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31. März 2022 – Ausgabe 14

Leserbriefe zum Titelthema „Wie stark ist Putin noch?“ von Alice Bota et al.

 

Vor wenigen Tagen meldete sich Papst Franziskus zum Krieg in der Ukraine. Warum wurde die bemerkenswerte Rede des Oberhauptes der katholischen Kirche von den christlichen Regierenden auch unsere Landes nicht mindestens so wichtig genommen und behandelt wie jedes militärische und wirtschaftliche wie politisches Drohszenario gen Russland? Der Papst schäme sich für die Aufrüstung. Gerade das aber wird eiligst mit 2 %, mit 100 Milliarden und Waffen über Waffen betrieben. Er wendet sich gegen Sanktionen als dümmste Antwort in einer globalisierten Welt.

Papstversteher können es nicht sein im christlichen Westen.Er spricht von allen Kriegen, die es seit langem gibt. Er nennt es die alte Logik der Macht und Geopolitik. Das ist nicht nur an das Feindbild Russland gerichtet. Er spricht zutreffend von dem Dritten Weltkrieg auf Raten nicht seit dem 24. Februar und mit einer Dimension, die unsere Welt bedroht. Jeder friedliebende Mensch kann diesen Worten zustimmen. Das kann Verantwortung genannt werden und nicht jene, die unter Verantwortung nicht seit heute Krieg gen Osten vorbereiten und endlich führen wollen, die täglich die Stimmung dazu anheizen. – Roland Winkler

 

„Ergebnis“ des Ukrainekrieges – „Pazifisten“ und „Krieger“. Was ist das Ergebnis von Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine, trotz geringer Erfolge Putins bisher? Der Westen stellt sich vereinter denn je hinter die Ukraine und liefert massenhaft Defensivwaffen. Kämpfen (und auch sterben) damit müssen, bei eindeutiger militärischer Überlegenheit Russlands, die Ukrainer*innen allein! Mitkämpfen und Mitsterben will der Westen nicht.

Wenn die Ukraine untergeht durch einen Sieg Putins, wird der Westen dabei hilflos zusehen! Gleichzeitig will der Westen wahnwitzig aufrüsten, speziell Deutschland, ohne sicher zu sein, dass Putin nicht trotzdem NATO-Staaten angreift und mit Atomwaffen droht. Außenministerin Baerbock sagt: „Wir stehen zu 100% an der Seite der Ukraine!“

Gleichzeitig üben der Papst und ganz, ganz viele vor allem kirchliche Vertreter schärfste Kritik an den riesigen Kosten für die beschlossene Aufrüstung. Wenn diese „Pazifisten“ es ehrlich meinen, empfehlen sie damit der Ukraine die Kapitulation, denn sie verurteilen ja den Kampf mit Waffengewalt! Was bieten sie stattdessen? Endlose Gebete, eine sicher nicht mit der russisch-orthodoxen Kirche abgesprochene Weihe Asiens, speziell auch von Russland und der Ukraine, unter den Schutz der Gottesmutter Maria (am 25.3.22), organisieren viele Demos und stellen viele Kerzen in Fenster. Schön und gut, aber das alles juckt Putin die Bohne!

Und das alles hat nicht die Niederlage Deutschlands 1945 bewirkt, hat in Ruanda nicht den Massenmord an den Tutsi verhindert, eben so wenig das Massaker in Srebenica und auch nicht Putins Bombardement von Grosny in Tschetschenien oder von Alleppo in Syrien. 1945 haben Soldaten aus aller Welt Hitler besiegt und viele starben dabei. In Srebenica und Ruanda haben UNO-Friedenssoldaten die Ange-griffenen nicht beschützt und nicht verteidigt, indem sie nicht gekämpft haben mit ihren Waffen!!! Und in Alleppo war die UNO nicht in der Lage, eine Flugverbotszone in Syrien einzurichten. So hatten die Angreifer Putin und Assad freie Bahn mit ihren tödlichen Bomben auf Tausende unschuldiger Zivilisten!

Dazu kommt unfassbarerweise, dass immer wieder Vertreter eines Gottes, dessen Wesen die Liebe sein soll, an der Seite der mörderischen Kriegsherren standen und stehen, sowohl bei Hitler, wie bei Assad und momentan bei Putin. Ich bleibe dabei: Wenn der Papst oder der Dalai Lama nicht einmal den Mut haben, baldmöglichst nach Moskau zu reisen – oder zu pilgern – und zu versuchen, Putin zur Einstellung des Krieges zu bewegen, solange berühren alle päpstlichen Reden und Verurteilungen Putin nicht die Bohne. Pilgerte der Papst mit 1000 oder mehr (auch evangelischen) Bischöfen nach Moskau oder Kiew, dann halte ich es für unvorstellbar, dass Putin sie totbombt.

Aber solange das nicht geschieht, sterben weiterhin mit tödlichen Waffen kämpfende Soldaten und rückt der gut mögliche, ja wahrscheinliche Gang der Ukraine in die Sklaverei eines größenwahnsinnigen Putin immer näher. Helfen zu dieser wirklich pazifistischen Tat könnte vielleicht, wenn wenigstens 1 Million Menschen den Papst oder den Dalai Lama zu dieser Tat aufriefen! Über die sozialen Medien müsst das gehen, wenn jüngere Leute als ich das in Gang setzen. – Karlheinz Fritz

 

Der Ernst der Stunde gebietet uns alle verfügbaren Kohle- und Atomkraftwerke sofort wieder ans Netz zu koppeln und dann mit allen vorhandenen – und mit voller Kraft – Strom zu produzieren. Nur dann kann etwas Erdgas gespart werden um die Lager – so lange es noch geht – wieder aufzufüllen. Wer diese vorausschauende Energiepolitik nicht unterstützt ist ein grüner Saboteur unserer Stromversorgung – und Saboteure werden noch immer auf irgendeine Weise drakonisch bestraft. Ich bin kein Prophet aber kann – im Gegensatz zu den GRÜNEN – logisch denken ! ! – Klaus Mertz

 

Der mörderische Krieg in der Ukraine ist durch nichts gerechtfertigt, doch die ständigen Selbstinszenierungen des ukrainischen Präsidenten ermüden. Es ist höchste Zeit, daß Selensky statt großer Worte und TV-Auftritte endlich tragfähige Überlegungen zur Beendigung des Krieges anstellt und einen friedensfähigen Dialog einleitet. Denn das ist allein der Krieg der Ukraine – nicht der Krieg der BRD; schon gar nicht ist es der 3. Weltkrieg.

Merkel und Steinmeier haben über viele Jahre eindringlich davor gewarnt, die empfindliche Balance zwischen Ost und West einer weiteren und u.U desaströsen Belastungsprobe auszusetzen. Die NATO, einige ihrer Mitgliedsstaaten und auch die Ukraine wußten es besser. Sie stehen nun vor einem Scherbenhaufen – so traurig wie es ist. – Johannes M. Führt

 

Vielen Dank für die Berichte, die Schilderungen, die Videos, die Podcasts der ZEIT über das Schicksal in der Ukraine. Vielen Dank für die Kolumnen von Theo Sommer. Vielen Dank an den regierenden Bundeskanzler von Deutschland. Keine Mauer des Wegsehens. Vielen Dank an Elon Musk für die Unterstützung der beherzten Reden des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Gestatten Sie mir die Bitte einer, wenn auch fiktiven Rede an die Staatsduma in Moskau.

„Kain! Wo ist Dein Bruder Abel?“ Eine fiktive Rede an die Staatsduma der Russischen Föderation: Sehr verehrte, sehr geschätzte Damen und Herren dieses hohen Hauses! Hoch verehrte Repräsentanten und ehrbare Würdenträger der großen Russischen Nationen! Hoch verehrter, sehr geschätzter Herr Präsident der Russischen Föderation! „Durch diese Tat wirst du größeren, unsterblichen Ruhm erringen als jeder andere russische Monarch zu irgendeiner Zeit.“ (Potjomkin) Die Zarin Katharina war eine zielstrebige Prinzessin aus deutschem Hause, die nicht alleine sein konnte, nicht alleine schlafen. Ihr sehr geliebter Fürst Potjomkin hat in Ihrem Auftrag den Süden Russlands zum Schwarzen Meer hin erweitert.

Bis hin zum Land der Taurer, wo einst Iphigenie, Tochter des Agamemnon Zuflucht gefunden haben soll. Zur Zeit der Zarin Katharina II. waren die Krim – das spätere Geschenk Chruschtschows – und ihr Hinterland das Gebiet der Tartaren. Viel früher war es das Land der Skythen – die einzigartigen Geschmeide. Viele Potemkin’sche Dörfer kamen zu Russland hinzu. Diese waren keineswegs Schönfärberei und falscher Schein wie behauptet wurde, sondern in Wahrheit waren sie prächtig, so wie die ganze Gegend prächtig war. Fürst Potjomkin war ein ausnehmend tüchtiger Mann und veranlasste die Gründung der Städte Cherson und Sewastopol, wo er am Asowschen Meer die russische Schwarzmeerflotte begründete.

Die Zarin selbst veranlasste die Gründung von Odessa – die Treppe Sergej Eisensteins – und Jekaterinoslaw (Dnjepropetrowsk). Die große Zarin Katharina hat weise und mit Konsequenz geherrscht. Sie hat das weite russische Reich als Alleinherrscherin mit den Mitteln des Absolutismus regiert. Gleichzeitig war sie aufgeklärt und humanistisch gebildet, gründete in St. Petersburg die Eremitage der Bilder, kaufte die Bibliothek Voltaires (vgl. „Monsieur – Madame“, Der Briefwechsel zwischen der Zarin und dem Philosophen), ließ in Zarskoje Selo einen großen Park anlegen. Insbesondere hat sie ihre Gesetze sehr gründlich durchformuliert, weil sie erkannt hatte, dass Sprache gesellschaftliche Ordnung schaffen kann, erzieherisch wirken kann.

Ja, anonym war sie die Herausgeberin der Wochenzeitschrift Wsjakaja Wsjatschina (vgl. „Katharina die Große“, Isabel de Madariaga). In der literarischen Figur der „Oma“ richtete sie sich an die Generation der Kinder und Enkel. Die Zarin war eine der ersten Kinderbuch-Autorinnen. Ebenfalls im Stillen ließ sie durch Baron Melchior Grimm Pensionen an verarmte Schriftsteller auszahlen. Ja, die Zarin Katharina führte Kriege, fügte dem Land große Gebiete hinzu. Die Zarin hatte aber auch erkannt, dass die Zukunft der Staatskunst weniger in den Waffengängen liegen wird, sondern in den Errungenschaften der Wissenschaft, des Handels und der Kultur.

Dem einfachen Volk, den Bauern und Arbeitern, hat dies nur wenig genutzt. Da war die Tradition noch eine ganz andere: verbreitete, unmenschliche Unterdrückung von Leibeigenen. Der am Petersburger Hof zugelassene Philosoph Denis Diderot warf der Zarin deswegen vor, sie würde die Ideale der Aufklärung verraten. Aber es war die Logik des Philosophen, die falsch war angesichts des real existierenden Gesellschafts-Narratives von Unterdrückung und Ausbeutung. Die Zarin war 34 Jahre lang eine Realpolitikerin. Sie hatte erkannt, dass der gesamte Adel sich auf die Ausbeutung der Leibeigenen stützt, und ein Versuch dies zu ändern hätte unweigerlich ihr eigenes Ende bedeutet; vom Hochadel war sie nur geduldet.

So nutzte sie umfänglich die Sprache und liberale Druckmedien um erzieherisch auf die Gesellschaft einzuwirken. Sie war eine absolutistische Herrscherin, aber deren gute Absichten unten im Volk ankamen. Sie pflegte eine offene und ehrliche Sprache, russische Sprache, slawische Sprache, die direkte Angriffe vermied; auch wenn gegenüber manchem Höfling oder Beamten die Worte klar werden konnten. Sprache verstand die Zarin Katharina noch als einen Weg zur Aufklärung und Erziehung der Menschen ihres Staates. Damit war sie ganz in ihrer Zeit. Das technische Mittel war der Druck und Verlag von Büchern und Zeitschriften.

In der Moderne wurde Sprache zur propagandistischen Führung der Menschen eines Staates. Technisch geschah dies über fotobebilderte Zeitschriften und den aufkommenden Rundfunk. In der Postmoderne ist Sprache zur häufig manipulativen Unterhaltung der Menschen eines Staates geworden. Technisch geschieht dies weitgehend über das Fernsehen und das Internet. Erst die Französische Revolution hat die Durchsetzung der allgemeinen Bürgerrechte proklamiert: der Staat ist die Summe seiner Bürger. Erst Lenin hat das traditionelle russische Narrativ mit einer Revolution umgekehrt: die Befreiung der Arbeiter und Bauern, die Entmachtung und Enteignung der Oberschicht. Aus Sankt Petersburg wurde Leningrad.

Aber war Lenins gewaltsames Handeln gegen die unmenschliche Brutalität russischer Oligarchen nachhaltig? War die Eruption der französischen Revolution gegen den rücksichtslosen Egoismus des französischen Adels nachhaltig? Napoleon Bonaparte, der sich volkommen verändert hat? Oder hat das Narrativ der „Ordnung von oben“ jeweils noch lange überlebt? – Narrative sind grundlegend bedeutend für das menschliche Denken und für die menschliche Sprache. Am 9. November 1989 ist die Mauer in Berlin gefallen. Noch heute ist Deutschland, ist Europa, der damaligen Sowjetunion, den damaligen Verantwortungsträgern, aber auch dem großen Volke Russlands zu tiefstem Danke verpflichtet! Nicht zuletzt deswegen spreche ich jetzt in großer Demut zu Ihnen. Aufrichtige innerer Demut, weil Selbstkritik oft nicht funktioniert.

Der Kniefall Willy Brandts war der Beginn eines öffentlichen Schuldeingeständnisses Deutschlands, nach furchtbar entsetzlichem Fehlverhalten. Es war die Geste einer bedingungslosen Bitte um Verzeihung. Die Gespräche Willy Brandts mit Leonid Breschnew und eine geliehene Badehose auf der Krim waren ein fruchtbarer Anfang. Der Mensch Willy Brandt war das personifizierte Eingeständnis menschlicher Unvollkommenheit. Vielleicht war er deswegen ein großer europäischer Politiker des 20. Jahrhunderts. Das politische Erbe der von mir hoch verehrten Frau Merkel ist leider in Scherben zerbrochen. Die Früchte von 16 Jahren Kanzlerschaft entpuppen sich nicht als konservativ. Scherben, die seelische Wunden bedeuten. Blut. Leid. Elend. Tod. Leichenberge. Ratten. Deportation.

Demokratie, ja Staatsführung ganz generell, lebt vom zeitgemäßen Wandel; vom Wandel an der Spitze der Macht, vom Wandel in der Entourage der Macht. Für die industrielle Moderne ist dies besonders zutreffend. Schon die angebliche Stabilität der Bismarck’schen Ära hat am Schluss in eine Katastrophe geführt, den I. Weltkrieg. Scheinbare Beständigkeit führt nur zu Verhärtungen. Verhärtungen, die anfangs in Stillen geschehen und vertuscht werden können, die aber am Ende zu unauflösbaren Konflikten führen, zu Krieg. „Wenn du dich irren konntest, so sei auch fähig, dich zu korrigieren.“

Ja! Ja! Ja! Es gab Arroganz und Spott aus dem Lager des Westens nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den 1990-er Jahren. Ja! Ja! Ja! Man kann dies durchaus als eine tiefe Verletzung, Beleidigung, vielleicht sogar Bedrohung der russischen Seele wahrnehmen. Nein, Russland hat seinen Neubeginn in den 1990-er Jahren leider nicht als eine Chance begriffen, sondern aus Glasnost und Perestroika wurde ein Freifahrtschein für eine durchsetzungsstarke Minderheit. Grosny hat dann gezeigt: die russische Vielvölker-Nation bröckelte von den Rändern.

Nein, es gibt im heutigen Russland leider Lager, die hartnäckig um den Erhalt ihrer Vorteilsposition kämpfen und einen Wandel behindern. Habgier und Geldgier lähmen immer den gesellschaftlichen Wandel, nennen dies „Tradition“ und „Recht und Ordnung“ und schaffen in Wirklichkeit Konflikte – so ist es überall auf der Welt. Alle Kriege der Welt werden in Wahrheit wegen Habgier geführt. Denn neben den vielen, vielen, vielen Verlierern eines Krieges gibt es eben auch eine kleine Zahl von Kriegsgewinnlern. Der intelligente Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte vor 20 Jahren richtig erkannt, dass es in historischer Dimension betrachtet, fundamental ist, dass Russland und Deutschland ein gutes Miteinander haben.

Gerade nach Glasnost und Perestroika war das richtig. Als gebrochener Mann wird er nun seine Träume zu Grabe tragen. Nach Grosny, nach Aleppo, nach Charkiw und Mariupol; nach Georgien, Tschetschenien, Aserbaidschan, Syrien, Ukraine: psychischer Terror gegen Greise, Kranke und Kleinkinder, opportunistisches Morden von Zivilisten, verbrannte Erde als Ausdruck eines völlig kompromissunfähigen Dominanzstreben. Heute darf es keinen russisch-deutschen (deutsch-russischen) Sonderweg mehr geben.

Die Partner heißen Russland und Europäische Union, Russland und China, Russland und USA, Russland und die gesamte Gemeinschaft der Völker dieses habitablen Planeten. Und Russland und die Ukraine sind Nachbarn mit einer langen Grenze, mit Familie beiderseits der Grenze, mit einer gemeinsamen Geschichte. Die Ukraine ist eine junge Frau, Jahrgang 1994, die sich für andere junge Frauen und junge Männer interessiert. Die Ukraine liebt Ihre Kinder. Die Ukraine liebt ihre Heimat. Leider ist jetzt diese wunderbare junge Frau zu einer kämpfenden Furie geworden. Das soll überhaupt nicht heißen, dass Russland keine Attraktivität, keine Vitalität besäße.

Genau darum geht es doch!!! Leider besteht in der russischen Geschichte aber eine Tradition der Ausbeutung und Selbstbereicherung. Auch der General Potjomkin war wohl nicht frei von diesem Laster und bereicherte sich persönlich am Aufbau der Flotte in Sewastopol. Die moderne Sozialforschung kennt das Dictum „Free Riding on other Peoples Efforts“, also eine machtbewusste Minderheit will gut, sehr gut, auf Kosten der Mehrheit leben und sie bedient sich dazu des Druckes der Lüge – dieses Phänomen ist fundamental und völlig losgelöst von jeglicher politischen Ideologie. Ein menschliches Phänomen also.

Ja, Sie können einwenden, der westliche Kapitalismus, die bösen USA versuchen immer wieder die Welt zu unterwerfen. Nein, nein, nein es ist leider eine sehr dunkle europäische Tradition, Unterwerfung ausüben zu wollen. Moskau ist ein Teil von Europa, St. Petersburg noch mehr. Auch Kiew und Odessa sind europäische Städte. Aber Europa hat auch den Humanismus hervorgebracht. Und ich finde, in einer Wüste zwischen Europa und Asien hat ein genialer Kommunikator gelebt, Jesus. Jede menschliche Logik ist willkürlich und damit falsch; im besten Fall ist sie partiell richtig, wie die Mathematik. Jede menschliche Logik kann sehr schnell zu einer Ideologie werden, also zu einer gewollten Logik, zu einer Logik der Worte, oft genug psychologisierender Worte.

Ausnahme für erfolgreiche Logik sind die Naturwissenschaften und die Arbeit von Ingenieuren – vielleicht folgen auch Mediziner einer eigenen Art von Logik, weil sie den Tod kennen. Wir begreifen heute, dass es eine abstrakte Energiefunktion gibt. Es besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Zustand (meist dem Ort) und der Energie. Der Apfel Newtons fällt vom Baum auf den Boden, weil die Energie dort niedriger ist. Damit hat Isaac Newton erkannt, dass die einzige unverrückbare Wahrheit die Energie ist: Es waren die Strahlen der Sonne (aber auch das Surren einer Biene), die den Apfel auf den Baum hinaufgebracht haben und es ist die Gravitation, die ihn herunterfallen lässt.

Ich frage Sie nun: Was bedeutet das für die Logik dieses Krieges in der Ukraine? – Dass man ihn sofort beenden muss! Und es soll ganz besonders heißen, dass der Weg des Handels der Nationen der richtige Weg ist! Ich finde sogar, dass der Handel eine der größten Kulturleistungen der Menschheit ist. – Aber die Absichten dahinter dürfen nicht extremen politischen Zielen folgen! Es geht bei der Kommunikation immer um die Intention, die Haltung, die dahinterstehen! Friedlicher internationaler Handel ist ein Segen, und dies nicht erst seit der Bronze-Zeit wo Kupfer und Zinn aus unterschiedlichen Regionen kamen. „Es ist der Handelsgeist der nicht mit dem Kriege zusammen bestehen kann, und der früher oder später sich jedes Volkes bemächtigt.“ (vgl. „Zum ewigen Frieden“, Immanuel Kant, 1795). Trotz aller Schattenseiten und trotz aller Rückschläge sucht die Welt den friedlichen Handel; ein Versuch die Zeit mit dem Mittel der Gewalt zurückzudrehen wird scheitern. Natürlich geht es beim Handel um das Prinzip Wettbewerb. Aber der muss seine Grenzen erkennen. Ja, es wurden und werden überall auf der Welt diese Grenzen verletzt, und furchtbar entsetzlich war der Sklavenhandel früherer Jahrhunderte. Aber jetzt geht es um die Zukunft!

Die Zukunft erfordert Transparenz, und sie wird sich diese unaufhaltsam holen. Da kann man das Internet noch so fest versperren wollen. Die Zukunft verbietet doppelbödige Spiele; die Zukunft wird verspielt, wenn menschlich niederträchtige Absichten im Spiel sind. Eine Diplomatie, die nicht für den Frieden streitet, ist keine Diplomatie Diplomatie heißt denken, sehr viel denken. Mit Weitsicht und Vorsicht proaktiv und strategisch vorausdenken, mit Nachsicht, gar Güte nachdenken. Sanktionen von außen haben einen rein reaktiven Charakter; die inneren Sanktionen jedoch sind verheerend, am Schluss bleiben Kriminalität, Gewalt und Stillstand. Die einen Staaten werden sich nach einem Rückschlag weiterentwickeln, die anderen werden im Chaos versumpfen. Diplomatie heißt sehr ausdauernd miteinander reden, zäh miteinander streiten.

Verstehen, was man selbst will, was man selbst kann und was der andere will, was der andere kann. Diplomatie heißt miteinander Essen und Trinken, ja gelegentlich auch zu viel Trinken: Leonid Breschnew und Willy Brandt haben es getan, Michail Gorbatschow und Helmut Kohl haben es getan, Vladimir Putin und Gerhard Schröder haben es getan. Vladimir Putin und Angela Merkel haben es nicht getan, vielleicht anfangs, aber haben es dann bleiben lassen – es war ein schwerer Fehler, weil, unabhängig vom rituellen Alkohol, eine besondere Verantwortung für eine besondere Beziehung nicht ausreichend gelebt wurde. Krieg ist nicht die Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln (vgl. Clausewitz), sondern Krieg ist eine Folge diplomatischen Versagens.

Eine Diplomatie die nicht weitsichtig und strategisch war, eine Diplomatie die zu wenig gestritten und gekämpft hat, eine Diplomatie, die angenehmen Fehleinschätzungen erlegen ist. Und es ist vornehmste Pflicht konstitutionell dafür zu sorgen, dass Macht nur in fähige Hände gelangt, nicht in unfähige Hände, die hinterlistig nach der Macht gieren. Diplomatie heißt nicht Sympathie. Aber es hat trotzdem sehr viel mit Beziehung zu tun; Beziehungen, die gut sind oder nicht gut sind, die aber gelebt werden müssen. Die große Zarin Katharina hat dies mit höchster Intelligenz und mit vielen, vielen Briefen vorgemacht. Katharina die Große – auf Augenhöhe mit Karl dem Großen!

Diplomatie heißt die Mittel der Sprache nutzen, manchmal sogar eine Lüge – man gewinnt durch eine Lüge etwas Zeit, Latenz. Diplomatie heißt die Mittel der Sprache respektieren, denn dauerhafte Lüge macht Sprache unmöglich, dauerhafter falscher Schein blockiert Lösungen, begünstigt Katastrophen. Sondern das Ziel der Diplomatie ist es, die Dinge direkt anzusprechen, ohne um den heißen Brei herumzureden. Wenn man Ehrlichkeit zulassen kann, wird es schnellere Fortschritte der Diplomatie geben. Und Sprache das sind Gedanken, Absichten, Gefühle, ja Sprache hat Nachdruck. Und Gedanken kommen aus dem Kopf, aus dem Herzen, dem Bauch, auch aus dem Unterleib des Menschen (sogar dies hatte die Zarin sehr weise erkannt).

Diplomatie muss mehr sein als rationale Argumente, muss alles umfassen. Diplomatie heißt nicht Sympathie oder gar intellektuelle Brillanz, sondern Diplomatie heißt miteinander auskommen, auch dann, wenn man nicht miteinander auskommt. Diplomatie heißt den anderen erkennen wie er ist, wie er manchmal auch unveränderbar ist – und gleichzeitig sich selbst nichts vormachen, ehrlich bleiben, zuverlässig bleiben. Es gilt die Sprache herauszufinden, die trotz aller Unterschiede vom Gegenüber verstanden wird; das ist vielleicht das Wichtigste an der Diplomatie überhaupt. So ziemlich alles ist erlaubt in der Diplomatie, wenn es nur dem Ziel einer friedlichen Koexistenz dienen kann. Das ist die Paradoxie und gleichzeitig das Wunder der Kommunikation.

Nationalismus und Materialismus sind verloren gegangener Altruismus Die oberste und vornehmste Aufgabe jeder Gerichtsbarkeit ist der Schutz des Staates in seiner inneren Ordnung. Nicht Mahner, Kritiker und Querulanten, nicht einmal Intellektuelle sind eine Gefahr für den Staat; eher im Gegenteil, denn oft argumentieren sie aus altruistischer Überzeugung. Sondern Versager, ja Schurken, denen ihr Altruismus abhandengekommen ist, sind eine Gefahr für einen Staat. Denn sie zielen immer auf die Macht im Staat zur Absicherung ihrer eigenen Position. Die Lüge in böser Absicht ist die große Gefahr für einen Staat, weil die Lüge Recht und Ordnung auf den Kopf stellt. So wie der NS Strafrichter Roland Freisler noch im Januar 1945 Todesurteile aussprach im Namen des Volkes, in einem falschen Anschein von Recht und Ordnung. Nein! Nein! Nein!

Er sprach nicht im Namen des Volkes und es war nicht Recht und Ordnung. Es war ein schändlich falscher Anschein dessen. Und wenn Betrüger an der Spitze der Macht angekommen sind, kann der Staat als die Summe seiner Bürger oft nichts mehr dagegen machen. Erlauben Sie mir als ein Deutscher zu sprechen, der sich für die entsetzlichen Verbrechen der eigenen Kultur aufrichtig und zutiefst schämt: Ein „Führer“, der sich als nicht fähig erweist, muss entweder selbst gehen oder es muss konstitutionell legitime Mittel seiner Abwahl geben; beispielsweise ein Verfallsdatum der Macht – und dieses Verfallsdatum muss respektiert werden, darf nicht umgangen werden.

Wichtig sind solche Staatsmechanismen, wenn klar ist, dass der „Führer“ seine Aufgabe nicht erfüllen kann und nur mittels falschen Scheins, Münchhausen-Geldpolitik und psychologischem Trug scheinbare Erfolge aufweist: ein Narrativ vom Erfolg, das so manchen korrumpiert und zum Mittäter macht, so wie in der Konferenz am Wannsee. Gaddafi oder Assad hatten ihre Anfangsphasen, in denen sie mit ehrlich gemeintem Idealismus für eine bessere Politik gekämpft hatten. Aber sie sind früh gescheitert und der Idealismus verflog vollständig. Sie waren ihrer Aufgabe nicht gewachsen und daraus wurden Gewalt, Korruption und Selbstbereicherung. Ja ich räume ein, das sind sehr schwierige Feststellungen. Aber es ist doch so, eine Logik „bis zum bitteren Ende“, die gibt es eben nicht. Sondern das gibt nur eine Tragödie „bis zum bitteren Ende“. Und was soll danach kommen?

Es sind nicht Maßstäbe von Moral oder gar Unmoral die hier weiterhelfen. Es geht um Rationalität, vielleicht geht es sogar um eine Hygiene des Staates. Kein Mensch kann von sich behaupten über viele Jahre hinweg beste Leistung zu erbringen. Aber es muss das Interesse eines jeden Staates sein, dass nur gute Leute die Macht halten, also keine gepachtete Macht. Die große Zarin als lebenslange Alleinherrscherin lebte in einer anderen Zeit, dem Absolutismus. Darüber hinaus und ganz besonders war sie ein außergewöhnlicher Mensch, der sich seinen Altruismus mit bewundernswerter Disziplin bewahrt hat. Die große Zarin war einer der wenigen arbeitssamen Herrscher.

Hitler, der auch Alleinherrscher sein wollte, war ein „Führer“ der Moderne: Wenig intelligent, arbeitsscheu, nur dem falschen Schein zugewandt und völlig kooperationsunfähig nur an den persönlichen Vorteil denkend. Ein Mensch, der seinen Gott gegebenen Altruismus vollständig verloren hatte und zum reinen Materialisten wurde: zum „Nationalsozialisten“. Das soll nicht heißen, dass ein Teufel keine Empathie hätte – die hat er schon, das war ja das Elend. Die Postmoderne verlangt rasches Handeln Hoch verehrte Repräsentanten und ehrbare Würdenträger dieses Hauses, dieser großen Nationen, „das was man angefangen hat, das kann man auch beenden“.

Einen bewaffneten Krieg, einen barbarischen Überfall, im Aufschrei und Entsetzen der gesamten Welt kann man nicht wegschweigen, sondern man muss ihn beenden. Um der Menschlichkeit aller willen, um der gemeinsamen Zukunft aller willen. Um Ihrer eigenen Kinder willen, der Kinder der Ukraine willen, der Kinder der ganzen Welt willen. Führen Sie höchste Verhandlungen mit der Ukraine. Seien Sie aufrichtig bereit zu Lösungs-Kompromissen. In Herrn Lawrow haben Sie einen begnadeten Kommunikator. Möge er seine bemerkenswerten Talente in den Dienste des Vaterlandes und in den Dienst des Friedens stellen – auch eingedenk der anderen Kriege in der Welt. Man kann über alles Streiten, man kann aber auch alles regeln – das ist nicht zuletzt eine Frage von Intelligenz.

Hoch verehrter Herr Präsident Putin, gewähren Sie mir die Erlaubnis es auszusprechen, dass Sie auf einen falschen Weg geraten sind. Ich glaube durchaus, dass Sie anfangs mit großen Idealen in die Politik eingetreten sind. Ja, damals war die Russische Föderation an einem Wendepunkt. Aber Politik verschleißt den Menschen. Hier stehe ich, und kann es nicht anders sagen. Egal, was kommen wird, Sie können nicht mehr gewinnen; zu viel Vertrauen haben Sie verloren, zu viel Vertrauen haben Sie zerstört. Führung braucht Koalitionspartner, auf Augenhöhe, auf Augenhöhe mit anständigen Menschen, mit großen Menschen, groß im Geiste und groß im Herzen, so wie die Zarin Katharina.

Vielleicht möchte er in das prächtige, wunderschöne Sankt Petersburg gehen, nach Peter-und-Paul und niederknien vor dem marmornen Sarg der großen Zarin, als eine große Geste des demütigen Bittens um Verzeihung. Machen Sie den Weg frei für einen neuen Frieden. In der Postmoderne gibt es keine Zeit mehr für die nachträgliche Korrektur von Fehlern; Korrektur muss sofort geschehen. Heute geht es um das gemeinsame Überleben der Menschheit, das Überleben des habitablen Planeten Erde. „Wenn du es nehmen konntest, schaffe es auch, es zurückzugeben.“ Frau Merkel hat freiwillig und selbstbestimmt ihr Amt zurückgegeben. Wir können ihre Fehler verzeihen. Jeder Mensch irrt. Kein Mensch ist frei von Sünde. Es geht um die Zukunft.

„Ich habe mein ganzes Leben lang, schon in der Schule, gegen einen Geist der Enge und der Gewalt, der Überheblichkeit, der Intoleranz und des Absoluten, erbarmungslos Konsequenten angekämpft, der in den Deutschen steckt und der seinen Ausdruck in dem nationalsozialistischen Staat gefunden hat. Ich habe mich auch dafür eingesetzt, daß dieser Geist mit seinen schlimmen Folgeerscheinungen wie Nationalismus im Exzeß, Rassenverfolgung, Glaubenslosigkeit, Materialismus überwunden werde.“ Helmuth James von Moltke, 11. Oktober 1944, seiner Hinrichtung schauend. (vgl. „Helmut von Moltke – A Leader against Hitler“, Michael Balfour und Julian Frisby, Macmillan London Limited, 1972) – Michael Scheppler

 

Dieser Krieg ist aufs schärfste zu verurteilen, da er unfassbares Leid vor allem für die Zivilbevölkerung bringt. Sie verliert alles, wenn nicht ihr Leben. Und Putin ist der Aggressor, welcher den Westen nun zu einem gnadenlosen Wettrüsten animiert. Klar ist, dass es kein Bürgerkrieg ist, sondern von den Regierungen initiiert. Die Russen haben keine Lust und die Ukrainer auch nicht. Könnte es nicht im Sinne Gandhis einen gewaltlosen Widerstand der Bevölkerung selbst in Russland geben? Gewalt ist keine Lösung – und Putins Großmachtfantasien sowieso nicht.

Gleichwohl gilt es in Deutschland, die jungen Menschen an den Schulen und Universitäten mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass wir eben nicht in einem Schlaraffenland leben, wo die Ressourcen grenzenlos sind. Indes werden Deutschlands Grenzen auch nicht in der Ukraine verteidigt. Frieden schaffen ohne Waffen, sondern mit Reglementierungen und Sanktionen; der alte Spruch der Friedensbewegung soll unbedingt an Schulen und Unis Gehör finden.

Ja, im Pazifismus ohne menschliches Leid liegt der Kern einer gesunden, stabilen Demokratie. Dass Moskau davon noch meilenweit entfernt ist steht gar nicht zur Diskussion. Schluss mit dem Krieg in der Ukraine, wenn nötig durch Kapitulation, um weitere Opfer zu verhindern! – Tork Poettschke

 

Ich kann es nicht begreifen: Erst verweigert die deutsche Regierung unter SPD Führung die Lieferung von alten Haubitzen, dann kommt zögerlich die Lieferung der 5.000 Stahlhelme zur „Verteidigung“ der Ukraine. Eine SPD Landesministerpräsidentin Schwesig hatte zusammen u. a. mit einem Herrn Sellering (SPD) eine dubiose Stiftung, die eine russische Pipeline forcieren soll, gegründet. Oligarchenyachten werden in Deutschland noch immer nicht festgesetzt, und zu allem Überfluß dümpelt mehr als einen Monat lang eine Liste zum Kampf gegen den russischen Agressor dringend benötigter Waffen im Ministerium der SPD Verteidigungsministerin Lambrecht vor sich hin…

Ich kann mich des Eindrucks nicht verwehren, als ob die SPD sich nicht mit vollem Herzen hinter ein angegriffenes Land mitten in Europa stellt und aus welchen Gründen auch immer nicht felsenfest hinter der Verteidigung der Ukraine und damit auch unserer Werte steht. Ist es die traditionelle Nähe der Linken zu einem Moskau vergangener Zeiten, oder liegt es an einzelnen Personen, die möglicherweise nicht unser Demokratieverständnis teilen? – Helge Scheibe

 

Tanzt unsere Welt mit sich selbst schon im Fieber… sang einst die Gruppe Karat in ihrem Song „Der blaue Planet“. Wir leben gegenwärtig in einer noch nie erlebten Ausnahmesituation, mit Namen Corona-Krise. Die verschiedenen Regierungen – landesweit und regional – beschließen Maßnahmen und Regelungen, die helfen sollen, die Ausbreitung der Pandemie zu verlangsamen. Doch vielen Menschen wird das alles schon zu viel. Sie fordern Normalität oder versuchen, diese schon zu leben.

Und nicht zu vergessen: Hinzu kommt der gegenwärtige Ukraine-Konflikt, der nichts anderes als ein verbrecherischer Krieg ist. Die dafür Verantwortlichen sollten sich möglichst bald vor das Kriegsgericht in Den Haag zu verantworten haben! Aber auch das sollte nicht vergessen werden – es gibt immer noch den sich beschleunigenden globalen Klimawandel, der von uns Menschen verursacht wird!

So stellt sich grundsätzlich die Frage: Können wir so weiterleben wie bisher? Ich meine, Nein! Ein grundlegender Neuanfang in der Art und Weise, wie wir gegenwärtig leben, ist dringend nötig. Wir müssen uns in unseren Lebensansprüchen mäßigen. Wir müssen unseren Energieverbrauch senken, kraftstoffsparende Autos fahren, unnötige Fahrten vermeiden. Wenn möglich, bei Fernreisen die Eisenbahn benutzen. Kurze Strecken mit dem Fahrrad oder zu Fuß bewältigen. Öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Nicht Massentourismus in der Ferne, sondern naturnaher Urlaub in der engeren Heimat. Das alles müssen wir beachten – denn es geht um die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder! – Dieter Lehmann

 

Alle Welt redet davon, dass wir weniger oder gar keine Energie aus Russland mehr kaufen wollen. Dagegen aber sprächen die wirtschaftlichen Zwänge. Man könne ja nicht einfach die Öfen in den Glashütten oder Eisenhütten oder der chemischen Indutrie abstellen. Das würde eine Menge Arbeitsplätze kosten, die Inflation würde ncoh mehr steigen, der Wohlstand sei gefährdet. Warum hinterfragt denn an dieser Stelle niemand unseren Wohlstand? Ist der wirklich notwendig? Unsere Läden quellen über vor Angebot. Gebraucht wird das nicht.

Wenn die Industrie jeden fünften Ofen abstellte, sparte sie 20 % Energie. Wenn sie dabei die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter um 20 % verkürzte (5-Tage Woche) , würde weitere Energie gespart. Das wäre auch ohne Lohnausgleich sozialverträglich, denn die prekären Arbeitsverhältnisee sind schon lange nicht mehr in der Industrie zu finden. Es ist dringend Zeit für den Übergang in die Postwachstumsökonomie. Das hätte nur Vorteile: weniger Abhängigkeit von Despoten, mehr Klimaschutz, mehr Freizeit, weniger Plunder – Adam Romoth

 

Putin bleibt solange stark, wie die russischen Medien gleichgeschaltet sind und seine Generäle nur dass berichten, was er hören will, nämlich Erfolge an der Front. Das Folck glaubt seiner Propaganda oder will es glauben. Es ändert sich erst, wenn die Mütter der jungen getöteten Soldaten auf die Straße gehen und Anklage erheben. Aber anscheinend sind die Leichenberge noch nicht hoch genug und es darum nicht zum der Protest kommt. Aber er wird kommen. Ps: Ich kann das Leid der Menschen in der Ukraine verstehen, weil ich als Kind die Terrorangriffe auf Hamburg miterlebt habe und auch der Hungerwinter 46/47 ist mir noch gut im Gedächtnis. – Karsten Winterfeld

 

Ein Plan wäre gut. Das eigentliche Problem besteht darin, dass wir einen erbärmlich schwachen Bundeskanzler haben. Wo Führung und Richtlinienkompetenz gefragt wären, erleben wir ein zauderhaftes Hin und Her. Northstream 2 ist eine reine privatwirtschaftliche Unternehmung, 5.000 Helme als Unterstützung für die Ukraine, usw. Der Frieden müsse eine Dividende haben und Tempolimit, um Energie einzusparen stehe nicht im Koalitionsvertrag so die FDP. Und wo bleibt Herr Scholz? Er wird getrieben, statt zu handeln. Erst auf ungeheuren Druck der Verbündeten kam es zur zaghaften Kehrtwende. Peinlich!

Es geht nicht um den sozialen Frieden in Deutschland, wenn das Gas abgedreht wird; es geht um den Schutz der deutschen Wirtschaft. Warum weigert sich die Regierung die Ukraine angemessen mit Waffenlieferungen zur Selbstverteidigung zu unterstützen? Es ist das Geschäftsinteresse der eigenen Wirtschaft, die sich weigert, Öl- und Gasimporte hinzunehmen und dafür das Sterben zahlloser Unschuldiger in Kauf nimmt. Und Herr Scholz? Erbärmlich. – Bruno Fey

 

Der Ukrainekrieg ist furchtbar und ein barbarischer Akt, aber: Einkreisungspolitik hat nicht nur etwas mit Atomwaffen zu tun, dafür genügen auch konventionelle Waffen und stellen Sie sich einmal vor, daß in Mexiko eine sowjethörige Regierung installiert würde, die Amerikaner würden aus Mexiko einen Schrottplatz machen, ohne die geringsten Skrupel! Was den Aufruf zur Empathie für ukrainische Flüchtlinge angeht, so sollte meiner Ansicht nach nicht nur Deutschland Empathie für Geflohene aus aller Welt entwickeln, auch 2015 blieben wir auf ca. 90% aller Asylbewerber sitzen, die meisten anderen Europäer lehnen sich in dieser Frage bequem zurück, genau wie die Amerikaner!

(Obwohl Mitverursacher dieses Krieges sind die Amerikaner die eigentlichen Kriegsgewinner: Verkaufen mehr Waffen als je zuvor, verkaufen jetzt teuer ihr dreckiges Giftgas und haben selber schon völkerrechtswidrige Kriege noch und nöcher geführt!) Auch diesmal werden wieder unsere deutschen Armen (Alleinerziehende, Rentner usw.) die Hauptlast der deutschen Willkommenskultur zu tragen haben, diese Leute sind es nämlich, welche um Wohnungen und prekäre Jobs mit unseren Neubürgern konkurrieren müssen! Deeskalation, also ernsthafte Verhandlungen wäre das Gebot der Stunde, aber das Großmaul Selenskyi will lieber Europa in Schutt und Asche versinken lassen, als daß er nachgibt und die Ukraine für neutral erklärt!

Und stattdessen: Kriegsrhetorik allenthalben und Aufrüstung, von Ampel bis CDU, unglaublich eigentlich, aber wenn man sich vor Augen hält, daß wir Leute in Spitzenpositionen haben, welche noch nie gearbeitet haben und allenfalls Lebensläufe und Doktortitel fälschen können, braucht uns das nicht zu wundern und Sanktionen, die nichts bewirken und uns selber am meisten schaden sind ebenfalls ein Indiz für die grassierende Inkompetenz in der deutschen Politik!!

Nicht nur unser Problem ist, daß Politiker keinerlei Qualifikationsnachweis für Ihren doch eigentlich verantwortungsvollen Job brauchen, stattdessen werden sie durch Quoten nach oben gespült oder werden gewählt, weil er oder sie den Mund am weitesten aufreissen kann! Wir steuern auf den 3. Weltkrieg zu und in Deutschland ist Gendern wichtig und eine allgemeine Impfpflicht noch wichtiger, ich sage Ihnen, wenn wir so weiter machen, dann brauchen wir bald gar nichts mehr! – Helmut Böpple

 

Vielen Dank für Ihre gelungene Berichterstattung zum Krieg in der Ukraine. Folgenden Brief habe ich zusammen mit meinem Partner jeweils an die Regierungsparteien geschrieben: Sehr geehrter SPD-Vorstand, Grüne, FDP-Kabinettsmitglieder, ich schäme mich für Deutschlands Politik gegenüber Russland. Nicht nur, dass Deutschland verantwortlich war für 20.000.000 Tote im 2. Weltkrieg, jetzt trägt Deutschland Mitverantwortung für Kriegsverbrechen in der Ukraine, für Mord an Kindern, Frauen, Müttern, Vätern, Großeltern, Zivilisten, jungen Menschen, die für ihre Heimat kämpfen, für das Leben in einem freien Land.

Das erste, was ich morgens lese, ist: Russland liefert weiter Gas. Olaf Scholz behauptet: Wir tun alles, was wir können gegen Russlands Angriffskrieg . Aber das ist nicht wahr. Die Sanktionen sind halbherzig . Das sieht man schon daran, dass der Krieg unbarmherzig weitergeführt wird . Hauptsache, unsere Wirtschaft nimmt möglichst wenig Schaden. Was ist wichtiger: Wohlstand – oder Freiheit und das Leben von unschuldigen Meschen. Deutschland hat eine russlandfreundliche Wirtschaftspolitik betrieben, hat Putin den Krieg entscheidend mitfinanziert, und jetzt ist Deutschland angstgetrieben wegen wirtschaftlicher Nachteile und beschmiert sich wieder mit Blut. Die militärische Hilfe kommt zögerlich oder erst nach Druck.

Wie viele Kinder müssen noch ermordet, wie viele Städte noch dem Erdboden gleich gemacht werden, bis wir Putin nicht mehr bezahlen? Sehen Sie die Bilder nicht? Hören Sie nicht die verzweifelten Menschen? Herr Scholz hat es noch nicht einmal nötig, an die polnische Grenze zu fahren und den Flüchtlingen zu begegnen . In den Medien wird er zu Recht als „Kühlschrank“ bezeichnet . Mit Zahlen umzugehen liegt ihm wohl mehr, als mit Menschen. Ich schäme mich so sehr für die deutsche Politik . Ich weine den ganzen Tag. Ich bin selbst ein Flüchtlingskind von Eltern, die im 2. Weltkrieg vertrieben wurden. Ich weiß, welche Traumata solch ein Erlebnis hervorruft. Stoppen Sie sofort! alle Handelsbeziehungen zu Russland! Kein Geld mehr für Putin, in keiner Währung. – Sabine Kaienburg und Hans-Volker Plorin

 

Warum wird uns das erst jetzt mit dem Krieg in der Ukraine erst richtig gezeigt und kommentiert? Warum haben alle Kriegsschauplätze seit 1990 bis zu Jemen u.a. heute, das nie in dieser moralisch- empathischen menschlichen und schrecklichen Art uns nahegebracht?

Verstehen wir richtig, was u.a. die grüne Außenministerin erklärt? Russisches Gas und Oel müsse wegen der Kriegsverbrechen der Russen gestoppt werden. Von Katar und arabischen Scheichs wäre das immer noch besser. Es gibt demnach sogar gute und böse Kriegsverbrecher und Menschenrechtsverletzer noch dazu. Es brauchte nur analoge Bilder und Berichte zu Jemen u.a. Kriegsgebieten damit wir sehen was gute und böse Kriege sind. Wer zeigt uns mal auch die andere Kriegsseite, die nicht grausam, aber menschlich ihren Krieg führt? Wäre doch gut um reale Vergleiche zu erkennen, wie toll und moralisch Kriege auch geführt werden können, ehrenhaft auf dem Feld der Ehre sozusagen

Der alte Trick funktioniert seit Jahrhunderten, die Menschheit, das deutsche wie andere Völker sind keinen Millimeter klüger geworden. Zeige ihnen die richtigen Bilder von den richtigen Orten und der erwünschte Krieg kann bald losgehen. Neu an der Sache könnte sein, wir haben es bald mit grünen Kriegen zu tun. Was soll der ganze grüne Umweltkram, Klima-gedöns usw.. Solidarisch alle etwas ärmer werden, bis auf die Eliten, dann schaffen wir den Putin und helfen der Ukraine. Warum am und im Krieg aber einige profitieren wie nie, was ist daran solidarisch? – Roland Winkler

 

Die entwickelte Abhängigkeit von Rußland ist schlimm und muss beendet werden. Aber Deutschland hat den Krieg nicht verursacht. Helfen ja, aber nicht, in dem wir uns selber Schwächen. Das wäre nicht logisch. – Rolf Dombrowsky

 

Nachdem fast alle Menschen in Deutschland in diesen Tagen die grauenhaften Bilder und Berichte vom Krieg in der Ukraine gesehen haben-die getöteten Zivilisten, die vergewaltigten Frauen- bleibt uns hoffentlich in Zukunft am 8.Mai das Gerede vom Tag der Befreiung erspart. Denn genauso brutal wie in der Ukraine haben die Russen auch 1945 in Deutschland gekämpft und erobert, nicht befreit, von Ostpreußen bis zur Elbe. Wer das nicht wusste, kann jetzt noch alte Menschen befragen. Viele sind bis heute traumatisiert. Befreit wurden die KZ-Häftlinge und die Zwangsarbeiter. Allerdings macht das die Untaten der Eroberer nicht ungeschehen. – Barbara Nissen

 

Ich weiß nicht wie es Ihren Lesern ergeht, aber ich hege nicht erst seit den furchtbaren Gräueltaten der russischen Armee gegen unschuldige Zivilisten in Butscha eine ungeheure Wut gegen Putin und seine Schergen, aber auch Unverständnis gegenüber der russischen Bevölkerung, die Putin weit überwiegend unterstützt. Spätestens jetzt ist es nicht nur mehr allein Putins Krieg, wie Bundeskanzler Scholz nicht müde wird zu betonen. Scholz und seine Bundesregierung geben in dieser schweren Krise eine jämmerliche Figur ab.

Scholz ist, das kristallisiert sich zunehmend heraus, Merkel 2.0. Außenministerin Baerbock und Wirtschaftsminister Habeck sind die Rache der Ex-Kanzlerin an der Bundesrepublik. Beide verbindet mit Merkel, dass sie unter dem Schutzschirm der Medien stehen. Baerbock kann mit ihrer Schwertgosch Putin nicht im geringsten beeindrucken. Und Habeck kann seine Tränen kaum zurückhalten, weil er der Bevölkerung bald verkünden muss, dass sie künftig in der kalten Wohnung ein „wenig“ frieren muss. Baerbock und Habeck sind politische „Produkte“ des „Merkel-Bullerbü-Deutschland“. Der Bullerbü-Traum aber ist vorbei.

Merkel war es, die einen NATO Beitritt der Ukraine im Jahr 2008 verhindert hat. Putin hätte es sich zweimal überlegt, ob er die Ukraine überfällt, wenn das Land unter dem Schutzschirm der NATO stehen würde. Deshalb sollte sich Merkel auf die Reise nach Butscha begeben, um die Auswirkungen ihrer verfehlten Politik direkt zu erleben. Wenn dieser Krieg hoffentlich bald vorbei ist, müssen 16 Jahre Merkel gründlich aufgearbeitet werden. Ein vollständiges Energie-Embargo gegen Russland wäre die einzige Möglichkeit, den Krieg baldmöglichst zu beenden. Dazu benötigt es jedoch entschlossene und mutige Politiker. – Alfred Kastner

 

Vor drei Monaten habe ich nach einer mehrjährigen Pause wieder die ZEIT abonniert in der Erwartung, über Ihre Wochenzeitung umfassend, also mit pro und contra, Hintergründe und unkonventionelle Informationen zur Tagespolitik zu erhalten. In einer mir zufällig in die Hand gedrückten Ausgabe der STUTTGARTER ZEITUNG, Nr.73 vom 29. März 2022 S.5, stieß ich auf einen Artikel mit dem Titel: Das Märchen vom Genozid an den Russen. Was davon stimmt? von Christian Gotschalk: Gibt es Nazis in der Ukraine? ja. Da ist z.B. das Regiment Asow… Die Gruppe ist … teilweise offen rechtsextrem.

Und sie ist dem Innenministerium unterstellt. … Es gibt … dokumentierte Kriegsverbrechen, die von Mitgliedern des Regiments Asow begangen worden sind, darunter Folter und Vergewaltigungen. Die meisten stammen aus dem Jahr 2014… Es gibt noch andere ähnliche Einheiten, die meistens dem Verteidigungsministerium unterstellt sind Verherrlicht die Ukraine Faschisten? Die Diskussion entbrennt oft an Stepan Bandera. … Im Westen des Landes hat man ihm in den letzten Jahren Denkmäler als Freiheitskämpfer errichtet, im Osten <der Ukraine> gilt er als Massenmörder und Faschist… Bandera hat für einen Nationalstaat Ukraine gekämpft, immer gegen Juden und Russen, zum Teil mit den Nazis. <über ihn wurde in der jüngsten Ausgabe der ZEIT kurz berichtet>. Ist die Ukraine ein faschistisches Naziland?

Ganz sicher nicht … Gab es einen Genozid an Russen? Bei den Kämpfen in den Volksrepubliken sind Russen ums Leben gekommen, es gab auch Kriegsverbrechen an ihnen… aber es ist kein Völkermord. Ist die Regierung drogenabhängig? Darüber ist nichts bekannt. In dieser kritischen Phase der Weltgeschichte erwarte ich von einer renommierten, überregionalen Wochenzeitung wie die ZEIT, dass sie ihre Leser im Hinblick auf kontroverse Kriegspropaganda umfassend, also mit pro und contra, sorgfältig aufklärt. Vielleicht sind mir Ihre diesbezüglichen Artikel in den vergangenen Wochen entgangen, deshalb bitte ich Sie nun hiermit möglichst zeitnah um eine Stellungnahme, bevor ich über Konsequenzen als Ihr Abonnent beginne nachzudenken. – Friedrich Heinzelmann

 

Gedanken zum Krieg in der Ukraine. Das Unfassbare, das Nicht-Denkbare ist Wirklichkeit geworden: ein Krieg in Europa. Ein Krieg, von Putin befohlen, der mit keinem Argument begründbar ist, bei dem alles Leid des 2. Weltkrieges weggewischt wurde. Es ist gut, dass es eine so große Geschlossenheit in Europa bei der Verurteilung des Krieges gibt.

Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen jedoch, dass es wichtig ist, die Ursachen, die zum Konflikt geführt haben, zu analysieren, zu verstehen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, damit der ewige Kreislauf von Macht und Ohnmacht, von Beherrschen und Demütigung durchbrochen werden kann. Dies ist, wie hier auch, oft unzureichend erfolgt. Aber es ist die Voraussetzung, um künftige Konflikte anders lösen zu können.

Ich glaube, dass eine der Ursachen für den Russland-Ukraine-Konflikt in der Vergangenheit liegt. Im Dritten Reich wurde sehr intensiv auf den 2. Weltkrieg hingearbeitet. Aus unseren Erfahrungen wissen wir, dass einer der ersten Schritte zur Vorbereitung auf den Krieg das Schaffen von Feindbildern ist. Es wurde ein Russlandbild gezeichnet, in dass alles, was zu einem negativen Narrativ passte, aufgenommen wurde. Nach dem 2. Weltkrieg gab es in Ostdeutschland überhaupt keine Aufarbeitung (wir waren ja alle Antifaschisten….). In Westdeutschland, wo Menschen, die im Nazisystem aktiv mitgewirkt hatten, wieder im System Fuß fassten, fand Aufarbeitung nur unzureichend statt. Da hielt sich ein solches Narrativ natürlich recht stabil. Denken wir an die Arbeit, die der Staatsanwalt Dr. Fritz Bauer bis zu seinem (mysteriösen?) Tod im Jahre 1960 leistete. Im Gegenteil, es wurde, wenn auch sehr versteckt, weiter genutzt. Und es wurde verdrängt, dass die 20 Mio. gefallenen Russen durch Deutschland ihr Leben verloren hatten.

Zu den typischen Elementen dieser Entwicklung gehört die Einteilung in Gut und Böse, und zwar auf beiden Seiten, also Ost und West. Nach dem Fall der Mauer gelang es nicht, aus der Spirale des Ost-West-Denkens herauszukommen. Denken wir an die Zeit der Wende, wo große Chancen bestanden, da alte Gut-Böse-Bild zu verlassen, wo Russland zugesagt wurde, die Nato nicht zu erweitern (wer das heute leugnet, der lügt, denn es gibt ausreichend Aufzeichnungen, die dies im Originalton bestätigen) und die Nato trotzdem von Ostanatolien bis Estland erweitert wurde.

Stellen wir uns vor, die Militärkraft der Nato, die um Russland aufgebaut wurde, würde in Kuba stationiert werden, unvorstellbar!! Denken wir daran, als Putin im Deutschen Bundestag aufgerufen hat, den Kalten Krieg zu beenden. Oder, wo der „Westen“, wenn er von Europa spricht, Westeuropa meint, obwohl mehr als ein Drittel von Europa zu Russland gehört usw.. Es sind die ständigen, wenn auch nicht auffälligen Erniedrigungen, die gegenüber Russland eingesetzt wurden und werden. Ein weiterer Gedanke ist, dass alles, was Russland und der Westen, insbesondere die USA tun, mit zweierlei Maß gemessen wird. Ich denke da an die Kriege in Korea und Vietnam, an den mit einer Lüge begründetem Einmarsch der USA in den Irak, an Guantanamo, wo Gefangene Jahrzehnte lang ohne einen Prozess gefangen gehalten werden u.v.m..

Ist das ein Verhalten, dass akzeptiert werden kann, das dazu berechtigt, sich auf der Seite der Guten zu wähnen? Ich glaube es nicht. Vergessen dürfen wir auch nicht, was die übliche Konsequenz aus diesen Konflikten ist: Aufrüstung! Aufrüstung! Aufrüstung! Plötzlich sind ganz schnell 100.000.000.000 € zusätzlich zur Stärkung des Militärs da. Es wird nicht lange dauern, dass die andere Seite Gleiches tut. Da bei solchen Gedanken schnell die Sozialisierung des Verfassers als Gegen-argument ins Spiel gebracht wird, möchte ich Gedanken eines Wissenschaftlers zitieren, der diesbezüglich unverfänglich erscheint:

Carlo Masala ist Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München mit dem Fachgebiet Sicherheits- und Militärpolitik. Er schreibt: „ Der Versuch, andere Länder zu verwestlichen, den Menschen anderer Kulturen zu einem Leben in Freiheit, Gleichheit, Menschlichkeit zu verhelfen, ist gescheitert. Die Demokratie, in Deutschland historisch gewachsen und erblüht, ist nicht verpflanzbar. Die Konsequenz, zu der sich die westlichen Mächte ehrlich bekennen sollten, ist „Nichteinmischung“. Falsch ist die europäische Tendenz, den Krieg als „Gut gegen Böse“ zu beschreiben.

Falsch ist auch die amerikanische Neigung, Russland in eine militärische und politische Niederlage zu treiben. „Ich finde, da wird die Ukraine letztlich für westliche Machtpolitik missbraucht“. Es ist unser aller Aufgabe, zur Beendigung des Kreislaufes von Machtmissbrauch, Großmachtstreben, Lüge und Aufwertung des Eigenen durch Abwertung Anderer beizutragen. Auf den letzten Demos gegen den Krieg haben wir das Lied gesungen „Weißt du, wo die Blumen sind“. Es endet mit „….wann wird man je versteh’n, wann wird man je versteh’n“? – Peter Moldt

 

Ein guter, aber im Sinne derzeitiger chinesischer Überlegungen zu Putin gefangen Bekannter verdient Sachaufklärung: Lieber J., wenn man sich mit Putin beschäftigt, ist man über seine Nähe zu den russischen Zaren überrascht. Sein Bekenntnis wird auch von der russischen orthodoxen Kirche unterstützt. Gleichzeitig äußert er ständig und auffällig Kritik an Lenin, spricht diesem eine nationale Verantwortung für Russland ab. Dieses erklärt zunehmend seine Aggression und seine imperialistische Strategie, ganz im Gegensatz zu Lenin. Deshalb bin ich auch sehr über die China überrascht, Putin zu unterstützen. Ich empfehle den Chinesen, historisch die Beziehung zwischen dem zivilisatorischen China und dem barbarischen System Putin zu bewerten. Deshalb:

Lenin schrieb im Jahre 1900 in seinem Artikel »Der China-Krieg“: »Will man die Dinge bei ihrem richtigen Namen nennen, so muß man sagen, daß die europäischen Regierungen (und die russische ist dabei die Erste) mit der Aufteilung Chinas bereits begonnen haben … aber nicht offen, sondern heimlich, wie Diebe. Sie sind darangegangen, China auszurauben, wie man einen Leichnam ausraubt, und als dieser vermeintliche Tote Widerstand zu leisten versuchte, fielen sie wie wilde Tiere über ihn her, indem sie ganze Dörfer niederbrannten, wehrlose Einwohner, Frauen und Kinder im Amur ertränkten, niederschossen und auf Bajonette spießten.«

In seiner Schrift »Sozialismus und Krieg« schrieb Lenin 1915: »Wenn zum Beispiel morgen … Persien oder China an Rußland den Krieg erklärten, so wären das ‚gerechte‘ Kriege, ‚Verteidigungs-Kriege‘ unabhängig davon, wer als erster angegriffen hat, und jeder Sozialist würde mit dem Sieg der unterdrückten, abhängigen, nicht gleichberechtigten Staaten über die Räuber-die ‚Groß‘-Mächte — sympathisieren …

»Nirgends in der Welt gibt es eine solche Unterdrückung der Mehrheit der Landesbevölkerung wie in Rußland: Die Großrussen machen nur 43 Prozent der Bevölkerung aus, das heißt weniger als die Hälfte, alle anderen aber sind als ‚Fremdstämmige‘ entrechtet. Von den 170 Millionen Einwohnern Rußlands sind rund 100 Millionen unterdrückt und entrechtet.« In einer Tabelle bezeichnet Lenin von den 22,8 Millionen Quadratkilometern des Russischen Reiches im Jahre 1914 als »Kolonien“: 17,4 Millionen Quadratkilometer. Deshalb der Ukraine-Überfall. Nicht im Sinne Lenins, sondern im Sinne imperialistischer Zaren. Wäre er derjenige, den China respektieren könnte, würde er Deinem Land die annektierten Länder zurückgeben. – Jürgen Dressler

 


 

 

Leserbriefe zu „Ein Plan wäre gut“ von Lisa Nienhaus

 

Energiepaket, wird unser Geld richtig eingesetzt? Zeitenwende Die Kritiker des Energiepaket sind sich einig in der Sache, dass mit Pendlerpauschale, Benzinzu-schuss etc. ein Status Quo subventioniert wird anstatt Vollgas Richtung erneuerbare Energien zu geben Die Maßnahmen zur Abfederung finanzieller Härtefälle während der Übergangszeit zur Energieum-stellung müs-sen vulnerablen Bevölkerungsschichten vorbehalten und zeitlich auf ein Minimum be-grenzt sein. Zeitenwende, fast schon abgelutscht, Zeitenwende heißt den Turbo einlegen beim Um-schalten unserer politischen Entscheidungen – nicht nur bei Militärausgaben. Es braucht einen totalen Umbau und den nicht nur bei den Erneuerbaren Energien, sondern im gesamtwirt-schaftlichen gesamtpolitischen Gefüge.

Den Krieg in der Ukraine mit seinen vordergründigen Folgen gesondert zu betrachten wird uns nicht weiterbringen. Die Verzahnung der Krisenthe-men müssen auch als solche angegangen werden. Der Krieg in der Ukraine muss ad hoc zu mas-siven energiepolitischen Entscheidungen führen. Die Technik ist bereits seit langem dafür da Die größte Herausforderung dürfte die praktische Umsetzung derer werden. Wo so schnell all die Handwerker, Fachkräfte, Produktionsstätten für Solarmodule, Speicher, Was-serkraft etc. hernehmen. Hier müssten Milliarden schwere Steuerungspakete her Die Lösungen zur Klimakri-se sind direkt damit verzahnt.

Weiterhin steuern wir auf eine Hungernot in der globalen Welt zu. Die globalen Märkte haben ausgedient. Lösungen zur vor Ort Versorgung müssen her ohne unsere Ökosysteme mit brachialer Pestizid Landwirtschaft weiter zu ruinieren denn wir steuern hier auf ein dadurch ausgelöstes Grundwasser Versorgungsproblem zu. Länder wie Jordanien müßen Trink-und Brauchwassser importieren, bei uns sinkt der Grundwasser-spiegel jedes Jahr. Damit verbunden sind Flüchtlingsströme aus Hunger -und Dürregebieten deren Ausmaß wir uns nicht vorstellen können noch diese auf dem Schirm haben.

Es geht um viel und ja wir erleben eine Zeitenwende, wie wir diese leben wollen liegt bei uns und unseren Entscheidungen in dieser Zeit. Wenn wir in Zukunft noch erleben wollen müssen drastische, mutige und vor allem sofortige Maß-nahmen mit wirklich ernsthaft Veränderungen bewirkenden Paketen her. Aktuell haben wir nicht mal ein Tempo Limit und trauen uns nicht Putin die rote Karte zu zeigen…. Große Zweifel, dass es noch was wird mit der Zeitenwende. – Eva Traumann

 

ich gebe zu, dass ich von diesem Kommentar etwas enttäuscht bin. Ich glaube, Sie unterschätzen die Wirtschaft treibenden. Wer viel Gas verbraucht, macht sich mit Sicherheit schon seit Kriegsbeginn Gedanken, wie er das möglichst schnell und umfassend ersetzen kann. Deutschland kann eben nicht wirklich drohen. Den letzten vier Regierungen sei’s gedankt.

Klartext müsste die Regierung gegenüber den Bürgern sprechen: Heizung runter, Räume stilllegen, weniger duschen und Baden, Strom sparen, wo immer das geht. Geschwindigkeitslimits 100, 80, 30. Gas- und Spritpreise hoch und Haushalten mit niedrigen Einkommen direkt helfen. Damit die wohlhabenden Vielverbrauchern auch einen Grund haben zu sparen. Jede gesparte kWh würde helfen. Jetzt! – Fritjof Möckel

 

Nehmen wir doch einfach mal die unausweichliche Energieeinsparung als Glücksfall. Die äuße-ren Umstände zwingen uns, kürzer zu treten, und dabei klar zu bemessen, was aus menschen-würdiger und umweltfreundlicher Sicht systemrelevant ist. Zerreißende Diskussionen um Lu-xusprobleme können wir uns eigentlich schon lange nicht mehr leisten . . . und ein bißchen Not tut unserer übersättigten Gesellschaft gut, schafft Zusammenhalt, för-dert Kreativität und Erfindergeist! – Walter Moritz

 

Die Bundesregierung tut sehr gut daran, die möglichen Folgen erweiterter Sanktionen gegen Russland oder denkbare Vergeltungsmaßnahmen Putins rechtzeitig zu antizipieren und entsprechende Reaktionspläne vorzubereiten. Dass dies im kleinen Kreis, gegebenenfalls unter diskreter Hinzuziehung von Expertengremien oder Fachverbänden etc., geschieht, ist sehr zu begrüßen und hat sich als Prinzip bereits bei den erfolgreichen Koalitionsverhandlungen sowie der Vorbereitung der multilateralen Sanktionen gegen den Ukraine-Krieg bewährt.

Eine „Was, wenn…?“-Diskussion in der breiten Öffentlichkeit bzw. den (a)sozialen Medien ist das Letzte, was jetzt hilfreich wäre. Es ist leider so, dass ein sachlich-konstruktiver Dialog mit anschließender demokratischer Entscheidungsfindung und -durchsetzung, unabhängig vom anstehenden Thema (Umwelt, Klima, Pandemie, etc.) in unserer Shitstorm-Gesellschaft nicht mehr möglich erscheint. Deshalb tun der Bundeskanzler und sein Kabinett gut daran, am Prinzip der repräsentativen Demokratie festzuhalten und sensible Themen und Maßnahmen nicht einer basisdemokratischen Schlammschlacht auszuliefern. – Thomas Schneider

 

Der Artikel steckt voller Unwägbarkeiten. Einzig und allein wichtig ist die reelle Zustandsbeschreibung der Lage und die Reaktion darauf und dabei ist die deutsche Politik nicht unbedingt schlecht vorbereitet mit einem vermeintlich „stillen“ Kanzler. Pläne kann man viele machen, die meisten jedoch werden verworfen, verschwinden in Schubladen. Dadurch ist ja auch der „sozialistisch-kommunistische“ Ostblock gescheitert mit dem totalen Offenbarungseid einer totalen Pleite, wobei „hohe Politkommissare“ den durchaus sehr innovativen Kräften einer gewissen freien Wirtschaft bedeutet haben:

Dies, wie z.B. der „Trabi“ wird gemacht und nichts anderes und damit „Basta“! Ein gewaltiges Wort eines ehemals bedeutenden Bundeskanzlers und einzigartigen Verräters unser deutschen Werte. Die „Marschroute“ nach Putins Vertrauensbruch für die Welt kann nur lauten (nachdem er uns alle hereingelegt hat – s. Artikel derselben ZEIT-Ausgabe – Hamburg-Teil, S. 14 „Als Putin die Tür knallte“: Selbst die hartgesottenen „Putin-anier“ sind fassungslos bzgl. „ihres“ lupenreinen Demokraten): So schnell wie möglich weg von Putins und der Russen Rohstoffe und sehr schnelles „Aufrüsten“ durch die deutsche Wirtschaft im Energiesektor (Wind, Sonne, Wasser, Erdwärme, Wasserstoff) innerhalb von bis zu fünf Jahren.

Dabei sollten auch Enteignungen von den fehlenden Flächen der bis zu 8000 km² angedachten Aktionsfläche für Sonnen- und Windkraft eine wichtige Rolle spielen. Die bisherigen Primärerzeuger für Strom wie Kohle und Atom sollte man unbedingt noch für die Zeit nutzen; die Habeckschen Initiativen haben absolut Priorität, wirken sehr kurzfristig. Das Thema Nordstream I und Schröders N. II gehört der „Geschichte“ an . Sollten zu NULL abgeschrieben werden – Milliarden hin oder her! Was die Alarmpläne bzgl. Energiebevorratung, Eisnchränkung etc. betrifft, wird der Info-Gehalt deswegen sicher nicht über die „Flüstertüten“ der Medien gehandelt werden können.

Mehr ist dazu nicht zu sagen. Alles in allem wird so Rußland einer beispiellosen wirtschaftlichen Katastrophe entgegengehen, was sie nur unfähigsten diktatorischen Führern und Kriegsverbrechern wie Putin und seinen Politvasallen z.B. Lawrow zu verdanken hat. Damit gehen diese Kriegsverbrecher den Weg der „rumänischen Lösung“ oder den Weg der Revolutionszeit ab 1789 in Frankreich. Wegsperren wäre zu wenig. – Rainer Rehfeldt

 

Lisa Nienhaus nennt einige Möglichkeiten einer aktuellen Energie-Einsparung, seitens der Bürger und auch von Betrieben. Das wäre proaktiv und ein erster Schritt. Warum kommt dazu von der Politik kein Aufruf? Im Streitgespräch lesen wir eine klare Analyse der Ukraine-Situation und Putin’s Plänen von Michail Chodorkowski. Er dürfte hier im Westen einer der besten Kenner des russischen Präsidenten und seines Umfeldes sein. Warum erkennen die meisten Politiker das nicht? In meinen Augen haben sie Angst vor der Wirklichkeit, Angst vor Krieg, und Angst vor dem Wähler und dem Wohlstandsverlust. Traurig, diese Passivität, die sie „sorgsames Abwägen“ nennen. – Martin Grau

 

Nach dem Zerfall der ehemaligen Sowjetunion haben sich in der deutschen Politik strategische Versäumnisse, speziell in zwei Feldern, eingeschlichen. 1. Trotz eindringlicher Warnungen haben wir uns im Falle der Verteidigung stets auf die militärische Stärke der USA verlassen. Obwohl schriftlich zugesagt hat Deutschland nie 2 % des BIP in die Bundeswehr investiert mit den Ergebnis, dass wir als Nation ohne den Schutz Amerikas keinen Angriff überstehen würden. Was den Umfang und die Qualität der Waffenlieferung an die Ukraine betrifft, reiht sich Deutschland hinter Estland ein.

2. Russland wurde der Hauptlieferung für fossile Energie, die derzeitige Basis für die größte Volkswirtschaft der EU. Unsere Kohleförderung wurde eingestellt, die Atomkraftwerke abgeschaltet und selbst nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahre 2014 wurde nicht gehandelt. Im Gegenteil, Nordstream 2 wurde trotz großer Widerstände zu Ende gebaut, das Wort der „Alternativlosigkeit“ machte die Runde und die sogenannten „Putin-Versteher“ verstummten nicht.

Um sich aus den selbstverschuldeten Abhängigkeiten zu befreien, wäre in der Tat ein Plan gut, wie Frau Nienhaus schreibt. Der von Putin verursachte Krieg in der Ukraine stellt ein Zäsur dar, möglicherweise eine Abkehr von der Globalisierung. Wir können Putin nur ernsthaft etwas entgegensetzen, wenn die freie Welt, in Solidarität mit den Menschen in der Ukraine, bereit ist, unsere demokratische, regelbasierte Ordnung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen, auch wenn es temporär wehtut. – Jürgen Rohlfshagen

 

Das Zaudern und Zögern der deutschen Regierung seit den ersten Kriegstage setzt sich unbeeindruckt fort, da können der ukrainische Botschafter und auch sein Präsident flehen und fordern, wie sie möchten. Von Beginn an wurde das Energieembargo in den Meiden diskutiert. Da reist man nach Katar, doch einen echten Energie-Notfallplan präsentiert niemand. An Kohle und Kernkraft traut sich die Ampel nicht mehr ran und die größte Energie-Ressource bleibt auch in der sechsten Kriegswoche unangetastet: Das Energiesparen.

Unser Wohlstand basiert auf Verschwendung, es gäbe bei vielen Bereichen von Haushalt und Verkehr in der Summe immense Möglichkeiten, die ab sofort wirksam wären. Es beginnt bei Tempo hundert und endet noch lange nicht beim Verzicht auf reine Spaßfahrten. Wir leben im Überfluss und könnten auf vieles leicht verzichten. Doch die Politik traut den Bürgern diese Wahrheit nicht zu, mutet aber der Ukraine grausamste Leiden zu. Es ist unwürdig und beschämend. – Johannes Zink

 

Noch ein Vorschlag zum Enertgiesparen: Abschalten aller Leuchtreklame! – Ch. Olbertz

 

Meiner Meinung nach muß Deutschland nicht unbedingt ohne russische Energie in die Rezession rutschen. Wer sich ein wenig Zeit zum recherchieren im Internet nimmt und Habeck bei den letzten Auftritten im Fernsehen genau zugehört hat, muß zu dem Schluß kommen, daß es bei einer ausbleibenden Lieferung russischer Energie zwar Änderungen auf dem Energiesektor geben wird, aber keinen Einbruch. Habeck druckst bei dem Thema auch nicht rum. Wer allerdings speziell vom grünen Wirtschaftsminister auf Einsparthemen wie Tempolimit 100 auf Autobahnen, senken der Raumtemperatur und ähnliche „epochale“ Volksanweisungen wartet, wird enttäuscht. Er hat schon vor dem Krieg als sein wichtigstes Ziel den Ausbau der Windenergie beschrieben.

Die Ölversorung kann u.a. durch die OPEC und vor allem Saudi-Arabien mit seinen großen Reservekapazitäten innerhalb weniger Wochen sichergestellt werden.150 Milliarden m3 Gas kommen zur Zeit aus Rußland. 50 Milliarden m3 ließen sich durch Flüssiggas aus USA und Katar ersetzen. Weitere 50 Milliarden m3 durch zusätzliche Importe aus Algerien, Norwegen sowie durch Biogas.

Wer weiß, das 12,2 % der Stromerzeugung in Deutschland über Gaskraftwerke erfolgt, kann und kommt auch auf die Idee, dieses Gas für Industrie und Haushalte zu verwenden und den Irrsinnn der überhasteten Stilllegungen der Kohlekraftwerke, ggf. auch der Atomkraftwerke vorübergehend zu beenden, um diese Stromlücken ca. 26 GW zu ersetzen. Windräder und Fotovoltaik kann da auf die Schnelle nicht helfen. Es wäre auch ratsam, die Kenntnisse der Fachleute der Bundesnetzargentur in Bezug auf eine machbare Ernergiewende in dieser schwierigen Zeit zu beachten.

Eine durch Ökonomen errechnete Spanne von 0,5 bis 6% bei einem vollständigen Importstopp russischer Energie beinhaltet eine zu große Unsicherheit und hält für meine Meinung zu Recht die Bundesregierung von einem völligen Boykott ab. – Walter Schroiff

 

Es geht nicht darum Putin zu drohen, es geht darum Konsequenzen zu ziehen, auch wenn es für uns selbst dadurch schwieriger und unbequemer wird. Ganz im Sinne des Artikels STREIT vom 17.3.2022 und zwar das JA ganz im Sinne von Hannah Arendt und Viktor Frankl zum Thema Verantwortung. Jeder kann bei sich selbst anfangen mit dem Energiesparen, im Hinblick auf unsere Erde wäre das sowieso vernünftiger und wir schlagen 2 Fliegen mit einer Klappe!

Packen wir´s an! Alle! Jung und Alt – steigen wir aus unserer Bequemlichkeit aus und machen einen Wettstreit der Ideen fürs Energiesparen! Unsere Nachkommen und unsere Erde werden es uns danken – ganz unabhängig von irgendeiner Nationalität, ganz unabhängig vom Alter – jede Generation hat so ihre eigenen Erfahrungen und daraus resultierend auch Ihre Ideen… – Hanne Österlein

 

Ein Plan wäre in der Tat gut. Aber die Richtung gibt es doch längst. Vor kurzem habe ich gelesen, das Photovoltaikanlagen kaum noch zu erhalten sind, so groß ist der Andrang. Na also, wer hätte das gedacht. Die Bürger geben den Weg vor, die Bundesregierung muss nur auf den Zug aufzuspringen. Sie müsste nur diesen Strohhalm greifen und schöne und vor allem einfache Föderpakete schnüren, für die Anlage ansich und die Speicher dazu.

Wie wäre denn folgendes Zukunftsszenario: Auf nahezu allen Dächern bundesweit wären Photovoltaikanlagen installiert mit entsprechenden Speicher Möglichkeiten im Gebäude. In Kombination mit Windkraft und Biogas gäbe es genügend Energie, um auf Kohle und vor allem Atomkraft verzichten zu können. Vor allem Atomkraft, denn die Reaktivierung der Anlagen dauert Jahre. Zeit, die unsere Bundesregierung auch in den Ausbau des oben beschriebenen Zukunftsszenarios stecken könnte.

Einziges Problem wäre dann, dass wohl unsere Energiekonzerne weniger Umsatz und Gewinn machen würden. Das wäre natürlich sehr tragisch, daher bliebe es wohl bei einem möglichen Zukunftsszenario. Kann man leider nichts machen, an diesem Energiedilemma. – Yves Pulst

 

Beide Texte beschreiben ziemlich gut, was jetzt zu tun wäre, aber nicht passiert. Die einseitige ideologische Ausrichtung auf die Stromproduktion aus „erneuerbaren Energien“ wird die Energiewende deutlich verlangsamen und zu hohen sozialen Kosten führen, die bisher von den sogenannten Umweltexperten nicht betrachtet wurden.

Die Wasserstofftechnologie wurde von der früheren Umweltministerin Svenja Schulze und ihren Einflüsterern vom „Öko-Institut“ in Freiburg als Energieverschwendung abqualifiziert, obwohl sie z B als Energiespeicher für überschüssige elektrische Energie einen wichtigen Beitrag leisten könnte. Verschiedene Stadtwerke haben gezeigt, daß dem Erdgas bis zu 30% Wasserstoff zugemischt werden können, ohne bei den Gasheizungen zu Problemen zu führen.

Die Nachteile und Grenzen von Wärmepumpen werden in den Betrachtungen von Alan Posener gut beschrieben. Neben hohen Kosten und mangelnder Effizienz bei niedrigen Temperaturen speziell von Luft-Wärmepumpen werden sie das Stromnetz weiter belasten und im Zweifelsfall zur Netzstabilisierung abgeschaltet.

Die größte Hürde sind die Behörden und Energieversorgungsunternehmen sowie die Netzbetreiber. Ich habe seit vier Monaten eine Photovoltaik-Anlage, die ich nicht betreiben darf, weil der Netzbetreiber keinen Zweirichtungs-Stromzähler einbaut, um ins Netz eingespeiste Strommengen zu erfassen. Ich habe ferner eine neue Brennstoffzellenheizung, die ich ebenfalls aus demselben Grund nicht betreiben darf. Der Netzbetreiber begründet seine Untätigkeit mit der Überlastung durch die hohe Anzahl neu installierter Anlagen. Er könnte den Zählereinbau delegieren und die Administration vereinfachen. Stattdessen muß jedes Solarpanel, das auf dem Balkon aufgestellt wird und an die Steckdose angeschlossen wird, vom Netzbetreiber genehmigt werden. Überstunden und weitere Mitarbeiter einzustellen, ist für den Energieversorger offensichtlich nicht vorstellbar.

Insgesamt zeigt das Verhalten der Energieversorger und der Bundesnetzagentur durch verschleppte Inbetriebnahmen, minimale Vergütung für eingespeisten Strom und hohen Verwaltungsaufwand, daß sie an einer Energiewende kein Interesse haben. So habe ich aktuell eine Investitionsruine von 40000 €, die ich nicht nutzen kann aufgrund der Ignoranz und Unfähigkeit der Behörden und Energieversorger. – Stephan Rubbert

 

Der russischen Regierung und also Putin ist derweil alles Unrechtmäßige und Unmenschliche zuzutrauen. Das haben die unsäglichen Kriegsverbrechen an den Menschen in der ukrainischen Stadt Butscha eindringlich wie unwiderruflich gezeigt. Ein umsetzbarer, durchgreifender Plan des gesamten Westens gegen die grenzenlose Aggression Russlands ohne direkten Eintritt in diesen Krieg scheint nicht ernsthaft vorzuliegen. Doch die Forderung nach einem gesamteuropäischen Energie-Embargo gegen Russland, das nunmehr klar und deutlich auch von der deutschen Regierung kommuniziert wird, rückt immer mehr in den politischen Fokus.

Bundespräsident Steinmeier hat dieser Tage eigene Fehler in der Einschätzung Putins eingeräumt und dies mit überaus zutreffenden Worte beschrieben. Folgerichtig ist es unsere nicht nur ethische Aufgabe, die Verantwortung für daraus resultierende Konsequenzen und für die vom Westen stets gepredigten Werte zu übernehmen. Uns in Deutschland etwa wird dieser Krieg einen Teil unseres Wohlstands kosten; die Menschen in der Ukraine kostet dieser Krieg ihre Heimat, ihr Leben.

Überdies: Mit dem allzu oft auch politisch angewandten Opportunismus „Wes Brot ich es, des Lied ich sing“ resp. „wes Informationen ich höre, des Lied ich sing“ werden wir nirgends auf der Welt Frieden schaffen und bewahren. Egoismus und Ignoranz sind die ewigen Feinde menschlicher Vernunft, der Gerechtigkeit und Gleichberechtigung. Denn dann bestimmt stets der Stärkere, was Aufklärung, Recht und Mäßigung ist. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Unordnung der Geschlechter“. Gespräch mit Alexander Korte und Paula-Irene Villa-Braslavsky geführt von Martin Spiewak

 

Seit vielen Jahren bin ich Abonnentin der ZEIT. In letzter Zeit vermisse ich leider eine differenzierte Darstellung von Themen, die sich mit Geschlechtsidentität auseinandersetzen. In Ihrem Artikel „Die Unordnung der Geschlechter“ der aktuellen Ausgabe der ZEIT unternehmen sie den Versuch, zwei unterschiedliche Standpunkte darzustellen. Statt die kontroverse Diskussion im Bereich der naturwissenschaftlichen Forschung abzubilden, die längst nachgewiesen hat, dass sex (als biologischer Begriff) als Spektrum betrachtet werden muss (siehe u. a. Artikel im Wissenschaftsmagazin nature vom 18.2.2015 von Claire Ainsworth „sex redifined“) , machen sie erneut die längst in weiten Teilen der Wissenschaft umstrittene Diskussion von Natur contra Kultur auf.

Des Weiteren geben Sie Personen eine Bühne, die versuchen, patriachale Strukturen biologistisch zu rechtfertigen. Ich könnte hier eine Liste von Publikationen anhängen, die diese „Theorien“ entkräftet, halte dies aber nicht für meine Aufgabe. Ich sehe es vielmehr als journalistisches know how an, dass Sie dies in Ihre Artikel einfließen lassen und z.B. kritische Rückfragen stellen. Besonders ärgerlich finde ich, dass der Artikel in der Rubrik Wissen erschienen ist.

Zusammenfassend wünsche ich mir für die Zukunft eine Darstellung solch gesellschaftrelevanter Themen, die nicht nur an der Oberfläche kratzt, sondern vorallem auch das breite Spektrum wissenschaftlicher Forschung einerseits und die Sicht Betroffener (die in diesem Artikel nicht dargestellt wird) andererseits wiedergibt.

Bereits in Ihrer Ausgabe vom 23.2. diesen Jahres hatten Sie Alice Schwarzer die Möglichkeit gegeben, ihre Sicht zum Thema Umgang mit Transsexualität in unser Gesellschaft darzustellen. In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass ich das Reden über marginalisierte Gruppen als sehr problematisch empfinde, wenn diesen in der Behandlung eines Themas nicht die Möglichkeit gegeben wird, ihre Positionen auch darzulegen. – H. Uhl

 

Geschlecht als Kontinuum – Lösung für die vermeintliche Unordnung der Geschlechter? Seit 2009 beschäftige ich mich mit der Vielfalt der Geschlechter, mit binären Engführungen der Zweigeschlechtlichkeit und habe 2014 die Figur “Geschlecht als Kontinuum” entwickelt mit den vier Dimensionen Körper/Gefühl/Verhalten und Begehren. Diese vier Dimensionen beeinflussen sich gegenseitig, jedoch ohne in einem kausalem Verhältnis zueinander zu stehen. D.h., dass ein bei der Geburt vorhandenes sogenanntes Geschlechtsmerkmal nicht über das Gefühl, das Verhalten und das Begehren des Menschen bestimmt und auch umgekehrt ein bestimmtes Begehren, Verhalten, Gefühl nicht auf körperliche, bislang geschlechtlich konnotierte Merkmale zurückzuführen ist.

Diese Interdependenzen ohne Kausalitätsanspruch gelten für das Verhältnis zwischen allen vier Dimensionen. In diesem interaktiven Hin und Her bietet jede Dimension Platz für die mittlerweile ja unbestritten existierende Vielfalt der Geschlechter. Die Positionierungen auf den Dimensionen des Kontinuums sind dabei nicht als beliebig, oder als Spiel oder gar als Modeerscheinung zu betrachten, sondern bieten – endlich – Raum für Selbstbestimmung darüber, was als das je eigene Geschlecht von dem Menschen selbst betrachtet wird. Auch öffnet die Figur “Geschlecht als Kontinuum” Tür und Tor dafür, alle Geschlechter als gleichberechtigt anzuerkennen und über die einschränkende Wirkung der beiden Pole “Weiblichkeit” und “Männlichkeit” hinauszudenken.

Auch muss nicht mehr vom “falschen Körper” gesprochen werden, wenn klar wird, dass Menschen, immer eingebettet in kulturelle, historische, politische und lebensbiographische Kontexte, ihr Geschlecht nicht nur selbstbestimmen dürfen, sondern Selbstbestimmung in Bezug auf das eigene Geschlecht zur zukunftsweisenden Normalität wird. Eine solche Normalität bietet Raum für trans-*, inter-*, nicht-binär-* und a-*geschlechtliche Zuschreibungen, schließt die Vielfalt sogenannter Frauen und die Vielfalt sogenannter Männer ebenso ein wie auch binäre Settings, die allerdings zukünftig ohne ihre normative Wucht auskommen müssen. – Prof. em. Dr. Christel Baltes-Löhr

 

Herzlichen Dank für die Aufarbeitung des Themas in dieser Form. Sie schreiben, dass Sie sich bald 20 Jahre mit dem Thema beschäftigen. „Me Too“ könnte ich nun entgegnen (auch wenn dieser Begriff mittlerweile inhaltlich wohl verbrannt ist) – vielleicht sogar noch ein wenig länger – vorwiegend, was die geschlechtergerechte Sprache anbelangt, mit der ich mich beruflich stark beschäftige, wenngleich ich der festen Überzeugung bin, dass Sprache prägend ist für unser denken. Auch wenn ich das Gefühl habe, dass weder Herr Korte noch Frau Villa-Braslavsky klare Vorstellungen von den „Geschlechtern“ haben, respektive sie ihre Vorstellungen nicht klar artikulieren konnten, bin ich näher bei dem Sexualmediziner Korte:

Meines Erachtens gibt es ausschließlich Frauen oder Männer sowie Menschen, die sich diesen beiden Kategorien nicht eindeutig zuordnen lassen, aber nicht, weil sie ein „drittes“ oder ein „anderes“ Geschlecht besitzen, sondern weil sie sich irgendwo zwischen(!) diesen beiden Kategorien verorten. In meinen „Gedanken zum Gendern“ (https://www.die-heldenhelfer.de/blog/2022/02/28/gedanken-zum-gendern-gastbeitrag-gerhard-samulat/) habe ich als Bild eine Art „Menschheitsgerade“ dazu entwickelt, um sich eine Vorstellung davon machen zu können.

Ich denke, so wird ein Schuh draus. Allerdings beschäftige ich mich hier explizit mit intersexuellen Menschen und lasse das Seelenleben von Transgender-Menschen vollkommen außen vor. Ich maße mir nicht an, mir darüber ein Urteil bilden zu können – bin da aber auch näher bei der Argumentation von Alexander Korte respektive von Alice Schwarzer, die sich kürzlich ja ebenso in der ZEIT zu diesem Thema geäußert hat. Übrigens: Netter Nebeneffekt dieser Vorstellung des fließenden Übergangs zwischen den Polen weiblich/männlich ist, dass sich daraus im Prinzip eine gendergerechte Sprache ableiten lässt. – Gerhard Samulat

 

Schon erstaunlich, dass eine Person, die “ die Binarität der Geschlechter ideologisch motiviert“ bezeichnet , Professorin an einer renommierten deutschen Universität werden ( und bleiben ) kann. Ich bezeichne die Binarität von Leben und Tod als ideologisch motiviert und erwarte eine Berufung an das Institut für Thanatologie an einer führenden Universität. – A. Jenner

 

Vielen Dank, dass Sie das Thema Geschlecht und Transgeschlechtlichkeit immer wieder in Ihrer Zeitung aufgreifen. Erfrischend war beispielsweise der Beitrag von Carolin Wiedemann (08/2022) dazu. Ansonsten überwiegt in DIE ZEIT leider eine gewisse Sichtweise, die sich selbst beim Streitgespräch herauskristallisiert, das an sich verschiedene Positionen darstellen soll. Dies zeigt sich schon allein an der Schwerpunktsetzung der vergangenen Beiträge zum Thema (z.B. Eine ganze Seite für Kathleen Stock (52/2021), sowie an der Auswahl der Gesprächspartner*innen.

Denn: Musste es schon wieder Alexander Korte sein? Herr Korte scheint bei der Zeit als Stammgast zu fungieren, wenn es darum geht einen Experten zum Thema Transgender zu finden. Sie kämen Ihrem Auftrag als Zeitung zur pluralistischen Meinungsbildung besser gerecht, wenn sie auch mal jemanden anderes zu Wort kommen liessen. Herr Korte ist auch unter Sexualmediziner* und Psycholog*innen umstritten und vertritt eine Randmeinung vertritt.

Zum Inhalt des Gespräches möchte ich drei Punkte herausgreifen: Das Gespräch krankt – zugegebenermassen wie viele ähnliche Beiträge – an mangelnder Differenzierung. So wird der Begriff «Geschlecht», der im Deutschen nunmal mehrere Begriffsebenen vereinigt, mal so oder mal so verwendet – wie es dem jeweiligen Argument zuträglich ist – und verflacht so die Debatte. «Geschlecht» ist eben nicht immer nur «biologisches Geschlecht», es kann auch «soziales Geschlecht», «Geschlechterrolle» oder «gesellschaftliche Erwartungen an Geschlecht» meinen.

Im Beitrag kommt die gesellschaftliche Verantwortung zu kurz. So ist es im sexualmedizinischen Sinne richtig, wenn Herr Korte davon spricht es gäbe nur zwei Keimzellen sowie rund 50 verschiedene «Syndrome» die in der Medizin als pathologisierende Wissenschaft als Abweichungen von einer als gesund definierten Norm klassifiziert werden. Ein solches Argument verkennt jedoch auf dramatische Weise die gesellschaftliche Verantwortung der Medizin. Denn es ist genau diese sogenannte „Abweichung“, die im gesellschaftlichen Kontext zu Unsichtbarmachung, Ausgrenzung, Diskriminierung und auch Gewalt gegenüber Menschen, die nicht in die Zweigeschlechterordnung passen (und dies auch nicht wollen), führt.

Es ist genau diese Ausgrenzung und Unsichtbarmachung, die in vergangenen Jahrzehnten dazu geführt hat, dass LSBTI Menschen oft viele Jahre gebraucht haben um zu Ihrer Identität öffentlich zu stehen. Die Tatsache, dass es jetzt viel mehr trans Jugendliche, allgemein viel mehr LSBTI Jugendliche gibt, ist in meinen Augen weniger ein Hype als vielmehr eine der Errungenschaften unserer sich für Diversität öffnenden Gesellschaft.

Feminismus: zum einen gibt es weder «den Feminismus» noch «den queeren Feminismus» – wie postuliert. Erneut ein Fall mangelnden Differenzierens. Darüber hinaus besteht die Errungenschaft von einem queerfeministischen Verstädnnis von Geschlecht darin, «Frauen» nicht als homogene Gruppe zu verstehen sondern als diverse Gruppe und ein intersektionaler Blick auf Mehrfachdiskriminierungen hier mitzudenken. Darüber hinaus hat queerer Feminismus den Anspruch die feministische Praxis der Machtkritik auch auf eigene Macht und Deutungen anzuwenden, hat also mitnichten eine Verdrängung oder Dominanz klassischer feministischer Ansätze zum Ziel.

Abschließend rege ich eine differenziertere Berichterstattung an, die die Auswirkungen von transkritischer und -feindlicher Berichterstattung auf die Lebensrealitäten von trans Menschen ausführt, sowie den Blick weitet in Richtung der Bedeutung von Akzeptanz und Wertschätzung von geschlechtlicher Vielfalt in unserer Gesellschaft als wichtiger Baustein unserer Demokratie. Als Geschäftsführerin von ILGA World, des globalen Dachverbands von LSBTI Organisationen mit über 1700 Mitgliedsorganisationen in fast 170 Ländern kann ich auch behilflich sein Ihnen passende Gesprächspartner*innen zu vermitteln. – Dr. Julia Ehrt

 

Leider wurde mal wieder kein*e (Kinder-)Endokrinolog*in zur Genderdebatte eingeladen. Viele vermeintliche Fakten von Herrn Korte hätten dann endokrinologisch direkt ins rechte Licht gerückt werden können. Einige Punkte möchte ich hier gerne als mit Transkindern arbeitender Kinderendokrinologe klarstellen.

Herr Korte spricht von einem objektivierbaren Merkmal mit einer biologischen Grundlage, im weiteren Verlauf auch vom biologischen Geschlecht. Das biologische Geschlecht setzt sich zusammen aus dem genetischen Geschlecht (XX, XY und Variationen davon z.B. X0, XXY, XX/XY-Mosaik), dem gonadalen Geschlecht (Ovarien oder Hoden) und dem phänotypischen Geschlecht (Vulva und Brust vs. Penis). Was erst einmal eindeutig klingt, ist gar nicht so eindeutig.

So gibt es z.B. Frauen mit einer angeborenen Androgenresistenz. Sie sind genetisch XY, haben Hoden aber phänotypisch Brust und Vulva. Sie fühlen sich auch eindeutig weiblich. Laut Herrn Kortes biologisch-genetischer Argumentation sollten sie aber Männer sein. Was nun? Seine Aussage von stark unterschiedlichen Hormonspiegeln von Jungen und Mädchen stimmt nur zum Teil, nämlich zum Zeitpunkt der Pubertät und je nach Zyklusphase. Ansonsten sind, vor allem präpubertär, die Hormonspiegel der Geschlechter ziemlich ähnlich.

Auch sein Ausflug zum adrenogenitalen Syndrom scheint schlecht recherchiert. Ob es zu seiner „rauflustiger“-These eine Studie gibt, die das belegt, weiß ich nicht. Ich kenne sie zumindest nicht. Heutzutage werden die Kinder auch direkt behandelt, wenn sie denn nach Geburt z.B. durch das Neugeborenen-Screening entdeckt werden. Relevant erhöhte Testosteron-Spiegel treten dann nicht mehr auf. Insofern wäre hier eine aktuelle Studie zu diesem Thema auch nicht durchführbar. Aus der Zeit bevor man die Kinder ab Geburt therapiert hat, weiß man, dass ca. 10% der weiblichen Patientinnen sich später als Jungen fühlen. Aber das sind keine aktuellen Zahlen und es ist fraglich, wie sie damals erhoben wurden. Das wären jetzt nur meine medizinisch-endokrinologischen Anmerkungen.

Zu seinen soziologisch-gesellschaftlichen Anmerkungen hat Frau Villa-Braslavsky ja bereits Stellung bezogen. Mit scheinbar typischen weiblichen Verhaltensweisen zum Thema Biologie zu argumentieren, die großteils über Jahrhunderte anerzogen und indoktriniert wurden, ist absurd. Natürlich zeigen Männer eine höhere Bereitschaft zum Gelegenheitssex als Frauen. Männer haben auch keine Konsequenzen zu befürchten, im Gegenteil, sie werden als Casanova geradezu geadelt. Die Frau hingegen wird mit gesellschaftlicher Verachtung gestraft und als Hure beschimpft. Das hat aber nichts mit Biologie zu tun, sondern rein mit Soziologie. Insgesamt argumentiert Herr Korte hier auf sehr wackeligen Füßen und versucht leider mit Halbwissen zu überzeugen, was einer genaueren Betrachtung nicht standhält. – Max Braun

 

In was für einer Gesellschaft leben wir, wo medizinisch-naturwissenschaftliche Argumente in der Diskussion um den Versuch der chirurgischen und pharmakologischen Aneignung des anderen Geschlechts aus Angst vor Shitstorm und Entlassung nicht mehr vorgetragen werden können? Dass außerdem die Soziologie in diesem Diskurs den Pfad der faktenbasierten Wissenschaft verlässt und Partei ergreift?

Es muss anscheinend wiederholt werden, dass die Sexualität, d.h. der Austausch und die Neukombination genetischer Information zwischen zwei Individuen derselben Art, eine der Milliarden Jahre alten Grundbedingungen der Evolution eukaryotischer Organismen auf unserer Erde ist. Dass nun eine entsprechende Kostümierung und/oder eine oberflächliche Herumschnippelei am eigenen Körper zu einer Neudefinition der Begriffe ‚Mann‘ und ‚Frau‘ führen soll, ist schon eine gewaltige Anmaßung. – Dr. Bernd Langer

 

Na also! Jetzt hat sich auch die ZEIT getraut, das kontroverse Thema der Geschlechtlichkeit des Menschen anzupacken, und zwar in Form eines spannenden Streitgesprächs zwischen einer Genderforscherin und einem Sexualmediziner (ZEIT 14,1922). Also: Bei allen Säugetieren, somit auch beim Menschen, ist die Fortpflanzung strikt binär organisiert, mit allen daraus sich ergebenden Konsequenzen einer vorgeburtlichen hormonellen Organisation: Einer binären Anatomie, einer binären Gehirnentwicklung, und eines daraus resultierenden geschlechtstypischen Verhaltens in motivational-emotionaler und mentaler Hinsicht.

Obwohl natürlich durch das soziale Umfeld moduliert, dominieren die biologischen Grundlagen. Ganz in diesem Sinne finden z.B. biopsychologische Untersuchungen, dass es bei Schulkindern nach vorgeburtlicher Einwirkung sog. „Umwelthormone“ zu anhaltenden Veränderungen geschlechtstypischen Spielverhaltens in gegengeschlechtlicher Richtung kommt. Wenn also in den Gender-Studies, einer deutlich biozentrischen Faktenlage zum Trotz, Geschlecht als „soziales Konstrukt“ behandelt wird, so folgt das eher einer modischen Ideologie als wissenschaftlicher Evidenz. – Dr. rer. nat. Gerhard Winneke, Dipl.-Psych. Emeritus Professor für Medizinische Psychologie

 

Begrüßenswert, dass dieses Streitgespräch nach so langer Suche und dem offenbar vorhandenen Gesprächsbedarf überhaupt zustande gekommen ist! Mutig, dass sich zwei in diesem Bereich wissenschaftlich tätige Menschen dafür bereit erklärt haben! Aber erfahren interessierte Leser:innen wirklich Neues? Gibt es eine Klärung der „wissenschaftlichen Grundlagen einer endlosen Debatte“? Wird diese hier nicht nur weiter befeuert und hinterläß selbst „mündige“ Leser:innen „in der Zirkuskuppel ratlos“?

Vielleicht könnten da erfolgreiche vorher gemeinsam vereinbarte Regeln helfen, z. B.: Was ist nach Selbsteinschätzung der/des jeweils Argumentierenden von dem, was sie/er sagt, wirklich „wissensbasiert“ (also von einer Mehrheit in der Wissenschaft geteilt) und was nur „meinungsbasiert“ (also bloß von persönlichen „Erfahrungen“, Wünschen, „Hoffnungen“ oder gar „Erwartungen“ gedeckt)? Würde nun der Moderator/die Moderatorin durch ein virtuelles, „paritätisch“ besetztes „Expertenteam“ unterstützt, wäre ein „Faktencheck“ (wie der „Videobeweis“ im Fußball) in der Gesprächssituation möglich. Dies würde zwar nicht alle Fehler ausschließen, aber eine deutlichere Regelüberwachung und klarere Gesprächsergebnisse ermöglichen. – Eckhard Heumann

 

Warum kann man das biologische Geschlecht, und damit verbunden den eigenen Körper, nicht als Tatsache begreifen? Der Mensch ist mehr als nur Geschlechtsorgane auf zwei Beinen. Ja genau. Und warum betont dann die Transbewegung das geschlechtliche, wenn sie es doch überwinden will? Wenn das Geschlecht über die Vermehrung hinaus keine Bedeutung hat, warum dann eine Geschlechtsangleichung?

Das biologische Geschlecht und damit verbunden die Bezeichnungen Mann und Frau sind nicht willkürlich oder eingebildet. Die Willkür und die Einbildung besteht ausschließlich in der unzulässigen Zuweisung von Eigenschaften zu den Geschlechtern. Daraus entsteht eine Ungleichbehandlung, an der auch eine Operation nichts ändert. Die Bezeichnung Mann und Frau ist weder eine Bewertung noch eine Beliebigkeit. Ich sehe hier eher einen Fall von Selbstoptimierung: ICH forme meinen Körper also bin ich. – Olaf Goldschmidt

 

Wie es scheint, wird bei der Diskussion dieses Themas ein Aspekt konsequent ausgeblendet; er fehlt auch in diesem „Streitgespräch“: der Aspekt des Lernens. Warum eigentlich? Die Frage richtet sich wie an die beiden Gesprächspartner auch an Sie, den Gesprächsführer.

Der Mensch kommt, im Vergleich zu seinen tierischen Verwandten und Mitbewohnern der Erde, sehr unfertig zur Welt. Er muss entsprechend viel lernen und ist dabei auf andere Menschen angewiesen, die ihn leiten, erziehen, lehren. Was er dabei zu lernen hat und wie, das ist zu einem Gutteil kulturell bestimmt. Bei der Rollenzuweisung im Sinne der Arbeitsteilung entspricht manches davon durchaus dem biologisch Vorgegebenen – oder entsprach dem doch lange Zeit. In den Jäger-, Hirten- und Kriegergesellschaften der Vergangenheit z.B. dürfte das – wiederum zu einem Gutteil – so gewesen sein.

Es gibt aber nicht nur Unterschiede zwischen den Kulturen, Kulturen ändern sich auch. Beides erfordert Anpassung des Rollenbildes an die jeweiligen kulturellen Zielsetzungen. Dabei kommt es natürlich immer auch zu „Modeerscheinungen“. Das zu Lernende beinhaltet jedoch stets und nicht zuletzt, die eigene biologische Befindlichkeit zu erkennen, zu begreifen und angemessen mit ihr umzugehen – und ebenso den Umgang mit allen anderen Mitmenschen (wie mit der gesamten „Natur“!), den biologisch anderen und den diversen „Variablen“ beiderlei Geschlechts. (Hierbei von „Abweichungen“ zu reden ist unangemessen, weil von einer vorhandenen „Norm“ ausgehend, die es offenbar nur näherungsweise gibt – und von wem eigentlich festgelegt und nach welchen Kriterien?)

In vielen Kulturen war es üblich, dass v.a. heranwachsende junge Männer getrennt von der Gemeinschaft unter sich aufwuchsen und da auf ihre Lebensaufgaben vorbereitet wurden. Den vernünftigen, partnerschaftlichen Umgang mit jungen Frauen konnten sie auf diese Weise kaum lernen, stattdessen umso prägender den mit Ihresgleichen, bis hin zu sexueller Partnerschaft (was für die Frauen umgekehrt natürlich ebenso galt und für beide bis heute gilt), Was Wunder, wenn die heterosexuelle Beziehung dann einfach vermieden wurde/wird, oder dass Frauen als Besitz- und Gebrauchsgüter oder eben als Jagd- oder Kriegsbeute verstanden und behandelt wurden/werden.

Das ist lange her, könnte man sagen. Doch ungeachtet dessen, dass eine solche Trennung der Heranwachsenden auch heute noch anzutreffen ist (wie „sachgerecht“ auch immer), tausende Jahre alte Traditionen wirken nachhaltig. Es ist auch noch gar nicht so lange her, dass es bei uns z.B. getrennte Schulen für Mädchen und Jungen gab, und althergebrachte Rollenzuweisungen solcher Art gibt es zuhauf.

Eigentlich stimmen beide „Streitgespräch“-Partner in wesentlichen Punkten überein. Tatsächlich jedoch „vermischt“ die Soziologin „immer wieder Geschlecht und Geschlechterrollen“, geht vom „falschen Geschlecht“ aus und nennt die „Binarität der Geschlechter“ eine „ideologisch motivierte Vorstellung“. Damit anerkennt sie einen Vorrang der Kultur vor dem biologisch Vorgegebenen und befürwortet (folgerichtig!) die juristische bis medizinische Anpassung des Individuums an das vom Menschen gemachte Rollenbild.

Das ist ein grundsätzlich falscher Ansatz: Nicht der Mensch hat sich den „an das Geschlecht (gestellten) Erwartungen“ anzupassen, sondern die hergebrachten kulturell determinierten Rollenbilder der Geschlechter mit all ihren Zuweisungen, Möglichkeiten und Zwängen müssen gemäß heutiger Erfordernisse und Erkenntnisse an den Menschen angepasst werden – so wie er ist, wie divers auch immer. Das ist Sache der Gesellschaft. Und es ist natürlich ein schwieriger und langwieriger Umlernprozess (s.auch z.B. Klima und Biodiversität!), aber er ist unerlässlich. – Norbert Baier

 

Menschen mit Gebärmutter, Menschen mit Spermien – willkommen in Orwells menschenverachtender Welt 1984! (Bloß am Rande: Was bin ich, die seit meinem 36. Lebensjahr keine Gebärmutter mehr habe? Ein Neutrum, nichts?) Die Behauptung, an das Geschlecht würden zu viele Erwartungen gestellt, ist vage und pauschal. Hieraus lässt sich weder eine Analyse noch eine erfolgreiche Problemlösung ableiten. Gemeint sind vermutlich Erwartungen und Anforderungen, die an Menschen wegen ihres Geschlechts herangetragen werden.

Es lässt sich sicher nicht leugnen, dass in unserer Gesellschaft an Männer und Frauen Erwartungen gestellt werden, die an ein angeblich geschlechtergerechtes Verhalten anknüpfen. Derartige Erwartungen sind aber zum einen keineswegs homogen, sondern hängen von Herkunft, Bildung und dem eingeräumten Recht auf Selbstbestimmung ab. Zum anderen ist die Lösung dieses Problems sicher nicht darin zu sehen, dass die biologische Zweigeschlechtlichkeit des Menschen und daraus resultierende Unterschiede negiert werden. Nicht objektive/subjektive Unterschiede sind das Problem, sondern ihre Wertung als gut oder schlecht. Erforderlich wäre, das Augenmerk auf die Erwartungen, seien sie gesellschaftlicher oder selbst verordneter Natur, zu richten und sie zu hinterfragen. – Eike Weißenfels

 

Die Überschrift könnte lauten: „Soziologischer Missbrauch?“ „Die Diskussion um „männlich, weiblich, divers“ ist interessant, insbesondere in Hinblick auf mögliche Geschlechtsumwandlung – die ja immer nur unvollständig sein kann. Natürlich hat der Sexualmediziner und Jugend-Psychiater recht, dass die biologische Grundlage erst einmal in den unterschiedlichen Chromosomen angelegt ist, also ob jemand weiblich oder männlich programmiert ist – nur ein verschwindend geringer Prozentsatz der Bevölkerung kommt mit unklaren Verhältnissen auf die Welt!

Und die Reifung in der Pubertät vom Kind zu Mann oder Frau ist für jeden ein schwerwiegendes Geschehen – wenn auch die einen darunter mehr als andere leiden, wenn auch Mädchen da zweifellos mit ihrer Programmierung auf künftig mögliche Mutterschaft, also den einsetzenden Menstruationen, mehr ertragen müssen. Wie sich das anfühlt beim ersten Mal, können letztlich nur Frauen beurteilen – und die empfinden das sicherlich auch unterschiedlich. Aber jedes Kind ist erst mal erschrocken über das, was da passiert, hat das Gefühl von Scham und Geheimnis.

Da sucht sie/er erstmal doch meist Kontakt mit gleichgeschlechtlichen Freunden/Freundinnen – und stellt dabei fest: ich bin ja nicht alleine! und dann probiert man eben dies und jenes aus, wo auch immer das hinführt, ob zu der überwiegenden Heterosexualität oder auch zu Homosexualität oder anderen Spielarten des Lustempfindens. Irgendwelche Vorgaben z.B. religiöser Fanatiker der „Sündhaftigkeit“ oder „Keuschheit bis zur Ehe“ sind da jedenfalls kontraproduktiv: Man muss und soll sein Lust-Potential ergründen, wenn man nicht „verklemmt“ werden will. Und jeder Mensch, Frau wie Mann, hat doch verschiedene Seiten, weiche und harte, des Aktiv-Seins und des sich Hingeben-Wollens, wenn auch unterschiedlich ausgeprägt.

Da hat die Soziologie sicher recht, dass da die Erziehung und Einflüsse der Umwelt eine große Rolle spielen, wie man einen jungen Menschen prägt: Der harte Kerl als Jäger, Krieger und Beschützer, der nicht weinen darf, und die weiche und zärtliche zukünftige Mutter, die ihre Nachkommen erst mal säugt und dann umsorgt: Was für ein Unsinn! Aber den jungen Menschen auf der Suche nach ihrer zukünftigen Rolle weismachen zu wollen, dass man eben nicht biologisch programmiert sei, und sein Geschlecht frei wählen könne, das ist mindestens ebenso gravierender Unfug – ich würde es in diesen jungen Jahren sogar als „soziologischen Missbrauch“ bezeichnen!

Lasst doch die Jugendlichen sich einfach entwickeln und gebt bei Fragen verständnisvolle Hilfestellung, was immer die gerade ausprobieren wollen – die meisten finden ihren Weg, wie sie sich wohlfühlen, welche Rolle ihnen erst einmal liegt – da kann sich im Lauf eines Lebens ja auch noch was verändern. In diesen jungen Jahren womöglich medizinisch einzugreifen, sei es mit gegengeschlechtlichen Hormongaben oder gar mit operativen Eingriffen, ist vollkommen unverantwortlich und letztlich „medizinischer Missbrauch von Kindern/Jugendlichen“, wenn auch so ein Suchender zwischendurch den Eindruck haben mag, dass er „im falschen Körper“ lebe!

Ich kann mich des Eindrucks schwer erwehren, dass all die Genderforscherei unter Verdrängung der Biologie, die ja meist von Frauen betrieben wird, eher der Aufarbeitung eigener Schwierigkeiten im Selbstverständnis geschuldet ist; alles ok., wenn das jemand braucht – aber es soll nicht gerade jungen Menschen, für die man ja Verantwortung hat, bis sie ihren Weg gefunden haben, fatale Entscheidungen, die nicht oder kaum mehr zu korrigieren sind, empfehlen! – Dr. R. Niemann

 


 

 

Leserbriefe zu „Wir müssen eingestehen, dass wir uns geirrt haben“ von Friedrich Merz

 

Friedrich Merz strukturiert seinen Beitrag mit drei konkreten Fragen. Seine unkonkreten Antworten und sein durchgängiger Gebrauch des Wir werfen folgende Frage auf: Warum schreibt Friedrich Merz diesen Artikel? Es ist richtig, wenn er weder sagt noch meint: „Ich habe mich geirrt und große Fehler gemacht“, da er im relevanten Betrachtungszeitraum keine Regierungs- oder Parteiverantwortung inne hatte. Daher kann er aber faktisch auch nicht Teil eines Wir sein.

So ist wohl die richtige Lesart: „Ich sage euch: Ihr habt euch geirrt und große Fehler gemacht“. Friedrich Merz vermeidet aber das mögliche Ich, wohl um nicht als Besserwisser, Nestbeschmutzer oder Wadenbeißer zu erscheinen. Hier spricht eben weder der Oppositionsführer noch der Parteichef der CDU. Friedrich Merz peilt das Vakuum an, das über dem Bundeskanzler sich ausbreitet, wo bereits auch andere die Leere mit Worten und Ambitionen füllen.

„Wir sind in einer anderen Welt aufgewacht“ war ein Satz, den der Kanzler hätte sprechen müssen. Daher muss Friedrich Merz diesen Orientierung gebenden und Sinn stiftenden Satz von Annalena Baerbock kritisieren, freilich ohne ihren Namen zu nennen. Denn es kann nur einen geben, der den Kanzler führt: Friedrich Merz. – Reinhard Koine

 

Die ersten drei Spalten des Beitrags von Herrn Merz sind mit Allgemeinplätzen gefüllt, die man so oder ähnlich jetzt überall liest und hört. Dann aber kommt er auf den aus meiner Sicht fundamentalen Punkt, dass wir endlich ernsthaft unsere Vorschriften und Regelungen im Bau- und im Beschaffungsbereich an die Realität anpassen müssen. Einem Land, in dem der Neubau einer Autobahnbrücke im besten Fall fünf Jahre dauert und in dem für jedes Windrad und jeden Meter Bahntrasse jahrelang zu prozessieren ist, nutzen auch 100 Milliarden Euro für Verteidigung nichts. Wir selbst haben uns diese Regeln und Vorschriften gegeben und wir selbst können die auch wieder abschaffen. Nur schnell müsste es halt gehen. – Priv.-Doz. Dr.-Ing. Dipl.-Inform. Andreas Zabel

 

Lieber Herr Merz, was heiß es, WIR haben uns geirrt im Putin. Wer ist hier wir? Ich nicht, auch teile der Gesellschaft nicht. Was konnte ich/die Bürger dagegen wirklich tun, ausser lauten Protest gegen Krim -Annexion 2014, wenn Sie, Ihre Partei, damaliger Regierung, sich als politische Hosenscheisser benommen gehabt haben, und Putin nur einen Gummihammer gezeigt haben, statt mit einem Baseballschläger zu zuschlagen! – Thomas Walter

 

Friedrich Merz nennt das Kind nicht beim Namen. Friedrich Merz liefert eine beachtliche Analyse der Situation, die durch die russische Invasion in die Ukraine entstanden ist. Er benennt die Fehlentwicklungen, die beispielsweise in einer „dysfunktionale Armee“ mündeten, beschreibt, wie man Putin auf den Leim gegangen ist und in welchem Dilemma wir (= Deutschland, EU, Nato, …) dadurch jetzt stecken. Er deutet an, wer zu den Schuldigen gehört (Schröder und Merkel).

Die europäische Energiepolitik ist ein Schwerpunkt seiner Ausführungen. Merz fordert ein europäisches Verteilnetz und Wasserstoffallianzen mit den Maghrebstaaten – einen Zeitplan kann er hier freilich nicht nennen. Sehr gute Ideen! Nur er nennt bezüglich der Energieversorgung das Kind nicht beim Namen: Nämlich, dass wir die erneuerbaren Energien in Deutschland so schnell wie möglich und zwar in sehr großem Maße ausbauen müssen, wenn wir unseren Lebensstandard und damit verbunden unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit halbwegs erhalten wollen.

Merz verschweigt uns Menschen in Deutschland, dass wir quasi von jedem Punkt in diesem Land Windräder werden sehen müssen, wenn wir unsere Energieversorgung gewährleisten und die fortschreitende Erderhitzung noch hinauszögern wollen („Klimawandel abwenden“ klappt eh nicht mehr). Zusammen mit der Erhaltung des Friedens und der Freiheit ist das Erreichen dieser beiden Ziele zentrale Aufgabe von Politik. Die Begriffe „Windenergie“ und „Solarenergie“ verwendet Friedrich Merz im Zusammenhang mit Energieerzeugung nicht ein einziges Mal in seinem ansonsten durchaus lesenswerten Artikel. Schade eigentlich. – Markus Berger

 

Das was er da bezogen auf CDU/CSU selbstkritisch geschrieben hat kann ich voll unterschreiben. Von so viel Freimut ist bei anderen Politikern bis hin zum Bundespräsidenten bisher wenig zu vernehmen. Ihn aber für die Fehler der Politik während der Kanzlerschaft von Merkel verantwortliche zu machen ist weit übertrieben. Hat ihn doch Rabenmutter Merkel als böses Kind frühzeitig in die Ecke gestellt und ihn erst rausgelassen als sie nicht mehr die Mutter der Nation und der Partei sein wollte. – Siegfried Wache

 

Richtig obwohl, wie Herr Merz ausführt die Zeichen deutlich waren.Wir waren zu naiv (an forderster Stelle Frau Merkel).was Herrn Putin und seine Pläne betrifft. Weniger naiv war der Glaube an die atomare Abschreckung, die von der Illusion lebte, dass auch bei brutalst möglichen Kriegsverbrechern die Gewissheit als zweiter zu sterben den Einsatz des Möglichen verbietet und dass jeder konventionelle Krieg der „Blöcke“ gegeneinander unweigerlich zum Einsatz der Bombe führen würde, weshalb beide „Parteien“ verzichten würden.

Einzig die Möglichkeit ein „Verrückter“ könne auf die Idee kommen die Katastrophe zu riskieren hat unser Hauptaugenmerk auf die Poliferation gelenkt weil wir „Verrückte“ nur in kleineren Staaten für möglich hielten, die etwa von religiösen Fanatikern regiert werden. Nun ist der Führer einer Großmacht „verrückt“ geworden. Ein „eiskalter Realist“ stibt lieber selbst und reist sein Volk und die ganze Welt mit ins Unglück als darauf zu verzichten „Herr der Welt“ zu sein.

Damit haben wir nicht gerechnet und dies war der Fehler und dies hat nichts mit Bündnissen, roten Linien, Militär oder gar der Bundeswehr (einer nicht einmal Atommacht ) zu tun sondern mit Psychologie. Die Ignoranz gegenüber dieser Wissenschaft bei der Beurteilung von Menschen und der Einschätzung ihres Verhaltens hat uns blind gemacht. Kurz das wichtigste. Das Begehren (nach Macht) ist grenzenlos und zuviel Macht macht krank – „verrückt“ (Der nächste Kandidat heißt Xi Jinping) – Dieter Herrmann

 

Friedrich Merz, Wir müssen eingestehen, dass wir uns geirrt haben. Friedrich Merz stellt die Frage „Haben wir noch eine Chance aus diesem Teufelskreis auszubrechen?“. Als Antwort auf diese Frage nennt ausgerechnet er diese Veränderungen, die seit Jahren gefordert aber stets durch Entscheidungsträger aus einer vergangenen Epoche mit allen Mitteln gebremst worden sind. Die Notwendigkeit der Reformen in der gemeinsamen demokratischen Europapolitik, in der Energiepolitik und in der Klimapolitik sind jetzt existenziell geworden.

Das sind sie aber bereits seit Jahrzehnten. Es sind nicht seine Lösungen, sondern die Lösungen, denen er nicht mehr ausweichen und die er nicht mehr leugnen kann. Vielleicht könnte es sogar beruhigend wirken, dass auch der gestrige Friedrich Merz den Wandel mittragen muss und will. Der abschließende Aufruf zur Versöhnung mit Russland lässt aber wieder verzweifeln – in der fünften Woche eines brutalen und barbarischen Krieges geführt durch einen Autokraten und mitgetragen durch einen großen Teil seiner Landesleute, die mit international anerkannten Werten gebrochen haben und sie bekämpfen, eine Versöhnung anzubieten ist sehr verstörend.

Business as usual? Nicht wir sollen die Hand ausstrecken, sondern die, die mit friedfertigen Nationen und Völkern in Frieden leben möchten müssen die Werte der Menschenwürde und der Demokratie anerkennen. Oder diktieren die Auslegungen diese Werte doch nur die Märkte, Herr Merz? – Marzena Kessler

 

Ich will hier wirklich nicht die Besserwisserin geben, aber wie kann es sein, dass nicht die PolitikerInnen aber ich, als politisch informierte Bürgerin seit Jahren sage: „Das wird Putin aber freuen.“ Kaputte Gewehre. Unbrauchbare Panzer. Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht. Usw. usw. „Das wird Putin aber freuen.“ Als Frau Merkel noch ein letztes Mal als Kanzlerkandidatin antrat (vordergründig wegen Trump) sagte ich: „Gut so. Dann haben wir noch vier Jahre Ruhe vor Putin.“ Sie wenigstens schien ihn halbwegs „im Griff“ zu haben.

Als Teil der Friedensbewegung der 80er Jahre war auch ich für Abrüstung. Allerdings hielt und halte ich eine einseitige Abrüstung (als die man den jetzigen Zustand der Bundeswehr ja bezeichnen muss) für naiv und gefährlich. Gerade wir Deutschen sollten gelernt haben, dass es ein Fehler ist, diktatorische Politiker nicht ernst zu nehmen und als „Maulhelden“ abzutun. Auch „unser“ Diktator hatte alle seine Pläne von Anfang an in aller Deutlichkeit offen gelegt. – Susanne Ermeler

 

Ziemlich wohlfeil, was Merz hier loslässt. Aus Sicht heute versucht er zu beurteilen, was alles im Argen liegt. Hat Merz vielleicht schon vergessen, wer Deutschland die letzten 16 Jahre regiert hat? War es nicht die CDU-Kanzlerin Frau Merkel, die zuvorderst den NATO-Beitritt der Ukraine blockiert hat? Kein Wort des Bedauerns an das eigene Partei-Unvermögen! War es nicht Frau Merkel, die über nicht weniger als vier Legislaturperioden Putin die Stange gehalten hat?

Unter welcher Parteiführung wurde die Wehrfähigkeit der Bundeswehr in diesen desolaten Zustand heruntergewirtschaftet? Wer hat versucht, alle politischen Probleme durch Aussitzen zu lösen? Nun, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist und sich die aktuelle Verteidigungsministerin Frau Lambrecht eins ums andere mal blamiert, ist natürlich gut reden, was man alles anders, besser machen könnte. Wer im Glashaus sitzt, sollte mit Steinen vorsichtig hantieren! – Franz X Brunngartner

 

An der Analyse von Herrn Merz ist nichts auszusetzen, allerdings instrumentalisiert er sein „Eingeständnis“ für den immer wieder gerne von Wirtschaftsliberalen geäußerten Seitenhieb auf die schwerfällige deutsche Bürokratie. Herr Merz hat dabei wahrscheinlich eher Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Infrastrukturprojekten und die Einspruchsmöglichkeiten von Bürgerinitiativen im Sinn – weniger die Schikanen, mit denen etwa Hartz-IV-Empfänger vom Sozialamt konfrontiert sind (siehe die letzte Ausgabe der ZEIT 13/2022).

Beiden Fällen gemeinsam ist jedoch, dass Behörden in der Bundesrepublik sich immer noch als Bollwerke gegen Bittsteller verstehen und nicht als Dienstleister für den Bürger. Das liegt unter anderem daran, dass die Politik in erster Linie auf Vermeidung von Konflikten und Zumutungen für den „Normalbürger“ aus ist – und weniger auf die Lösung von Problemen für bestimmte gesellschaftliche Gruppen (seien es nun Sozialhilfeempfänger oder Windkraftanlagenbauer). Für diese Politik steht exemplarisch die von Herrn Merz geführte CDU. – Dr. Dirk Kerber

 

Wehrhaftigkeit ist nicht gleich Abschreckung. Aus aktuellem Anlass des russischen Überfalls auf die Ukraine schreibt Friedrich Merz in der Zeit No. 14: „Wir müssen uns zunächst eingestehen, dass wir uns geirrt haben“. Wenige Zeilen später gibt er klar und unmissverständlich vor, wie es nur weitergehen kann: „Es geht vor allem um einen Bewusstseins- und Mentalitätswandel in unserer Gesellschaft. Diplomatie bleibt das wichtigste Instrument der Außenpolitik, glaubwürdig wird Diplomatie aber nur mit militärischen Fähigkeiten. Abschreckung ist und bleibt auch in Zukunft das wichtigste Instrument der Verteidigung.“

Ich frage mich erstens, für wen spricht Friedrich Merz, wenn er „wir“ sagt? Und weiter, was meint er mit dem geforderten Bewusstseins- und Mentalitätswandel? Will er, ohne es auszusprechen, eine Politik des „Wandels durch Annäherung“ grundsätzlich für gescheitert erklären, um sich wieder einer scheinbar erfolgversprechenderen Diplomatie der Stärke zuwenden zu können? Ist also Friedrich Merz Einschätzung, nur eine Diplomatie vor dem Hintergrund einer militärischen Stärke kann Frieden ermöglichen, ein zurück zu Bewährtem – was ja nicht schlecht wäre – oder ein Festklammern an einer Denkweise, die erkennbar nie den erhofften Erfolg gebracht hat?

Hätten Deutschland und Frankreich in der Vergangenheit die Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO nicht blockiert, dann, so die Abschreckungslogik nach Merz, hätten die Russen von einem Überfall auf die Ukraine absehen müssen. Wer traut sich, dafür seine „Hand in`s Feuer zu legen? Friedrich Merz Eingeständnis eines Irrtums kann ich daher nur sehr begrenzt auf die Einschätzungen bezogen auf den russischen Präsidenten akzeptieren. Am Kern des Irrtums hält er weiterhin fest, durch die Wiederholung des alten und ewig gleichen Narrativs von einer „Sicherheit durch Abschreckung“. Doch das Narrativ ist falsch.

Jeder kann es sehen! Abschreckung sichert keinen Frieden. Und es muss die Frage erlaubt sein, ob, und ab wann, die Abschreckungsdoktrin nicht sogar Teil einer Kriegs-Logik wird. Putin droht der NATO, obwohl sie ein Vielfaches mehr an Waffen und Soldaten aufweisen kann, als seine Armee. Er spekuliert auf die Zurückhaltung der gegnerischen Staats- und Militärführer und verlässt sich auf sein außerordentliches atomares Vernichtungspotential. Putin schreckt die NATO ab, trotz ihrer grundsätzlichen militärischen Überlegenheit! Fraglich bleibt auch, ob eine besser gerüstete Bundewehr daran etwas geändert hätte.

Über viele und moderne Waffen zu verfügen, genügt nicht. Abschreckung beinhaltet den Willen zur Kriegsführung, die Entschlossenheit zum Gegenschlag, die eindeutige Bereitschaft zu töten. Wille, Entschlossenheit, Bereitschaft zur Kriegsführung im Zustand des Friedens, in einer, dem Gewalttätigen weitgehend abgeneigten Gesellschaft! Wo sollen diese herkommen? Auch Friedrich Merz sieht das, und erklärt: „Und für den Frieden und die Freiheit müssen wir auch wirklich eintreten wollen, zur Not müssen wir dafür kämpfen, gegen die Bedrohung von außen (damit meint er wohl, wir müssen bereit sein, Krieg zu führen) aber ebenso gegen die zerstörerische Kraft der Desinformation und der Leugnung von Tatsachen im Inneren“.

Jetzt wird erkennbar, wie schnell die Abschreckungslogik offensichtlich dazu führen kann, sich dem Denken autoritärer Herrscher anzunähern. Wie sollen wir (wer bitte?) gegen Desinformation und Tatsachenleugnung im Inneren „kämpfen“, also Krieg führen, oder was meint ER mit „kämpfen“? Sollen wir gegen die eigenen Leute „vorgehen“ (und wie?) wenn sie eine andere Sicht auf die Dinge vertreten? Oder würde er gerne, wie Putin, und in gewisser Weise auch wie seinerzeit Donald Trump, bestimmen wollen, welches die“ richtigen Tatsachen“ sind? Wären wir in einer solchen Gesellschaft nicht schon an der Schwelle eines vorkriegsähnlichen Zustands, gespalten im Inneren, durchsetzt von gegenseitigem Misstrauen, dominiert von radikalisierten Wahrheitsvertretern?

Ich bin überzeugt, das will Herr Merz nicht. Aber wie wird er verstanden, und wie viele der anderen des „wir“ teilen seine Ansicht? Und wäre eine Betrachtung der Fähigkeit einer Wehrhaftigkeit nicht zielführender, als die Abschreckungserzählung ständig neu zu beleben? Was wir sehen ist, dass die Ukrainer sich wehrhaft zeigen. Viel wehrhafter als von den Russen geglaubt. Das hat auch mit ihren militärischen Möglichkeiten zu tun, sicher, ist aber dennoch weit mehr. Darüber sollten wir nachdenken, diskutieren und streiten. Was bedeutet Wehrhaftigkeit?

Wie können wir sie fördern, für uns, und alle Verbündeten? Wie wäre eine wehrhaft Weltgemeinschaft zu organisieren, der es zumindest gelänge, Kriege als „Mittel der Politik“ im 21. Jahrhundert zu verbannen? Und nicht zuletzt wäre die Frage zu stellen, warum der Besitz von Massenvernichtungswaffen immer noch attraktiv erscheint, obgleich die Erde, wenn wir das Klima betrachten, bereits von selbst den Weg hin zu einer Selbstzerstörung der Lebensgrundlagen für unsere eigene Spezies eingeschlagen hat. Da tickt bereits die Uhr für ein „Massenvernichtungsprogramm“, wenn ich das mal so drastisch ausdrücken darf.

Sehr geehrte Mitglieder der Redaktion „Streit“. Herr Merz hat seine Position unter dem Merksatz von Helmut Schmidt „Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine“ vorgestellt. Diesen Satz haben Sie sicher bewusst gewählt. Wenn ich versuchen sollte, die Position von Herrn Merz analog in einen ähnlichen Merksatz zu verwandeln würde der lauten: „Eine Diplomatie, ohne militärische Drohkulisse in der Hinterhand, ist keine“ Das kann man nicht nur anders sehen, sondern das halte ich auch für ein überholtes, ja für ein gefährliches Leitmotiv.

Denn über eine solche Drohkulisse verfügen nur wenige Nationen auf der Welt, um sich tatsächlich einen Verhandlungsvorteil „erpressen“ zu können. Die allermeisten Staaten müssen sich anschließen, einfügen, unterordnen, wenn sie in dieser Welt bestehen wollen. Unterordnen! Genau. Damit erhält sich das Prinzip des Stärkeren aus sich selbst heraus und schafft den Nährboden für die Versuchungen des Autoritarismus. Mein Vorschlag. Richten Sie doch anlässlich des aktuellen Kriegsgeschehens, zusätzlich zum Schwerpunkt „Streit“ eine Debattenseite ein, die sich mit der Thematik der Wehrhaftigkeit auseinander setzt. Ihr Chefredakteur, Herr Di Lorenzo, hat dazu in einem Leitartikel, in der Zeit No. 10 ja schon einen „Aufschlag“ gemacht. – Jürgen Pilz

 

Stimme den Ausführungen von Friedrich Merz durchweg zu. Und genau deshalb kommt es jetzt auch darauf an, dass sich das deutsche Parlament abseits jedweder parteipolitischer Ideologie und Selbstdarstellung möglichst klar und einig zeigt. Die Sonderwege deutscher Bundesregierungen hinsichtlich des Russland-Ukraine-Konflikts waren nicht selten überaus fragwürdig bis beschämend. Es ist nicht zuletzt aus diesem Grunde fürwahr höchste Zeit, faktische Schlüsse aus den (zu-)gestandenen Fehlern und Versäumnissen zu ziehen und nunmehr hinreichend Verantwortung zu übernehmen. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Darf man mit Russland noch Geschäfte machen?“ von Kerstin Bund und Kolja Rudzio

 

Vielen Dank für diesen informativen Artikel! Ein Gedanke dazu: Dass die meisten Unternehmen in erster Linie an Profit und Rendite denken, ist bekannt (in der letzten Ausgabe der ZEIT habe ich mit Freude gelesen, dass es bei von Frauen geführten Unternehmen mehr gibt, die andere Prioritäten wie Nachhaltigkeit und Wohlbefinden der Mitarbeiter!nnen setzen) und dass sie das dann anders verpacken ebenfalls. Dass Geld verdienen, materiellen Wohlstand mehren, verpackt in „Arbeitsplätze erhalten“ etc. als Argument für ethisch fragwürdiges Verhalten herhalten kann, tut mir in der Seele weh.

Aber wenn es um Medikamente und andere wesentliche Dinge für die Menschen in Russland geht, weiß ich auch nicht, ob es sinnvoll ist, dass diese unter dem Krieg leiden sollten. Allerdings könnte genau solches Leiden zu Aufständen führen und die Unterstützung der Bevölkerung für den Krieg verringern. Insofern finde es naheliegend, dass in Russland weiterhin aktive Unternehmer ihren russischen Mitarbeiter!nnen zumindest Informationen über ihre Kenntnisse des Krieges und ihre Meinung dazu mitteilen und sich auf diese Weise in Russland eindeutig positionieren! Das wäre das Mindeste, wenn man dort weiterhin Geschäfte macht. – S. Riffel

 

Es ärgert mich, wie fahrlässig auch Sie mit empirischen Daten umgehen ohne ihre Grundlagen zu hinterfragen. Dies zeigt sich bei der zweiten Frage Ihrer Umfrage(„Würden Sie …. nicht mehr kaufen.“). Die Unterlassung sprachlich negativer Formulierungen darf als ein Grundsatz von Befragungen in der empirischen Sozialforschung gelten: Sprachlich negative Formulierungen führen zu Irritationen bei befragten Personen. Eindeutige Antworten erhielten Sie bei der Formulierung: Würden Sie Produkte ….. noch kaufen? – Detlef Hacker

 

Darf man mit Russland noch Geschäfte machen? Diese Frage hat uns während des ganzen Syrien-Krieges nicht beschäftigt, an dem Russland in hohem Maße beteiligt ist. Außerdem machen wir auch Geschäfte mit Saudi-Arabien. Gibt es einen schlimmeren Schurkenstaat? – Angelika Adler

 

„Erst kommt (das Fressen) der Umsatz, und dann die Moral“ Die Äußerung „Ziel der westlichen Sanktionspolitik ist eine Verhaltensänderung der russischen Führung, nicht die völlige Zerstörung der russischen Wirtschaft und die Verarmung der Bevölkerung“ mag politisch korrekt sein, aber wer kann denn noch immer so naiv sein zu glauben, dass Putin zum Einlenken gebracht werden kann solange die russische Wirtschaft den Krieg finanzieren kann und Putins Propaganda die Bevölkerung ruhig hält. Da der Westen militärisch nicht direkt eingreifen kann bzw. will, geht es nur über einen Wirtschaftskrieg, der die russische Wirtschaft zerstört.

Ein kriegführender Diktaot kann nur gestoppt werden, wenn man die Wirtschaft zerstört und seine Bevölkerung demoralisiert, die hat ihn schließlich gewählt (s. Hiltler)! Das mag unmoralisch sein, aber eine Verantwortungsethik gegenüber Europa lässt keine andere Wahl! Wenn Wirtschaftsunternehmen ihre russischen Fabriken mit Rücksicht auf die russischen Arbeitskräfte nicht schließen mögen, sieht das zwar moralisch aus, aber was ist mit der Moral angesichts der ukrainischen Zivilbevölkerung, die tagtäglich seit dem 24. Februar getötet, terrorisiert oder vertrieben und in ihrer Heimat verbrannte Erde hinterlassen wird?

Seit Putin gemerkt hat, dass er die Ukraine nicht im Handstreich nehmen konnte, wird er den Donbas und die Landbrücke zur Krim erobern, dann behaupten, alle Ziele der „Spezialoperation“ seien planmäßig erreicht worden und sich anschließend als Sieger feiern lassen. Wenn er sich dann aus der übrigen Ukraine -„wie geplant“ – zurückzieht, kann der Westen der Ukraine beim Wiederaufbau helfen und weiter mit Putin Geschäfte machen, während Putin sich in aller Ruhe auf den nächsten Raubzug vorbereiten kann, denn zum Gebiet um Kaliningrad fehlt ja auch noch eine Landverbindung! – Dr. Artur Behr

 

Diese Frage hätte man sich früher stellen müssen. Und vielleicht sollte man sich jetzt die Frage stellen, ob man Geschäfte mit China und /oder anderen menschenrechtsverletzenden Staaten macht. – B. Klever

 

Ich bin aus der Ukraine. Kannst du auf das nächste Problem achten? Seit mehr als einem Monat kämpfen wir hier in der Ukraine gegen russische Truppen. Tausende getötet. Kinder, Frauen. Ich denke, Sie sind sich der Schrecken dieses schrecklichen Krieges bereits bewusst. Wenn nicht, sehen Sie sich einfach die jüngsten Aufnahmen aus den befreiten Städten in der Region Kiew an. Russische Terroristen haben dort einen regelrechten Völkermord an der ukrainischen Zivilbevölkerung inszeniert. Viele Länder helfen uns, indem sie mit Wirtschaftssanktionen Druck auf Russland ausüben. Viele private internationale Unternehmen wickeln ihre Geschäfte in Russland ab.

Und das ist heutzutage eine wirklich richtige Entscheidung. Gleichzeitig setzen Unternehmen wie Johnson & Johnson, Procter & Gamble, Phizer, Citibank, Auchan, Leroy Merlin, Adidas, Mercedes, KIA, Pepsi und viele andere ihre Geschäfte in Russland fort, sponsern den Krieg und machen tatsächlich Geld mit dem Blut unschuldiger Ukrainer. Alle Unternehmen zahlen offensichtlich weiterhin Steuern in Russland und sponsern einen Terror. Das ist schrecklich. Meinst du nicht? Vielleicht informieren Sie die Welt über ihre Weigerung, den russischen Markt zu verlassen? Bitte helfen Sie uns, sie davon zu überzeugen, ihre Geschäfte mit dem Land-Aggressor einzustellen und den Terrorismus nicht mehr zu finanzieren.

Berichten Sie darüber in Ihrer Zeitung, auf Ihrer Website, Ihrem YouTube-Kanal (falls vorhanden), Ihrer Facebook-Seite, kontaktieren Sie das Management dieser Unternehmen, verweisen Sie auf berühmte Geschäftsleute, Behörden und politische Führer. Jede Ihrer Initiativen wird nützlich sein. Ich denke, die oben genannten Informationen sollten auf jeden Fall veröffentlicht werden. Wir freuen uns über jede Hilfe für die Ukraine! Danke! – TIM SKORYK

 

„Darf man mit Russland noch Geschäfte machen“, ‚Muss der Westen mitkämpfen?“, „Kommt er damit davon?“: Das sind Fragen, die die ZEIT bzw. Ihre Redakteure in der Ausgabe 14/2022 bewegen. Dabei fällt auf, dass es immer um den „Westen“ geht und hier vor allem um die Frage, ob und inwieweit der „Westen“ moralisch verpflichtet ist, im Ukraine-Krieg auch militärisch einzugreifen. Kaum hingegen wird die Frage gestellt, welches eigentlich unsere – also die deutschen – Interessen in diesem Konflikt sind und wie diese am wirksamsten vertreten werden können. Dabei haben doch die Mitglieder der Bundesregierung und zuvorderst der Bundeskanzler bei der Vereidigung geschworen, ihre Kraft dafür einzusetzen, dass Schaden vom deutschen Volk abgewendet und dessen Wohl gemehrt werde.

Dieses Gebot beherzigen die Regierungen vieler anderer Länder sehr konsequent, was u.a. dazu führt, dass sie gerne als Abnehmer von russischem Gas einspringen. Und das hat dann zur Folge, dass die Wirkung der Sanktionen des Westens vollends verpufft. Wir schädigen uns somit wirtschaftlich völlig sinnloser Weise, des „guten Gewissens“ wegen, wenn wir russisches Gas, Öl etc. sanktionieren. Wohin die nun lauthals ausgerufene Bereitschaft, man müsse doch für die Freiheit auch ein paar Jahre lang zu frieren bereit sein, führt, der sollte sich einmal anhand geschichtlicher Erfahrungen klar machen, wie schnell ein ganzes Volk vom Wohlstand in die ökonomische Verelendung abstürzen kann.

So zogen junge Deutsche Männer 1914 mit Hurra in den 1 Weltkrieg. Nur wenige Monate später hungerten breite Schichten des deutschen Volkes. Ich sehe die große Gefahr, dass sich dies wiederholt, wenn wir aus falsch verstandener Solidarität auf Gas- und Ölimporte aus Russland verzichten. Unser Mitgefühl mit den Menschen der Ukraine darf uns nicht dazu verleiten, ökonomischen Selbstmord zu begehen. Deshalb meine ich, dass sämtliche Sanktionen primär daraufhin geprüft werden müssen, welche wirtschaftlichen Folgen sie für uns haben, und dass wir im Zweifel die Finger davon lassen sollten. – Dr. Wolfgang Hirschberg

 

Ethische Überlegungen, das Geschäft in Russland aufrechtzuerhalten, können nicht einfach von der Hand gewiesen werden. Gerade wenn es sich um die Nahrungsmittelversorgung und vor allem um medizinische Produkte handelt. Der Konflikt könnte aber relativ leicht aufzulösen sein, wenn die betreffenden Firmen ihre Gewinne aus diesen Geschäften in irgendeiner Form der Ukraine zu Gute kommen lassen. Diese Spenden dürfen natürlich nicht steuerlich geltend gemacht werden. – Rüdiger Weigel

 


 

 

Leserbriefe zu „Diva im Dilemma“ von Christine Lemke-Matwey

 

Bild zu Netrebko-Artikel, Seite 45, Diva im Dilemma von Christine Lemke-Matwey: Gestern noch Diva, heute schon Divine. Ja, es ist ein sehr gutes Foto, aber was ist dann eigentlich Kriegspropaganda? Nicht nur amüsiert: – Georg Dox

 

„You can’t have your cake and eat it too” und “Put your money where your mouth is” sind treffende englische Flosken für das Thema Anna Netrebko. Ihr offizielle Statement bezüglich ihre Position zum Putin und zur Russia ist einfach scheinheilig. Keine verlangt, dass russischen Künstler ihr Heimatland und ihr Kultur beschmutzen sollen. Es geht allein um die Tatsache, dass Putin und sein Politik moralisch inakzeptabel sind und dass man Millionen in Gagen auf westliche Bühnen kassiert und trotzdem die Beziehung zum Putin nicht aufgeben will.

Um Klarheit zu schaffen fordere ich liebe Anna auf, wie ihr Kollege Eugen Kissin, ein Benefizkonzert zu gestalten und auf die mindestens €50,000 Gage für den Abend zu verzichten um ihre Solidarität mit den Westen zu betonen. Für sie wäre das „Peanuts“. (Übrigens, bei dem Benefizkonzert mit Kissin und Freunde in Düsseldorf wurde u.a. Musik von Schostakowitsch gespielt). – Dr. Diana Sims-Silbermann

 

Anna Netrebko. Jetzt sitzt sie zwischen den mit rotem Samt bezogenen Klappstühlen. Wurde sie falsch beraten oder ist sie intellektuell nicht fähig, sich klar und deutlich entweder für die Seite Krieg ihres Geburtstags- Gastgebers Putin oder für den weltweiten Ruf nach Frieden zu entscheiden ? Nun bleiben ihr die Türen in der Elbphilharmonie Hamburg und Opernhaus Novosibirsk verschlossen. – Hartmut Wagener

 

Eine der größten Isolden Bayreuths, die Französin Germaine Lubin, wurde von Diktator Hitler unaugefordert in der Garderobe mit Lobeshymnen überschüttet. Der aufgezwungene Smalltalk hatte fatale Folgen für diese grandiose Sängerin und Künstlerin. Obwohl sie nie eine Nationalsozialistin war, wurde sie aufgrund dieses Vorfalls der Kooperation mit den Nazis beschuldigt und mit einem Auftrittsverbot nach dem Krieg belegt. Dies war das Ende Ihrer Karriere.

Manch anderer Künstler hatte mehr Glück trotz glühender Parteimitgliedschaft und -sympathie mit den Nationalsozialisten. Im Nachhinein hätte Germaine Lubín die damalige Vorstellung absagen müssen, um nicht in die Nähe von Hitler zu geraten. Schon die Nähe zu einer einflussreichen Person – nicht nur Politiker- könnte ein Statement sein oder so interpretiert werden. Papst Johannes XXIII., bezeichnet weise „die Geschichte als große Lehrerin des Lebens“. Wehe dem, der dies ignoriert oder abtut. Man kann dies dann als Hochmut bezeichnen. Und der kommt ja bekanntlich vor dem Fall. Wie nun auch bei Anna Netrebko. – Reinhold Zott

 

Später Sinneswandel. Lange fünf Wochen hat es gedauert, bis Frau Netrebko die mörderischen Kriegshandlungen Russlands gegen die Ukraine eindeutig verurteilt hat, allerdings ohne den Verursacher, Staatspräsident Putin, deutlich zu kritisieren. Vielmehr versucht sie ihr persönliches Verhältnis zu Putin herunter zu spielen – einige wenige persönliche Begegnungen – ,was unglaubwürdig klingt, denn einer weitläfigen Bekanntschaft hätte er kaum, vergangenes Jahr, den 50. Geburtstag mit einer Veranstaltung im Kreml ausgerichtet.

Nein, Frau Netrebko gehört zum System Putin wie auch der Dirigent Gergiev, eine Gruppe Spitzenkünstler mit denen sich Putin umgibt und die er fördert, um sein Image bein Volk aufzupolieren. Frau Netrebkos später Sinneswandel legt eher den Verdacht nahe, dass aufgrund der längeren Dauer des Krieges als viele in Russland erwartet hatten, sie ihre Felle, sprich Spitzengagen, die sie nur in Westeuropa und den USA erzielen kann, davonschwimmen sieht und sie nun dafür etwas tun muss, damit ihr Plan, ab Sommer wieder in Westeuropa auftreten zu können, nicht ins Wasser fällt. – Manfred Arnold

 

Es ist ein Dilemma dass es Hexenverbrennugen nicht mehr gibt. Gäbe es die noch, könnten unsere Moralapostel und Gutmenschen wieder ruhig schlafen. – Friedrich Küspert

 


 

 

Leserbriefe zu „Mann ohne Zweifel“ von Bernd Ulrich

 

Ein großartiger Beitrag von Bernd Ulrich. Treffsicher in der Analyse, wunderbar boshaft in der Formulierung und geradezu genial in der Beschreibung von Harbecks Rhetorik-Künsten ! – Rainer Seidel

 

Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis sich der stellvertretende Zeit-Chefredakteur Bernd Ulrich am CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz abgearbeitet hat. Das öffentliche und politische Leben wird dazu sicher viel Gelegenheit in Kürze und mittelfristig bieten. Friedrich Merz hat eben das intellektuelle Potenzial, um die Debatten über diese neue Welt zu führen. Oder? – Peter Franz

 

Ein Hybrid aus Olaf Scholz, Friedrich Merz und Robert Habeck = Also ein vorsichtiger Bürokrat, ein wirtschaftsorientierter Realist und ein Philosophischer Utopist in Person-Union wäre Jemand der der Bundespolitik guttun würde. Dieser oder Diese würde Kompromissen nicht abgeneigt sein und ganz sicher die Einsicht haben von wem der Auftrag zur politischen Arbeit kommt und für wen jeweils die Entscheidungen zu treffen sind. Aber zurück aus dem Land in dem Wünschen noch geholfen hat. Die CDU muss sich insgesamt neu definieren, nicht erfinden, sondern aus althergebrachten Mustern, im Denken wie im Handeln, ausbrechen.

Eigene Ideen gilt es zu kreieren. Friedrich Merz sollte rhetorische Finessen nun auch mit zukunftsfähigen Vorschlägen untermauern: 1. Dagegen, 2. Wofür, 3. Wie, 4. Warum, 5. Finanzierung, 6. Zeitachse. Weg von dem Wachstumsmodell um jeden Preis. Ob Herr Merz hier der richtige ist muss er zeigen und auch ob er die Flügel der CDU zu überzeugen in der Lage ist. Putins Krieg in der Ukraine legt in allen Parteien offen woran es hapert. Das hat ansatzweise auch schon die Corona-Pandemie besorgt. Die CDU wäre gut beraten sich den Menschen zuzuwenden die dieses Land wesentlich mitttragen, nämlich Pflegerinnen und Pfleger, Verkäuferinnen und Verkäufer, Handwerkerinnen und Handwerker, LKW-Fahrerinnen und LKW-Fahrer, Kindergärtnerinnen und Kindergärtner und so weiter und sofort.

Mehr Verteilung von oben nach unten. Kann und vor allem will Friedrich Merz das auch? Ist Friedrich Merz wirklich in der Lage umzudenken und Zweifel am bisherigen politischen Stil zugunsten anderer fortschrittlicher Denke seiner CDU zuzumuten? Denn wenn nicht wird aus der einstigen Volkspartei eine Randgruppe. Ähnlich der FDP Klientelbezogen. Das wäre sehr Schade, weil zwei Volksparteien könnte dieses Land gut vertragen. Leider sind die CDU und auch die SPD vom Weg abgekommen. Sprich: Die Stammwähler und die Sympathisanten sind zutiefst verunsichert. – Felix Bicker

 

Dieser (Tobias) „Hans im Glück“ hatte bisher Glück gehabt. Bei der Landtagswahl 2022 im Saarland hat ihn selbiges verlassen; er landete nur auf dem „undankbaren“ Platz Zwo, der in seinem Fall, wirklich zu nichts brauchbar ist. Mit einem ziemlich desaströsen Wahlergebnis für seine Partei, der CDU. Der „Glückklee-Hans“ steht politisch gesehen, nunmehr sehr weit weg vom Fenster, diese Wahlschlappe hat sich ordentlich gewaschen.

Gut, Friedrich Merz, der ganz brandneue Bundes-CDU-Chef, hat auch mitgemischt, und er hat prompt sein erstes (Mit)Wahl-Desaster miterleben dürfen, aber dafür ist er weiter Bundestag-Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion und somit auch Oppositionsführer, das dürfte ihn so schnell keiner abnehmen wollen. Auf geht´s zur Fehlersuche! Wo kann dieser „CDU-Meister-Lampe“ nur begraben liegen, in welche Richtung zeigt der Merz-Zeigefinger?

Im Saarland ist Anke Gabriele Rehlinger, die Frontfrau der dortigen SPD eben viel, viel beliebter, da kann kein „Hans“ mithalten; sie bestimmt jetzt dort und dürfte bald anzeigen, wo es hingehen soll. Frau Rehlinger, die Ex-Leichathletin ist zum politischen „Schwergewicht“ aufgestiegen. „Frauen an die Macht“, oder waren es doch die Kinder, sehr frei nach Herbert Grönemeyer; egal jetzt ist das sowieso schon wurscht! – Klaus P. Jaworek

 

Und wieder. Bernd Ulrich meine Gedanken und Gefühle, diesmal zu Friedrich Merz geistreich und sprachakrobatisch zu einer treffenden Charakteristik zusammen. Zu seinem Zwischenfazit: „Merz‘ Rhetorik beruht auf dem Gestus des überlegenen Überblicks, den er nicht hat“, wäre mir nur das Wort „Blender“ eingefalllen, oder ein altes Zitat über eine Rede von Erich Mende: „Die aufgeblähten Segel fanden in der Fracht seiner Worte keine Entsprechung“, oder so ähnlich. – Sven Herfurth

 

Merz‘ Rhetorik beruhe auf dem Gestus des überlegenen Überblicks – den er nicht hat und seinen „Gestus der Entschiedenheit“ möchte ich in absoluter Zustimmung so zusammenfassen: Merz‘ Rhetorik ist heiße Luft stramm formuliert. Zu den „Schwächen des Landes“ würde ich behaupten, daß unsere Schwäche weder die Abhängigkeit von Putin noch die Bundeswehr ist. Unsere Schwäche ist unser Lebensstil nach amerikanischem Vorbild, unsere Selbstgefälligkeit, unser Untertanengeist und, daß wir sowieso nichts tun können, weil zu kompliziert, zu viele Hürden und angesichts Chinas, der USA, Indiens und vieler anderer alles wirkungslos.

Und schließlich die dritte Anmerkung zur „Zeitenwende“, hinter der sich die SPD versteckt und den „Zeiten tiefer und schneller Veränderungen.“ Ist diese Zeitenwende nicht das endliche Gewahrwerden der beschleunigten Katastrophe, in der die CDU untergeht, weil ihr das „intellektuelle Potential“ fehlt, sie zu erkennen? Aber sie liegt ja – Gott sei Dank! – wieder vor der SPD. – Harald Bost

 

Bernd Ulrichs umgängliche Beschreibung des Merz’schen „Große Klappe, wenig dahinter“, insbesondere der Vergleich mit der Habeck’schen Rhetorik, ist köstlich. Und ja, PoserInnen und PolitikerInnen, deren Schultern die eigenen Ambitionen, die allgemeinen Erwartungen sowieso, kaum zu tragen vermögen, haben wir auch dieses Mal in der Bundesregierung (Robert Habeck nehme ich ausdrücklich davon aus) – und in der Opposition. Überdies stimmt es: Das intellektuelle Potenzial der Union hält sich, von einem Norbert Röttgen mal abgesehen, recht bedeckt. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Höhle verlassen“ von Harro Albrecht

 

Berichterstattung zum Zurückfahren der Corona-Schutzmaßnahmen. Corona – oder war da was? Die Bundesregierung hat im März beschlossen, die meisten bundesweiten Corona-Auflagen wegfallen zu lassen. Damit hat sich die FDP auf der ganzen Linie durchgesetzt. Die Bürger sollen sich selber schützen. Der Staat hat seine Fürsorge in diesem Bereich aufgegeben. Viele Mitbürger feiern derzeit ihren „Freedom Day“. Die Querdenker und Impfgegner jubeln. Lockdown, Quarantäne und Impfpflicht waren gestern. Der Virologe Christian Drosten hat seinen Podcast über das Coronavirus eingestellt. In den Medien haben Putin und die Ukraine das Topthema Corona abgelöst.

Immerhin gibt es ab und zu noch einige Zahlen und Berichte auf die man sich aber nicht mehr verlassen kann, weil man vielerorts das Zählen einstellt. So gab es die Meldung, dass die Inzidenz in Deutschland ihren Höchststand erreicht habe. Am 24. März gab es 318.387 Neuinfizierte. Stand 2.4.2022 infizierten sich in diesem Jahr 4.537.300 Personen. An Corona starben in diesem Jahr 129.987 Menschen. Es wird geschätzt, dass mehr als 500.000 Menschen in Deutschland an diversen anhaltenden oder neu auftretenden gesundheitlichen Beschwerden nach einer Corona-Infektion (Long Covid) leiden. Trotzdem hat die Regierung die Pandemie zu einer harmlosen Erkrankung, ähnlich einer Grippe herabgestuft.

Verwundert reibt man sich die Augen und fragt sich: Was hat die Politik und die Gesellschaft zweieinhalb Jahre lang geritten? Unwillkürlich erinnert mich das an den Mediziner und Bundestagsabgeordneten Wolfgang Wodarg, der das Coronavirus so gefährlicher wie einen herkömmlichen Grippevirus einstufte und dafür übelste öffentliche Kritik erntete. Die große Koalition wird hingegen für dieselbe Herabstufung nicht im Geringsten kritisiert. – Conrad Fink

 

Für mich ist immer noch unfassbar, dass selbst das Maskentragen als effizienteste Maßnahme der Solidarität gegenüber Risikogruppen von dieser Regierung nicht umgesetzt wird. Das Gesetz, sein Zustandekommen und die Konfrontation mit den Ministerpräsidenten ist eine Bankrotterklärung für den zuständigen Bundesminister. Ich versuche eine Analyse:

In der ARD-Sendung „Konfrontation“ mit Markus Feldenkirchen vor einigen Tagen hatte Professor Lauterbach gesagt, dass Wissenschaftler auch gute Manager sein können. Da stimme ich ihm als Physiker, der einen Großteil seines Berufslebens in der Industrie Strategieentwicklung verantwortet und internationale Sanierungsprojekte geleitet hat, uneingeschränkt zu. Aber er hätte dazufügen sollen: „ Ich gehöre leider nicht zu dieser Gruppe !“. Er war für mich ein Hoffnungsträger in der Gesundheitspolitik, der sich das Vertrauen der Menschen in der Pandemie erarbeitet hat und der in der Lage schien, die Bürger weiterhin mit Voraussicht durch die Pandemie zu bringen und weitere Reformen in der Gesundheitspolitik anzustoßen.

Leider ist es ganz anders gelaufen, Professor Lauterbach ist an Management-Standardsituationen gescheitert und hat das Vertrauen weitgehend verspielt. Er kann und wird sich natürlich weiterhin hinter den Sachzwängen verstecken und den Ministerpräsidenten Blockadehaltung vorwerfen. Wenn sich der überwiegende Teil der Ministerpräsidenten einig ist, was sehr selten vorkommt, würde ich an seiner Stelle schon intensiv überlegen, wer der „Geisterfahrer“ ist, die Ministerpräsidenten oder der Bundesgesundheitsminister. Die nächsten, von denen er „tief enttäuscht“ sein wird, sind die vielen Geschäfte und Handelshäuser, die sich weigern, seinen Regierungsjob zu tun und eine Maskenpflicht weiterführen. Und das wird so weiter gehen….

Es bleibt ihm die Rolle des Hofnarren (in den sozialen Medien gibt es schon entsprechende Beiträge dazu), eine wichtige Aufgabe in jeder Gesellschaft, aber niemals in Personalunion mit einer Machtposition wie ein Bundesminister. Für mich hat das neue Infektionsschutzgesetz mindestens 2 massive Konstruktionsfehler, die Professor Lauterbach und uns als Bürger jetzt beide auf die Füße fallen: Fehlende Aussagen zu bundesweiten Maßnahmen, als absolute Mindestvoraussetzung die Maskenpflicht. In der Maskenpflicht in Innenräumen eine nachhaltige Einschränkung der persönlichen Freiheit zu sehen, ist lächerlich.

Unzureichende Regelungen für die Länder mit den verquasten Hotspot-Aussagen, die so nicht umsetzbar sind bzw. zu einer Vielzahl von juristischen Auseinandersetzungen führen. Eingebauter Konflikt: Lokale Hotspots sind in den Flächenländern weltfremd, weil Krankentransport zwischen Regionen inzwischen ohnehin geübte Praxis ist. Landesweite Hotspots dagegen werden jetzt bereits durch verschiedene FDP-Politiker mit Klagen bedroht.

Für beides gibt es natürlich eine Erklärung, die jeder kennt, die die Regierung und insbesondere Professor Lauterbach aber wie den berühmten „weißen Elefanten“ im Raum behandeln: Die Koalition besteht eben auch aus der gesellschaftsfeindlichen, in Ideologien verrannten FDP. Gesellschaftsfeindlich deshalb, weil sie die für eine demokratische Gesellschaft zusammen unabdingbaren Pfeiler Freiheit, Solidarität und Gemeinwohl auf die „individuelle Freiheit“ reduziert. So wird keine humane Gesellschaft funktionieren und Demokratie wird erodieren. Dieser Umstand ist eigentlich spätestens seit der Koalitionsbildung bekannt und Auswirkungen konnten vorhergesehen werden, ein Konflikt mit der bisherigen Position von Professor Lauterbach war unausweichlich.

Tragisch ist in der konkreten Situation, dass es für die Vermeidung beider Fehler eine Mehrheit der Bürger, eine Mehrheit in Bundestag und Bundesrat gäbe, nur eben leider nicht in der Koalition. Die Beherrschung und Auflösung von Konfliktsituationen sind Standard in Management-Praxis und bei Führungsaufgaben und werden auf unzähligen Seminaren in Fallbeispielen durchexerziert. Bei Planspielen zu diesem Fall wäre folgendes für Professor Lauterbach herausgekommen:

Frage: welche Macht habe ich und wodurch ? Was ist eine rote Linie für mich, was würde mich gefährden bzw. in Frage stellen ? Antwort: Die Reputation und das Vertrauen, das die Bürger ihm bislang entgegenbringen. Dazu gehört Authentizität und Offenheit in der Kommunikation. Frage: was kann ich nicht ändern ? Antwort: Die Positionen in der Koalition. Eine Gefährdung der Koalition bei der derzeitigen Weltlage ist ein absolutes No-Go. Frage: wen brauche ich als Verbündete, um möglichst viele meiner Ziele durchzusetzen ? Antwort: die Ministerpräsidenten und die diversen Gesundheitsverbände Frage: für wen mache ich das ? Wem bin ich verpflichtet ? Antwort: insbesondere den Risikogruppen in der Gesellschaft

Das „richtige Drehbuch“ wäre folgendes gewesen: Eine Pressekonferenz, in der Professor Lauterbach seine persönliche Position darlegt, aber klarmacht, dass er dafür keine Mehrheit in der Regierung hat und nun das bestmögliche herausholen wird. Und keinesfalls zurückziehen auf verquaste Formulierungen wie „juristisch nicht möglich“ und, noch schlimmer, an die Eigenverantwortung der Bürger appellieren. Einladung an die oben identifizierten Verbündeten, neudeutsch „Stakeholder“ , innerhalb des durch die o.g. Rahmenbedingungen vorgegebenen Handlungsspielraums eine gemeinsam getragene Lösung zu finden. Und keinesfalls einseitig beschließen, dass alle anderen halt auf dem Holzweg sind.

Dies wäre breit verstanden worden, das Vertrauen in ihn und seine Autorität wäre erhalten geblieben, ggf. hätte man ihn der überwiegende Teil bedauert für die Steine, die man ihm in den Weg wirft. Großformatige Anzeigen in den Medien mit der Bitte, den neuen Kurs mitzutragen und zusätzlich um Solidarität zu bitten, würden ein Weiteres dazu beitragen. Wenn selbst dieses Szenario nicht möglich gewesen wäre: Rücktritt aus Selbstachtung. Ja, das Leben ist hart, wenn man authentisch bleiben will !

Statt dessen hat sich Professor Lauterbach als Leichtmatrose geoutet. Leider sterben durch diese völlig verkorkste Situation Menschen und viele andere werden verunsichert ! 3 wohlbekannte Zitate treffen auf seine Situation zu: „Das Gegenteil von gut ist gut gemeint“: allgemeine Erkenntnis bei der Analyse von gescheiterten Vorhaben „Nicht das Erzählte reicht, nur das Erreichte zählt“: ein Slogan der Qualitätssicherung in der Autoindustrie „Wer die Wahrheit nicht kennt, ist ein Dummkopf, wer sie aber kennt und Lüge nennt, ist ein Verbrecher !“: Bertolt Brecht im „Leben des Galilei“, mehrfach zitiert von Heiner Geisler bei der S21-Schlichtung

Wer in dieser Situation noch an eine allgemeine Impfpflicht glaubt, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten. Wir werden weiter das Einzige tun, was offenbar unsere deutsche Politik kann: Reagieren, wenn es 5 Minuten nach Zwölf ist ! Ich hoffe inständig, dass die anderen Kabinettskollegen, die im Ukraine-Konflikt mehr Verantwortung tragen, von „anderem Kaliber“ sind ! Ansonsten wäre es der richtige Schritt, die bei ruhiger See angeheuerten LeichtmatrosInnen jetzt im Orkan durch sturmerprobtes Personal zu ersetzen. – Dr. Johannes Maier

 

Jetzt ist es erreicht! Endlich ist ein jeder für seine eigene Corona-Sicherheit und die seiner Umgebung selber verantwortlich. Maske oder nicht? Das entscheidet jetzt der mündige Bürger. Dieses überragende Freiheitsprinzip sollten wir umgehend auch auf den Straßenverkehr übertragen. Weg mit den lokalen Geschwindigkeitsbegrenzungen, weg mit den Überholverboten! Freie und mündige Bürger*innen mögen selber entscheiden mit welcher Geschwindigkeit sie eine Kurve nehmen oder eine Baustelle passieren.

„Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ Das fordert die StVO ohnehin schon. Und während Fehler in der Corona-Prävention sich erst nach Tagen zeigen und eigentlich nicht zurückverfolgbar sind, zeigen sich Fehler im Straßenverkehr unmittelbar als (Beinahe-) Unfall. An Corona sterben täglich rund 300 Menschen, im Straßenverkehr lediglich 2600 im ganzen Jahr. Da ist doch noch Luft nach oben! Lasst uns darüber mal mit der FDP reden. Die kriegen das hin. – Heinz Lewandowski

 

Es ist erst wenige Tage her, dass gemeldet wurde, jeder zweite Test ist positiv. Jetzt wird nicht mehr getestet und laut RKI sind die gemeldeten Zahlen unvollständig. Wenigstens: etwa 90% tragen beim Einkaufen unverändert Maske. Aber es ist wahrscheinlich, dass das dicke Ende kommt. Die Ungeimpften werden nicht mehr indirekt geschützt. Wer warnt vor den >Gefahren? – Johannes Barth

 

Gesundheitsminister Lauterbach will unbedingt die Impfpflicht ab 50 einführen. Obwohl ich zweifach geimpft bin, werde ich mich mit allen erlaubten Mitteln strikt dagegen zur Wehr setzen. Einen derartigen aus meiner Sicht unnötigen Eingriff in meine Persönlichkeitsrechte lasse ich nicht über mich ergehen. Viele Experten, darunter der Virologe Kekule erachten eine Impfpflicht zum jetzigen Zeitpunkt für nicht notwendig.

Zudem widerspricht sich Lauterbach regelmäßig, indem er einerseits von seinem Steckenpferd Impfpflicht nicht ablässt, andererseits jedoch Corona-Infizierten größtmögliche Freiheiten gewähren möchte und deshalb beabsichtigt, die Quarantäne Pflicht aufzuheben. Wer von politischer Seite stoppt den irrlichternden Lauterbach? Dieser scheint vollkommen aus der Corona Spur geraten zu sein. – Alfred Kastner

 

Ihr Mut zum coming-out als Coronophobiker verdient Anerkennung. Doch vielleicht lesen Sie vor der nächsten Risikoeinschätzung wieder mal unseren Gerd Gigerenzer: Ein realistischer Risikoblick war doch wohl schon mindestens vor einem Jahr möglich und hätte Ihnen und vielen anderen einiges erspart. – Wolfgang Funk

 

Sie haben wunderbar das psychische Dilemma, in dem viele Menschen nach zwei Jahren einer beispiellosen medialen Selbstzerfleischung stecken, beschrieben. Eine Infektionskrankheit wurde zum Politikum, mit all‘ den schädlichen Folgen, die sich daraus ergeben. Ich würde sagen, es handelt sich um ein gesamtgesellschaftliches psychisches Post-Covid-Syndrom. Zu dieser Erkrankung wird es allerdings keine Datenbank geben, denn daran ist nicht das Virus schuld, sondern der politische und mediale Umgang damit. Ich wünsche Ihnen und allen Betroffenen eine gute Besserung und bin sicher, dass eine rasche Genesung möglich ist, wenn die Patienten für einige Zeit auf Nachrichten und Gespräche zu diesem Thema verzichten. – Dr. med. Martin Krivacek

 


 

 

Leserbriefe zu „Unterschätzt mal nicht den Pluto“ von Stefan Schmitt

 

Wie weit ist der „Ex“ Planet Pluto entfernt? – Hermann Scheuerer

 

Ein guter Bericht – aber einige Fragen tun sich auf: – Handelt es sich bei dem „Lava“ dieser Kryo-Vulkanen um Wasser Eis? – Der 3. Absatz beginnt mit einem tausendfachen Fehler, die Entfernung von derf Sonne beträgt ca. 6 Milliarden Kilometer. – Einige Basisdaten (Durchmesser, Eigenrotation, spez. Masse, ….) zum Pluto wären schön gewesen. PS: Warum schafft es DIE ZEIT nicht um die Burg, das wöchentliche Wissenschaftsbild „DURCHSCHAUT“ mit einem Massstab zu publizieren??? – Manfred Uttenthaler

 

Zahlen sollten in einer seriösen Zeitung immer stimmen. Es ist schon ein grober Fehler, wenn im Bereich Wissen die Entfernung des Planeten Pluto zur Sonne mit 6 Mio km angegeben wird, anstelle der richtigen 6 Milliarden. – W. Strehl

 

„Unterschätzt mal nicht den Pluto“ schreiben Sie. Danke für diesen und viele andere interessanten Artikel. Aber: Unterschätzt mal nicht die Entfernung des Pluto von der Sonne: Bei sechs Millionen Kilometern Entfernung von der Sonne, wie Sie schreiben, wäre er „hautnah“ an der Sonne und wäre sicher schon geschmolzen. Glücklicherweise ist er aber sechs Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt und die Kryo-Vulkane bleiben ihm erhalten. – Friedhelm Freyberg

 

Der Planet Pluto wurde zum Zwergplaneten degradiert.Was kümmert das ihn? Gar nichts.Planet oder Zwergplanet,Planet ist Planet. Wer sich solchen Wortspielereien gerne hingibt ist die IAU,die Internationale Astronomische Union.Ich war mal Mitglied in diesem Verein,vor langer Zeit.Und fand die Namensgebung für Himmelskörper immer sehr lustig,dieses Spezial Gebiet der IAU.Ein grosser Verdienst von Pluto ist,bei seiner Entdeckung gerieten die Astrologen ganz schön ins Schwitzen.

Was nun? Man fand allerlei Tricks und Zusammenhänge. Aber der lächerliche Unfug der Astrologie war entlarvt. Ein Verdienst von Pluto. Auch ein Element wurde nach ihm benannt, Plutonium.Damit kann man Atombomben basteln. Auch in den Walt Disney Comics heisst ein Hund Pluto. Unser Pluto zieht ruhig seine Bahn, wie immer.Was kümmert ihn das Gefasel auf Erden.Garnichts. – Hans-Emil Schuster

 

Im Ressort Wissen, genauer im Artikel zum Pluto (S. 28) ist Ihnen wohl ein kleiner Zahlen-Fehler unterlaufen: Der Pluto ist nicht nur 6 Mio. km von der Sonne entfernt, sondern eher um die 6 Mrd.! – Benjamin Gollasch

 


 

 

Leserbriefe zu „Können Sie sparen?“ von Johannes Gernert

 

Mit dem größten Vergnügen habe ich den Spartyp-Test gemacht und dabei ganz allein in meinem Zimmer laut gelacht. Dabei habe ich mir vorgestellt, dass Sie, die Mitarbeiter der ZEIT, sich miteinander die Fragen und Antworten ausgedacht und dabei genauso viel Spaß gehabt haben wie ich beim Lesen. Äußerst verblüfft war ich dann, als ich umseitig las, dass nur ein einziger Autor namens Johannes Gernert verantwortlich zeichnet. Soviel Witz, Humor und Einfallsreichtum in einem einzigen Kopf – Respekt (wenn’s nicht doch ein Team war …)! Ich freue mich schon darauf, meinen Gästen zu Ostern den Test zu zeigen und mit ihnen gemeinsam nochmal darüber zu lachen. – Petra Nöcker

 

Sie scheinen ein jüngerer Mensch zu sein, denn an einen Spartypen wie mich (82) haben Sie nicht gedacht. Hier meine Antworten zu den Themen: Bankkonto: 3. Nichts. Bedingung allerdings: mind. 3000 € Zufluss monatlich. Sparkonto: 1. Ja. Sparcard. Wenig drauf. Übriggeblieben, weil früher vorteilhaft bei Reisen. Gasanbieter: 1. Nein. (Dass man ihn wechseln kann, ist Allgemeinwissen) Blätter am Kohlrabi: 3. Mitkochen im Eintopf. Supermarktprospekte: 1. Nein (Prospekte fahre ich mit dem Rad zum Container) Duschen: 1. Einmal die Woche ca. 5 min. Ohne App. Waschen am Waschbecken und am Bidet reicht, wenn man nicht körperlich arbeitet. Autofahren: 4. Der Verbrauch ist nicht so wesentlich.

Es kommt darauf an, wenig und im optimalen Drehzahlbereich zu fahren. Ich fahre 9000 km im Jahr mit dem Renault Kangoo. Subventionen für Lastenräder, hybride und E-Autos lehne ich ab. Sie bringen keinen Vorteil für die Allgemeinheit, sie erhöhen nur den Stromverbrauch, dem mehrheitlich Gas- und Kohleverbrennung zu Grunde liegt. Wann tankt man: 1. Wenn man wenig fährt, ist der Preis nicht wesentlich. Essen wegwerfen: 1. Viel ist aber nicht im Kühlschrank. Kartoffeln, Gemüse und Obst sind an der Luft. Marmelade hat noch nie Schimmel gehabt. Handy: 1. Kein Smartphone, kein Vertrag. Nur ein Minihandy für den Notfall (25 € Anschaffung und Vorauszahlung bei Telekom für evt. Gespräche).

Payback-Punkte: wie 3. (Müsste viel mehr Text enthalten als zu 2. Mit Payback-Punkten wird der Kunde als Konsumidiot an die Angel genommen). iPhone-Akku: 4. Habe ich nicht. Der Energieverbrauch durch die vielen überflüssigen Chats, Videos, Streamings müsste den Leuten ins Bewusstsein gehämmert oder in Rechnung gestellt werden. Nudeln: 1. Ich koche mit Gas. Gas ist Primärenergie und kostet(e) nur ein Fünftel des Strompreises. Ein Heizkörper ist als Wärmetauscher gebaut. Von dort kommt das warme Wasser vorgewärmt mit ca. 50°.

Elektrische Kochplatten lässt der Hausanschluss mit 25 A nicht zu. Vorschlag von mir: Prämien für alle, die mit 25 A Hausanschluss auskommen! Kartoffelschalen: 4. Wenn überhaupt, dann dünn schälen und in die Kompostiertonne. Möglichst Pellkartoffeln kochen (mit Leinöl und Quark und mit Schale essen, wenn sie jung und dünn ist). Ausrangierte Wäsche: 4. Entweder als Putzlappen tatsächlich in den Putzschrank oder zerschnitten in den Textilcontainer, damit Putzlappen daraus entstehen. Tadellose Kleidung kommt ins Sozialkaufhaus. Zahnpastatuben: 4. Plastiktuben lassen sich nicht aufrollen. Man stellt sie immer senkrecht auf die Verschlusskappe. Die Innenwand ist so glatt, dass der gesamte Inhalt über die lange Zeit hinabgleitet. Den allerletzten Rest, der nicht größer als eine Johannisbeere, kann man herausdrücken. Aufschneiden ist nicht einfach und bringt nichts.

Cashback: 4. Sagt mir nichts. Reparieren: 2. Klar. Nicht nur elektrische Geräte. Auch ein Repair-Café habe ich schon aufgesucht. Reparieren ist mein Hobby. Zweikomponentenkleber ist oft im Einsatz. Zum Schluss: Ihr Beitrag ist lobenswert. Auf Normalverbraucher wird er wohl zugeschnitten sein. Die Seite 57 könnte komplett entfallen. Wie immer! Und bevor unsere Jahrgänge (1939 +/-) das Zeitliche segnen, sollte man uns noch ausführlich zum Thema Nachhaltigkeit und Sparen befragen. – Helmut Kämpf

 

Da erwartete ich doch tatsächlich – schließlich ist es DIE ZEIT – eine seriöse Checkliste. Und was gibt es stattdessen: Ein alberne Ansammlung blöder Gags, frei nach dem Motto „Witzischkeit kennt keine Grenzen“. Da verarsch ich mich doch lieber gleich selbst. PS: Dieser Text wurde ausschließlich mit recycelten Buchstaben geschrieben. Den Strom für die E-Mail zapfe ich bei den Nachbarn. – Kurt Eimers

 

Eine Ergänzung zu Ihren Beispielen: Wie füllen Sie eine Zeitungsseite? a) Mit vollformatigen Grafiken. Papier ist nicht knapp und die Ausgabe wirkt voluminöser. b) Ich beschränke mich auf für das Verständnis notwendige Darstellungen. Wer Bilder sucht, kauft sich den STERN. c) Ich komprimiere den Text bis auf den technisch notwendigen Rand unter Verzicht auf Fettdruck und Farbstoffen und empfehle die Verwendung der Lupenfunktion von Smartphones und Tabletts. – Helmut Böge

 

Ich habe neulich Ihren Podcast gehört und mir heute noch ganz schnell das aktuelle ZEIT-Exemplar gekauft, um auch die anderen Fragen Ihres Tests lesen zu können. Allerdings beschäftigt mich nun ein Gedanke: Wie viele Duschdurchgänge braucht es, um die wasserdichte Apple Watch zu amortisieren, die wohl eigens zum Wassersparen angeschafft wurde? Vielleicht könnten Sie das bei Gelegenheit mal ausrechnen. – Katja Jahnke

 


 

 

Leserbriefe zu „Kommt er damit davon?“ von Alice Bota et al.

 

Quod licet Iovi , non licet bovi! Forscher der Washington University, der Johns Hopkins University und der Simon Fraser University schätzen , dass im Irakkrieg 500000 Menschen im Bombenhagel gestorben sind. Ist damals irgendjemand auf die Idee gekommen, George W. Bush vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag anzuklagen? Citation: Rawaf S (2013) The 2003 Iraq War and Avoidable Death Toll. PLoS Med 10(10): e1001532. https://doi.org/10.1371/ journal.pmed.1001532 – Dr. Klaus Milde

 

Weltweit werden Beweise gesucht wegen Kriegsverbrechen von Putin. Beweise ?? Ist nicht der gesamte Ukraine-Krieg ein Verbrechen Putins? Braucht es da noch Beweise ? – Werth, Helmut

 

Diese drei Sätze im Beitrag: a) Kein Völkermörder soll sich je wieder sicher fühlen auf der Welt, b) Misst der Westen hier nicht wieder mit zweierlei Maß?, c) „Der Westen hier wird von eigenen Fehlern der Vergangenheit eingeholt“, sind mir besonders in Erinnerung geblieben! Sieht man Kriegsbilder, liest man in der Zeitung Kriegsberichte aus der Ukraine oder man hört etwas im Radio drüber, so wird immer als Zusatz darauf hingewiesen, dass nichts davon überprüfbar sei.

Auch wer hier nun der Verbreiter von Fake-News ist, bleibt offen, glaub´es einfach oder lass es bleiben! Was eine Seite behauptet wird sofort von der anderen Seite dementiert und umgekehrt. Jetzt soll sogar Wladimir Putin gesundheitliche Probleme haben!? So wie „die Welt“ im Augenblick mit diesem Diktator Putin umgeht, ist das leider auch nicht der Weisheit letzter Schluss, da niemand bisher selbige Weisheit mit dem Löffel gefressen hat.

Eines ist jedenfalls Fakt, „Diktaturen“ sind gegenüber von „Demokratien“ weltweit, eine Minderheit angesichts der Regierungformen; und Geschäfte macht trotzdem jeder mit jedem! Wieviele Völkermörder sind denn schonauf irgendeiner Anklagebank gelandet? Wenn jemand aus seinen eigenen Fehlern lernen möchte, ist das wenigsten schon mal ein guter Vorsatz, den man nur noch umsetzen bräuchte. „Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung.“ (Spruch) Wie sprach General Wellingten (1796-1852) in der Schlacht von Waterloo: „Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen kämen!“ – Klaus P. Jaworek

 

Aus der in dem Artikel genannte Frage, ob die Strafverfolgung eines verbrecherischen Diktators womöglich kontraproduktiv sei, sollte man denke ich konkrete Konsequenzen ableiten: Es könnte helfen, wenn man völkerrechtlich verankert, dass ein solcher Diktator immun bleibt, zumindest wenn er freiwillig abtritt. Das mag zwar schwer erträglich erscheinen, aber die Chance, dadurch viele Menschenleben zu retten, wiegt wohl schwerer. – Roland Finkler

 

Angesichts der Katastrophe des Kriegs in der Ukraine muss erste Priorität sein, den Krieg und somit das Sterben von Unschuldigen zu beenden. Allerdings gibt’s da eine Bandbreite. Das eine Ende dieser Bandbreite wäre die sofortige Kapitulation gewesen, angesichts der Übermacht der Invasoren. Das andere Ende wäre der Kampf bis zur Aufgabe einer Partei wegen Erschöpfung. Das einzige akzeptable Mittel ist Verhandeln und das geht zurzeit nicht ohne Putin. Dass dabei das Thema Kriegsverbrechen nicht im Vordergrund stehen kann, ist leider verständlich. Denn dieses Thema könnte bei Putin bewirken, alles zu tun, um an der Macht zu bleiben und um das zu erreichen, wäre zweierlei denkbar. Eine Möglichkeit wäre, alles zu tun, um zu siegen.

Die andere Möglichkeit wäre, den Schaden, den seine Fehleinschätzung bewirkt hat, zu begrenzen, ohne Verlust seiner Position. Im Vordergrund stehen müsste dabei nicht nur das Wohl der ukrainischen Bevölkerung sondern auch das der russischen Bevölkerung, auch wenn ein Teil das russische Vorgehen unterstützt (auch wegen Desinformation). Denn deren Verluste sind vergleichbar mit denen der Ukrainer, was die Zahl der Toten und Verwundeten betrifft. Und hier hat Deutschland eine besondere Verantwortung angesichts der 20 Million russischen Opfer im 2ten Weltkrieg.

Die wesentliche Ursache für die Katastrophe in der Ukraine war die Fehleinschätzung Putins, der glaubte einen Regierungswechsel in der Ukraine ohne grosse Opfer erreichen zu können. Für einen solchen Versuch gibt’s durchaus Vorbilde: die türkische Invasion in Zypern und in den Kurdengebieten im Süden der Türkei, das missglückte Abenteuer in der Schweinebucht in Cuba, aber auch die ausländischen Interventionen in Libyen, Irak, Afghanistan und auch in Syrien. Bei letzterem Punkt wäre eine offene Frage, ob die dortige Situation besser oder schlechter wäre bei fehlender oder doch eher bei massivere und erfolgreicher Einmischung mit dem Ziel einer Regime-Änderung (wie im Irak und in Libyen)

Klar, Putin ist vermutlich ein Kriegsverbrecher. Aber auch unter den Taliban wurden Kriegsverbrechen verübt, zum Beispiel indem Repräsentanten des früheren Regimes ermordet wurden. Und doch ist eine bestimmte Form der Zusammenarbeit nötig, im Interesse der Bevölkerung. Dies obwohl ideologische Gräben nicht nur zu Führern bestehen sondern auch zu einem wesentlichen Teil der Bevölkerung Russlands. Hier ist es unabdingbar, bezüglich der kritischen Punkte ein gemeinsames Weltbild in den Vordergrund zu stellen, das auf ein gemeinsames langes gutes Fortbestehen der Menschheit ausgerichtet ist. Denn das Fehlen eines solchen Weltbildes, das die Bedrohung der zukünftigen Situation der Menschheit berücksichtigt, ist eine wesentliche Ursache für die aktuellen Kriege. – Dr. Gernot Gwehenberger

 

Ich verstehe zwar, dass eine Dokumentation und Beweisführung notwendig ist, um ein ordentliches Verfahren zu gewährleisten. Aber: Ein Nachweis individueller Verantwortung sein schwer nachweisbar? Da steigt mein Vorstellungsvermögen aus, sind doch die Bilder von Putin, der im vollbesetzen Stadion von Heldenepen seiner Soldaten schwärmt und Lawrow, der notorisch alle militärischen Missetaten als Lügen entlarfen möchte 1:1 Kopien aus dem Dritten Reich. Wie viel Beweis bedarf es denn noch? Wir alle sollten uns von der Vorstellung verabschieden, solange hochgestochen alles diskutieren und wohlsortieren möchten, bis der eigentliche Kern der Sache nicht mehr getroffen wird. Und ja, Putin MUSS mit aller Gewalt entfernt werden, ohne wenn und aber. – Steffen Kaufmann

 


 

 

Leserbriefe zu „7 1⁄2 Dinge, die Sie über die Saar-Wahl wissen sollten“ von Peter Dausend

 

So hieß im Anke sei Kampagne zur Saarländisch next Mutti Staffel, was sie mit Bravour meisterte. Ich persönlich bin ganz zufrieden mit dem Wahlergebnis, was mich entsetzt ist die Tatsache, dass es außer der AFD keine kleinen Parteien in den Landtag packten. Wirklich schade, doch die Parteimit-glieder haben durch ihre Querelen sich ins Abseits geschossen, schade. Ich hätte mehr grün und vielleicht auch gelb im Landtag begrüßt.

Tobias Hans hätte besser nicht so viel an der Zapfpistole geschnüffelt, eigentlich war er ganz ok, bis dato und bis auf seine Corona Schutz Free fall Tower Methoden, ganz nach seinem bayrischen Idol, der mit dem übergroßen Ego eben. Eigentlich bin ich stolz Saarländerin zu sein, obwohl das in anderen Bundesländer nicht alle nach-vollziehen können. Viele MitbürgerInnen kennen das Saarland eben von den Vergleichen oder Heinz Becker, wem sonst?! Von Vergleich zu Vergleich sozusagen.

„Auch Sie, lieber Herr Dausend, haben in Ihrer Kolumne das saarländische Klischee so wunderbar bedient, dass Sie an mindestens drei Sympathiepunkten bei mir gefallen sind“. Kleiner Tipp selbst einmal vorbeischauen und sein eigenes Bild machen, gilt an alle VorurteilerIn-nen. Natürlich gibt es einige Heinz Beckers, zum Glück gibt es auch noch genug andere Saarländer.

Welche deutsche Mannschaft kann schon von sich behaupten, bereits einmal gegen die deutsche Nationalmannschaft gespielt zu haben, so wie die saarländische Nationalmannschaft im Saarbrücker Ludwigsparkstadion 1954. Von der Historie des Saarlandes und auch vom Kulturellen Aspekt gesehen ist das Saarland bedeu-tend mehr als nur de Becker Heinz, Lyoner un Flut. – Kirsten Pickard

 

Obwohl die allgemeine Corona-Erschöpfung sicher das Ausmaß erreicht hat, das sie unterstellen:

ziemlich pubertärer Scheiß, den Sie da in Dausend Prozent hinschreiben. „Bemüht witzig“, nennt meine Tochter diesen Ansatz. Privat ist das wohl zulässig, als Meinungsäußerung in einer überregionalen Zeitung eine absolut sinnlose Zeitvergeudung. – Johann Siemon

 

Die Charakterisierung des Saarlandes, im politischen Kontext der kürzlich geschlagenen Wahl, durch den Saarländer Peter Dausend ist KÖSTLICH! – Wolfgang Sauer

 

Kennen Sie einen anderen Journalisten in einer anderen bedeutenden Zeitung, der sich so für sein Bundesland engagiert, wie de Peter Dausend für sein Saarland ? Kein Bayer, Schwabe, Brandenburger oder gar einer aus dem Kunst-Land NRW. Als Hauptstadtkorrespondent hätte er aber de Peter im abgewählten Kabinett im Wirtschaftsministerium, nicht Umwelt,besuchen müssen. – Hartmut Wagener

 

Als Saarländerin, die seit vielen Jahren in der schwäbischen Diaspora lebt, schmunzle ich immer wieder über die versteckten Hinweise auf saarländische Besonderheiten in ihren Artikeln. Da gab es in der letzten Ausgabe der ZEIT wieder ausgiebig Gelegenheit dazu. Dafür ein herzliches Dankeschön. Besonders gut hat mir die Lyoner in Herzform gefallen. Das verstehen halt nur Eingeweihte, unn mir Saarlänna wisse halt was gudd iss. – Christine Backes

 


 

 

Leserbriefe zu „Lasst sie wachsen!“ von Fritz Habekuß

 

Der Artikel von F.Habekuss, „Lasst sie wachsen“, geht von einem fehlerhaften Gedanken aus. Der Gedanke klingt einfach: Holz, das nicht verheizt wird, setzt kein CO² frei, also sollten dafür im Wald keine Bäume mehr gefällt werden. Holz Verheizen ist so klimaschädlich wie Öl- oder Gas Verbrennen. Tatsächlich verkennt dieses Postulat den in der Forstwirtschaft entwickelten Gedanken der Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit heißt nicht, dass durch Nachpflanzung eines Baumes erst in vielleicht 50 Jahren die CO²-Freisetzung eines gefällten Baumes kompensiert wird, was für den Klimawandel zu spät wäre. Nachhaltigkeit ist als Reihe zu verstehen:

Wenn während des Wachstums eines gefällten Baumes, nehmen wir an in 50 Jahren, jährlich ein Baum nachgepflanzt wurde, beträgt der Zuwachs an gespeichertem CO² jährlich 2%. Die CO²-Freisetzung durch Verheizen des gefällten Fünfzigjährigen wurde damit durch die nachgepflanzten Bäume schon zu 98% ersetzt, durch die forstwirtschaftliche Nachhaltigkeit nicht erst in 50 Jahren der Zukunft, sondern in den 50 Jahren der Vergangenheit. Das ist der wesentliche Unterschied zur ersatzlosen Freisetzung von CO² durch Verheizen von fossilen Brennstoffen. Allerdings wird dieses forstwirtschaftliche Nachhaltigkeitsprinzip an vielen Stellen nicht eingehalten. Die breiten Rodungen entlang der Straßen und Bahnlinien erfolgen ebenso ersatzlos, wie die Rodungen für neue Wohn- oder Industriegebiete. Das ist aber kein Heizproblem.

Traditionell wird das Stammholz gerodeter Bäume als Bau- oder Möbelholz verwertet, womit zusätzlich zur Nachhaltigkeit CO² für lange Zeit gebunden bleibt. Da muss als Kritikpunkt anerkannt werden, dass es eine schädliche Sitte geworden ist, Brennholz ebenfalls aus Stammholz zu gewinnen. Die Sägen und Spaltmaschinen der heutigen Zeit machen dies möglich. Traditionell wurde Brennholz aus dem, für den Bau unverwertbaren Kronenmaterial gewonnen, was natürlich arbeitsintensiv und teurer ist als die Stammholzzerkleinerung. Da sollte eingegriffen werden, nicht beim Holzheizen insgesamt. Holzheizen ist eine, für viele zugängliche Alternative zur Verheizung fossiler Brennstoffe. Wo dies durch eine regionale Holzversorgung möglich ist, sollte es gefördert und nicht verteufelt werden. – Joachim Sonn

 

Eine Milliarde Kubikmeter: Das ist die Holzmenge, die wir in Deutschland im Jahrzehnt den Wäldern dauerhaft entziehen, mit ihrer gewaltigen Energiemenge, die den Waldorganismen zum Leben fehlt. Das tun wir schon seit Jahrhunderten. Es war sogar schon schlimmer: Da hatten wir sogar das Laub und die dünnsten Zweige aus dem Wald geschafft. Gewohnheitsmäßig zwingen wir die Waldökosystemen und ihre ausgedünnten Lebensnetze in eine Existenz auf Sparflamme.

Es grenzt an Absurdität, auf unseren Ver-brauch von Holz eine Nachhaltigkeit aufbauen zu wollen, wie es moderne Bio-Ökonomen und Kaskadennutzungs-Strategen vorgaukeln. Stehen wir nicht an der Schwelle, unseren Energiehunger kohlenstofffrei befriedigen zu können (ausgenommen freilich die Energie, die wir über Verdauung für unsere Körperfunktionen erschließen)?

Dabei können und sollen wir Holz für unseren Ge-brauch nutzen, am besten 50, 100, 500 Jahre lang, allerdings unvermischt und unbehandelt, tatsächlich nachhaltig! Unmöglich? Ach was: es ist viel einfacher, Holz nach dem Ge-brauch wieder in den Wald zurückzuführen als es zum Verbrauch aus dem Wald herauszuschaffen!

Es ist Zeit, damit aufzuhören, aus vermeintlichen jahrhundertealten Selbstverständlichkeiten immer gefährlichere Illusionen zu spinnen, Zeit, mit dem Nachhaltigkeits-Geschwafel aufzuhören. Die Wege, die tatsächlich zu Nachhaltigkeit führen, sind ziemlich simpel. Schwierig ist nur, sie mit unserem verkorksten Wohlstandsdenken zu erkennen. PS: Die o.a. Holznutzungsmenge ist in der Ergebnisdatenbank der Bundeswaldinventur 3 verifizierbar. – Georg Josef Wilhelm

 

Leider denkt Fritz Habekuss nicht weit genug, dazu müsste er sich in die Grundlagen der nachhaltigen Forstwirtschaft einarbeiten. Er bezieht sich (wie viele Naturschutzbewegte) auf den Einzelbaum, nachhaltige professionelle Forstwirtschaft bezieht sich dagegen auf die Fläche. Das entscheidende Kriterium für die Nachhaltigkeit ist der Flächenzuwachs im Jahr pro Hektar, der mehr oder weniger über den Forstbetrieb konstant gehalten wird. Für jeden alten Baum, der entnommen wird steht ein etwas jüngerer bereit, um dessen Funktion zu übernehmen (der Einzelbaum ermöglicht dagegen seinen Einzelzuwachs in dem er unterlegene Bäume totwächst – wenn diese nicht im Zug der Durchforstung entnommen werden).

Zudem erzeugt die Holznutzung in der Regel Koppelprodukte. Der untere Stammteil wird als hochwertiges Nutzholz verwendet, der astige obere Stammteil eignet sich nur als Industrie- oder Brennholz. Die Exploitation von Urwäldern ist das Gegenteil von ordnungsgemäßer Forstwirtschaft, erfolgt sie doch „ohne Berücksichtigung langfristiger Nachhaltigkeitsaspekte“. (siehe „Waldbauliche Terminologie“ Brüning E., Mayer, H. – Wien 1980) – Dr. Jürgen Gauer

 

In zwei Artikeln – „Lasst sie wachsen“ (Zeit No.14) – und „Klimaneutrale Energie – von wegen!“ (Zeit online) stellen die Autoren in Frage, dass die Nutzung von Holz als Energieträger klimaneutral und sinnvoll ist. Diese Artikel erscheinen praktisch zeitgleich mit dem neuesten Bericht des IPCC, des Weltklimarates, der sich in Kapitel 7 mit der Rolle der Land- Forstwirtschaft für den Klimaschutz auseinandersetzt und klar festhält, dass die Nutzung von nachhaltig produzierter Biomasse eine zentrale Rolle für den Klimaschutz spielt und moderne Bioenergienutzung mehr als die Hälfte der aktuell genutzten erneuerbaren Energie ausmacht.

Der Bericht hält auch fest, dass die Alternative, Holz nicht zu nutzen und die Wälder als Kohlenstoffsenke zu belassen, das Risiko verringerter Biodiversität und der verringerten Resilienz gegenüber Naturkatastrophen mit sich bringt (S.51). Wie kann es sein, dass die Zeit Artikel publiziert, die der anerkannten Meinung der maßgeblichen wissenschaftlichen Community direkt widersprechen, und das auch noch mit so lächerlichen Argumenten untermauern, wie dass ein Baum so lange zum Wachsen brauche, dass man Jahrzehnte warten müsse, bis das CO2 wieder absorbiert wird? In einer nachhaltigen Waldwirtschaft wird das CO2, das im Zuge der Nutzung weniger Bäume teilweise freigesetzt wird zeitgleich – also ohne jede Verzögerung – durch das Wachstum vieler Bäume wieder aufgenommen. – Dr. Christian Rakos

 


 

 

Leserbriefe zu „Die schwache Supermacht“ von Jörg Lau

 

Lassen wir uns da gerade wieder einmal täuschen? Wer acht Jahre von der Krim bis nach Kiew benötigt, um dort immer noch nicht angekommen zu sein, ist offenbar nicht ganz bei der Sache; bei DIESER Sache. Für eine Weltmachtarmee sollte die Eroberung eines Nachbarlandes eine überschaubare Aufgabe sein. Es sei denn, dass es sich „nur“ um ein großes (Achtung, Wortspiel) Ablenkungsmanöver handelt.

Der Westen schaut mit Entsetzen auf den Krieg vor seiner Haustür, während hinter dem Ural vielleicht schon die Vorbereitungen auf einen nuklearen Erstschlag – zeitgleich Richtung Europa und über den Pazifik hinweg Richtung Nordamerika – laufen. Konnten wir gerade den politischen Teil dieser Vorbereitungen mit Besuchen des russischen Außenministers in China und Indien beobachten? Sollen diese bevölkerungsreichsten Länder auf Kurs gebracht und zumindest zum „Stillhalten“ veranlasst werden? Oder versichert sich Russland sogar deren nuklearstrategischer Unterstützung?

Sind das jene Weltmachtfantasien des Diktators eines rohstoffreichen Landes im Verbund mit dem Überwachungs-Staat China und den KI-Entwicklern in Indien? Vollkommen absurde Gedanken? Lassen wir uns nicht täuschen. – Torsten Nehring

 

Der Ukraine-Krieg erinnert mich an den Kampf Davids gegen Goliath. David konnte den Kampf für sich entscheiden, ob die Ukrainer Russlands Streitkräfte aus ihrem Land vertreiben können, ist noch offen. Russland ist keine schwache Supermacht und ihr Präsident Putin hat einen langen Atem. Sicher hat Putin nicht mit so einem erbitterten Widerstand der Ukrainer gerechnet und im Moment stecken seine Truppen ja auch fest. Vieles spricht für eine „operative Pause“. Ob diese Pause nicht auch mit einem Strategiewechsel Putins verbunden ist, kann wohl niemand sagen, wer kann schon in seinen Kopf schauen. Hier verwischen sich die Grenzen zwischen Spekulation und reeller Einschätzung der Lage schnell.

Ob es für die Ukraine tatsächlich einen strategischen Vorteil bedeutet, wenn das „Nichtgewinnen“ Putins bereits eine Niederlage ist und das „Nichtverlieren“ für die Ukraine einen Sieg, überzeugt mich nicht so ganz. Vielleicht ist es genau umgekehrt. Putin will diesen Krieg gewinnen, er ist ein gefährlicher Aggressor und weiß eine riesige Kriegsmaschinerie hinter sich .

Der Westen sollte nun diese „operative Pause“ nutzen, um noch mehr Druck auf Putin auszuüben. Dazu gehört auch die Belieferung der Ukraine mit modernen Waffen zur Verteidigung und zur Abschreckung. Ich habe keinen Zweifel daran, dass das Prinzip der Abschreckung immer noch funktioniert und so Putin selbst an den Verhandlungstisch gezwungen werden könnte. Seine „Spezialoperation“ in der Ukraine wird er sowieso immer als Sieg für Russland „verkaufen“, über eine entsprechende Propagandamaschinerie verfügt er bereits und mit leeren Händen wird auch er den Verhandlungstisch nicht verlassen. – Regina Stock

 

In Ihrem im Betreff genannten Artikel stellen Sie die Frage: „Warum die russische Armee mit ihrem Eroberungsfeldzug stecken bleibt.“ Diese Frage ist, sofern man auf die Rahmenbedingungen blickt, wie ich dies bereits in einem Leserbrief an die FAZ vom 19. März 2022 getan habe, relativ einfach zu beantworten, so dass ich nach wie vor nicht nachvollziehen kann, wie man diesen Krieg überhaupt anfangen konnte. Im Einzelnen:

– Die Ukraine umfasst eine Fläche von ca. 600.000 Quadratkilometern. Dies ist etwas weniger als Deutschland und Polen gemeinsam; soweit die flächenmäßige Dimension. Der russische Kräfteansatz wurde mit 150.000 – 200.000 Soldaten angegeben. Teilt man die Zahl der russischen Soldaten durch die Fläche der Ukraine kommt man rechnerisch auf einen Soldaten pro drei Quadratkilometern. Zu bedenken ist jedoch, dass in den genannten 200.000 Soldaten nur eine kleine Zahl „Kämpfer“ enthalten ist. Hier dürfen wir von ca. 30.000 – 40.000 Angehörigen der Infanterie, der gepanzerten Infanterie , der Panzertruppe sowie Fallschirmjägern ausgehen. Die übrigen sind Kampfunterstützer und andere (Artillerie, Pioniere, Nachschub, Sanität, Fernmelder etc.).

– Werfen wir nun einen Blick auf die geographischen und meteorologischen Gegebenheiten: Die Ukraine ist ein äußerst gewässerreiches Gebiet. Ca. alle 90 bis 110 Kilometer in West-/Ost-Richtung ein Fluss von mindestens der Größe des Rheins. Die Überquerung von Gewässern mittels Fähren oder anderem Pioniergerät (Schwimmbrücken) ist eine schwierige militärische Operation. Der Vorteil der russischen Steitkräfte besteht jedoch darin, dass sie zumindest teilweise entlang der Flussläufe operieren können. Dies ist der Unterschied zwischen den Operationen Napoleons 1812 oder denen der Wehrmacht 1941/42.

– Meteorologie: In der Ukraine, obwohl noch in der Westwinddrift gelegen, herrscht bereits ein eher kontinental geprägtes Klima. Dieses ist durch kalte Winter und warme, relativ trockene Sommmer geprägt. Der Beginn der russischen Operationen Ende Februar lag also im ausgehenden Winter inkl. der dann einsetzenden Schneeschmelze. Weiter Teile des sog. „flachen“ Lands sind dann teilweise sogar sumpfig, was den dortigen Einsatz schweren Geräts nahezu ausschließt. Dieses muss befestigte Straßen nutzen. Dies wiederum begünstigt die Verteidiger, die aus geeigneten Stellungen heraus selbst mit nur leichten panzerbrechenden Waffen die russischen Kolonnen aufhalten können. Zum Vergleich: Napoleon 1812 sowie die Wehrmacht 1941 begannen ihre Operationen in der trockeneren Jahreszeit; konkret: jeweils am 22. Juni.

Weiche Faktoren: Hier ist die Kampfmoral zu nennen. Diese ist nur schwer operationalisierbar. Von daher enthalte ich mich hier einer näheren Bewertung. Ohne zu sehr ins Spekulative abgleiten zu wollen, darf jedoch angenommen werden, dass die Kampfmoral der Ukrainer hoch ist und mit dem Begriff „Verbissenheit“ charakterisiert werden darf. Auf russischer Seite ist dies wohl weniger anzunehmen. Die hohe Zahl der auf russischer Seite gefallenen Generale ist hierfür ein aussagekräftiger Indikator.

Eine us-amerikanische Stimme (Center for Strategic and International Studies) stellt ebenfalls einen Kräftevergleich an und kommt in der Ausgangssituation (Februar 2022) zu folgender Einschätzung: 150.000 russische Soldaten in der Ukraine und eine Bevölkerung von 44 Millionen, das ist ein Kräfteverhältnis von 3,4 Soldaten pro 1000 Einwohner. Man kann mit solchen Zahlen kein Territorium halten. Die Studie vergleicht dieses Verhältnis dann mit dem der alliierten Truppen in Deutschland 1945. Diese stationierten rechnerisch 89,3 Soldaten auf 1000 Einwohner; das Vielfache also.

Ich komme zum Ausgangspunkt meiner Überlegungen zurück: Unter seriösen militär-handwerklichen Prüfungen und Planungen hätte dieser Krieg nie begonnen werden dürfen. Warum dies dennoch geschehen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Spekulationen darüber überlasse ich gern meinen pensionierten Generalskameraden, die derzeit die Talkshows ebenso zahlreich wie kompetent bevölkern. – Dr. Thomas Sarholz

 

Die aktuelle Situation in der Ukraine liegt vor allem an Putins falscher Einschätzung. Eine Ursache für diese könnten seine Erfahrungen als Funktionär in Nachkriegs-Deutschland sein: Weisse Fahnen bei der Besetzung. Die erste Sorge der Bevölkerung war die Wiederherstellung der Lebensgrundlage (Nahrung etc.). Die Furcht vor einem Partisanenkrieg (Wehrwolf) erwies sich als unbegründet, nicht nur wegen des brutalen Vorgehens der Sieger gegen völlig unbegründet Verdächtigte.

In der Ukraine ist die Situation anders: die Männer mussten bleiben als potentielle Kämpfer und werden auch als Zivilisten als Bedrohung empfunden. Zusammenarbeit mit den Besatzern, wenn auch nur zur Sicherung der Lebensgrundlagen, gilt als Verrat. Diese Situation reduziert nicht die Verantwortung für Kriegsverbrechen.

Die Schwäche der Supermacht liegt also nicht nur daran, dass die Invasoren erwarteten, begrüsst zu werden oder zumindest erwarteten, dass auf Grund riesiger Militärkolonnen (die aber auch leichte Ziele waren) kein grosser vermeintlich nutzloser Widerstand zu erwarten sei. Die Schwäche liegt daher vor allem auch in der Schwierigkeit, die eroberten Gebiete zu sichern.

Dies bewirkte eine Änderung des Kriegsziels. Nicht mehr der Sturz der Ukrainischen Regierung ist Ziel, sondern die Abtrennung von begrenzten Gebieten (auch zur Gesichtwahrung). Dieses Ziel lässt sich durch Fernwaffen erreichen, gerichtet direkt auf die genannten Gebiete, aber auch auf sonstige Einrichtungen. Nach Eroberung der genannten Gebiete, kann es nach Meinung des Kremls so weiter gehen wie vor dem Krieg. Dies nachdem sich gezeigt hat, dass die in den Nachfolgestaaten der UdSSR lebenden Russen (in der Ukraine ca. 22%) vorwiegend nicht bereit sind, sich für eine Wiederangliederung an Russland einzusetzen.

Aber welches Ziel hat der Westen, ausser Aufrüstung, Hilfe für die Ukraine und der Schwächung von Putin? Was der Westen vor dem Krieg geliefert hat, war ein Weltbild, das auf Freiheit, Wohlstand und Wirtschaftswachstum abzielte. Damit wurde aber ein Graben geschaffen zu grossen Teilen der russischen Bevölkerung auf die sich Putin abstützt. Typisch für die Situation der Menschheit insgesamt sind ökonomische, ökologische und demographische Gräben. Das betrifft Einkommen, Öko-Fussabdruck, und Geburtenrate. Was die Gräben betrifft so steht ein grosser Teil der russischen Bevölkerung auf einer anderen Seite als der Westen und ist damit trotzdem in gewisser Seite auch Vorbild in Sachen Klimakrise was Konsum und Geburtenrate betrifft.

Typisch ist Religiosität, Abhängigkeit von staatlicher Hilfe, die durch Öl-Einnahmen möglich ist und eine bestimmte Form von Patriotismus und Regime-Akzeptanz. Hier wäre es nötig, ein Weltbild einzubringen, das die Gräben überbrückt und eine gemeinsame gute Zukunft der Menschheit ermöglicht. Die Notwendigkeit eines solchen Weltbildes zeigt sich aktuell auch an der bedrohten Versorgungslage in den Regionen, die einen grossen Teil des benötigten Weizen, Soja oder Sonnenblumenöl aus Russland und der Ukraine beziehen (Thema zu geringe Selbstversorgung, auch wegen zu hoher Geburtenraten). – Dr. Gernot Gwehenberger

 


 

 

Leserbriefe zu „Bedingt einsatzbereit“ von Peter Dausend

 

Verteidigungsministerin zu sein ist nicht unbedingt der Traumjob. Einen komplett maroden Laden (länger als 16 Jahre total vernachlässigt) wieder auf Vordermann zu bringen ist eine extrem sportliche Herausforderung, die mit „Aktenfressen“ nicht zu lösen ist. Da muss strukturelles passieren und die beiden Beispiele am Ende des Artikels zeigen kreative Ansätze. Hätte man auch schon früher drauf kommen können, wenn man sich Zeit zum Nachdenken genommen hätte, statt „Akten zu fressen“ . – Willi Krebser

 

Ihre Berichterstattung zur Verteidigungsministerin und Person Christine Lambrecht, passt m.E. sehr gut zur derzeitigen öffentlichen Wahrnehmung. Frau Lambrecht muss zwar versuchen mit dem Schlammassel, dass ihre Vorgängerinnen hinterlassen haben, zurecht zu kommen, aber dadurch, dass Sie es gewohnt ist als Ministerin zu arbeiten nutzt Sie das was das System hergibt. Als ehemalige Justiz- und Verbraucherschutzministerin hat sie gelernt die Klaviatur in der Verantwortung eines Ministers zu spielen.

Worüber man aus systemischen Gründen nichts weiß , kann man auch nicht verantwortlich gemacht werden. Das zeigt sich ganz besonders darin, dass sie beim Verbraucherschutz so gut wie nichts bewirkt hat. Dort sind 288 Gehaltsempfänger nicht in der Lage etwas zum Verbraucherschutz der privaten Konsumenten beizutragen. Geschäftemacher sind in Deutschland in der Lage in großem Stil unter fadenscheinigen Begründungen ohne Konsequenzen abzuzocken.

Mit zu verantworten haben dies auch die großen Managementberatungsgesellschaften, die unter Helmuth Kohl die Ministerien neu organisiert haben. Seit dieser Zeit sind die Minister problemlos austauschbar und das was sie tun ist nicht mehr messbar. Lediglich die Medien, sofern sie Einblick haben und seriös darüber berichten, können die Realität an die Öffentlichkeit bringen. – Tino Martin Marling

 

Ungarn ist seit den Nationalwahlen am 03. April de facto für Europa und die NATO verloren und damit ein Einfallstor auch für Putin’s Trolle. Ob Emanuel Macron am 24. April schafft wieder gewählt zu werden, ist heute unsicherer als noch vor Kurzem. Die Wahrscheinlichkeit, dass Donald Trump im November 2024 wieder gewählt wird, ist erschreckend hoch. Wir haben zzt das einmalige Glück, dass Joe Biden heute US-Präsident ist. Ansonsten wäre die Ukraine schon verloren.

Wir haben also noch genau 32 Monate, die EU-Streitkräfte soweit zu reformieren, dass wir auch ohne die USA glaubwürdig verteidigungsfährig ggü Putin sind. Ohne Deutschland werden wir das nicht schaffen. Wenn ich mir dann diese bestenfalls reaktive Verteidigungsministerin anschaue (am 31. März wieder bei Maybrit Illner, ansonsten „Idealbesetzung“ in der „Heute Show“), dann wird mir schlecht. Gute Nacht, Europa ? – Volker Ollesch

 

Man könnte ja mit dem Inhalt des Artikels einverstanden sein, wenn da nicht ein Satz stünde „Die Zeit der Mondpreise ist vorbei; im Zweifel kaufen wir bei der Konkurrenz.“ Mondpreise, so einen Blödsinn habe ich in meiner über vierzigjährigen Tätigkeit als Leiter einer Preisbildung und Kalkulation im Öffentlichen Auftragswesen noch nicht vernommen. Die derzeitige Verteidigungsministerin hat vom Öffentlichen Auftragswesen wohl (noch) keinen blassen Schimmer, ebenso wenig wie Herr Dausend. Woher auch. Die Grundlage ist die Verordnung über Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, kurz VO PR Nr. 30/53.

Stammt also, ja, aus dem Jahr 1953, das Wirtschaftsministerium ist sozusagen die herausgebende Stelle, damaliger Minister war Ludwig Erhard. Erster Satz der VO: „Um marktwirtschaftliche Grundsätze auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens verstärkt durchzusetzen…..“. Die „Mondpreise“ sind Preise, wie sie die Preisverordnung in ihren „Leitsätzen für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP)“ als zulässig beschreiben und die jeder Teilnehmer an diesem Markt kennen und anwenden muss. Richtet er sich nicht danach, so gibt es in der VO auch Hinweise auf entsprechende Strafen bei Zuwiderhandlung.

Zur Vergabe öffentlicher Aufträge gehört die „Verdingungsordnung für Leistungen, ausgenommen Bauleistungen“ (VOL), hierbei ist ein Regelwerk entstanden, das u.a. vorschreibt, wie eine Vergabe (VOL Teil A) zustande zu kommen hat und wie die Leistungsn durchzuführen sind (VOL Teil B). Jedenfalls nicht so, wie es sich die Ministerin in einem Interview Ende Februar 2022 vorgestellt hat, „dann ändere ich eben die Vergabebestimmungen“. Zum Verständnis: Die Preisverordnung hat Gesetzescharakter und die Leistungsverordnung haben Auftraggeber und Auftragnehmer vor langer Zeit vereinbart haben.

Es sind also keine „Mondpreise“, sondern Preise nach VO PR Nr. 30/53 uns somit legitime Preise im Markt. Es würde zu weit führen, die einzelnen Preistypen hier aufzuführen und zu beschreiben. Ich lade aber interessierte Dienststellen des Bundes ein, sie über diese Bestimmung zu unterrichten. In über vierzig Jahren konnte ich mehr Kenntnis (auf beiden Seiten) erwerben, als Frau Lambrecht in ein paar Tagen als Verteidigungsministerin. Oder Herr Dausend als Redakteur der ZEIT. – Wolfgang Hausser

 


 

 

Leserbriefe zu „Ran an die Reichen“ von Mark Schieritz

 

Yasmin Fahimi hat einfach nur recht! Die FDP in der Ampel bremst immer da, wo es eigentlich eher nicht richtig ist. Daher ist der letzte Satz des Artikels“Thema des nächsten Bundestagswahlkampfes wäre demnach die Vermögensabgabe und -wie ich ergänzend meine, die überfällige Geschwindigkeitsbremse auf unseren Strassen gut zu merken. Mal sehen…. – J. Gros

 

Im Wahljahr 2021 hat die FDP über 4,4 Mio. € Parteispenden erhalten, mehr als die Union. Die meisten Spender dürften Reiche gewesen sein. Das möchte Herr Lindner natürlich nicht aufs Spiel setzen. Deshalb gibt es in Deutschland keine Vermögensabgabe. – Dr. Peter Dodel

 

Zum wiederholten Mal haben Sie in der Zeit-Ausgabe Nr. 14 eine Vermögensabgabe zur Finanzierung der notwendigen Verteidigungsausgaben thematisiert (Die Zeit Nr. 13 ‚wie bezahlen wir das?‘). Und wieder hat Autor Schieritz auf den Lastenausgleich nach den Weltkriegen verwiesen. Zugegeben, die Vermögensverteilung in Deutschland ist sehr ungleich und eine Vermögensabgabe bleibt eine Option um steuerliche Spielräume zu erlangen. Ich würde mir allerdings mehr Augenmaß wünschen.

Die Aus- und Aufrüstung unserer Bundeswehr ist unumgänglich und muss finanziert werden. Noch sind wir aber nicht unmittelbar von Kriegshandlungen betroffen. Wen wollen Sie eigentlich zur Kasse bitten, wenn wir uns einst wirklich in einer Nachkriegssituation wiederfinden sollten? Und wen schlagen Sie vor zu ‚melken‘, wenn sich unsere Regierenden endlich an die Abarbeitung der 16-Jahre-langen Liste weiterer Versäumnisse der Regierung Merkel machen sollten? Diese Liste reicht schließlich von A wie Artenschutz, B wie Bildung, Digitalisierung, Energiewende, Fachkräftemangel, geregelte Zuwanderung ….. bis Z wie Zukunftsfähigkeit des Rentensystems. Schlachten wir die Kuh also besser nicht zu früh. – Erwin Pfefferle

 

Eine Vermögensabgabe ist in der Tat kaum durchzuführen und wer kann, wird sein Vermögen sowieso in Steueroasen verstecken. Deswegen sollte die Schuldenbremse wieder abgeschafft werden. Deutschland, so wie alle anderen Länder auch, wird nie so viel Überschüsse erwirtschaften können, um damit die Schulden im nennenswerten Umfang abzubauen. Daher sind die Schulden des Staates eine Art freiwilliger Vermögensabgabe. Erst wenn niemand mehr bereit ist, dem Staat Geld zu leihen, dann muss man sich Gedanken machen. – Uwe Dieckmann

 


 

 

Leserbriefe zu „»Frieden kann abscheulicher sein als Krieg«“ Gespräch mit Bernard­Henri Lévy von Iris Radisch

 

Nun könnte ich wieder dasselbe schreiben wie zum im Betreff genannten Artikel. Danke erneut für „Mein Mariupol“ und „Frieden kann abscheulicher sein als Krieg“. Das Feulleton ist inzwischen mein liebstes „Buch“ der ZEIT geworden. Herzlichen Dank dafür. – Sibylle Riffel

 

Die Überschrift des Interviews mit dem französischen Philosophen müsste anders lauten : Nichts ist abscheulicher als ein Angriffs-, und als Reaktion darauf, der Verteidigungskrieg. Und zwar wegen des furchtbaren menschlichen Leids, verursacht durch Verletzungen und Tod auf beiden Seiten. Bei der Frage nach der Unrechtmäßigkeit des Ukraine-Krieges sind keine Zweifel möglich. Der Aggressor ist Russlands Putin und die überfallene Ukraine sieht sich zur Verteidigung gezwungen. Würde die Ukraine sich nicht verteidigen und sich dem Aggressor ohne Gegenwehr unterwerfen, würde ebenfalls großes menschliches Leid wie Unfreiheit und Unterdrückung durch eine Diktatur entstehen.

Eine Abwägung zwischen beiden Katastrophen um zu der besseren Lösung zu kommen, erscheint fast unmöglich. Hier wird die Figur des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, mit seinem starken Rückhalt in der Bevölkerung für den entschlossenen Widerstand gegen Putin, vorbildlich, und ist vergleichbar mit der Bedeutung des Briten Churchill für den Sieg gegen Hitler. Der Philosoph Levy sieht das sehr klar und es ist deshalb abwegig zu versuchen, die beiden Kategorien Bellizismus und Pazifismus als Etikett hin und her zu schieben. Es ist immer wieder wichtig, menschliche Konflikte von Philosophen beurteilen zu lassen und nicht etwa von Politikern, die meistens doch nur auf die Wechselwirkung zwischen Wählern und sich selbst reagieren können.

Politiker, egal ob Macron, Scholz, Johnson oder Biden müssen sich für Maßnahmen gegen Putin entscheiden. Das ist verdammt schwer und sie sind deswegen nicht zu beneiden. Da hat es der Philosoph einfacher. Schwerer wird es für ihn, wenn von ihm erwartet wird, der Politik einen Handlungsrahmen zu präsentieren, der das Hauptproblem dieses mörderischen Konfliktes lösen kann, nämlich die Grundlagen des Zusammenlebens von Völkern wieder in den Mittelpunkt humanen Denkens und Handelns zu stellen. Interessant Levy´s Bemerkung zu Schröder. Er zeigt deutlich wie das Denken der meisten Politiker ihre strukturellen Defizite offen zu Tage treten lässt.

Ihr Denken und Handeln wird extrem oberflächlich gesteuert und konzentriert sich hauptsächlich auf das Beherrschen des Instrumentes Macht. Bei Schröder kommen Geldgier, zusammen mit Eitelkeit und Egoismus hinzu. In seinem Kopf schlug deswegen kein Kontrollmechanismus Alarm, als Lobbyist darauf zu verzichten, die Latte demokratischer Masstäbe an seinen Freund Putin zu legen, was man von dem ehemaligen Kanzler eines demokratisch verfassten Staates aber erwarten muss. Jetzt ist die persönliche Katastrophe für Schröder nicht mehr aus der Welt zu schaffen.

Macht an sich ist ein unverzichtbares Element, darf aber nur als Folge von überzeugender Vermittlung politischer Überlegungen eingesetzt werden die eine demokratische Regierung legitimiert. Die Ausübung von Macht ist in Diktaturen nicht legitimiert, und verkommt deswegen zu Machtmissbrauch. Im schlimmsten Fall führt das zu Krieg, Völkermord und Unterwerfung wie früher bei Hitler und heute Putin. – Klaus Reisdorf

 

BHL hat Sarkozy im Libyenkrieg beraten – die ZEIT macht ihn zum Widerstandskämpfer. Er will „den Neo-Imperialisten nicht das Feld überlassen“ – rechtfertigt aber westliche Ressourcen-Kriege. „Das einzig ehrenwerte Szenario“ ist für ihn, dass Putin den Krieg verliert – auch wenn dafür „der Preis an menschlichen Leben …furchtbar“ sein wird – und die Zeit macht ihn zum „Kämpfer für den Frieden“. Für ihn herrscht ein„totaler Krieg“ in der Ukraine – und dieser hat auch die Semantik erfasst. Die wirklichen Kämpfer für den Frieden kommen im bellizistischen ZEIT-Feuilleton nicht zu Wort. Ich bin zutiefst enttäuscht von diesem „Blättchen“. – Jürgen Dornis

 

Das Interview von Iris Radisch mit Bernard-Henri Lévy zu lesen war ein intellektueller und ethischer Genuss. Und es hat gezeigt, dass Philosophen mitnichten nur in einem Elfenbeinturm abstrakten Denkens verharren. Levy’s bemerkenswertem Realitätssinn folgt eine nicht minder bemerkenswerte Deutung und Deutlichkeit: Den Habitus des deutschen Ex-Kanzlers Gerhard Schröder beschreibt er als den Gipfel der Unanständigkeit. Ein womöglich nicht unverdienter Schlag in die Magengrube aller Deutschen mit einem demokratischen Gewissen und Schamgefühl. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Seit Jahren haben Politiker Angst, den Deutschen ein Tempolimit zuzumuten. Nun zeigen Daten: Plötzlich fahren viele von allein langsamer“ von Götz Hamann

 

Ich habe Ihren Beitrag „Womit keiner rechnet – Seit Jahren […]“ mit Interesse gelesen, aber musste feststellen, dass der Titel meines Erachtens nicht recht zum Inhalt passt. Größtenteils geht es bei Ihnen darum, dass Menschen weniger fahren. Lediglich zwei Sätze geben Auskunft darüber, dass auch langsamer gefahren wird und deren Aussagekraft ist sehr gering, da beim ersten Mal überhaupt keine spezifischen Angaben vermerkt sind („Zudem sind sie langsamer gefahren, zumindest ein wenig“) und beim zweiten Mal schreiben Sie selbst „sank die durschnittliche Geschwindigkeit […] kaum […]“. Ich hätte mich gefreut, wenn Titel und Inhalt stärker aufeinander abgestimmt gewesen wären. Von daher ist für mich das Tempolimit nicht vom Tisch, weil viele nur weniger gefahren sind, nicht aber substantiell langsamer. – Dominik Göhmann

 

Was sagte ein Gerhard Schröder zum Thema Tempolimit: „Wenn auf Parteitagen wieder einmal für Tempolimit von 100 gestimmt wurde, habe ich wengistens den Mut aufgebracht, auf die Toilette zu verschwinden.“ So dereinst der Altbundeskanzler, Noch-SPD´ler, heutiger Lobbyist und Putin-Freund. Dieser für mich sorgenfreie Oligarch kann nach wie vor sehr dumm daherreden, begriffen scheint er nicht viel zu haben.

Die Regierung droht jetzt mit dem „Luxusproblem Tempolimit“, obwohl der Sprit stellweise wieder unter der 2-Euro-Marke liegt! Dennoch sollten wir uns ziemlich zeitnah darauf einstellen, dass es besser sein dürfte lieber langsamer zu fahren oder eben ganz freiwillig auf diese „freiheitliche“ (Schnell)Autofahrerei verzichten zu müssen. – Klaus P. Jaworek

 

Weil die FDP dagegen ist. Bei den Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl war die Einführung eines generellen Tempolimits au deutschen Autobahnen am Widerstand der Liberalen gescheitert. Schon der Name FDP verpflichtet anscheinend, für alles einzutreten, was irgendwie mit Freiheit zu tun hat. Das bedeutet „Freie Fahrt für freie Bürger“. Fehlt nur noch der Ruf nach freiem Waffenbesitz. Also jedem seine Pistole. Der FDP würde ich eine solche Forderung zutrauen.

Bei den Koalitionsverhandlungen wusste man noch nichts von der jetzigen angespannten Lage im Bereich der Energieversorgung. Einsparungen wo immer auch möglich lauten die Empfehlungen. Also zum Beispiel die Heizung runterdrehen und dicken Pullover anziehen. Oder, um beim Spritsparen zu bleiben, da gibt es jede Menge Tipps. Nicht nur bei der Bundeswehr gibt es den Begriff „Neue Lage“. Es gibt ihn auch zum Beispiel in der Wirtschaft oder beim Wetter. Kein Gesetz ist in Stein gemeißelt und kann geändert werden.

Beim Tempolimit muss nichts geändert, es muss nur beschlossen werden. Die dafür sprechenden Argumente sind bekannt. Stichworte: Sprit sparen, Abgase reduzieren, weniger Unfälle. Das gegen ein Limit vorgebrachte Argument von Seiten der CSU, hohe Geschwindigkeiten auf der Autobahn zu ermöglichen wäre verkaufsfördernd für die Autoindustrie, tritt immer mehr in den Hintergrund. „Es bleibt jedem unbenommen, auf der Autobahn oder den Landstraßen langsamer als erlaubt zu fahren“, so die FDP. Ja, toll.

Und die gut betuchten oder auch die Fahrer von Dienstwagen rauschen mit 200 Stundenkilometer an einem vorbei. Da kommt Freude auf. Abschließend kann man davon ausgehen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis auch bei uns in Deutschland das „rasen“ nicht nur unerwünscht, sondern verboten wird. – Gerhard Ostertag

 

Ein Brief an unseren Finanzminister Christian Lindner Ist es nicht langsam an der Zeit, dass unser Finanzminister seine Einwilligung zu Tempo 100 gibt? Hat nicht Herrn Lindners Aussage “ es gibt keinTempolimit“ ihm den Wahlerfolg erst möglich gemacht. Aber jetzt müssen wir alle sparen, was Herrn Lindner nach seiner bescheidenen Jugend ja eigentlich nicht schwer fallen dürft. Und was die Holläner „NL“ nur links auf deutschen Straßen in ihrem Land schon seit mehr als 15 Jahre können, sollte bei uns doch auch möglich sein. Herr Lindner muß jetzt, wo alle Parteien in dieser Zeit von ihren Vorhaben Abstriche machen, auch seinen Beitrag leisten. – Helga Berres

 


 

 

Leserbriefe zu „Roller rückwärts“ von Jonas Weyrosta

 

Vom Nutzen und der Klimafreundlichkeit der E-Scooter war ich noch nie überzeugt und überhaupt nicht begeistert von ihrer Einführung in Deutschland. In Kiel fliegen diese Dinger auch überall herum und ich möchte nicht wissen, wie viele von ihnen schon in der Kieler Förde versenkt worden sind.

Den Berufsverkehr auf den Straßen, der ja nicht unerheblich ist, entlasten die E-Scooter jedenfalls nicht. Mir ist auf meinem Arbeitsweg bisher noch nie ein Berufstätiger mit Aktentasche oder Laptop auf einem E-Scooter begegnet. Das mag ein persönlicher Eindruck sein. Es fällt aber auf, dass E-Scooter vorwiegend von Jugendlichen genutzt werden. Das ist natürlich viel bequemer als ein Gang zu Fuß oder der ÖPNV.

Statt weniger Autos auf den Straßen haben wir jetzt zusätzlich E-Scooter auf Rad – und Fußwegen. Die Lebensdauer von E-Scootern beträgt im Schnitt nur ein halbes Jahr, meistens noch weniger. Danach sind sie Elektroschrott und müssen teuer entsorgt werden. Das allein ist schon nicht nachhaltig, ganz abgesehen von ihrer Produktion und der Logistik um sie herum, im Gegenteil. Wayne Ting als Anbieter von E-Scootern sieht das anders, nicht verwunderlich. Glaubt er aber wirklich selbst, dass er seine Kundinnen und Kunden durch Apps zu einem rücksichtsvolleren Umgang mit den Scootern umerziehen kann? Ich glaube das nicht.

Ob man die ausleihbaren E-Scooter wieder verbieten kann, weiß ich nicht, aber ein vernünftiges Pfandsystem zusätzlich zur Leihgebühr könnte vielleicht dafür sorgen, dass die eine oder andere Spaßfahrt unterbleibt. Das wäre schon ein kleiner Fortschritt. – Regina Stock

 

Rolle ( r ) rückwärts? Ja bitte! Unsere infantile Spaßgesellschaft hat auf solchen Nonsens nur gewartet, ein weiteres Gadget für den unnützen Zeitvertreib. Eine Gefahr für viele Verkehrsteilnehmer, eine reale Gefahr für alle sehbehinderten und blinden Mitbürger, eine sinnlose Verschwendung von immer knapper werdenden Ressourcen. Entweder sofort weg damit oder klare Regeln: Feste Abstellplätze, verbindlich.

Dank metergenauer Ortung kann die Nichteinhaltung sofort mit hohen Gebühren geahndet werden. Mit einem Auto kann man in der Innenstadt auch nicht bis zur Eingangstür fahren. Härtere Strafen bei Verstößen gegen die Verkehrsregeln und Nutzungsbedingungen. Einhändiges Fahren bei gleichzeitiger Handynutzung ist ein Albtraum für alle Verkehrsteilnehmer. Leider kann Andreas Scheuer für diesen Unsinn nicht persönlich haftbar gemacht werden. – Andreas Löbbers

 

In Ihrem Artikel haben Sie eine sehr wichtige Sache nicht erwähnt: Die Rollerfahrerin oder der Rollerfahrer kann nicht eine Hand vom Lenker nehmen, um damit deutlich eine Richtungsänderung im Verkehr anzuzeigen. Dieses stellt für eine Person auf einem Fahrrad kein Problem dar, denn die Konstruktion des Fahrrades ist dafür ausgelegt. – Björn-Uwe Timm

 


 

 

Leserbriefe zu „Muss der Westen mitkämpfen?“ Streit von Michail Chodorkowski und Thomas de Maizière:

 

So langsam kann ich das Gestammel deutscher Politiker und Politikerinnen über die Fehleinschätzung Putins und dessen Aggressionen nicht mehr ertragen. Auch Thomas de Maizière reiht sich in diesem Streitgespräch in die Riege der politisch Verantwortlichen ein, die im Nachhinein Fehler einräumen und endlich einmal darüber nachdenken, in welche Lage sie die Ukraine, Deutschland und andere Staaten durch ihre Wischi-Waschi Politik und ihrem Vertrauen zu Putin gebracht haben.

Speziell für Deutschland bedeutet die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl einen enormen Hemmschuh, der die Handlungsmöglichkeiten in diesem Krieg (bisher) einschränkt. Warnungen hat es vorher genug gegeben. Wirtschaftliche Abhängigkeiten sind immer problematisch und ein Industrieland wie Deutschland ist ganz besonders auf eine verlässliche Energieversorgung angewiesen. Das erkennt Herr de Maizière immer noch nicht richtig.

Dazu kommt eine quasi nicht mehr vorhandene Wehrfähigkeit. Ja, womit soll den noch gekämpft werden? Nicht einmal die zugesagten Waffenlieferungen an die Ukraine können von Deutschland richtig erfüllt werden. Thomas de Maizière fällt dazu nichts besseres ein, als dass das Beschaffungswesen der Bundeswehr zu kompliziert sei ( schon seit Jahren bekannt und nicht behoben) und beklagt sich über führende Generäle, die den desolaten Zustand der Bundeswehr öffentlich ansprechen. Das ist schwach, ganz schwach. Ja doch, natürlich wollen wir alle in Frieden und Freiheit leben (welcher Mensch will das nicht), das ist alles aber nur „Spruch“, wenn man nichts in der Hand hat, um den Frieden und die Freiheit gegen „böse“ Nachbarn zu verteidigen.

Michail Chordorkowski, der sich selbst einmal als „Räuberbaron“ bezeichnet hat und in seinen Geschäften sicherlich nicht zimperlich war, kennt Wladimir Putin persönlich. Ihm darf man glauben, wenn er sagt, Putin sei ein Bandit und dass man Putin nur mit konsequenter Härte beikommen könne. Aktive Kampfhandlungen „verlangt“ Herr Chordorkowski vom Westen gar nicht. Für die deutsche Politik bedeutet es ein radikales Umdenken. Auch die angekündigte Zeitenwende wird nur „Spruch“ bleiben, wenn die Außen – und Energiepolitik sich weiterhin nicht nach den Realitäten auf dieser Welt ausrichtet und von Illusionen und Ideologien mitbestimmt wird.

Denn was nützt uns der schönste Traum von Frieden, Freiheit und Deutschland als Insel der Glückseeligen in einer gerechten, klimaneutralen Welt, wenn Putin das Sagen in (Mittel-) Europa übernimmt und wir nicht mehr selbst bestimmt handeln können. Putin stellt den Westen auf die Probe und wir sind gefährlich nahe dran, dass wir diese Probe nicht bestehen. – Regina Stock

 

Die Antwort darauf hat Lenin hat in seiner Schrift „Über das Recht der Nationen auf Selbstbestimmung“ gegeben und sich dabei entschieden für das Recht der Ukraine auf einen eigenen Nationalstaat eingesetzt und die Gleichberechtigung aller Nationen gefordert. In seiner Schrift „Über den Nationalstolz der Großrussen“ hat er den großrussischen Imperialismus verurteilt. Darin heißt es: „Nehmen wir einmal den Standpunkt einer unterdrückenden Nation. Kann ein Volk frei sein, das andere Völker unterdrückt? Nein. Die Interessen der Freiheit der großrussischen Bevölkerung erfordern den Kampf gegen eine derartige Unterdrückung.

Wir sind erfüllt vom Gefühl nationalen Stolzes und gerade deshalb hassen wir ganz besonders unsere slawische Vergangenheit. Niemand ist schuld, dass er als Sklave geboren wurde, aber ein Sklave, dem nicht nur alle Freiheitsbestrebungen fremd sind, sondern der seine Sklaverei auch rechtfertigt und beschönigt – z.B. die Erdrosselung Polens, der Ukraine usw. als „Vaterlandsverteidigung“ der Großrussen bezeichnet – ein solcher Sklave ist ein Lump und ein Schuft, der ein berechtigtes Gefühl der Empörung, der Verachtung und des Ekels hervorruft.

Ein Volk, das andere unterdrückt, kann sich nicht selbst emanzipieren. Der Zarismus unterdrückt nicht nur neun Zehntel der Bevölkerung ökonomisch und politisch, sondern er demoralisiert, erniedrigt, entbehrt und prostituiert sie auch, indem er sie lehrt fremde Völker zu unterdrücken und ihre Schmach mit heuchlerischen, angeblich patriotischen Phrasen zu bemänteln.“ Es sind geradezu prophetische Worte, die nun auch für das Putin-Regime zutreffen.

Zar Nikolaus II ist, erfüllt von einem nahezu religiösen Sendungsbewußtsein für das „Heilige Russland“ in den Ersten Weltkrieg eingetreten. Sein Reich hat er damit zerstört. Wiederholt sich nun die Geschichte? Lenin – „Das Recht der Nationen auf Selbstbestimmung“ Lenin – „Ausgewählte Werke“, Band 1 – Verlag für fremdsprachliche Literatur, Moskau 1946, Seite 688, 689 Lenin – „Über den Nationalstaat der Großrussen“, a.a.O. Seite 746, 747 veröffentlicht in der Zeitung „Sozialdemokrat Nr. 35 vom 12. Dezember 1914. – Thomas Mettke

 

Pfui Teufel! Wieviel Militarismus steckt in dieser Ausgabe! Dass Friedrich Merz sagt, dass Abschreckung das wichtigste Instrument der Verteidigung ist und bleibt, muss nicht weiter verwundern. Das Blockdenken des 20. Jahrhunderts holt ihn wie wohl auch die meisten seiner Partei, die wie keine andere für Traditionalismus steht, besonders schnell ein. Auch dass der ausgewiesene Putin-Gegner Chodorkowski will, dass die NATO Putin mit „größter Härte“ begegnet, ist nicht verwunderlich.

Auch dass die Frau des ukrainischen Präsident nur Sieg oder Niederlage kennt, ist verständlich. Aber dass in dieser Ausgabe der „Zeit“ niemand zu Wort kommt, der den Fokus nicht auf den Krieg und das Niederringen des Teufels Putin, sondern auf den Frieden und mögliche Optionen dahin legt, ist ein Armutszeugnis. Einzig de Maizière hat im Streitgespräch mit Chodorkowski gesagt, dass wir (Deutschen) uns nicht im Krieg mit Putin befinden und dass Frieden in Freiheit das ist, was wir anstreben (sollten), aber auch nicht, ohne hinzuzufügen, dass der Preis dafür die Aufrüstung sei.

In der „Zeit“ ist nichts zu lesen von den Sorgen, die sich die russisch-stämmige Bevölkerung in der Ukraine macht ob der vielen nationalistischen bis rechtsradikalen Gruppierungen, die, auch vom Ausland kommend, mit Hurra jetzt in den Krieg ziehen. Was wird mit all jenen passieren, nach Beendigung des Krieges, die sich dem ukrainisch-nationalen Pathos verweigert haben, denen es egal war, wer sie regiert, die einfach nur ihren Frieden haben wollten, die den russischen Truppen keinen Widerstand entgegengesetzt und damit Blutvergießen vermieden haben? Wird die Ukraine „ethnisch gesäubert“ werden?

Das Tüpfelchen auf dem i der fehlenden intelligenten Verarbeitung von Zeit-Ereignissen ist Peter Dausends „Interessiertmicheinenscheiß“. Wenn ein politischer Korrespondent sich coram publico freudig zu einem Gedächtnisschwund infolge von Trunkenheit nach einer Super-Party bekennt, ….dann fehlen mir die Worte, aber auch die Lust, weiterhin Worte dieser Zeitung zu lesen. – Giorgio Zankl

 


 

 

Leserbriefe zu „Rubel oder Freiheit“ von Petra Pinzler und Mark Schieritz

 

Der „Notfallplan Gasmangel“ sieht vor, Industrie und Gewerbe vor den privaten Hauhalten kalt zu stellen. Das klingt nach „Gehen Sie nicht über Los – gehen Sie sofort in die Armut“. Natürlich sitzt man die längste Zeit am Tag zuhause, und dort gerne mollig. Doch wenn in einem rohstoffarmen Industrieland wie Deutschland die Räder still stehen, bleiben auch die Wohnungen trotz Privilegierung nicht lange warm.

Dann bleibt auch nicht mehr viel Geld für Angora-Unterwäsche und Hirsebrätling übrig. Nein, wir können uns einen Winterschlaf für die produzierende Wirtschaft nicht leisten. Sie würde dauerhaft einfrieren und keinen Frühling mehr erleben. Leider vergessen zu viele, dass diese instabile Dienstleistungsgesellschaft allein durch die Wertschöpfung aus industrieller Produktion getragen wird.

Deutschland durchlitt schon ganz andere Krisen – allerdings mit weitsichtigeren Politikern und mit patriotischen Bürgern. Dieser verantwortungsbewußte Gemeinsinn war es, der zum einzig solidarischen Weg durch die Not befähigte: zur Rationierung. Ganz gleich ob Erdgas, Mehl, Diesel oder Fleisch : die begrenzte Menge muß volkswirtschaftlich sinnvoll aufgeteilt, und kontrolliert zugeteilt werden. Alles andere führt zu Missgunst, Hass und Revolte. Und ein anarchisches Klima ist das Letzte was wir jetzt noch brauchen können. – Martin Hartmann

 

In gleicher Nibelungentreue, mit der Kaiser Wilhelm II vor dem ersten Weltkrieg Österreich beistand, um den Weg in einen furchtbaren Weltkrieg gehen zu können, versucht Deutschland diesmal der Ukraine beizustehen, und eröffnet dazu die Front eines Wirtschaftskrieges gegen Russland. Zweite Parallele: und wie 1943 im Berliner Sportpalast alle begeistert den totalen Krieg wünschten, fordert nicht nur die ukrainische Polit-Elite, sondern auch fanatische Gut-Bürger unseres Landes den sofortigen Importstopp aller russischen Energielieferungen. Identisch zu 1943 ohne Vorausschau, wie schlimm das für „Land und Leute“ unseres, im Prinzip unbeteiligten Staates werden kann.

Dass ein in Deutschland besonders hoch angesehener Staat wie Israel den von den USA verhängten Sanktionszirkus nicht mitmacht, weil die wirtschaftliche Rückwirkung das Land ähnlich hart treffen könnte wie Deutschland, bringt keinen blindwütigen Bundesbürger zum Grübeln. Vielleicht ist Israel, Türkei und Co. aber auch nur der Pragmatismus der USA aufgefallen (“America first“), mit dem sie einen Sanktionskatalog entwarfen, der zwar Russland Schaden zufügen soll, aber die eigene Wirtschaft so wenig wie möglich belastet. Oder welchem Zufall ist es geschuldet, dass Erdgas auf der Sanktionsliste erschien, nicht aber das energietechnisch gleichwertige Erdöl? Antwort: Bei Erdgas sind die USA unabhängig, bei Erdöl waren sie drittgrößter Kunde Russlands.

Erdöl kam erst auf die Liste, nachdem die USA Ersatzlieferungen aus Venezuela sicherstellen konnten. Es ist ein Verhängnis der devoten deutschen Bündnispolitik, sich unbedingt als Hilfswilligster aufspielen zu müssen. Im Wissen um diese dümmliche Verhaltensweise ist Deutschland der Adressat teils zügelloser Forderungen aus dem in- und außereuropäischen Ausland geworden. Man rufe sich nur die maßlosen Forderungen und unverschämten Anschuldigungen des ukrainischen Botschafters Melnyk ins Gedächtnis.

Am Ende dieses schlimmen Krieges werden, sofern wir ihn ohne dritten Weltkrieg überhaupt überleben (Vorbild: Hitlers Untergangswahn Ende April ’45), die beiden militärischen Kontrahenten Ukraine und Russland den größten Schaden erlitten haben, aber schon an dritter Stelle und mit deutlichem Abstand zu den anderen Wichtigtuerländern Europas wird Deutschland stehen. Die USA werden sogar Kriegsgewinnler sein:

– Marginale Sanktionslasten und entsprechend geringe Rückwirkungen, – Keine Millionen Flüchtlinge zu versorgen (zweistellige Milliarden Euro pro Jahr!), – Die Erdgasindustrie wird aufblühen, da demnächst dreckiges Fracking-Gas auf klimaschädlichem Transport durch schwerölgetriebene LNG-Tanker über abertausende Atlantikkilometer nach Deutschland geschifft wird. – Last but not least, der 100 Milliarden Sonderetat für die Bundeswehr wird Großteils die amerikanische Rüstungsindustrie boostern (F 35 Kampfjets). – Ernst Kaffanke

 

Vermutlich geht es immer mehr Bürgern Deutschlands wie mir: wir fühlen uns moralisch einfach schlecht angesichts des immer lauter werdenden Vorwurfs, wir Deutschen wären (mit-)schuldig an den vielen Toten in der Ukraine, weil wir durch unsere Gasimporte aus Russland deren Krieg (mit-) finanzieren würden. Ich kann mir derartige Vorwürfe aus dem Ausland, über die bei uns aus Rücksicht auf unsere Befindlichkeit vermutlich nur selten berichtet wird, nur allzu gut vorstellen:

„Diese reichen, egoistischen Deutschen …!“. In der Tat riskieren wir Deutsche jeden Tag mehr, aus diesem Krieg nicht nur finanziell, sondern auch moralisch stark beschädigt hervorzugehen. Dass auch viele deutsche Mitbürger einen solchen Import-Stop fordern, ist deshalb gut nachvollziehbar. Nur möchte ich viele dieser Stimmen gern hören, wenn die wirtschaftlichen Konsequenzen einer derartigen Entscheidung – nicht sofort, aber spätestens ab kommenden Winter – für nahezu jeden von uns schmerzlich zu spüren sein würden…!

Vielleicht gibt es aus diesem Dilemma einen Ausweg: Wenn wir entscheiden, ab sofort (das ließe sich ganz einfach machen!) für jeden m³ von aus Russland importiertem Gas, und für jede Tonne Erdöl und Kohle einen erheblichen Betrag an das ukrainische Volk abzuführen. Dies würde (und sollte!) uns finanziell richtig wehtun, würde uns aber hoffentlich von dem fürchterlichen (wenn auch nur schwer zu rechtfertigenden) Vorwurf befreien, wir Deutsche seien die (einzigen) Gewinner dieses entsetzlichen Konflikts. – Prof. Dr. Manfred Lange

 


 

 

Leserbriefe zu „»Dass meine Familie und ich gejagt werden, kommt mir vor wie ein schlechter Actionfilm«“. Gespräch mit Olena Selenska geführt von Cathrin Gilbert

 

Es sind finstere Zeiten und die Zeit fliegt. Des Öffteren schon hatten die aktuellen Ereignisse den wöchentlichen Erscheinungstag überholt. Was aber nun in diesem Artikel steht, ist schlicht wochenlang nicht aktualisiert. Frau Selenska bedankt sich ausdrücklich für Hilfe aus Frankreich und Polen. In Frage 9 antwortet Frau Selenska auf die Frage nach berliner/deutscher Hilfe noch gäbe es kein Angebot…….

Veto! Stichtag 31.3.2022 hat alleine die Uni Klinik Düsseldorf 104 erwachsene und kindliche Patienten aus der Ukraine in Therapie! Tendenz jeden Tag steigend. Das Drehkreuz ist auch die Uni Essen, die schon seit Wochen Kinder aufnimmt und in NRW verteilt. Überall werden Medikamente gesammelt und nach Geräten gesucht. Das kann ich sagen ohne zu recherchieren. Als Mitarbeiterin der Uni Düsseldorf habe ich keinen Zweifel, dass die täglichen hausinternen Informationen falsch sind und zumindest für die Kinder kann ich die Richtigkeit jeden Tag in der Kinderklinik überprüfen.

Also, stellen Sie Deutschland bitte nicht als träge und unfähig zur Hilfe dar. Wir arbeiten nicht erst seit Corona am Limit und machen jetzt genau so weiter; an der Lastungsgrenze. Auf meiner Kinderintensiv gefühlt auch darüber. Ich hoffe dass der Gegenwind aus NRW groß ist Ihnen möchte ich sagen: Hausaufgabe nicht ordentlich, bitte neu machen. Am liebsten auf einer ganzen Seite der Zeit. – P. Drack

 

Olena Selenska hat auf die Fragen der Zeit schriftlich geantwortet und die Übersetzung ins Deutsche vom ukrainischen Botschafter autorisieren lassen. Befremdlich an diesem Text ist, dass darin zwar Brigitte Macron und Agatha Duda für ihre Initiative ausdrücklich erwähnt werden, aber auf die Frage, was aus Berlin gekommen ist: „noch kein Angebot von Elke Büdenbender“. Nicht erwähnenswert die vielen krebskranken Kinder, die u.a. in deutschen Krankenhäusern behandelt werden, kein Wort über die 300.000 Flüchtlinge, die in Deutschland Aufnahme gefunden haben. Initiativen sind gut, aber am Ende zählen die Taten. – U. Six

 

Frau Selenska fordert zu Recht medizinisches Gerät für die Ukraine. Ein tolles Beispiel dafür ist die Aktion von Herrn Dr. Oleg Yastrebov, leitender Traumatologe am Agaplesion Krankenhaus Hamburg (rechts mit dem Oberarzt Dr. Jäger). Dr. Yastrebov hat über die Ärztekammer Hamburg eine genaue Liste mit Medizinprodukten veröffentlicht, da er direkten Kontakt zu zwei Krankenhäusern in Kiew hält, in denen er selbst gearbeitet hat. Ein Kinderkrankenhaus und eines, das nun Zentrum für Kriegschirurgie wird.

Sie sehen die beiden mit den Spenden unserer Facharztklinik Hamburg, die wir am Freitag übergeben haben. Unsere ukrainische Kollegin hat einen sehr herzlichen Brief dazu geschrieben, der nun gemeinsam mit vielen anderen Spenden auf die Reise nach Kiew geht. Dr. Jäger berichtete, dass dort die medizinischen Teams seit Kriegsbeginn im Krankenhaus leben, die Familien sind geflüchtet und es gibt nur noch Arbeit und Krieg für sie. Eine tolle Aktion wie wir finden! – Dr. med. Claudia Frank

 


 

 

Leserbriefe zu „Sie will den Russen Hoffnung geben. Und die Wahrheit“ von Alard von Kittlitz

 

Vielen Dank für Ihr Porträt dieser mutigen Frau. Sie schreiben auch, dass uns jetzt wieder klar geworden ist, dass es das Gute, die Wahrheit, das Böse und die Lüge tatsächlich gibt. Ich bin mir da nicht so sicher und schon gar nicht, ob es uns immer gelingt, unsere Beobachtungen richtig in diese Kategorien einzuordnen. Ich denke, dass der Krieg in der Ukraine zweifelsfrei ein aggressiver Angriff von Russland auf seinen Nachbarn ist. Die von Putin genannten Gründe sind vorgeschoben, oder gnadenlos aufgebauscht und durch Nichts zu entschuldigen.

Trotzdem hätten die meisten von uns vor 2 Monaten nicht Alles schwarz oder weiß gesehen. Der Einsatz des Regiment Asow im Donbass ist ein Beispiel. Das wurde auch unabhängig von Russland hier zurecht kritisch betrachtet. Natürlich rechtfertigt das nichts von dem, was derzeit in der Ukraine passiert. Aber überlassen wir doch die Absolutheit solcher Begriffe wie Gut und Böse, Lüge und Wahrheit besser den Trumps, Putins und Co. Zweifel, Grau und Differenzierheit passen meines Erachtens besser. Auch damit kann man die Solidarität mit den Menschen, die den Krieg erdulden müssen, ausdrücken. – Gunnar Millow

 

Ein Leseerlebnis, dieser Beitrag über eine mutige, freiheitsliebende Frau; aus ihrem Munde Sätze zu hören über ihr bisheriges Leben in Rußland, seine schönen und seine häßlichen Seiten; ihre Appelle an Freundinnen aus dem Putin-Lager, die auf taube Ohren stießen! Wie erbärmlich wirkt daneben der identitätspolitische- und Gender-Geifer, der immer doktrinärer durch unsere Medien kriecht, Denken und Sprache unserer Gesellschaft vergiftet, Demokratie und Freiheit zu verramschen droht!

Doschd, der wie ein schwacher Lichtstrahl die dumpfe Staatspropaganda durchdrang, ist nun ganz erloschen! Wie sehr wünschte ich, daß Frau Sindeewa eines Tages in einem befreiten Rußland, ohne Angst zu haben, Putin gegenübertritt und ihn mit all seinen Verbrechen konfrontiert, für die er danach von einem freien russischen Gericht verurteilt wird! Ein riesiger, breiter, demokratischer Streifen von Lissabon bis Wladiwostok – welch eine Vision! Welch ungeahnte Kräfte würde er freisetzen in demokratisch gesinnten Bürgern totalitärer Staaten! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Seit vielen Jahren bin ich Abonnentin der ZEIT. Erstmals begann ich an der Glaubwürdigkeit Ihres Journalismus zu zweifeln, als ich selbst von einem Ihrer Mitarbeiter zu einem medizinischen Thema (in der Rubrik „Entdecken“) interviewt wurde. Die Zitate wurden in einem Zusammenhang dargestellt, die die Wahrheit in keinster Weise abbildeten. Das hatte ich Ihrem Mitarbeiter damals auch rückgemeldet – was natürlich nichts mehr an dem gedruckten Artikel ändern konnte. Dennoch blieb ich Ihnen als Leserin treu.

In der aktuellen ZEIT vom gestrigen Donnerstag (31.03.2022) las ich dann einen Artikel zum russischen Sender Doschd TV und Natascha Sindeewa (ebenfalls in der Rubrik „Entdecken“). In diesem wurde dargestellt, dass der Sender aufgrund Bedrohung der Mitarbeiter seine Sendetätigkeit eingestellt hat, was mich zunächst sehr berührte. Umso erstaunter war ich dann heute Abend, dass der Sender weiterhin sendet.

Auch im Archiv der vergangenen Tage ist rege Sendetätigkeit zu verfolgen (man kann dies von Deutschland aus verfolgen, unterschätzen Sie daher besser Ihre Leser nicht). Die Musik ist im übrigen durchaus ansprechend – vielleicht sollten Sie sich dies einmal ansehen. Aber zurück zum Thema – warum verbreiten Sie derartige Desinformationen? Ich bin mehr als enttäuscht – hatte ich doch bei einer Zeitung wie der ZEIT anderes erwartet. Ich frage mich, ob derartige Fake News zu Zeiten Helmut Schmidts Bestand gehabt hätten.

Wie ist hierzu Ihre Haltung? Ich wäre Ihnen zunächst um Ihre persönliche Einschätzung und Rückmeldung dankbar. Sollte ich keinerlei Rückmeldung erhalten muss ich davon ausgehen, dass Ihnen die Anliegen Ihrer Leser nicht wichtig sind. Als Konsequenz ergäbe sich, auf die ZEIT zukünftig zu verzichten. Denn welchen Wert hat eine Zeitung, deren Informationen man nicht trauen kann. – Dr. Silke Wunderlich

 


 

 

Leserbriefe zu „WIE ES WIRKLICH IST … bei Fridays for Future wegen seiner Haare ausgeladen zu werden“ aufgezeichnet von Anna-Elisa Jakob

 

Ich war freudig überrascht, dass DIE ZEIT so schnell nach diesem Vorfall der „Ausgeladenen“ ein Sprachrohr geboten hat! Ich will nicht verhehlen, dass ich der ganzen „Fridays for Future“- Sache skeptisch gegenüberstehe (auch wenn mir die Grundidee einleuchtet) – aber diesmal haben die Organisatoren ja wohl wirklich ein Eigentor geschossen! Aber so kommt mir diese Gruppe seit einiger Zeit leider sowieso vor: Recht haben nur wir – und alle anderen haben sich gefälligst danach zu richten! Armes Klima! – Editha Rochow

 

Es freut mich sehr, Ihre Stellungnahme zu diesem aus meiner Sicht ungeheuerlichen Vorgang zu lesen. Ich war tatsächlich fassungslos ob dieser Gesinnungszuschreibung, war und ist doch gerade die Weltoffenheit aller Menschen ein Ziel, das aufzugeben die Menschheit in die Steinzeit zurückwirft. Jeder oder jede Farbige (liebe Zeit Leserbriefredaktion: bitte ersetzen sie gegebenenfalls dieses Wort in die derzeit politisch korrekte Bezeichnung-mir liegt es fern, jemanden in irgendeiner Weise zu beleidigen) kann Dirndl tragen, seine oder ihre Haare glätten und zu Zöpfen flechten, auch muss er oder sie sie sich nicht blond färben, kann er oder sie aber.

Zuschreibungen jeder Art sind eine Menschheitsplage. Ich dachte, die Hexenverbrennungen, der auch Männer zum Opfer vielen, seien vorbei. Bitte behalten Sie Ihre Haare wie sie sind und leben Sie Ihr Leben und Ihre Ziele. Ich wäre gern zur Demo von Fridays for Future gegen den Krieg in der Ukraine gegangen. Das kann ich jetzt nicht mehr. – Elke Kloppenburg

 


 

 

Leserbriefe zu „Ein Brückenleben“ von Moritz Aisslinger

 

Das Problem der maroden Infrastruktur hätte mehr Information verdient als das große, nichtssagende Foto am Anfang des Artikels und die vielen, erschreckenden Zahlen im Text. Eine Infografik mit einer Übersichtskarte der betroffenen Wirtschaftsregionen und der am stärksten gefährdeten Brücken im Land würde das Interesse der Leser und potentiell betroffenen Bürger ebenso wecken wie die Personalisierung der mit der Brückensperrung verbundenen Probleme. – Dr. Heinz Burger

 

Ein LKW verursacht soviel Verschleiß wie 60000 PKW! Wann werden diese Verschleißkosten endlich auf die LKWs umgelegt – und die Maut entsprechend angehoben? Wie lange sollen wir das noch mit unseren Steuergeldern subventionieren? Wann wacht diese Gesellschaft endlich auf? Wann stoppen wir den LKW-Wahn auf deutschen Autobahnen? Wenn die Butter aus Irland billiger ist, als aus meiner bayrischen Heimat, dann ist vor allem der Transport zu billig, weil die wahren Kosten nicht eingepreist werden.

Der Transport auf der Straße muß teurer werden und natürlich würden einige Produkte teurer werden; aber dafür würden sich die LKW-Fahrten reduzieren, andere Transportmittel kämen stärker zum Zug (im doppelten Wortsinne), und lokale Hersteller bekämen einen Wettbewerbsvorteil (kurze Wege!). Zähneknirschend Steuern zahlen, auf den Staat und seine „Verschwendung“ schimpfen, aber dafür klammheimlich die billige Butter aus Irland kaufen: wir sind auch hier wahre Verdrängungsweltmeister und werden einmal mehr blutig auf die Schnauze fallen, spätestens wenn alle Brücken wegen Einsturzgefahr gesperrt sind. – Wolfgang Heckl

 


 

 

Leserbriefe zu „Mein Mariupol“ von Natascha Wodin

 

Natascha Wodin gräbt verschüttete Erinnerungssplitter aus, die mit Mariupol verknüpft sind und sich mühsam zu einem gebrochenen Spiegel fügen, in den wir gemeinsam hineinschauen können: Natascha Wodin erkennt darin schemenhaft das leidvoll verstrickte Leben ihrer Familie. Wir Deutschen können das scharfe Bild unserer historischen Schuld als brutale Invasoren und Besatzer erkennen. Die Russen ihre aktuelle unermessliche Schuld, die jeden Tag weiter anwächst. Ein verstörendes Gruppenbild vor dem Hintergrund von in Friedenszeiten verdrängten Fragen, die durch die Gegenwart von Mord, Zerstörung, Deportation und Flucht sich wieder aufdrängen.

Wo das gebrochene Spiegelbild nicht mit den schönenden Selbstbildern zusammenfällt, entsteht Raum für existenzielle Fragen. Für Fragen nach dem Humanum, nach Identität, nach Heimat, nach Sinn, nach Schuld, nach Pflicht, nach Verantwortung, nach Wahrheit, nach Ehrlichkeit, nach Mut, nach Mitgefühl. Mariupol ist der Ort auf der Welt, wo gerade die Menschlichkeit in einem totalen Krieg untergeht. Es ist, was nicht sein darf. Unser Mariupol. – Reinhard Koine

 

„Mein Mariupol“ v. N. Wodin in die DIE ZEIT Nr. 14, dem die Autorin bereits mit ihrem Buch „Sie kam aus Mariupol“, Geburtsort ihrer Mutter, ein Denkmal gesetzt hatte, gibt es seit den Zerstörungen durch Putins Soldateska nicht mehr. Dabei war diese Stadt schon seit 1oo Jahren schlimmstem Horror ausgesetzt (Revolutionswirren ab 1917, Stalins Terror bis zum millionenfachen Hungertod, Nazi-Gräuel, Sowjetrepressionen) und nun diese Barbarei gegen eine Stadt mit ehemals 400.000 Einwohnern. Frustrierend, dass sich dies durch Worte und Taten in Grosny, Georgien, Syrien-Aleppo, Krim und Dombas ankündigte.

Der Westen, vor allem Deutschland, verschloss davor die Augen und betrieb weiter an wirtschaftlichen Interessen orientierte, devote Politik mit Putin. Selbst in Ansehung des verbrecherischen Angriffskrieges kann man in dem viel zu zögerlichen und unzureichenden Sanktionsgestottere noch Ansätze dieser Haltung erkennen. Die durch viele Ausnahmen gekennzeichneten Nadelstiche werden bei den Ressourcen Russlands nicht die erhoffte Wirkung erzielen, zumal die Leidensfähigkeit des russischenVolkes bekannt ist.

Dem gegenüber ist zweifelhaft, ob wir die „Resilienz, also die Fähigkeit liberaler demokratischer Gesellschaften haben, andere daran zu hindern, ihre Verwundbarkeit als Waffe gegen sie einzusetzen…………im Zeitalter der Resilienz zählt eher der Schmerz, den man ertragen kann, als derSchmerz, den man anderen zufügen kann“ (Ivan Krastev in Die Zeit NR. 10/2022).

Nach dem präventiven Geweinere unserer politischen Führung über die negativen Folgen eines sofortigen Energieembargos traut man uns eine solche Resilienz nicht zu, weshalb z. B. Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Sonntagsfahrverbote schon tabu sind. Und wenn Institute oder die Uni Leopoldina unter Mitwirkung der „Wirtschaftsweisen“ Prof. Dr. Grimm ein solches Embargo bei gewissen, aber durchaus ausgleichbaren Verlusten als machbar beschreiben, kanzelt der Bundeskanzler dies bei Anne Will empört als Unsinn ab. Der nicht auszuschließende Fall der sich nach Westen orientierenden Ukraine wäre ein Desaster mit Langzeitwirkung, das mit einem temporären Wohlstandsverlust bei uns in keinem Verhältnis stehen würde. – Bernd Benner

 


 

 

Leserbriefe zu „Was der Papst gegen den Krieg tun kann“ von Jörg Ernesti

 

O ja, der Kirchenhistoriker Jörg Ernesti hat Recht: „Franziskus versucht sich als Friedensdiplomat.“ Sogar in bewährter „Tradition“. Allerdings auch höchst ambivalenter, wie ein anderer Kirchenhistoriker im Folgeartikel nachweist. In der Selbstwahrnehmung der amtierenden Amtskirche heißt diese „Art der Einflussnahme“ – im Unterschied zur „hard power“ säkularer „Großmächte“ – „soft power“, die „auf Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit“ beruht mit ihrem (christlich-selbstlosen) „Einsatz für Menschenwürde und Frieden“. Zu dumm, dass genau dies zuletzt vor allem bei der Aufarbeitung der Mißbrauchsfälle in der Kirche fast vollständig verloren gegangen und sogar beim „Videochat“ mit dem „russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill“, einem Bruder im Glauben, „am 16. März“, also erst kürzlich, spektakulär gescheitert ist, weil ungenannte, höchst irdische Interessen im Wege standen und stehen.

Da offenbart sich das „Softig-Weiche“, Diplomatisch-Anpassungsfähige kirchlich-spiritueller „Power“ selbst als genau so weltlich wie die „hard power“ der Großmächte. Mehr noch: Gerade ihr „performativer Charakter“, bei dem es wie bei der verlogenen Propaganda der Gegenseite „um Bilder“ und „moralischen Druck“ geht, erweist sich als verhüllende Machtstrategie, die den Glauben an sie erhalten soll und erhält. Dies gilt für alle autoritären Machtstrukturen weltweit, wie jetzt wieder die perfiden saudi-arabischen Massenhinrichtungen von meist „Glaubensbrüdern“ im Schatten des Ukrainekrieges zeigen. – Eckhard Heumann

 

Eigentlich wäre es eine Selbstverständlichkeit, wenn Papst Franziskus auch den Skandal der russisch-orthodoxen Kirche anprangert, die fest an der Seite des russischen Präsidenten Putin steht, den man inzwischen als Kriegsverbrecher bezeichnen muss. Wie kann es sein, dass die russisch-orthodoxe Kirche mit ihrem Oberhaupt Patriarch Kyrill, angesichts des brutalen, überfallartigen Krieges gegen die Ukraine, ihre fatale Nähe zu Putin nicht sofort beendet hat ? Diplomatische Geschicklichkeit von Seite der katholischen Kirche ist hier weniger gefragt. Aber leider ist zu vermuten, dass Franziskus und seine Berater eher Angst davor haben, einen Kirchenstreit vom Zaun zu brechen. Es ist eine Reaktion ähnlich wie bei den Missbrauchsskandalen :

Wichtiger erscheint, was der Kirche nicht schaden darf als das, was an furchtbaren Verbrechen oder sexuellem Missbrauch auf der Welt geschieht. Ironie des kriegerischen Konfliktes ist die Existenz der beiden orthodoxen Kirchen in Russland und der Ukraine. Es ist wie in früheren Zeiten, kirchlichen Beistand genießen beide Kriegsparteien -nur eben von zwei, jeweils auf Distanz zu der anderen Seite gehende Kirchen. Der Gedanke der christlichen Sorge und Hinwendung an Opfer und Betroffene eines Krieges lässt sich aber nicht zweiteilen ! Da hat die russisch-orthodoxe Kirche mit ihrer Unterstützung für Aggressor Putin eklatant versagt.

Jetzt bekommt die katholische Kirche eine einmalige Chance, durch mutige und ungeschminkte Kritik, Putin und Patriarch Kyrill ihre Verbrechen und Mitschuld vorzuwerfen. Die katholische Kirche könnte Buße tun für das, was sie in einem anderen Zusammenhang verbrochen hat. Dem Papst gelänge es vielleicht, ein Stück an moralischer Autorität zurück zu gewinnen, wenn er vor aller Welt anprangert, was Russland unter Putin der Ukraine antut. – Klaus Reisdorf

 


 

 

Leserbrief zu „»Wir haben vergessen, was es heißt, mit hoher Inflation zu leben«“. Gespräch mit Carmen Reinhart geführt von Roman Pletter

 

Fünf bisherige Grundwahrheiten der Deutschen: –          Die Abkürzung „NMT“ bezeichnet nicht „New Monetary Trash“, sondern ist eine moderne monetäre Theorie erstklassiger Ökonomen. –        Von bisher 4 Präsident*innen der Europäischen Zentralbank EZB kommen drei aus Mittel- und Osteuropa, nur eine Person aus dem „Club Méditerranée“. Herr Macron hat sogar Frau von der Leyen aus reiner Sympathie zu Frau Merkel als EU-Kommissionspräsidentin inthronisiert.

–          Die praktizierte Energiewende gelingt einfach dank der Stromspeicherung im Netz. Ingenieure, welche das anzweifeln, sind ideologisch verblendet oder gar von „Konzernen“ bezahlt. – Die Gasversorgungssicherheit ist kein größeres Problem. Russlands Präsident Putin hat ja noch nie Verträge gebrochen. –            Die Erde ist eine Scheibe und keineswegs von kugelförmiger Gestalt. Herzlichen Dank an Frau Reinhart für ihre klaren Worte: Diese will (wie so oft) nur keiner hören! Wann fangen wir an, in der Realität zu denken und Politik zu machen? – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 


 

 

Leserbrief zu „Wird Ungarn jetzt die neue Schweiz?“ von Ulrich Ladurner

 

Als seit zwölf Jahren in Deutschland lebender ungar hat der Artikel „wird Ungarn jetzt die neue Schweiz?“ (31. März 2022 / N°14) eine Diskussion zwischen mir und ein Ex-arbeitskollege und Freund von mir, Markus generiert.

Während wir uns darüber per WhatsApp unterhalten hatten, fanden in Ungarn die Parlamentswahlen statt und trugen damit mit weiteren Themen zum Austausch bei. Ich habe versucht, ihm einen differenzierten Blick auf die Beweggründe der Ungarn zu geben, die Orbán gewählt haben und ja mitnichten nicht alle Schwachköpfe sein können.

Als ich den Tag nach Orbáns viertem Sieg in der Arbeit verbrachte, bin ich mit ähnlich orientierten Bemerkungen konfrontiert gewesen. Ja, überwiegend Bemerkungen und keine Fragen. Diese motivierten mich den längsten WhatsApp Nachricht meines Lebens zu erstellen. Markus war hiervon so begeistert, dass er mich ermutigt hat an die Zeit Redaktion zu wenden und das ganze Schreiben als Leserbrief die Leser/-innen zur Verfügung zu stellen.

Bitte erlauben Sie mir, meine Reaktionen auf die häufig geformten Anmerkungen Richtung Ungarn, dessen Politik und Ministerpräsident Viktor Orbán, in der Form einen imaginären Dialog zwischen Markus und mich zu präsentieren. Der Dialog ist nach Themen sortiert. Ich hoffe, dass ich viele erreiche, die sich mehr Töne für ihre Meinungsbildung wünschen. Vielen Dank im Voraus! – Dr.-Ing. Miklós Ivicsics

 


 

 

Leserbrief zu „Torten der Wahrheit“ von Katja Berlin

 

Der Wahrheitsgehalt der vierten Grafik wird derzeit eindrucksvoll belegt: Frauen dürfen aus der Ukraine ausreisen, Männer aber nicht. Die sollen das Land vereidigen. Das Bild von Männlichkeit, welches hinter dieser Regel steckt, schadet tatsächlich den Männern. Sie bleiben vor Ort, sie kämpfen, sie werden öfter verwundet, sie sterben häufiger. Wie würden Feministinnen die Ausreise regeln? Alle rauslassen bzw. Putin reinlassen? Ausreise und Vergabe von Panzerfäusten gleichermaßen quotieren? Wenn etwas zynisch ist, dann nicht meine Frage, sondern Ihre Grafik. – Christian Voll

 


 

 

Leserbrief zu „Die Wahrheit unter der Schädeldecke“ von Andreas Sentker

 

Am Ende Ihres Beitrags stellen Sie grundsaetzliche Fragen, auf die ich gerne antworten moechte. Ich habe mir die Quellen auf communication4als.com angesehen, die den Eindruck vermittlen, dass es sich im konkreten Fall wahrscheinlich weniger um ein gezieltes Faelschen von Daten als vielmehr um mangelnde Klarheit und Sauberkeit der Dokumentation handelt, vielleicht auch um mangelnde Distanz zu den eigenen Theorien. Sollte aber ein Wissenschaftler in der Tat seiner Intuition so sehr vertrauen, dass er statistische Analysen deshalb bewusst unsauber ausfuehrt, so ist das ein klarer Fall von Betrug. Wenn jemand von einer Theorie ueberzeugt ist, sie aber nicht ausreichend belegen kann, so ist der korrekte Weg dieses Problem zu benennen und danach zu versuchen die Maengel der bisherigen Nachweismethode zu beheben.

Daten zu vertuschen, um die eigene Theorie zu belegen, verletzt die Grundlagen der empirischen Wissenschaft und macht sie unmoeglich. Leider kenne ich nicht die Quelle des sehr treffenden Ausspruchs „A theorist must be bright, an observer must be right“. Wer so von einer Theorie ueberzeugt (oder in eine Theorie verliebt) ist, dass er nicht bereit ist moegliche Fehler einzugestehen, sollte die Wissenschaft verlassen. Ob dies bei Prof. Birbaumer der Fall ist, kann ich nicht beurteilen. – Sabine Moehler

 


 

 

Leserbrief zu „Schriftsteller ohne Tarnanzug“ von Ijoma Mangold

 

Auf S. 45 der Ausgabe vom 31.03.2022, DIE ZEIT Nr.14, steht der große, wahre und wichtigste Satz der Gegenwart: Wenn die Welt untergeht, weil wir der Ukraine helfen, dann soll das so sein. Diesen Satz sollten Sie als Titel für die Nr. 15 reservieren und helfen! Helfen bedeutet hier nicht, Helme zu schicken, helfen bedeutet, den Luftraum zu schließen!!! Wie kann die freie Welt diesem unmenschlichen Schlachten, diesem zynischen Morden zusehen mit dem stumpfen Argument: Wir wollen keine Kriegspartei sein. – Reinhard Dickel

 


 

 

Leserbrief zur Infografik „Des Teufels!“ von Matthias Schütte (Infografik) und André Zuschlag (Recherche)

 

Das Mysterium der Zahl 666 wird vermutlich bestehen bleiben, sie als Projektionsfläche für allerlei obskure Dinge zu benutzen, halte ich allerdings für leichtfertige Spinnerei. Es ist wohl so, dass in der „Offenbarung des Johannes“ mit 666 Kaiser Nero gemeint ist. Griechisch „Neron Kaisar“ ergibt auf Hebräisch „nrwn qsr“, die dazugehörigen Zahlenwerte addiert ergeben 666.

Eine andere Deutung, die einen Bezug zur Gegenwart aufweist, geht von den einzelnen Zahlen, also 6 und 6 und 6 aus. Der sechste Buchstabe des hebräischen Alphabets heißt „waw“, der Haken, der wiederum steht symbolisch für die Vergangenheit. Der einzelne Haken stellt das Prinzip dar. Die Verdoppelung, also 6 und 6 drückt positiv die Verbindung von Unterschiedlichem aus. Damit wird der Mensch zum verbindenden Wesen zwischen oben und unten, zum lebendigen Individuum zwischen Himmel und Erde.

Wird die dritte 6 als Symbol hinzugefügt, nimmt das dieser Verbindung das Dynamische. Die Verdreifachung des Prinzips Vergangenheit macht die zum starren Prinzip, blockiert damit das Ankommen in der Gegenwart und die erforderlichen Entwicklungspotenziale für gelingendes Leben. Darin liegt also ein Hinweis auf Aktuelles: Das unveränderliche Festhalten am Vergangenen ist nicht mit Tradition zu verwechseln, im Gegenteil, es wirkt sich kontraproduktiv aus. – Christoph Müller-Luckwald

 


 

 

Leserbriefe zu „Über die Sehnsucht nach Frieden und das Recht, sich zu wehren“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Von all den grotesken Behauptungen, die man in Martensteins Glossen schon lesen musste, ist diese wohl die abwegigste: „Man könnte also durchaus sagen, die Ukraine will Krieg.“ Woraus für ihn dann folgt, dass alle, die Sympathien für die Ukraine hegen, auch für Krieg seien müssten, woraus sich wiederum ergibt, dass der Ruf nach Frieden offensichtlich falsch ist. Zugleich beklagt er aus seinem bequemen Fernsehsessel (!) heraus, dass sein Land anscheinend zu wenig für einen Sieg der Ukraine tut. Zynischer und absurder gehts nimmer. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann

 

Martenstein reiht sich in den anschwellenden Chor derer ein, die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg „Heldentum“ herbeisehnen. Und die sich wünschen, Deutschland möge für die Regierung Selenskyi „hilfreicher“ sein als bisher – sich also über erhebliche Geldzahlungen, Waffenlieferungen und diplomatische Unterstützung hinaus für ein Land engagieren, das bis vor einem halben Jahr bei uns noch keineswegs als Hort lupenreiner Demokraten gegolten hat. Vermutlich denkt Martenstein an Flugverbotszonen, Einmarsch der Bundeswehr und ähnliche Dinge, die den 3. Weltkrieg zur Folge hätten.

Leute wie Martenstein träumen vermutlich mit Wehmut von vergangenen Zeiten, in denen die Deutschen auf die Frage „Wollt ihr den totalen Krieg?“ begeistert zurückbrüllten „JAA!“ Oder in denen eine ganze Generation junger Männer, von Heldenmut beseelt, in die Schützengräben von Verdun eilte, um dort zu verbluten. Martensteins Kriegslust klänge allerdings glaubwürdiger, wenn er gleichzeitig mitteilen würde, dass er seine Wohnung in Charlottenburg bereits aufgegeben, sich von seiner Familie verabschiedet und als Freiheitskämpfer an der Front im Donbas gemeldet hätte.

Auch wenn Martenstein glaubt, sich über die Friedensbewegung lustig machen zu müssen: Ich bekenne mich zu der Einsicht, „Krieg ist keine Lösung!“ Die Völker Osteuropas sind auch ohne Krieg von der Fremdherrschaft durch die Sowjetunion befreit worden – denn jede Diktatur kommt früher oder später an ihr Ende! Hätte sich in den 1960er Jahren der Heldenmut à la Martenstein gegenüber kühler Abwägung der Risiken durchgesetzt, wäre Europa heute eine atomare Wüste. Und von den wenigen Überlebenden hätte wohl Niemand Lust, die wichtigtuerischen Kolumnen des Herrn Martenstein zu lesen… – Dr. Walter-Eberhard Fischer

 

Welch ein schreiend beschämender Unterschied zwischen Sukhorukova und Biller, Feuilleton Nr. 13, S47! Die ZEIT-Redaktion möge Billers Wunsch ernst nehmen und den Platz nutzbringender verwenden! Mir fiele da spontan Karl Schlögel ein. Bsd. sein traurig empathischer Ruf nach Internationalen Brigaden. Das wär doch mal was für M.B., auch wenn die Stiefel von Hemingway oder Orwell etwas zu groß wären! Dank aber an Martenstein, der sich des Themas im ZEIT Magazin 31.3.22 großartig annimmt. – Fred Frome

 

Vielen Dank für Ihren fantastischen Text! – Gabriele Blechschmidt

 

Ich möchte H. M. helfen, die Welt zu verstehen. Die allermeisten Menschen und Bands am Brandenburger Tor und die Stadionbesucher hatten nicht im Sinn, den tapferen Ukrainern das Recht zur Verteidigung mit der Waffe in der Hand abzusprechen, sondern ihre Aktionen galten Wladimir Putin, der aufgefordert wurde den Krieg zu beenden und Frieden und Freiheit zu gewähren. Martenstein hätte sich seinen herzzerreißenden, mutig-kämpferischen Beitrag für eine andere Veranstaltung aufheben können. – Sven Herfurth

 

Die Glosse sollte Pflichtlektüre werden für alle jene, die immer noch glauben, Frieden-Schaffen-Ohne-Waffen sei die Methode, mit der man Diktatoren irgendwie beeindruckt, Ihnen gewissermaßen sogar erfolgreich gegenüber treten kann. – Michael Bingeser

 

verpasst man einem „Z“ nur eine vierteldrehung nach links, richtung herz (sic!), so wird daraus ein „N“. so macht man auf einfache weise aus einem „za“ ein „njet“. medial entsprechend bearbeitet (z.b. durch die einfache dreh-bewegung einer hand) würde man die russische kampagne am sprichwörtlichen dreh- und angelpunkt verhohnepiepeln bzw. kolportieren und der rest der welt dürfte (herzlich) über putin lachen. auch wenn´s einfach zu erkennen & umzusetzen ist, so bin ich doch zu beschränkt um´s zu realisieren. aber frech genug um darauf hinzuweisen . . . – norbert jackmuth

 

Natürlich haben Sie recht damit, dass jede Ukrainerin, jeder Ukrainer das Recht hat, sein Leben und seine Freiheit zu verteidigen – zur Not auch mit Gewalt, nur hat auch jede Ukrainerin und jeder Ukrainer das Recht, keine Heldin oder Held sein zu wollen und wir meine ich die Pflicht, auch darüber nachzudenken, wie Kriege auch im Vorfeld vermieden werden können!

Für den Präsident von mehr als 40 Milionen Ukrainern, sollte angesichts der brutalen Kriegsführung Russlands – um Leid von der eigenen Bevölkerung fern zuhalten – zumindest die Überlegung, nicht jedes Ziel erreichen zu müssen, der Abwägung zugänglich sein? Auch ein vollumfängliches Embargo bezgl. der Einfuhr von Gas, Öl und Kohle wäre eine Option. Das Pazifisten nicht a priori naiv sind, begründet Olivia Mitscherlich – Schönherr in ihrem Beitrag in der FR vom 18.03. m. E. überzeugend:

„……. Gerade wenn wir die Menschen in der Ukraine im Kampf um Frieden und Demokratie unterstützen wollen, hätten wir etwas von dieser herrschaftskritischen Friedensethik zu lernen. Wir täten gut daran, der Ideologie von den russischen Feinden und ukrainischen Freunden zu misstrauen – und die energie-, außen- und sicherheitspolitischen Kontexte ins Auge zu fassen, in denen der Bundestag die Waffenlieferungen beschlossen hat. Dazu gehören: die fortgesetzten Öl- und Gas-Geschäfte mit Russland; die vagen Versprechen an die Ukraine auf eine Nato- und EU-Mitgliedschaft, die niemand einlösen will.

In diesen weiteren Kontexten lassen sich die Waffenlieferungen nicht mehr ohne weiteres als Akt der Solidarität mit dem ukrainischen Freiheitskampf bejubeln. Sie stellen sich eher als Tributzahlungen dar, damit die Ukraine auch weiterhin das russische Öl und Gas durch ihr Territorium fließen lässt – und nicht die Leitungen zerstört, um Putin die Kriegsgelder abzuschneiden. Mit unseren Energiegeschäften mit Russland und unseren Waffenlieferungen an die Ukraine tragen wir dazu bei, dass der Krieg noch lange fortgesetzt werden kann. Einer Friedensethik stünde es besser zu Gesicht, in Reaktion auf den Krieg die Energiegeschäfte mit Russland kritisch zu hinterfragen – als die Waffenlieferungen an die Ukraine not-zu-taufen………………

…….Das friedensethische Plädoyer für ein Embargo auf russische Brennstoffe bietet eine energie- und sicherheitspolitische Alternative. Es käme darauf an, die wirtschaftliche Regression infolge eines Embargos als Anfang zu einer gerechten Post-Wachstums-Gesellschaft zu gestalten. Dabei kann auf eine Vielzahl von Strategien zurückgegriffen werden, die Post-Wachstums-Initiativen in den letzten Jahren erarbeitet haben, um eine absolute Reduktion von Konsum und Produktion zu bahnen, die sozial gerecht ist.

Vorgeschlagen wird u. a.: ein kostenloser ÖPNV, die Förderung von ökologischer Landwirtschaft und regionalen Kooperationen, eine allgemeine Bürgerversicherung, ein festes Grundeinkommen. Es liegen auch zahlreiche Ansätze zur Finanzierung dieser Vorhaben mittels einer Neuordnung des Steuersystems vor: durch Emissions-Bepreisung, Vermögenssteuer, stärkere Besteuerung der höheren Einkommen – im Rahmen einer europäisch abgestimmten Steuer- und Finanzpolitik, um den Niedrig-Steuer-Wettbewerb in der EU zu beenden.

Damit bleibt die Frage des Zeitpunkts: Ist es klug, mit dem wirtschaftlichem Schrumpfen jetzt als Antwort auf den Ukraine-Krieg mittels eines Einfuhrstopps auf russische Energieträger zu beginnen? Der Anschein, dass dieser Schritt überstürzt wäre, trügt. Es ist nicht nur das theoretische Wissen vorhanden, um in den kommenden Monaten der gesicherten Energieversorgung den Übergang in eine gerechte Postwachstumsgesellschaft zu bahnen. Die Zivilgesellschaft hat in den letzten Jahren auch neue Formen der politischen Partizipation entwickelt.

Mit ihrer Hilfe könnte die breite Öffentlichkeit einbezogen werden – da die tiefgreifenden Umstrukturierungen nur in einem gesamtgesellschaftlichen Kraftakt zu bewältigen wären. Und schließlich ist der aktuelle Zeitpunkt für den geforderten Neuanfang auch deswegen günstig, da in der breiten Bevölkerung sowohl das Wissen um künftige Klima-Katastrophen als auch die Bereitschaft groß sind, im Kampf gegen die russische Invasion gesellschaftlich und individuell Verzicht zu leisten.“ Ich lese die Zeit gerne. – Johannes Christoph Kress

 

Ich möchte Herrn Martenstein für seine Kolumne gratulieren. Er hat den scheinbaren Widerspruch zwischen „Sehnsucht nach Frieden“ und dem „Recht, sich zu wehren“, und sei es mit Waffen, treffend formuliert. Was ist ein Friede als Folge von (mehr oder weniger freiwilliger) Unterwerfung? Haben wir einen solchen Frieden in Form von würdeloser Kollaboration in Frankreich zwischen 1940 und 1944 nicht schon erlebt? Und: Lehren wir unsere Schüler nicht, sich gegen Unrecht zu empören und sich zur Wehr zu setzen (s. Stéphane Hessel, „Indignez-vous“)? Manchmal reichen Gebete und schöne Lieder eben nicht. – Gérard Carau

 

Westernhagen singt im Song „Freiheit“: „Der Mensch ist leider nicht naiv, der Mensch ist leider primitiv. Freiheit, Freiheit, wurde wieder abbestellt.“ John Lennon singt im Song „Give peace a chance“: „Jeder redet über irgendeinen theoretische“Etiketten-ismus und sonstige „-ismen“, und vergisst dabei, dass es immer nur um „Frieden“ und „Freiheit“ gehen sollte. Die Mensch lechzt nach Frieden und Freiheit, tut aber selbst wiederum herzlich wenig, um beides stabil aufrecht zu erhalten.

Geht das nicht schon beim Streit unter Nachbarn voll in die Binsen, und zieht sich oft ein Leben lang so hin, und keiner kennt noch den „Urgrund“ dieser Streiterei. Die Ukrainer wollen nur Frieden und Freiheit, aber die „Russen“ machen keinen Frieden und hauen vieles dort kurz und klein. Schwuppdiwupp, schon ist auch die Freiheit im Eimer. Die Ukrainer haben ein Anrecht auf ihren Frieden und ihre Freiheit, deshalb wehren sie sich aus Leibeskräften gegen diese russischen Aggressoren! – Klaus P. Jaworek

 

Habe nun nach ca. 40 Jahren mein Zeit-Abo gekündigt. Von einer Zeitung erwarte ich mehr als Regierungspropaganda. Sie sind inzwischen der Einzige, der sich noch traut den Mund aufzumachen. Deshalb ist Ihre Kolumne auch das einzige, dem ich wirklich nachtraure. Vielen Dank für all die Beiträge. – Frank Hrebabetzky

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „Wo kochen Leute in aller Welt? (…)“ von Ubin Eoh im ZEIT Magazin

 

Wie Sie wissen, bin ich großer Fan Ihres Zeit Magazins. Es ist herrlich, an Ihren Gedanken und Ideen teilhaben zu können. Wahrscheinlich ist es für Sie genauso frustrierend wie für mich, wenn schon wieder ein Design-Heft herausgegeben wird. Wohin mit Ihren Ideen und Ihren tollen Texten? Meine Bitte: versuchen Sie, das zukünftig zu verhindern. Keine oberflächlichen Designtipps mehr, keine sinnfreien Bilderstrecken, keine Realitätsflucht in den Konsum. Oder dass Sie intern zumindest eine Diskussion anzustoßen, ob in diesen Zeiten ein solches Heft angemessen ist. Nun also ein Design-Heft über Küchen. Mal sehen, was das Jahr noch so bringt. – Thomas Berkmann

 

Musste heute Morgen, als ich mir die aktuelle Zeit zum Frühstück reingeholt und das Magazin herausgenommen habe, beim Titel (und gleichzeitigen Blick auf unsere Küche) sehr schmunzeln. Viele Besucher wundern und freuen sich über die Farbe unserer Küche: Rosa. – Christoph Manderscheid

 

Warum ist meine Küche rosa? Weil sie mir so gefällt! – Dr. Eva Schielke

 

Was dazu noch fehlt, ist ein Mülleimer ( nicht die blaue Papiertonne!) (für obiges Magazin) – Roa Hachmann

 

Sie sollten Herrn Mel Ottenberg und seinem Gaggenau Herd in Downtown Manhattan helfen. Offensichtlich hat er kein für den Induktionsherd geeignetes Kochgeschirr. Nur so ist die lange Anlaufzeit für das Nudelwasser erklärbar. Mit Geschirr, das einen magnetisierbaren Boden hat reduzieren sich die 45 Minuten auf den zehnten Teil. Verdammte Technik! – H.U.Jaissle

 


 

 

Leserbrief zu „Reine Kopfsache“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Im aktuellen Zeitmagazin fand ich Ihren Artikel samt Foto über Kopfschmuck und fühlte mich gleich erinnert an das goldene Gehänge aus dem Schatz des Priamos, den Heinrich Schliemann aus den Ruinen von Troja geborgen hat. Zu seinen Lebzeiten hat er es seiner griechischen Frau Sofia übergestülpt, heute ziert es einen Puppenkopf im Moskauer Puschkin-Museum.

Das Zeitmagazin ist am Donnerstag meine Lektüre zum Frühstück. Im aktuellen Heft habe ich noch Martenstein gelesen, Christine Mefferts Aufsatz über Krähen und natürlich wie immer Prüfers Töchter. Dann möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, Ihnen mein Büchlein Troja – Mythos und Wirklichkeit vorzustellen, das gerade erschienen ist.

Die Mythen um Troja lieferten bedeutenden Malern von der Antike bis in die Neuzeit Motive für wundervolle Gemälde: Das Urteil des Paris und der Raub der Helena, der Kampf um Troja, der Zorn des Achill, der Triumpf des Achill über den Königssohn Hektor, das trojanische Pferd und der Untergang Trojas, nicht zuletzt der Überlieferer all dieser Sagen: Homer, der Dichter der Ilias. Anhand ausgewählter Werke habe ich im ersten Teil des Buchs die Geschichten um Troja erzählt.

Ich stelle mir vor, dass Schliemann, nachdem er sich in die Mythen von Troja vertieft hatte, von einer ähnlichen Begeisterung ergriffen war wie diese Maler und wie der Betrachter ihrer Bilder. Was bei Homer schon alles beschrieben ist, unsere Urwünsche, unsere Urängste, unsere Urhoffnungen, findet man auch in diesen Bildern. – Wolfgang Hachtel

 


 

 

Leserbrief zum Wochenmarkt „KEKSE FÜR ERWACHSENE“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

 

Im Zeit – Magazin vom 31. März 2022 stand das Rezept für o.g. Kekse. Das hat mich so angesprochen, dass ich es gleich ausprobiert habe. Der Geschmack ist auch sehr gut geworden, aber in der Ausführung hatten sich doch erhebliche Schwierigkeiten ergeben: Der Teig ist ja eher etwas fest. Dann soll man aber die Schokotropfen „unterheben“, was bei dem festen Teig nicht möglich war. Andererseits war er zu feucht und klebrig, um ihn als Kugel oder Rolle in Frischhaltefolie zu wickeln. Ich habe noch großzügig Mehl hinzugegeben, womit es dann einigermaßen gelang. Dann habe ich etwa 2 Teelöffel voll davon aufs Backblech gesetzt.

Beim Backen sind dann riesig große flache Fladen entstanden, die nur wenig Ähnlichkeit mit den hübschen Keksen auf ihrem Bild haben. Was habe ich falsch gemacht ??? Da die Kekse wirklich gut schmecken, wäre ich für Ihre Tipps ausgesprochen dankbar. – Dr. Maria Lang