schlechtes Gewissen und Schuldgefühle. Es geht um Anerkennung des Unrechts und endlich die Akzeptanz, dass Afrikaner genauso wertvoll, klug, liebenswert und einfach nur gleichwertige Menschen sind.
Gabriele Bermel-Schmieder

Zum Vorsitzenden der CDU als evtl. Bundeskanzler einige Bemerkungen. Es kann doch nicht sein, dass sich niemand in der CDU findet, der Merz, den Wankelmütigen, ersetzen kann. Politiker, die „staatsmännisch“ Erfahrungen einbringen, die bescheiden und sachlich bestimmt im Auftreten sein können; die in Ihren Entscheidungen nicht auf Reaktionen reagieren, das Volk, „den kleinen Mann*, sowie die Wirtschaft in Entscheidungen berücksichtigen; die der Wirtschaft deren Platz zuweisen bei staatspolitischen Entscheidungen;  denen die Verantwortung zur Demokratie vorrangig ist, die es verstehen, Politiker mit Profilierungssucht von Verantwortungsbewussten zu unterscheiden und in Verantwortung zu nehmen; Politiker, die es verstehen aus Wirtschaft, Wissenschaft, sowie Gesellschaft Menschen (w + m) heraus zu filtern mit Umsicht und Verantwortung für den Staat; Politiker, die es sich zutrauen, Entscheidungen zu fällen, die der Gesellschaft im Ganzen (Volk und Wirtschaft) unangenehm sind, die dem „Wohlstand schaden“.
Politiker, die sachlich und bestimmt in der weltweiten Politik Aussagen treffen, die nicht trennen, sondern nachdenklich stimmen; denen Politikern, welche Ohnmacht mit Macht zu kaschieren versuchen, mit Weisheit gegenüber treten können, falls das bei Psychopathen (Putin, Trump, etc.) möglich ist. Mir und wahrscheinlich mehreren im Volk ist im Moment nur einer bekannt und zwar in der CDU der ehemalige außenpolitische Sprecher Norbert Röttgen, der nur dann spricht, wenn er gefragt wird, warum er bei der Wahl des Partei-Vorsitzenden „durchgefallen“ ist, wissen nur die „Schwärmer“; vielleicht findet die Partei der CDU einen aussagekräftigeren Begriff als das inhaltsverschwommene „C“.
U. Quarz


Leserbriefe zu „Warum nicht ‚der‘, ‚die‘ und ‚das‘ abschaffen?“. Gespräch mit Lorraine Daston geführt von Lena Frings und Urs Willmann

Vielen Dank für Ihr sehr lesenswerten und erleuchtendes Interview mit Frau Daston. Bitte bringen Sie mehr solche Beiträge, wir brauchen dringend mehr Moral und Regeln! Sie zeigen uns, dass wir alle aktiv werden und etwas gegen die Klimakatastrophe tun können.
Klaus Siersch

Frau D. ist keine deutsche Muttersprachlerin. Hier äußert sie sprachfeministischen Unsinn im Sinne von: Das Deutsche wäre eine Männersprache und Wörter (Substantive) hätten ein Geschlecht, und es gäbe ein generisches Maskulinum. Sie lassen das zu, korrigieren nicht und veröffentlichen es auch noch. Zu den Fakten: Die deutsche Sprache ist eine neutrale Sprache. Wörter (Substantive) haben kein Geschlecht. Die Artikel: der-die-das kennzeichnen die jeweilige Deklinationsklasse. Vergleichbar dem Lateinischen, das keine Artikel kennt, und wo Substantive dem Genus/der Deklinationsklasse: Maskulinum, Femininum, Neutrum entsprechend zugeordnet werden. Die Artikelsetzung im Deutschen ist willkürlich. Ich bitte um öffentliche Stellungnahme/Korrektur. Grammatisches Genus hat nichts mit dem natürlichen Geschlecht zu tun.
Elisabeth Ebel

Ich habe ja schon einige Rechtschreibreformen erlebt. Sie haben Recht, Regeln ändern sich ständig. Aber die Artikel einfach abschaffen, ist nicht so einfach. Dazu kommt noch die Kleinstaaterei der BRD. Ein Bundesland akzeptiert und lehrt es, ein anderes nicht. Die armen Kinder, wenn die Eltern umziehen. Einheitliche Orthografie – nicht so wichtig. Das Bundesland, die Partei, die es gerade regiert, ist wichtiger!? Konsensfindung – das versteht leider nicht jeder Politiker. Noch ein Spruch, der nicht von mir ist:
Die Spinnen. Die spinnen.
Er hat liebe Genossen. Er hat Liebe genossen.
Wäre er doch nur Dichter. / Wäre er doch nur dichter.
Die nackte Sucht. / Die Nackte sucht.
Der gefangene Floh. / Der Gefangene floh.
Helft den armen Vögeln. / Helft den Armen vögeln.
Und da soll jemand sagen: Groß- und Kleinschreibung sei nicht wichtig. Das wäre sonst der nächste Vorschlag, nach dem Wegfall der Artikel? Satzzeichen können sogar Leben retten: Komm wir essen, Opa! / Komm, wir essen Opa!
Klaus Rozinat

Dass Regeln und Normen sich evolutionär entwickeln und diese einer Gesellschaft einen Rahmen geben, ist keine ganz neue Botschaft. Interessant wird es, wenn es um die aktuelle Diskussion des Genderns geht. Von den Interviewern wird ein moralischer Anspruch angeführt, der neue Regeln für unsere Sprache rechtfertigen soll. Wenn gute Argumente fehlen, wurde schon immer schnell die Moral zur Hand genommen: Gendern ist moralisch. Nicht-Gendern dann unmoralisch? Sprachliche Regeländerungen werden aber derzeit von einer breiten Mehrheit der Gesellschaft abgelehnt und oft als moralisierende Bevormundung empfunden. Trotz großer medialer Anstrengungen, trotz politischer Bemühungen großer Teile der jetzigen Bundesregierung, trotz universitäter Diskursdominanz. Wer Regeln ändern will, muss beweisen, dass diese besser sind als die alten. Offensichtlich ist die Argumentation derzeit zu dürftig. Auch die Regeländerungen der abgewählten Berliner Landesregierung sind auf wenig Gegenliebe gestoßen, was beileibe nicht nur am Auto liegt. Das Bild vom grünen Punkt mit dem schwarzen Gürtel ist ein sehr schönes Sinnbild dafür, was passieren kann, wenn kleine Minderheiten Herrinnen der Regeln werden wollen. Man schrumpft ohne überzeugende Argumente auf die Größe, die einem zukommt.
Jürgen Bergmann 


Leserbriefe zu „Das Reinquatschen liegt mir“. Gespräch mit Sabine Rückert geführt von Giovanni di Lorenzo

Ihre Aussage „Ich habe keinen Glauben mehr“, erinnert mich an einen Jugendlichen, der mit der Welt hadert. Für eine 62-jährige Frau und auch noch Journalistin, beschämend. Haben Sie das unverdaut von Ihrer Schwester übernommen? Wem wollen Sie damit gefallen, Das ist Populismus pur, ich hätte Ihnen einen anspruchsvolleren Abgang gewünscht. Wie wär`s, es der 23lährigen Luna Prüfer nach zu machen, in ein Schweigekloster zu gehen. Ihr Chef, G. di Lorenzo hat Sie treffend beschrieben (und 11 Jahre erduldet), toller Chef. Nicht traurig sein, Sie haben ja das Leben noch vor sich, wobei bayrisch schon eine gewaltige Hypothek zu sein scheint, s. Söder + Co.
Udo Quarz

Als großer Fan von Frau Rückert und großem Verständnis für ihren Rücktritt, dennoch: Ich finde es problematisch, wenn fitte, aktive, intelligente Menschen, die etwas zu sagen und zu bewirken haben nun alle mit Ende 50, Anfang 60 in Rente gehen. So im Freundes- und Familienkreis. Viel verschwendetes Potential, was wir auf allen Ebenen brauchen können.
Cosima van Laak

Wenn man nacheinander das Interview mit Sabine Rückert und dann „Bin ich nicht queer genug“ von Emily Lau liest, dann wünscht man sich folgendes: eine Livediskussion der WG erfahrenen Sabine Rückert mit den 3 Ex-Bewohnerinnen von Frau Lau. Ich glaube das wäre ein Heidenspaß!
Ralf Brügel

Herzlichen Dank für Ihr offenes und freies Gespräch mit Herrn di Lorenzo. Man spürt Ihre Loslösung von den Bindungen des Berufs und dennoch Ihre klaren und festen Standpunkte zu verschiedenen Themen wie etwa die Täter-Opfereinstufung oder Ihre Einstellung zur Sensibilität in unserer Gesellschaft – Danke an dieser Stelle, dass „die Zeit“ beim Fehltritt von Herrn Precht nicht nachgetreten hat.
Mein eigentlicher Dank gilt allerdings Ihrem Podcast mit Ihrer Schwester Frau Prof. Haberer. Mit Ihrer fachlichen Leichtigkeit, ohne Programmatik, die schwierigen Themen des Alten Testaments konsequent in einen verständlichen Kontext zu fassen und dabei noch sehr passende und sinngebende Erklärungen zu ergänzen, ist für mich eine Meisterleistung der Vermittlung. Ich hoffe, Sie beide werden, wie Sie in Ihrem Gespräch schildern, bis zur Offenbarung weiter machen. Ich freue mich auf Ihre Fortsetzungen. Danke auch an Ihre Schwester und das Team.
Karl-Wilhelm Wilkesmann


Leserbriefe zu „Torten der Wahrheit“ „Diversität in Deutschland“ von Katja Berlin

Wenn es antisemitisch ist, den israelischen Siedlungsbau als völkerrechtswidrig zu bezeichnen, dann gehöre ich wohl in die rote Gruppe, genau wie die UN und der internationale Gerichtshof. In der nächsten Zeit-Ausgabe könnten sie ja die „Mitschuld“-Grafik für ein Land ihrer Wahl zwischen Marokko und der Türkei modifizieren. Vielleicht schneidet das viel gescholtene Deutschland im internationalen Vergleich ja gar nicht so schlecht ab, wie Sie denken…
Christian Voll

Kann man nicht diesen Quatsch endlich mal beenden?
H. F. Koops

Die Torte gibt die Wahrheit in keinster Weise wieder. Das blaue Problem wird sonst immer sehr betont. Aber in dieser Torte ist der Blauanteil sehr viel größer als angegeben.
Cl. Reimann


Leserbriefe zu „Gerade noch die Kurve gekriegt“ von Mariam Lau

Friedrich Merz im Aufwind, selbst ohne Beistand der „Zeit „. Auf der Erfolgsspur, weil er nach langem Lavieren einen klaren Kurs eingeschlagen hat, der den Grünen die kalte Schulter zeigt und mit Merkel abschließt. Das beweist Mut gegenüber der anders gepolten Funktionärsriege und dem eher reservierten Mainstream. Gamechanger ist die Migrationskrise, die die politischen Koordinaten verschoben hat. Die Ampel in der Defensive, Scholz der Wegbereiter für eine GroKo, wird spekuliert. Besser kann es nicht laufen, Wadenbeißer Söder ist abgeschlagen. Sollte Boris Rhein in Hessen einen „Spurwechsel“ vollziehen, hat Merz alle Trümpfe in der Hand. Die NRW-Wahl 2005 mit dem anschließenden Machtverlust von Schröder wäre ein lehrreiches Vorspiel.
Christoph Schönberger

Auch Friedrich Merz biedert sich dem Zeitgeist an und räumt seine frühere christliche Haltung zu gewissen sexualethischen Fragen. Dass Merz jetzt – vermutlich aus machtpolitischem Kalkül und weil er merkt, welche Stimmung die Merkelianer innerhalb der Partei gegen ihn machen („Krawallkonservativismus“ u. ä.) – solche Haken schlägt, macht m. E. erneut deutlich: Dem „C“ im Parteinamen noch irgendwie Geltung zu verschaffen zu wollen und gleichzeitig als Politiker um die Gunst einer breiten Wählerschaft zu buhlen und die Flügel einer Volkspartei zusammenhalten zu wollen – diesen Spagat muss scheitern. Damit wird die viel beklagte Repräsentationslücke für konservativ-bürgerlich gestimmte Wähler und besonders bibeltreue Christen noch größer. Die AfD ist u. a. wegen ihrer Verharmlosung der NS-Zeit, dem ungeklärten Verhältnis zur EU und NATO sowie aufgrund ihres Putin-Appeasements k e i n e Alternative für Deutschland.
Für bibeltreue Christen bietet sich m. E. nur folgende Alternative: Sich aus der Politik komplett raushalten und sich daran zu erinnern, dass auch Jesus nicht auf die Veränderung von Strukturen abzielte oder den Einsatz für „christliche Werte“ proklamierte, sondern auf die Erneuerung des Herzens einzelner Menschen abhob. Den rettenden Glauben an Jesus Christus zu verkündigen, das ist m. E. auch heute erheblich erfolgversprechender als auf Menschen zu setzen, die dann doch irgendwann dem Zeitgeist nachgeben.
Marcel Haldenwang

Das Friedrich Merz gegenwärtig sogar seine schärfsten Kritiker überraschen würde überrascht mich doch sehr. Vom Saulus zum Paulus in kürzester Zeit? Man erinnere sich, vor einigen Wochen behauptete Herr Merz noch, abgelehnte Asylbewerber würden sich in Deutschland kostenlos die Zähne machen lassen und deutschen Bürgern die Zahnarzttermine wegnehmen. Zynisch. Ein verbales niederreißen der vielbeschworenen Brandmauer zur AfD. Ein Zündeln in aufgeheizter gesellschaftlicher Stimmungslage. Und nun der Wechsel hin zum quasi freundlichen und verständnisvollen Landesvater in spe? Wahrscheinlicher ist, dass Merz seinen Kommunikationsberater austauschen ließ und der ihm riet, einfach nicht mehr der alte Friedrich Merz zu sein, am besten den Mund zu halten, nicht im falschen Augenblick zu lachen und nichts steht seinem Traum, den Kanzlerthron zu besteigen, mehr im Wege. Die Ampel pflastert ihm gerade den Weg. Also stillhalten. Keineswegs dumm, aber auch nicht wirklich überraschend.
Reiner Gorning


Leserbriefe zu „Wir nahmen beide den Kampf an“. Gespräch mit Sibel Kekilli und Michel Friedman geführt von Peter Kümmel

Glauben Sie wirklich, dass Michel Friedmans Selbstbekenntnis, das Sie herausgehoben reproduzieren, stimmt? „Ich bin außerordentlich schüchtern und immer noch ängstlich.“ Man muss doch nicht alles glauben! Nur ein Beispiel unter vielen: „Der Fall Friedman“ 2003. „Erst der Kokainfund, dann die Rot-Licht-Geschichten“. (SPIEGEL,21.6.2003) Von Schüchternheit zeugen die „Sex- und Drogeneskapaden“ (SPIEGEL) wahrlich nicht. Warum also diese Schönfärberei?
Richard Hüttel

„Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus.“ (gedichtet von Wilhelm Müller – vertont von Franz Schubert). In dem Gespräch mit Peter Kümmel (einem Theater-Kritiker par excellence) wird Michel Friedmann – der ja selbst auf der Bühne der öffentlichen Moderations-Theater sich bestens auskannte und nie ein Blatt vor den Mund nahm, stets auch provozierend blieb – interviewt und äußert sich auf dessen Frage „Ist Ihr Widerstand gegen die Gesellschaft je geringer geworden?“ – wie folgt: „Nein. Ich bin in den Sechzigerjahren als Zehnjähriger nach Deutschland gekommen, in ein durch und durch antisemitisches Land. Ich erlebte das Original des Nachkriegsdeutschlands, mit seiner Verlogenheit, seiner Verklemmtheit, seiner Heuchelei, mit dem Versuch, die Tapeten jede Woche weiß zu übermalen, weil das Braune schon wieder durchkam. Seitdem ich hier lebe, ist der Judenhass immer mehr oder weniger auf dem gleichen Stand – und er ist immer auch in der bürgerlichen Gesellschaft verankert gewesen. Er liegt in allen wissenschaftlichen Untersuchungen zwischen 15 und 20 Prozent der Bevölkerung.“
Ein jüdischer Mensch wie Michel Friedmann kann in einem Land der (einstigen) Mörder sicherlich kein zu Hause oder eine Heimat auffinden oder vorfinden wollen – dazu ist der Holocaust und die furchtbare Geschichte seiner Familie: auch in aller Zukunft nicht vereinbar mit einer verinnerlichten sogenannten „Aussöhnung“ zu Deutschland. Das wird und kann es nicht geben – derartige Schuld kennt keine Entschuldung! Somit wird die (doch zu pauschalisierende) ewige Anklage (des Mördervolkes) des Michel Friedmann in obiger Ausführung auch noch jetztzeitlich widerspruchslos hingenommen werden (müssen?) – selbst für die Generationen, die nach dem Krieg (oder als Kinder/Jugendliche im II: Weltkrieg) geboren wurden und noch geboren werden… Dass man aber als Jude/Jüdin in einem Land der (einstigen) Mördervergangenheit lebt und leben will – muss verschiedene Gründe aufweisen und gehabt haben, zumal Friedmann nach Deutschland kam (Zitat) „in ein durch und durch antisemitisches Land“.
Er war jedoch noch ein Kind, als die Eltern (Überlebende des Holocaust) nach Deutschland kamen – doch Michel Friedmann hat auch die französische Staatsbürgerschaft, wurde in Paris geboren, und blieb dann über die Ausbildungen hinweg als Erwachsener in diesem Land des „Antisemitismus“. Hier aber ergaben sich für den sich durchsetzenden Friedmann enorme Möglichkeiten des Aufstiegs in diese deutsche Gesellschaft, hatte er doch Erfolge in der beruflichen Existenz als Rechtsanwalt sowie als Politiker, Publizist, (benennender) Philosoph, und war in den verschiedenen jüdischen Gremien in den Vorständen, wurde Moderator beim Rundfunk und im Fernsehen. Man darf ihn doch einen Allrounder benennen mit allen Wassern gewaschen! Gleichwohl half ihm sicherlich auch seine jüdische Anwesenheit zu seinen besonderen Fähigkeiten seiner Durchsetzungskraft als Person – auch wenn Friedmann in dem Peter Kümmel-Gespräch äußert: „Ich bin außerordentlich schüchtern und immer ängstlich.“
Mag so sein, aber sein öffentliches Auftreten hatte eine andere Person dokumentiert – von Schüchternheit keine Spur! Ängstlichkeit im Land der einstigen Mörder und des anteiligen Antisemitismus in der „bürgerlichen Gesellschaft“ ist sicherlich vorstellbar… Zu erklären aber sind damit nicht die Ermittlungen (im Jahre 2003) wegen „Menschenhandels im Rotlichtmilieu“ – Ukrainische Zwangsprostituierte schilderten der Kriminalpolizei: dass Michel Friedmann mehrmals mit ihnen Sex hatte, Kokain angeboten habe und selbst Kokain konsumierte… Trotz seiner Bestreitungen: wurde seine Haarprobe positiv analysiert. Es erging ein Strafbefehl wegen Kokainbesitzes über 150 Tagessätze zu insgesamt 17.400 Euro. Friedmann nahm diesen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft an. Von seinen Ämtern, Moderationen und Privilegien trat er dann zurück! Die Öffentlichkeit bat er um „eine zweite Chance“! Und die bekam er dann auch, war bald wieder rege und telegen in den Medien unterwegs – fast ganz der frühere Friedmann mit seiner Chuzpe und seinem eigenartigen Durchsetzungsvermögen. Und so kommt man schließlich auch zu Vermögen in einem „feindlichen“ Land, das Michel Friedmann (nach wissenschaftlichen Untersuchungen) mit 15 bis 20 Prozent in der Bevölkerung als antisemitisch belastet sieht…
Immerhin hat Friedmann das Bundesverdienstkreuz I. Klasse verliehen bekommen – auch so eine Auszeichnung aus dem einstigen Mörderland, das dann vielleicht hätte doch nicht angenommen werden sollen: wenn man das eigene Gesamtbild doch so genau im antisemitischen Visier hat, wie es uns Michel Friedmann deutlich vor deutsche Augen hält. Oder gibt man nach solchen persönlichen Exzessen vielleicht sein Bundesverdienstkreuz wieder zurück – wäre doch denkbar und vorstellbar: zwar nicht aus Pietätsgründen, einfach nur aus einer Kompensation des erkennbaren Misstrauens gegen sich selbst… Niemand werfe den ersten Stein! Denn, wann ist man persönlich schon ein stabiler Saubermann im privaten oder öffentlichen Leben – doch wenn man sich zu weit raushängt und dann sich auch noch das Bundesverdienstkreuz I. Klasse anhängt plus allem, was damit zusammenhängt an erschreckender, furchtbarer Geschichte deutscherseits…
Summa summarum: das passt alles irgendwie nicht zusammen, hat seltsame Metamorphosen aufzuweisen. Der RvM-Leserbriefschreiber ist erstaunt, dass im berechtigten Hass des Michel Friedmann (ohne dass je eine deutsche „Entschuldung“ möglich sein kann) solch ein Orden überhaupt angenommen wird… Soll das evtl. ein annäherndes Entgegenkommen von seiner Seite gewesen sein – wie auch immer: in der Überschrift zu dem ZEIT-Artikel ist von Michel Friedmann und Sibel Kekilli zu lesen: „Wir nahmen beide den Kampf an.“ Doch in allen Nationen darf nicht gelten: „Right or wrong my country.“ Und wir sollten allesamt als Menschen uns vernunftvoll verständlich machen können zu einem kollektiven Frieden auf Erden! Der RvM ist Atheist bzw. erkennt mit Vernunft keine Gottheiten! Alle Gott/Götter-Religionen aller Zeiten sind nur Menschen-Illusionen und Phantasien ohne jemalige Beglaubigung im Glauben dieser Manipulationen! Und betrifft selbstverständlich auch die jüdische Religion: in ihrem ausgewählten Selbstverständlich alleinig das auserwählte Volk zu sein…
Peter Kümmel fragt in DIE ZEIT. „Sie sind beide erfolgreiche Menschen, die mit Bedrohungen leben. Wie gehen Sie damit um?“ Und Michel Friedmann antwortet: „Dass man mich erkennt, könnte dazu führen, dass, wenn ich durch Berlin gehe, drei, vier Menschen – das könnten sowohl Rechtsextremisten als auch radikalisierte Muslime sein – mich bei Gelegenheit schlagen. Das stimmt. Aber mein ganzes Leben war so. Bestimmte Leute, eigentlich sehr feige Menschen, meistens Männer, genießen das Angstmachen sehr. Aber natürlich gibt es auch reale Gefahren. Ich würde nie auf die Idee kommen, in gewissen Teilen von Thüringen und Sachsen nachts alleine spazieren zu gehen. Aber ich lass mich nicht einschüchtern. Denn wenn ich das einmal tue, bricht wie ein Dominospiel meine Fähigkeit zusammen, einen Konflikt auszuhalten und nach außen zu gehen. Dann wäre ich nicht mehr ich.“ Und die Schauspielerin Sibel Kekilli erklärt: „Fremd. Genau. Mein Opa hat hier die Straßen geteert. Und ich werde ja auch noch immer, egal was ich mache, oft als Fremde gesehen.
Ich habe versucht, meine türkische Identität aufzugeben. Dann dachte ich: Warum eigentlich? Die Kultur meiner Herkunft ist doch auch gut. Aber am Ende gehört beiden Kulturen meine Liebe, und noch mehr Deutschland, weil ich hier geboren und aufgewachsen bin.“ Sibel Kekilli wird die Texte des Buches „Fremd“ von Michel Friedmann auf die Bühne des „Berliner Ensembles“ umsetzen – Michel Friedmann bei der Uraufführung (am 26. Oktober 2023) anwesend sein und garantiert nicht vorzeitig diese Theatervorstellung verlassen im sicherlichen nicht Alleinegelassensein… Zwei letztlich souveräne Menschen (in ihrer notwendigen Selbstbewertung) haben sich individuell hierzu vor/gefunden – und wissen um dieses Experiment in der Öffentlichkeit der Kunst (in der mitbeteiligten „Fremde“) und des auch so tragischen Menschen-Dasein.
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

Wieder stehen wir von dem Widerspruch, den man nicht verstehen, geschweige denn auflösen kann, dass (fast) jeder/jede zu Recht seine ethnische, religiöse, sexuelle Zugehörigkeit bzw. Identität gewürdigt und respektiert sehen will, dann aber beklagt, dass er sich in der jeweiligen (noch) Mehrheitsgesellschaft ausgegrenzt fühlt. Meine Eltern sind Mitte der Fünfziger Jahre mit zwei kleinen Töchtern aus Deutschland nach Italien ausgewandert und wir sind in der zweiten Generation als inzwischen siebzigjährige Frauen immer noch „die Deutschen“. Mit dem aus Minderwertigkeitskomplex und Überlegenheitsgefühl resultierenden Ressentiment der Italiener gegen die Deutschen, werden wir immer noch blöd angegangen mit Bemerkungen die von Nazi-Vergleichen (unerträglich für Leute, die zu Hause und in der Schule mit Schuldgefühlen erzogen worden sind), über den Verweis, in „unser“ Land zurückzukehren, wenn uns etwas nicht passt (und in Italien gibt es so manches, was auch den Italienern gegen den Strich geht), bis hin zu Kommentaren über unseren leichten Akzent mit der Aufforderung, erst einmal die Sprache zu lernen, bevor wir den Mund aufmachen (ich war Universitätsprofessorin und beherrsche das Italienische in allen Raffinessen besser, als viele Italiener).
Obwohl ich zwei Pässe habe, würde ich nie verlangen, als Italienerin angesehen zu werden. Sollte man sich nicht mit seinem Anderssein anfreunden und eine gewisse Distanziertheit von der sogenannten „Masse“ der „Ureinwohner“ genießen, anstatt immer nur zu lamentieren und die Eingliederung (oder Auflösung?) in eine Gesellschaft zu fordern, zu der man aufgrund des Elternhauses, der Erziehung, kleinerer oder größerer Unterschiede im Benehmen nicht gehört (und vielleicht nicht einmal gehören möchte)? Übrigens: In der deutschen Schule in Rom gab es in den Fünfziger und Sechziger Jahren weder unter den Lehrern und noch weniger unter den Schülern Nazis oder Antisemiten, eine meiner besten Freundinnen war Jüdin und sie und ihre Eltern lebten das mit der größten Selbstverständlichkeit aus. Dieser Umstand spiele aber überhaupt keine Rolle, da meine Freundin weder diskriminiert wurde, noch eine Sonderbehandlung erfuhr. Außerdem scheint mir, dass das „Außenseitersyndrom“ (und es gibt viele kultivierte Menschen, die darunter im eigenen Land leiden, unabhängig von allen anderen Charakteristika!), dass dieses Syndrom ein Problem der Eliten ist, die genug Mittel und Möglichkeiten hätten, ein Land zu verlassen, in dem sie sich so unwohl fühlen.
Michaela Böhmig


Leserbriefe zu „Mama“ von Lena Niethammer im ZEIT Magazin

Ich hoffe, in Ihrem nächsten ZEIT-magazin finde ich ein ebenso anrührendes Telefonat einer palästinensischen Mutter mit ihrem Kind!
Hanne Raeck

Welch ein Segen, dass ein Mobiltelefon nicht nur ein modisches Spielzeug ist, sondern auch menschliche Stimmen überträgt! So gelang es einer weit entfernten israelischen Mutter, mit ihren beruhigenden Worten gleichsam eine wärmende Decke über ihre allein im Schutzraum ausharrenden und zu Tode geängstigten kleinen Kinder zu legen! Man erhält auch einen Eindruck von der beispielhaften Solidarität der Kibbuzbewohner. Ein aufrüttelndes Dokument über Mutterliebe, Mut und Hilfsbereitschaft! Bleibt zu hoffen, dass dieses Massaker einmalig bleibt und die Kinder trotz der Ermordung ihres Vaters und seiner Lebensgefährtin keinen dauerhaften seelischen Schaden davongetragen haben!
Ulrich Pietsch

Warum berührt mich dieser traurige Beitrag nicht wirklich? Der Staat Israel gehört noch zu meinen drei Traumreisezielen, mir gefällt die Wissenschaft die Kunst Kultur die Architektur die Lebensart, ich bewundere die Wirtschaft. Ich denke, Israel braucht eine sehr gute Armee und den besten Geheimdienst, weil es sonst durch, man kann fast sagen die arabische Welt, von der Landkarte verschwinden würde. Ich verurteile die Siedlungs- und Besatzungspolitik der israelischen Regierung. Friedenslösungen finden nicht nur bei Palästinensern, sondern auch in Israel keine breite Unterstützung mehr. 1948 hat man den Palästinensern auch einen Staat versprochen, sie wurden vertrieben, jüdische Menschen eigneten sich deren Eigentum an.
Sie leben als Staatenlose. Das rechtfertigt keinen Terror der Hamas. Die Geiselnahme rechtfertigt in meinen Augen auch nicht den Tod eines palästinensischen Kindes. Es muss verhandelt werden. Und nun zu meiner anfänglichen Frage. In den 80ern war ich noch jung, und ich las von den Massakern in Sabra und Schatila. Auch bei der UNO wurde eine Mitschuld des israelischen Militärs gesehen, ich denke heute, wie sah wohl der damalige Beitrag der „Zeit“ dazu aus? Viele Menschen in meiner Umgebung können nicht ausblenden, dass Palästinenser viel Unrecht erlitten haben, obwohl nur die israelische Gesellschaft als Lebensmodell in Frage käme.
Brigitte Faber


Leserbriefe zu „Hofknicks vor dem Autokraten“ von Florian Gasser

Sie fragen sich, warum das Vertrauen der Bevölkerung in die Berichterstattung der Leit- Medien so stark sinkt? Im Artikel „Hofknicks vor dem Autokraten“ können Sie ein Paradebeispiel der Gründe dafür analysieren: Statt eine Berichterstattung, die beide Seiten hört zu versuchen, wird ein demagogischer, extrem einseitiger Artikel in der ZEIT zu Österreich und Russland veröffentlicht, eine Schande für den ZEIT-Journalismus.
Österreich hat trotz Neutralität die Sanktionen gegenüber Russland mitgetragen und damit die Neutralität Österreichs de facto aufgegeben, obwohl die Sanktionen Russland wenig beeinträchtigen und auch als Schuss ins eigene Knie zu werten sind. Dabei sind die Prozent-Zahlen des Anteils der Gasimporte aus Russland in der Grafik und im Text inkonsistent (80 % im Text von Hrn. Gasser, 71 % in der Grafik) und kein Wort zu den absoluten Zahlen pro Kopf der Bevölkerung, dann wäre ja ersichtlich. dass Deutschland in höherer Abhängigkeit zu russischen Lieferungen stand. Kein Wort zu „Putins nützlichen Idioten“ Deutschland, der über Zwischenhändler zu Putins Freude zu höheren Preisen Russland weiter finanziert. Ein seriöser statt demagogischer Journalismus hätte ein breiteres Fakten- und Meinungs-Spektrum dargestellt!
Johannes Reintjes

Zu dieser bekannten Haltung Österreichs passt gut ein Spruch, der zu anderer Zeit populär war: Tu felix Austria nube !
Hartmut Wagener


Leserbriefe zu „Ich muss noch etwas sagen“ von Tanja Stelzer

In jedem Krieg werden grauenvolle Verbrechen begangen – auf beiden Seiten. Nach dem Ende des Konflikts will dann niemand so genau wissen, was im Einzelnen passiert ist und ob das Handeln wirklich alternativlos und der Situation angemessen war. Monsieur Réveil wagt es als einer der letzten noch lebenden Zeitzeugen, den Mythos der unfehlbaren Helden der Résistance anzugreifen, indem er nach Jahrzehnten das Schweigen bricht, ungeachtet der damit einhergehenden möglichen Ausgrenzung aus dem Kreis der angesehenen Veteranen. Deshalb gebührt ihm in zweifacher Hinsicht meine Hochachtung: Einerseits hat er sein Land gegen die Nazi-Herrschaft verteidigt, allen Widerständen zum Trotz; andererseits ist es ihm noch Jahrzehnte später ein Anliegen, die Wahrheit ans Licht zu bringen und so die Aufarbeitung dieses in den Köpfen vieler Franzosen und Deutscher noch immer präsenten, schrecklichen Krieges ein Stück voranzutreiben. Nehmen wir uns ein Beispiel an so viel Rückgrat und Unerschrockenheit, gerade in der heutigen Zeit.
Katharina Helmer

Was für ein Mimimi um ein paar Nazifaschisten! Das Einzige, was man der Résistance vielleicht vorwerfen kann, ist, dass sie ihren Kampf zu früh eingestellt hat. Gerade heute könnte man eine Résistance in fast ganz Europa und in den USA gut gebrauchen. Wenigstens kümmert sich jetzt Israel um die Gaza-Nazis. Die Terrorsponsoren in Katar und Saudi-Arabien kommen demnächst hoffentlich auch noch an die Reihe. Am dringendsten jedoch ist die Beseitigung des Mullahterroristenregimes im faschistischen Gebilde Iran. WER die Kinder- und Frauenmörder / -vergewaltiger sind, haben wir gesehen. Keine Gnade (oder Nachgeben), selbst wenn es für die Geiseln (wie bei Schleyer) eventuell tödlich enden kann (S. 2)! Irgendwann muss einfach Schluss sein! Wohin Geiselaustausche gegen Gefangene führen, haben wir Deutsche in den 70er-Jahren ja gesehen: Der Terror geht ungehindert weiter. Und Israel hat jetzt auch den Preis für seine Nachgiebigkeit beim Austausch EINES Soldaten gegen HUNDERTE Terroristen bezahlt. Vielen Dank, Benjamin Netanjahu!
Überhaupt kann sich Israel bei ihm für die finanzielle Unterstützung der Hamas „bedanken“ (falls das stimmt, was ich bei Wikipedia im Hamas-Artikel gelesen habe). Nazis und andere Terroristen nimmt man nicht gefangen, die „erschießt man auf der Flucht“, um mal diesen einen Deutschen zu zitieren, der im Zusammenhang mit der RAF ständig im Fernsehen gezeigt wird. Ich habe mich über den immer aufgeregt, weil da eine gewisse Nazinähe herauszuhören war, aber aus heutiger Sicht würde ich ihm beipflichten. Bei den Tunnelsystemen, in denen sich die Feiglinge verkrochen haben, wären wahrscheinlich andere Verfahren als das Erschießen effektiver. Gegen Nazis kann man auch ruhig einmal Nazimethoden anwenden. Wer Angriffskriege initiiert, wie unsere Vorfahren, soll sich hinterher nicht wundern, wenn er da nicht mehr lebend herauskommt. Das sei auch in Richtung Russland gesagt.
Thomas Manthey


Leserbriefe zu „Sag doch auch mal was!“ von Anna Mayr

Vorab, ich lese die meisten ihrer Beiträge sehr gerne, nur jedes Mal, wenn sie sich zu Familienthemen äußern stellen sich mir vor Entsetzen die Haare auf. Vor einiger Zeit haben sie einen Artikel verfasst, in dem sie in etwa aufführten, dass die Zeit, die man mit kleinen Kindern am Tag mit Kuscheln und anderen schönen und wichtige Dingen verbringt zusammen nur ca. 2h (genau erinnere ich mich nicht mehr) beträgt. Deshalb, so argumentierten sie könne man ja Hausarbeit und Kind tagsüber outsourcen und Erwerbsarbeit nachgehen. Nur haben sie damals wohl kaum bedacht, dass das Kleinkind die Kuscheleinheiten und ähnliches nicht am Stück konsumieren möchte, sondern im Allgemeinen über den Tag verteilt. Genauso argumentierten Sie jetzt, Frauen müssten nicht zu Hause bleiben, weil die Kinder nicht vollgestillt werden. Sie haben Recht, viele Babys essen ab diesem Alter Brei. Das heißt aber nicht, dass sie nicht trotzdem zu jeder Mahlzeit, wenn sie müde sind, wenn sie kuscheln wollen, etc. gestillt werden.
Ja, sie haben Recht, Mann könnte es anders organisieren. Aber zu welchem Preis für Mutter und Kind? Macht es im Arbeitsalltag wirklich einen großen Unterschied, ob man 8 oder 12 Monate abwesend ist? Wohl kaum. Macht es einen Unterschied für Mutter und Kind? Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: JA. Warum reden alle immer nur vom ersten Jahr. Es gibt noch mindestens 17 weitere Jahre, bis das Kind erwachsen ist. Und in denen können sich dann wirklich beide Eltern gleichmäßig einbringen. Was den Mutterschutz angeht. Hier ein kurzer Überblick über das Wochenbett. Ich denke dann ist verständlich warum die Frau und nicht der Mann in Mutterschutz geht: Das Wochenbett, auch Kindbett oder lateinisch Puerperium genannt, bezeichnet den 6- bis 8-wöchigen Zeitraum nach der Entbindung. Diese Zeit benötigt der mütterliche Organismus zur Regeneration der schwangerschafts- und geburtsbedingten Veränderungen. (Bei Interesse einfach mal googlen was da alles dabei ist). Etwa 10–15 % der Wöchnerinnen erleben eine so genannte Wochenbettdepression bzw. postnatale Depression. Bei etwa 1 bis 2 von 1000 Geburten kann es bei der Mutter zu einer so genannten Wochenbettpsychose kommen.
Julia Spreng

Die Beteiligung von Vätern an der Kindererziehung ist ein Gewinn für alle Beteiligten: am meisten Kind und Mutter, aber auch wir Väter profitieren vom Familienleben, langfristig die ganze Gesellschaft und darüber auch die Arbeitgeber. Zugegeben, das ist sehr ganzheitlich gedacht, soweit scheint politische Perspektive selten zu reichen. Warum gehen nun Väter nicht auf die Barrikaden, wenn diesbezügliche Versprechen und Erleichterungen von der Politik nicht eingehalten werden? Väter wissen nur zu gut, dass sie im feministisch geprägten Mainstream von Politik und Institutionen nicht gut gelitten sind. Es beginnt mit einer zuweilen schon als Mobbing zu bezeichnenden Atmosphäre für Väter mit ihren Kindern auf Spielplätzen und in Kindereinrichtungen. Es setzt sich fort mit einem dramatischen Defizit an spezifischen Beratungsangeboten (auch Schutzhäusern) für Väter in Notsituationen – die gibt es weit überwiegend nur für Frauen. Im Fall der Elterntrennung kämpfen Väter bei Uneinigkeit oft auf verlorenem Posten, wenn sie gleichwertig in die Erziehung eingebunden sein möchten – stets bekommen sie im Familienrecht zu spüren, nur Eltern zweiter Klasse zu sein, wenn überhaupt. Und schließlich spielt die Arbeitswelt nicht mit, Väter in Teilzeit gelten als Störfaktor und werden erneut gemobbt. Es liegt nicht an den Vätern, wenn Wirtschaft, Gesellschaft und Politik sie derart systematisch gängeln und verachten.
Johannes Zink


Leserbriefe zu „Orte der Zukunft“ „Die Erde umgestalten“ von Maximilian Probst

Auf der Seite 34 der Zeit 45 ist sehr eindrucksvolle Photographie von Simone Tramonte zu sehen. Es ist bemerkenswert, wieviel Strom so erzeugt werden kann. Ob jedoch diese die nachhaltige Technik der Zukunft ist bleibt abzuwarten. Was passiert beispielsweise mit dem Regen? Eine Versteppung des Bodens darunter ist auch zu befürchten. Auch diese Technologie zur Stromerzeugung hat ihre Nebenwirkungen, diese sollte man auch betrachten….
T. Gruber

Gerade ist mir bei der aktuellen Zeit (No.45) die Seite 34 links oben, „Orte der Zukunft (3(6)“ – Die Erde umgestalten, um sie zu retten aufgefallen. Das Bild darunter mag ja ganz interessant sein, aber Leben sehe ich da keines mehr…. Und: Die Erde kommt auch ohne uns Menschen aus – das hat sie die laengste Zeit sowieso schon getan.
Barbara Boysen


Leserbriefe zu „Viel erreicht und nichts gewonnen“ von Astrid Herbold

Es ist reizvoll, auch ein bisschen amüsant, Ihren Artikel nach der Lektüre des Interviews von Giovanni di Lorenzo mit Sabine Rückert, insbesondere die Seite 59 aus dem Zeit-Magazin zu lesen.
Walter Engel

Bei Ihrem Beitrag fiel mir wieder einmal auf, dass es als wünschenswert gilt, dass mehr Frauen MINT Fächer studieren. Umgekehrt ist aber anscheinend eine Erhöhung des Männeranteils in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen (Germanistik, Erziehungswissenschaften) nicht erstrebenswert. Wäre nicht auch dort eine höhere Diversität sinnvoll?
Sabine Moehler


Leserbriefe zu „Wenn der Schulweg zur Gefahr wird“ von Josefa Raschendorfer

Warum beteiligt sich die ZEIT an dem Versuch, in Deutschland ein Klima herbeizureden, in dem jüdische Menschen glauben Angst haben zu müssen. Es geht doch bei den gegenwärtigen Spannungen nicht um Antisemitismus oder Judentum. Es geht gegen den Unmut über eine Politik des bislang allmächtigen (?) Israels und dessen rechtsradikaler Regierung gegenüber den Palästinensern. Das hat mit Judenhass bzw. Antisemitismus, der diesem Protest ständig fälschlicherweise unterstellt wird, nichts, aber auch gar nichts zu tun!
Björn Luley

Leo „wenn der Schulweg zur Gefahr wird. 2. Absatz: „…. dem Land, das von Juden gegründet wurde.“ Richtig ist, dass es für Juden gegründet wurde. Dass sollte richtiggestellt werden.
Peter Bertzbach


Leserbriefe zu „Mit dem Davidstern als Schutz“ von Fabian Hillebrand

Im Artikel wird gesagt der Architekt Alfred Jacoby wäre von der “hiesigen Universität“ zum Professor berufen wurden. Als gebürtige Dessauerin weiß ich, dass Dessau keine Universität besitzt, auch nie Universitätsstadt war. Ja, es gibt eine Fachhochschule, die FH Anhalt, meinte Ihr Autor diese? Und ja, es gab ein Bauhaus in Weimar und eines dann in Dessau und Weimar besitzt heute eine Bauhaus-Universität, Dessau aber eben nicht. Das ist nur ein Detail, aber diese anscheinende Verwechselung und Ungenauigkeit ist mir schon öfters begegnet in öffentlichen Diskussionen, daher möchte ich darauf hinweisen.
Susanne Kraus

Fürwahr eine bemerkenswerte Geschichte.  Eine Gemeinde mit nur 260 Mitgliedern baut sich ein neues und architektonisch ansprechendes, sprich, nicht billiges Gotteshaus.  Gleichzeitig schließen christliche Gemeinden mit noch nicht mal so geringer Mitgliederzahl ihre Kirchen, trotzdem ihnen ein bereits fertiges Kirchengebäude zur Verfügung steht.  Bei muslimischen Klein-Gemeinden sieht es kaum besser aus, sie behelfen sich in dem Falle mit einer improvisierten Moschee in einem Hinterhaus. Da vor Gott und dem Gesetz alle gleich sind, sollte das Wissen um den wunderbaren Finanzierungsweg der Dessauer Synagoge auch den anderen zu Deutschland gehörenden Religionen verraten werden.
Ernst Kaffanke


Leserbriefe zu „Update Wien“ von Bernhard Heckler

Klimakiller DIE ZEIT? Wenn 4 Personen einen Direktflug, denn die wenigsten werden für ein UPDATE WIEN den Zug nehmen, z.B. von Frankfurt nach Wien buchen, sind sie ca. dreimal klimaschädlicher, als wenn diese 4 Personen ein halbes Jahr lang mit Öl heizen. Wenn sie eine Flugverbindung mit Umsteigen wählen, entsteht sogar ein Klimaschaden, der leicht nochmal doppelt oder dreimal so groß ist! Denn die Flugstrecke beträgt ca.800 km einfach, laut Lufthansa https://www.lufthansagroup.com/de/verantwortung/klima-umwelt/klimaschutzziele.html#:~:text=Der%20spezifische%20Treibstoffverbrauch%20liegt%20bei,%2C05%20l%20%2F%20100pkm). ist das eine Mittelstrecke, die mit 5,89 Liter Kerosin pro 100 km pro Passagier zu Buche schlägt. Für Hin- und Rückflug beträgt die Menge des bei einem Direktflug verbrauchten Kerosins also pro Passagier ca. 94 Liter. Bei vier Personen sind das 375 Liter und das entspricht ungefähr der Menge, die ein vierköpfiger Haushalt in einem Haus mit Ölheizung in einem halben Jahr verbraucht. Wobei der Ausstoß von Kerosin wegen der großen Höhe, in der dieser beim Fliegen stattfindet, ca. 3-mal klimaschädlicher ist! Es wird nur eine einmalige Luftverkehrsabgabe von €12,73 pro Person fällig https://de.wikipedia.org/wiki/Luftverkehrabgabe#:~:text=Die%20Luftverkehrabgabe%20knüpft%20im%20Luftverkehr,Verkehrsmittel%20bezogene%20Verkehrsteuer%20nach%20Art. Bei Flügen innerhalb der EU wird noch eine CO2-Abgabe von € 0,065/Liter also € 6,10 berechnet. Das Ticket selbst ist aber völlig Mehrwertsteuerfrei!
Für die von Ihnen werbend vorgeschlagene Reise, ihre Reportage liest sich wie der Reklametext eines Reiseveranstalters, gehen also ungefähr 6 Tankfüllungen drauf. Dafür zahlen Bürger*innen, die klimaschonend mit dem Auto unterwegs sind, ca. € 300,- an Steuern. Die Flugreisenden zahlen zu viert nur € 57,02 reiche Bürger*innen, die dem Klima schaden wollen, bekommen also über € 240,- vom Staat geschenkt, wenn sie diese Reise machen! Schade, dass Sie als DIE ZEIT und wichtiges meinungsbildendes Organ dies nicht den Leser*innen dieses Artikels mitteilen. Es ist doch auch eine wichtige und sehr nützliche Information, falls jemand überlegt, die Reise mit dem Auto zu machen!
Klaus Siersch

Geben Sie zu: Sie haben gar keine Sachertorte geschmaust sonst wüssten Sie, dass die nicht süß ist, sondern eher trocken und man sie überhaupt nur mit Schlagobers runterkriegt. Dann mit Champagner nachspülen. Einfach köstlich und zu Recht die berühmteste Torte der Welt! Sind Sie auf ein Plagiat reingefallen? Unbedingt ins Hotel Sacher gehen oder zum DEMEL. Schließlich haben die jahrelang ums Namensrecht prozessiert, sogar mit Friedrich Torberg als Zeuge. Bis es, na was wohl: zu einer außergerichtlichen Einigung kam. Wer wo und wie seine Konfitüre unter der Kuvertüre anbringt, ja das wird in Wien todernst genommen. Also: nochmal hinfahren.
Barbara Merckel


Leserbrief zu „Wenn jedes Wort zu Streit führt: …“ von Nicolas Killian und Carla Neuhaus

Wenn Unternehmen angemessen auf den Terror der Hamas und die Gegenmaßnahmen Israels reagieren wollen, reicht es wohl nicht, zwei vage Sätze des Mitgefühls mit den „Betroffenen“ zu veröffentlichen oder sich an einer Sammelanzeige zu beteiligen, sondern es wäre meines Erachtens angebracht, den Terror der Hamas klar zu verurteilen und die Gegenmaßnahmen Israels als gerechtfertigt zu bezeichnen, wenn frau*man dieser Meinung ist. Und es reicht wohl auch nicht, die Posts oder E-Mails von Mitarbeiter*innen, die den Terror der Hamas begrüßen oder zumindest zu rechtfertigen versuchen, zu löschen, sondern es müssen mit diesen Mitarbeiter*innen Gespräche geführt und notfalls – schon um des Betriebsfriedens willen – Konsequenzen gezogen werden. Falls Manager*innen und Unternehmer*innen diese Mühe scheuen oder Angst haben, Aufträge muslimischer Kund*innen zu verlieren, sollten sie besser schweigen und damit die Erkenntnis bestätigen, dass bei den meisten Menschen erst das Fressen – hier: Ruhe im Betrieb, Aufträge von muslimischen Kund*innen wie den Katarern, Unternehmensgewinne – und dann erst die Moral kommt.
Ulrich Willmes


Leserbrief zu „Sein Geld stinkt nicht“ von Matthias Krupa

…sein Geld stinkt nicht – jedoch Ihr Bericht. Selten habe ich etwas so dermaßen Unreflektiertes lesen dürfen! Ein simples Runtergeratter von Fakten. Ohne ZEIT-Kritik an zB dieser extrem pervertierten Anhäufung von Vermögen. Gut, dass zum Schluss noch einige Franzosen zitiert wurden – leider auch wieder von Ihnen unkommentiert. Hat da die Redaktion Angst vor dem Verlust von Werbeaufträgen…?
Jürgen Schwarz


Leserbrief zu „Der Großkarierte“ von Thomas Fritsch

Mein Mathelehrer hätte Sie gerügt, weil sie keine Maßeinheit hinter „1,90“ angegeben haben. Ich weiß auch nicht, was für ein Vorteil sich daraus für einen Trainer ergeben soll. Autorität und Charisma hängen doch nicht von der Körpergröße ab. Berti Vogts war noch kleiner als Hansi Flick (laut Netz „1,68“) und hat dennoch einen Europameistertitel eingefahren. Und Helmut Schön („Der Lange“) war mit 1,86 Metern auch nur gerade mal 5 cm größer als Franz Beckenbauer und immer noch kleiner als Julian Nagelsmann.
Thomas Manthey


Leserbrief zu „Der Korallenförster von Fidschi“ von Fritz Habekuss

Vielen Dank für Ihren sehr lesenswerten und anrührenden Artikel über Meeresforschung. Bitte bringen Sie mehr von diesen Hoffnung gebenden Artikeln. Sie zeigen uns, dass wir alle aktiv werden und etwas gegen die Klimakatastrophe tun können.
Klaus Siersch


Leserbrief zu „Verbrechen gegen die Natur“ von Anne Backhaus

Es steht außer Frage, dass Russlands Angriff auf die Ukraine die Umweltproblematik dort erheblich verschärft hat. Allerdings tragen die Kampfhandlungen beider Seiten zu dieser Eskalation bei. Ohnehin kennt die Bedrohung unserer Umwelt keine nationalen Grenzen. Es erstaunt doch, dass es bei allen Diskussionen um den Krieg in der Ukraine fast nur um neue Waffenlieferungen geht, aber nicht um die Gefährdung der Umwelt. Auch von Präsident Selenskyj, der ansonsten zu allem etwas zu sagen hat, ist darüber kaum etwas zu hören.
Ein schneller Waffenstillstand unter internationaler Beobachtung könnte nicht nur weiteres Leid und andauernde Zerstörungen in der Ukraine beenden, sondern auch die Umweltproblematik zumindest abmildern. Überhaupt stellt sich die Frage: Wie kann der Kampf gegen die zunehmende Erderwärmung, das Aufheizen der Städte und die gefährdete Biodiversität gewonnen werden, wenn Staaten wie Russland oder China und die Länder des globalen Südens nicht einbezogen werden? Das wäre doch auch eine Aufgabe für unsere grüne Außenministerin, wenn ihr der weltweite Umweltschutz wirklich ein Herzensanliegen ist?
Brigitte Schellnhuber


Leserbrief zu „Heimholen oder aufgeben?“ von Paul Middelhoff

Natürlich ist das Morden der Hamas mehr als verabscheuungswürdig, aber es wundert mich nicht, dass auch die ZEIT unter anderem im Einklang mit dem israelischen Botschafter Ron Prosor gebetsmühlenartig in jeder neueren Ausgabe gezielt darauf zu schreiben kommt. Der für mich dabei entstehende Hohlklang ist damit verbunden, dass dieser mörderische Einbruch der Hamas keineswegs absolut unabsehbar war. Jetzt zu klagen und sich damit zu exkulpieren, dass man Israel eine unverbrüchliche Hilfe garantiert, ist mehr als jämmerlich in Anbetracht, dass Israel das Lebensrecht der dort geborenen Palästinenser im Westjordanland mit Hilfe der orthodoxen Siedler und der Armee seit mehr als 30 Jahren immer mehr untergräbt. Palästina als Heimat von Muslimen soll nachweislich ausgelöscht werden. Deren dort heimischen Bewohner sollen gefälligst in die östlichen Nachbarländer emigrieren oder ins Gefängnis Gazastreifen abwandern.
Erbärmlich jetzt Ihren medial großen Aufschrei allein pro Israel abzuliefern. Die ZEIT hatte Jahrzehnte Zeit, die ignorante Politik Israels gegen die Palästinenser zu kritisieren und darauf hinzuweisen, dass nur eine faire Zwei-Staatenlösung zukünftige Kriege im Keim ersticken kann. Mit dem was – auch mit Ihrer Hilfe – aktuell einseitig weltweit an Israel-Unterstützung abläuft, erreichen Sie genau das, was nicht passieren darf: Nach einer Zeit eines erzwungenen Friedens wird der nächste Kriegsausbruch, und dann wirklich verheerend, irgendwann, aber hundertprozentig vorhersehbar, die Welt wirklich in Angst und Schrecken versetzen. Zu dumm, dass man das nicht erkennt. Aber Israel, siehe zudem die innenpolitischen Streitigkeiten durch korrupte Politiker, wird mit einer Beibehaltung des heutigen Denkens letztendlich an sich selbst scheitern.
Albrecht Seidel


Leserbrief zu „Sie hat es wirklich geschafft“ von Antonia Baum

Britney Spears The Woman in Me werde ich mir sofort besorgen, der beeindruckenden Rezension von Antonia Baum sei’s gedankt. Was dieser Frau offensichtlich geschehen ist, ist zutiefst abscheulich, und ich hoffe, die memoriale Rache fällt nicht zu sanft aus.
Ludwig Engstler-Barocco


Leserbrief zu „Ein opulenter Betrug“ von Adam Soboczynski

Der Roman über den Tichborne Case aus der Perspektive der Haushälterin kann auch als Analogie auf uns und die modernen Medien gelesen werden. Medien versprechen uns ein Leben in immer größerem Luxus mit überlegener Moral. Aber der unbestechliche Test der Wirklichkeit straft dies heute genauso der Lüge wie damals. Unsere Gesellschaft wurde auf Kosten der Menschen in den Kolonien immer reicher. Damals wie heute gebar der Luxus hier, Hunger und Elend dort. Die damalige Ausbeutung hatte direkte Gewalt zur Folge, das dreckige Geschäft besorgten Psychopathen genauso gut wie ganz normale Leute. Heute findet das Gleiche durch die Folgen der Klimakatastrophe statt: Der klimaschädliche Luxus weniger Reiche vernichtet die Lebensgrundlagen aller. So wie die Fürsprecher und Gegner des falschen Tichborne damals, so sehen wir auch heute nur uns selbst und unseren Vorteil, vermeiden Verlustängste, gieren nach Privilegien und wollen nur den „kalten Handel“ sehen.
Klaus Siersch


Leserbrief zu „Der deutsche John le Carré“ von Tobias Gohlis

Die Glienicker Spy Brücke überquert nicht den Wannsee!
Siegfried Knauer-Runge

Leserbrief zu „Als hätte sich das Böse aus ihnen herausgeschält“ von Benedikt Herber

Laut Benedikt Herber geht es – wie die Unterzeile seines Artikels besagt – in dem von ihm besprochenen Krimi um die „Verderblichkeit Roms“. Meine Erwartung, etwas kriminalistisch Angehauchtes zum Ablauf des Haltbarkeitsdatums der ‚ewigen Stadt‘ zu lesen, war immens groß, wurde jedoch schwer enttäuscht, denn im Rahmen der beschriebenen Handlung steigen in Die Stadt der Lebenden nur die Verwesungsgerüche des Opfers Luca auf. Vielleicht hat dieses Geruchserlebnis bei Herber den in der mittleren Spalte seines Textes vollzogenen Sinnes- bzw. Bedeutungswandel von der Verderblichkeit zur „Verdorbenheit“ herbeigeführt. Den Mördern sei Dank!
Friederike Hirschfeld


Leserbrief zu „Der letzte Bahnchef“ von Paul Löbbert

Letzte Woche ein Artikel über einen Parfümfuzzi, diese Woche schon wieder (S. 22; wäre schön, wenn auf ALLEN Marken, die Arnault bzw. LVMH gehören, dies auch draufstünde, damit man weiß, wen man mit seinem Geld immer reicher macht, das gilt aber generell für alle Firmenkonglomerate). Und als wenn das noch nicht gereicht hätte, dann noch einer über Geruchsbelästigung durch ein neues Parfüm (S. 62). Da tut Ihr Beitrag über die Modelleisenbahnen an deutschen Bahnhöfen zur Abwechslung mal ganz gut. Bei mir kommen die etwas besseren Erinnerungen an meinen Vater wieder hoch. Ich war normalerweise immer mit meiner Mutter einkaufen, aber wenn mein Vater dann doch mal den Einkauf mit mir unternahm, spendierte er ab und zu eine Bockwurst und ließ hin und wieder, um die Wartezeit auf den Bus zu überbrücken, auch eine Münze für die Modelleisenbahn im Hildesheimer Bahnhof springen. Leider gibt es die seit Ende der 80er oder Anfang der 90er nicht mehr, weil der Bahnhof umgebaut wurde und kein Platz mehr da war. Interessant, dass all diese Bahnen aus einer Hand stamm(t)en. Schade, dass es nur noch so relativ wenige gibt. Mit der Modelleisenbahn, die ich mal zu Weihnachten geschenkt bekommen hatte, konnte ich allerdings nicht so sehr viel anfangen. Die fuhr einfach nur im Kreis herum. Die große im Bahnhof hatte den attraktiveren Schauwert mit all der Landschaft, den Häusern und den Figuren drumrum.
Thomas Manthey


Leserbrief zu „Riechst du das auch?“ von Laura Ewert

Danke, danke, danke, danke für Ihren Artikel in der Zeit diese Woche! Ich habe eben nur die Überschrift gelesen und mich direkt angesprochen gefühlt und wusste in welche Richtung der Artikel gehen MUSS! Volltreffer – endlich finde ich eine Antwort auf die Frage, welcher, für meine Nase unerträglicher, Duft hinter dem, wie ich ihn nenne ‚Mindset Duft‘ steckt? Ich hatte bisher immer auf ein neues Dm Deo getippt, dem alle verfallen sein müssen. … Außer mir schien das – zumindest in meinem Umfeld – niemand zu riechen und ich kriege den Duft kaum aus meiner Nase, auch wenn ich ihn nur kurz passiere. Wollen wir gemeinsam hoffen, dass dieser Trend bald vorüberzieht?
A.Wolfer


Leserbrief zu „Was gibt es jetzt noch zu lachen?“. Gespräch mit Shahak Shapira und Issa Khatib geführt von Francesco Giammarco und Anna Mayr

Wenn ich Herrn Shapiras Bühnenprogramm gesehen hätte, hätte ich wahrscheinlich auch gestöhnt. Ich kenne nicht besonders viel von ihm. Das, was ich mal im Fernsehen gesehen habe, war nicht meine Art von Humor, aber das meine ich nicht. Drei Tage nach den Anschlägen vom 11. September 2001 sollten 44 Leningrad in Hannover spielen. Sie sagten ihren Auftritt allerdings ab, weil es in ihren Liedern ja auch ein wenig antiamerikanisch zugeht. Fand ich durchaus verständlich, aber andererseits verstehen gerade hier im Westen nicht unbedingt alle Fans die russischsprachigen Liedtexte. Ich zähle auch dazu, ein Semester Russisch an der Uni reicht für ein tieferes Verständnis nicht aus. So blieb nur noch die Vorgruppe übrig. Ich vergesse ständig deren Namen. Immer, wenn eine Vorgruppe in Hannover benötigt wird, kann man mit dieser Truppe rechnen. Ich hatte sie schon mehrmals gesehen und nie für besonders gut gehalten, aber ich dachte „Ach, komm, gib ihnen ruhig noch eine Chance, sonst bist du umsonst nach Hannover gefahren.“ Schwerer Fehler! Schlechte Musik, wie immer, aber dazu kam dann noch, dass sie eine Gute-Laune-Stimmung verbreiten wollten. Mir war nach den Ereignissen in den USA nicht nach blöden Scherzen auf der Bühne zumute und nach zwei oder drei Songs bin ich direkt wieder nach Hause gefahren. Es gibt einfach so Situationen, wo man erst einmal ein wenig Abstand gewinnen muss, um solche Auftritte genießen zu können …
Thomas Manthey


Leserbrief zu „PROMINENT IGNORIERT. Gealtert“ von Ulrich Stock

Der Text hat mich erinnert an ein Gedicht aus meiner Kindheit zum Thema Mond. Es drückt auch eine Ignoranz aus, aber eine liebevolle.
Der Mond kommt heut sehr früh herauf / Und glänzt wie Silber matt.
Es schaut kein Mensch zu ihm hinauf – So ist das in der Stadt,
Wo keiner Zeit zu haben meint / Nach oben hin zu spähn.
Er aber kommt und geht und scheint, / Auch wenn wir ihn nicht sehn.
Das kränkt ihn nicht, das macht ihm noch / Nicht das Geringste aus.
Und abends, wenn wir schlafen, / Steht er ganz still über unserm Haus.
Der Autor ist mir nicht mehr erinnerlich.
Hans Kiechle


Leserbrief zu „Stimmt’s?“ „Lappen“ von Christoph Drösser

Ich mache zwar so einiges im Haushalt, aber irgendwie muss ich das trotzdem schon länger geahnt haben oder war es eher versteckt, ganz tief unten und da weit hinten im Kellerbereich des Unbewussten. Beim Staubwischen mit einem leicht feuchten Lappen, da bleibt so gut wie alles im Lappen und das habe ich mir jetzt direkt hinter meine Ohren geschrieben! Dazu hab ich es jetzt noch „Schwarz auf Weiß“ bzw. das „stimmt´s“ auch noch in „Rot“ dazu, der ZEIT sei Dank.
Klaus P. Jaworek


 

Leserbrief zur Infografik „Wintermantel fürs Haus“ von Cyprian Lothringer (Infografik) und Dirk Asendorpf (Recherche)

Ich habe ja letzte Woche meine Mutter in die Hölle geschickt, weil sie mir Fonds mit katarischen Terrorblutaktien von VW hinterlassen hat. Diese Woche hole ich sie da wieder ein wenig raus (zumindest bis in die Vorhölle). Sie hat nämlich vor ein paar Jahren das Dach dämmen lassen und das macht sich wirklich bezahlt. Ich habe bisher noch nicht heizen müssen (mein Ziel ist es, auch dieses Jahr wieder bis zur „Wetten, dass..?“-Ausgabe ohne Heizung auszukommen) und im Sommer ist es jetzt auch viel angenehmer. Ich denke, dass es nicht wenige Leute gibt, die schon seit zwei Monaten viel (und immer mehr) Geld fürs Heizen aus dem Fenster herausschmeißen. Was mich ein wenig ärgert: wenn man schon das Dach neu machen lässt, dann bitte auch gleich noch eine Solaranlage installieren! Das sind Investitionen, die sich sehr schnell rentieren. Vielleicht wühle ich mal die hinterlassenen Aktenordner durch, weil mich das interessiert, ob sich die Energieeffizienzklasse verbessert hat und auf welcher Stufe das Haus jetzt steht.
Thomas Manthey


Leserbrief zum Wochenmarkt „Kürbissuppe“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

Dies ist meine erste Fanpost : ) Nach dem Genuss der weltbesten Kürbissuppe musste ich es tun. Vielleicht liegt es auch an meinem Wein zum Kochen. Das Rezept hat mich sofort angesprochen. Sumach kannte ich nicht, wurde gegoogelt – bei Rewe war es mir zu teuer. Als Alternative schien mir eine Quitte nicht ungeeignet. Bei einer Wanderung aus einem Körbchen ‚zu verschenken‘ des guten Duftes wegen mitgenommen. Diese wurde zu Mus geköchelt (mit ein bisschen Bourbon Vanille) hinzugefügt und – was soll ich sagen: Köstlich! Eigentlich bin eine strenge step-by-step Rezepte Köchin. Nun froh, es mal anders gemacht zu haben. Vielen Dank für eine der vielen Inspirationen!
Petra Neumann


Leserbrief zu „Da draußen“ von Heike Faller, Illustration Barbara Dziadosz

Bei seinen sehr selbstsicheren Aussagen lässt Herr Strassmeier leider Grundregeln wissenschaftlichen Verhaltens völlig außer Acht. Die Zahl 50, die er im Brustton der Überzeugung nenn, ist mit gigantischen Unsicherheiten behaftet. Alle Abschätzungen zur Zahl von Planeten mit intelligentem Leben verknüpfen Faktoren, von denen einige völlig unbekannt ist. Ein Beispiel ist die sog. Drake-Gleichung  (https://eur06.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2Fwiki%2FDrake-Gleichung&data=05%7C01%7Cleserbriefe%40zeit.de%7Cdf8b0d4f785b45de737d08dbdae167db%7Cf6fef55b9aba48ae9c6d7ee8872bd9ed%7C0%7C0%7C638344433910005954%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C3000%7C%7C%7C&sdata=GX6Hvf1AjwdZRgMqstkU7JasnSDNc8kTJ0Uz0f1l9H4%3D&reserved=0), bei der z.B. die  folgenden Faktoren benötigt werden:
– Anteil der Planeten mit Leben [unbekannt – es wurde noch nirgendwo  außerhalb unsere Sonnensystem Leben nachgewiesen]
– Anteil der Planeten mit intelligentem Leben [unbekannt]
– Anteil der Planeten mit technischen entwickeltem Leben [unbekannt].
Es mag also sein, dass Herr Strassmeier davon überzeugt ist, dass es 50 Planeten gibt, deren Bevölkerung Radiosignale aussenden und empfangen kann – es können aber genauso gut 0, 5000 oder 27 sein. Dies im Gespräch mit Laien nicht klarzustellen ist m.E. ein grobes Vergehen gegen die wissenschaftliche Integrität.
Sabine Möhler


Leserbrief zu „Prüfers Töchter“ „Ich habe mich zum ersten Mal richtig wahrgenommen“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

Es ist selten, dass ich mich über einen Artikel „ärgere“. Und noch seltener ist es, dass ich mich ggf. an das entsprechende Verlagsobjekt wende. Wenn aber Behauptungen kundgetan werden, die schlicht und ergreifend falsch sind und die Grenze zur (Selbst-)Diskriminierung zumindest touchieren, dann mache ich eine Ausnahme – ganz selten, aber diesmal dann halt doch. Der Gedanke, an dem ich mich stoße und der gleich mehrmals in abgewandelter Form auftaucht, kommt gleich im dritten Satz: „In seiner Generation sprach niemand über Achtsamkeit.“ Bitte richten Sie Herrn Tillmann Prüfer aus, dass er sein persönliches Desinteresse bitte nicht zum Desinteresse „seiner“ ganzen Generation erklären soll. Nicht nur, dass ich z.B. seit über vierzig Jahren regelmäßig meditiere und freier (im Sinne einer Spiritualität ohne speziellen Gott oder Guru) Meditationslehrer geworden bin – es waren die Menschen meiner, also vermutlich auch seiner Generation, die so manches „Haus der Stille“ aufbauten.
Darum, werter Herr Prüfer: Seien Sie achtsam und prüfen Sie Ihre Worte, bevor Sie sie aufs Papier bringen. Ich kenne viele Menschen „unserer Generation“, die nicht so waren wie Sie und auch ohne „Vorlötung“ gut gelaunt und selbstbewusst auf Partys gingen. Machen Sie sich bitte nicht zum Maß der Dinge – und sei’s nur Ihnen selbst zu liebe. Vielleicht lernen Sie ja so, etwas für sich selbst zu fühlen – und nicht nur den Bildern hinterher zu laufen, die Sie von sich selbst haben.
Thomas Haubrich