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10. Juni 2021 – Ausgabe 24

Leserbriefe zu „Kinderlose, zur Kasse bitte!“. Streit von Verena Brunschweiger und Tillmann Prüfer

 

Es scheint ein großes Missverständnis zu bestehen: Kinderlose sind nicht nur Alleinstehende oder Ehepaare, die aus welchen Gründen auch immer auf Kinder verzichtet haben oder keine Kinder bekommen konnten, sondern auch diejenigen, die sich viele Jahre der Kindererziehung – wir hatten zwei eigene und ein Pflegekind – gewidmet haben. Insofern finde ich den gewählten Begriff „Kinderlose“ auch falsch und für die Eltern, die nun erwachsene Kinder haben, entwürdigend. Nichtsdestotrotz halte ich die moderate Steigerung des Pflegeversicherungsbeitrages um 0,1 % für erträglich. – Jürgen Rohdenburg

 

Grundsätzlich gefällt mir Ihre Rubrik mit der Gegenüberstellung von „Nein“ und „Ja“ zu einem bestimmten Thema sehr gut. Allerdings ist es schade, wenn eine der beiden Ansichten so schlecht begründet und vorgetragen wird, wie in diesem Fall. Aber Frau Brunschweiger ist ja schon mit dem Inhalt Ihrer Bücher und verschiedener Interviews nicht gerade durch Intelligenz und Faktenwissen aufgefallen. Nur zwei Beispiele aus der „Argumentation“ der Frau Brunschweiger: 1.) Geburtenförderung Zitat: „….man will kinderreiche Familien und damit Bevölkerungswachstum“. Frau Brunschweiger ist offenbar entgangen, dass die Geburtenrate in Deutschland in den letzten 20-30 Jahren zu einem Rückgang der Bevölkerung geführt hat – bzw. führen würde, wenn es keinen Zuzug von außen gäbe.

Erstes Ziel einer wie auch immer gearteten „Bevölkerungs- oder Geburtenpolitik“ kann also erstmal nur sein, den Bevölkerungsrückgang zu stoppen. Ich habe auch in den letzten Jahrzehnten in Deutschland keinen ernstzunehmenden Politiker vernommen, der ein Bevölkerungswachstum (durch Geburten) als Ziel benannt hat. Das ist somit reine Phantasie von Frau Brunschweiger. 2.) Pflege durch Anghörige Aus einer (!) persönlichen „Umfrage“ in einem Pflegeheim „…. wer hier kinderfrei sei….“ schließt Frau Brunschweiger, dass „Die Entlastung der Pflegekassen durch Kinder bei weitem nicht so hoch sei, wie manche annehmen“. Ich weiß ja nicht, woher Frau Brunschweiger zu wissen glaubt, was „manche annehmen“.

Darauf kommt es aber überhaupt nicht an. Laut statistischem Bundesamt werden zur Zeit in Deutschland rund drei Viertel aller Pflegebedürftigen zuhause von Angehörigen gepflegt. Selbst Frau Brunschweiger, die ja offensichtlich mit Zahlen und Fakten eher „auf Kriegsfuß“ steht, sollte sich wenigstens annähernd ausmalen können, wieviel mehr wir alle in die Pflegekasse einzahlen müssten, wenn diese drei Viertel auch noch in Pflegeheimen untergebracht werden müssten. Wie eingangs erwähnt, finde ich die Gegenüberstellung von zwei Meinungen grundsätzlich sehr gut. Wenn die ZEIT aber nur jemanden findet, der eine Seite so schlecht vertreten kann, dann sollte man besser einmal darauf verzichten. – Herbert Rein

 

Der Ja-Sager Tillmann Prüfer äußert Verständnis für Kinderlosen und gesteht selbst ein, dass auch er sich egoistisch verhalten, denn seine vier Kinder haben ihm und seiner Frau viel Lebensfreude geschenkt. Und die geht den ungewollt kinderlosen Paaren verloren. Er hat sich also nicht aus gesellschaftlicher Verantwortung und Solidarität für Kinder entschieden. Hinzu kommt, dass Prüfer, dessen Gehalt als Mitglied der Chefredaktion sicher nicht unter dem Bundesdurchschnitt liegen dürfte, diese Solidarität mit seiner und anderen kinderreichen Familien von denjenigen fordert, die gewollt oder nicht keinen Nachwuchs in eine Welt gesetzt haben, die unter der Last von immer mehr Menschen und den durch diese verursachten Treibhausgasen allmählich verdorrt. Aber einen Aperol-Spritz werden diese Leute doch wohl verschmerzen können zugunsten eines höheren Beitrags zur Pflegeversicherung. Welch eine Häme!

Die Kinderlosen zahlen ohnehin mehr Steuern und höhere Zahlungen in die Pflegeversicherung als die mit Kindern gesegneten, die durch Grundfreibeträge, Vorsorgeaufwendungen etc. ihre Steuerlast deutlich senken können. Sie leisten damit auch einen finanziellen (solidarischen) Beitrag zum staat- und stattlichen Kindergeld der Familie Prüfer, das monatlich immerhin mehr als 900 Euro beträgt. Aber abgesehen von der ungerechten finanziellen Mehrbelastung der Kinderlosen ist diese einseitige Beitragserhöhung eine Diskriminierung. Und das in einem politischen und gesellschaftlichen Klima, in dem schon die Ahnung einer Herabwürdigung (z.B. nur m/w in Stellenangeboten statt m/w/d) zu plusternder Empörung führt in sozialen Medien und unsozialen.

Vielleicht sollten diejenigen, die jetzt zur Mehrbelastung der Kinderlosen Beifall klatschen, sich über den Zusammenhang von Umwelt- und Klimaschutz und globaler Geburtenrate mehr Gedanken machen als stolz auf ihren Beitrag hinzuweisen, den sie mit ihren vielen Kindern und künftigen Beitragszahlern für eine stabile Pflegeversicherung leisten. Wer echten und nicht nur, wir jetzt üblich, anthropozentrischen Umwelt- und Naturschutz will, sollte eher für weniger Nachwuchs plädieren. – Dr. Uwe Cardaun

 

Hinsichtlich der tickenden demographischen Zeitbombe als auch anderen unfassbar großen Herausforderungen der Gegenwart (Klimakrise, geopolitische Spannungen, Corona etc), wirkt die Debatte um die „Fairness“ Beitragserhöhung für Kinderlose in der Pflegeversicherung geradezu grotesk und fast schon künstlich herbeigeführt. Für mich ist es völlig unverständlich, dass die Beiträge für Kinderlose nur um 0,1% steigen sollen. Dies scheint kurz vor der Wahl reine nicht mehr als reine Symbolpolitik der aktuellen Regierungspartei zu sein.

Ohnehin werden in Deutschland Immobilien, Vermögen, Erbschaften, Steuervermeidung, Versicherungen (Riester), Apotheken (Masken), und nicht zuletzt (kinderlose) Ehen viel stärker als die Familien oder die (zu wenigen) Kinder selbst „gefördert“. Ob sich daran nach der Wahl etwas ändert bleibt leider nachwievor sehr unwahrscheinlich – nicht zuletzt aufgrund der Demographie der Wähler_innen. . . – Björn Schubert

 

Tillmann Prüfer argumentiert mir aus dem Herzen, wenn er behauptet, es sei völlig unangebracht, Menschen politisch zu betrafen, weil sie keine Kinder haben. Und er hat eben so Recht zu behaupten, das alles ginge die Gesellschaft nichts an – und schon garnicht hätte sie es zu sanktionieren. Seine Argumente hingegen, Kinderlose dennoch zu belasten sind nicht tragfähig.

Mitnichten geht es um einen Aperol Spritz mehr oder weniger. Es geht ums Prinzip. Darf der Staat Menschen und individuelle Schicksale hinsichtlich ihres sozialen Nutzens bewerten und für gut bzw. weniger gut erachten? Wollen wir soziale Kosten/Nutzen-Salden als Grundlagen staatlicher Entscheidungen einführen. Wir sind auf dem besten Weg dahin. Darauf einen Aperol Spritz. – Thomas Baßler

 

Was beide Diskutanten (Verena Brunschweiger und Tillmann Prüfer) nicht berücksichtigen: Ich habe drei Töchter, und zwar zu einer Zeit, als man fürs Kinderkriegen noch selbst verantwortlich war und nicht an den Staat dachte. Ich weiß noch, wie ich mich gefreut habe, als beim dritten Kind ein Kindergeld eingeführt (ich glaube, 30 Mark, für die ersten beiden gab es nichts). Jetzt gelte ich im Alter als kinderlos und muss bestraft werden. Als Kleinrentner tut mir das Fehlen eines Aperol Spritz im Monat (Originalton Prüfer) durchaus weh. – Udo Lindauer

 

Den Shitstorm zur Position von Verena Brunschweiger, die sich gegen eine Erhöhung des Kinderlosenbeitrags zur Pflegeversicherung ausspricht, sehe ich leider schon voraus. Wenn sich irgendwo im Land mal wieder jemand larmoyant ereifert, Deutschland sei „so ein kinderfeindliches Land“, sei ihm empfohlen, die Kommentarspalten zu diesem Thema (und vermutlich die meisten Lesermeinungen auch auf dieser Seite) zu lesen. Den „Kinderfeinde!“-Rufern geht es erstens einfach nur um ein Abstandsgebot zu Kinderlosen, und zweitens kann ihnen keine Beitragserhöhung als Strafe für ihre Kinderlosigkeit hoch genug sein. – Tilman Lucke

 

Beim Statement von Tillmann Prüfer wurde mir warm ums Herz, bei dem Text von Verena Brunschweiger wurde mir innerlich kalt. Ich wähle Grün (vor allem wegen Klimaschutz), ich bin irgendwie immer noch und immer wieder Feministin. Sollten wir uns nicht lieber anstrengen, die Welt zu erhalten, damit unsere Kinder (ich habe eines, wie glücklich ich darüber bin!!!) und Enkel auch noch gut leben können, anstatt das Leben „auslaufen zu lassen“. Solidarität mit den Pflegebedürftigen und den Menschen, die sie versorgen ist doch eigentlich obstverständlich. . Da sind wir alle im selben Boot, ob mit oder ohne Kinder. Aber natürlich kostet das ein paar Cent….. – Franziska Schmid

 

Über den Artikel „NEIN – Der Staat zementiert ein veraltetes Frauenbild“ von Frau V. Brunschweiger habe ich mich sehr gefreut, da ich voll und ganz ihrer Meinung bin. Bei den aktuellen Bevölkerungs- und Klima-Problemen ist jeder neue Mensch auf der Erde zuviel. Die Wissenschaft hat klar und deutlich ausgesagt, dass wir schon jetzt 3 Erden benötigten. Überall Armut, Krankheit und Not. Die Wohnverhältnisse sind in den sog. „Entwicklungs-Ländern“ katastrophal.

Gerade die Menschen, die sich für Kinderlosigkeit entschieden haben und damit verantwortungsvoller handeln, müssten gelobt werden, anstatt sie zu bestrafen! Wann lernen die Menschen endlich rationales Denken, statt in Gefühlsduselei zu verfallen. Natürlich sind Babies süß, aber sie werden Erwachsene und dann ziemlich unberechenbar. Müssen alles haben was gerade in Mode ist und produzieren unentwegt Müll ! Die Welt ist voll davon, ohne dass eine nachhaltige Lösung gefunden wird. Wie soll da noch gesundes Leben möglich sein? – Erika Zabel

 

Liebe sehr geehrte Frau Brunschweiger, bitte, gehen Sie in sich, notfalls mit Hilfe einer Psychotherapeutin. Sie mögen angeblich Kinder, wie Sie schreiben, nur eben keine eigenen!? Nicht „…als Frau, die sich bewusst gegen Elternschaft entschieden hat, weil sie es richtig findet, keine Kinder zu bekommen. Kinder ja, aber ohne mich – Ihre Totalverweigerung klingt für Eltern wie meine Frau und mich mit sechs Kindern und zehn Enkelkinder inkonsistent bis asozial.

In Ihrer Begründung gehen Sie bis hin zur „moralischen Pflicht, sich nicht fortzupflanzen“, so dass ich mir die Frage nach dem Verständnis Ihres Bildungs- und Erziehungsauftrages und dem diesem zugrunde liegenden Generationenvertrag stelle. Von Ihrer Ablehnung eines adäquaten Pflegebeitrages ganz zu schweigen. Ich täte unsere Kinder und Enkelkinder nicht gern einer Lehrerin anvertrauen mit einer derartig kruden Berufs-, Lebens- und Sozialphilosophie. – Dr. agr. Gernot Henseler

 

Ich teile die Ansicht von Frau Brunschweiger insoweit, als dass die weltweite Überbevölkerung das Primärproblem der Menschheit ist und Gebährzurückhaltung insofern ökologisch geboten sein mag. Dies gilt aber nicht in Europa, wo eine unkontrollierte Überalterung zu massiven gesellschaftlichen Verwerfungen führt. Außerdem sollte ehrlicherweise erwähnt werden, dass Begriffe wie Selbstverwirklichung oder „radikaler Feminismus“ oftmals auch als euphemistische Verbrämung für egozentrische Verhaltensweisen dienen. Kinder kosten nämlich Zeit, Kraft und Geld. Egoismen und Elternschaft sind schwer vereinbar. Kinderlosigkeit ist völlig legitim, aber keine bewundernswerte Leistung. – Dr. Christopher Woitkewitsch

 

Als ungewollt Kinderloser möchte ich mich nicht an einer Debatte über solidarische Belastungen beteiligen. Die anstehende Erhöhung des Beitrages der Pflegeversicherung merke ich nicht einmal. Hinweisen will ich aber auf die Bemerkung Prüfers, daß Menschen ohne Kinder Vorteile genießen weil man vom eigenen Geld nur sich selbst ernähren (muss). Nur um zwei Beispiele zu nennen, wer zahlt denn z.B. in der ges. Krankenversicherung die beitragsfreien Kinder mit. Wie ist es mit den Kosten für eine schulische und/oder universitäre Ausbildung? So einfach sollte es sich ein Mitglied der Chefredaktion des ZEITmagazins nicht machen. – Klaus Grasenick

 

Abgesehen vom Argument der Solidarität: die – gewollt oder ungewollt- Kinderlosen sind ihr gesamtes steuerpflichtiges Leben schon solidarisch, denn sie finanzieren nicht nur Kitas, Schulen, Bafög, Familienversicherungen sondern auch Elterngeld, Kindergeld und einiges mehr, ohne jemals davon selbst zu „profitieren „. Wenn das nicht solidarisch ist, zumal sie dafür nie Anerkennung erhalten, sondern auch noch als egoistisch bezeichnet werden. Welches Leid oftmals mit ungewollter Kinderlosigkeit verbunden ist, lasse ich mal ganz außer acht! – D. Lundmark

 

Als ebenfalls kinderlose Feministin distanziere ich mich strikt von diesem unsäglichen Beitrag der Autorin. Die Argumentation ist derartig schlecht, dass ich mich maximal fremdschäme. Hier geht es nur um Egoismus, nicht um Feminismus. Schließlich zahlen auch Männer, die keine Kinder haben, diese Zusatzprämie. Sie ist gerecht, weil kinderlose Personen bei Pflegebedürftigkeit im Gegensatz zu Familien auf jeden Fall von fremden Personen versorgt werden müssen. Und diese haben einen Anspruch darauf, einigermaßen gut bezahlt zu werden. – Irmgard Hofmann

 

Man stelle sich vor: Ein Ehepaar hat ein mehrjäriges Martyrium hinter sich. Heute haben sie den endgültigen Befund bekommen, dass sie keine eigenen Kinder bekommen können. Alle Tests, Untersuchungen und medizinischen Eingriffe waren umsonst. Die gesamte Lebensplanung steht Kopf. Aus der Traum von der eigenen Familie. Am gleichen Tag erfahren sie aus den Medien, dass sie in Zukunft zu dem ohnehin schon erhöhten Beitrag für Kinderlose zur Pflegeversicherung einen weitere Strafzahlung leisten dürfen. Kann das gerecht sein und kann das Recht werden?

Nein! Dieser Beschluß wird hoffentlich vom Bundesverfassungsgericht einkassiert. Zudem hoffe ich, dass wir uns in, wie der Pro- Kommentator es nannte, Diskriminierungsdebatten verheddern. Zu argumentieren, die Erhöhung um 0,1 Prozent entspräche den Kosten für einen Aperol Spritz und der Genuß der Vorteile, sich in Ruhe um die eigene, kompromisslose Lebensplanung und berufliche Entwicklung kümmern zu können, ist für ungewollt Kinderlose ein Schlag ins Gesicht. – Andreas Löbbers

 

„Dem Staat („Führer“ ?) ein Kind (zu) schenken“…, wie Verena Braunschweiger polemisiert, war sicher nicht das Motiv für unseren Kinderwunsch. Eher schon die Überzeugung, daß für ein erfülltes Leben Kinder dazugehören. Die Autorin stört sich an Überlegungen, Kinderlose bei Alters-Sozialleistungen stärker zur Kasse zu bitten. Ich dagegen sehe nicht ein, daß meine Kinder die Rente von Frau Braunschweiger und all denjenigen finanzieren sollen, die bewußt auf Kinder verzichtet- und damit den sog. Generationenvertrag einseitig gebrochen haben. – Ernst-Peter Hoffmann

 

Zu „Ja“: Die Argumente mögen richtig sein und 0,1% vom Gehalt wird wohl vielen nicht wehtun. Wenn sich das so begründen und auch durchsetzen läßt, frage ich mich warum es keine Vermögenssteuer gibt. Die gleichen Argumente kann man nämlich 1 zu 1 auf Vermögende übertragen und eine Vermögenssteuer von 2-3% tut bestimmt niemandem weh. Es scheint eher so, daß Menschen mit Kindern und z.B. Vermögende bessere Lobbies in diesem Land haben als Kinderlose. Über deren Kopf hinweg kann man dann einfach mal so eine Erhöhung durchsetzen ohne die üblichen Aufschreie von Lobbygruppen. – Wolfgang Michel

 

Frau Brunschweiger, die sich gegen den Zusatzbeitrag der Kinderlosen ausspricht, schreibt, Deutschland bestrafe Frauen finanziell, wenn sie keine Kinder in die Welt setzten. Diese Aussage ist gleich in zweifacher Hinsicht falsch. Wer sich im erwerbsfähigen Alter der Kindererziehung widmet und dafür weniger Erwerbseinkommen erzielt, wird im heutigen System durch eine geringere Rente im Alter bestraft. Diese Ungerechtigkeit, die auch in Herrn Prüfers Plädoyer für den Zusatzbeitrag nicht zur Sprache kommt, ist aus meiner Sicht das Hauptproblem, das es zu beheben gilt. Er schreibt zwar völlig richtig, dass es nicht um Strafe, sondern um Solidarität geht.

Allerdings ist wohl nicht zu erwarten, dass die heute Kinderlosen etwas von ihrer Altersrente an diejenigen abgeben werden, die Kinder erzogen haben und deshalb im Alter finanziell am Existenzminimum leben, ganz besonders im Pflegefall. Ob eine Kinderlosigkeit bzw. die Tatsache Kinder zu haben, gewollt ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Und zweitens: diese ungerechte Strafe trifft nicht nur Frauen, sondern jeden Menschen, der sich in jungen Jahren „hauptberuflich“ der Kindererziehung widmet. – Prof. Dr. Jürgen Scheible

 

Herr Prüfer hält eine Erhöhung der Mehrbelastung Kinderloser um 0,1 % für angemessen, viele würden dies kaum bemerken. Na wieviel darf’s denn dann maximal sein, bitteschön? Tatsache ist eine bereits bestehende Mehrbelastung von 0,25 % gegenüber Mitbürgern mit Kindern, unabhängig von der Anzahl der Kinder. Es geht nicht um 0,1 %, es geht um das Prinzip. Es ist zu bezweifeln, dass alle Eltern von all deren Kindern im Alter gepflegt werden. Wäre dem so, könnte man über eine Mehrbelastung Kinderloser als Ausgleich zur Entlastung der Pflegeversicherung diskutieren. Solange es hier keine Datenlage gibt, ist eine pauschale Mehrbelastung Kinderloser für diesen Aspekt nicht zu rechtfertigen. – Christian Schmid

 

Eine neuerliche Polarisierung? Bevor wieder pauschaliert ein Polarisierungsthema aufgemacht wird, mit den Guten (Eltern) und Bösen (Kinderlose), und dabei die immer wieder zitierte „staatsbürgerliche Pflicht“ und die „Sicherung der Zukunft des Planeten“ herangezogen werden, sollte das Thema zunächst sowohl in Bezug auf die gewollte und mögliche Zukunft des Planeten und die dafür erforderlichen Maßnahmen diskutiert werden. Ansatzweise spricht Frau Brunschweiger das dankenswerter Weise an.

Aber auch die Kostenteilung sollte umfassender betrachtet und nicht darauf reduziert werden, dass es sich ja um lediglich 0,1 Prozentpunkte monatlich handelt, wie dann resümierend Herr Prüfer tut. Zu der Kostenteilung gehören ja wohl auch alle Kosten für Gesundheit, Erziehung und Bildung, Infrastruktur, Sozialdienste und die nicht quantifizierten Kosten für Flächen-, Natur- und Rohstoffverbrauch, Klimawandel und Umweltschutz etc., die alle von den Kinderlosen für die Kinder mit finanziert werden. Müsste dann nicht eine Gesamtbilanz gezogen werden?

In meiner bisherigen Lebenszeit ist die Bevölkerung in Deutschland (in den Grenzen von nach 1990) um 18% gewachsen und weltweit um 200%, ohne dass dadurch die „Sicherung der Zukunft des Planeten“ oder die finanzielle Absicherung der Renten ansatzweise gelöst worden wäre. Dafür benötigen wir ganz andere Zukunftskonzepte ohne die Mitwirkenden gegeneinander auszuspielen.

Das Thema Umverteilung sollte doch wohl eher die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bevölkerung und deren Heranziehung zur Finanzierung der Allgemeinkosten insgesamt berücksichtigen als nur die eindimensionale Frage, ob sich jemand für oder gegen Kinder entscheidet oder gar ungewollt kinderlos bleibt. Also greift meines Erachtens die pauschale Heranziehung der kinderlosen Bevölkerung zur Kostentragung zu kurz und eine individuelle Entscheidung gegen Kinder verdient Respekt und zeigt Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft dieses Planeten. Danke für den Beitrag. – Henri Süthoff

 

Frau Brunschweiger fühlt sich einmal mehr diskriminiert. Das ist beklagenswert. Dabei müsste sie doch glücklicher sein – laut den von ihr zitierten Studien. Beklagenswert ist allerdings auch ihre kurzsichtige Abhandlung zum Thema Pflege. Ich bin regelmäßig in einem Seniorenheim zu Besuch. Dort begegnen mir Menschen, die froh sind über die professionelle Hilfe und Pflege, die ihnen ihr ganzes soziales Netz nicht mehr bieten konnte. Das soziale Netz altert nämlich mit! Und es hat beileibe nicht die fachliche Qualifikation des Pflegepersonals. Die Menschen, die dort wohnen, fühlen sich wieder sicher in ihrer Haut – und keinesfalls in ein Heim „gesteckt“. Ich treffe dort aber auch regelmäßig Pflegerinnen und Pfleger, die mit viel Engagement den ihnen anvertrauten Bewohnern ein Höchstmaß an menschlicher Wärme und medizinischer Fürsorge zukommen lassen.

Und jetzt raten Sie mal, aus welcher Altersgruppe das Pflegepersonal kommt. Logisch, sie sind die Kinder- und Enkelgeneration ihrer Bewohner. Da ist es doch von Vorteil, dass nicht alle in dieser Gesellschaft auf David Benatar gehört und sich trotzdem fortgepflanzt haben. Eltern sorgen nämlich nicht nur für Beitragszahler, sondern potentiell auch für das Personal, das die Arbeit der Pflege macht – und zwar unterschiedslos an denen mit Elternstatus wie auch an den Kinderlosen. Das nennt man dann gesellschaftliche Solidarität! Sollte das nicht die 0,1% Steigerung wert sein? – Michael Kittler

 

Herr Prüfer argumentiert, Frau Brunschweider teilt Schläge aus. Zusammengefasst bedeutet für sie Kinderkriegen eine egoistische Entscheidung, einen Beitrag zur Überbevölkerung (in Deutschland?), die Bedienung einer pronatalistischen Bevölkerungspolitik und die Festschreibung von Frauen in die Rolle der Mutterschaft. Zudem werden Frauen ohne Kinder vom Staat „bestraft“. Letzteres gilt dann doch wohl auch für kinderlose Männer. Selten habe ich so einen komprimierten Unsinn (bitte entschuldigen Sie diesen Ausdruck) gelesen, den zu widerlegen ich mir nicht die Mühe machen möchte.

Nur soviel: Ich selbst habe mich bewusst für Kinder entschieden und mich ganz bestimmt nicht fremdbestimmt irdendeiner Bevölkerungspolitik unterworfen, die vorschreibt, dem Staat ein Kind zu schenken. Auch habe ich meine Kinder nicht bekommen, um mich später (falls nötig) von ihnen pflegen zu lassen. Das würde ich ihnen nie zumuten. Schon erstaunlich, welch antiquierte Klischees Frau Brunschweiger hier bedient. Noch nie habe ich mir angemaßt, abfällig über Frauen und Männer zu urteilen, die sich bewusst gegen Kinder entschieden haben und ich habe ihnen für ihre Entscheidung immer Respekt entgegengebracht. Respekt, den Frau Brunschweiger auch für Ihre Entscheidung fordert, anderen aber versagt.

Zum Thema fällt Frau Brunschweiger dann nicht viel besseres als die Unterstellung ein, dass Kinder die Pflegekassen ja nicht entlasten würden, weil sie Ihre Eltern später ohnehin in die Pflegeeinrichtungen abschieben würden. Interessante „Logik“. Nein, Kinder müssen die Pflegekassen nicht entlasten, indem sie Ihre Eltern pflegen, denn auch sie zahlen irgendwann selbst Beiträge zur Pflegeversicherung und bleiben vielleicht später auch kinderlos und können pflegebedürftig werden. Den Sinn einer Solidargemeinschaft scheint Frau Brunschweiger nicht erkannt zu haben. Nein, Alten- und Pflegeheime werden nicht nur für pflegebedürftige Eltern vorgehalten und sind nur diesen vorbehalten.

Auch hier werden Kinderlose gepflegt und es werden vermutlich immer mehr werden. Frau Brunscheigers Umfrage bei ihrem Besuch in einem Seniorenheim kann man wohl kaum als repräsentativ einordnen und als Beweis, nur Eltern würden dort leben, anführen. Nein, alte Menschen können sich nicht untereinander selbst pflegen, das übernehmen naturgemäß die nachfolgenden Generationen. Diese reproduzieren sich ja nun einmal nicht selbst und müssen großgezogen werden.

Elternschaft bedeutet eine große Verantwortung und jahrzehntelange Verpflichtung. Soviel Egoismus kann ich darin übrigens nicht erkennen. Nun geht es hier um 0,1 % mehr Betrag für Kinderlose in die Pflegeversicherung, der so umstritten wird, als ginge es darum, die kompletten Versicherungsbeiträge Kinderlosen auf die Tasche zu legen. Für mich ein lächerlicher Prozentsatz, den, wenn man es wollte, leicht entgegenrechnen könnte, wieviel Kinder kosten, bis sie auf den eigenen Füßen stehen. Das tue ich nicht, denn ich beklage diese Kosten ja gar nicht.

Unter dem Strich hat Frau Brunschweiger meinen Meinung nach wenig Substanz in die Debatte gebracht. Es wäre schön gewesen, wenn sie an dieser Stelle mehr Objektivität hätte walten lassen, statt von ihren eigenen Befindlichkeiten auszugehen und diese noch für allgemeingültig auszugeben. So entsteht eine Neiddebatte, die am Ende niemanden nützen wird, am wenigsten den (künftigen) Pflegebedürftigen. – Regina Stock

 

Frau Brunschweiger benennt zurecht die wachsende Weltbevölkerung als zentrales ökologisches Problem. Doch es wäre tragisch, wenn sie sich aus diesem Grund zum schmerzhaften Verzicht auf eigene Kinder entschieden hätte. Die niedrige Geburtenrate in Deutschland und Europa würde längst eine schrumpfende Bevölkerung erlauben. Wir könnten Vorbild sein. Doch was für die einen ein Hoffnungsschimmer, ist für die anderen noch ein Alptraum. Wie sollen Sozialversicherungen und Arbeitsmarkt die (vorübergehende!) Überalterung der Gesellschaft bewältigen? Wer dafür kein Konzept hat, der fordert weiteres (und ewiges) Bevölkerungswachstum, notfalls durch Immigration.

Auf der anderen Seite ist die Geburtenrate in Afrika noch extrem hoch. Demographen schauen bange in die Zukunft dieses Kontinents. Plus 1,3 Milliarden Menschen in den nächsten gut 30 Jahren (mittlere Prognose der UN). Wie und wo sollen diese Menschen ein gutes Leben haben? Die Lösung ist nicht sehr kompliziert. Alleine ein faires Miteinander würde Afrika eine ähnliche demographische Entwicklung ermöglichen, wie sie Europa schon längst hinter sich hat. Geschützte Märkte, ein höheres Bildungsniveau und eine Stärkung der Frauen würden einen entsprechenden Automatismus in Gang setzen.

Statt dessen wollen wir begabte Menschen aus diesen Ländern abziehen, um vermeintliche eigene Lücken zu schließen. Selbst linke Parteien befürworten diesen perfiden, armutserhaltenden Mechanismus mit scheinheiligen Argumenten. Europa muss tatsächlich lernen zu verzichten. Aber nicht auf die „eigenen“ Kinder. Sondern auf die weitere Ausbeutung des afrikanischen Kontinents. Geschützte afrikanische Märkte und Bildung, vor allem auch der Frauen, mit Perspektiven vor Ort, das wäre hilfreich und eigentlich auch nicht so schwer. Vielleicht sollte Herr Benatar diese Alternative zur sinnlosen selbstauferlegten Kinderlosigkeit nochmals überdenken. – Dr. Christian Voll

 

Zur Ehrenrettung der kinderlosen Gymnasiallehrerinnen muss gesagt werden: Nein, weder Meinung, noch Argumentation von Frau Verena Brunschweiger ist in dieser Kohorte mehrheitsfähig. Ihr eigener Verzicht auf Kinder mag ehrenwert und auch ein Beitrag zum „Erhalt dieser Welt“ sein. Der von ihr geforderte Respekt sei ihr gezollt. Aber die geplant stärkere Belastung der Kinderlosen mit einem höheren Beitrag zur Pflegeversicherung als „neue(n) Höhepunkt pronatalistischer Bevölkerungspolitik“ oder als ‚Bestrafung‘ von „Frauen“ (komisch: Sind männliche Singles von der „Strafzahlung“ befreit?) zu bezeichnen, ist abenteuerlich und wird von Frau Brunschweiger mit abenteuerlichen Argumenten untermauert.

Dass eine umlagefinanzierte Versicherung von der jeweils aktiven Bevölkerung getragen werden muss, wie übrigens auch das bedingungslose Grundeinkommen, auf das sie so große Hoffnungen setzt, das scheint die Autorin nicht zu wissen oder nicht wissen zu wollen. Da kann es dem Staat angesichts der Massen z.B. langlebiger kinderloser Gymnasiallehrerinnen (wie Frau Brunschweiger und mich) schon ganz gruselig werden. Und es braucht keinen „patriarchalischen Imperativ“, um den heute Kinderlosen (3,3%+) 0,1% mehr für die Pflegeversicherung abzuknöpfen. Mehr jedenfalls als den Eltern, die die Kinder aufziehen, die für die Querfinanzierung in der Zukunft schließlich aufkommen müssen.

Zumal diese Eltern gewiss in ihre Kinder mehr investieren als wir kinderlosen Gymnasiallehrerinnen, die „(s)ich für (ihre) Schülerinnen und Schüler (gewiss, allerdings auch pflichtgemäß) ein(setzen)“, dafür aber auch zwar nicht fürstlich, aber durchaus auskömmlich bezahlt werden. Eines jedenfalls eint die zukünftigen Rentner und Versorgungsempfänger mit den „Kapitalisten“ (mit denen Frau Brunschweiger offenbar alle Kapitaleigner meint):

Wer auch immer als Kinderloser den Erhalt einer genügenden Anzahl von Arbeitenden (woher auch immer sie kommen) als „ein Projekt“ bezeichnet, „das nicht (seines) ist“, muss sich früh vom Acker machen, um nicht zum Parasiten eines Systems zu werden, das er/sie als unethisch angreift. Die das Gewissen – etwas – beruhigende Alternative: die wahrlich nicht große Mehrbelastung klaglos zahlen. – Marie-Elise Foelz

 

Ich bin kinderlos und ich habe trotzdem Verständnis dafür, dass mein Mann und meine Wenigkeit für die Pflegeversicherung mehr zahlen müssen als Menschen, die Kinder und entsprechende Mehrkosten haben. Allerdings würde ich mir als Gegenleistung des Staates wünschen, dass ich dann, wenn ich irgendwann ins Heim müssen sollte, dort auch gut behandelt werde und der Staat darauf tatsächlich achtet. Das ist derzeit wohl kaum der Fall. Jemand, der keine Kinder hat, hat meistens niemanden, der sich kümmert und protestiert, wenn das Pflegepersonal ihn nicht gut behandelt oder vernachlässigt.

Der ebenfalls betagte – falls noch lebende – Partner und die betagten Geschwister werden es meistens nicht können und die Nichten und Neffen werden sich wohl kaum verantwortlich fühlen. Deshalb habe ich Angst davor, irgendwann ins Heim zu müssen, und frage mich, ob es nicht besser ist, mein Leben vorher zu beenden. Zu den Argumenten von Frau Brunschweiger: Bevölkerungswachstum ist zwar weltweit gesehen, aber wohl kaum in Deutschland ein sehr großes Problem (vgl. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Bevoelkerungsvorausberechnung/_inhalt.html).

Dagegen müsste und sollte man wohl eher in Amerika, Asien und vor allem Afrika etwas unternehmen, z. B. die Rechte der Frauen stärken und für funktionierende soziale Sicherungssysteme sorgen. Dann sinkt nämlich aller bisherigen Erfahrung nach die Kinderzahl rapide. Zur Vermeidung einer beruflichen Benachteiligung von Frauen durch eigene Kinder wäre meines Erachtens generell eine gleichmäßige Aufteilung der Berufs- und Sorgearbeit zwischen den Partnern wünschenswert. Ich weiß nicht, ob das beim Ehepaar Prüfer so ist. Das hat aber meiner Meinung nach nichts mit dem Beitrag zur Pflegeversicherung zu tun. – Dr. Ulrich Willmes

 

Ihre STREITbeiträge gleichen sich leider darin, dass sie ohne Kenntnis des Gesetzes, das dem derzeitigen Vorhaben einer Erhöhung des Sonderbeitrags (für Kinderlose in der Pflegeversicherung) zugrunde liegt, geschrieben zu sein scheinen: des KiBGs, von der rot-grünen Mehrheit 2004 verabschiedet. Frau Brunschweiger behauptet: „Man will kinderreiche Familien.“ und: „Wie in Ungarn, wo man (…) Großfamilien (…) unterstützt“.

Das KiBG (und also auch das derzeitige Vorhaben) berücksichtigt und honoriert den Kinderreichtum (verkörpert durch die zu erziehenden bzw. erzogenen „Beitragszahler der Zukunft“) gerade nicht. Es greift lediglich die Kinderlosen heraus und grenzt sie von allen anderen ab – im Grunde für nichts und wieder nichts, wenn man den hohen bürokratischen (zeitlichen und finanziellen) Aufwand, die Fehlerquoten, die unzähligen (z.T. ungerechtfertigten) Ausnahmen berücksichtigt.

Die Begriffe „kinderreich“ und „kinderfrei“ klingen gut, doch sie sind ungenügend in „unserem“ Zusamenhang: Es gilt zu unterscheiden zwischen definitiv kinderlos und vorübergehend kinderlos. Das KiBG (und also auch das dezeitige Vorhaben) verpflichtet junge kinderlose Menschen (sofern sie mindestens 23 Jahre alt und sozialversicherungspflichtig arbeiten) zur Zahlung des (bald vielleicht erhöhten) Sonderobolus – Menschen, die noch 10, 20…oder (Männer!) sogar 60 Jahre Zeit haben, um Kinder zu zeugen. Trotz ihrer späten „generativen Leistung“ wird ihnen der jahrelang gezahlte Sonderobolus nicht erstattet (eine besondere Diskriminierung von Männern?). Die dahinter steckende Absicht ist evident… und grenzt an Freiheitsbeschränkung.

Lieber Herr Prüfer, Sie betonen zu Recht, dass Eltern auf Mithilfe der Gesellschaft angewiesen sind und nennen: Kitas, Schulen, Spielplätze, Familienlastenausgleich. An all diesen steuerfinanzierten Leistungen für Familien sowie an der kostenlosen Mitversicherung der Kinder in der gesetzl. Krankenversicherung sind Kinderlose (v.a. über ihre relativ höhere Steuerschuld) gern beteiligt. Leider erwähnen Sie das nicht. (Vor einigen Jahren wurden in der FAS „hundertsechsundfünfzig familienpolitische Leistungen aufgezählt, für die der Fiskus pro Jahr gut zweihundert Milliarden Euro ausgibt“.)

In Anbetracht dessen, möchte ich Ihnen widersprechen: der Kinderlosensonderobolus ist keineswegs eine „gute Investititon“. Vor allem deshalb nicht, weil er Menschen demütigt, die aufgrund von kriegs- und nachkriegsbedingten Traumata kinderlos geblieben sind oder aufgrund von Umweltgiften ihre Fertilität verloren haben oder unter einer (die Fertilität einschränkenden) Behinderung leiden… Die WHO hat, wenn ich mich nicht täusche, Infertilität als Krankheit eingestuft. Das, was Sie „gute Investition“ nennen, widerspricht (anders als die steuerfinanzierten Transfer-, Bildungs- und Versorgungsleistungen für Kinder und Eltern) der genuin sozialen Aufgabe unseres Sozialsystems: dem solidarischen Ausgleich der Risiken seiner Mitglieder.

Liebe Frau Brunschweiger, lieber Herr Prüfer, befassen Sie sich bitte einmal mit jenem Gesetz (KiBG), das am 1.1.2005 in Kraft trat. Es ist vermurkst! Leider konnte ich hier nur wenige Beispiele für den Murks nennen. Erlauben Sie mir noch dies, eine Art Rätsel für Sie oder Ihre Kinder: Nach dem KiBG kann ein einziges Kind mindestens drei kinderlose Erwachsene von der Zahlungspflicht befreien! Und noch dies (aus der SZ) zur geplanten Erhöhung des Obolus: „Soll denn die kinderlose Pflegerin ihre Gehaltserhöhung selbst finanzieren?“ – Dora Stein

 

Die von Frau Brunschweiger gebrauchte Formulierung „…(Kinderlose) werden bestraft“ ist manipulativ. Die Formulierung insinuiert, Unverurteilte, also Schuldlose sollten bestraft werden, was ein Rechtsbruch wäre. Dadurch wird das Anliegen der Umverteilung und ihre Urheber als außerhalb der Rechtsnorm stehend dikreditiert, ohne sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen. Erst anschließend argumentiert Frau Brunschweiger dann auch inhaltlich.

Entscheidungen über die Festsetzung von Steuern und Abgaben wollen alles mögliche: mehr Gerechtigkeit, Anreize schaffen, Verkehrsströme lenken, das Klima schützen, aber eins nicht: bestrafen. Allerdings ist diese Formulierung „… werden bestraft…“ im Zusammenhang mit der Erhebung von Steuern und Abgaben in Medienberichten üblich geworden. Sollte man vorsichtiger damit sein, finde ich. – Wolfgang Bach

 

Im Artikel geht es um Solidarität und ums Frauenbild. Vor allem aber geht’s auch um ein Weltbild. Verena Brunschweiger zitiert den südafrikanischen Philosophieprofessor David Benatar: «es gebe eine moralische Pflicht, sich nicht fortzupflanzen.» Ausgangspunkt dieser Aussage ist vermutlich eine richtige Überlegung: Wir sind nur Gast auf diesem Planeten und haben die Pflicht uns so zu verhalten, dass auch unsere Nachkommen einen schönen Aufenthalt haben. Und tatsächlich ist das wichtigste Problem, das diesen Auftrag torpediert, das hohe Wachstum der Menschheit in Bezug auf Konsum und Kopfzahl.

Nur, das eigentliche Problem ist nicht das Wachstum an sich, sondern es sind die demographischen und ökonomischen Gräben innerhalb der Menschheit. Sie beruhen auf Entwicklungen, die sich gegenseitig hochschaukeln. Brunschweiger liefert ein Beispiel: Sie empfiehlt Kinderlosigkeit, was aber letztlich nicht zur Reduktion des Bevölkerungswachstum führt, sondern zur Vertiefung des demographischen Grabens. Die tiefen Geburtenraten in den Industrieländern sind ein Argument, dass es nicht nötig ist, andernorts hohe Geburtenraten zu senken. So empfiehlt ein türkischen Präsident, seinen Mitbürgern im Ausland 5 Kinder und im Inland 3 Kinder.

Für ein langfristiges Erfüllen des oben genannten Auftrags (nur Gast auf Erden) muss auf die Ursachen eingegangen werden, die dazu führen, dass das Erfüllen des Auftrags nicht klappt. Tiefere Ursachen ist eine Art «Tragik der Allmend». Die Allmend, das sind all die begrenzten Ressourcen, die erhalten werden müssen, damit der Auftrag (nur Gast auf Erden) erfüllt werden kann. Zu diesen Ressourcen gehört auch die Möglichkeit eine Familie zu gründen. Das demographische Problem beruht auf einer Übernutzung dieser Ressource in vielen Ländern.

Offensichtlich wird die genannte Übernutzung der «Allmend» durch die Menschenrechte auf Lebensgrundlagen gedeckt, zu denen indirekt auch das Recht gehört, die Familiengrössen unabhängig von den eigenen Ressourcen zu wählen. Daraus ergibt sich aber ein Widerspruch zum Menschenrecht auf Eigentum, das – ebenfalls indirekt – verpflichtet, mit den eigenen Ressourcen auszukommen. Der Zielkonflikt muss gemeinsam von allen Beteiligten gelöst werden im Sinne eines höheren gemeinsamen Zieles: Erfüllen des genannten Auftrags. Nicht hilfreich ist es, den entsprechende Dialog mit der Forderung einzuleiten: Die Industrieländer sollen ihre Geburtenrate gegen Null fahren. – Dr. Gernot Gwehenberger

 

Als Ergänzung zum Streitgespräch haben Sie sehr groß und sehr falsch abgedruckt, dass Menschen mit Kindern 3,05 % ihres Bruttoeinkommens in die Pflegeversicherung zahlen müssen. Tatsächlich zahlt der Arbeitnehmer ja nur die Hälfte und die andere Hälfte der Arbeitgeber. Leider sind die wenigsten darüber gut informiert, sodass ihre Fehlinformation nun für viele Leser lange Zeit als Wahrheit abgespeichert bleiben wird. Das ist sehr ärgerlich!!! – Silvia Leopold

 

Wenn es gesellschaftlicher Konsens ist, in einer Solidargemeinschaft leben zu wollen, Kinder bekommen zu wollen und als Gesellschaft kinderfreundlich sein zu wollen, dann zahlen Gesunde für Kranke, Nichtraucher für Raucher und Kinderlose für Kinder. Nüchtern betrachtet würde ich Frau Brunschweiger antworten, dass sie selber genug Gründe nennt, warum Kinderlose mehr bezahlen sollten, denn es geht ihnen im Alter eben besser. Sie hatten im Durchschnitt mehr Zeit für Karriere und soziale Kontakte und mehr Geld im Alter.

Da bedarf es eines solidarischen Ausgleichs. Mal ganz davon abgesehen, dass die Kinder bei ausreichend Einkommen auch noch für die Heimunterbringung der Eltern aufkommen. Sie redet von bedingungslosem Grundeinkommen als Alternative in einer kinderlosen Welt. So sehr ich ein Fan dieser Lösung bin, ist mir keine Rechnung mit einem brauchbaren Ergebnis bekannt, die dies ohne Nachwuchs oder wirtschaftlichen Kollaps zulässt. Ich lasse mich hier aber gerne vom Gegenteil überzeugen.

Wenn ich es weniger nüchtern betrachte, bin ich froh über jeden Menschen, der schon vor Geburt ob seiner postnatalen Depression weiß und seine narzisstischen Züge bestens einschätzen kann. Denn dann sollte man keine Kinder bekommen und ich bin froh über jeden der es dann konsequent lässt. Dafür sollte es bei Nachweis auch eine Prämie geben. Es aber als Feminismus zu verkaufen, den kinderlos Wunsch in den Vordergrund zu stellen, es gar als Verzicht für die Gesellschaft hinzustellen ist schon schwer egoistisch. Sich auch noch mit den ungewollt Kinderlosen gemein machen zu wollen setzt dem ganzen aber die Krone auf. Denn diese bedauernswerte Gruppe weiß schon jetzt sehr gut, wie unzureichend der Staat und das Gesundheitssystem mit dieser Volkskrankheit umgeht. Mehr Solidarität würde sich hier jeder wünschen.

Kleiner Einwurf an die Redakteure und nicht Thema des Leserbriefs. Wenn Menschen hier einen Streit führen dürfen und auf irgendwelche Studien verweisen, könnte man dann irgendwo begleitend Quellennachweise dafür einfordern und veröffentlichen? So sieht es oft nach bloßen Behauptungen aus und ich kann den Gehalt nicht einschätzen. Sie würden ja auch keinem Antisemiten erlauben, auf eine nicht qualifizierte Studie zu verweisen, um vage Behauptungen zu untermauern. – Martin Eickelkamp

 

Mit einer gewissen Irritation habe ich den Streitartikel „Kinderlose, zur Kasse bitte!“ der Ausgabe 24.2021 wahrgenommen. In dem Artikel wurden insbesondere von der „Nein“-Seite weniger sachliche Argumente genannt, als allgemeine Befindlichkeiten vor dem Hintergrund der persönlichen Weltanschauung. So wird ein erhöhter Pflegebeitrag von der Autorin Verena Braunschweiger als ein Beispiel für ein veraltetes Frauenbild genannt. Jedoch fällt der erhöhte Pflegesatz ja auch für Kinderlose Männer an. Vor dem Hintergund einer gesetzlichen Pflegeversicherung, die auf dem Umlageverfahren basiert (eine Problematik, die überhaupt nicht diskutiert wurde) bedarf es nun einmal einer entsprechenden neuen Generation, die monetär für die gegenwärtigen Beitragszahler im Alter aufkommt.

Insofern ist es nur logisch Kinderlose, die jetzt entsprechendweniger Aufwendungen (Kindererziehung) haben und statistisch auch mehr verdienen, aber zukünftig von den Kindern anderer profitieren (künftige Pfleger und Beitragszahler), höher zur Kasse zu bitten. Alternativ könnte man den Weg in ein kapitalgedecktes Versicherungsprinzip gehen. Mit einer ideologischen Dabatte um Feminismus hat das jeodch wenig zu tun. – Nico Fischer

 

Mich machen die Argumente Ihrer Stellungnahme sprachlos. Gefühlt ist meine einzige Reaktion Ihnen zu sagen: Dann heul‘ doch! Ihre radikalfeministische Entscheidung, wie Sie schreiben, keine Kinder haben zu wollen, sei Ihnen unbenommen, interessiert bezüglich Pflege aber keinen Menschen. Pflege will finanziert, geleistet und ausgestaltet sein – Von Menschen! Dabei ist der immense, erforderliche Kostenaufwand nicht mal annähernd durch die gezahlten Beiträgen gedeckt. Und ja, Sie haben recht, wenn Sie feststellen, daß es viele Menschen, sicher auch mit Kindern und Familie, in Heimen gibt. Über die Gründe ihrer Heimversorgung zu urteilen, selbst wenn ein Teil davon eventuell wirklich abgeschoben wurde, halte ich in dieser Pauschalität aber für ehrverletzend.

Der Korrektheit und der Anständigkeit wegen, hätten Sie diesem Personenkreis den zahlenmäßig vielfach größeren Kreis der Pflegebedürftigen gegenüberstellen sollen, die Zuhause von Kindern, Familie und Angehörigen gepflegt werden. Gepflegt in mehr als anstrengender, belastender und aufopferungsvoller Weise. Die, die das tun, sind Menschen; Männer und Frauen! Insgesamt und in der ganz überwiegenden Zahl: FRAUEN! Und genau diese belasteten Frauen, treten Sie mit Ihrer Argumentation noch zusätzlich mit Füßen. Von radikalem Feminismus wurden mir da bislang immer ganz andere Eindrücke vermittelt. – Boris Schnelle

 

Das Leben ohne Kinder war für uns unerwartet, bestimmend für die Jahre zwischen 25 und 50 und auch jetzt, im Älterwerden. So ist es! Nicht änderbar und unfreiwillig. Kinder zu „bekommen“ und zu „haben“ ist eine Dimension des Lebens, gut wie schlecht, wir hätten gerne mit Kindern gelebt. Freiwillige Kinderlosigkeit – selbstbestimmt, feministisch und CO2-neutral – das ist schon zeitgeistig und subjektiv, aber natürlich „erlaubt“.

Auch wenn Herr Prüfer meint, es sei noch nicht genug gewesen, so haben wir Kinderlosen schon kräftig mitbezahlt: bei der beitragsfreien Krankenversicherung für 4 Kinder (und ggf. einer Ehefrau) bis Ende der Ausbildung (längstens bis zum 14. Studiensemester), bei dem steuerfinanzierten Kindergeld und der Steuererleichterung des Familieneinkommens, ferner bei den Kosten für Kita, Kindergarten, Schulen, Hochschulen oder Universität. Für eine 6 köpfige Familie ist das alles in Allem eine nahezu siebenstellige Eurosumme, die von der kinderlosen Familie eben nicht abgerufen wird.

Bezahlt haben wir Kinderlose auch im Arbeitsleben: mit der Übernahme vieler Tätigkeiten, Tag- Nacht- Wochenend- und Feiertagsschichten, weil die Zeit und Bedürfnisse der werdenden und vielfach belasteten Eltern zu berücksichtigen und mitzutragen waren. Z.B. Weihnachtsabend – ihr müsst euch doch nicht um Kinder kümmern! Nun zur Pflegeversicherung – sie unterliegt dem Solidaritätsprinzip: jeder zahlt nach seinem Einkommen und jeder erhält, was er – und natürlich auch sie – benötigt. Auch der übergewichtige, kettenrauchende und trinkende Sportverächter, der alles Denkbare gegen seine Gesundheit tut, zahlt keinen risikokorrelierten Beitrag., weil: es gilt das Solidaritätsprinzip! So auch in der Pflegeversicherung.

Die Kinderlosen zahlen zu lassen, selbst wenn es nur der nicht spürbare Gegenwert eines „Aperol Spritz“ sein sollte, verletzt eklatant das Rechts- und Solidaritätsprinzip des bundesdeutschen Sozialstaates und das auch noch auf der Grundlage falscher Berechnung. Viele Kinderlose können die jetzt geforderten Pflegemehrkosten tragen – viele Millionen Bundesbürger aber können sich die Aufweichung des Solidaritätsprinzips nicht leisten.

Als letztes zum Pflegemarkt: seit Einführung der Pflegeversicherung am 01.01.1995 steigt jährlich die Zahl der privaten Pflegeanbieter, sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich. Die Anzahl der öffentlich oder gemeinnützig getragenen Anbieter ist hingegen rückläufig. Ein Schelm, der davon ausgeht, dass die kaum noch zahlbaren Kosten der Pflege, Unterbezahlung von Pflegekräften und die Gewinne der Pflegeunternehmen in einem Zusammenhang stehen, so dass jetzt ca. 400 Millionen Euro von den Kinderlosen nachfinanziert werden sollen. (Hat Herr Minister Spahn Gehaltssteigerungen versprochen, die die Unternehmen jetzt nicht zahlen wollen???) – G. + M. Riethmüller

 

Die Argumentation von Frau Braunschweiger bedient alle Vorurteile, die man in langen Jahren als Eltern angesammelt hat. Tatsächlich aber geht es, wie Herr Prüfer schreibt, nur um Solidarität. Solange unsere Sozialsysteme zum größten Teil beitrags- bzw umlagefinanziert sind und damit die Leistungen von nachfolgenden Generationen getragen werden, ist es nur anständig, wenn Kinderlose sich wenigstens etwas mehr daran beteiligen. Sollten eines Tages unsere Sozialsysteme ausschließlich durch Steuern finanziert werden, muß man über eine andere Verteilung der Lasten nachdenken. So aber konnte ich meinen Ärger nie im Zaum halten, wenn die DINKs in der Verwandtschaft mit ihren Fernreisen geprahlt haben. – Lutz Soor

 

Haben Sie sich überlegt wie das denn aussähe, wenn plötzlich alle Menschen sich Ihre Überzeugung zu eigen machen würden und keine Kinder mehr in die Welt setzen würden? Sie hätten im Alter nichts zum Anziehen, nichts zum Essen, kein Einkommen mehr, keiner könnte Ihnen über die Straße helfen, alles um Sie herum würde allmählich kaputt gehen, und niemand könnte es wieder in Gang bringen, kurz gesagt, Sie würden jämmerlich zu Grunde gehen. Warum? Sie wären der jüngste Mensch der Gesellschaft!

In einem Punkt gebe ich Ihnen allerdings recht. Die Erde würde sich freuen, denn sie braucht uns Menschen nicht. Das war es aber auch schon. Früher waren die eigenen Kinder die Absicherung im Alter. Heute sind es die Kinder der Anderen. Das aber nicht nur, weil sie in die Sozialkassen einzahlen, sondern weil sie überhaupt die Lebensgrundlage auch für die Älteren schaffen und aufrecht erhalten. Kinderlose haben heute großartige Möglichkeiten sich selbst zu verwirklichen. Kinder wären nur Ballast. Aber vergessen Sie nicht, dass Sie für die eigene Selbstverwirklichung die Kinder der Anderen brauchen! Sonst geht das nicht! – Dr. med. Martin Krivacek

 

Die Argumente von Frau Brunschweiger sind stichhaltig. Aber abgesehen von den paar Euro zur Pflegekasse muss man mit sich schon hart ins Gericht gehen, wenn man seinen Kindern sagen wollte: Für die Zukunft der Welt wäre es besser, Euch gäbe es nicht. Und der nächste Schritt ist, zu fragen ob ich das auch für mich selbst akzeptieren könnte. Nicht ganz einfach! – Gertrude Albrecht

 

Ich stimme Frau Brunschweiger im Großen und Ganzen zu. Auch ich bin gewollt kinderlos. Allerdings möchte ich darauf hinweisen dass nicht nur Frauen benachteiligt oder diskriminiert werden wenn sie sich nicht vermehren. Kinderlose Männer sind hiervon ja ebenso betroffen…. Und sollen auch zahlen. Also diese ewige Opfer- und Benachteilungsheulerei stört mich mittlerweile immens! Ich kenne viele Kinderlose, die ihren Beitrag zur Allgemeinheit mit Zahlungen und Unterstützung der Kinder der Verwandtschaft, im Freundeskreis oder auch Patenschaften übernehmen. Das hält sich bei natürlichen Eltern wahrscheinlich doch sehr in Grenzen.

Und diese immer wiederkehrende Forderung nach Solidarität ( T. Prüfer) für die benachteiligte Elternschaft geht mir gelinde gesagt ziemlich auf die Nerven. Vorteile in vielen Bereichen, angefangen von Elternzeit, die Forderung nach beitragsfreien Kitas, Elternparkplätze, Vorrang in Tarifverträgen bei der Arbeitszeitgestaltung –und Urlaubsplanung, Elternparkplätze…um nur einige Beispiel aus dem Alltag zu nennen. Kinder und Familie wurde noch nie so groß geschrieben wir jetzt! Ich bin seit mehr als 40 Jahren Vollzeit – berufstätig, in einem „Frauenberuf“( Krankenversorgung, nicht akademisch) und habe bisher sicherlich meinen solidarischen Anteil zugunsten der benachteiligten Elternschaft geleistet. – M. Trampe

 

Kinder zu bekommen oder nicht, ist private Entscheidung oder Schicksal. Ich bin 80 Jahre, habe 3 Kinder und war berufstätig. Die Kinderbetreuung mußte ich vom versteuerten Einkammen bezahlen. Da blieb manchmal außer der Rentenanwartschaft nicht viel übrig. Urlaub mit 5 Personen war über längere Zeit nur abgespeckt möglich. Meine 3 Kinder und jetzt 11 Enkelkinder haben mir viel Freude bereitet, auf die ich nicht verzichten möchte. Und ich habe das Glück, durch Rente und Vermögen nicht auf die Unterstützung der Kinder angewiesen zu sein, wenn ich mal ins Pflegeheim muß.

(Meine Kinder haben Beruf und FAmilie und sind nicht in der Lage, mich zu pflegen.) Bei vielen reichen Rente und Pflegegeld aber nicht fürs Pflegeheim. Und dann werden die Kinder herangezogen. Wenn Kinderlose ihr Geld ausgeben, muß im Pflegefall derSteuerzahler einspringen, und das sind die Kinder der „egoistischen“ Eltern. Auch das Grundeinkommen löst das Problem nicht. Der Staat braucht Steuereinnahmen, und nur die Kapitalertragssteuer der wohlhabenden reicht dafür nicht. – Dr. Hedwig Vollmann

 

Zweimal nehmen, aber nur einmal geben! Man mag unser Gesellschaftmodell ja in vielen Punkten in Frage stellen. Aber sehr vereinfacht ausgedrückt basiert das Zusammenleben der Generationen in Deutschland (rein wirtschaftlich gesehen) darauf, dass es zwei Phasen im Leben gibt, in denen man überwiegend nimmt: Geburt bis Aufnahme der Berufstätigkeit einerseits und Renteneintritt bis Tod andererseits. Es gibt jedoch auch zwei Phasen, in denen man überwiegend gibt: Versorgung der Kinder von der Geburt bis zu ihrer finanziellen Unabhängigkeit und Versorgung der Eltern vom Renteneintritt bis zum Tod. Die beiden Phasen, in denen man gibt, überschneiden sich häufig und liegen überwiegend zwischen Berufseinstieg und Rente.

Kinderlose ob gewollt oder ungewollt reduzieren einen ihrer beiden für das System notwendigen Geberanteile gewaltig und beanspruchen für sich: zweimal nehmen aber nur einmal geben zu wollen. Es ist anzunehmen, dass Frau Brunschweiger sehr daran interessiert ist, von den Kindern, die sie nicht bekommen möchte, ihre Pension/Rente zur Finanzierung ihres Lebensabends zu erhalten.

Wenn man die Finanzierung seiner Eltern im Alter (durch laufende Rentenbeiträge) als Kompensation zum Aufwand der Kosten des eigenen Aufwuchses ansieht, dann müssen sich Kinderlose zusätzlich eine eigene Rente aufbauen (zweite Geberphase), die sich nicht aus der Finanzierung der Sozialsysteme speist. Das wird aber sehr viel teurer als die in Diskussion stehenden Minimalzuschläge für Kinderlose. Dass sich ‚Kinderfreie‘ als glücklicher und viel freier bezeichnen, kenne ich auch aus meinem eigenen Umfeld (viel mehr Geld, viel mehr Freizeit, viel mehr Urlaub, ….) – dies erreichen sie aber alle durch: zweimal nehmen und einmal geben.

Pikant ist, dass Frau Brunschweiger von den Kindern lebt oder gelebt hat, die sie zu bekommen nicht richtig findet. Möglicherweise ist sogar der Anteil (nur durch Steuern, keine Rentenbeiträge – falls verbeamtet), den sie zur Bestreitung des Lebensabends ihrer Eltern aufwendet sehr gering und würde nicht einmal die Kosten ihres eigenen Aufwuchses kompensieren. Will sie auf ihre Pension/Rente verzichten? Wohl kaum. Das wäre dann: sehr viel nehmen und wenig geben! Da kommt das ‚veraltete Frauenbild‘ als Begründung für hohe Nehmerqualitäten gerade recht. – Martin Holzapfel

 

Wenn schon, wie von Frau Brunschweiger, jeder Mensch als unerträgliche Belastung für den Planeten Erde angesehen wird, warum dann hinter David Benatar Schutz suchen und nicht den dann einzig möglichen Schluss ziehen, den Philipp Mainländer (1841-1876) sehr ausführlich begründet hat: Wenn man schon seine Geburt nicht verhindern konnte, so ist es moralische Pflicht, so schnell wie möglich aus diesem Leben zu verschwinden – was Mainländer dann auch tat. Stattdessen führt sie ein Leben als vermutlich wohlbestallte Beamtin, ein Status, den ich auch vorziehen würde. – Udo Kroschewski

 

Ich bin Vater von fünf Kindern und wäre trotzdem völlig einverstanden, wenn Kinderlose in der Pflegeversicherung Eltern gleichgestellt werden. Sie leisten nicht weniger, sie leisten anderes als Eltern und das kann ich anerkennen. Mehr zahlen müssten eigentlich die, die sich weigern, sich für die Gemeinschaft zu engagieren. Solche gibt es mit und ohne Kinder. Aber leider ist so etwas nicht gesetzlich zu regeln. Ich kann also verstehen, wenn Frau Brunschweiger sich dagegen ausspricht, als Kinderlos zur Kasse gebeten zu werden. Ärgerlich finde ich allerdings, wenn sie aus ihrer Entscheidung, keine Kinder bekommen zu wollen, ein Dogma macht und es zur moralischen Pflicht erhebt. Damit begibt sie sich auf das gleiche Niveau wie von ihr kritisierten Rechten.

Es ist mir nicht verständlich, warum wir das Problem globaler Überbevölkerung ausgerechnet von Deutschland aus lösen sollten, wo hier doch die Bevölkerung schrumpft. Und dass die Politik mit der Entscheidung zur Mehrbelastung von Kinderlosen ein Einwohnerwachstum erreichen will, halte ich für abwegig. Kein Politiker ist so naiv, dass er glauben könnte, mit politischen Maßnahmen ein Wachstum der Bevölkerung bewirken zu können. Höchsten könnte ein Schrumpfungsprozess verlangsamt werden. Auch der Satz, dass Kinder ihre Eltern ja trotzdem ins Heim stecken, ist problematisch. Dabei übersieht Frau Brunschweiger:

Erstens werden trotz dessen weitaus mehr Eltern zuhause gepflegt als im Heim, zweitens gibt es alte Menschen, die freiwillig und selbstbestimmt ins Heim gehen, obwohl sie Kinder haben, so dass von „stecken“ keine Rede sein kann, drittens gibt es Kinder, die ihre Eltern im Heim besuchen und Zeit mit ihnen verbringen. Das schlägt sich zwar nicht auf die Pflegekosten nieder, aber erhöht die Chance auf ein würdevolles Altern in Gemeinschaft.

Denn sie tun, wozu die Pflegekräfte schon heute keine Zeit haben und in Zukunft, wenn große Jahrgänge alt werden, noch weniger Zeit haben werden. Ich kann die Entscheidung von Frau Brunschweiger, keine Kinder zu bekommen, respektieren. Aber nur als persönliche Entscheidung. Nicht als moralische Pflicht! Die Probleme, die sie damit lösen will, tauchen dann halt an anderer Stelle wieder auf. Und den Respekt, den sie für ihre Entscheidung einfordert, darf ich auch für die Entscheidung für Kinder verlangen. – Dr. Hans Joachim Stein

 

Zunächst bin ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie ehrlich schrieben, dass die Entscheidung „für Kinder“ in der Regel nicht fällt, weil ein Paar zukünftige Sozialversichferungs-Beitragszahler in die Welt setzen möchte. Leider führen Sie dies dann ein paar Zeilen später dann doch als möglicherweises doch legitimes Argument an … Pflege kostet, dies ist eine Tatsache, die nicht diskutiert werden muss. Wie dies finanziert werden soll, darüber darf meiner Ansicht nach sehr wohl gestritten werden. Die im genannten Beitrag angeführten Argumente für eine höhere Kostenbeteiligung von Kinderlosen an der Pflegeversicherung sind (auch auf der Contra-Seite von Frau Brunschweiger) für mein Empfinden jedoch nicht in Ordnung.

Ich bin kinderlos und – da haben Sie Recht Herr Prüfer – ich könnte mir die moderate Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrags um 0,1 Prozent ohne Probleme leisten. Sie führen als Argument an, dass es dabei nicht um Strafe sondern um Solidaritätsbekundung ginge. Hierzu möchte einerseits betonen, dass ich voll und ganz hinter dem Solidaritätsprinzip unserer Sozialersicherungssysteme stehe und daher auch die Bürgerversicherung befürworte. Die Möglichkeit sich „gesetzlich“ privat zu versichern entspricht nicht meinem Solidaritätsverständnis und ich hoffe, dass Sie gesetzlich kranken- und pflegeversichert sind, ansonsten kann ich das Solidaritätsargument nämlich nicht gelten lassen (es gab mal eine Zeit in meinem Leben, zu der ich mich hätte privatversichern können, ich aber gesetzlich versichert blieb – was sich da dann anschließt, wenn man z.B. den Job kündigt und kurzzeitig Unterstützung durch andere Sozialsysteme benötigt, ist spannend, aber hier fehl am Platz).

Anderseits möchte ich auch noch mal betonen (und dies ging mir in Ihrem „Streit“ ein bißchen unter), dass Kinderlose ja bereits seit Jahren eine höheren Pflegeersicherungsbeitrag zahlen als Menschen mit Kindern. Dies ist meiner Erinnerung nach seit 2005 so und es geht um derzeit schon 0,25 Prozent. Also: seit 16 Jahren zahlen Kinderlose schon mehr für die Pflegeversicherung und sind diesbezüglich als solidarisch zu bezeichnen (wenn dies bei gesetzlich verordneter Solidarität überhaupt so genannt werden sollten :-))

So … und nun argumentiere ich einmal auf genauso moralischer Ebene wie Sie (Wir Eltern haben viel mehr Stress und müssen mehr zurückstecken etc. als Kinderlose und brauchen daher auch Unterstützung durch die Gesellschaft – insbesondere von denen, die keine KInder haben): Meinem Gefühl nach, gab es in den letzten Jahren doch eine einige finanziell positive Entwicklungen für Menschen mit Kindern (z.B. Elternzeit, Kindergelderhöhung, Erhöhung von Freibeträgen). Und auch dem Argument:

„Kinder seien schließlich zukünftige Betragszalhende und sorgen auch dafür, dass Kinderlose im Alter gepflegt werden können.“ kann ich mich nicht ganz verschließen. Allerdings führt mich diese Argumentation auch zu der Frage: Wie geht unsere Gesellschaft damit um, wenn die genannten Kinder sich dieser für sie geplanten Beitragspflicht verweigern, z.B. weil sie sich privat versichern, weil sie auswandern oder vielleicht sie gar nicht arbeiten oder weil sie es wagen an Krankheiten oder durch Unfälle zu versterben, bevor sie dazu kommen als Betragszalhende „tätig zu sein“. Müsste die Solidargemeinschaft dann nicht das gezahlte Kindergeld zurückverlangen – schließlich liegt hier so eine Art Solidarvertrag vor und dieser wird dann von einer Seite – aus welchem Grund auch immer gebrochen!

Das ist kein schönes Argument, aber zu solchen Gedanken könnten mit Debatten „Betragszahler-Argumenten“ führen – und ich glaube nicht, dass dies gewünscht wäre. Ich bin h eher für die „wer’s sich leisten kann“-Argumentationsschiene. Allerdings gehört dann meiner Ansicht nach auch dazu, dass alle Bereiche betrachtet werden müssen, auch z. B. wer Kindergeld von Seiten des Staates benötigt und we nicht (Meines Wissens nach haben- vereinfacht gesagt – Eltern bzw. Kinder auf Kindergeld, unabhängig von den Vermögenserhältnissen.).

Wenn also Kinderlosen weitere Solidarität über die seit seit 2005 schon geleisteten Merbeträge zur Finanzierung zu Pflegeversicherungsfinanzierung abverlangt werden kann, könnte man dies doch auch bezüglich des Kindergeldes ab einer gewissen Einkommens-/Vermögensgrenze tun. Und hier zählt dann meiner Meinung auch auch kein Beharren auf dem Gleichbehandlungsprinzip, schließlich wird dies ja bei der Finanzierung der Pflegeversicherung bereits seit ihrer Einführung 1995 auch nicht angewendet. Also mein Vorschlag: Finanzierung durch die, die’s sich leisten können (solange es keine Bürgerversicherung gibt). – Martin Schieron

 


 

 

Leserbriefe zu „Verlust der politischen Heimat“ von Mirna Funk

 

Ich bin einigermaßen erschüttert über Ihren wunderbar wütenden und brillant klaren Artikel. Seit ich denken kann, empfinde ich Entsetzen darüber, wann immer mir Handlungen, Gedanken, Überzeugungen bei Menchen begegnen, die sich gegen andere Menschen richten, weil diese so oder so seien. Und ganz besondere Fassungslosigkeit – und das hat mit dem unfassbaren Wahnsinn der Judenverfolgung und -vernichtung in diesem Land vor nicht langer Zeit zu tun – empfinde ich, wenn sich solche Gedanken, Überzeugungen, Handlungen gegen Juden richten, noch dazu in diesem Land!

Aber beim Lesen ihres Artikels erlebe ich erneut – wie schon so oft – dass mir Vieles entgangen ist. Ich habe nicht verstanden, nicht erkennen können, wo dieses Aufflammen des Antisemitismus herrührt. Und oft habe ich den Antisemitismus gar nicht erst erkannt. Ihre Ausführungen erscheinen mir nachvollziehbar, schlüssig und sie passen zu dem, was ich hier und da miterlebe. Danke dafür! Auch wenn es mir nicht nur peinlich ist, es nicht selbst gesehen zu haben. Bis zum letzten Atemzug werde ich den Mund aufmachen, wann immer mir Antisemitismus begegnet. Aber dafür ist Voraussetzung, ihn zu erkennen! Herzlichen Dank. – Sibylle Riffel

 

Danke Mirna Funk, ich liebe Ihren Artikel sehr! – Verena Martin

 

Das hätte ich auch so schreiben können. Mirna Funk hat mit mir einen Partner, der schon vor 20 Jahren von Deutschland die Schnauze voll hatte. Ich bin nicht nach Israel ausgewandert, sondern nach Singapur. Dort habe ich das Paradis kennengelernt. Ich erinnere mich daran, was der Modezar Karl Lagerfeld mal gesagt hat; „wie verrückt muß man sein, die größten Feinde der Juden nach Deutschland zu holen.“ Da gibt es nichts mehr hinzuzufügen. – Gunter Knauer

 

Danke für die aufrüttelnden, klaren Worte. Ich bin absolut kein Experte, es kommt mir jedoch vieles in ihrem Artikel sehr, sehr schlüssig vor. Einfach aus dem, was in den (a)sozialen Medien so mitzubekommen ist. Ganz besonders auch der Part zur Angst vor einem „Opfervolk“, das sich eben nicht ausschließlich als solches definiert, sondern es wagt, auch noch aus echten Menschen zu bestehen, die es mit dem Leben aufnehmen.

Kann ja gar nicht sein. Dann wird lieber an eine böse, weltbeherrschende Elite geglaubt. Und ich denke, wenn Paula, Farid und Tara wollten, könnten sie sehr gut zwischen Kritik an israelischer Politik und „den Juden“ unterscheiden. Wer das nicht trennt, müsste auch jedem „Deutschen“ ins Gesicht schlagen und „Nazi!!!“ schreien… Ich wünsche mir sehr, dass Sie neben all den bösen Kommentaren auch einen Candystorm ernten. Hier hoffentlich ein kleiner Beitrag dazu.. – Martina Göttsching

 

Selten, sehr selten habe ich ein so zutreffendes, schlaues und und fundiertes Essay gelesen. Obwohl ich noch nie einen Hut getragen habe muss ich sagen, Chapeau Frau Funk. Ein solch umfassendes Thema das sowohl historisch, aktuell und zukünftig eine derat wichtige Rolle spielt auf einer Seite auf den Punkt zu bringen ist schon einzigartig. Und wenn ich bei solch einem Thema auch noch einmal laut für mich selbst lachen muss (angeditschte Banane als change org Petition) ist das eine journalistische Glanzleistung. Wie war das nochmal mit den Juden als Kanarienvögel des Bergbaus? Dann nochmals. Hut ab Frau Funk. – Fred Steinbach

 

Frau Funk bleibt dem Leser bei allen Redundanzen die Antwort auf die wesentliche Frage schuldig: warum ist sie nach Berlin zurückgegangen ?? – Dr. Ulrike Denker

 

Ich befürchte, es ist noch viel schlimmer. Hannah Arendt hat einmal geschrieben, der Mob kann nur applaudieren oder steinigen und immer wieder verwechseln Politiker den Mob mit dem Volk, dessen Karikatur er ist. D.h. Aktionismus, Geschrei, körperliche wie verbale Gewalt, Shit-Storms, der Sturm auf das Capitol, das Eindringen in den Reichstag etc., die im Gewand der guten Sache (gegen Wahlbetrug, Überfremdung, Imperialismus, Rassismus, Zionismus, die alten weißen Männer, die Feministinnen, die Rechtsextremen, die Linksextremen, gegen Sozialismus und Konservatismus, die Fleischesser, die Veganer, gegen „die in Berlin“ und selbstverständlich immer für vermeintliche Opfer) daherkommen, sind Ausdruck einer grundlegenden Gefährdung der freiheitlich-pluralistischen Grundordnung der westlichen Nationen.

Hannah Arendt hat eindrucksvoll ausgeführt, wie Clemenceau im Kulminationspunkt des französichen Antisemitismus der Affäre Dreyfuß, letztlich den Angriff auf die Grundwerte der 3. Republik und die französischen Ideale von Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit erkannte und sich mit aller Kraft und Erfolg dagegenstemmte. Nun wiederholt sich Geschichte nicht, allenfalls als Farce und historische Kenntnisse lassen zwar die Gegenwart besser verstehen, sind jedoch ungeeignet, Zukünftiges daraus abzuleiten. Denn die Gemengelage ist heutzutage wesentlich komplexer. Es ist eine Qual das Agieren von Ministerpräsident Netanjahu zu beobachten, der sich seit langem über das Gesetz stellt, dessen politische Mittel zur Sicherung seines persönlichen Machterhalts d.h. Mord, Korruption, Bestechung, Verunglimpfung des politischen Gegners allen Trumps, Putins, Erdogans etc. zur Ehre gereicht.

Es ist nicht leicht, Provokationen und diskriminierendes Verhalten der Israelis gegenüber Palästinensern (die ich 2006 in Jerusalem und im West-Jordanland) selbst erlebt zu haben und nicht in den simplen Reflex: „Die Juden machen, doch genau das Gleiche, was sie den anderen vorwerfen.“ zu verfallen. Ich denke Kritik an israelischen Regierungen, Judenhaß und Anti-Semitismus können und müssen unterschieden werden.

Denn die Gefahr geht nicht von einem 2000 Jahre alten Antisemitismus aus, diesen gibt es so nicht (ebenfalls bei Hannah Arendt nachzulesen), das ist zu einfach gedacht. Die wirkliche Gefahr, die hinter all diesem steht, ist eine viel größere. P.S.: Außerdem würde mich Ihre Meinung zu den Ausführungen von Hannah Arendt in: „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ zur Entstehung des Anti-Semitismus im 19. Jahrhundert interessieren. – Dr. med. Th. Lukowski

 

Der ganzseitige, groß aufgemachte Artikel an prominenter Stelle (S.3) fängt vielversprechend an. Warum hat sich Frau Funk nach ihrem Aufenthalt in Israel im Herbst 2014 dann doch entschieden, weiter bzw. wieder in Deutschland zu leben? Wie ist es ihr damit persönlich ergangen? Das wäre sicher ein schönes Thema gewesen. Es wird ja nicht nur an den unfreundlichen Taxifahrern, den unpünktlichen Handwerkern und dem anstrengenden Klima in Israel gelegen haben.

Leider erfährt der Leser dies nicht. Am Ende der Lektüre stellt sich die Frage umso dringlicher, da die politischen Verhältnisse in Deutschland in punkto Antisemitismus sich ja inzwischen u.a. aufgrund der erwähnten Social-Justice-Bewegungen leider eher verschlimmert als verbessert haben und angesichts der aktuellen Auseinandersetzungen in Jerusalem noch zuspitzen. Und Frau Funk ist immer noch in Berlin, trotz ihrer Aliya-Ankündigung vor sieben Jahren.

Dass als Israel-Kritik verbrämter Antisemitismus auch anderswo vorkommt (z.B. , wie von ihr erwähnt, in London), ist keine Entschuldigung. Es ist natürlich richtig, in Deutschland besonders genau hinzusehen. Die axiomatisch klingenden Formulierungen, die Frau Funk flächendeckend heraushaut, klingen dann aber wieder fatal nach Kollektivschuld. “Die …Vorstellung, dass die jüdische Community es sich im Nachkriegsdeutschland irgendwie gemütlich machen konnte”, nennt sie “illusorisch”. Ich hoffe und denke, dass viele Mitglieder dieser Community das durchaus anders sehen. Der geplante Wiederaufbau der Bornplatz-Synagoge in Hamburg könnte dafür ebenso ein Zeichen sein wie das kontinuierliche Wachstum der Gemeinde hier und auch anderswo.

Es spricht doch einiges dafür, dass die Mehrheit der Deutschen ihre Lektion gründlich gelernt hat. Und ironischerweise hat der Staat Israel seine Existenz – die ihm auch niemand streitig machen sollte – erheblich dem Nationalsozialismus und der Shoah zu verdanken. Das heißt allerdings nicht, dass die israelische Politik sakrosankt und jede Kritik sofort mit der Moralkeule des Antisemitismusvorwurfs zu ersticken wäre. Insgesamt viel Platz verschenkt für einen Text, der eher heiße Luft enthält als substanzielle Aussagen zu einem wichtigen Thema. – Susanne Stein

 

Als jemand, der sich seit Jahrzehnten darum bemüht, Lebensgeschichten der in Deutschland von Nazis gequälten, verjagten und ermordeten jüdischen Menschen vor dem Vergessen zu bewahren, verstehe ich die zornigen und verbitterten Zeilen von Mirna Funk und teile ihre Warnung vor Antisemitismus in Deutschland. Nichts wünsche ich mir mehr, als dass jüdische Menschen in Deutschland und in Israel frei, sicher und unbehelligt leben können.

Allerdings folge ich nicht allen Schlussfolgerungen der Autorin. Andere Israelis wie David Großmann, Amos Oz, Moshe Zimmermann, Rami Elhanan etc. stehen mir deutlich näher als Mirna Funk: Denn Menschenrechte müssen für alle gelten – für Israelis und Palästinenser. Entsprechend sind die Terroranschläge der Hamas zu verurteilen. Gleichzeitig liegt die Verantwortung für die jahrzehntelange völkerrechtswidrige Besatzung (und deren menschenverachtenden Folgen), sowie für die durch den Siedlungsbau systematisch verhinderte Zweistaatenlösung und die parallel beschlossene Ausgrenzung der Palästinenser durch das 2018 verabschiedete Nationalitätsgesetz eindeutig bei den Israelis. Wer – wie Mirna Funk – diese Verantwortung einfach ausblendet, kann nicht überzeugen. – Klaus Knoche

 

Mirna Funk wirft „Social-Justice-Bewegungen“ die Ideologie einer „binären Welt aus Unterdrückern und Unterdrückten“ vor – und zeichnet selbst ein „dichotomes Weltbild“ ohne Grautöne: ein Judentum, dem „das dialogische wie auch das dialektische Denken und Sprechen in die Wiege gelegt wurde“, und das heute „schön, braun gebrannt und lachend am Strand von Tel Aviv Beachball spiel[t]“, gegen diverse Fans eines „extrem freshe[n] und angesagte[n] Antizionismus“ , denen das Bild des Juden als „Unheil, das eliminiert werden muss, um die Welt zu erlösen“ eingeschrieben sei „in ihre DNA“. Unklar bleibt, warum sie dieser „unterkomplexen Idee verfallen“ ist, wen ihr von Differenzierung, Ambiguitätstoleranz und Selbstzweifeln freie Text überzeugen oder was er Sinnvolles beitragen soll zum notwendigen Kampf gegen Antisemitismus. – John Philipp Thurn

 

Eine gute und weitgehend zutreffende Analyse. Ein wesentlicher Treiber des Antijudaismus wurde jedoch nicht erwähnt: das Christentum bzw. die römische Kirche, um es präziser zu formulieren. Seit Entstehen der Frühkirche und ihrem mutmaßlichen Gründer Paulus von Tarsus, über Johannes Chrysostomos, Martin Luther, Papst Pius XII. bis zu Benedikt XVI. (Josef Ratzinger), war es das traurige Verdienst der Kirche den Antijudaismus von den Kanzeln zu predigen und Judenhass zu befeuern. Die Geschichte der Kirche ist voll von Zeugnissen antijüdischer Hetze und Verfolgung. Die Umformulierung der Karfreitagsfürbitte für die Juden durch Benedikt XVI., laut der das Judentum Jesus als Heiland anerkennen möge, stellt den römischen Pontifex in eine bedauernswerte Tradition. – Bruno Fey

 

Soso, wer das zionistische Projekt Israel kritisiert ist ein Antisemit. Demnach wäre die international anerkannte israelische Tageszeitung Haaretz ein Kampfblatt dieser verachtenswerten Haltung. Dort liest man beinahe täglich von „faschistoiden“ Siedlern in der Westbank, die ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden Olivenbäume der Palästinenser und damit deren Lebensgrundlage zerstören. Haaretz spricht auch unverblümt von einem Rechtssystem, das die arabischen Israelis krass benachteiligt und die Menschen in der Westbank rechtlos dem Militär und den Siedlern ausliefert. Ganz offen wird in dieser Zeitung darüber geschrieben, dass die 12 Jahre Netanjahu die Apartheidpolitik in Israel und der Westbank beschleunigt haben. Ist der Hinweis auf diese Tatsachen Antisemitismus? Mirna Funk tut den Israelis und den hier lebenden Juden keinen Gefallen mit ihrer plump-einseitigen Sicht auf ein wahrlich virulentes Problem. – Helmut Schmitz

 

Wirklich, wir leben in bewegten identitätspolitischen Zeiten: Die Sehnsucht nach Geltung, Anerkennung und Einbindung ist mal wieder groß. Einfache Antworten sind gefragt. Wer nicht in absoluten Wahrheiten denkt, stört. Fest mit Identitäten verbundene Überzeugungen verleihen das Gefühl jener Erheblichkeit, die alles rechtfertigen kann. Wer nicht den Anschluss sucht, gehört nicht dazu. Anschluss schützt vor Ausschluss nicht. Wenn es darauf ankommt, auf der richtigen Seite zu stehen, steht auf der falschen, wer frei ist. Wer frei ist, ist fremd: Antisemitismus breitet sich aus in Deutschland. Gut, wenn die Stimme von Mirna Funk an prominenter Stelle in der ZEIT so deutlich zu hören ist. – Reinhard Koine

 

Ich würde seit jeher gerne verstehen, wie sich „das Volk Israel“ definiert. Ist „das Volk Israel“ eine Religionsgemeinschaft, oder gibt es einen gemeinsamen Stammbaum, oder ist´s eine Mischung aus beidem? Als erklärte Zionistin können Sie mir vielleicht helfen. Und vielleicht beruhigt es Sie zu wissen, dass es auch soziale Welten gibt, z.B. die meine, in denen Diskussionen über das Judentum keine Rolle spielen, und in denen auch keine Zeichen von Antisemitismus erkennbar sind. – Dr. Christian Voll

 

Vielen Dank für den Artikel „Verlust der politischen Heimat“. Er regt zum Nachdenken an. In vielem bin ich ganz Ihrer Meinung. Trotzdem glaube ich, dass Sie ein paar Dinge falsch interpretieren oder vielleicht beleuchten Sie ein sehr komplexes Thema zu einseitig. Wenn die hippen „Paula, Farid und Tara“, die Rassismus und Diskriminierung bekämpfen wollen, auf Probleme in und um Israel öffentlich aufmerksam machen, so ist dies per se noch kein Antisemitismus, sondern erst einmal die Empörung, dass von außen betrachtet gefühlt etwas in einer befreundeten Demokratie falsch läuft. Was dann teilweise auf diesen Demonstrationen geäußert wird ist widerwärtig und „Paula, Farid und Tara“ müssen sich davon distanzieren, um glaubwürdig zu bleiben.

Aber zu einem Vergleich: Gegen den Irakkrieg gingen 2003 ca. 500000 Menschen in Berlin auf die Straße, weil Sie sich empörten, dass in einer befreundeten Demokratie westlicher Prägung gefühlt etwas gehörig falsch lief. Gegen Despoten anderer Länder geht kaum einer auf die Straße, vielleicht, weil keine Hoffnung auf Änderung bei den handelnden besteht? Also ist es erst einmal eine Ehre für den israelischen Staat, wenn auf vielfältige Art geäußert wird: „Wir glauben ihr verletzt Eure eigenen Werte, die mit der Demokratie einhergehen.“ Der Demonstrant glaubt an die Veränderungsmöglichkeit des kritisierten. Gegen Assad geht kaum einer auf die Straße, weder ist Syrien eine Demokratie, noch besteht Hoffnung.

Die Menschen in den besetzten Gebieten und im Gaza-Streifen werden von sehr vielen Akteuren benutzt, aber befreit das die Israelische Regierung davon, nach einer Verbesserung der Lage für beide Seiten zu suchen? Und das ganz besonders im Eigeninteresse, denn Antisemitismus lässt sich leichter bekämpfen, wenn man um einen ehrlichen Ausgleich der verschiedenen Interessen im Nahen Osten bemüht ist. Die Jahre unter Netanjahu werfen Fragen dazu auf, und ca. 50% der Israelis haben auch Fragen, wenn man die Wahlergebnisse betrachtet. Diesem Teil der Wahrheit schenken Sie in Ihrem Artikel keine Aufmerksamkeit. – York Wollatz

 

Sie haben in Ihrem Beitrag sehr gut und sehr scharfsinnig den offenen und teilweise verdeckten Antisemitismus in Deutschland, aber auch weltweit, beschrieben. Ich gebe Ihnen absolut Recht und bin selbst über diesen Umstand bestürzt. Ich finde jedoch, dass man bei diesem Thema nicht die Problematik der besetzten Gebiete und die sog. Palästinenserpolitik Israels außer Acht lassen darf. Gerade auch deswegen, weil Antisemitismus mit dieser Politik Israels häufig verknüpft wird, was ich persönlich für falsch halte. Deswegen hätte ich es für gut und wichtig erachtet, dass Sie zu diesem Problem Stellung beziehen. Gerade auch deswegen, weil Sie damit eine Vorbildfunktion erfüllt hätten wie man sich kritisch mit der Politik Israels befassen kann ohne verdächtigt zu werden ein Antisemit zu sein. – Dr. med. Martin Krivacek

 

Die These von Frau Funk, daß die aktuellen sozialen Bewegungen, die Rassismus und Diskriminierung bekämpfen, den Antisemitismus schüren fand ich sehr interessant und ich habe den Artikel voller Neugier gelesen. Leider konnte diese These für mich jedoch in keiner Hinsicht hinreichend begründet werden. Statt dessen fand ich den Artikel äußerst pauschal, undifferenziert und in Teilen beleidigend. Wie Frau Funk schreibt beinhaltet Zionismus das Recht der Juden auf einen „Staat“, in dem sie in Freiheit und Frieden leben können. Die Frage ist aber, ob diese Freiheit zulasten anderer geht. Sie umfasst meiner Meinung nach nicht das Recht völkerrechtswidriger Annektionen im Westjordanland.

Um hier nur ein Beispiel zu nennen. Diese „Kritik an Israel“ wird in dem vorliegenden Artikel jedoch mit Antizionismus gleich gesetzt und dem muss ich vehement widersprechen. Man sowohl Kritik an Israel üben als auch am Antizionismus. Desweiteren ist mir die Aussage, die gesamte Social-Justice-Bubble sei Sperrgebiet für Juden, viel zu pauschal. Meiner Ansicht nach wird hier sehr wohl zwischen Israelkritik und Antizionismus unterschieden und ersteres muss auch Frau Funk leider aushalten. Als letztes möchte ich die Aussage, der Antisemitismus sei in die DNA eingeschrieben, kommentieren. Das geht für mich nun definitiv zu weit. Hierfür gibt es keinerlei naturwissenschaftlichen oder politischen Belege. Statt dessen wird den Beschuldigten aber jede Fähigkeit zu einer Diskussion abgesprochen, da ja alles in der DNA festgelegt sei.

Aber genau diese Diskussion ist es, die wir aktuell benötigen. Solche unhaltbaren und kontraproduktiven Behauptungen schüren eher die Vorurteile. Insgesamt ist mir die hier geführte Argumentation zu einfach, zu allgemein und mir fehlen tatsächliche Fakten und Beschreibungen von Entwicklungen, die zu dem oben genannten Zustand führen sollen. Dies ist für mich aber vor allem besorgniserregend. Die aktuelle Situation des aufflammenden Antisemitismus ist gefährlich genug. Um dem gegenzusteuern braucht es sachliche und differenzierte Analysen die alle Sichtweise darstellen, wo nötig differenzieren und nicht noch weiter Gräben vertiefen. Es wäre schön wenn Sie diese Sicht veröffentlichen könnten. Vielleicht kann ich ja dadurch dazu beitragen, das Thema etwas zu versachlichen. – Claudia Plötner

 

Die Lektüre Ihres Essays- insbesondere der Befund, Antisemitismus befinde sich in meiner DNA-lässt mich irritiert und bedrückt zurück. Meine Eltern haben mit uns Kindern (ich bin 47 Jahre alt) früh und immer wieder über die unfassbaren Verbrechen des Nationalsozialismus in Deutschland sowie den Jahrtausende währenden Antisemitismus gesprochen. Ich empfinde seither zwar keine Schuld, aber eine tief verinnerlichte Verpflichtung ,solchen Tendenzen, so sie denn in meiner Umgebung evident werden, aktiv entgegenzutreten. Auch war und ist es für mich eine eigentlich nicht erwähnenswerte Selbstverständlichkeit, Menschen jeglichen Aussehens, jeglicher Herkunft , jeglichen Geschlechts, jeglicher sexueller Orientierung als selbstverständlich gleichwertig und gleichberechtigt zu betrachten (was nicht impliziert, dass mir das Ausmaß des real existierenden Rassismus in unserem Land nicht bewusst wäre).

Mein Selbstbild in dieser Hinsicht wurde jedoch erstmals durch die These in Frage gestellt, dass jede weiße Person (also ich) per se bereits rassistisch sei (Thema Unterdrücker/Unterdrückte), insbesondere Mikroaggressionen seien hier besonders zu beachten, sich selbst als „nicht rassistisch“ zu bezeichnen komme einer Anmaßung gegenüber People of Colour gleich. Ich habe das natürlich zum Anlass genommen, lange darüber nachzudenken, mich und meine Motive zu hinterfragen, was sicher niemandem schadet. Ich bin dennoch nicht dahintergekommen, warum ich mich nicht als „nicht rassistisch“ bezeichnen darf und schon gar nicht leuchtet mir ein, wie wir mit diesem in letzter Konsequenz totalitärem Ansatz-eben der Unterscheidung in Gut und Böse mit unabänderlicher Rollenverteilung, weil hautfarbenabhängig- den Rassismus aus unserer Welt schaffen können.

Und nun konstatieren Sie wiederum, in meiner DNA sei Antisemitismus angelegt (ich glaube, Sie meinen das nicht als Metapher). Sie adressieren ja in der ZEIT vorwiegend in Deutschland lebende LeserInnen, aber bei wem genau gehen Sie von einer solchen Erbanlage aus? Ich verstehe es nach mehrmaligem Lesen so (bin mir aber nicht sicher, darum schreibe ich Ihnen), dass auch Sie damit die Welt in zwei Lager teilen: In JüdInnen und Nicht-JüdInnen. Das würde sich aber demnach dann nicht unterscheiden von dem zuvor beschriebenen und sowohl von Ihnen als auch von mir kritisierten dichotomen Weltbild. Was nützt diese fatalistische Diagnose, inwiefern hilft sie, den Antisemitismus zu überwinden?

Ich sehe das Existenzrecht Israels als Selbstverständlichkeit an. Warum aber darf ich mir über die Rolle des Staates Israel im Nahost-Konflikt keine kritischen Gedanken machen oder diese mit in Anbetracht der Komplexität der Lage und der geschichtlichen Zusammenhänge gebotener Zurückhaltung aussprechen? Auch, wenn es natürlich legitim und wichtig ist, etwas festzustellen auch ohne einen Lösungsweg anzubieten, so hat mich Ihr Essay doch letztlich frustriert.

Und natürlich geht es nicht um mich und meine Befindlichkeit, aber ich glaube, dass es einer nicht geringen Anzahl von BürgerInnen damit so geht, die sich jeden Tag neu motivieren, die Kraft aufzubringen und aufzustehen gegen Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und viele andere Dinge, die in unserer Zivilisation keinen Platz mehr haben sollten-was nicht einfacher wird, wenn man gesagt bekommt, dass man ohne bewusstes eigenes Zutun Antisemitin und Rassistin ist und offenbar auch immer bleiben wird. – Dr. med. Agnes Maria Bitterlich

 

Ich danke Ihnen für diesen sehr guten Beitrag. Damit ist alles gesagt. Ich erinnere mich an meine Schulzeit in den Siebzigern und mein Nachdenken darüber, warum Nazis Juden verfolgten – und dies durch Unterstützung in der Bevölkerung auch konnten. Ich wollte es einfach nicht verstehen, denn alle im Geschichtsunterricht genannten Hintergründe und Begründungen erschienen mir doch als offensichtlich durchschaubare Lügen und billiger Populismus. Ich fürchte, ich hatte damit recht. Und ich fürchte, nach der Lektüre Ihrer Zeilen, das reicht weiterhin, damit Menschen andere Menschen beschimpfen, angreifen und umbringen. Danke für Ihre Aufklärungsarbeit!!! – Lutz Jäger

 

Ganz so einfach wie Frau Fund sollte man es sich mit dem Problem des leider zunehmenden Antisemitismus nicht machen. Frau Funk betreibt eine Begriffsverwirrung, die mehr vernebelt als erklärt. Sie verrührt Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik zu einer undurchsichtigen Melange, in der jede Klarheit verloren geht. Diese undifferenzierte Darstellung ist leider eher Wasser auf die Mühlen der meist linksgerichteten Social-Justice-Bewegungen, die bewusst die Begriffe vermischen, um so antisemitische Propaganda unters Volk zu bringen. Denen sollte auch Frau Funk nicht auf den Leim gehen.

Antisemitismus bezeichnet eine vorbehalt- und grundlose Abneigung gegen Juden als Angehörige eines Volkes bzw. einer Religionsgemeinschaft. Antizionismus bestreitet das Recht des jüdischen Volkes auf nationale Selbstbestimmung in Palästina. Israelkritik setzt sich dagegen kritisch mit der Politik der in den letzten Jahren rechtsgerichteten israelischen Regierung auseinander insbesondere mit ihrem Umgang mit den Palästinensern im eigenen Land, in den besetzten Gebieten und im Gazha-Streifen.

Kritik an der Politik der israelischen Regierung muss erlaubt sein. Ich selbst habe als Arzt ein halbes Jahr in Israel gearbeitet (Ramat Gan) und konnte mir ein Bild von der 2-Klassengesellschaft in Israel machen, in der die palästinensische Minderheit wirtschaftlich und kulturell benachteiligt wird. Das dürfte auch Frau Funk nicht entgangen sein. Das rechtfertigt sicher keine antisemitischen Ausfälle, sollte aber auch nicht schamhaft verschwiegen werden und bedeutet zweifellos Reformbedarf. Dass auch palästinensische Organisationen sich verwerflich verhalten und sich eines unerträglichen Wortschatzes bedienen ist richtig. Es dürfte für einen Friedensprozess aber nicht förderlich sein, wenn immer nur ein Unrecht durch ein solches der Gegenseite begründet wird.

Wer also die Politik Israels, insbesondere ihren Umgang mit den Palästinensern kritisiert, ist kein Antisemit und kein Antizionist sondern ein kritischer Zeitgenosse, dem das langfristige Wohl Israels und der Friede in Nahost am Herzen liegt. Begriffsverwirrungen schaden nur und führen zu einem diffusen und undifferenzierten Antisemitismus, der im Interesse mancher radikaler Gruppierung liegt. Das sollte DIE ZEIT nicht unterstützen und liegt auch nicht im Interesse von Frau Funk und unserer jüdischen Mitbürger. – Dr. Martin Klupp

 

Wir freuen uns ja als Zeit-Leser über interessante und auch kritische Meinungen. Der Artikel von Mirna Funk scheint wohl insbesondere zur selbstwirksamen Identitätsstiftung der Autorin geeignet, weniger zu einer realistischen Wirklichkeitsbeschreibung. Man muss gar nicht darauf eingehen, dass Begriffe der Autorin dezidiert falsch und unhistorisch ausgelegt werden: Zum Beispiel der Begriff „vogelfrei.“ Zwar sind einige Aspekte der kritischen Analyse über die linken Bewegungen, welche die Welt in Gut und böse aufteilen, sicherlich nicht falsch. Aber in ihrer fröhlichen Selbstbestätigungs-Suada wird die Autorin Opfer ihrer eigenen dichotomischen Falle. Für kritische Europäer nicht hinnehmbar ist, wenn die Autorin schreibt Judenhass wäre in der deutschen DNA. Diese Beschreibung genau so, ist selbst eo ipso rassistisch.

Nicht hingegen, legitime Kritik an einer in der jüdischen Überlegenheitsideologie und Religion des auserwählten Volkes als Grundimpetus verhafteter israelischer Politik. Wo die Autorin recht hat, ist, dass Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Deutschland nichts mit Israelkritik zu tun haben. Es ist korrekt, dass die „woke“ Gesellschaft Schwarz-Weiß Denken wieder modisch werden lässt. Dieses Schwarz-Weiß Denken zieht sich allerdings insbesondere durch die israelische Siedlungs- und Palästinenserpolitik. Wo die Autorin bösartigste Hintergedanken manchen Leuten („Paula und Farid“) einfach in den Mund legt, hat das dann schon (darf man so politisch unkorrekt in einer deutschen Zeitung gar nicht schreiben), Stürmer-Qualtäten. – Dr. Michael Rupp

 

Ich hoffe, es gibt in der neuen ZEIT-Ausgabe eine ebenso gefühlsbetonte, polemische und undifferenzierte antizionistische und israelkritische Replik eines Palästinensers zum Thema Antisemitismus. – Achim Hauck

 

Antizionismus wie auch Antisemitismus haben sich durch Neid zu Missgunst und letztendlich Hass entwickelt. Wer die Israel umliegenden Länder genauer betrachtet, der erkennt, das es sich ausnahmslos um Diktaturen, Monarchien, Familien-Clan Systeme also Länder handelt, denen Großteile ihrer Bevölkerung vollkommen egal sind. Nur in Israel kann sich die Bevölkerung (Mann-Frau-Divers) unter demokratischen Strukturen frei entwickeln und eine leistungsfähige Gesellschaft bilden. – Tino Winkler

 

Ein weites Feld. Der Artikel von Mirna Funk setzt einen interessanten Kontrapunkt zum Artikel „Ignoranz aus Scham“ von Susan Neimann in der Zeit Nr. 22 vom 27.05.2021. Vielen Dank an die Zeit-Redaktion für diese Gegenüberstellung, die vieles klarer werden lässt. Susan Neimann vertritt eine linksliberale jüdische Position, während Mirna Funk erklärte Zionistin ist. Frau Neimann erwartet von Israel, ebenso wie von jedem anderen Staat, eine Politik, die auf Gerechtigkeit sowohl für Israel als auch für Palästina ausgerichtet ist. Frau Funk argumentiert ausgehend von der andauernden 2000-jährigen weltweiten Verfolgung der Juden.

Kritik am Verhalten Israels im Palästinenser-Konflikt beurteilt sie auf dieser Basis tendenziell als eine Form von Antisemitismus. Sie bezieht sich dabei auch auf die gegenwärtigen Social-Justice-Bewegungen. Ihr ist absolut zuzustimmen, dass sich die Identitätspolitik völlig „verrannt“ hat und Ungerechtigkeit sowie Rassismus fördert. Trotzdem macht Frau Funk im Grunde etwas Ähnliches, wenn sie Israel eine Sonderrolle zugesteht. Wenn zionistische Kräfte das Handeln bestimmen, wird es keine Befriedung geben können. Das ist nicht anders als bei allen Konflikten weltweit, deren Ursache Dogmen sind, die nur von einer Seite anerkannt werden. Das heißt nicht, dass die palästinensische Seite derzeit nicht fundamentalistisch agieren würde.

Der Konflikt kann jedoch friedlich nur auf der Grundlage der Einhaltung der allgemein anerkannten Menschenrechte und der UN-Charta gelöst werden. Und das führt zur deutschen Israel-Politik. Die Regierung muss sich der Spannweite jüdischer Positionen bewusst werden. Die deutsche Regierung missversteht Kritik an der Politik Israels auf Basis universeller Werte zu oft als Antisemitismus. Damit unterstützt sie die antisemitischen Kräfte, die nicht zwischen Israel mit seiner Regierung, dem Zionismus und dem Judentum differenzieren. Susan Neimann hat hier m. E. recht mit ihrer Feststellung, dass Deutschland aufgrund der nicht abgeschlossenen Verarbeitung seiner Geschichte derzeit kontraproduktiv agiert. Ein Streitgespräch zwischen beiden Frauen in Ihrer Zeitung fände ich hochinteressant. – Dr.-Ing Friedrich Curtius

 

So, so, Frau Funk ist also Schriftstellerin und Journalistin. Warum überflutet sie ihren Text mit völlig überflüssigen, albernen Anglizismen? Soll das besonders aufgeklärt oder sprachlich gewandt klingen? Ihren Urgroßvater Stephan Hermlin würde es schaudern. – Bernd Guth

 

Mirna Funk konnte in der ZEIT ihre Gedanken zum scheinbar unauslöschlichen Antisemitismus mit einer Fülle von zugespitzten Thesen veröffentlichen. So sehr ich Mirna Funks Essay zu diesem Thema für wichtig halte – weil diskussionsfördernd zum offenen und versteckten Antisemitismus unserer Zeit – so empfinde ich ihre Behauptung:

„Ein Volk, das sich auf die eigene Selbstwirksamkeit verlässt, keine Angst vor der geschenkten Freiheit hat und dem aufgrund seiner Gott ebenbürtigen Rolle das dialogische wie auch das dialektische Denken und Sprechen in die Wiege gelegt wurde, übt eine faszinierende wie auch bedrohliche Wirkung auf die Mehrheitsgesellschaft aus. Denn Freiheit macht Angst.“ für anmaßend und gefährlich, weil sie den Antisemiten ungewollt in die Hände spielen könnte. Den Antisemitismus in Deutschland könnte man vielleicht langfristig mindern durch eine Bildung in den Schulen, die hinreichend über das Judentum aufklärt und z.B. Schriften von Josef Roth und Martin Buber als Pflichtlektüre berücksichtigt. – Wolf Lübcke

 

Nach mehrmaligem Versuch, den Sinn diesen Textes zu verstehen, habe ich aufgegeben. Was will sie denn? Außer einer Anhäufung zeitgenössischen Vokabulars ist da nix. Was bleibt, ist der Eindruck: gerührter Quark bleibt eben bloß Quark. – Claus Schüßler

 


 

 

Leserbriefe zu „Ungerecht von Anfang an“ von Martin Spiewak

 

Was können Erzieher und Lehrerinnen noch ausrichten, fragt Martin Spiewak. Die Antwort kann er bei Erzieherinnen und Lehrern suchen. „Bildung spaltet“. Eher spiegelt sie Spaltung. Aber Tschändern spaltet. Auch in Leser & NichtLeser. Es ist „Ungerecht von Anfang an“. – Ulrich J. Heinz

 

„Die Regierung in Dänemark hat eine Kita-Pflicht eingeführt, für Kinder ab einem Jahr aus sozialen Brennpunkten. Eltern, die sich verweigern, wird das Kindergeld gestrichen.“ Daraus folgt dann im nächsten Absatz: „In Deutschland ist der dänische Weg undenkbar.“ Warum? Weil das genauso gut auch mit „Elterncoaching“ oder „Familienzentren“ und „Elterncafés“ funktionieren könnte? Also mit „Freundlicher Belagerung“!

Gut, wenn das so ist, dann schlage ich vor, dass wir die sogenannte Energiewende oder die Verkehrswende mit den gleichen Methoden angehen: Diskussionsgruppen zum Dämmen des Hauses. Parkplatz-Cafès, um über den Umstieg auf den ÖPNV zu beraten. Und dazu vielleicht noch einen Therapiegutschein für die Sitzung beim E-Mobil-Berater? Warum hat man das Rauchen in Gaststätten nicht über Tabak-Coaches und Nikotin-Berater abgeschafft? Musste es denn gleich ein rüdes Verbot sein? Ich glaube, der dänische Weg ist nicht „undenkbar“, sondern wirksam. Und darauf kommt es doch wohl an, oder? – Thomas Meichle

 

Mit Interesse habe ich den o.g. Artikel gelesen, sehr spannend, die empirischen Daten bestätigen meine langjährige Intuition. Sowieso bin ich ein Fan der Grundschule, die Kinder aus unterschiedlichsten Hintergründen zusammenbringt. Nur kann man aus den Daten zweierlei folgern: Zum eine die besondere Förderung für Kinder aus bildungsfernen Familien, durch Zusatzangebote und Familiencoaching, ganz klar. Zum andern die Wertschätzung für die Familien, wo es anscheinend auch so funktioniert. Wo sowieso viel gelesen und gespielt und diskutiert wird, braucht es keine staatlichen Substitute.

Also bitte gerade keine Ganztagspflicht durch die Hintertür, bitte auch keine hochgezogenen Augenbrauen, wenn man Kinder unter 3 Jahren lieber selbst betreut und ihnen auch danach noch keinen vollen 8-Stunden-Tag in der „Einrichtung“ (was für ein Wort) zumuten möchte. Und schließlich: Auch bei bildungsfernen Eltern braucht es zuallererst Respekt für den Familienzusammenhalt. Vielleicht ist der den Beteiligten ja im Zweifel noch wichtiger als der reine Bildungserfolg? Am besten ist natürlich, beides lässt sich verbinden. Aber der folgende Satz aus dem Artikel hat mich wirklich gestört: „Wenn man es rein lernpsychologisch formuliert, gilt für manche Kinder: Wenn du bessere Bildungschancen haben willst, wechsle deine Eltern oder verbringe schon früh so wenig Zeit wie möglich mit ihnen.“

Schon klar, das war bewusst zugespitzt und wird danach ja auch selbst als „kaltherzig“ gekennzeichnet. Aber es entlarvt auch, dass Bildungserfolg nur einer unter mehreren Faktoren ist, die im Leben zählen. Vielleicht lernen die Kinder in den betr. Familien ja weniger Schulstoff, dafür Selbständigkeit und Einfühlungsvermögen. Wieder gilt, am besten, beides lässt sich verbinden. – Matthias Clausen

 

So ein alter Hut ! Vor fast 50 Jahren habe ich in Heidelberg bei den Professoren Finke – Holtz und Kornmann Sonderpädagogik studiert und danach als Sonderschullehrer, später auch Schulleiter einer Schule für Lernbehinderte und Schule für Erziehungshilfe gearbeitet. Genau die hier geschilderten Erkenntnisse waren damals schon bekannt. Geändert hat sich seither leider nichts ! Es hat auch nichts genutzt, dass die Schulen, die die durch ihre Herkunft benachteiligten Kinder besuchen mussten, alle paar Jahre umbenannt wurden. Das gesellschaftliche Problem ist bis heute dasselbe. – Georg Feller

 

Der Artikel „Ungerecht von Anfang an“ kann nicht unkommentiert bleiben. „In Deutschland ist der dänische Weg undenkbar“ (Kita-Pflicht ab dem 2. Lj. für Kinder aus sozialen Brennpunkten). Warum sollten wir dies als undenkbar akzeptieren? Sind nicht die nur gar zu wahren Aussagen dieses Artikels geradezu ein Aufruf zum Handeln. Gilt es nicht endlich alle Potenziale aus den 4 P: Pädagogik, Presse (Medien) , Politik und Pädiatrie zu bündeln, um für unsere Kinder zumindest den „Weg Richtung Dänemark“ rasch einzuschlagen?“ – Dr. Ulrich Enzel

 

Was mir nach diesem Artikel noch weniger einleuchtet: Warum hat Herr Schleicher von der OECD immer nach den PISA Studien behauptet, das Problem Schereneffekt trete gerade in Deutschland extrem stark auf? Wie unterscheiden sich die hiesigen Eltern vom Rest der Welt? – Michael Barth

 

Hier wird endlich mal klar gesagt , wie die Lage ist. Ungerecht von Anfang an, genau. Es ist das Elternhaus in das man hineingeboren und gross wird. Da paßt wirklich dieser fürchterliche Ausdruck „Stallgeruch“.Und den wird man nie wieder los, ein ganzes Leben lang. – Hans-Emil Schuster

 

Mich haben die Informationen des Artikels sehr gefesselt. Sprachlos wurde ich erst, am Anfang des vorletzte Absatzes: „In Deutschland ist der dänische Weg undenkbar.“ Begründung Fehlanzeige! Womit stützen Sie diese Behauptung? Folgt es dem Muster „not invented by us“? Stattdessen schlagen Sie eine andere Methode vor. Typisch für unser Denken und unsere Diskurse im Land. „Geldpflaster“ ist die typische politische Lösung für alles was nicht so läuft, wie wir es uns vorstellen.

Die von Ihnen beschriebene Methode ist sehr aufwändig, fordert Unmengen von Ressourcen und braucht Jahrzehnte, bis sie greift. Gesellschaft gestalten, wenn neue wissenschaftliche Fakten verfügbar sind, geht nach meinem Verständnis anders. Wie wäre es mal mit „einfach machen“? Da bewundere ich den Mut und die Entschlossenheit von Dänemark! – Jörg Puttfarken

 

Ich höre den Ausdruck „freundliche Belagerung“ in diesem Zusammenhang zum ersten Mal und finde ihn gut gewählt. Es wäre zu wünschen, dass die politischen Parteien die „freundliche Belagerung“ der Eltern und das Konzept der Familienhebammen in ihre Programme aufnehmen würden. Familienhebammen sollten sich aber nicht nur um die Gesunderhaltung von Mutter und Kind kümmern, sondern auch um die geistig-seelische Entwicklung. Sie erwähnen die großartige Studie von Hart & Risley (1995), die schon länger zurückliegt, aber vielleicht ist Ihnen entgangen, dass noch frühere Studien vorgeschlagen haben, den Hebel bei den Eltern von Kleinkindern anzusetzen. Die sollte man nicht vergessen. Wir haben mit Blick auf die kindliche Sprachentwicklung über sie berichtet:

„Die Manchester-Studien (1992) zeigen auch einen Weg aus der Misere. Sally Ward und ihr Team konnten die Sprachverzögerung, die sie bei neun Monate alten Babys mit Hilfe von Hörverstehenstests festgestellt hatten, wieder wettmachen, vor allem durch eingehende Beratung der Eltern. Jeweils zwei Therapeutinnen statteten den Eltern mehrere Hausbesuche ab, die insgesamt nicht mehr als zweieinhalb Stunden dauerten.

Dabei empfahlen sie den »Fernseheltern«, wenigstens eine halbe Stunde täglich mit ihren Kindern ohne elektronischen Hintergrund zuzubringen. Der Einsatz lohnte sich. Die Entwicklungsverzögerung konnte dauerhaft aufgeholt werden. Dies bedeutete ein Minimum an therapeutischem Aufwand im Vergleich zu dem Sprachtraining, das sprachauffällige ältere Kinder absolvieren müssen. Das Programm setzte bei den Eltern an, ohne diese zu überfordern, und zu einem Zeitpunkt, als die Kinder noch nicht ein Jahr alt waren.“

„Studien aus dem Londoner Stadtteil Haringey (Tizard 1981) zeigen, wieviel es bewirkt, wenn Eltern sich von ihren Grundschulkindern regelmäßig vorlesen lassen. Haringey ist ein typisches Arbeiterviertel mit hohem Ausländeranteil. Die Schulen stellten kostenlos geeignete Bücher zur Verfügung. Die Forscher verlangten von den Eltern nichts weiter, als daß sie sich von ihren Kindern aus den mitgebrachten Büchern regelmäßig vorlesen ließen und darüber auch Buch führten (Eintrag auf einer report card). Die Eltern wurden nicht belehrt, geschweige denn besonders geschult. Selbst wenn Eltern kaum Englisch sprachen oder nicht lesen konnten, machten die Kinder, die zu Hause vorlasen, immer noch größere Fortschritte als eine Kontrollgruppe, der in Förderstunden besondere schulische Nachhilfe erteilt wurde.

Die Forschungsarbeiten in Haringey und Manchester zeigen eindeutig: Wer den Kindern helfen will, muß zunächst den Eltern helfen! Eltern aller sozialen Schichten sind leicht ansprechbar, wenn es um das Wohlergehen ihrer Kinder geht. Manche brauchen aber gezielte Anregungen, die sie dankbar aufnehmen.“ (Aus W. & J. Butzkamm, Wie Kinder sprechen lernen. Kindliche Entwicklung und die Sprachlichkeit des Menschen. 42019, S. 387; 403) – Prof. em. Dr. Wolfgang Butzkamm

 

In dem Artikel fallen mir zwei Dinge auf. In der Grafik „Frühes Auseinanderklaffen“: Wie kann es sein, dass nach einem ersten, steilen Anstieg der „Entwicklungsindex“ der Kinder von Eltern mit hohem Bildungsniveau im Alter von 6. und 7. Jahren – also um die Zeit der Einschulung – kurz rapide sinkt um bis zum Alter von 15 Jahren nicht weiter anzusteigen als bis zu diesem ersten Peak? Was passiert in unseren Schulen? Es wirkt, als kämen die Kinder neugierig und voller Wissensdrang an einen Ort der vielfältigen Angebote, die sie jedoch offenbar nur kurz nutzen, um dann in ihrer Entiwcklung auf Vorschulniveau zurück fallen.

Der darauf folgende Anstieg ist sehr moderat und erreicht nicht annähernd das zuvor höchste Niveau. Wenn sie dann in die weiterführenden Schulen gehen, fallen sie erneut auf Vorschulniveau zurück. Als ich dann einen weiteren Blick auf den Anfang der Kurve warf, fiel mir auf, dass auch schon am Beginn, nach einem recht deutlichen Anstieg bis zum Alter von 2 Jahren, der Entwicklungsindex leicht sinkt. Ist das nicht die Zeit, in der mehr und mehr dieser Kinder in externe Betreuung kommen? Warum bewirkt dieser Aufenthalt keinen Anstieg des Index?

Zum zweiten ein denkwürdiger Kommentar zur Studie von Lareau et al. „Lareau wertet nicht, auch das „natürliche Wachstum“, so nannte die Soziologin den anderen Stil, habe Vorteile. Und eine ständige Bespaßung und Dauerkontrolle könnten sich auch nachteilig auswirken, … Nur eines dürfte klar sein: Auf die Schule bereitet die »concerted Cultivation« besser vor“. Wenn ich nun beides zusammen bringe, frage ich mich, ob nicht „gut vorbereitete“ Kinder in ihrem Entwicklungsindex ständig weiter wachsen müssten, wenn sie in die Schule kommen? Was bloß hindert sie daran und führt sogar zu einem Absturz?

Im Gegensatz zu den Autoren glaube ich nicht, dass es an der Hirnentwicklung liegt. Das widerspricht dem, was die Hirnforschung heute weiß: Unser Hirn bleibt immer plastisch. Aber wir benötigen bestimmte Bedingungen, um diese Plastizität nutzen zu können. In dem Buch „Rettet das Spiel“ vom Hirnforscher Gerald Hüther und vom Philosophen Christoph Quarch liest man auf S. 86ff: „Im Gegensatz zu den Tieren verfügen wir kaum über innere Orientierungshilfen in Form angeborener Verhaltensweisen, auf die wir zurückgreifen könnten und mit deren Hilfe wir in der Lage wären, uns in der Welt zurechtzufinden. Unser Gehirn ist dafür viel zu offen, viel zu plastisch und viel zu wenig vorprogrammiert.

Deshalb ist es auch zeitlebens in seiner inneren Struktur, seiner Art der Vernetzung durch neue Lernerfahrungen veränderbar. … Und so sind wir … unterwegs – als Suchende. In reinster Form lässt sich das bei unseren Kindern beobachten. Sie machen uns vor, wie dieses Suchen abläuft – und zwar beim Spielen. Helfen können wir ihnen dabei, indem wir ihnen die für dieses spielerische Entdecken die erforderlichen Freiräume und Möglichkeiten bieten. Und indem wir ihnen mit unserem eigenen Wissen und Können dabei behilflich sind herauszufinden, wie es gehen könnte. Als Vorbilder, als Unterstützer, als Ermutiger.

Kinder hören aber sofort auf zu spielen, wenn sie merken, dass wir sie zu Objekten unserer Belehrungen, Anleitungen, Vorgaben, Erwartungen oder gar Erziehungs- und Bildungsmaßnahmen machen. Denn dann erleben sie sich nicht mehr als Subjekte, die ihren Weg in unsere Welt mit ihrer angeborenen Spielfreude selbst suchen und finden. Sie verliren ihre Lust, selbst zu denken, selbst zu gestalten. Sie hören auf zu spielen und warten darauf, dass wir ihnen sagen, wie etwas geht, wann und wie sie etwas machen wollen.“ Mir scheint die von Ihnen dankenswerter Weise öffentlich gemachte Grafik dramatisch die ungünstigen Wirkungen unserer so genannten Bildungsinstitute auf die Kreativität und die Weiterentwicklung durch das Spiel von kleinen Menschenkindern aufzuzeigen. Wie traurig. – Dr. med. Sibylle Riffel

 

Darüber werden sich die betroffenen Schüler sicherlich politisch korrekt gefreut haben: Der Autor stellt das Versagen der Schule, auch die besseren Schüler deren Möglichkeiten entsprechend zu fördern, als positiv dar. Denn eine solche Schule „hält die Kinder zusammen“. Eine derartige Verachtung gegenüber den schlechteren Schülern wäre heute wohl undenkbar. Aber die „Gegengruppe“ darf man vernachlässigen, weil sonst die „Stärken der Privilegierten“ potenziert würden. Diese Potenzierung kann man in der Tat nun wirklich nicht wollen, entstünde so ja möglicherweise eine Bildungsrepublik Deutschland … – Christian Sorge

 

Vielen Dank für die interessanten und wichtigen Beiträge – insbesondere für „Ungerecht von Anfang an“. – Eva Gruber

 

Im Artikel geht es um einen Graben, den Graben im Bereich der Bildungs-Chancen. Dieser steht in Zusammenhang mit anderen Gräben, insbesondere solchen im Bereich der Themen Ökonomie und Demographie. Ursachen und Wirkungen dieser Gräben sind verknüpft. Bildung hat dabei eine doppelte Aufgabe: einerseits zu helfen, diese Gräben zu verringern und anderseits ein gemeinsames Weltbild zu fördern, das geeignet ist – trotz der nicht vollständig eliminierbaren Gräben – einen Weg in eine gemeinsame gute Zukunft zu finden.

Grundsätzlich ist zu fragen, bis zu welchem Grade Bildungsgerechtigkeit (wie viele andere Arten von Gerechtigkeit) möglich und nützlich ist, und zwar nützlich für alle Menschen. Dazu einige Tatsachen: Die Suizidrate unter den Jugendlichen in Südkorea liegt weit überm weltweiten Durchschnitt. Die Regierung in Südkorea hat verboten, dass nach 22 Uhr abends noch professionell Nachhilfeunterricht gegeben wird. Die Anzahl der Menschen mit MIgrationshintergrund in Köln beträgt 40 Prozent, die der Jugendlichen mit Migrationshintergrund beträgt 59 Prozent. Solche Tatsachen sind zu berücksichtigen bezüglich der Frage, wieweit Bildung geeignet ist, demographische und ökonomische Gräben zu reduzieren.

Der mit dem Beispiel aus Köln angedeutete demographische Graben hat vor allem folgende Ursachen: Auf der einen Seite des Grabens sind Bildung (als Grundlage für Karriere) der Kinder erstrebenswert, aber wegen des grossen Aufwands – auch an Stress – ist die Geburtenrate tief. Auf der anderen Seite des Grabens ist eine grosse Familie ein erstrebenswertes Lebensziel und gibt mehr und einfacher erwerbbares Ansehen als Bildung. Für einen bescheidenen – aber oft im Vergleich zur Lage im Herkunftsland der Eltern guten – Lebensunterhalt der Kinder ist der Staat zuständig.

Bildungsförderung durch frühen Kita-Besuch ist hilfreich, den Bildungs-Graben zu reduzieren. Ganz allgemein allerdings führt aber Verantwortungs-Entlastung der Eltern nicht zu einer Senkung der Geburtenrate. Schliesslich ist unter Umständen Enttäuschung vorprogrammiert, wenn trotz guter Bildung eine entsprechende Karriere nicht gelingt, etwa weil dafür auch entsprechende Vernetzung oder die Fähigkeit, sich gut zu verkaufen, nötig sind. Hier haben manche Akademikerkinder Vorteile, die durch Bildung allein nicht kompensierbar sind. Quoten (etwa wegen eines Überangebots an Akademikern) würden da neue Ungerechtigkeiten schaffen.

Im Bereich der Bildungs-Gerechtigkeit gibt es also Zielkonflikte. Solche kann man nicht lösen, indem man mit mehr Anstrengung beide Ziele verfolgt. Man muss Zielkonflikte direkt ansprechen und Lösungen im Interesse eines gemeinsamen höheren Zieles suchen und verkaufen. Wichtig für die Zukunft aller Menschen ist, dass die Geburtenraten den langfristig verfügbaren Ressourcen angepasst sind. Das ist auch nötig, um genug Arbeitsplätze verfügbar zu machen, auch damit sich Bildung lohnt und Eltern motiviert werden, ihre Kinder entsprechend zu fördern.

Eine angemessene Geburtenrate ist aber auch nötig, damit die Konkurrenz in Berufen, die weniger Bildung benötigen, nicht so hoch ist, dass die Löhne unter Druck geraten. Auch das bedingungslose Grundeinkommen hilfreich (gibt Stabilität und Lebensunterhalt bei fehlenden Arbeitsplätzen) ist nicht bezahlbar bei zu hohem Bevölkerungswachstum. Kurz gesagt, Bildung soll nicht nur Gerechtigkeit schaffen, sondern soll auch helfen, ein Weltbild zu verbreiten, das eine gute Zukunft ermöglicht. Das betrifft aber auch die Verantwortung der Eltern und ganz allgemein von Gesellschaft und Politik. – Dr. Gernot Gwehenberger

 

Sie zitieren in Ihrem lesenswerten Artikel unter anderem eine Studie von Betty Hart und Todd Risley. Es wird behauptet, Kleinkinder aus Akademikerfamilien wären mit 45 Mio. Wörtern in den ersten 4 Lebensjahren konfrontiert (was immer das heißen mag). Wenn ein Kind die Hälfte der Zeit schläft, blieben ihm pro Wort noch ca. 1,5 Sekunden. (4 Jahre sind 126230400 Sekunden). Ich hoffe, kein Kind muss das erleiden, das kann nicht stimmen. – Tobias Bartolome

 

Zu Ihrem o.g. Artikel wollte ich nur sagen, dass er phantastisch ist. Verständlich, interessant und auch noch mit Quellen verlinkt. Was will man mehr? Ich hatte das Gefühl, dass ich das einfach mal sagen muss in Zeiten, in denen auf sog. „Mainstream-Medien“ immer herumgetrampelt wird (ich kann dieses „Herumgetrampel nicht nachvollziehen). – Frank Feller

 

Der Artikel greift zu kurz oder anders gesagt: Er bleibt systemkonform und übersieht zentrale Aspekt der sogenannten Bildungsmisere. Unser deutsches Schulsystem wird nicht in Frage gestellt. Ein System, das von Akademiker*innen mit besten Absichten erdacht und gestaltet wird. Auch wenn diese Akademiker*innen arme und „bildungsferne“ (ein in meinen Augen diskriminierendes Wort) Familien bei Mahlzeiten und Autofahrten begleiten, entsteht beim Lesen des Beitrages der Eindruck, dass die Macher*innen der zugrunde liegenden Studie bei der Auswertung die Maßstäbe ihrer Lebenswelt an eine gänzlich andere Lebenswelt anlegen.

Dazu gehören auch die Maßstäbe des aktuellen Schulsystems, das darauf ausgelegt ist, möglichst viel theoretisches Wissen anzuhäufen und dieses bestenfalls auch anwenden zu können. Weitere Bildungsbereiche, wie z.B. sozial-emotionale, motorische, kreativ-gestalterische, musische Entwicklungsbereiche fallen im Schulsystem weitgehend (als marginal unterrichtete Nebenfächer) und im Artikel ganz flach. Inwieweit die Studie, auf die der Autor sich beruft, diese Bildungsbereiche würdigt ist nicht ersichtlich. Der Autor geht davon aus, dass Bildung für alle gleich sein muss. Warum? Sind wir alle gleich?

Müssen wir alle die gleichen Fähigkeiten und Kompetenzen haben? Müssen alle Kinder im Alter von drei Jahren 1000 Wörter in ihrem Sprachgebrauch haben, weil unser Schulsystem mit Kindern, die „nur“ 500 Wörter verwenden, nicht zurechtkommt? Wo bleibt der ressourcenorientierte Blick: Was können und wollen diese Kinder lernen? Wie können sie am besten lernen? Wo in unserer Gesellschaft können sie als Erwachsene ankommen? Die Maßstäbe für gute und richtige Bildung setzen die im Artikel als Ober- und Mittelschicht bezeichneten Bevölkerungsschichten.

Kitas, die nun maßgeblich dazu beitragen sollen, die Bildungsschere weiter zu schließen, fassen den Begriff der Bildung übrigens bereits weiter (siehe Rahmenpläne der Länder für Bildung und Erziehung im Elementarbereich). Ich empfinde es als arrogant, stigmatisierend und gefährlich, arme Elternhäuser (was zumeist mit „bildungsfern“ gleichgesetzt wird) per se als Gefahrenquelle für die Bildung ihrer Kinder zu sehen, ohne die mehr als reformbedürftigen Strukturen und Lehrinhalte unseres Schulsystems gründlich in Frage zu stellen. – Heike Hüllsieck

 


 

 

Leserbriefe zu „Das neue Wachstum“ von Lisa Nienhaus

 

Es mag ja sein, dass es in Deutschland zu einem neuen Wirtschaftswunder kommt, aber die Vorausssetzungen sind vollkommen anders als vor 60 Jahren: Damals war China als Gross-Verbraucher noch nicht vorhanden; nach dem Krieg mit einem vollkommen verwüsteten Land konnte es nur bergauf gehen. Mittlerweilen haben wir eine ganz andere Situation: China ist der neue Groß-Verbraucher, saugt die Überproduktionen des Rests der Welt auf und ist im Begriff und Willens, die Fehler der westlichen In- dustrienationen (nicht mehr atembare Luft, verseuchte Flüsse etc.) zu wiederholen in der Erwartung, dass für eine Milliarde Menschen ein Wohl- standniveau erreichbar ist wie im Westen.

Dabei haben die reichen Industrienationen den weltweiten Ressourcenkuchen unter sich aufgeteilt und damit das Teil, welches China zustehen würde, schon verfrühstückt. Das macht sich in immer knapper werdenden Ressourcen und einem immer heftiger werdenden Konkurrenzkampf um diese bemerkbar. So nebenbei explodieren die CO2-Emissionen und verändern mittelfristig das Klima. Vor über 40 Jahren wurde bereits vom Club of Rome auf die „Grenzen des Wachstums“ hingewiesen – damals war China noch unbedeutend. Um wieviel schlimmer ist es seither geworden, was in Gletscherschmelze und weltweitem Temperaturanstieg sichtbar ist.

Es ist einfach traurig, dass man aus der Veröffentlichung des Club of Rome keinerlei (in Worten: Null) Konsequenzen gezogen hat und selbst bei einem jährlich nach vorne wandernden World Overshoot Day Wachstum (was immer mit Ressourcenverbrauch verbunden ist) als das einzige Mittel zur Bewältigung der sich anbahnenden Klimakatastrophe ansieht. Parallel dazu hat man Überlegungen wie Degrowth mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln lächerlich gemacht, so dass es kaum jemand wagte, darüber nachzudenken. Heute haben wir den berühmten „Salat“ : Die notwendigen Massnahmen zur CO2-Emissionsreduzierung müssen von Monat zu Monat drastischer werden, um einen bestimmten Zielpunkt nicht zu verfehlen, aber man stellt fest, dass dies täglich schwieriger wird.

Eines nicht zu fernen Tages werden uns die Probleme über den Kopf wachsen und eine Sozialverträglichkeit der Massnahmen wird unmöglich sein, da der Staat die benötigten Subventionen nicht mehr bezahlen kann. Aber wir leisten uns den Luxus, die Diskussionen, die wir vor 40 Jahren hätten führen sollen, nun so allmählich zu führen, wobei (das ist meine eigene Meinung) man nur hoffen kann, dass China altruistisch genug ist, auf Wachstum und weiter steigenden Wohlstand zu verzichten im In- teresse von Gesamterde (lacht hier jemand ?) Das Märchen, dass Deutschland mal mit gutem Beispiel vorangehen und der Welt zeigen würde, wie man ein genügsames und klimaneutrales Leben führen kann, glaube ich nicht mehr, wenn nach wie vor Wachstum fast schon axiomatisch „angebetet“ wird. – Würth

 

Sie schreiben in der Überschrift: „Und kann es auch nachhaltiger und gerechter werden?“ Nach Ihrer Aussage war die Wirtschaft schon nachhaltig und gerecht. Mir würde das genügen. Es müsste heißen im Hinblick auf ein kommendes Wirtschaftswunder: „Und kann es auch nachhaltig und gerecht werden?“ Aber diese Frage ist illusorisch, denn bei einer Bejahung bekämen wir das Paradies auf Erden. – Gustav Bächler

 

Wie kann es bloß sein, dass nach allem, was wir heute wissen, von einigen Mitarbeitenden des Wirtschaftsressorts immer noch Wirtschaftswachstum als Lösung für die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aufgenommenen immensen Schulden und für die zur Bekämpfung des Klimawandels notwendigen weiteren staatlichen Investitionen betrachtet wird? Ist es nicht vielmehr so, dass das Wirtschaftswachstum immense Kosten und große menschliche Not produziert, für die dann aber niemand aufkommen will von den Profiteuren des Wirtschaftswachstums? Zumal die größte Not und damit die größten Kosten verzögert und zumeist an anderen Orten entstehen und oftmals lediglich durch flüchtende Menschen wieder bei uns spürbar werden. Aber auch wir hier in Europa leiden unter den Folgen, unter dem Lärm, dem Gestank, den so genannten „Zivilisationserkrankungen“.

Nach allem, was mir in der Literatur so begegnet (und was nicht profitgeleitet ist), erscheint mir allerhöchstens ein sehr moderates, so genanntes grünes und mit sozial verbindlichen globalen Standards verknüpftes Wirtschaftswachstum vereinbar mit erfolgversprechendem Vorgehen gegen ein Fortschreiten der klimatischen Veränderungen zu sein. In erster Linie sind dafür allerdings deutliche Veränderungen unserer Lebensweise erforderlich, die ich keineswegs Verzicht nennen würde. Denn auch das wird so oft, wenn es um die „Rettung des Wohlstand“ zu gehen scheint, weggelassen. Unsere Lebensweise und die Folgen des Wirtschaftswachstums erschweren es uns, zufrieden zu leben. Sie machen uns vielmehr krank und viele, arme wie wohlhabende Menschen unglücklich. – Dr. med. Sibylle Riffel

 

Am Beispiel Klimakrise werden kritische Punkte angesprochen. Sie zu bewältigen kostet Geld. Hier werden Schwächen des demokratischen Verhaltens deutlich: wer ist entscheidend für Veränderungen – die Älteren. Sie sehen keinen Grund für Verzicht, Verzicht auf Lebensqualität. Die meisten der über 50-jährigen werden die Klimaneutralität nicht mehr erleben. Warum sollten sie sich mit weniger zufrieden geben. Die letzten Bundestagswahlen haben gezeigt, wie wichtig die Befriedigung von Individualinteressen, z. B. Rentenfragen waren. Stichworte: Mütterrente, Rente mit 63. Naturgemäß ist dieses Thema für Wähler unter 30 weniger wahlentscheidend. Priorität haben nun mal individuelle Interessen.

So wird das auch bei der Bewältigung der Klimakrise sein. In Sonntagsreden wird immer das Wohl der gesamten Gesellschaft in den Mittelpunkt gestellt, die Realität ist anders: Die Partei, die dem Wähler das meiste verspricht, die wählt er. Die Zukunft der Gesellschaft rangiert auf den hinteren Plätzen. Daran ändert auch das System der Lobbyisten nichts: hinter ihnen versammeln sich Individuen und geben ihnen so Gewicht. Die Gesellschaft in Gänze hat keine Lobby, der Bundestag ist es zumindest nicht. Parteien bedienen ihre Wähler.

Ein anderes Problem ist in der Wahlberechtigung begründet. Kinder haben naturgemäß kein Wahlrecht, dazu gibt es aber keine symmetrische Komponente. Wer erklärt einem 16-jährigen, dass er kein Wahlrecht haben sollte wohl aber der demente Ältere. Ich bin 82 Jahre alt. Mir ist bewusst, dass ich hier im Sinne der Symmetrie gefährdet bin. Um Probleme wie die Klimakrise zu bewältigen, bin ich zum Verzicht bereit. – Dr. F. Kleiner

 

Ich lese die „Zeit“ recht regelmäßig und schätze dabei vor allem sachliche, tiefgründig recherchierte Artikel. Der Artikel „Das neue Wachstum“ aus der „Zeit“ Nr. 24/2021 gehört leider nicht dazu. Die Autorin Lisa Nienhaus suggeriert als Ausweg aus der Klimakrise, erneuerbare Energien billiger zu machen und die Kosten durch das daraus resultierenden Wachstum zu decken. Wenn das funktionieren würde, müsste sich niemand einschränken. Das wäre bequem, ist nur leider unwahr. Es kann nur mit einem Bündel von Maßnahmen funktionieren, die auch Einschränkungen beinhalten.

Schon jetzt verursacht die Klimakrise hohe ökonomische Kosten, die steigen werden. Nichtstun ist teurer als Klimaschutz – darüber steht leider nichts in dem Artikel. Die aktuelle populistische Benzinpreisdebatte wird als symbolisch für kommende Verteilungskämpfe dargestellt und dabei unterstellt, dass die Armen bei Wachstum auch reicher werden (Trickle-Down-Theorie). Stimmt nur leider nicht, gerade wenn der Reichtum sehr unterschiedlich verteilt ist. Ein zitierter Satz aus dem Buch von Maja Göpel „Unsere Welt neu denken“ wird völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Aus Umfragen zu Corona werden seltsame Schlüsse gezogen.

Die im Artikel angeführte Verringerung der Co2-Emissionen in der EU bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum gehen in großen Teilen darauf zurück, dass teilweise statt Kohle Gas zur Energieerzeugung genutzt wurde. Das ist kein Zukunftsmodell. Die Autorin des Artikels ist die stellvertretende Leiterin des Wirtschaftsressorts der „Zeit“ und wurde mehrfach ausgezeichnet. Wie passt das damit zusammen, dass sich der Artikel wie eine Auftragsarbeit von industrienahen Lobbyverbänden liest? – Volker Sommerfeld

 

Vom Artikel „Neues Wachstum“ in der aktuellen Ausgabe 24/2021 bin ich etwas enttäuscht. Als im Einstieg des Artikels auf Maja Göpel referenziert wurde erwartete ich einen vielfältiger recherchierten und geschriebener Artikel. Beim Satz, bezogen auf den Verteilungskonflikt, „Die pragmatische Antwort darauf ist die gleiche wie bei Schulden: Wachstum.“ war ich sehr enttäuscht. Es waren zu Beginn des Artikels Ansatzpunkte ausgeführt, die den Gedanken nahe legen, dass Klimaschutz ohne Veränderungen in unserem Verhalten und Lebensgewohnheiten nicht funktionieren wird. Kurz wird auch darauf eingegangen, dass wir mit weniger Konsum glücklich waren oder sogar sind.

Dies wird später jedoch nicht mehr aufgegriffen. Als es im Artikel darum geht was eine gerechtere Umverteilung mit sich bringen würde, wird nur beschrieben, dass wir nicht bereit sind uns Klima schützend zu verhalten und der bereits zitierte Satz kommt zum Einsatz. Es folgt keine kritische Auseinandersetzung warum und was es denn bedeuten könnte (auch nochmals referenziert auf die Tatsache, dass wir mit weniger Konsum auch glücklich waren). Ich hatte erwartet, dass diese Aspekte genauer beleuchtet werden. – Susanne Kopp

 

„Frisch, glänzend, verheißungsvoll“ – Ist Wachstum tatsächlich die Lösung für Ungleichheit, Schulden der Pandemie und die Klimakrise? Keines dieser Probleme wird durch ein höheres Bruttoinlandsprodukt direkt angegangen. Wir brauchen gezieltere, nachhaltige Lösungsansätze! Erstens gibt es in Deutschland genug materielle Güter. Armut (vor allem relative) erfordert daher Maßnahmen wie etwa Umverteilung. Ob Wirtschaftswachstum die Akzeptanz solcher Maßnahmen steigert, ist sehr fraglich.

Zweitens kann Wachstum in der Klimakrise sogar hinderlich sein: Bisher braucht jeder weitere Euro BIP auch weitere Ressourcen und verursacht Emissionen. Der Weg zur Emissionsneutralität wird länger, je größer die Produktion ist, die umgestellt werden muss. Dass wir – wie im Artikel vertreten – Wachstum bräuchten, um uns höhere Schulden für die Subventionierung grüner Technologien leisten zu können, erscheint als wenig stichhaltig. Eine solche relative Preisanpassung kann schließlich auch über einen effektiven Emissionshandel erreicht werden.

Die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Emissionen bleibt eine immense Herausforderung. Dass dies 2019 in der EU gelungen ist, ist gut. Jedoch wird die Reduktion immer schwieriger, je näher wir der Klimaneutralität kommen. Und umso schwieriger, je mehr wir wachsen. Eine Forderung nach mehr Wachstum ist deswegen ignorant gegenüber den katastrophalen Klimafolgen.

Natürlich hat das komplette Herunterfahren des öffentlichen Lebens während des Lockdowns zu erheblicher Unzufriedenheit geführt. Der Vergleich des Lockdowns mit einem aus Klimaschutzgründen reduzierten Wirtschaftswachstum hinkt jedoch: Nicht ein fehlender Anstieg des BIP war die Ursache für die Unzufriedenheit der letzten Monate. Vielmehr spielten hier eingeschränkte Kontakte, doppelte Belastung bei Arbeit, Schule, Studium oder Existenzängste eine überwiegende Rolle. Nichts davon ist direkte Folge des geringeren Wachstums. Eine Mäßigung des gesellschaftlichen Konsums muss nicht zu wirtschaftlichen Ängsten Einzelner führen.

Natürlich sind viele Menschen nach der Pandemie auf eine wirtschaftliche Erholung angewiesen. Nullwachstum zu fordern würde die akuten Probleme nicht anerkennen und Wachstum ist ja nicht per se schlecht. Es ist aber ebenso wenig per se gut und vor allem keine Lösung für die komplexen Probleme unserer Zeit. Vor allem der Klimaschutz muss endlich ernst genommen werden und an erster Stelle stehen. Wenn Wachstum dem entgegensteht, ist es nicht vertretbar, mehr davon zu fordern. – Lorenz Dögnitz, Ariane Hein, Franziska Kirchhof, Sofus Messell, Nathan Rober, Lina Zuendorf

 

Schlimm sieht es aus für kommende Generationen, schlechter steht es um die Rettung des Weltklimas, als Ihr Leitartikel es verharmlosend darstellt: denn „das neue Wachstum“ ließe sich angeblich nicht umgehen. Fortschritts-bemäntelt, schätzt Lisa Nienhaus „grüne Technologien“ als Königsweg gegen Treibhausgase ein, als Wachstums-Antreiber und Geschäftsmodell gar; während sie diese fatalen Strategien des Kommerzes selber als ketzerisch etikettiert, unterschlägt sie Gegenentwürfe ohne eine ressourcenschindende Technik (auch die vielen Materialien für Windräder fallen nicht vom Himmel) – überzeugend dokumentiert etwa von Niko Paech oder Ernst-Ulrich von Weizsäcker! „Suffizienz“, eine „neue Kunst der Mäßigung“, angesprochen im Feuilleton, wird von ihnen angemahnt, politisch wohl allein von den Ökodemokraten der ÖDP, wollte man nicht von Verzicht reden. Doch obliegt es uns, dies baldigst auch Schwellen- und Tigerstaaten zu vermitteln, denen wir eine maßlose Verschwendungswirtschaft leitbildhaft aufgeprägt haben!

P.S. Die Dringlichkeit Klima-rettender Maßnahmen steigt offenkundig von Tag zu Tag. ‚Kipp-Punkte‘ beim globalen Klima drohen uns immer deutlicher; gerade heute erfuhren wir von einer ‚Klima-Analyse‘ des Bundes wieder davon – hier im Beitrag von Radio SWR2: https://www.swr.de/swr2/wissen/kipp-punkte-der-oekosysteme-deshalb-muessen-wir-jetzt-handeln-100.html. Alarmierend für mich geradezu, in der ZEIT von Lisa Nienhaus die oben benannten ‚Strategien des Kommerzes‘, mit Wirtschaftswachstum als Non-plus-ultra abgesegnet zu bekommen – auch im Interview mit Stefan Liebig (Einschränkungen? – „Nicht, wenn wir in den kommenden Jahren stark wachsen!“ .. dann aber von Herrn Liebig relativiert ..). Strategien, ‚grün‘ bemäntelt, die unweigerlich ein Mehr von Ressourcen, Energien und Landverbrauch mit sich bringen!

Beispiele: der gewaltige Rebound-Effekt beim Einsatz von LEDs (auch deren Materialien fallen keineswegs vom Himmel), verbunden zudem mit einer signifikanten Aufhellung des Nachthimmels durch das große Rückstrahlpotential blau-weißen Lichts vom Boden; die Windturbinen und Fernleitungen mit großer Flächenbeeinträchtigung (offshore; onshore: breite Schneisen; die schweren, breiten Fundamente im Boden sieht man gar nicht ..) – Lassen wir uns etwa gutgläubig auch darauf ein, China werde bis 2060 klimaneutral sein, während seine gewaltigen Infrastrukturen weiter unterhalten, ausgebaut, massenhaft exportiert werden sollen, auch unter dem unseligen Wachstumsprojekt ‚Neue Seidenstraße‘?

Ich bitte um Abdruck meines obigen Zuschrift-Passus‘ und hoffe, DIE ZEIT werde uns in Zukunft solcherart ökologische Augenwischerei nicht noch einmal zumuten! Hatte Frau Nienhaus womöglich das Buch des Alt-‚Grünen‘ Ralf Fücks von 2013 verinnerlicht, „Intelligent wachsen. Die grüne Revolution“ … der brachte dieselben Wunschvorstellungen in die Welt – von gewissenhaften Ökologen und seitens der ÖDP: einem wahren Korrektiv zu den (längst nicht mehr:) ‚Grünen‘, längst ad acta gelegt ..

In einer (einzigen) Leserzuschrift, von Iman Schwäbe, fand ich übrigens das „Weniger an Konsum“ hervorgehoben: „.. nicht als Verzicht, sondern eventuell sogar als Entlastung“. Zuletzt: Leider habe ich Ihre Ausgabe #22 nicht lesen können. Das Thema berührt mich ebenfalls, evtl. in der von Joachim Wagner angesprochenen Weise: als Gegner von Masseneinwanderung (zu leicht idiotischerweise als ‚Rassismus‘ gebrandmarkt) empfinde ich den Sog, zu uns zu wollen („Seid stolz, dass sie zu uns wollen!“) ebenfalls als deutlich Zukunft gefährdend; allein schon an überfüllten Autobahnen und fehlendem Wohnraum ist die Überlastung unseres Lebensraums, unseres Landes abzulesen, umweltschädigende Bauwirtschaft bekommt größte Wachstumsraten – während die großflächigen Ursprungsländer von Flüchtlingen veröden und verwaisen.

Ich vermisse stark Initiativen auf Seiten der Eingewanderten, die Mißstände in ihrer jeweiligen Heimat von unserem sicheren Refugium aus anzugehen – erinnere hier an Vorwürfe nach 1945 an unsere eigenen Exilanten wie etwa Thomas Mann, nicht ausreichend unternommen zu haben von auswärts! Ganz offensichtlich lullt der umwelt- und klimaschädliche Massenkonsum wohl die Geflüchteten ein zu fataler Untätigkeit; dem sollte DIE ZEIT einmal nachspüren! ‚Bereichert‘ fühle ich selbst mich übrigens wenig von Seiten Eingewanderter – abgesehen von ihrer Küche möchte ich so einige Lebensäußerungen fremder Ethnien hier nicht haben: Kinderreichtum unter patriarchalischem Oberhaupt, Frühverheiratung, Beschneidung (auch bei Knaben); Tierschinderei (wie vielfach in Asien; Fang von Millionen Singvögeln wie in Ägypten, auch: Schächten; Halal ..), Ignoranz bei Umweltaspekten, Weigerung, unsere Sprache zu erlernen; Islam + Islamismus .. – Wolfgang Martin Wettlaufer

 

Dieser Artikel erscheint mir traurig eindimensional und vergangenheitsselig. Die Menschen wollen nach dem Lockdown m.E. kein „Wachstum“, sie wollen v.a. ihre Bewegungsfreiheit und die sozialen Kontakte zurück. Wirtschaftswachstum wird, wie oft, als Selbstzweck dargestellt und tatsächlich ist es ein bequemes Mittel, damit Differenzen oder Ungerechtigkeiten zuzukleistern. Eigentlich ist die Aufgabe von Wirtschaft aber nur das Befriedigen von menschlichen Bedürfnissen. Dass ein permanentes Mehr die Zufriedenheit Menschen ab einem gewissen Grad nicht mehr erhöht, ist erwiesen. Degrowth einfach als „Seifenoper“ zu diskreditieren finde ich vom Stil her ärgerlich; die Kritik hätte ich mir sachlich und fundiert gewünscht (aber vielleicht mangelt es ja auch an Argumenten?).

Z.T. lohnen sich nachhaltige Investitionen schon jetzt – wenn nicht, liegt das häufig daran, dass durch eine verfehlte Ordnungspolitik immer noch viele Kosten externalisiert werden (für die Schäden zahlt die Allgemeinheit. Ich vermag nicht zu sagen, ob unsere Fantasie und die wissenschaftlichen Ideen schon eine umsetzbare Alternative zur Wachstumsideologie hergeben und wir dann den Mut hätten, uns in so eine neue Richtung zu bewegen. Ich würde mir von der „Zeit“ aber offen Anregungen, Ideen und kritische Einordnungen auch von anderen Wirtschafts- und Finanzsystemideen wünschen. Bisher ist das zu sehr auf das „weiter so!“ beschränkt. Alternativ eine Erklärung, wie unbegrenztes Wachstum auf einem Planet mit begrenzten Ressourcen auf Dauer funktionieren soll. – Thomas Schwerdtner

 

Ich hätte nicht gedacht, dass ich, nach allem, was wir inzwischen über die negativen Auswirkungen bisherigen Wirtschaftens auf Mensch, Tier und Umwelt wissen, in einem Leitartikel der Zeit lesen muss, dass Konsum ein Wunder bewirken kann, die klugen Gedanken von Maja Göpel als Träumereien abgetan werden, “Fridays for Future” geraten wird, sich zu gedulden und wenn wir etwas zur Rettung unserer Welt tun sollen, dann der Staat das subventionieren muss. Aus meiner Sicht ist Wachstum, der einher geht mit maßlosem Energie- und Rohstoffverbrauch und hitzetreibenden Emissionen, reine Gier. – Bärbel Kappe

 


 

 

Leserbriefe zu „WAS, WENN VIELE SICH NICHT IMPFEN LASSEN WOLLEN?“ von Niclas Seydack

 

Aus aktuellem Anlass las ich den Artikel heute gleich an zweiter Stelle, direkt nach dem Kardinal-Marx-Lobgesang. Darauf, dass sich die kath. Kirche irgendwann von selbst erledigt, hoffe ich schon seit 50 Jahren vergebens, als ich die Evangelen verließ. Das Wörtchen Impfen, ist nach Corona oder Pandemie, das meistgenannte Wort seit einigen Wochen. Niclas Seydack hat sich viel Mühe gegeben um den Artikel nicht gar zu regierungstreu erscheinen zu lassen. Nichts anderes ist er aber trotzdem, da er das gleiche Schema wie seine Kollegen der Mainstream-Medien verfolgt, indem er hartnäckig eine ganze Gruppe Impf-und Testkritiker verschweigt – wie auch sonst alle Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsender.

Er verdrängt bewußt oder aus Unkenntnis, dass es eine ganze Reihe namhafter und seriöser Ärzte und Wissenschaftler gibt, die von Beginn der sogen. Pandemie an, gewarnt haben und an den Schweinegrippen-Skandal 2009/10 erinnert haben. Die Details sind Ihnen ja bekannt, darum will ich auch nicht näher darauf eingehen, und nur die Namen Dr. Bhagdi und Dr. Wodarg*, stellvertretend für die vielen anderen nennen.

Die Querdenker, die Sie als „schmusende Paare, alte Hippies und neue Nazis, Esoteriker und Menschen, die Homöopathie der Schulmedizin vorziehen“, gibt es eben nicht, so wie es schon lange keine Querdenker nach Bodo Schiffmanns Idee mehr gibt. Sie wurden mit Erfolg, von Euch Medien, mithilfe der Staatsgewalt, schon frühzeitig verunglimpft und elliminiert. Der Brgriff dient Ihnen heute bequemerweise dazu, andere Meinungen sofort abzukanzeln und deren Autoren in die rechte Ecke zu rücken.

Bei Ihrer Aufzählung und Einordnung in div. Gruppen, fehlt zwischen den Hardcore-Gegnern und den Prekären, die Gruppe, zu der auch ich mich zähle. Die Selbst-Denkenden. Nicht unverwundbar, wie Sie meinen, aber skeptisch, gegenüber Gesundheitsministern, die vom Thema keine Ahnung haben, dafür mehr vom Geld machen, die Lobbyarbeit für die Pharmaindustrie betreiben, Wissenschaftlern, die sich 2009/10 schon einmal verbrannt haben und trotzdem weiter alleinige Ratgeber der Regiernden sind. Nicht zu vergessen alle anderen Profiteure der Pandemie, die sich noch nicht einmal mehr verstecken müssen. * Auch in Ihrem Artikel finden die beiden keine Erwähnung. – Hans-Otto Lang

 

Der Artikel unterstellt, daß jene, die das Impfen mit dem neuen Impfstoff zu hinterfragen wagen (was ja wohl noch erlaubt sein darf)entweder zu einer uninformierten oder arroganten Clique gehören. Das Gegenteil ist eher richtig. „Audiatur et altera pars“. Man höre auch die andere Seite!, heißt es bei den Juristen. Wer sich noch an die Schweinegrippeimpfung 2009 erinnert, weiß, daß damals wie heute eine Abnahmegarantie für viele Mio. Impfdosen seitens der Regierung abgegeben wurde. Nachdem die Impfung nicht wirklich angenommen wurde – weil sie auch nicht nötig war – mußten all die Impfdosen für viel Geld in Magdeburg verbrannt werden.

Herr Drosten war bezeichnenderweise auch damals schon federführend für die Prognosen bei dieser Impfaktion. Ergebnis war und ist, daß wegen der Nebenwirkungen heute noch, vor allem in Skandinavien, ca. 1300 Narkolepsiekranke lebenslang gezeichnet sind. Da diesmal die vorgeschriebenen präklinischen Tiermodelle vor ihrer Zulassung nicht durchgeführt wurden, übernimmt nun die Bevölkerung die Rolle der Laborratte. Hierzu ein Beispiel: Es zeigt sich jetzt, daß u. a. bei einem 2-stelligen Prozentsatz der Geimpften, die D-Dimere (ein Stoff, mit dem Thrombosen diagnostiziert werden) im Blut ansteigen, was beweist, daß die Gerinnung angeworfen wurde (das ist nicht lustig!), etwas, das die sog. „Verschwörungstheoretiker“ schon lange vorhergesagt haben.

Da die Pharmaindustrie für die Folgen nicht haften muß, sie ist ausdrücklich befreit – wer wird haften? DIE ZEIT nicht, die Ärzte nicht und Herr Seydack schon garnicht. Ich bin mir im Klaren, daß Sie diesen Leserbrief nicht bringen können, er birgt einfach zu viel Sprengstoff. Es genügt mir, wenn sie ihn zur Kenntnis nehmen und in Zukunft besser recherchieren. – Fritz Junghans

 

Zu Ihrem Artikel in der ZEIT vom 10.6.21 auf Seite 6 zum Thema „Was, wenn viele sich nicht impfen lassen wollen?“ hätte ich bitte eine Frage: Ihrem Text ist ein Foto einer Spritze vorangestellt, die in bedrohlicher Art u. Weise auf ein Männchen gerichtet ist, das die Arme hochreißt, ich nehme an, es soll der Eindruck entstehen, dieses Männchen habe deswegen Angst. Unter dem Link https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Angst%20vor%20Spritzen findet sich die Info, es gehe um ca. 10 bis 20 % aller Menschen, die Angst vor Nadeln haben. Ich selbst leide ebenfalls an dieser Spritzenphobie, habe vieles unternommen, damit umzugehen u. leider wenig erreicht.

Deswegen möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Sie völlig unabhängig von Ihrem Text allein durch dieses Foto möglicherweise viele Menschen erschrecken, die sich dann unter Umständen vom Text abwenden u. weiterblättern. Das kann man sich als Nichtbetroffener vermutlich gar nicht vorstellen. Daher schlage ich vor, dass Sie dies bitte zukünftig mitbedenken. Von der ZEIT hätte ich mir gewünscht, dass auf ein solches Foto aus o.g. Gründen verzichtet wird. Haben Sie dabei vorab bedacht, welche Wirkung diese graphische Gestaltung auf Menschen haben kann, die an einer Spritzenphobie leiden? Das würde mich interessieren. – Martin Heymann

 

Fast eine ganz Seite widmen Sie dem Thema, dass sich die Bundesbürger doch gefälligst impfen lassen sollten. Auch in den Medien wird dafür eifrig Werbung gemacht (für teures Geld, wie ich vermute). Ich bin 66 Jahre alt und wohne in München. Leider, muss ich hier sagen. Denn es scheint unmöglich hier die Covid19 Impfung zu erhalten. Wie viele meiner Bekannten habe ich mich vor Monaten in die Liste eingetragen um einen Termin zu bekommen.

Meine Hausärztin impft nicht, aus organisatorischen Gründen, wie sie sagt. Den erwarteten Erstimpfungstermin schob Herr Spahn von Juni auf Juli, dann auf August. Mit Aufhebung der Priorisierung können wir, so las ich kürzlich, im September/ Oktober mit einem Termin rechnen. Oder überhaupt nicht mehr? Sie verstehen sicher, dass Artikel wie der Ihre uns ärgern. – Evi Rumann

 

Wie kommt es, dass ich, ein Mann in den Sechzigern, sich nicht gegen COVID-19 impfen lassen möchte? Weder bin ich ein Hardcore-Gegner, noch halte ich mich für unverwundbar und als Unternehmensberater darf ich mich gottlob auch nicht zu den Prekären zählen. Andere Optionen lässt mir Ihr Artikel nicht. Da mir diese Frage auch von Familie und Freunden (teilweise sehr energisch) gestellt wird, möchte ich hier eine Antwort versuchen. Nicht als absolute Wahrheit, sondern als möglicher Standpunkt eines mündigen Bürgers. Es würde mich freuen, wenn sie Platz in Ihrer Zeitung findet.

Mein Unwillen, mich gegen COVID-19 impfen zu lassen, speist sich aus zwei Quellen: Zum einen aus meiner Gelassenheit gegenüber dem Virus und seinen Auswirkungen. Zum anderen aus Sorge über das im wörtlichen Sinn trostlose Sicherheitsbedürfnis unserer Wohlstandsgesellschaft. Auch der gelassene Mensch möchte nicht erkranken, aber er weiß, dass er sterben wird und dass der Tod stets ungelegen kommt. Er ist weder leichtsinnig noch unhöflich und befolgt alle Regeln, mit denen wir Menschen einander vor Infektionen schützen – seit 16 Monaten besonders sorgfältig und respektvoll. Er weiß aber auch, dass es ihn und andere dennoch erwischen kann.

In diesem Fall vertraut er auf sein Immunsystem, das ihn bisher nicht im Stich gelassen hat. Und erinnert sich an die Freude der Gesundung, wenn erst der Appetit und dann die Kräfte zurück kehren. Angesichts dieser persönlichen Empirie verspricht die wissenschaftliche Empirie der Impfung gegen COVID-19 kaum zusätzlichen Nutzen: Sie immunisiert nicht, sondern erschwert Infektionen und lindert Verläufe(1.). Im statistischen Mittel nachgewiesen – in Bezug auf die eigene Konstitution so nötig wie der Gürtel zum Hosenträger.

Gleichzeitig mit dem Impfstoff entsteht die panische und unstillbare Sorge vor Virusvariationen(2.), die aus dem mühsam errichteten Impfkorridor heraus mutieren. Wie wenig unsere Gesellschaft der Impfung vertraut, verdeutlicht das Beispiel des Altersheims, in dem mein 93-jähriger Vater wohnt. Obwohl seit Mitte Januar alle Bewohner und alle Mitarbeiter durchgeimpft sind, ist der demente Mann immer noch von Maskierten umgeben und darf nur einzeln besucht werden. Zusätzlich muss jeder Mitarbeiter immer Maske tragen, sich dreimal in der Woche testen lassen und darf nicht den Aufzug nutzen – Man trägt Gürtel zum Hosenträger auf einem Overall.

Wollen wir in einer Gesellschaft leben, die diese doppelten und dreifachen Sicherheitsmaßnahmen braucht? Wollen wir geduldige Impflinge werden, die jedes Jahr Schlange stehen für den neuen Schuss? Wollen wir unseren Kindern und Kindeskindern diese trostlose Sorge vererben? Im letzten Jahrhundert zogen vier Pandemien um die Welt, die ähnliche Auslöser und Verläufe hatten, manchmal mit mehr, manchmal mit weniger Toten(3.). Sie kamen und sie gingen jeweils binnen zwei Jahren. Auch COVID-19 wird Ende dieses Jahres vorüber sein. Doch weil wir diesmal milliardenfache PCR-Tests & Traces und Impfungen durchführten und Lockdowns verhängten, begreifen wir dann das Ende der Pandemie als Erfolg unseres entschiedenen und beherzten Handelns – Wer einen Hammer hat, für den ist die Welt voller Nägel.

Meine Sorge ist es, dass wir diesen Hammer nie mehr niederlegen. Ein letztes Wort zur gesellschaftlichen Pflicht zum Impfen: Wir wissen, dass ein allgemeines Tempolimit von 30 km/h Innerorts tödliche Unfälle in Ortschaften fast vollständig verhindern würden. Wir treffen diese Entscheidung nicht, weil wir die Kette von Verantwortung nicht als zwingend genug bewerten. Die Kette zwischen Ihrer Infektion und meinem möglichen Tod an COVID-19 bewerte ich ähnlich.

Fussnoten: Diese recht unspezifischen Wirkungen beziehen sich auf einen spezifischen Virenstamm schnell mutierender RNA-Viren. Wirksamkeit und Notwendigkeit der Impfung entsprechen damit etwa der einer Grippeschutzimpfung. Im Sommer vergangenen Jahres wurden aufgrund dieser Sorge binnen zwei Wochen in Dänemark mehrere Millionen Zuchtnerze gekeult Spanische Grippe (1918-1919), Asiatische Grippe (1957-1958), Hongkong Grippe (1968-1070), Russische Grippe (1977-1978) – Ingo Klamann

 

Nicht Impfen lassen? Wer nicht will, der hat schon.Oder will gar nicht. Aber Maske tragen bitte. – Hans-Emil Schuster

 

Ich würde Ihnen gerne einige Fragen stellen. Woher wissen Sie, dass mit den neuen Impfstoffen die proklamierten Ziele (Herdenimmunität, Ende der Pandemie usw.) zu erreichen sind? Woher wissen Sie, dass man Menschen, die sich impfen lassen, beglückwünschen kann und soll? Woher wissen Sie, dass eine Impfeuphorie angebracht und nützlich sein soll? Also eine Situation, in der der Mensch seinen Verstand verliert? Woher wissen Sie, dass die Teilnehmer einer maßnahmenkritischen Demo lauter „schmusende Paare, alte Hippies, neue Nazis, Esoteriker und Homöopathen“ sind? Haben Sie sich persönlich überzeugt? Glauben Sie dem Verfassungsschutz alles?

Woher wissen Sie, dass Menschen, die zurückhaltend bei den neuen Impfstoffen sind, alle generelle Impfgegner und Verschwörungstheoretiker (Stichwort Mikrochips) sind? Woher wissen Sie, dass Nuri Tanis‘ Methode Menschen zur Impfung zu nötigen juristisch und ethisch korrekt ist? Woher wissen Sie, dass Menschen wie Nuri Tanis (und Sie auch) Besitzer der „Wahrheit sind? Finden Sie es gut, dass Menschen sich mit den neuen Impfstoffen impfen lassen, nicht in erster Linie aus gesundheitlichen Gründen, sondern weil sie Ihre Grundrechte wieder zurückbekommen wollen? Wissen Sie, dass Ihre Haltung eig. voraussetzt, dass die Qualität und Sicherheit der neuen Impfstoffe die gleichen Maßstäbe erfüllt, welche an bisherige Impfstoffe gesetzt wurden? Kennen Sie in diesem Zusammenhang die Sicherheitsberichte des PEI?

Wissen Sie, dass schwere Komplikationen bei den neuen Impfstoffen zwar sehr selten sind, aber um ein Vielfaches häufiger sind, als es bei den bisherigen Impfstoffen der Fall war? Wissen Sie, warum die STIKO so zurückhaltend bei der Einschätzung der Empfehlung der Impfung für bestimmte Bevölkerungsteile ist? Wissen Sie, warum die neuen Impfstoffe lediglich eine Art „Notfallzulassung“ haben? Wissen Sie, warum Herr Kekulé die Impfung als ein großes Experiment bezeichnet hat? Sie sehen, es gibt viele Fragen zu diesem Thema. Mir scheint, dass Sie eine Art rosarote Brille aufsetzen, wenn Sie so über das Thema Impfung schreiben.

Entschuldigen Sie, aber man kann Ihnen leicht eine gewisse Ahnungslosigkeit unterstellen, so wie einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung. Leider entsteht diese eben gerade durch die Art und Weise, wie über dieses Thema berichtet wird. Ihr Zitat von Frau Betsch ist absolut treffend! „Vertrauen ist der wichtigste Faktor während dieser Pandemie“. Wenn Sie im letzten Jahr gut aufgepasst hätten, dann würden Sie mir zustimmen, dass dieses Vertrauen gänzlich verloren gegangen sein dürfte. Die Pandemie ist zu einem Politikum geworden! Genauso die Impfung! Es geht nicht in erster Linie um die Gesundheit von Menschen.

Es geht um parteipolitische Interessen, um politische Karrieren, um wirtschaftliche Interessen und letztendlich um den Erhalt der Macht. Mit dem Zitat von Herrn Drosten haben Sie dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Vor dem Hintergrund der Berichterstattung über die Pandemie, bei der immer nur von schweren Verläufen der Erkrankung auf der Intensivstation, von Todesfällen und von Post-Covid-Erkrankungen berichtet wird, so eine Aussage zu treffen, wie sie Herr Drosten getätigt hat, ist ein weiterer Versuch, Menschen Angst zu machen und Ihnen Schuldgefühle zu verursachen.

Herr Drosten hat schon lange die wissenschaftliche Ebene verlassen und sich ganz in den Dienst der Regierungspolitik gestellt. Persönlich für sich kann er schon einige Erfolge verbuchen. Für die fatalen Folgen der Coronamaßnahmenpolitik ist er wesentlich mit verantwortlich! Bitte halten Sie mich nicht für einen Coronaleugner oder sonst jemanden aus der skurrilen Ecke, in die alle geschickt werden, die sich kritisch mit dem Thema auseinandersetzen. Ich arbeite auch mit schwer kranken Covidpatienten auf der Intensivstation und erlebe das Leid mit! – Dr. med. Martin Krivacek

 

Die Welt wird sich bestimmt weiterdrehen, ob die ganze Herde geimpft worden ist, oder ob es wieder ein paar schwarze Schafe geben muss, die sich einfach allem und das noch radikal und rücksichtlos verweigern müssen. Keiner weiß wirklich genau, was da diese Impfstoffe im menschlichen Körper so „veranstalten“, vieles was da durch viele Experten und noch mehr Volksvertretern, bisher so breitgetreten worden ist, das beruht meist nur auf Vermutungen, auf Hoch- und Hin- und Herrechen-Experimenten, ohne jeglicher Gewähr. Darum wer wil, der darf, und wer nicht will, der darf auch weiterhin nicht wollen dürfen! – Riggi Schwarz

 

Die Corona-Pandemie hat unsere Wahrnehmung polarisiert und in zwei Gruppen von Menschen geteilt: In die, die so wie wir denken, fühlen, handeln und sind, und in die anderen, sehr pauschal. Insofern freut es mich sehr, von Ihnen einen Beitrag zu lesen, in dem die Gruppe der nicht Impfwilligen analysiert und differenziert wird. Dennoch fehlen mir diejenigen, für die das Risiko, an Corona zu erkranken oder Corona zu übertragen, so gering ist, dass sich für sie eine Impfung erübrigt.

Das sind solche, die abseits aller Unwissenheit überdeckenden Glaubenssätze und abseits der Gesundheitsindustrie bereits hinreichend immun sind. Sei es durch angeborene Immunität, sei es aufgrund von weitgehend unbekannten, die Immunität fördernden Mitteln (z. B. Artemisia annua). Das sind z. B. Menschen, die ohne Impfung und Antibiotika in Indien Cholerakranke oder in Afrika HIV-Infizierte oder in Europa Coronakranke betreuen. Und unter ihnen sind auch Leute wie du und ich.

Sie werden meines Wissens bisher nicht gezählt. Wichtiger als ihre Zahl erscheinen mir ihre Lebensweise und ihre weitgehend natürlichen Hilfsmittel. Hier besteht Wissensbedarf und hier sehe ich eine Möglichkeit, die durch Corona bedingte Polarisierung zu entspannen. Ich bin dankbar, wenn Journalisten auch in diesem Bereich recherchieren und informieren. – Gerhard Kamm

 

Mit dieser Mail will ich Sie auf einen peinlichen Denkfehler in der Rechnung in diesem Artike aufmerksam machen:l https://www.zeit.de/2021/24/corona-impfung-herdenimmunitaet-gegner-motivation Dieser Fehler ist der Zeit nicht würdig und sollte so nicht stehen bleiben. In diesem Artikel wählt der Autor die falsche Bezugsgröße für seine Prozentrechnung. Die Anzahl über 16 jährigen in Deutschland liegt bei ca. 71 Mio. Menschen . 33 % davon, die sich laut Artikel nicht impfen lassen wollen, sind ca. 23,7 Mio. Im Artikel wird jedoch 11 Mio. errechnet, weil folgende falsche Rechnung durchgeführt wird: Anzahl der ueber 16 jährigen – Anzahl der Geimpften= 33 Mio. Davon 33% sind 11 Mio.

Der Denkfehler: Der prozentuale Anteil der nicht Impfwilligen in der Menge der nicht Geimpften steigt mit jeder Impfung. Man darf also nicht einfach die Anzahl der Geimpften von der Anzahl der über 16 jährigen abziehen. Oder um ein anderes Beispiel zu nehmen: Angenommen, wir haben eine Gruppe von 100 Personen. Von diesen wissen wir, dass 10% , also 10 Personen, nicht schreiben können. Wenn 50 Personen eine Schriftprobe abgeben, bleibt eine Gruppe von 50 Personen übrig, von der 20 %, also 10 Personen, nicht schreiben können. – Stefan Koospal

 


 

 

Leserbriefe zu „»Mein Zuhause ist Deutschland, trotz allem«“ von Tobias Scharnagl

 

Ohne Macht stark Das Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx hat noch einmal die dramatische Lage der katholischen Kirche deutlich gemacht. In der einmal einen Kirche vor der Reformation gab es im 15. Jahrhundert ein Schisma, d.h. eine Spaltung, weil drei Päpste gleichzeitig den alleinigen Führungsanspruch erhoben. In dieser Situation wurde auf Betreiben von König Sigismund (!) ein Konzil in Konstanz am 5. November 1414 einberufen. Nach langem Streit verabschiedete dieses Konzil am 6. April 1415 folgendes Dekret, das in die Geschichte als „Haec sancta“ eingegangen ist. Es lautete folgendermaßen:

„Diese heilige Konstanzer Synode bildet ein allgemeines Konzil. zur Beendigung des Schismas, zur Einheit und Reform der Kirche Gottes in Haupt und Gliedern, zum Lob des allmächtigen Gottes, legitim im Heiligen Geist versammelt, verordnet, definiert, beschließt und erklärt sie, um leichter, sicherer, besser und freier die Einheit und Reform der Kirche Gottes zu erreichen, folgendes: Sie ist im Heiligen Geist legitim versammelt, bildet ein allgemeines Konzil, repräsentiert die katholische Kirche , und hat ihre Gewalt unmittelbar von Christus; jeder, gleichwelchen Standes und gleichwelcher Würde, und sei es auch der päpstlichen, ist ihr zu gehorchen verpflichtet in Dingen die den Glauben und die Bereinigung des gegenwärtigen Schismas sowie die Reform der Kirche Gottes in Haupt und Gliedern Jeder, gleichwelchen Standes, gleichwelcher Position oder Würde. selbst der päpstlichen, der den Anordnungen, Bestimmungen, Verordnungen oder Vorschriften dieser heiligen Synode und jedes weiteren legitim versammelten Konzils unter diesen Prämissen oder dem, was dazu gehört, hartnäckig den Gehorsam verweigert, verfällt, wenn er nicht zur Besinnung kommt, einer angemessenen Strafe, wobei auch gegebenenfalls zu anderen Mitteln zu rekurrieren ist“ (Klaus Schatz, Allgemeine Konzilien-Brennpunkte der Kirchengeschichte, S. 139/40).

Es fällt inhaltlich schwer, „Haec sancta“ bloß als Notmaßnahme für damals zu verstehen. Die Überordnung auch in Sachen der „Reform der Kirche Gottes an Haupt und Gliedern“ sowie der Passus mit den Strafandrohungen und „jedem weiteren Konzil“ weisen doch auf eine generell verstandene Konzilshoheit hin. Damit ist auch die Frage nach der bleibenden Bedeutung des Dekrets für die Kirche nicht abgetan. Sie bleibt , ob ihm nicht eine Art Modellcharakter für die Kirche im Falle eines Versagens des Papsttums zukommt. Dann bildet das Konzil auch ohne Papst die oberste Instanz.

Es steht mir nicht an, der katholischen Kirche in Deutschland Ratschläge zu erteilen, wie denn der von vielen Katholiken und sogar von einigen Bischöfen geforderte „synodale Weg“ beschritten werden kann. „Haec sancta“ jedenfalls hat gezeigt, daß in besonderen Situationen nicht der Papst allein entscheiden soll, sondern ein Konzil bzw. eine Synode.

Wenn also Rom und damit der Papst wie ein absoluter Monarch sein „Nein“ diesem deutschen „synodalen Weg“ entgegenhält, dann könnte die deutsche Bischofskonferenz zumindest die Entscheidung von Konstanz in Erwägung ziehen. Letztlich geht es heute doch darum, ob die katholische Kirche einer „Reform in Haupt und Gliedern“ bedarf. Einen König Sigismund gibt es nicht mehr. Wer also beruft ein Konzil ein? Kardinal Marx ist zurückgetreten. Bischof Bätzing? Der Bundespräsident ist evangelisch. Es wird spannend! – Prof.em. Dr.Dr.h.c. Karl-Heinz Kuhlmann

 

Danke für die positive Berichterstattung. Ich glaube, nur sie ist fruchtbar. So werden die positiven Gedanken formuliert und wahrgenommen – und nicht die begrenzten Gedanken und Menschen wichtig gemacht. Ich las mal, leider weiß ich nicht mehr wo, dass Deutschland bis zum Beginn der Ausgrenzung der Menschen jüdischer Abstammung weltweit die meisten Patente entwickelte. Jetzt seien es die USA. Vielfalt regt doch offensichtlich an. – Helmut Schmidt

 

Es gibt sie noch, diese Tage im Leben eines ZEIT-Lesers. Da sitze ich, hochgradig genervt nach Lektüre eines Artikels, in dem über angeblich „pronatalistische“ Politik und 0,1% Erhöhung des Pflegebeitrages für Kinderlose debattiert wird, frage mich, wie sich die Einstellung einiger Mitmenschen von meiner eigenen so sehr unterscheiden kann…und dann kommt unverhofft ein Artikel daher, der mich bis in die Tiefe meiner Seele berührt. Urplötzlich kann ich die wahren Probleme des Menschseins wieder von Randthemen der Gesellschaft unterscheiden. Danke dafür. – Jörg Schimmel

 

Die Heimbewohner berichten dem Autor von ihren Erlebnissen in der Schoah in der Zeit des Nationalsozialismus. Frau Lewinson erzählt ihm nun, daß ihre Eltern nach Kriegsende in ihre Heimatstadt Kielce in Südpolen zurückgekehrt seien. „Dann“, zitiert sie der Autor kommentarlos, „gab es dort ein Pogrom“. Da der Krieg ja zu Ende war und Polen seit 1945 unter Herrschaft stalinistischer Kommunisten stand, waren ca. 200 Juden nach Kielce zurückgekehrt. Alle hatten die Schoah irgendwie überlebt und wollten nun wieder in ihrer Heimat leben. Bleibt die Frage, wer der Veranstalter des Pogroms war. – Es war die polnische Bevölkerung der Stadt!

Der Pogrom ist in gewisser Weise die Fortsetzung der Shoah der Nationalsozialisten. Hier brach sich der tief verwurzelte polnische Antisemitismus erstmals nach dem 2. Weltkrieg Bahn. Es wurden über 40 polnische Juden ermordet und weitere 80 verletzt. Der Pogrom gilt als der bekannteste Übergriff auf jüdische Menschen nach dem 2. Weltkrieg und hatte eine Emigrationswelle aus Polen zur Folge. Die Juden flohen z. T. nach Westdeutschland in die Amerikanische Besatzungszone. 1947 leben dort mehr als 180.000 Juden in Lagern. – Hans-W. Erdt

 

Tobias Scharnagl schreibt sehr einfühlsam über seine Begegnungen und lässt das „Mensch sein“, im jiddischen Sinne, wunderbar leuchten. – Emanuel Wieck

 

Große Enttäuschung. Ein Schlag in die Magengrube. Das Blatt meines politischen Vertrauens, nimmt eine Anzeige an, „Annalena Baerbock und die 10 Verbote“ und beteiligt sich damit an eine Kampagne, dass an TrumpUSA und Fox News erinnert. Wir blasen da was in die Welt, größt mögliche Vernichtung, egal ob Lüge, es bleibt immer was hängen. Die Redaktion hat jetzt wieder genügend Stoff, um dagegen zu halten. Der Spiegel hat auf die Anzeige verzichtet und sogleich die Kampagne kritisch kommentiert. Gleichzeitig haben sie in der aktuellen Print-Ausgabe Nr 24, den wunderbaren Artikel im Dossier von Tobias Scharnagel, über ein jüdisches Altenheim in Frankfurt. So wunderbar geschrieben, voller Liebe und Respekt. Bis jetzt habe ich mich nur vor der BILDZeitung gefürchtet, die nicht zu lesen kostet aber keine Mühe. Auf „Die Zeit“ zu verzichten schon. – Betkin Goethals

 

Haben Sie vielen Dank für diesen Bericht. Er ist für mich auch ein Grund, nach 50 Jahren ZEIT dabei zu bleiben. – Dr. Bernhard Jung

 

Vielen Dank für diesen so langen Bericht über das jüdische Altenheim in Frankfurt. Er ist beeindruckend, so dicht an den Menschen, trotzdem Distanz achtend, humorvoll und emphatisch – großes Kompliment an Tobias Scharnagl. Ich arbeite im Pflegedienst als Haushaltsunterstützung für ein sehr altes jüdisches Ehepaar und auch sie werden sich ganz sicher freuen über diesen Artikel. Geben Sie gerne Bescheid, wenn Sie Nominierungs-Stimmen von uns brauchen. – K. Mia Matzen

 

Der Bericht über das jüdische Altersheim in Frankfurt ist trotz der Tragik sehr behutsam und berührend geschrieben und wird der Würde der der jüdischen Menschen gerecht, die dort leben. (Ich bin 82 Jahre und war nein ganzes Leben entsetzt, was mit den Juden in Deutschland geschehen ist und finde es sehr schön und tröstlich, dass ein junger Journalist so einfühlsam sein kann.) – Ingrid Schek

 


 

 

Leserbriefe zu „Keine Hilfe für die Helfer“ von Peter Dausend und Lea Frehse

 

Ich bin entsetzt. Was sind das nur für Beamte, die anstatt Deutschland zu dienen – Deutschland schaden. Zumal sicherlich ausreichend Unterlagen zur Verfügung stehen, um gefährdete ehemalige afghanische Helfer in Sicherheit zu bringen. Es sind doch nur wenige. Ich konnte den Artikel nur knapp halb, also nicht zu Ende lesen … – Klaus-Eberhard Braatz

 

Deutschland muss sich schämen! So wie der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr auf Wollen der USA begann, wird er nun beendet. Trotz aller Beschönigungen der deutschen Politik beweist sich heute, dass er nichts außer Leid sowohl für Afghanistan wie für die deutschen Einsatzkräfte gebracht hat. Dass den afghanischen Hilfskräften, ohne die der Einsatz völlig hilflos gewesen wäre, nicht automatisch eine Aufnahme in Deutschland bereitgestellt, sondern diese mit allen bürokratischen Hürden belastet wird, ist durch gar nichts zu rechtfertigen.

Deutschland muss sich schämen. Überlassen wir sie lieber den Taliban, was sie im Zweifel nicht überleben werden. Damit machen wir uns zum Mörder. Die Kosten für Übersiedlung und Immigration sollten dem Verursacher, der Bundeswehr, auferlegt werden. Für die etwa 3000 Menschen nur eine Anmerkung im Budget des Afghanistaneinsatzes. Wer im Ausland wird nach dieser Haltung je wieder mit uns sympathisieren? – Wolfgang Clausmeyer

 

Es verschlägt einem den Atem. Wir schieben keine nachweisliche Kriminelle ab, weil sie in ihren Ländern, keine fairen Haftbedingungen Vorfinden. Die Taliban werden diesen Menschen das Leben zur Hölle Machen, dass sollte auch dem letzten Beamten hier klar sein, der Die Entscheidung trifft, diese Menschen nicht zu uns kommen zu lassen. Ich weiss nicht, wie man diese bewusste Überlassung zur Hinrichtung Und Folterung juristisch bezeichnet, denn eine solche ist es. Es treibt Mir die Schamröte ins Gesicht. – Manfred Mengewein

 

Unsere maßgebenden öffentlichen Einrichtungen, insbesondere die Bundesregierng, lassen keine Gelegenheit aus, Andere anzumahnen, die Einhaltung der Menschenrechte einzuhalten. Es würde allen Beteriligten sehr gut anstehen, diese Einstellung auch bei sich anzuwenden. Es liegt der Verdacht nahe, dass bei der Güterabwägung in Deutschland unser Nationalheiliger St. Bürokratius mal wieder gegenüber Menschenrechten, Vernunft und gebotener Hilfsbereitschaft obsiegt. – Dieter Falter

 

Vielen Dank für den guten aber leider sehr ernüchternden Bericht. In Afghanistan ist die Anti-Terror-Mission gründlich gescheitert. Kompetente, Sprach gebildete Afghanen, die über Jahre als Dolmetscher für die Bundeswehr gearbeitet haben, wurden von der Bundeswehr entlassen, da sie von der Taliban bedroht werden. Grund: Das gefährde in der Folge auch die Bundeswehr. Eine Einreise nach Deutschland wird abgelehnt, weil: „Es könne keine besondere Gefährdung festgestellt werden“. Das ist zynisch und unmenschlich. Welcher Maßstab gilt hier eigentlich?

Ich habe für das Verhalten der Bundesregierung kein, aber auch gar kein Verständnis. Und möglicherweise „schießt“ sich die Bundesregierung mit diesem Verhalten „ins eigene Knie“ Wer hilft schon gerne jemandem, wenn er selber in einer Notlage keine Hilfe erwarten kann. Selbstverständlich sollten alle ca. 1000 Afghanen aufgenommen werden, die der Bundeswehr in Afghanistan geholfen haben und nun u.a. genau deshalb in Lebensgefahr schweben. Nicht nur die ca. 500 der letzten 2 Jahre und auch nicht erst nach einer langwierigen Prüfung. – Petra Harink

 

Nein, es geht bei der überproportionalen Erhöhung der Pflegeversicherung nicht um den Preis eines Aperol Spritz und auch nicht um Solidarität. Es geht um die Stigmatisierung einer Lebensform. Die Pflegeversicherung steht ebenso wie die anderen Systeme der Sozialen Sicherung vor großen Problemen wegen der demographischen Entwicklung- kurz Überalterung- dass es grundlegender Eingriffe brauchte, um die Systeme zukunftsfest zu machen. Davor scheuen aber die politischen Parteien. Statt dessen wird mit einer Mini- Intervention Neid geschürt. Die Kinderlosen haben es ja schon so gut, schließlich werden sie ja auch in Zukunft von den heutigen Kindern gepflegt. Eine Hoffnung, die in Anbetracht der Herkunft der Beschäftigten in Alten- und Altenpflegeheimen, trügerisch ist. Von den vielen Osteuropäerinnen, die in der häuslichen Krankenpflege schwarz und damit illegal arbeiten, gar nicht zu reden.

In der Diskussion wird nicht berüchsichtigt, dass Kinderlose heute bereits Lasten für Familien mit Kindern mittragen. Auch hier könnte man von Diskriminierung der Kinderlosen sprechen. So werden z. B. für den Beitrag einer Person in der gesetzlichen Krankenversicherung die Ehefrau und beliebig viele Kinder mitversichert. Die Rentenversicherung zahlt Waisenrenten. Und wer profitiert vom Ehegattensplitting? In der Regel Ehemänner mit teilzeitbeschäftigten Ehefrauen. Will man solidarische System der Sozialen Sicherung, darf man nicht keine Gruppe stigmatisieren. Meint eine Mutter von zwei erwachsenen Kindern. – Elisabeth Vogelheim

 

Der Dank des Vaterlandes. Oberst a.D. Ferdinand Baur: „Wir treten in Afghanistan für Werte wie Menschlichkeit und Mitgefühl ein -und beweisen sie jatzt nicht. Das ist moralisches Versagen.“ 500 Afghanen, die im Dienst der Bundeswehr standen und gute Dienste leisteten, sollen als Gefährdete nach dem Truppenabzug nicht nach Deutschland ausreisen dürfen. Für ihre Tätigkeit stand doch auch der griffige Slogan, mit der die Bundeswehr in Deutschland Werbung macht: „Wir.dienen. Deutschland.“

Wäre es nicht angebracht, diese verschwindend geringe Zahl an Menschen – im Vergleich zu der enormen Zahl derer, die sich in Deutschland ein Bleiberecht erhoffen, aufzunehmen? Wo bleibt der „Dank des Vaterlandes“ – so das Schlagwort vergangener Zeiten in der deutschen Geschichte? Warum gilt hier nicht: „Wir schaffen das!“. Statt dessen schieben sich drei Ministerien die heißen Kastanien zu, zwei davon geführt von einer Ministerin und einem Minister, deren Partei das „C“ im Namen führt. “ Moralisches Versagen“ nennt es Oberst Baur. – Franz Merkle

 

Bundesregierung ohne Moral! In Fensterreden feiert die Bundesregierung Deutschland und die Europäische Union als Wertegemeinschaft, in der realen Politik ist oft wenig davon zu erkennen. Es ist ein moralischer Skandal, dass die Bundesregierung afghanischen Helfern der Bundeswehr, die vor allem als Dolmetscher die deutschen Kommandeure im Einsatz begleiteten und unterstützten, im Rahmen des Abzugs der deutschen Truppen zum Teil die Einreise nach Deutschland mit fadenscheinigen Gründen verweigert. Diese Mitarbeiter der Bundeswehr übersetzten für ihre Truppenführer bei Verhandlungen mit und bei Verhören von Taliban.

Sie sind den Taliban bekannt und gelten als Verräter, denen diese ihre Hinrichtung androhen. Sie alle wurden vor ihrer Einstellung sicherheitsüberprüft und haben sich im Einsatz bewährt. Wo ist ein ernsthaftes Problem für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt ca. 1.000 ehemalige Mitarbeiter auf Antrag in die Bundesrepublik einreisen zu lassen. Die Bedenken deutscher Ministerien sind kleinkariert und inhuman. Außenminister, Innenminister und die Verteidigungsministerin werden ihrer moralischen Verantwortung und Fürsorgepflicht nicht gerecht. Ich schäme mich für eine solche Regierung. – Horst-Günter Rauprich

 


 

 

Leserbriefe zu „Ohne Macht stark“ von Georg Löwisch

 

Auf der Titelseite der Zeit in Ausgabe 24 schreibt Georg Löwisch: „Beim Rücktritt von Kardinal Marx geht es um mehr als nur den Missbrauch, es geht um die Zukunft der Kirche.“ Darin stimme ich Herrn Löwisch zu. Als bekennende Katholikin, die für Demokratie, Gleichberechtigung, Offenheit, Barmherzigkeit und Ökumene eintritt, stehe ich klar auf der Seite der Demokraten und fühle mich als solche.

Und seit langem spüre und erlebe ich, wie das Ansehen der Mächtigen und Verantwortlichen in der kath. Kirche schwindet. Sie können in ihrem Tun nicht mehr überzeugen. Ohnmacht ist zu erkennen und berechtigte Zweifel beim Volke Gottes. Es trifft mitten ins Herz, wenn Kardinal Marx sagt, die Kirche sei an einem toten Punkt, aber es ist realistisch. Nach dem Tod Jesu verkündeten Frauen und Männer die frohe Botschaft der Auferstehung zu neuem Leben. Im Glaubensbekenntnis stehen die Worte: „Hinab gestiegen in das Reich des Todes und am dritten Tage auferstanden von den Toten…“

Es ist an der Zeit mit den Missbrauchsopfern hinabzusteigen in das Reich des Todes, was sie erlebt haben, es ist an der Zeit hinabzusteigen in das Reich des Todes der Geschiedenen und Wiederverheirateten, hinabzusteigen zu Jenen, die in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft leben, zu all den lieben Menschen, die Gefahr laufen, verloren zu gehen. Es ist an der Zeit im Reich des Todes zu erkennen, dass Macht und Hierarchie keinen Platz im wahren Leben haben. Die frohe Botschaft ist die Verkündigung der Liebe Gottes zu den Menschen und der Menschen untereinander. Die wahre frohe Botschaft steht für Frieden, Wertschätzung, Zuversicht und Trost. Ich bin überzeugt, dass Kardinal Marx trotz eigener Fehler zu dieser frohen Botschaft Jesu zurückführen möchte, aber dazu gilt es den inneren Tod zu überwinden. Seine Erkenntnis ist der erste Schritt für neue Wege.

So mancher Christ geht bereits neue Wege, noch unscheinbar für die Institution Kirche oder die Gesellschaft, aber doch sehr überzeugend und glaubhaft. Nur Mut für alle, die an einer besseren Gesellschaft und Kirche Anteil haben wollen, denn im ersten Kapitel des Lukasevangeliums im neuen Testament steht geschrieben als Worte Marias, der Mutter Jesu: … „ Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen“… Jesus selbst hat vorgelebt was es bedeutet, OHNE MACHT STARK zu sein. – Ruth Fischer

 

Wenn ein hoher Kirchenmann (Marx) die Kirche humanisieren will, läßt er sich nicht knebeln. – Roland Besendorfer

 

Es gilt als unschicklich, auf jemanden einzutreten, der bereits am Boden liegt. Doch die tiefe, unverfehlbare Kerbe der katholischen Kirche, in die sich’s herrlich reinschlagen lässt, scheint zu attraktiv, als dass man sie journalistisch ungenutzt lassen könnte. Die stattgehabten schweren Vergehen und die Versuche der Vertuschung werden nun ihrerseits missbraucht, um die Kirche in einen als „demokratisch“ verbrämten Zeitgeist zu zwingen. Ist es wirklich so schwer zu ertragen, dass es noch eine Institution gibt, die in gemeinsamen leiblichen Kindern ein unersetzbares Zeichen der Hoffnung sieht?

Und warum werden andere Institutionen nicht ähnlich gerupft? Was ist mit den anderen Kirchen? Ist der Islam frei von Missbrauch und Vertuschung? Wo bleiben die Imaminnen? Sollen wir die Sportvereine abschaffen? Und ist die Familie als gesellschaftliches Einheit noch zeitgemäß, wo dort doch mit Abstand am meisten Kinder missbraucht werden? Vielleicht ist Herr Marx einfach nur ein Kapitän, der etwas zu früh von Bord geht. – Dr. Christian Voll

 

Sicherlich ist es Herrn Marx hoch anzurechnen sein Amt zur Verfügung zu stellen und die Dinge beim Namen zu nennen, indem er sagt, dass die Kirche am toten Punkt angelangt sei. Es ist jedoch auch Taktik und Kalkül dabei. Herr Marx weiß, dass er ebenfalls Schuld auf sich geladen hat und ein Teil des „Systems“ war. Man kann durchaus annehmen, dass Herr Marx mit seinem Schritt eine Art „Reinwaschung“ von seinen Altlasten verfolgt.

Wird er entlassen, so steigt sein Ansehen, weil er Buße getan hat und vorbildlich gehandelt hat. Wird sein Gesuch vom Papst abgelehnt, dann hat er bewiesen, dass er zur Reue und zu harten Konsequenzen bereit ist. In beiden Fällen erreicht er, dass man ihm seine Vergangenheit nicht mehr so leicht vorhalten kann, und er macht sich unangreifbar. Das wird vermutlich das wichtigste Ansinnen des Herrn Marx sein! – Dr. med. Martin Krivacek

 

Ein Blick in die Bibel erleichtert das christliche Selbstverständnis. Jetzt wo es um eine fundamentale Standortbestimmung in der katholischen Kirche, der Amtskirche, geht will der Lotse, Kardinal Marx, das sinkende Schiff, den Leuchtturm in brausender See, verlassen. Das ist keine Petitesse. Zumal er eigenes Fehlverhalten aus seiner Zeit als Bischof von Trier zugibt. Im Gegensatz zu seinem Amtsbruder in Köln. Das Rücktrittsgesuch hat nunmehr der Pabst abgelehnt. Kardinal Marx soll, so der Pabst, weitermachen wie er es sich vorstellt.

Ob so der „tote Punkt“ der katholischen Kirche in Deutschland überwunden werden kann ist mehr als fraglich. Es gibt zu viele ungesicherte Baustellen: Pabst Franziskus verbietet die Segnung schwuler und lesbischer Paare, den gleichberechtigten Zugang zu kirchlichen Ämtern für Frauen (Unterbindung dieser Bestrebung durch den Papst durch seine Schrift: „Querida Amazonia“), den Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland. Vor allem schädigt das Ansehen die völlig unzureichende, schleppend verlaufende Aufarbeitung der Missbrauchsfälle und der jeder christlichen Moral widersprechenden Einbindung, Anerkennung und Entschädigung der Opfer. Jetzt kann Kardinal Marx seinen Worten Taten folgen lassen. Mit dem Ziel das mehr Schwung in alle Themenfelder kommt. Nach dem Motto: Totgesagte leben länger. Vielleicht ein Lazarus-Effekt. – Felix Bicker

 

Irgendwie gewinnt auch in der katholischen Kirche ein sogenanntes „lutherisches Querdenkertum“ ganz langsam die Überhand. Im Jahr 2013 dankt Papst Benedikt XVI einfach so ab, und keiner weiß so richtig, wie man mit diesem freiwilligen katholischen Verzicht auf den Chefposten, in der katholischen Kirche umgehen soll. Mittlerweile dürften sich, nach achtjähriger Regentschaft von Papst Franziskus, die Wogen wieder etwas geglättet haben.

Jetzt kommt da der Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, mit seinen Sitzen in München und in Freising daher, und will auch zurücktreten, oder in Rente gehen, so genau weiß das im Augenblick auch kein Mensch so richtig. Rücktritt oder gar in Rente zu gehen, das sollte es in der katholische Kirche nur im äußersten Notfall geben; denn die katholischen Kirche befindet sich in sehr schwierigen Zeiten, und dann kommt noch dieser akute Priestermangel dazu. Dieser „Revoluzzer-Marx“, der wird wohl noch länger bleiben müssen, ob ihm das jetzt passt oder auch nicht; basta und Amen! – Klaus P. Jaworek

 

Kardinal Reinhard Marx hat – entgegen allzu vielen Kirchenvertretern – ein klares Zeichen gesetzt, pro Aufarbeitung kirchlicher Lasten und Vergehen, pro Erneuerung der Kirche. Denn trotz des anhaltend großen öffentlichen Drucks auf die mitunter degenerierten Strukturen des Klerus hat sich nicht wirklich viel bewegt. So wurden bisweilen ein Schritt vor, zwei Schritte zurück gemacht, was etwa die ganzheitliche Aufklärung von Straftaten unter dem Deckmantel des Glaubens betrifft. Der Pelz der Kirche ist an vielen Stellen schmutzig, gleichwohl bevorzugt man(n) es in den dortigen Reihen, sich beim (gegenseitigen) Reinwaschen mitnichten nass zu machen; das kann nicht überzeugend gelingen.

Menschen, die Gott lieben und die die irdischen Vertreter und Diener Gottes verbindlich annehmen wollen, sehnen sich nach aufrichtiger Teilhabe an dem Grund des Glaubens, an Jesu Wort. Nicht aber nach einer leidlichen Teilhabe an der gewaltigen Hybris eines Glaubens, an der Verkehrung der pastoralen Aufgabe. So stellt sich mir ein weiteres Mal die glaubens- existenzielle Frage, was es also bedeutet, wenn am Anfang aller Tage nichts als die reine Hoffnung darauf war, Hilfe und Hingabe zu etwas Kraftvolleren, Mutigeren, Sinnvollerem zu finden?

Und was, wenn das Wort des dreieinigen Gottes nicht zu den wahrhaft glaubenden Menschen durchgedrungen ist, wenn die Kirche und die Gläubigen zwar den wunderbaren Sinn ihrer Hoffnung erkannt, die ganzheitliche Gegenwärtigkeit göttlicher Fürsorge und Hilfestellung jedoch nicht wahrhaft angenommen haben. Denn, auch und ganz besonders im Glauben zählt und (be)wirkt das, was ankommt. – Matthias Bartsch

 

Die Krise der katholischen Kirche ist nur auf den ersten Blick eine innerkirchliche Angelegenheit. Der Missbrauch von Kindern wirkt vor allem vor dem Hintergrund der sonst so strengen kirchlichen Maßstäbe besonders zugespitzt. Bei genauem Hinsehen signalisiert die Rücktrittsabsicht von Kardinal Marx ein noch tieferes Problem als das des Missbrauchs von Kindern. Es steckt in der konfessionsübergreifenden Tatsache, dass das, was einmal „Kultur“ und „Moral“ hieß, massiv an Geltung verloren hat.

Diese von innen her wirksame, seelische Sensibilität war bis ins letzte Jahrhundert eine Art von seelischer Kompass-Funktion, die sich – ähnlich wie der physikalische Kompass – an unsichtbaren „Linien“ orientierte. Der weitgehende Verzicht auf diese innere, sensible Ordnung kann durch keine von außen kommende, praktische Vernunft ersetzt werden. So ist mit äußeren, politisch kontrollierbaren Regeln und Verfahren diejenige innere Sensibilität nicht erreichbar, die dieser spirituelle „Kompass“ einst meinte.

Romano Guardini beschrieb das Hochmittelalter als eine Kultur, in der dieser Unterschied zwischen den verschiedenen Dimensionen von Kaiser und Papst mindestens im Hintergrund noch spürbar war. Die heutige Reduktion von „Kultur“ auf gehobene Unterhaltung genügt nicht für diese Kultivierung des „inneren Bodens“, die einst Seel-Sorge hieß. Das „Meta“ der Physik bleibt wohl für immer nicht mit Händen (oder diversen „Logien“) zu begreifen. – Karlheinz Gernbacher

 


 

 

Leserbriefe zu „Verschwendung ist so schön“ von Hanno Rauterberg

 

Man kann der ZEIT nicht dankbar genug sein für diesen fulminanten, wachrüttelnden Artikel von Hanno Rauterberg. Ja, die Kunst und die Kunstwelt sind vielfach aus der Spur einer welthaltigen und lebensbestärkenden Kraft geraten und haben sich in eine Blase eitler Überheblichkeit zurückgezogen, in der die Frischluft knapp wird. In völliger Verkennung der Hegel’schen Maxime und in unheilvollem Größenwahn setzen viele Künstler, Museen und Galerien darauf, dass Quantität (das heißt Quadrat- und Kubikmeter) schon in Qualität umschlagen werde. Immer mehr Stoff wird für des Kaisers neue Kleider aufgewendet. Mancher dem Zeitgeist huldigende Kurator sollte sich klar machen, dass eine charaktervolle „Blei“stiftzeichnung im Postkartenformat eine packendere Wirkung entfalten kann als ein saalfüllender Flugzeugflügel aus Blei.

Nach Wols ist das „Maß der Handfläche heilig“, es genügt, um eine neue Welt zu schaffen. Echte Kunstwerke sind Lebewesen, die mit uns in Dialog treten wollen. Museen sind Lebensgärten, keine Warenlager. Wer von toten digitalen Blockchain-Produkten magisch angezogen wird, hat keine Ahnung von der wahren Magie der Kunst, die köstliche Funken auf uns Betrachter überspringen lässt und mit ihrer Glut unser Dasein wärmt. Ein trauriges Beispiel für die Verschwendung bei Museumsneubauten ist die stadtbildprägende Architekturgroteske des Berliner Humboldt Forums. – Ludwig Engstler-Barocco

 

Künstlerschelte. Was wird denn gezeigt? „Wir“ Künstler sollen also. Uns mäßigen. Gerne. Ich mäßige meinen Materialverbrauch seit 40 Jahren und arbeite stringent mit hendwerklichen Grundlagen. Übrigens: Die Plaka-Farben aus den Siebzigern und Achtzigern, in jedem Schreibwarenhamdel erhältlich, überdauerten – mitsamt den Papierbögen vom Sperrmüll. Im extra fürs Kunstschaffen und Erhalten angekauften alten Haus kein Klimaanlagen-Schnickschnack. Härtetest. Pech gehabt allerdings im Härtetest des „Größer, Bombastischer, Schreiender“. Was kommt denn an, was nehmen die Herrschaften Kuratoren überhaupt wahr? Was wird dem Publikum präsentiert? Größer, teurer, aufwändiger! Da lässt sich eine gut betuchte Hobbykünstlerin mal eben einen riesigen Baumstamm aus einem Naturschutzgebiet – ja gut! Nicht einfliegen!…. aber einen Sattelschlepper hat es schon gebraucht.

Wenn Denken und Fühlen des Publikums durch marktwirtschaftlich einseitige Prämissen geprägt ist, komm mir einer mit Sinn und Inhalten! Der Aufwand, der mit Klimatisierung und komplizierten teuren Konservierungsversuchen betrieben wird, gehört doch irgendwie zum Image des Werks und zur Wertsteigerung dazu! Fazit: Kunst widerspiegelt nur die Zustände der Gesellschaft, die totale Überbewertung materiellen Aufwands für einen Gegenstand, sei es Auto, Immobilie oder eben Kunstwerk. Entsammeln? Das kann es nicht sein, das trifft nur jene, die bei dieser Art Wettbewerb gar nicht mitmachen: „Kunst entsammeln“ trifft nur jene, deren Arbeit ungesehen bleibt. Denn der Riesenaufwand der Arrivierten muss sich ja irgendwie selbst begründen. Da mag manch Prozess um des Esels Schatten losgetreten werden.

Sinnstiftender ist es den Blick zu klären. „Gehn se doch rüber“ Im Ernst. In den neuen Bundesländern schaffen viele Künstler sinnstiftend, mit profunder Ausbildung und auf überschaubaren Formaten qualitativ Hohes. Die angemessene Bewertung im Rahmen des gesamtdeutschen Kunstschaffen steht seit über 30 Jahren aus. Ein weiterer Vorschlag zur Klimakrise der Kunstwelt ergibt sich logisch aus den Darlegungen. Prämissen ändern: Lokale Künstler einbeziehen und fördern, spart Wege um die Welt. Das hebt das Selbstbewusstsein sogar einer ländlichen Gegend und zieht weitere Kunstschaffende an, im Sinne einer lebendigen Kulturszene. – Simone Schulz

 

Zitat:“ Nüchtern gesagt: Aus Gegenwartskunst wird Zukunftsmüll, vom Depot geht’s auf die Deponie. Die klimaschädlichen Nebenfolgen dieser absurden Prozedur nimmt man achselzuckend hin.“ Vom Schweinemastbetrieb geht’s in die Kloschüssel. Lediglich viel schneller. Jeder halt mit eigener Vorliebe. – W. Burkhardt

 

Vielen Dank für diesen erhellenden Artikel! So habe ich das noch nie gesehen. Kunst wurzelte in ihren Ursprüngen in der Religion. Wahrscheinlich ließ mich dies an die Sand-Mandalas im tibetischen Buddhismus denken, deren Herstellung oft tagelang dauert und die nach dem Ritual dem Wind preisgegeben oder zusammengekehrt und ins Wasser geschüttet werden.

Dem Ephemeren sollte in der Kunst viel mehr Raum gegeben werden, zumal das Werk ja vor dem Verfall mit einfachsten und wenig energiefressenden Mitteln im Bild festgehalten werden kann. Die Veränderung von Wurst-Schoko-Kunst lässt sich auch wunderbar als „process art“ inszenieren.

Kunst ist wichtig und spannend, sollte aber nicht sinnlos Raubbau an den knappen Resourcen dieses Planeten treiben. Als Arbeitsbeschaffung für Konservatoren ist sie zu schade. – Dr. Sabrina Hausdörfer

 

Mit einiger Verspätung hat auch die Kunstszene nun die Klimadebatte erreicht und deckt auch hier auf, was schon seit Jahren schief läuft. Und da gehört auch Herr Rauterberg dazu mit seinem zu engen Kunstfokus. Interessant dabei ist auch hier – und DieZeit macht auch hier keine positive Ausnahme – welche Bereiche der Kunst überhaupt in die Kunstdebatte fallen: Ausstellungskunst. Dem Autoren fallen dementsprechend auch nur Probleme und Lösungen für diesen Bereich der Kunstszene ein. Der ganze Bereich der Medienkunst seit den 60er Jahren entwickelt und etwa mit der Netzkunst noch radikalisiert digitaler und raumloser und umweltschonender (im Vergleich zu all den Kühlwerken in Museen) – erscheint in diesem Artikel gar nicht. Es fallen also alle Werke weg, die auf kleinstem Raum gelagert, seriell ausgestellt oder gar zu Hause ausprobiert werden können.Sie scheinen in der symbolischen Ordnung gar nicht vorhanden zu sein und sind es auch in der Berichterstattung kaum.

Böse Zungen meinen dazu vermutlich zu recht: Halt nicht privatisierbar. Und: NFT ist ja gerade der Versuch der Privatisierung von Digitalem (selten Medienunst). Die Kunst könnte ja auch einfach im Netz für jedermann stehen. Und da sind sie dann wiederum Teile des Problems mit dem Fehlen jeder nicht-Event- und Ausstellungskunst. In diesem Sinn deckt tatsächlich die Klimakrise auf, was da schief läuft in der Kunstszene – nur leider Herr Rauterberg und mit ihm DieZeit sind sie ein Teil des Problemes. Sie sehen also liebe Redaktion auch sie können etwas zu umweltschonender Kunst tun, indem sie etwa über Kunst berichten, die jeder unabhängig von einem Ausstellungsort besichtigen kann. Aber vielleicht klappt das erst, wenn man auch dort symbolisches Kapital sammeln und ausweisen kann. – René Bauer

 

Sie haben mit Ihrem Artikel mutig, geistreich und wohl begründet ein Thema erfasst, das wohl in der Kunstszene mehr als nur säuerliches Stirnrunzeln ausgelöst hat. Ich war und bin jedoch begeistert: Endlich spricht es mal jemand aus und zeigt auch noch interessante Perspektiven auf, u.a. die erheiternde Idee einer „Verrottungshalle“ , die dann zusätzlich noch olfaktorische Sensationen böte! Vielen Dank für diesen wunderbaren Artikel!!! – Antje Behrens

 

In Hanno Rauterbergs Artikel „Verschwendung ist so schön“(Nr. 24/2021) stellte Herr Rauterberg mit Bezug auf Nachhaltigkeitsfragen in der Konservierung von Kunst die Frage: „Vor allem aber wäre die Frage zu diskutieren, wie sich das Ewigkeitsdenken überwinden ließe:“ Gerne würde ich Sie bitten, bezüglich des Themas Herrn Rauterberg ein sehr interessantes künstlerisches Projekt weiterzuleiten. Beschäftigte sich dieses zwar nicht direkt mit Themen der Nachhaltigkeit, so wird doch eine radikal neugedachte Idee von Speicherung aufgestellt und erprobt. Eventuell eine Antwort auf die zum Schluss des Textes gestellte Frage. Siehe dazu: https://slub.qucosa.de/api/qucosa%3A71031/attachment/ATT-0/ S. 101 – 106 und S. 93 – 100. Sowie: https://dominikbais.com/kopie-von-opensource-archive – Dominik Bais

 


 

 

Leserbriefe zu „Sturz der Giganten“ von Evelyn Finger

 

Den Herrn verleugnet. In der Passionsgeschichte der Evangelien lesen wir von einem Petrus, der seinen Herrn dreimal verleugnet hat. Ist es zu weit hergeholt, wenn man sagt, manche unserer Bischöfe oder Personalverantwortliche haben ebenfalls den Herrn verleugnet, indem sie ihn in den Opfern der Missbrauchstäter nicht erkannt, nicht wahrgenommen haben? Denn dieser Herr hatte ja gesagt: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan (oder nicht getan), das habt ihr mir getan (oder nicht getan)“. Petrus ging hin und weinte bitterlich, als ihm sein Fehlverhalten bewusst wurde. Und er bekam, wie der Evangelist Johannes berichtet, eine neue Chance, als Jesus ihn, wiedergutmachend, dreimal fragte: „Liebst du mich, liebst du mich mehr als diese?“ Diese Fragen hört wohl nur, wer sein Fehlverhalten eingesteht. – Klaus Lutterbüse

 

Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel. Es ist doch ganz schrecklich – und wie so oft auch in der Politik: Es geht den HERRschaften darum, Gesichter zu wahren, sich strategisch so klug zu verhalten, dass sie selbst keinen Schaden erleiden. Das ist natürlich legitim, aber dennoch angesichts der abstoßenden Missbrauchsfälle im Moment eher nicht der richtige Weg… – Annette Haagen

 

Guten Tag mag ich nicht sagen. Weil hirnwaschende Meinungs-Apologeten mir zutiefst zuwider sind. Das ist auch der Grund, warum ich DIE ZEIT, einst eine meiner Lieblingslektüren, seit vielen Jahren in der Ecke der Schmuddelblätter lokalisiere. Journalismus, so, wie er in der Zeit der Aufklärung sich erfunden hat, ist mit der Aufgabe in die Geschichte gestartet, die Menschen über das Geschehen anhand von Fakten zu informieren. Daraus sollten diese sich ihre eigene Meinung bilden. Derartige Berichterstattung ist mithin jämmerlich gemeuchelt worden, nachdem ein haßerfüllter, apodiktischer Feminismus sich wie ein morphogenetisches Feld über die Gesellschaft gelegt hat, jede selbständige Meinung brutal unterdrückend. Schlimmer noch, als bei den Nazis!

Nun soll ich wohl die Meinung des Herrn (??) Sasan Abdi-Herrle kritiklos schlucken et per omnia seacula saeculorum in das Buch der ewigen Wahrheit abheften. Das müßte freilich dann stante pede in Flammen aufgehen, denn Herr Sasan… irrt natürlich. Gewaltig. Er hat von den Usualitäten der katholischen Kirche, in Sonderheit ihrer Kleriker, ersichtlich keine Ahnung!

Papst Franziskus hat mitnichten dem wetterwendigen Kardinal den Rücken gestärkt. Er hat stattdessen auf eine feine, dem deutschen Journalismus absolut unbekannte Art den Kardinal Marx als Hypokrit entlarvt und ihm gehörig den Marsch geblasen: das Chaos, welches du unter den deutschen Katholiken angerichtet hast, löst sich nicht auf, indem du dich davon stiehlst. Ergo, bleib und übernimm Verantwortung!

Dieses immer auf die „richtige“ Seite der Meinungshoheit wechselnde Stehaufmännchen hat diesmal falsch spekuliert. Der honig-klebrige, omni-postulante Feminismus erhebt inzwischen Anspruch auf Führungspositionen für Frauen auch in der katholischen Kirche auf allen Ebenen. Inclusive des Papstthrons. Die hat Marx flugs und zwar kritiklos übernommen. Das widerspricht indes nicht nur den Traditionen dieser Kirche, ihrer „Verfassung“, es steht auch diametral gegen das Gebot ihres Gründers, Jesus von Nazareth.

Der war von seiner Überzeugung her der jüdischen Glaubensrichtung der Pharisäer zuzuordnen. Die waren seiner Ansicht nach von der rechten Lehre des Moses und der ihm nachfolgenden Propheten abgewichen. Er sah sich als Restaurator des wahren Glaubens: „Tuet Buße und kehret um“. Nun mag sich Herr Sasan … durch sämtliche Bücher Mose wühlen, er wird dort kein Wörtchen finden, das Frauen einen Zugang zum Priesteramt gestattete. Selbst zum Gottesdienst war es Frauen lediglich erlaubt, den Vorhof zu betreten. In seiner Überzeugung war allerdings dieser Jesus ähnlich rigide-apodiktisch, wie es der jetzt praktizierte Feminismus ist. „Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; den spei ich aus aus meinem Munde!“ Will heißen: wer meine Lehre nicht annehmen will, hat in meiner Gemeinschaft nichts zu suchen!

Klare Worte. Nur wollen Frauen dies nicht verstehen. Oder können sie’s nicht? Wenn ihnen die katholische Kirche nicht paßt, sie können wechseln. Oder ihre eigene Kirche gründen. Auf eine „christliche“ Gemeinschaft mehr oder weniger kommt es nun wahrlich nicht drauf an. Oder geht es den Frauen etwa darum, Männer aus allen Ämtern zu verdrängen? Gibt es so etwas – ich sag es mal streng feministisch formuliert – gibt es für Frauen einen Männerhaß? Dann wäre – scheint mir – Herr (??) Sasan Abdi-Herrle wohl ein treuer Paladin dieses gesellschafts-zerstörenden Feminismus. RIP Deutschland, RIP Europe! – Frajo Mahr

 

Papst Franziskus (Sitz in Rom) sagt „nullum“, und bleibt weiterhin der katholische „Heilige Vater“ im Vatikanstaat. Reinhard Kardinal Marx (Sitze: München & Freising) gehorcht dem dem Papst und macht (wahrscheinlich) katholisch weiter und bleibt im Amt. Reiner Maria Kardinal Woelki (Sitz in Köln), macht in seiner Rolle als katholischer Zankapfel (wahrscheinlich) auch weiter und bleibt am Rhein. Typisch katholische Kirche könnte man da „glauben“, alles bleibt und bleibt und bleibt….,so wie es ist und so wie es seit urkatholischen Zeiten auch immer war! – Klaus P. Jaworek

 

Mag es innerhalb der katholischen Kirche seine Bedeutung haben, wenn Kardinal Marx sein Rücktrittsgesuch einreicht und es Kardinal Woelki nicht macht und es ein Machtgerangel gibt. Im Mittelpunkt steht doch die Frage aus ihrem Artikel: „Doch was ist mit der Mißbrauchsaufarbeitung?“ Kardinal Marx spricht in seínem Rücktrittsgesuch von „Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Mißbrauchs durch Amtsträger in den vergangenen Jahrzehnten“! Und der Staat hat die Kirche gewähren lassen und damit Verjährungsfristen durch Verschleierungen und Vertuschungsmethoden möglich werden lassen. Wann endlich greifen die staatlichen Organe ein, stellen Beweismittel sicher und setzen die Geltung unseres Strafrechts auch bei den kirchlichen Würdenträgern konsequent durch?! Haben die Mißhandelten kein Recht darauf, dass die möglichen Täter vor einer Verjährung der Taten vor Gericht kommen?! – Udo Bauer

 


 

 

Leserbriefe zu „WAR DIE BUNDESNOTBREMSE ÜBERFLÜSSIG?“ von Mark Schieritz und Jakob Simmank

 

Die o.g. Artikel waren wieder einmal hoch informativ und relevant für sehr wichtige Probleme und Phänomene. Den ersten Artikel könnte man noch erweitern auf die vermeintliche „Überflüssigkeit“ ganz vieler Maßnahmen auch außerhalb des Corona-Geschehens. Regelmäßig wird das „Unnütze“ von Maßnahmen vermeintlich belegt, weil — noch? — kein Erfolg oder keine Verbesserung sichtbar ist. Dabei kann es immer wieder schon ein Erfolg sein, dass keine Verschlimmerung eingetreten ist oder in der Zukunft eintreten wird. Diese Logik scheint vielen selbst prominenten Diskutanten und Argumentatoren immer wieder zu fehlen.

Der Artikel über die (fehlende) Impfbereitschft zeigt auch, dass wir gegenüber einem Momentan-Zustand nicht kapitulieren müssen, sondern daran arbeiten können. Die multiplikatorischen Aufklärer sind für mich Helden. Der Herr Nuri Tanis ist sogar ein Held an zwei Fronten: Er zeigt beispielhaft, dass Migranten sich nicht nur für deren eigene Gruppeninteressen, sondern auch für das gemeinsame Wohl aller in deutschland lebenden einsetzen. Das wirkt sympathisch und kann Gemeinschaftsgefühl über Ethniengrenzen hinweg schaffen, auf beiden Seiten.

Der Artikel über die Frage der Kinderimpfungen kann eine entscheidende Brücke schlagen zwischen Pro und Kontra, Gegnern und Befürwortern einer Impfung dieser Altersgruppen(n). Ich sehe auch viele Kinder und Jugendliche, die sogar manchen Erwachsenen ein Vorbild sein können statt umgekehrt, Mit dem größten Beispiel von Greta Thunberg, trotz oder sogar wegen ihrer „Krankheit“. Allerdings sehe ich auch Gegenbeispiele, die es natürlich bei Erwachsenen auch gibt. Und bei allen setzt eine reife vernünftige Entscheidung eine ausreichende, sachliche und nicht manipulatorische Aufklärung bzw Information voraus, die leider nicht überall gegeben ist. Auch Kinder nutzen das Internet meines Wissens nicht immer zu ihrem oder gar dem allgemeinen Nutzen.

Deshalb halte ich es trotz allgemeiner Zustimmung nicht für nur oder immer „einfach“, ihnen die Entscheidung zu überlassen. Deshalb dürfte es in vielen Fällen besser sein, sie mit, aber nicht ganz allein entscheiden zu lassen. Und: dass sie eine große, vielleicht sogar besonders große Last unter den Shutdowns zu tragen hatten, besonders angesichts ihrer eigenen nur geringen Gefährdung, ist unstrittig klar. Viele verdienen daher Dank und Respekt. Aber die allergrößte? Die würde ich eher bei den Todesopfern und den Langzeit-Behinderten sehen. – Peter Selmke

 

In der endlosen Diskussion um widersprüchliche Lockdownmaßnahmen wird eines immer vergessen. Es gab in unserer Republik nie einen ernsthaften Diskurs im Kreise der Entscheidungsträger über Alternativen zum Lockdown. Auch die öffentlichen Auseinandersetzungen in den Mainstreammedien und der Politik stellten Lockdownmaßnahmen nie wirklich in Frage. Gestritten wurde über Lockdown-light, Wellenbrecher, Osterruhe, Brücken-Lockdown, Notbremse, Inzidenzien, Maskenpflicht im Freien, Ausgangssperren. Unsere Regierungen glauben offenbar immer noch, man könne das Virus mit Lockdowns, Bevormundung, Einsperren, Zwang „besiegen“. Nein, mit dieser Strategie steuern wir eher auf den nächsten Lockdown zu. Das Virus bestimmt den Takt.

Wer glaubt, mit Lockdowns „zu gewinnen“, sollte sich neben Schweden, das nie einen Lockdown hatte, auch die Schweiz anschauen, die seit dem Winter darauf verzichtet. Und man sollte sich die US-Staaten Georgia, Süd-Dakota, Florida, Alabama, Oklahoma, Süd-Carolina, Texas anschauen, die nie einen Lockdown hatten oder ihn frühzeitig aufgaben, und die im inneren US-Vergleich nahezu die gleiche Zahlenentwicklung haben wie die Lockdowner. Wenn man auf Lockdowns, Bevormundung, Einsperren, Zwangsmaßnahmen setzt, hat Deutschland vieles richtig gemacht. Wenn man auf Eigenverantwortung der Menschen und die natürliche Entwicklung einer Immunisierung setzt, hat Deutschland alles falsch gemacht. Diese Ahnungslosigkeit und ausbleibender Diskurs setzen sich fort in der Impfhysterie.

Die neuen „Impfstoffe“ sind eine Geburt der Hektik! Auch hier wird nur auf Nebenschauplätzen gestritten: Lieferverzögerungen, Priorisierung, Kinderimpfen, verschmutzte Impfstoffe, keineswegs über die fragwürdige Wirksamkeit der neuen Impfstoffe. Der neuartige „Impfstoff“, mit dem in Wirklichkeit ein Gen-therapeutischer Eingriff erfolgt, schützt weder vor der eigenen Infektion noch vor der Ansteckung anderer. Man geht davon aus, dass durch ihn schwere Krankheitsverläufe vermieden werden. Wissenschaftliche Belege hierfür fehlen bislang.

Auch ist absolut nichts bekannt über die Langzeitfolgen der neuartigen „Impstoffe“, die in 8 Monaten entwickelt wurden, während die Entwicklungszeit herkömmlicher Impfstoffe oft bis 10 Jahre und länger dauerte. Die Versuchsreihen der Hersteller z.B. BionTech und Astrazeneca laufen über 2 Jahre, so dass frühestens im August 2022 mit halbwegs belastbaren Erkenntnissen zu rechnen ist. Die Hersteller der neuartigen Impfstoffe streben an und verhandeln intensiv darüber, sich von Haftungsverpflichtungen freistellen lassen. Nachtigall ik hör dir tapsen.

P.S.: Das National Bureau of Economic Research (NBER) ist eine US-amerikanische private, überparteiliche Nonprofit-Forschungsorganisation, die sich dem Studium von Theorie und Empirie der Ökonomik widmet, insbesondere der amerikanischen Wirtschaft. Als Zielsetzung sieht es die unvoreingenommene Forschung vor sowie die Verbreitung von Wissen unter Politikern, Geschäftsleuten und der akademischen Gemeinschaft. Das NBER ist die größte wirtschaftswissenschaftliche Forschungseinrichtung in den USA.

In ihr arbeiten 21 Nobelpreisträger mit. Dieses NBER hat kürzlich die Sinnhaftigkeit von nichtpharmazeutischen Maßnahmen in der Corona-Pandemie, wie z.B. Lockdowns, untersucht und über 40 Seiten dazu publiziert. Es wurde hierin präzise aufgezeigt, dass diese Maßnahmen keinerlei Wirkung gezeigt haben! Das gilt für China, für den ersten Lockdown in Deutschland, für die Schliessung des Flughafens in Wuhan, ebenso wie jetzt für den Endlos-Lockdown mit eingebauter ‚Notbremse‘, den wir gerade in Deutschland erleben. Was hier in D und in anderen Ländern von den glühenden Lockdownanhängern angerichtet wurde – wider besseres Wissen – gehört endlich schonungslos aufgedeckt! Ich wünsche mir von meiner ‚ZEIT‘ hierbei eine Vorreiterrolle! – Hans Ludwig Scherer

 

Sie schreiben im Artikel, … um die Effektivität letztgültig zu beweisen, wäre eine Art Paralleluniversum nötig….“ Ich lebe in einer Art Paralleluniversum, nämlich in Bayern. Bei uns galten die Regeln der Notbremse schon seit 5 Monaten, insbesondere die Ausgangssperre. Details einiger Regeln waren in Bayern restrikitver als in der Notbremse gefordert. Wenn man die Inzidenzkurven von Bayern und der gesamten Bundesrepublik nebeneinander legt sieht man, daß sie fast deckungsgleich verlaufen. Das scheint mir doch ein staker Hinweis darauf zu sein, daß die Bundesnotbremse eher wenig mit dem Abnehmen der Inzidenzen in den letzten Wochen zu tun hat. – Wolfram Leonhardt

 

„Der Unterschied zwischen einem Theater und einem Irrenhaus besteht darin, dass im Irrenhaus der Direktor normal ist.“ (Helmuth Lohner, 1933-2015, österreichischer Schauspieler & Theaterregisseur) Die Notbremse ist in Eisenbahn-, Straßenbahnwagen, Aufzügen oder Ähnlichem, die bei Gefahr von den Fahrgästen betätigt werden kann. „Die Notbremse ziehen“, umgangssprachlich: eine gefährliche Entwicklung stoppen; im Sportjargon; einen gegnerischen Spieler zu Fall bringen, um einen unmittelbar drohenden Torschuss zu verhindern: der schon ausgespielte Torwart zog die Notbremse. (vgl. Duden 7. Auflage 2011, Nachdruck 2014) Union, SPD und die Grünen haben diesen künstlichen Brems-Notstand um weitere Monate verlängert. Nun müsste wohl der Allerletzte im Lande gemerk(el)t haben, dass wir nur alternativlos verblödet werden sollten. – Klaus P. Jaworek

 

Ihr Verständnis von der Corona-Pandemie scheint mir beschränkt, wenn es sich nur auf die Inzidenzwerte stützt. Inzidenz bedeutet normalerweise Erkrankung, die ja bei einer Infizierung nicht unbedingt eintritt, sondern meistens nicht. Eine objektiv vergleichbare Grösse ist also überhaupt nicht die Ansteckung, da von den Messungen abhängig, sondern die Hospitalisierung. Das gilt sogar länderübergreifend mit Abstrichen. Wir können sogar sicher sein, dass es sich um eine Atemwegserkrankung handelt, auch wenn es davon viele gibt, die tödlich sein können. Seit einiger Zeit sind Corona oder Grippe fast verschwunden bei den Hospitalisierungen. Bei der Mortalität ist das leider nicht eine gut vergleichbare Grösse, denn das rki hat von Anfang an alle Gestorbenen mitgezählt, die mit und nicht an Corona gestorben sind.

Trotzdem können Sie deutlich an den Kurven sehen (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1190592/umfrage/coronainfektionen-und-hospitalisierte-faelle-in-deutschland-nach-meldewoche/), dass wir sowohl bei den Hospitalisierungen, als auch bei den Gestorbenen in 2020 und 2021 eine Corona-Epidemie hatten, die zumindest in 2020 vermutlich schwächer als manche Grippewelle in früheren Jahren war. Corona ist an die Stelle der Wintergrippe getreten – bislang. Das bedeutet also, dass es bislang zwei Wellen gab, deren Höhepunkt jedesmal um die Jahreswende lag. Der kalte Frühling hat die Welle länger auslaufen lassen, aber die Bundesnotbremse war unnötig. Nebenbei gesagt: auch bei der Grippe verändert sich das Virus ständig jund ist nur begrenzt mit Impfung zu bekämpfen. Aber das ist ein anderes Thema.

Seit einem halben Jahr befragt die ZEIT gern und manchmal ausschliesslich Viola Priesemann um ihre Einschätzung. So wird sie auch in Ihrem Beitrag als Expertin vorgestellt, bleibt aber eine Antwort schuldig. Die kann sie auch gar nicht geben, weil sie theoretische Physikerin ist. Frau Priesemann hat Recht, dass die Chaostheorie als Erkenntnisinstrument für das Infektionsgeschehen geeignet ist. Aber ihre Behauptung, bei einer Inzidenz unter 10 sei das Geschehen zu kontrollieren, sofern wir einige chinesische Methoden beachten, war tollkühn.

Zur Chaostheorie gehört, dass der Kipppunkt nicht vorhersagbar ist. So wenig wie der Ort eines Gewitters bei instabiler Grosswetterlage. Im Winter ist bei uns Infektionszeit. Ich habe vor langer Zeit einmal ein Seminar mit einem Professor der Meteorologie zur Chaostheorie veranstaltet, weil sie mich von der Mathematik her interessiert. Zwei bis drei Tage ist der Vorhersagehorizont in der Regel! Für das Wetter! Wir wissen, dass es bis zum nächsten Winter Sommer ist. Ohne Corona. – Gerd Stange

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Hakenkreuzzug“ von Wolfram Wette

 

Es schüttelt mich, diesen Satz zu lesen: „Wenig später brachten das Oberkommando…jene Anordnungen auf den Weg, die Historiker rückblickend als „verbrecherische Befehle“ qualifizieren.“ Bestenfalls naive Historiker mit diesen späten Einsichten pflegten nach dem Krieg zuerst den Irrglauben, die Wehrmacht sei im Gegensatz zu den Schergen der SS von tugendhaftem Verhalten gewesen. Das erinnert mich an den ebenso, teilweise bis heute gepflegten Unsinn vom Wiederaufbau durch die so tugendhaften Trümmerfrauen. Diese Frauen – wie übrigens meine Mutter auch – waren wegen des längst bewiesenen allgemeinen Wissens über die Schandtaten ihrer Zeit nach der Devise, „wer die Hütte ansteckt, muss sie auch wieder aufbauen“, dazu verpflichtet. – Jürgen Dressler

 

Ich glaube der Artikel verkürzt etwas, die Problematik auf ein außenpolitisches Problem. Man sollte auch beachten, welche Rolle die KPD in der Weimaer Republik gespielt hat. Diese hat sich unter Thälmann klar auf sowjetischen Kurs ausgerichtet. Die ideologische Gegnerschaft zwischen NSDAP und KPD in den zwanziger Jahre wurde neben der rassistischen Ideologie auf die Außenpolitik übertragen. Zwei menschenverachtende Ideologien haben sich da gegenseitig beschuldigt und massiv bekämpft, Strassenkämpfe etc. Die Kommunisten in Deutschland haben sich mit dem Bekenntnis gegen Demokratie und für die Räterepublik aber an die Seite der sowjetischen Ideologie gestellt.

So war für kath. und auch evangelische Christen, bürgerliche Liberale als auch klassische Konservative (Monarchisten) insgesamt die kommunistische Ideologie insbesondere in der sowjetischen Ausprägung nicht tragbar. Die Nationalsozialisten konnten mit ihrer antibolschewistischen Propaganda damit bei Kriegsbeginn. die durchaus auch berechtigte Kritik am sowjetischen kommunistischen System ausnutzen. Das kann man den anderen antikommunistischen Kräften wie der Kirche vorwerfen, dass ihnen der Kampf gegen den Kommunismus wichtiger war als gegen den Nationalsozialismus.

Gerade nach dem Krieg hat man gesehen, was das stalinistische System in Osteuropa angerichtet hat. Hitler hat letztlich mit seinem schrecklichen Krieg dafür gesorgt, dass Stalin Osteuropa insbesondere auch Polen beherrschen konnte. Die „bolschewistische Weltherrschaft „ hat er durch seien Krieg gerade erst ermöglicht. Das man sich auch als freiheitlich demokratische Gesellschaft nach dem Krieg auch gegen das kommunistische System gestellt hat ( Adenauer), ist doch nachvollziehbar und sollte man nicht mit der Propaganda der Nazis gleichsetzen. (Das Sozialdemokraten in den Achtziger mit Gesprächen mit der SED diese Haltung aufgegeben haben ist mehr als bedauerlich. ) Das heisst, die Kritik an der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg ist nicht nur auf die Propaganda der Nazis zurückzuführen ist etwas fragwürdig. Fahren ist mal nach Polen….

Was sicherlich wichtig ist, dass man sich von der Sprache und Ideologie der Nazis abheben muss, was sicherlich nicht immer der Fall war. Auch wollten Nazis ihre Verbrechen mit der Kritik an der UdSSR rechtfertigen . Der Antikommunismus rechtfertigte selbstverständlich nicht den Krieg gegen die Sowjetunion. Vielleicht liegt hier auch das wesentliche Problem, auch wenn man den Kommunismus ablehnt und als Bedrohung wahrnimmt, war der Krieg eine europäische Katastrophe. Ich glaube schon, dass im westen-deutschen Volk die Verbrechen gegen die Menschen in der Sowjetunion bekannt waren, trotz der Nazi Propaganda.

Auch war man sich bewusst, dass man da Grenzen der Menschlichkeit überschritten hat, die durch nichts nicht zu rechtfertigen sind. Was viel weniger im Bewusstsein des deutschen Volkes ist, ist die massenhafte Tötung von Menschen in Polen. Übrigens hat man das auch in der DDR nicht hervorgehoben, sondern das Leid der Sowjetunion besonders hervorgehoben. Die heutige Beziehung zwischen Deutschland und Russland ist zwar keine Frage mehr zwischen Demokratie und Kommunismus, aber zwischen Demokratie und einem autoritärem System. Somit gibt es gewisse Parallelen, die man aber genau analysieren sollte.

Kritik an Russland ist daher auch heute meines Erachtens notwendig und sollte nicht auf alte Nazipropaganda zurückgeführt werden. Auch finde ich es wichtig, dass man in der Kritik ein Volk nicht unter Generalverdacht stellt, zB „sie können keine Demokratie“. Dies ist letztlich rassistisch, wie in der nationalsozialistischen Ideologie. Also insgesamt finde ich ihren Artikel interessant, aber er greift vielleicht etwas kurz. – Frank Preller

 

Ich habe es lange befürchtet, jetzt weiss ich es, die Ausländer sind teilweise Schuld an den Morden an Juden und Russen (1/3à 9 Mill.). Ein paar andere wichtige Fakten scheint auch Prof. Witte unbekannt zu sein. SU bekam sehr viel Militärmaterial über die Südroute (Teheran), die Nordroute (Murmansk/Archangelsk), Wladiwostok lag zu dicht an Japan. Laut Churchill wäre ohne diese Hilfe den Krieg nicht zu gewinnen.

SU überfiel , geschützt durch den Ribbentrop – Molotow – Pakt, 1939 Finnland und es gab den Finnisch-Russische Winterkrieg 1939/40. Auf der finnische Seite kämpften viele Skandinavier. Da den Krieg für Finnland verloren ging (Anfang 2. WK), mussten sie einen Teil an SU abtreten. So zu den Freiwilligen. Ein Teil der Freiwilligen aus Skandinavien waren ehemalige „Winterkämpfer“, die das verlorene Gebiet zurückgewinnen wollten. Einen weiteren Teil wurden Zwangsrekrutiert und mussten Speerspitze sein denn deren Überlebenschance sehr gering waren. Motto: Jede gefallene Ausländer ist einen Deutschen mehr und mehr „Lebensraum“, denn auch den Russen nahmen oft keine Gefangene, deshalb wurden sie hauptsächlich im Osten eingesetzt. Der dritte Teil waren ideologisch überzeugte Nazis. – Stein-Erik Greter

 

Es ist sehr zu begrüßen, dass DIE ZEIT anlässlich des 80. Jahrestages des Überfalls der Wehrmacht auf die Sowjetunion eine ganze Druckseite über den „Hakenkreuzzug“ zur Verfügung stellt. Dass hierbei sowohl die Analyse der propagandistischen Verbrämung bei der Bezeichnung des Vernichtungsfeldzuges gegen die Sowjetunion als auch die Rezeptionsgeschichte der Kreuzzugsrhetorik fokussiert werden, ist lobend hervorzuheben und beinhaltet eine Erweiterung des Blicks bis weit über 1945 hinaus. Und ebenso erfreulich ist, wenngleich von Wolfram Wette bisweilen unberücksichtigt, dass sich neben der Geschichtswissenschaft auch jüngst vermehrt die Geschichtsdidaktik sowie die geschichtsunterrichtliche Praxis dezidiert dem rassenideologischen Vernichtungskrieg annimmt, der – und dies sei unterstrichen – bereits in Polen 1939 seinen Auftakt nahm.

Gerade im Geschichtsunterricht sowie in den Lehr- und Bildungsplänen sollte der Nationalsozialismus nicht weiter nur syntaktisch-additiv mit dem Zweiten Weltkrieg verbunden werden. Denn mit dieser thematischen und begrifflichen Arbeitsteilung, wonach der Nationalsozialismus in dieser Denkfigur für die Zerstörung der Demokratie zuständig ist und der Zweite Weltkrieg für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, bleibt das große Potenzial ungenutzt, aus europäischer Perspektive die Politik des nationalsozialistischen Deutschlands als strukturelle Einheit zu denken, deren Klammer die NS-Rassenpolitik darstellte. – Florian Hellberg

 

Wolfram Wette hat sehr verdienstvoll auf die Kontinuität der antibolschewisteischen Propaganda „vom Reich zur Bundesrepublik“ hingewiesen. Alledings sind die Angaben über Eberhard Taubert unkorrekt. Taubert hatte sich 1945 nach Hamburg abgesetzt und den Briten zu erkennen gegeben. Nach Angaben des britischen Kontrolloffiziers Michael Thomas überließen die Briten den Amerikanern die antikommunistische Propaganda auch in ihrer Zone, Taubert stand aber unter britischer Protektion. Bei dem Volksbund handelte es sich um eine Agentur mit wenigen Mitgliedern, einen Zusammenschluss aller antikommunistischen Organisationen in der BRD hat es nie gegeben. Der Volksbund bezog sein Geld von der CIA und dem Gesamtdeutschen Ministerium.

Die CDU hatte eigens den späteren Direktor der Akademie für psychologischen Verteidigung Dr. J. Kurt Klein in den Volksbund abgeordnet, um ihn zu überwachen. Nach der Enttarnung Tauberts 1955 wollte kein Bonner Ministerium diesen dubiosen Propagandisten weiter fördern. Die 1958 gegründete PSK der Bundeswehr hatte mit Karl Christian Trentzsch und Dr- werner Marx zwei glühende Kommunisten. Um Richtung DDR zu wirken, wurden aber sozialdemokratische und gewerkschaftliche Experten für die Psychogische Kampfführung gesucht etwa Helmut Bärwald vom Ostbüro der SPD oder Gerhard Haas vom Ostbüro des DGB. Gern hätte Taubert für Strauß, dem man alles böse zutraute, gewirkt.

Tatsächlich wurde Taubert aber, weil er in Bonn nicht mehr werden konnte, von der CIA 1959 an den persischen Geheimdienst SAVAK vermittelt. Das hinderte den DDR-Propagandachef Albert Norden nicht daran, Taubert in einer Ausstellung über den westdeutschen Militarismus „Aller Welt Feind“ in Ostberlin 1959 zum Chef des Bonner Amts für psychologische Kriegführung zu „befördern“. Bei Wikipedia, im Spiegel und in der Zeit geistert Taubert seither als Strauß-Berater. PS Wer etwas über Taubert, dessen Nachlass ich ausgewertet habe wissen will, kann das in der Zeit von 1990 nachlesen, „Erst in Goebbels`dann in Adenauers Diensten“ nachlesen oder meinem Buch „Die rote Gefahr“ v. 2003. – Klaus Körner

 


 

 

Leserbriefe zu „Echt?“ von Fabienne Hurst

 

Ganz ehrlich, der Spruch „Frauen sind das schwache Geschlecht“ trifft mit Blick auf diese Selbstoptimierungsorgien wohl zu. Wer das braucht, ist schwach. Und meistens glauben Frauen, sie brauchen das. Warum denn nur? Wo ist das Selbstbewusstsein???? Das Selbstwertgefühl???? Ich habe im Urlaub eine schöne Postkarte gefunden, die meiner Meinung nach all das perfekt zusammenfast: Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein. – Albert Einstein. In diesem Sinne…….. – Annette Haagen

 

Was sollte Ihre Leserschaft in diesem Artikel entdecken? Das die ZEIT Mühe hat die Seiten einer Bitte nicht mit Überflüssigkeiten dieser Art. Mein Kurz-Abo läuft demnächst aus. – Christa Kolhorst

 

Habe den Artikel mit einer Mischung aus Faszination und Unglauben gelesen. Für jemanden, der nicht einmal Leute versteht, die gerne Fotos von sich anschauen, ist das alles einfach unvorstellbar. – Frank Hrebabetzky

 

Der in seiner Grundaussage sehr zu begrüßende Erlebnisbericht zu einer „Po-Straffung enthält leider einzelne schlimme medizinische „Stockfehler“. Ist es nicht eigentlich eine Pflichtaufgabe der Redaktion, dass ein medizinische Bereiche betreffender Artikel von einem Arzt oder wenigstens Biologen gegengelesen wird? – Dr. Hartmut Kronsbein

 


 

 

Leserbriefe zu „Imame made in Germany“ von Arnfrid Schenk

 

Meine persönliche Begegnung mit Prof. Bülent Ucar von der Universität Osnabrück hat jegliche Hoffnung auf die Erfüllung des Anspruchs, Imame für Deutschland auszubilden, zerstört. Auf meine Frage, wie er denn die Vorbildfunktion des Propheten Mohammed sehe, sprang erregt auf und sagte: „Es ist nicht meine Aufgabe, den Propheten vor meinen Studenten zu kritisieren. Sie sind ein Kulturrassist!“ Mit diesem Satz und der darin ausgedrückten Überzeugung zerbricht die Intention der Gründung des „Instituts für islamische Theologie“ in Osnabrück. Will man einen „Euroislam“ schaffen, dann muß sich dieser von bestimmten Heilsaussagen des Korans distanzieren, wie z.B. der minderen Rolle der Frau sowie dem Feinbild von Judentum und Christentum im Islam. Aber noch vielmehr muß eben die absolute Vorbildfunktion Mohammeds fallen.

Es ist ja sein verpflichtendes Vorbild, nicht nur in allen Lebenslagen des Privaten, sondern gerade auch als kriegerischer Kämpfer, der Maßstab für all das, was den Werten westlicher Demokratien widerspricht. Ihn angeblich zu beleidigt zu zu haben, führte weltweit zu Terroranschlägen und Morden und wird auch weiterhin diese zur Folge haben. Mohammed muß zu einer Gestalt der Geschichte werden. Ohne Kritik am Propheten bleiben alle islamischen Einrichtungen an staatlichen Hochschulen scheinakademische Koranschulen. – Prof.em.Dr.Dr.h.c. Karl-Heinz Kuhlmann

 

Eine Imamausbildung in Deutschland soll dazu führen, dass , so unser Heimatminister Seehofer, die Absolventen „die Werte unseres Grundgesetzes achten“. Gibt es so etwas auch für die katholische Kirche, so ein bißchen Nachhilfe in Fragen der Gleichberechtigung ? – Dr. J. H. Vietor

 

„Als 2010 an deutschen Universitäten die Islamische Theologie eingeführt wurde, erhoffte man sich eine Lehre, die es schafft, Religion in die Gegenwart zu übersetzen.“ So heißt es in dem Artikel über die unterschiedlichen Ansätze zum islamischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen in Deutschland. Die damit verbundene Dramatik könnte erleichtert werden, wenn man sich weniger auf die Selbstdarstellungen der Interessenvertreter mit ihren jeweiligen Religions- und Pädagogikvorstellungen verließe, und sich mehr mit der Frage, was Religion überhaupt ist bzw. aktuell sein könnte, beschäftigen würde.

Da diese Frage allerdings keine standardisierten Antworten zulässt, kann es hilfreich sein, sich zu fragen, was Religion nicht sein kann und darf, also Gewalt, Zwang, exklusivistische Wahrheitsansprüche und von irdischen Belangen abgehobene Idealisierungen. Mit einem solchen Ansatz für jeglichen Religionsunterricht käme man sicher weiter. – Christoph Müller-Luckwald

 

Ein neuer Kulturkampf…? Die ZEIT berichtet – zuletzt in Nr. 24/21 – über „den Islam“ als einer Religion, die sich quer stellt zu unserem Gesellschafts- und Staatssystem, die aber auch anpassungsfähig ist und zu neuen Einsichten führen kann: Chance und Risiko zugleich. In dieser Konstellation zeigen sich einige bemerkenswerte Parallelen zu einer heute wohl längst vergangenen Zeit, der Zeit des „Kulturkampfes“ im Deutschen Reich. Reichskanzler Bismarck wollte mit aller Macht den Einfluß eines erzkonservativen Katholizismus in Preußen wie im Reich schwächen, der mit dem „Zentrum“ eine an Einfluß zunehmende politische Kraft wurde; hinzu kam der sich immer stärker entwickelnde „Vereinskatholizismus“.

Auslöser waren Papst Pius IX (1846 bis 1878) mit seiner klerikal-restaurativen Haltung und letztlich das 1. Vatikanische Konzil von 1869-70, das die Reklerikalisierung zusammen mit dem Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes zum Inhalt hatte. Im noch überwiegend evangelischem Deutschen Reich nannte man die Katholiken „ultramontan“, „jenseits der Berge (=Alpen)“. Das meinte: Ferngesteuert vom Vatikan, nicht allein dem Deutschtum verpflichtet, sondern mehr noch einer ausländischen Macht.

Es ging also darum, welchen Platz der Katholizismus in Deutschland einnehmen sollte. Im Zuge dieser Auseinandersetzung entstanden bemerkenswerte neue Strukturen: So bildete sich das moderne, typisch deutsche Staats-Kirchen-Recht heraus, das eine Balance fand zwischen der Religionsfreiheit einerseits und der Vorherrschaft des staatlichen Rechtes.

Das Personenstandsrecht, das bislang bei den Kirchen lag, wurde „verstaatlicht“, die obligatorische Zivilehe etabliert einschließlich des „Verbots der Voraustrauung “, d.h. zuerst Standesamt, dann Altar (als Reichsgesetz 1875) . Diese strukturelle Klarheit wurde nach anfänglichem Zögern zunächst von der evangelischen Seite, später auch von der Katholischen Kirche akzeptiert. Allerdings hob der Gesetzgeber dieses Verbot auf, weil es keinerlei Lenkungswirkung mehr habe (2009). Dies ist allerdings aktuell umstritten, wie die Initiative der Bundesrates zeigt.

Dort wird zu Recht darauf hingewiesen, dass sich insbesondere muslimische Sitten der Eheschließung einbürgern könnten, mit Mehrehe, Entstehung einer Parallelgesellschaft mit eigenem Familien- und Erbrecht und mithin ein Raum, in dem das Zivilrecht keinerlei Bedeutung mehr haben könnte. Denn so klar sich die Kirchen für eine Rechtsänderung für ihren Bereich erklärt haben, so diffus ist die Reaktion aus dem muslimischen Bereich. Insbesondere türkische Frauenverbände halten wohl ein Verbot der Voraustrauung für weiterhin geboten.

Ein weiterer Bereich liegt in der Ausbildung der Geistlichkeit. Die Katholische Kirche war bis in die jüngste Vergangenheit gerade in diesem Bereich sehr rückständig; eine Akademisierung fand nur sehr zögerlich statt; Priester wußten oft nicht, was ihre lateinischen Texte bedeuteten. Zudem wurden die Priesterseminare oft von Quellen außerhalb des Reiches finanziert. Gerade in der Zeit des Kulturkampfes führte das zu Konflikten. Dies weist auf die Probleme der Imamausbildung und deren Abhängigkeiten.

Schließlich muß das grundsätzliche Verhältnis von Religion und Staat betrachtet werden: Ähnlich der Katholischen Kirche versteht sich der Islam als ein religiös-politische Kraft, die dem Staat vorgeordnet ist. Diese Grundhaltung widerspricht aber fundamental dem modernen Verständnis von Staat und Gesellschaft. Die Katholische Kirche mußte lernen, in einem multireligiösen Staat zu existieren, sich einzubringen in Staat und Gesellschaft, in Konkurrenz wie Kooperation mit anderen gesellschaftlichen Kräften, in Gemeinschaft mit anderen religiösen Kräften. Dies gilt auch für den Islam. So ist die Eröffnung des Seminars für die Imamausbildung in Osnabrück ein guter Anlaß, noch einmal und immer wieder auf den Islam in Deutschland zu blicken. Denn nur der Islam ist in Deutschland willkommen, der grundgesetzkonform ist.

Welcher Islam gehört nach Deutschland? Nur ein Grundgesetz-konformer! Die ZEIT vom 10. Juni 2021 (Nr. 24) befaßt sich intensiv mit dem Islam in Deutschland. Eine sachliche, faktenorientierte Debatte tut Not; es schwingt allenthalben viel Unsicherheit, Unkenntnis und Angst mit. Auch stellen sich manchmal skurrile Situationen ein. Die Ergebnisse der Umfrage sagen mit überwältigenden Mehrheiten, dass a) Muslime ein Grundrecht auf freie Religionsausübung haben, b) dem Islam eine sehr spezifische Haltung zu Staat und Gesellschaft eigen seien, einschließlich seines offenen Verhältnisses zur Gewalt. In Deutschland ist demnach nur dann der Islam akzeptiert, wenn er unsere Verfassung respektiert.

Diese Erkenntnis ist allerdings nicht neu oder überraschend. Aber was tun Staat und Gesellschaft für einen solchen Islam? Muslime zu integrieren ist mühselig, wenn die Moschee als geistliches Zentrum geradezu ein Gegenpol dazu bildet. Dem liberalen Islam wird zu wenig Raum geboten; selbst in der Islamkonferenz des Bundes ist er randständig. Die Ausbildung von Imamen in Deutschland ist ein viel zu wenig gefördertes Mittel, um den Islam grundgesetzkonform zu entwickeln. Die vielen DITIB-Imame sind regelmäßig keine Hilfe, von Milli Görüs zu schweigen. Die islamische Geistlichkeit hier steckt in der Zwangsjacke ausländischer Gelder und Interessen.

Das Dilemma wird an Ditib als verlängerter Arm von Diyanet, dem türkischen Amt für religiöse Angelegenheiten, deutlich. Von Atatürk zur Einhegung des Islam geschaffen, dient es heute als staatlicher Hebel zur islamisch-türkischen Staatspropaganda. Wir brauchen dringend eine breit angelegte und ausfinanzierte Ausbildung von muslimischen Religionslehrern und Imame, um den ausländischen, demokratiefeindlichen Mächten den Einfluß zu nehmen. Nur so kann es gelingen, Islam und Grundgesetz miteinander zu versöhnen. – Wolfgang Philipps

 


 

 

Leserbriefe zu „Schutzbehauptungen“ von Anne Kunze und Ingo Malcher

 

Ihr Artikel „Schutzbehauptungen“ ist möglichst vage gehalten, nach dem Motto „nix Gwiss weiß man net“, aber es wird schon was hängen bleiben. Der Streit dreht sich von Anfang an um die Masken, die im Frühjahr 2020 ohne CE – Zeichen eingekauft wurden, weil sie dringend benötigt wurden. Diese Masken wurden nachträglich in einem beschleunigten Prüfverfahren von 2 zugelassenen Prüfstellen getestet und als in Ordnung befunden. Die Temperaturtests bei -30 °C und bei +70° sowie der Dauergebrauchstest wurden unterlassen weil sie dem Anwendungsprofil nicht entsprechen und da bei FFP2 – Masken nur eine einmalige Benützung empfohlen wird. Dazu kommt, dass die FFP2- Masken eben auch keine Aerosolmasken sind. Vom Arbeitsministerium wurde deshalb nachträglich ein zusätzlicher CPA – Test gefordert, der nicht dem Normtestverfahren entspricht.

Damit legt das BMA fest, dass auch bescheinigte FFP2 – Masken, die „nur nach EN149“ getestet werden, ihrer Meinung nach keinen ausreichenden Ärrosolschutz bieten. Da eine Norm aber international ist, wären alle Auslandsproduzenten ausgeschlossen worden, was rechtlich nicht zulässig ist. Weiter geht es mit den in BW getesteten Masken. Hier heißt es vage, dass sie „teilweise“ vom Bund geliefert wurden. In Wirklichkeit waren es damals 26 meist deutsche Hersteller, von denen 13 mangelhaft waren. Die Masken wurden teilweise selbst beschafft. Die Liste der Hersteller wurde geheim gehalten, nur eine Ölfilterfirma wurde genannt, weil die Masken nach Öl stanken. Wie sie aber bestellt wurden, wurde nicht angegeben.

Inzwischen hat die Firma Dräger, die keine Prüfstelle ist, aber auf Kundenanfrage Tests durchführt, festgestellt, dass auch CE – gezeichnete FFP2 Masken, die verkauft werden, die Grenzwerte nicht einhalten. Zum Schluss kann man aber feststellen, dass wir in Deutschland trotz der „unsäglichen“ „menschenverachtenden“ Maßnahmen und Masken dank des Gemeinschaftsgefühl der meisten Mitbürger zusammen mit Dänemark am besten von allen größeren westlichen Staaten die Pandemie schon fast überwunden haben. Das muss auch mal festgehalten werden. – Dr. Hartmut Franz

 

Was muss ich da heute online lesen, unsere Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will die Maskenpflicht auf Verhältnismäßigkeit überprüfen lassen, da die Inzidenzzahlen bereits im Keller sind, und weiter absinken könnten. Wolfgang Kubicki (FDP), unser Bundestags-Vizepräsident fordert gar ein komplettes Ende der Maskenpflicht (und keine längerfristige Einschränkung der Grundrechte; wie bitte???).

Was machen nun diese Menschen, wie du und ich, die nicht mehr ohne diesen Mundschutzlappen leben können oder wollen. Hoffentlich wird es dann kein Bußgeld, wenn diese Maskenpflicht abgeschafft ist, und wir einfach mit dieser gewohnten Maskentragerei weitermachen wollen. Des weiteren finde ich, muss dem Gesundheitsminister Jens Spahn noch die Gelegenheit eingeräumt werden, damit er sich wie ein Aal aus all diesen haltlosen Anfeindungs-Fake-Storys herauswinden kann. Er wollte doch nur die übriggebliebenen und zweifelhaften Masken an gewisse Menschen verteilen, die sich mit jedem „Mist“ zufriedengeben sollten. – Klaus P. Jaworek

 

Der Artikel ist durch einen Mangel an Fakten charakerisiert. Waren die Masken (mindestens ab der 2. Jahreshälfte) zertifiziert und von wem? Welche Maßnahmen wurden gegen die falsch-zertifizierenden Stellen getroffen? Es ist auch verständlich, dass der Streit zwischen SPD und CDU genüsslich gekostet wird: man spricht von „überzogener Kritik“, „christlichem Etikett“, „gutem Umgang“ aber die Fakten, die die Kontrahenten ins Feld führen, darf der Leser nicht erfahren. – Dr. Salvatore Algieri

 


 

 

Leserbriefe zu „Neu hier“ von Matthias Naß

 

Eine Fregatte in den Pazifik, um China zu zeigen ,was politisch Flagge ist? Was soll das? Erreichen,daß die Chinesen sich totlachen über diese Aktion der Bundesregierung? Das reicht nicht mal zum Kichern. – Hans-Emil Schuster

 

Die Politik überrascht immer wieder. Soll das ein Witz sein. Eine Fregatte überwacht den Pazifik. Halb China lacht sich tot. So kann man die Anzahl der Bevölkerung auch regeln…… – Gunter Knauer

 

Ein ganz kurzer Kommentar zu diesem Artikel: Sowohl der Erste, als auch der Zweite Weltkrieg entstanden in wesentlichen Teilen aus Hybris und Blindheit. Sehr schön hat das für den Ersten Weltkrieg Christpher Clark in Die Schlafwandler dargestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde weit verbreitet geäußert „Das haben wir nicht so kommen sehen“. Wie blind muss man sein? Jetzt war Frau Kramp-Karrenbauer in Südostasien. Für den Herbst ist ein Herumschippern eines deutschen Kriegsschiffs (Fregatte Bayern) vor der chinesischen Küste geplant. Die im Artikel beschriebenen Rücksichtnahmen (um Himmels Willen keine Begegnungen mit chinesischen Kriegsschiffen) machen eine solche unnötige Kanonenbootpolitik auch nicht besser.

Was sagt die Ministerin? „Die Werte, die wir teilen, müssen immer wieder verteidigt werden, auch hier in der Region.“ Das erinnert mich an die seinerzeitige Bemerkung von Peter Struck „Die deutsche Freiheit wird am Hindukusch verteidigt“. Wir sehen ja was daraus geworden ist. Nach Toten, Verletzten und anderweitig Traumatisierten haben die Taliban wieder weitgehend die Macht übernommen. Weiter vorn die Ministerin: „Wir kämpfen für Demokratie, Freiheit und eine auf Regeln basierte Ordnung. Seite an Seite. In Europa ist Russland der Gegner, hier eher China.“ Eher China? Also doch nicht so ganz – oder was?

Geht ́s noch? Was haben wir da unten zu suchen. Und was soll die selbstverständliche Bezeich-nung Russlands als „Gegner“? Kämpfen für Frieden hat sie nicht erwähnt. Können wir ja auch noch – nach dem Motto „Frie-den schaffen mit noch mehr Waffen“. Die ganze Entwicklung der letzten Jahre und Monate ist beängstigend. – Rudolf Deiml

 


 

 

Leserbriefe zu „»Die Inflation war ein Gleichmacher«“ Gespräch mit Carl-Ludwig Holtfrerich geführt von Marcus Gatzke und Mark Schieritz

 

Menschen, die Anfang der 1920er Jahren die Inflation miterlebt haben, berichteten mir Anderes als Herr Holtfrerich in wenigen Sätzen auf hoch aggregierter Ebene dies im Interview darstellt. 4 Beispiele: 1) Geldgeschenke, die 1923 ein Konfirmand erhalten hatte, reichten etwa einen Monat später noch für eine Mütze. Am Tag nach der Konfirmation hätte er noch einen Anzug dafür kaufen können. Besagter Konfirmand war also ärmer geworden. 2) Ein junger Privatlehrer setzte 1923 seinen Wochenlohn sofort nach Erhalt in Lebensmittel um. Dies reichte nicht zum Sattwerden und erst recht nicht für andere Dinge. Der – vermutlich nicht von Gewerkschaften ausgehandelte – Lohn reichte nicht zum Leben.

Der Hunger war ein ständiger Begleiter. 3) Ein Kleinlandwirt (3Hektar) hatte den Betrieb auf Gemüseanbau (Verkauf auf dem Wochenmarkt in der 10km entfernten Kreisstadt) und Schweinemast ausgerichtet. Die Schweine konnte er von der eigenen Scholle nicht ernähren. Daher kaufte er das Schweinefutter auf Kredit zu. Beim Verkauf der Schweine konnte er leicht den Wechsel einlösen und wieder Ferkel kaufen. Das Futter kaufte er grossenteils wieder auf Kredit; usw.. Dies ging bis zur Währungsumstellung gut. Da wurden Kredite mit einem kleineren Faktor umgerechnet wie Guthaben, der Hof war plötzlich hoch verschuldet.

Fast wäre der ganze Hof drauf gegangen. Nur mit äußerster Sparsamkeit und zumindest zeitweise günstigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen konnte der Kredit in 20 Jahren abgezahlt werden. 4) Ein Mann, der in der Vorkriegszeit in Hannover eine kleine Fabrik aufgebaut hatte, wollte nach dem Krieg auf dem Land sich zur Ruhe setzen, kaufte einen kleinen Bauernhof und verkaufte sein Wohnhaus neben der Fabrik. Der Bauernhof konnte mit einem Verwalter nicht wirtschaftlich betrieben werden.

Daher verkaufte der Mann den Hof wieder; den Erlös brauchte er jetzt für die Firma. Leider hatte der ehrliche Kaufmann bei beiden Verkäufen für den größsten Teil der Vertragssumme Zahlung in mehreren Raten zugelassen (für die man dann noch „`nen Appel und `nen Ei“ erhielt). Besagter Kaufmann hatte also viel Vermögen verloren. Da er für die Firma nach dem 2.Verkauf einen Kredit aufnehmen musste, galt er als „Inflationsgewinnler“ und musste daher Hypothekengewinnabgabe zahlen. Politisch wandte er sich von den bürgerlichen Parteien ab, hin zu den Nationalsozialisten. Soweit die Wiedergabe der Berichte der Zeitzeugen. – Adolf Ronnenberg

 

Der Autor meint die Inflation von 1923 und behauptet,so schlimm war’s damals gar nicht. Da sollte der Autor aber mal die Zeitungen aus dieser Zeit lesen oder Leute fragen, die das alles erlebt haben. Gleichmacher? Von wegen,ein paar Zeitgenossen kamen gesund aus der Sache raus. Aber schlimm war’s.Existenzen wurden vernichtet,bis zum Tod.Vermögen zerfielen zum Nullwert. Unser Autor sieht das anders.Geht ganz einfach,wenn man nicht dabei war.Oder war er dabei ? Dann nimmt er wohl alles leicht,es sei ihm gegönnt. – Hans-Emil Schuster

 

Einige der Aussagen, die Herr Professor Holtfrerich anlässlich des Interviews in der „Zeit“ Nr. 24 macht, scheinen mir recht fragwürdig zu sein. So sagt er z.B. auf den Einwurf des Interviewers „Das müssen harte Zeiten gewesen sein“ folgendes: „Es kommt darauf an….. Einbußen erlitt vor allem die Oberschicht. Da wurden riesige Geldvermögen vernichtet.“ Verglichen mit dem, was die Arbeiterschaft verlor – die paar Mark für anständiges und ausreichendes Essen zum Beispiel – war der Verlust der Reichen natürlich beachtlich.

Allerdings ist davon auszugehen, dass die Kinder der Reichen nicht an Unterernährung litten, dass ihre Körper nicht ausgemergelt waren von Monaten und Jahren der Mangelernährung, dass keine reiche Mutter ihr Kind verlor, weil sie sich den Arzt nicht leisten konnte und dass kein Reicher in Lumpen gehen musste, weil das Geld zur Gänze für das bisschen Essen ausgegeben werden musste, so dass rein gar nichts für Anschaffungen wie z.B. Kleider und Schuhe übrig blieb. Ich bitte um Verzeihung, aber die Zeit der Hyperinflation als „so schlimm war’s damals gar nicht“ zu bezeichnen, scheint mir einen einigermaßen zynischen Blick auf die geschichtlichen Ereignisse damals zu offenbaren.

Bei der Frage nach den Ursachen der Hyperinflation fehlt mir außerdem die Erwähnung der Tatsache, dass die Ruhrbesetzung durch Frankreich eine wesentliche Rolle gespielt hat. Denn der von der Regierung propagierte Protest in Form des passiven Widerstands im Ruhrgebiet, der über einen sehr langen Zeitraum von den Arbeitern durchgehalten wurde, machte es erforderlich, riesige Geldmengen ins Ruhrgebiet zu schicken, damit die Arbeiter dort nicht gänzlich verhungerten, da die Super-Reichen der damaligen Zeit, Herr Stinnes etwa, lieber weiterhin von ihrem Vermögen Firmen im Ausland kauften.

Damals gab es zwar noch keine Globalisierung wie zu unserer Zeit, aber dass deutsche Industrielle, bei entschieden nationalistischer Gesinnung, sehr viel Vermögen auch im Ausland besaßen, war auch damals schon gang und gäbe.Dass diese Industriellen einen sehr großen Teil der Last der Reparationen auf die abwälzten, die ohnehin nichts besaßen, ist ein Vorgang, der seine Attraktivität bei den Vermögenden bis heute nicht eingebüßt hat.

Ich halte auch die Aussage, dass der Befund, „Hitler war ein Ziehkind der Inflation“, ein Mythos sei, für fragwürdig. In den Jahren 1922, 23 und 24 fingen die paramilitärischen Aufmärsche der Nazis richtig an, Fahrt zu gewinnen – im Frühjahr 24 in Halle z.B. 60 000 Menschen. Ludendorff, Hitler und andere Nazis erhielten durchaus Zulauf von verzweifelten Menschen, die Angst um ihre Lebensgrundlagen hatten. Dass das Ganze noch gefördert wurde durch nationalistische, Demokratie-feindliche und antisemitische Kreise im industriellen, groß- und kleinbürgerlichen sowie „aristokratischen“ Milieu, hat sicher wesentlich dazu beigetragen, dass die noch junge Republik, die ohne jede Frage auch andere Fehler begangen hat, sich nicht energisch gegen diese Umtriebe zur Wehr gesetzt hat.

Die Wahlniederlage von 1928 kann meines Erachtens keineswegs dahingehend gedeutet werden, dass die Hyperinflation keinen Einfluss auf das Erstarken der Nazis hatte – die Saat, die später aufging, wurde auch damals schon gelegt. Auf den Titel „Die Inflation war ein Gleichmacher“ gehe ich lieber erst gar nicht ein, dass das Unfug ist, kann sich jeder selbst denken, der auch nur ein einziges Foto aus den Zwanziger und Dreißiger Jahren gesehen hat. – Renate Dehner

 


 

 

Leserbriefe zum Politischen Fragebogen „»»Peinlich war mir nichts«“. Gespräch mit Janine Wissler geführt von Peter Dausend

 

Ich empfehle der Befragten, jegliche Sportarten zu verbieten, bei denen es einen Verlierer geben kann. Nur dann ist niemand mehr letzter. – Dr. Christian Voll

 

Ihr Fragebogen ist ein interessanter Beitrag für alle Menschen dieser Welt. Die jetzige Person Janine Wissler kannte ich gar nicht, obwohl ich ein politisch interessierter Mensch bin und auch schon in Hessen gewohnt habe. Aber das nur am Rande. Die „Linke Socke“ ist eine Person, die ich niemals verstehen werde, weil vor ihrer Haustür der Wohlstand durch die CDU/CSU entstanden ist. Eichel wurde von Koch abgelöst, weil er schlechte Wirtschaftspolitik gemacht hat. Und warum die SPD am Boden liegt erklärt sie leider nicht. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbriefe zu „Einer für fast alle“ von Anne Hähnig

 

Sorry to say, aber ich fand es weitgehend Unsinn, den Sie da kommentiert haben. Ganz wesentliche Aspekte kommen in dem Artikel überhaupt nicht vor: Da wäre zum einen mal, und das sollten Sie besser wissen als ich, dass die offiziell zur Schau gestellte „Brandmauer“ von Haseloff überhaupt nicht der Realität entspricht. In seiner Fraktion sind gleich eine ganze Reihe von Abgeordneten, die in der Vergangenheit mehrfach extrem rechts geblinkt haben, sich das jetzt aber nicht mehr trauen. Das wäre schon ganz schön, das wenigstens mal erwähnt zu haben. Die CDU in SA gilt nach wie vor als einer der rechtesten Landesverbände überhaupt.

Da hilft auch das offizielle Gerede von Haseloff nichts. Das andere, das in Ihrem Kommentar überhaupt nicht vorkommt, ist, dass die CDU einen ekelhaften Wahlkampf geführt hat, nach dem Motto: „CDU oder Barbarei“, was auf ein ganz erstaunliches Demokratie- Verständnis schließen lässt. Erschreckenderweise hat das aber offenbar niemanden gestört, zumindest nicht jene 37 Prozent, die CDU gewählt haben. All das kommt wie gesagt in Ihrem Kommentar nicht mit einem Wort vor – ich finde ihn daher wirklich weitgehend misslungen, unsinnig, und an wesentlichen Punkten vorbei. – Michael Meyer

 

Ein guter Beitrag von ihrer Autorin. Solche Politiker braucht auch der Westen. Auch der sächsische Ministerpräsident zähle ich zu den guten Politikern. Der Westen war immer zu abgehoben gegenüber dem Osten. Einige Bürger im Westen hätten sogar die Mauer wieder zurück. Verrückt das Ganze. Mit der AfD werden wir auch in Zukunft weiter rechnen müssen. Dafür ist unter der Bundeskanzlerin zu viel Murks gemacht worden. Und die SPD ist zur Randpartei geworden. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbriefe zur Infografik „Bundesjogi“ von Matthias Schütte (Infografik), Urs Willmann (Recherche) und Arnfrid Schenk (Erstatzbank)

 

Die Bewundererschar des Altbundestrainers in der Redaktion muss immens sein. Nach dem gefühlvollen und, auf Grund der Meriten von Herrn Löw, selbstverständlich völlig kritiklosen Interview in der Rubrik „Unterhaltung“, nun eine unvollständig-tendenziöse Bilanz seiner Trainerleistung unter „Wissen“. Wichtig, zu wissen, und leider von den Fans in der Redaktion unterschlagen: 1. Gruppenletzter der Nationsleague-Saison 2018/2019 2. Aktuell Platz 12 in der Fifa-Nationenwertung (wen es interessiert, hinter welchen „Spitzenmannschaften“ da unsere Elf inzwischen gelandet ist, einfach googeln) Mein Wunsch als Alt-Fußballer, Fußball-Fan und Leser von Qualitätspublikationen: Weniger Hofberichterstattung und mehr Fakten. – Dr. Lukowski

 

„Wenn die Bayern verlieren, hat der Schiedsrichter schuld.“ (Tina Seidler, *1975, deutsche Aphoristikerin) Hansi Flick, der Ex-Bayern-Coach wird der neue Bundestrainer im Männerfußball. Aus dem Bundesjogi wird der Bundeshansi werden; das klingt zwar alles recht niedlich, doch wenn es um Pinkepinke geht, dann dürfte es mit den niedlichen Nettigkeiten aus und vorbei sein. Wenn´s um die Kohle geht, dann muss ordentlich was rauf, rauf auf die Schippe. „Vor Jahrzehnten spielte man in den verfügbaren 90 Minuten länger Fußball, deshalb blieben Nachspielzeiten so gut wie unbekannt.“ (Martin Gerhard Reisenberg, *1949, deutscher Autor) – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Westen diskreditiert Menschenrechte“. Gespräch mit Wolfgang Kaleck geführt von Stephan Lebert und Jana Simon

 

Wer außerhalb des Westens (10% der Menschheit) interessiert sich eigentlich für Menschenrechte? – emer. Prof. Werner Koetz

 

Aber war der plastik kaffeebecher im foto….eine idee von Die ZEIT?????? –Brian Agro

 


 

 

Leserbriefe zu „Eine sehr verwundbare Partei“. Gespräch mit Thomas Biebricher geführt von Mariam Lau

 

Die Interview-Aussage des Herrn Biebricher, dass hinter der Position, wonach nur wenige superreiche Familien in der Welt einen breiten totalitären Plan aushecken würden, der glasklare Antisemitismus stecke, ist für mich nicht nachvollziehbar. Ja, das ist sicher eine Verschwörungstheorie, aber die tausend Superreichen der Welt, Multimilliardäre wie Arnauld, Bezos Musk, Gates, Buffet und Co. sind doch nicht Juden. Wie kommt Herr Biebricher darauf ? – Stefan Kaisers

 

Hr. Biebricher erklärt in dem Zeitinterview die in letzter Zeit stärker werdende Kapitalismuskritik für ein „… glasklares antisemitischen Konstrukt“. Ich habe selten so einen Unfug gelesen. Will er den Kapitalismus mit diesem ‚Judenschutzschild‘ vor Kritik schützen? Will er sich wichtig machen oder die höhere Weihe des Kapitals erlangen für sein berufliches Fortkommen? Es wäre gut wenn die ZEIT ihm Gelegenheit gäbe diese Formel zu erläutern. – H. Giller

 


 

 

Leserbriefe zu „Wer regiert, triumphiert“ von Martin Machowecz

 

Die Einschätzung des Redakteurs Machowecz ist stichhaltig. Sie erklärt aber auch den besonderen öffentlichen Blick auf den Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten der CDU, Ministerpräsident Armin Laschet, im Wahlkampf von Sachsen-Anhalt. Während das Wahlergebnis in S-H für die Kontrahenten von Laschet, Baerbock und Scholz, kaum Relevanz für die Bundestagswahl besaß, wurde es für Laschet als existenziell angesehen. Auch wenn die Wahl in S-H in ihrer bundesweiten Bedeutung völlig überschätzt ist, beschreiben die angenommenen etwaige Folgen für Laschet aus dem Wahlergebnis in S-H seine auch für die Bundestagswahl herausragende Rolle und machen diesen Artikel zu einer Prognose. – Jürgen Dressler

 

Vielen Dank für die aus meiner Sicht höchst treffende Analyse, Herr Machowecz ! Sie beweist nebenbei, dass beschimpfungs- und dramatisierungsfreier Journalismus noch möglich sind. Bitte wieder mehr solcher sachlich bleibenden Einschätzungen und deutlich weniger destruktive, einem vermeintlichen Zeitgeist folgende, Schelte, liebe ZEIT ! – Beate Lemmer

 


 

 

Leserbrief zu „Der Trump in ihm“ von Jörg Lau

 

Vielen Dank für Ihre interessanten und nachdenkenswerten Analysen. Auch Ihr reflektierter Stil hat mir außerordentlich gut gefallen. Es zeigt sich welche starken Assymetrien in der Kommunikation stecken: Zerstören geht viel schneller als etwas aufzubauen. Beides erfordert Intelligenz. Aber das Risiko des persönlichen Scheiterns dessen ist größer, der einen konstruktiven Weg gehen will und ihn erst einmal durchhalten muß. Frau Merkel hatte hier stets ein waches Auge. Und doch sind es genau diese kreativen Menschen, die Fortschritt bringen können. Ich frage mich schon länger: Was sind die Erfolgsfaktoren von Kooperation? Wie entsteht sie, wie kann man sie steuern? – Michael Scheppler

 


 

 

Leserbrief zu „Die Mystikerin der Freiheit“ von Iris Radisch

 

Friederike Mayröcker, die Unsterbliche: tot!? Ich nehme wieder einmal den geliebten, zum 80. Geburtstag der Dichterin erschienenen Band mit Gedichten in die Hand, den ich am 27. Januar 2005 in einer Buchhandlung in der Berliner Oranienstraße gekauft habe, die es vielleicht bald auch nicht mehr geben wird. Nach langem, wehmütigen Herumschweifen in den poetischen Labyrinthen stoße ich auf das Gedicht „auf eine jüngst verstorbene Nachtigall“: „sie hat kein Lied mehr gehabt / sie war schon verstummt / … / irgendwo liegt noch mit einem Heiligenschein / gleichsam ihr letzter Brief …“ Ich bin sicher, es wird ein Wiedersehen geben, beim Gang „über die windbehangenen Hügel / durch die zum Himmel flieszenden Gerstenfelder“. – Ludwig Engstler-Barocco

 


 

 

Leserbrief zu „Lasst sie einfach selbst entscheiden!“ von Jakob Hein

 

Jetzt sollen die Kinder plötzlich entscheiden dürfen, ob sie gegen Covid 19 geimpft werden wollen. Diese Wahlfreiheit hatten und haben sie aber bei der Masken- und Testpflicht in der Schule garnicht. Wie paßt das zusammen? Daß Kinder und Jugendliche heute informierter sind, dank Internet ist völlig klar. Ob sie aber informiert wurden, daß speziell diese Impfung die vorgeschriebenen Tiermodelle nicht gesehen hat, wir Bürger also die Laborratten sind, kann ich mir nicht vorstellen. Abgesehen davon daß auch Herr Hein als Arzt dem Grundsatz „nil nocere“ – nur nicht schaden! verpflichtet ist, wissen wir, daß der Nutzen der Impfung bei Kindern sehr überschaubar ist.

Ich spreche nicht von Tetanus oder Polio! Es geht also um Geld – nicht um Gesundheit! Deshalb hat sogar die STIKO weder für die saisonale Grippe noch für Covid eine Impf-Empfehlung für Kinder ausgesprochen. Vielleicht ist noch nicht allgemein bekannt, daß bei einem erheblichen Prozentsatz der jetzt Geimpften die D-Dimere (Indikator für Thrombosen) ansteigen – die Gerinnung wird also durch die Impfung angeworfen. So zumindest bei Erwachsenen. Wer wir dafür haften? Laßt also die Kinder mit dieser Impfung bitte in Frieden. – Fritz Junghans

 


 

Leserbrief zu „Ein Mann will nach oben“ von Ann-Kathrin Nezik

 

Wir Normalmenschen sehen beim Autofahren auf die Nachkommastelle beim Spritverbrauch. Fliegen sollen wir in Zukunft auch weniger, am besten gar nicht mehr. Und dann muss man lesen, dass demnächst ein einziger Egomane (mit Testflügen) Tausende Tonnen zum Teil hochgiftiger Treibstoffe in unser aller Atmosphäre verpulvern will, nur um für „wenige Minuten ins All“ zu fliegen. Wahrscheinlich sagt er sich, dass es im Vergleich zum gigantischen Ressourcenverbrauch seines „normalen“ Geschäftsmodells auf diese Menge auch nicht mehr ankommt. Aber es ist auch die Atmosphäre seiner Kinder, die er zerstört.

Ebenso irrsinnig sind die Pläne von Bezos, Musk und ähnlichen Großkotz-Schwätzern zur „Besiedelung des Weltalls“. Warum gibt es zu solchen schwachsinnigen „Zukunftsplänen“ keinen öffentlichen Aufschrei? Warum sagt kein Politiker dazu ein deutliches Wort, auch kein grüner? Der Tenor in der Presse zu solchem blanken Irrsinn ist leider eher Bewunderung solcher „Visionäre“.

Für das Geld, das notwendig wäre, um einen einzigen Menschen im trostlosen Vakuum des Weltalls am Leben zu erhalten, könnte hier auf der Erde Tausenden ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden. Die Menschheitsprobleme werden wir nicht im Weltraum lösen, das müssen wir schon hier tun, allen voran das Problem der Überbevölkerung. Anstatt rechtzeitig solche kriminellen Machenschaften zu unterbinden wartet man, bis aus dem Weltraumtourismus ein „Geschäftsmodell“ geworden ist, dass zwar unser aller Leben gefährdet, gegen das man aber mit dem Totschlagargument der Arbeitsplätze dann nichts mehr unternehmen kann/will. Sind (unsere) Politiker zu dumm, um dies zu erkennen oder we/urden sie einfach nur gut geschmiert, damit alles rund läuft? – Dr. Rudolf Spiegel

 


 

 

Leserbrief zu „Alles auf Kroos“ von Oliver Fritsch

 

Die, pardon, Einäugigkeit, mit der die deutschen Medien die Leistungen von Kroos beschreiben und bejubeln, erkennt man schon daran, dass jedesmal, wenn Kroos wieder einmal schwach gespielt hat, dieser in den Spielberichten gar nicht oder fast gar nicht auftaucht – als brächte man es einfach nicht übers Herz, über die „Passmaschine“ etwas Schlechtes zu sagen. Bestes Beispiel ist das Spiel gegen Lettland, den 138. der FIFA-Weltrangliste, in dem Kroos zum wieder- holten Male Stand- und Alibi-Fußball zelebrierte und fast alle seine langen Pässe im Aus landeten. Schaut man sich die Spielberichte an, so ist davon allerdings nicht die Rede.

Sehr erhellend ist Ihr Hinweis auf den, wie Sie es nennen, „Bodyguard“ von Kroos bei Real Madrid, Casemiro. Bei Licht besehen beschäftigt Kroos bei Real sogar drei Bodyguards (die nicht immer gleichzeitig spielen), nämlich neben Casemiro auch noch Marcelo und seinen Nebenmann Luka Modrić, der im Unterschied zu Kroos 90 Minuten lang kämpft und rennt und damit die Mängel von Kroos teilweise überdeckt und kompensiert. Die eklatanten Defensivschwächen von Kroos wirken sich in der Nationalmannschaft nur dann nicht allzu stark aus, wenn er dort auch jemanden hat, der für ihn ackert und läuft. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann

 


 

 

Leserbrief zu „Dausend Prozent“ von Peter Dausend

 

Herr Dausend hat heute meine Kompetenz erweitert. Danke! – Manfred Kintzler

 


 

 

Leserbriefe zu „Über die altmodische Idee, dass 2+2 immer 4 ist, und die Lehre aus dem Versuch, ein Dreieck auf einen Vanillepudding zu malen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Den heutige Beitrag Harald Martensteins halte ich für die Krönung seines Schaffens. Ist er schon einmal geehrt, für einen Preis vorgeschlagen, oder gar Empfänger eines solchen geworden? – Georg Andrae

 

Mathematik als Symbol weißer Vorherrschaft? Das höre ich jetzt zum ersten Mal. Nun relativieren Sie diese Position am Ende Ihrer Kolumne mit dem Hinweis auf die Begabung asiatischer Schüler und Studenten. Die Herkunft mathematischer Wissenschaft ist ja alle andere als weiß/mitteleuropäisch. Die arabischen Zahlen haben die Araber im Kontakt mit dem indischen Subkontinent erlernt und für praktikabel bewertet. Wäre die Mathematik weiß, würden wir heute noch römische Zahlen addieren, potenzieren und mit Differenzialgleichungen zu nutzen versuchen. Nein, die europäische Vorherrschaft ergab sich infolge der ungehinderten Nutzung allen Wissens seit der Renaissance, die ja, zum Beispiel, im muslimischen Kulturkreis nie stattgefunden hat.

Die Frage ist m. E. nicht ein Gegensatz oder Konkurrenz Geistes-/Naturwissenschaft. Beides wird gleichermaßen benötigt und hoffentlich kreativ weiterentwickelt. Mir fehlt oft die nötige Portion Dank und Anerkennung der jeweils anderen Sphäre. Kein Geisteswissenschaftler wird auf exakte Bankabrechnungen, Sende- und Empfangsfrequenzen der Medien, gut konstruierte Autos und Flugzeuge, ein zuverlässiges Stromnetz und vieles andere verzichten wollen. Der summarische Nutzwert von sauberen Werteabwägungen, klarer Rechtsprechung, kritischer Meinungebildung, allesamt mit Rückgriff auf philosofische Denkkultur undenkbar, wird m. E. von vielen Naturwissenschaftlern und Handwerkern unterschätzt. Danke für Ihren Denkanstoß. – Gerd Hasselhuhn

 

Seit Jahren schon wundere ich mich darüber, dass meine Lieblingszeitung Herrn Martenstein eine Art Narrenfreiheit gewährt, indem sie ihn jede Woche das Gleiche veröffentlichen lässt. Die Hartnäckigkeit, mit der sich Herr Martenstein an allem abarbeitet, was sein 50er-Jahre- Weltbild stört, wirkt seltsam verkrampft, dümmlich und aus der Zeit gefallen. Aber sollte es hier nicht Grenzen geben, beispielsweise wenn der Kolumnist eine mathematische Tatsache (nämlich dass die Winkelsumme eines Dreiecks auf einer Kugeloberfläche keineswegs 180 Grad beträgt) als feministisches Geschwätz abtut ? So etwas sollte die „Zeit“ nicht durchge- hen lassen. Ich bitte um Korrektur ! – Regina Meinardus

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Frühstrentner“ von Matthias Stolz im ZEIT Magazin

 

Jetzt also auch noch den Lebensstil der Alten imitieren. Warum diese Nabelschau einer Generation, die doch in ihrer Mehrheit zufrieden ihren urbanen Lifestyle pflegen könnte? Man hat sich doch so behaglich und selbstgefällig im dekadenten Wohlstand eingerichtet. Und nun müssen die alten Klichees wieder herhalten, vom selbstgebackenen Brot bis zur Stressvermeidung, um so zu tun als bräche man aus; dabei zeugen sie nur von einem Leben, das sein unverschuldetes Dilemma nie wird abschütteln können: materiell immer aufgehoben zu sein ohne je die Lebenskraft eines existentiellen Scheiterns erfahren zu können. Welche Tragik ! – Willi Goldstein

 

Ich habe mir darüber Gedanken gemacht, welche Erkenntnisse dazu führen können, dass die von Ihnen in Ihrem Artikel „Die Frühstrentner“ angesprochene Zielgruppe der Mittvierziger, der auch ich angehöre, einen Lebensstil als Modell attraktiv findet, den unsere Eltern als „Rentnerstil“ bezeichnen würden. Ausgehend davon, dass vielleicht nicht alle davon wegen eines ererbten Vermögens das Dasein einer verwöhnten und weltentrückten Generation feiern, sondern aufgrund der allgemeinen Zeitumstände, die Planbarkeit, Erreichbarkeit von Zielen und eine gewisse Beständigkeit in Arbeitsverhältnissen zu einem seltenen Gut gemacht hat.

Vielleicht greift hier auch der Gedanke, dass der Mensch trotz seiner Begeisterung für Wachstum und Schnelligkeit eine Erdung braucht, die ihm zwar ständig substituiert versucht zu werden durch Sabbaticals, Firmenboni und attraktiv aufbereitete Kreditwerbung, die er aber trotz allem als das Nicht-Maß der eigentlichen Dinge erkennt, und sei es nur unbewusst.

Meine Eltern wussten, dass sie trotz hoher Zinsen mit ihrem Arbeitseinsatz noch ein Häuschen abbezahlen konnten. Oft war dies schon vor dem Rentenalter möglich. Ziele waren deutlich realistischer definiert, heute wird Vieles oftmals viel schneller von seiner eigenen Entwicklung überholt. Auch wenn damals steuerliche Vorteile und Zuschüsse von staatlicher Seite, wie zum Beispiel Kindergeld, geringer ausfielen, schienen viele Ziele erreichbarer als heute.

Ich selbst lebe im Raum München. Welche Rentenziele also soll man sich setzen, wenn man nach Studienende schon weiß, dass man bis weit über das Rentenalter hinaus für eine schöne Wohnung oder ein Haus abbezahlen muss, ohne zu wissen, wie sich der Berufsweg gestaltet? Langjährige Firmenzugehörigkeiten werden heute eher als Makel denn als Vorteil angesehen und viele Top- Scorer unter den Arbeitgebern bieten Mitarbeitern noch weit vor der Rente eine Abfindung an, um jüngeren „Potentials“ Platz zu machen. Also raus mit dem Kohlrabi aus dem Gemüsebeet, jetzt kommt der Quinoa ? Auch keine Option, wenn man betriebswirtschaftlich nicht so versiert ist, um wenigstens dann zukunftsweise zu verhandeln. Vielleicht springt ja dann noch eine Ferienimmobilie in Meck-Pomm raus, wo man im Alter hinziehen kann.

Meine Eltern freuten sich auf den Ruhestand, in den zumindest meine Mutter bereits mit Anfang sechzig gehen konnte. Heute wissen wir, dass das Rentenmodell nicht mehr trägt und wir damit praktisch bis kurz vor dem Pflegeheim erwerbstätig sein müssten. Also nix mit Wohnmobil kaufen und reisen, Kaffee trinken und Gemüse ziehen im Garten, lesen und Romane schreiben. Ja, so „pilcheresk“ können Träume sein, aber genau so wunderbar verheißungsvoll, wenn man täglich ein Erfolgsmodell verkörpern soll, das mehr fordert als gibt und dies auf immer längere Zeit. Genährt vom Mythos, dass wir, die wir ja am Ende unseres Erwerbslebens reich geworden sind mit Fonds und Aktien, Weltsparen und Investments, dann keine staatliche Rente mehr brauchen.

Wir Menschen handeln viel unbewusster, als wir meinen. Und wir erkennen trotz allem gewisse Unstimmigkeiten in den Dingen, die uns täglich als Verheißung dargestellt werden und wohin wir nicht gelangen können oder auch vielleicht auch gar nicht wollen. Wir sehnen uns zurück in eine Umgebung, in der wir einen Teil selbst bestimmen und gestalten können. Und sei es in Form von einem guten Sauerteigbrot. – Esther Redler

 


 

 

Leserbriefe zu „In der Hölle des Virtuosen“ von Christina Rietz im ZEIT Magazin

 

„Wenn eine Orgel erklingt, haben viele Menschen automatisch religiöse Gefühle. Sie nicht?“ Diese Fragestellung kommt sicherlich von Ihrer kirchlichen Bindung. Kirchliche Bindung ist längst nicht überall verbreitet. Ich bin 1953 geboren in Potsdam-Babelsberg, noch im selben Jahr getauft, wofür ich nichts kann. Aber eine Beziehung zu Kirchen, insbesondere zu Orgeln, habe ich als Atheist nicht durch religiöse Gefühle, sondern durch die Vielfalt, Kirchen zu gestalten und die noch größere Vielfalt der Organisten und der anderen Musiker in den Kirchen.

Als Student habe ich viele Jahre Konzerte im Dom in Merseburg gehört. Bei uns in der Nähe, in Potsdam, gibt es verschieden Kirchen, die immer einen interessanten Orgelsommer organisieren. Über 10 Jahre musste ich in Verden/Aller arbeiten, dort waren herrliche Konzerte im Dom. Und natürlich schaut man sich im Urlaub interessante Kirchen an, aus architektonischer Sicht, aus Sicht der Menschen, die dort leben. In Brasila z.B. war die Santuário Dom Bosco https://de.wikipedia.org/wiki/Santu%C3%A1rio_Dom_Bosco für mich noch interessanter, als die berühmte Catedral Metropolitana https://de.wikipedia.org/wiki/Kathedrale_von_Bras%C3%ADlia . Wenn wir die 2. Impfung haben, dann werde ich sicherlich mal nach einem Konzert von Cameron Carpenter suchen. – Klaus Rozinat

 

Als ich vor Jahren Cameron Carpenter das erste mal hörte, war ich zugegeben fasziniert, aber wirklich nur beim ersten mal. Danach beschlich mich eine gewisse Kälte, eine Seelenlosigkeit dieses selbstverliebten, sich selbst inszenierenden Spielers. Insofern haben Sie recht, wenn Sie schreiben, dass er Heiligtümer aus den Tempeln der Musik stiehlt, um ihre Verfremdung als Offenbarung zu inszenieren. Vor Jahren schrieb der Spiegel enthusiastisch über ihn als jemanden, der Bach entstauben, Schwung in die Bude bringen würde. So ein Quatsch! Ihr Interview entlarvt ihn als jemanden, dem Werktreue völlig wurscht ist. Seine Interpretation der Revolutionsetude von Chopin zeigt zugegeben seine technische Brillanz, aber auch seine Seelenlosigkeit.

Aber eines hat mich denn doch überrascht, nämlich dass er für die Klanggestaltung seines 2,6 Mio Euro teuren Elektroniums („Eine richtige Orgel hat Pfeifen“) jede Pfeife der zig Orgeln mit 14 Mikrophonen aufgenommen hat. Man bedenke: die Klanggestaltung = Intonation einer Orgel ist eine künstlerisch anspruchsvolle Arbeit, die Menschen = Orgelbauer erledigen und die von vielen Faktoren, wie Metalllegierung, Mensuren, Akustik etc. abhängen. Er nutzt also die Kunst anderer („füttert seinen Orgelcomputer“), um sie sich einzuverleiben. Und er braucht sie, komischerweise, für sein unterirdisches Millieu. Nun gut, er hat eine Nische gefunden, um sich selbst zu verwirklichen, mehr auch nicht. Und damit will er in die Schwulenbar in der Hölle, um mit Karl Lagerfeld, Oscar Wilde und Truman Capote – ja was denn? Nur munter hinein. Die warten sicher nicht auf ihn. – Dr. med. Erhard Hellwig-Kühn

 


 

 

Leserbrief zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Seit einiger Zeit fällt mir positiv auf: Sie werden wieder besser! Und frischer! Und scheinen wieder deutlich mehr Spaß am Magazinmachen zu haben! Der beste Beweis dafür: Ich bewahre wie heute / wie teils auch früher schon das ganze Heft auf oder ich reiße zumindest die richtig schönen und guten Titelseiten raus und verleibe sie meinem Archiv für gute Gestaltung ein! Was gut ist, erkenne ich auch ohne ADC-Medaille :–) Kompliment also an alle Macher! Ihre Arbeit wird geschätzt! Nach so viel Lob ein kleines „Aber“: Aber, aber, lieber ansonsten ebenfalls sehr verehrter Tilman Prüfer, wie kann es denn sein, dass Ihre gerade mal 21-jährige Tochter jetzt schon zum 2. Mal geimpft wird?

Ist mir (67) ein Rätsel, nachdem ich selbst gerade erst die 2. Impfung hinter mich gebracht habe und monatelang wie viele Ältere, die eigentlich erst mal dran wären, keinen Termin bekam und mich geduldig in die Warteliste eingereiht hatte. … Oder wenden jetzt, wie ich im eigenen Bekanntenkreis feststellen musste, viele „Junge“ den fiesen Trick an, ihr Großväter um eine Bescheinigung zu bitten, dass sie sie wg. ihrer Gebrechlichkeit pflegen würden/müssten und deshalb vorrangig geimpft werden müssten.

Im konkreten Fall ist der bettlägerige 82-Jährige noch mopsfidel und oft mit seinem Mountainbike unterwegs … In punkto Sozialverhalten dieser jüngeren Generation macht mir das doch ziemliches Kopfzerbrechen. Die junge, hübsche Marketing-Studentin erzählte, das würden in ihrem Freundeskreis alle so machen, und es würde funktionieren … Schließlich wolle sie im Sommer nach Thailand in den Urlaub. Sowas macht mich nur noch sprach- und fassungslos … Ich hoffe doch, bei Ihrer Tochter gab’s triftige Gründe. . Und: Ihre Kolumne ist immer das Erste, was ich im Magazin lese. Ich fühle mich bestens unterhalten! – Eberhard Rapp