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16. Januar 2020 – Ausgabe 4

Leserbriefe zu „I’m a Brexiteer“ von Reiner Luyken

 

England gilt als älteste Demokratie der Neuzeit. Herr Luyken jubelt ab dem 31.1.2020, weil dann angeblich die Demokratie gesiegt habe. Welche Verkennung der Tatsachen, welche politische Hybris! Nicht die Demokratie hat in Großbritanien gesiegt, sondern die egoistische Ausnutzung derselben durch deren Verächter. Die Lügen, falschen Versprechungen und Winkelzüge der Brexitiers sind bekannt. Darüber spricht aber kaum noch jemand. Es ist wie im Fußball: Tatsachenenscheidungen sind nicht anfechtbar, auch wenn sie falsch sind. Ist das die Demokratie, die Herr Luyken bejubelt? – Wolf Döhner

 

Das Brexit-Referendum hat ja gerade keine Klarheit geschaffen! Demokratisch gesehen ging es nicht vorbildlich zu. Ein auf Lügen, Vorurteilen und Ignoranz aufgebaute Kampagne führte zu einem äußerst knappen Ergebnis – und das in einer so weitreichenden (existentiellen?) Frage. Antworten auf diese Frage, ein Kampf gegen diese Lügen und Vorurteile bezeichnen Sie als Bockigkeit. Und ihre Sympathie für die Ziele und Motive der Brexiteers stieg. Kurz vorher im Text und kurz vorher in ihrem Leben bezeichnen Sie diese als „egoistisch“, „fremdenfeindlich“ und „kleinkariert“. Nun denn: es ist ja demokratisch völlig in Ordnung, seine Meinung zu ändern. Genauso, wie es völlig in Ordnung ist, zu versuchen, Mehrheitsvoten, Machtverhältnisse zu ändern und rückgängig zu machen – thats democracy!Nun scheinen Sie ja auch ein weiteres, grundsätzliches Problem mit der EU zu haben. Nicht der gewählte Abgeordnete vor Ort (ist das in ihrem Fall eigentlich ein steinewerfender SNP-Abgeordneter?) sondern die sinistre EU-Bürokratie, der anonyme Brüsseler Moloch scheint stets und ausschließlich absurde und gängelnde Vorschriften zu fabrizieren. Die armen Schafe! Come on: Glauben Sie wirklich, dass solche Bürokratismen jetzt aufhören.?

Können Sie als Reporter nicht mal die Vorteile reflektieren, die die EU für Ihren Wahlkreis in Schottland mit sich bringt? Nun werden mehr oder minder absurde Vorschriften halt in nationaler Regie erlassen. Fehlen wird aber der europäische Überbau: der den Raum eröffnet für eine großen, wohlstandsfördernden Markt, für ein politisches Zusammenstehen gegen die großen Machtblöcke dieser Welt, für ein solidarisches und kulturelles Miteinander. Aber vielleicht will man das als Brite ja gar nicht. Irgendwie nicht gerade sympathisch. Dann lieber halt Schafe züchten. Aber eine englische Rasse! Wie dem auch sei: sie wirken, als ob es einfach ganz okay wäre, der britischen Inselverzwergung (können Sie das ins englische übersetzen?) beizuwohnen. Mit einem Premier, der das Parlament mal eben 6 Wochen in den Urlaub schickt (auch hier wieder eine Lüge bei der Begründung), mit rechtsgerichteten Torys, mit einer immer noch zutiefst gespalteten Bevölkerung, mit weiteren Rissen im politischen Gefüge, mit einer äußerst ungewissen wirtschaftlichen Entwicklung. Mit Nigel Farage als buddy. Ich finde, dass ist kein Grund zum jubeln! Ihr Text ist auch keine tiefe Analyse – vielleicht durchzieht in ja ein Humor, den ich als Deutscher nicht erkenne? :-) – Alexander Kuhlmann

 

Natürlich respektiere ich Ihre Überlegungen. In einem Punkt allerdings sehe ich einen Irrtum, nämlich wenn Sie diese Volksabstimmung als „demokratisch gesehen … vorbildlich“ einordnen. Die Fragestellung war nicht korrekt austariert – bei Remain wusste der Wähler, was gemeint war, bei Leave war alles offen. Noch heute weiss keiner, worauf die Sache rauslaufen soll. Das ist ja das Problem von Volksabstimmungen generell : die Fragestellung ist entscheidend. Befürworter des Brexits, weil Fan der EU: – J. Müller-Borle

 

Zu dem Beitrag Ihres Autors Reiner Luyken: Selten genug, daß Sachlichkeit (und Ehrlichkeit) statt Ideologie präsentiert wird. – In diesem Sinne auch würde ich Ihre Schlagzeile umdichten in: »BiLdung durch Gutheit?« – Werner Wanitschek

 

Wenn man ein wenig mehr emotionales Verständnis für die Brexit-Debatte erlangen möchte, sollte man diesen Artikel mit großem Vergnügen lesen! Ein knapp Siebzigjähriger aus dem Norden Schottlands versucht, seine zunehmend befürwortende Einstellung zum EU-Austritt zu schildern. Ist das nicht das Sinnbild der gesamten Brexit-Debatte? Sich las Älterer auf seinen Freundeskreis zu beziehen, die fehlende Lokalität der Politik anzuprangern, sich auf die übliche Subventions-Kritik zu beziehen und über die Globalisierung, die nachfolgenden Generationen und Freizügigkeit als existentieller Bestandteil einer Demokratie – und damit den Grundbegriffen der Zukunft – nicht mal ein gewichtiges Wort zu verlieren? Als krönender Abschluss des Statements noch als Sieger rauskommen zu wollen und die Brexit-Gegner, zu denen man zu sonnigeren Zeiten noch selbst gehörte, aufgrund der Aussichtslosigkeit zum Aufgeben zu bewegen – das ist Feigheit nach Lehrbuch. Da hofft man auch in seinem Sinne, dass beim angekündigten Siegesjubeln die Scheuklappen mal zur Abwechslung ein wenig verrutschen! – Viacheslav Gromov

 

Die Zeit ist ein liberales Blatt. In ihrer Toleranz geht sie soweit, dass sie auch manchmal in sich widersprüchliche oder vor totalem Unsinn strotzende Beiträge veröffentlicht. Wie zum Beispiel den von Reiner Luyken zum Brexit. Vielleicht sollte ich erst einmal erwähnen, dass ich ihm in Grossbritannienerfahrung nichts nachstehe, ich lebte dort von 1973-2009. Luykens Reportagen habe ich bisher immer geschätzt, aber seinen Ausflug auf das Glatteis der Politik ist ihm total misslungen, auch weil er wie viele professionelle Politiker mit der Unterdrückung von Wahrheiten arbeitet. Er preist das britische Wahlsytem, bei dem in einem Wahlkreis bis zu 66% der Stimmen so gut wie im Papierkorb landen können. Diese Tatsache verschweigt Herr Luyken, sie passt wohl nicht in seine Argumentation. (A mit 34% gewinnt den Sitz, die Wähler von B mit 33% und C mit 33% bleiben ohne Repräsentation).

Hoch lebe das deutsche Wahlsystem mit seinen Zweitstimmen, wo man in seinem Wahlkreis auch noch eine gewisse Mitbestimmung hat, wenn man nicht den „first past the post“ wählt. Bei den Schotten, die mit überwältigender Mehrheit die Scottish National Party wählen, sieht er das mit einer „zur Dauerempörung aufpeitschenden“ Partei schon nicht mehr so locker. Apropos Aufpeitschen, hier unterlässt er zu erwähnen, dass das Brexitvotum so nur durch aufpeitschende Lügen von Boris Johnson in Bezug auf Immigration und den nationalen Gesundheitsdienst zustande kam. Selbst Johnsons Befürworter wissen, dass er ein schamloser Lügner ist, das darf man in Grossbritannien sagen ohne Gefahr dafür rechtlich belangt zu werden. So hat er das ja auch im Nachhinein hinsichtlich seiner untragbaren Behauptungen über die Finanzierung des National Health Service zugeben müssen.

Mit der Logik hat es Herr Luyken auch nicht so. Als die Schotten über ihre Unabhängigkeit abstimmten, war das doch nicht gleichzeitig eine Aussage gegen Europa. Die Schotten wollten schon immer und wollen immer noch Mitglied der europäischen Union sein, was im Gegensatz zu Herr Luykens Behauptung nie anders war. Und für wen war Aufseiten der EU zu stehen gleichbedeutend mit „ethischer Überlegenheit, einem unverrückbaren moralischen Kompass“? Gibt er uns damit nicht eher einen Einblick in seine damalige persönliche Wahrnehmung, die, man schöpft den Verdacht, sich auch aus Gründen der Beleidigung der Leberwurst geändert hat? Ein von Mandelson und der Kommission in Brüssel ignoriertes Genie? Get over it!

„Man muss Mehrheitsvoten akzeptieren“, ja selbst dann wenn sie durch aufgepeitschte Lügen, Egoismus und Fremdenfeindlichkeit zustande gekommen sind. Über diese Art der Demokratie haben schon Winston Churchill und Plato äusserst kritische Meinungen abgegeben, und auch in Deutschland ist sprichwörtlich bekannt, was es mit den dümmsten Kälbern auf sich hat. Aber Herr Luyken hält durch bis zum bitteren Ende: Entgegen Frans Timmermanns Warnung fühle er keine Pein. Lieber Herr Luyken, es sind ja noch gar keine Folgen eingetreten. Ich bin in den letzten 50 Jahren hunderte von Malen von Calais nach Dover und zurück gereist. Was sich da beim Warenverkehr und der Zollabfertigung abspielen wird, juckt Sie auf Ihrer schottischen Insel nicht.

Und beenden wir es mit einer weiteren Kapitallüge von Johnson: 80 neue Krankenhäuser wird er bauen lassen, nachdem seine eigene Partei in den vergangenen neun Jahren an der Regierung den NHS kontinuierlich abgebaut und unterfinanziert hat. Alles lief trotzdem leidlich weiter, auch zum großen Teil aufgrund der vielen osteuropäischen Krankenschwestern und Gesundheitspfleger. Viele davon werden gehen müssen/wollen. Es gibt jetzt schon chronischen Personalmangel, aber wie er das beheben will, hat er nicht erklärt, und wird es, wie bei vielen seiner Lügen,auch nicht können. Si tacuisses, philospus mansisses! Damit meine ich, dass Herr Luyken uns wirklich nicht hätte gestehen müssen, dass er Nigel Farage und dessen Partei gewählt hat. So steht der Kaiser zum Schluss total nackt da. – Michael Schmidt

 

Bei allem Respekt vermute ich doch, das die 5 schottischen EU-Abgeordneten echte Menschen sind. Nicht jeder, den man nicht kennt, ist schließlich aus Stroh. Eine gewisse Distanz zu den Partikularinteressen des eigenen Wahlkreis bietet zudem gewisse Vorteile für´s Land. Man ist zumindest frei, den Blick über den gutbürgerlichen Tellerrand des Klientels in eine tragfähige, auf lange Sicht ausgelegte Strategie umzusetzen, ohne sofort „weg vom Fenster“ zu sein. Diese Freiheit scheint mir mehr denn je eine absolut notwendige – wenn auch zugegebenermaßen alleine nicht hinreichende – Voraussetzung, die Interessen der Bevölkerung nachhaltig zu fördern. Eins hat mich wirklich erstaunt. Der Volksentscheid für den Brexit war ein vorbildlicher demokratischer Vorgang? Alles schon wieder vergessen? Der Autor ignoriert oder adelt die handfesten Lügen, die der jetzige Premier in großen Lettern auf Wahlkampf-Busse pinseln ließ, um in betrügerischer Art und Weise eine demokratische „Legitimation“ für eine Idee herbeizuführen, von der keiner sagen kann, ob er wirklich an sie glaubt. Nebenbei bemerkt ist mein ganz persönlicher Eindruck, dass Herr Johnson an gar nichts glaubt, außer an seine eigenen schauspielerischen und rhetorischen Qualitäten. Aber zurück zum vorbildlichen Vorgang: Wer ja sagt zu dieser Art von Demokratie, ist außerhalb der EU vielleicht tatsächlich besser aufgehoben…

Ich beglückwünsche den Autor zu seinem persönlichen Glücksgefühl und versuche tapfer, ein ungutes Gefühl dabei zu unterdrücken. Ich weise den Autor aber auch vorsichtig darauf hin, dass die eigentlichen Brexit-Verhandlungen mit der „hartleibigen“ EU, die doch tatsächlich so tut, als würde des Vereinigte Königreich nach dem selbstgewählten Brexit nicht mehr so richtig dazugehören, noch bevorstehen. Nach den Worten eines bekannten deutschen Politikers gibt es in Europa zwei Arten von Ländern: Erstens kleine Länder und zweitens Länder, die nicht wissen, dass sie klein sind. Ich wünsche dem Autor, seinem Land und all seinen aktuellen wie künftigen Bürgern eine gute Fahrt zwischen Skylla und Charybdis. Möge der Abrieb zwischen den Großen dieser Erde die britische Insel-Seele für alle Zeit unversehrt lassen. Wesentlich scheint mir jedenfalls, dass die schottischen Schafzüchter wieder eingenordet werden, dass sie nicht mehr die Möglichkeit haben, falschen Anreizen zu folgen, und dass schottische Schafe nun wieder Ende September verkauft werden. Das wäre mit den Strohpuppen der EU wohl nie gegangen, oder…? – Dr. Christian Voll

 

Mit ähnlichen Argumenten rechtfertigen vorgeblich Intellektuelle ihre Wahlentscheidung zugunsten der AFD. Den passende Kommentar gibt Raymond Geuss in seinem Beitrag im Feuilleton der gleichen Ausgabe: „Der Brexit will kein konstruktives Projekt sein. Er ist eine Hassreaktion gegen Europa“. Und Hass ist ein schlechter Ratgeber. Vielleicht finde ich ja ähnlich fadenscheinige Argumente, Reiner Luyken mit einem Einreiseverbot für die EU auf die Insel und in die schottische Dorfwelt zu verbannen – SCHERZ, SATIRE! – Sven Herfurth

 

Genau so – Sehr geehrter Herr Luyken – versuchte ich schon immer mal wieder, Gesprächspartnern die Britische Haltung zu Brüsselplausibel zu machen – einigermaßen schwierig auf dem Kontinent, auf dem – außer in der Schweiz – nach wie vor jede Erfahrung und Tradition (noch Neigung) zum Stichwort DEMOKRATIEfehlt. Statt dessen überlässt man sein Schicksal eher beliebigen „Autoritäten“, von denen man meist noch nicht einmal weiß, wie sie legitimiert sind. Ich schätze weiterhin, dass da noch mancher alsbald mal aufwachen, und dann aussteigenwird. Ansonsten – als ZEIT Abonnent seit einer halben Ewigkeit durch Ihre Beiträge auch immer bestens unterrichtet über Ihre so attraktive Heimat; meine Älteste ist Ärztin im County Dorset. – Hans von Schack

 

Es hat uns fast vom Sofa gerissen, als wir den Artikel von Luyken gelesen haben. Wir lernten ihn auf einer ZEIT-Reise in Schottland als Begleiter kennen als einen sympathischen, informativen, EU- und (das schottische Referendum stand gerade bevor) GB-freundlichen Journalisten kennnen. Was hat nur zu der Verblendung geführt? Der Titel der ZEIT, dass Bildung den Blick weitet, scheint hier offensichtlich widerlegt. Man kann die EU in manchen Dingen kritisieren, insbesondere muss man den Agrarmarkt nicht für gelungen halten. Aber den Brexit als Gebot des Volkswillens zu bezeichnen, ist sehr fragwürdig , da er mit falschen Informationen und rein nationalen Argumenten erreicht wurde. Das Mehrheitswahlrecht schafft zwar eindeutigere Mehrheiten, den Volkswillen bildet es aber nicht ab, denn verhältnismäßig hätten Labour, Liberale und Grüne eine wenn auch knappe Mehrheit. Demokratie sollte nicht auf persönliche, sondern vornehmlich auf (wahrheitsgemäße) gesamt-gemeinschaftliche Interessen ausgerichtet sein. – Gisela und Karsten Notthoff

 

Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel „I´m a Brexiteer“ auf Seite 11 der Zeit vom 16. Januar 2020 gelesen. Sie beenden diesen Artikel mit der Aussage „Am 31. Januar wird Großbritannien die EU endlich verlassen. Die Demokratie hat gesiegt.“. Aber die Demokratie hat nicht gesiegt. Die britische Mehrheit hat es. Für mich ist das der entscheidende Unterschied zwischen Liberalität und Mehrheitsherrschaft. Das Brexit-Referendum hat in Umgehung des Parlaments eine moralisch überhöhte Entscheidungsform geschaffen. Der Kompromiss, der gesellschaftliche Konsens – also das, was liberale Demokratien ausmacht – wurde umgangen. Sie sprechen außerdem das Demokratiedefizit der EU an. Dieses negative Narrativ europäischer Demokratie ist meiner Empfindung nach einer der Gründe dafür, dass sie gehemmt wird. Natürlich beeinflusst die EU nationale Souveränität. Aber wir sollten dabei nicht vergessen, dass sie uns eine größere demokratische Perspektive bietet. Wenn wir weiterhin das beklagen, was uns genommen wurde, ohne zu erkennen, was uns gleichzeitig gegeben wurde, enden wir letztlich da, wo die Briten jetzt sind. Sie haben nämlich aufgegeben. Anstatt an einer demokratischeren, öffentlichkeitswirksameren EU zu arbeiten haben sie sich ins Nationale zurückgezogen. Das mag der einfachere Weg sein.

Es kommt aber einer Kapitulation vor der Aufgabe gleich, die wir als europäischer Souverän haben. Ich mache das den Briten nicht zum Vorwurf. Sicherlich ist es auch Aufgabe der EU, demokratische Perspektiven aufzuzeigen. Sicherlich hat auch die EU Fehler gemacht. Ich jedenfalls werde die Briten schmerzlich vermissen. Für mich gehören sie einfach dazu. Sie haben das Projekt aufgegeben, das uns zusammengeschweißt hat. Sie haben mich damit aber auch daran erinnert, für dieses demokratische Projekt zu kämpfen. Sie haben mir die historische Aufgabe gezeigt, die uns Europäern zukommt. Ja, wir können europäische Politik beeinflussen. Dinge, wie die right2water-Initiative beweisen das. Erst dann, wenn wir als Europäer kollektiv gesellschaftliche Aushandlungsprozesse führen, Kompromisse produzieren und diese einfordern, werden wir die weggefallene nationale Souveränität durch europäische Souveränität ersetzen. Dann wird die Demokratie gesiegt haben. – Michel Winkels

 

Mich erinnert der Beitrag an den Ausspruch des Geisterfahrers: Die Anderen fahren alle auf der falschen Seite, nur ich fahre richtig. Die Sicht von Herrn Luyken ist zu sehr verkürzt, als dass ich ihr noch Verständnis abgewinnen könnte. Sicher hat die EU Defizite und an vielen Stellen Reformbedarf. Wer würde das leugnen wollen? Aber die vielen historischen Errungenschaften, angefangen bei der längsten europäischen Friedenphase, über Reisefreiheit, Versammlungsfreiheit, Religionsfreiheit , Pressefreiheit etc. bis hin zu dem unübersehbaren sozialen und wirtschaftlichen Wohlstand für die EU Bürger, kann man nicht einfach ausblenden. Die Generationen unserer Väter und Großväter führten blutige Kriege gegeneinander. Wenn es n u r das Verdienst der EU wäre dieses beendet zu haben, so wäre dies schon eine großartige Erfolgsgeschichte. Die langfristigen Folgen des Bextis sind schwer einzuschätzen. Die vollmundigen Versprechungen von Herrn Johnson mögen vielleicht einem deutsch/britischen Schafhalter gefallen, mich überzeugen sie nicht. – Bruno Fey

 

Vielen Dank, Herr Luyken, Ihr Artikel hat mir die Gründe der Brexiteers klargemacht und mich von ihnen überzeugt. Ein für uns Nichtbriten ein absolut lesenswerter Bericht. – Prof. Dr. Klaus Lang

 

Ich lese als treuer Zeit Abonnent immer wieder gerne ihre Einwürfe von der Insel. Allerdings muss ich mich über Ihren letzten Artikel (I am a Brexiteer) bezüglich der Tatsache, dass Sie inzwischen den Brexit befürworten schon wundern. Da ich hier keine lange Abhandlung schreiben möchte nur drei Punkte:Erstens, man kann ja aus Nostalgie das britische Mehrheitswahlrecht schön finden, aber der Effekt, dass bei jeder Unterhauswahl mehr als 30 % der Stimmen der Wähler einfach ignoriert werden, da sie in sicheren Sitzen für die eine oder andere Partei keinen Effekt haben, muss man nicht besonders demokratisch finden. Der Effekt ist, dass keine neue Partei im Königreich eine Chance hat. Der Effekt war beim Brexit in Großbritannien auch, dass die meisten Abgeordneten, die das extrem knappe Referendum nicht akzeptieren wollten, sich aus Angst im Zweiparteiensystem keine Chance mehr zu haben, nicht trauten, aus diesen auszutreten.

In einem wirklichen pluralistischen und demokratischen System, hätten sich bei einer solchen existenziellen Frage Abgeordneten aus verschiedenen Parteien zusammengesetzt, um einen sinnvollen Kompromiss zu finden. Im extremsten Fall hätte man einfach eine neue Partei gegründet, die in einem wirklich demokratischen Parteien System locker über jedwede 5 % Hürde gesprungen wäre. Denn, selbst wenn man das Referendum, so knapp es war, akzeptiert, gab es ja keine Entscheidung des britischen Volkes, wie der Auftritt stattzu finden habe: Mit no Deal, Binnenmarkt, ohne Binnenmarkt, à la Norwegen, mit Freihandel etc…All diese Dinge waren ja vom Referendum nicht definiert worden. Zweitens kann man ja insbesondere aus schottischer Sicht eine Entscheidung, die auf einer Mehrheit in nur einem Teil des aus vier Nationen bestehen Königreichs, beruht als in ihrer Tragweite suboptimal legitimiert betrachten.Schließlich hat sich Schottland und auch Irland ganz klar für den Verbleib in der EU ausgesprochen und wird jetzt von den Engländern und Walisern gegen seinen/ihren willen aus der EU gedrängt. Und es gibt keinen UKanischen Volkswillen sondern nur einen schottischen, englischen, walisischen und (nord-)irischen.

Dritter und letzter Punkt, Ihre Beschreibung, dass die EU eine „ hartleibige Haltung“ gezeigt hat und dies weiter zu ihrem Sinneswandel beigetragen hat , ist eben so befremdlich. Es muss Ihnen doch bekannt geworden sein, dass in der Tat niemand auf britischer Regierungsseite für mehrere Monate nach dem Referendum überhaupt irgendeine Ahnung hatte, wie man dieses völlig schwachsinnige Unternehmen ohne größere Schäden für Land und Leute umsetzen sollte. Essenzielle Fragen wie die nordirische Grenze waren ja nicht einmal diskutiert worden. Dass die EU nach dem Referendum klargemacht hat, dass der Austritt nach normalen fairen Regeln stattfinden muss, und dabei der Grundsatz gelten muss, dass der legitime Austritt eines Mitgliedsstaates nach wie auch immer fragwürdigen internen Entscheidungsprozessen, trotzdem die Existenz der übrigen EU nicht stören darf, kann doch in keinem Fall als aus EU-Sicht illegitim verstanden werden.Ich hatte Kürze versprochen und nun ist es doch beinahe eine Abhandlung geworden. Deswegen werde ich mich auf diese Punkte beschränken. Es ist ja sowieso jetzt wie man im neudeutsch/eigentlich englischen sagt „vergossene Milch“. Die physikalische Unmöglichkeit aus einem einmal für 45 Jahre angerührten Omelette wieder die Eier herauszukristallisieren wird den Verantwortlichen in London und vielleicht auch Ihnen irgendwann noch aufgehen. – Michael Rupp

 

Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel gelesen. Ihre Offenheit ehrt sie. Gerne habe ich Sie ausreden lassen. Ihre Ausführungen sind allerdings nicht gerade überzeugend. Aus ihnen spricht nur der Frust über das Verfahren, die politische Diskussion sowie Darstellung in den Medien in Großbritannien. Um es vorweg zu sagen: Dem letzten Satz Ihes Artikels, dass die Demokratie gesiegt hat, dem kann ich zustimmen. Das wird auch niemand bestreiten. Premier David Cameron hat in der Tat in seinem Wahlprogramm für die Wahl 2015 versprochen, eine Referendum über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU abzuhalten, sollte er die absolute Mehrhheit gewinnen. Dies hat er aber nur aus parteipolitischen Erwägungen getan, um den Streit in in seiner eigenen heilos zertrittenen Partei zu beenden. Außerdem ging er davon aus, dass er die Wahl eh nicht gewinnen und die Liberaldemokarten, mit denen er seit 2010 eine Koalition eingegangen war, dieses Referendum ihm schon abhandeln werden.

Nachdem das Referendum eine Mehrheit für den Austritt aus der EU ergeben hatte, konnte das Parlament nicht anders, als einem Austritt zuzustimmen (obwohl das Referendum keinen zwigenden Charakter hatte). Als das Oberste Gericht entschieden hatte, dass das Parlament bereits der Einleitung des Austrittsprozesses zustimmen muss, stimmte das Unterhaus mit 461 gegen 89 Stimmen zu. Doch dann fing der Schammassel erst an. Das Parlament – die Mutter aller Parlamente, wie immer anerkennend erklärt wird – konnte sich nicht auf die Ratifizierung des von der Regierung ausgehandelten Austrittsvertrages einigen. Vor der ganzen Welt decouvrierte sich das bisher weltweit bewunderte Parlament und zeigte – gelinde gesagt – eine unstrukturierte Verfahrensweise, dass man nur noch den Kopf schütteln konnte. Dreimal (sic) wurde über das Ratifizierungsgesetz abgestimmt. Der Speaker ruft „Order“ und erteilt irgendeinem Abgeordenten das Wort, der irgendeinen Antrag stellt, über den dann stundenlang diskutiert wird. Sie führen die Probleme auf die „Referendumsverlierer“ zurück, die immer bockiger geworden seien. Dass die harten Brexiteers einen ebenso großen Beitrag geleistet haben, verschweigen sie. Der „Backstop“ im Austrittsvertrag war für sie eine rotes Tuch. Der Backstop kommt aus dem Baseball-Spiel. Es ist ein Netz hinter dem Spielfeld, damit nicht Bälle nicht das Spielfeld gelangen, also ein Sicherheitsnetz vergleichbar einem Drahtgitter hinter den Toren von Fussballfeldern.

Der Backstop im Austrittsvertrags sollte für den Fall, dass sich die EU und das Vereinigte Königreich nach dem Austritt aus der EU nicht auf einen neuen Handelssvertrag einigen könnten, das Offenhalten der Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland sichern. Er war also im ureigensten Interesse des Vereinigten Königsreiches, welches sich doch im Karfreitagsabkommen (einem völkerrechtlichen Vertrag zwischen der Republik Irland und dem Vereinigten Königreich) von 1998 verpflichtet hatte, die Grenze offen zu halten. In der gesamten öffentlichen Debatte vor dem Referendum ist die Problematik der Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland mit keinem Wort erwähnt worden, obwohl doch abzusehen war, dass dieses Problem der Knackpunkt eines Austrittsvertrags werden würde. Im Übrigen ist die jetzt gefundene Regelung (Verlegung der Zollgrenze in die irische See) in den Verhandlungen immer schon von der Kommission vorgeschlagen worden. Weil Premierministerin May ihre Mehrheit nur mit den zehn Abgeordneten der DUP sichern konnte, hat sie diesen weit von sich gewiesen. Premier Boris Johnson hat diesem Kompromiss zugestimmt. Seit seinem überwältigenden Wahlsieg kann er ohne schlecht zu schlafen davon ausgehen, dass das Parlament zustimmen wird. Alle Kandidaten seiner Partei mussten vorher einen entsprechenden Revers unterschreiben.

Ihre Ablehnung der EU erinnert an die Äußerungen von Boris Johnson während der Brexit-Kampagne: Das Vereinigte Königreich sei jetzt ein Vasallenstaat und werde von Brüssel dominiert (obwohl es mal ein Weltreich dominiert hat). Dort (von Brüssel) kämen alle Übel her, die Großbritannien an der vollen Entfaltung seiner Möglichkeiten hinderten. „Im britischen System“, schreiben sie, „wählt man in jedem Wahlkreis einen Abgeordneten ins Unterhaus. Keine Partei, keine Liste, keinen Proporz. Man kennt die Abgeordneten, sie sind an den Wochenenden meistens vor Ort. Sie kümmern sich um persönliche Anliegen ihrer Wähler, auch um Kleinkram. Wer das nicht tut, ist schnell weg vom Fenster.“ Meinen Sie, dass das in Deutschland oder in anderen Staaten der EU anders ist? In Deutschland werden immerhin 299 Abgeordnete des Bundestages in den Wahlkreisen direkt gewählt. Aufgestellt werden die Kandidaten von den örtlichen Parteiorganisationen, wie in Großbritannien. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen auf sich vereinigt – wie in Großbritannien. Diese und selbstverständlich auch die über Landeslisten gewählten Abgeordneten sind an den Wochenenden meistens vor Ort und kümmern sich um die persönlichen Anliegen ihrer Wähler und Wählerinnen, auch um Kleinkram. Wer das nicht tut, ist auch hier schnell weg vom Fenster.
Selbstverständlich sind auch die Europaabgeordneten an den Wochenenden vor Ort und kümmern sich um die Anliegen der Bürger. Ich wohne hier im Rheintal nicht weit von der französischen Grenze entfernt. Da gibt es täglich Probleme im grenzüberschreitenden Verkehr, um die sich Europaabgeorneten kümmern. Dass Sie die fünf schottischen Europaabgeordneten nicht kennen, ist Ihr Problem. Sie als ferne Strohpuppen ferner Parteiapparate zu betitelen, die keine Rolle im täglichen Leben spielen, zeigt leider ihre Verachtung für diese Abgeordneten, die wie alle Abgeordneten – außer vielleicht Nigel Farage – ihren Job machen. Es wäre für Sie ein Leichtes gewesen, Namen und Büros der schottischen EU-Abgeordneten herauszufinden. Ein Klick in Wikipedia genügt. Dann hätten sie denen ja ihr Problem mit den Schafen vortragen können.
Dass Brüssel zählt, schon in Form von immer mehr Erlassen, Richtlinien und Subventionen mit all den dazugehörigen dubiosen Nebenwirkungen, wie sei schreiben, ist eine Binsenweisheit. Inzwischen sind etwa 60 % der nationalen Gesetze durch Regelungen der EU vorbestimmt. Das zeigt, wie wichtig Präsenz in Brüssel ist. Ich war 35 Jahre in der Ministerialverwaltung in Baden-Württemberg tätig und an der Umsetzung einer Reihe von Richtlinien der EU in nationales Recht beteiligt. Das war teilweise starker Tobak und hat auch bei mir zu Kopfschütteln und Verdruss geführt. Auf der anderen Seite muss es in einem gemeinsamen Binnenmarkt ein gehöriges Maß gemeinsamer Regelungen geben: Produkte und Dienstleistungen, die grenzüberschreitend angeboten und verkauft werden, müssen gemeinsamen Standards entsprechen. Fahrzeuge, Maschinen, Medizinprodukte etc. können, wenn sie ohne weiteres in allen Mitgliedsstaaten verkauft werden können, nur nach gemeinsamen Standards zugelassen werden. Alle Verordnungen und Richtlinien der EU müssen vom jeweiligen Ministerrat (in dem bisher auch ein Minister des Vereinigten Königereichs Sitz und Stimme hatte) mit qualifizierter Mehrheit und vom EU-Parlament mit einfacher Mehrheit gebilligt werden. Im Übrigen kann man wohl nicht davon ausgehen, dass Gesetzesnormen der EU per se unsinniger sind als Gesetze, die das britische Parlament verabschiedet.

Nochmals zu dem Problem mit Ihren Schafen. Warum die Regelung so erlassen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Es würde mich aber nicht wundern, wenn der britische Schafzüchterverband die Regelung gefordert hat. Im Zusammenhang mit einer Richtlinie der EU über die Gestaltung von Traktorensitzen gab es vor vielen Jahren eine heftige Debattein Deutschland, bis dann herauskam, dass die Regelung von den Herstellern solcher Sitze gefordert worden war. Die Bürokratie wird von den Betroffenen gemacht. Das wird im Vereinigten Königreich nicht anders sein. Abschließend wünsche ich allen Brexiteers die glorreiche Zukunft, die Boris Johnson nach Verlassen der EU dem Vereinigten Königreich vorausgesagt hat. Ich kann mir das so recht nicht vorstellen. Vielmehr wird es m. E. in fünf Jahren das Vereinigte Königreich nicht mehr geben. Schottland will ein zweites Referendum. Das kann die Regierung in London verhindern. Premier Boris Johnson hat gegenüber der Ersten Ministerin Schottlands offiziell erklärt, dass er einem Referendum nicht zustimmen werde. Warten wir es ab. Neulich hat der Bürgermeister von Sunderland in einem Interview erklärt, jetzt müsse man aus der EU austreten. Aber in fünf Jahren werde man den Wiedereintritt beantragen. Ein Referendum in Nordirland über eine möglich Vereinigung mit der Republik Irland kann Premierminister Boris Johnson nicht verhindern. Anlass und Verfahren sind im Karfreitagsabkommen festgelegt. Darauf hat die Regierung in London keinen Einfluss mehr. – Alfons Eggersmann

 

Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel „I’m a Brexiteer“ in der Zeit 04/2020 gelesen. Nicht zuletzt deshalb, weil ich sehr begrüße, dass in den sogenannten Mainstream Medien auch Autoren zu Wort kommen, die sich vom vermeintlichen Mainstream absetzen. Ich kann auch gut nachvollziehen, dass Sie, ebenso wie viele Briten, die Remain Kampagne immer weniger erreichte. Das ökonomische Schreckgespenst, das von den Remainern meist als Hauptargument ins Feld geführt wurde, hat seine Wirkung verfehlt: einerseits, weil die Briten zu Recht zu stolz sind, sich diesem Totschlagargument zu unterwerfen und andererseits, weil es der Realität nur teilwiese entspricht. Britannien wird nach dem Brexit seinen Platz in der Weltwirtschaft finden. Auch wenn viele Experten davon ausgehen, dass das Wachstum langfristig eher geringer sein wird als bei einem Verbleib in der EU – die Mitgliedschaft ist keine Frage des ökonomischen Überlebens. Die politische Opposition hat indessen keine eigene überzeugende Alternative angeboten.

Hinzu kommt schließlich, dass die EU natürlich systemische Defizite aufweist, neben einer mangelhaften Umsetzung der Subsidiaritätsprinzpips auch prinzipielle Fragen der demokratischen Legitimation. Soweit kann ich Ihre Motivation und die vieler anderer Brexiteers ganz gut verstehen. In einem Punkt aber muss ich Ihnen vehement widersprechen: dass es nämlich beim Ausstiegsprozess demokratisch besehen vorbildlich zugegangen sein soll. Es gehört nicht zu den Voraussetzungen vorbildlicher Demokratie, dem Ergebnis des Referendums von 2016 widerspruchslos zu folgen. Aus einem falsch verstandenen Fairplay Gedanken heraus, der manchem Briten offenbar als identitätsstiftend gilt, ist das Gebot der Stunde nun, sich als guter Verlierer zu erweisen und das knappe Referendum zu akzeptieren, wie es ist. Dabei wird übersehen, dass das Referendum selbst zutiefst undemokratisch war! Eine so komplexe Frage wie den Austritt aus der EU, auf eine Ja / Nein Frage zu reduzieren ist seiner Natur nach undemokratisch und unfair dazu. Nur selbstsüchtige, unverantwortliche Demagogen können dem Volk eine solche Frage überhaupt vorlegen.

Demokratie erschöpft sich nicht in gelegentlichen Abstimmungsveranstaltungen; mindestens ebenso wichtig ist der Diskurs, die Kompromisssuche, die keinesfalls stets auf „faule“ Kompromisse hinauslaufen muss. Die Suche nach einer Lösung, bei der die Auseinandersetzung und Verhandlungen zugelassen werden, ist vorbildlich demokratisch, nicht eine Schwarz-Weiß Entscheidung, deren Konsequenzen auch der Bestinformierte nicht kennen kann. Im Fall des Brexit stehen die Dinge aber noch schlimmer: mangels Beispiel konnte 2016 niemand die letztlichen Austrittsbedingungen auch nur annähernd vorhersagen, selbst bis heute ist das unmöglich. Es hätte eines langen Prozesses bedurft, die Frage des Austritts demokratisch zugestalten, an dessen Ende eine Abstimmung hätte stehen können. Die Brexitbetreiber aber haben sich keinerlei Mühe gegeben haben, den Bürgern halbwegs reinen Wein einzuschenken. Im Gegenteil hat das Brexit Lager vorwiegend mit Parolen und manifesten Lügen gearbeitet. Ist das demokratisch besehen vorbildlich, wie Sie es nennen? Immerhin, es war nicht illegal, aber zweifellos höchst manipulativ.

Eine so weitreichende Frage derart vereinfacht zur Entscheidung aufzutischen, die manipulativen Methoden Tür und Tor öffnet, ist in rechtem Lichte besehen schlicht undemokratisch. Im Übrigen wird ein politisches System nicht allein dadurch demokratisch, dass es den persönlichen Kontakt zu den Wählern pflegt, wie Sie in Ihrem Artikel erwähnen. Obschon eine direkte Anbindung der Repräsentanten an ihre Wähler an und für sich der demokratischen Legitimation zuträglich ist, spielen lokale Fragen aus einem Wahlkreis auf gesamtstaatlicher Ebene oft eine untergeordnete Rolle. Insofern ist die Überbetonung lokaler Fragen auf der gesamtstaatlichen Ebene oft sachfremd und der demokratischen Lösungsfindung sogar abträglich. Tatsächlich sind es vor allem demokratisch gesinnte Politiker, egal welcher politischen Richtung, die eine unabdingbare Voraussetzung für vorbildliche Demokratie darstellen. Das britische Unterhaus allerdings spielte zuletzt keine ruhmreiche Rolle, sondern benahm sich bisweilen geradezu kindisch.

Ferner sollte man nicht vergessen, dass das Mandat auch im britischen System selbstverständlich frei ist. Die repräsentative Demokratie beruht immer auf einem ausgewogenen Gleichgewicht zwischen Responsivität und politischer Führung. Letztere haben die meisten tonbestimmenden Abgeordneten des Unterhauses in den Debatten über den Brexit gänzlich vermissen lassen, zum Leidwesen der Demokratie nicht zu ihrem Wohle. Vielleicht fühlten Sie keine Pein, als die Entscheidung gefallen war. Man darf aber davon ausgehen, dass nicht nur Herr Timmermann, sondern auch Millionen von Briten es durchaus als schmerzhaft empfanden, dass sie aufgrund eines aberwitzigen Referendums, gefolgt von unwürdigen Taktierereien im Unterhaus nun nicht mehr zu EU gehören dürfen. Die Mär, dass alle Briten in der EU Mitgliedschaft nur den wirtschaftlichen Vorteil sehen wird nicht dadurch richtiger, dass man sie seit Jahren wiederholt. Millionen vorwiegend junger und urbaner Briten wünschen sich neben ökonomischen Vorteilen inzwischen auch einen engen kulturellen und wissenschaftlichen Austausch, ebenso wie Freizügigkeit in Europa.

Ich persönlich bin sehr betrübt, dass unser wundervolles Nachbarland die Entscheidung getroffen hat, viele Gemeinsamkeiten mit Resteuropa aufzugeben (man wird noch sehen, in welchem Umfang) und insbesondere, dass dies auf die beschriebene Weise geschehen ist. Natürlich respektiere ich die Entscheidung, wenngleich mir das erheblich leichter gefallen wäre, wenn sie, demokratisch besehen, auf vorbildliche Weise zustande gekommen wäre – etwa durch ein zweites Referendum, bei dem die Bürger zumindest annähernd gewusst hätten, worüber sie abstimmen. – Markus Walter

 

Als in Deutschland lebender Schotte habe ich mich jahrelang immer wieder auf eine “Mail aus Achiltibuie” von dem in Schottland lebenden Zeit-Autoren Reiner Luyken gefreut. Wie ich diese Beiträge in den letzten Jahren vermisst habe! Dabei hat er immer wieder von dem echten Gross Britannien erzählt, ein absurdes Monty-Python-teetrinkendes Land, das jenseits des zentralistischen Westminister politischen Treibhauses trotzdem miteinander gesprochen hat. Balsam for mein Heimweh. Jetzt aber – “the past is another country” – mit der Lektüre von Luykens Artikel “I’m a Brexiter“ (Die Zeit, No. 4, 16. Januar 2020, Seite 11) ist es klar dieses Land Gross Brittanien gibt es nicht mehr, nur noch Brexitland: Britannien mit dem greisen Monarchen Elizabeth als Oberhaupt, eine Art Robert-Musilischen Inselkakanien, eine „very British“ Parallelaktion zum Projekt-EU, zum Scheitern verurteilt.

Jedoch ist Luykens Kernaussage – durch die Bestätigung des Brexit-Referendumergebnisses mit dem Sieg Boris Johnsons Konservativen sei Gross Britannien demokratischer („Die Demokratie hat gesiegt“) als die EU, wo so Luyken, das Problem immer dasselbe sei, „es gibt niemanden, den man für … Regelungen zur Rechenschaft ziehen kann“ – genauso absurd. „O brave new world. That has such people in‘t“. Eine Demokratie braucht eine Verfassung und ein politisches System, das auch die Grundrechte der Minderheiten achtet und schützt. Das ist nicht der Fall in Brexitland. Ferner ist es keineswegs Bestandteil des jetzigen Regierungsprogramms wie auch ebenfalls in der Zeit, No. 4, 16. Januar 2020 in dem Artikel „Der Abräumer“ (Seite 50) sehr plausibel von Professor Raymon Geuss dargelegt worden ist. Gross Britannien leidet zumal schon seit der Thatcher-Ära an einen zentralistisch gesteuerten Staat. Die neuste Idee von Johnson, dass das – ungewählte, aristokratisch geprägte! – House of Lords in Nordengland tagen sollte, wird kaum dazu beitragen, diese demokratische Lücke zu kitten. Es gibt zum Beispiel von der „zur Dauerempörung aufegpeitschene[n]“ (so Luyken) Schottishen Nationalpartei kein Vertreter im Lords. Zugegeben – die SNP ist auch seit 2007 die Regierungspartei im Schottischen Parlament.

Aber seit dem Brexit-Referendum ist die SNP und auch die Mehrheit der schottischen Wähler (und EU-Befürworter) mit ihrer Vorschlägen zur Gestaltung des künftigen EU-Verhältnis von der Regierung in London ignoriert worden. Wo ist hier die Rechenschaft? Ich persönlich durfte 2016 bei der Brexitabstimmung nicht mit dabei sein: Das damalige Wahlversprechen zuvor von Premier Minister Davis Cameron, dass die geschätzte 1.2 Million in der EU wohnenden britische Staatsbürger wieder wählen durften (Briten, die im „Ausland“ leben verlieren nach 15 Jahren ihr Wahlrecht) wurde nicht eingehalten. Rechenschaft? Mangels Dialog in Brexitland kann es keine Rechenschaft geben. Es bleibt nur noch der verzweifelte Suche nach dem Notausgang. Für die SNP und viele Schotten heißt das, ein zweites Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands zu verlangen. Das Grundproblem hierbei: Referendumspolitik allein spaltet das Land lediglich in Minderheit/ Mehrheit. Zumal scheint die SNP eher gewillt, Scotland so zu gestalten, nach dem vorhandenen Vorbild des Westminsterstaates – zentral gesteuert, Subsidiaritätsprinzip nicht vorhanden.

Bewohner von Gegenden weitab von Glasgow oder Edinburgh – zum Beispiel Luykens Achiltibuie – werden dadurch keine Verbesserung des Alltagslebens spüren. (Ich spekuliere, dass hierin ist der wahre Grund für Luykens Bekehrung zum Brexit-populisten!) Für mich persönlich ist die einzige positive demokratische Konsequenz von Brexit, dass ich Deutscher Staatsbürger geworden bin: ich möchte in dem Land bleiben, wo meine Tochter geboren worden ist. Bei der Bundestagswahl September 2017 durfte ich daher das erste Mal seit 1992 bei einer Nationalwahl wählen. Was für ein Genuss! Danke Deutschland für Deine Demokratie, trotz AfD. Demokratie gedeiht nur, wenn alle Beteiligten eine Chance gewährt wird, die Gesellschaft mitzugestalten. In Deutschland, in der EU, gibt es noch eine Chance hierfür. In Brexitland aber scheint es zu spät, die Schotten dicht zumachen. Auch in Schottland. Also Reiner, komm‘ nach Hause. – Donald Phillips

 

Der Autor dieses Artikels hat sich vom Gegner zum Befürworter des Brexits gewandelt. Seine Beweggründe sind aber trotz aller Sympathie nicht zu verstehen. Von dem Verhältnis zur EU ein demokratisches System zu erwarten, dass dem britischen gleicht, ist schon hochgradig naiv. Es ist immer noch so, dass die Abgeordneten im Europäischen Parlament zwar mitsprechen und mitdiskutieren dürfen, die Gesetze werden aber nach wie vor vom Rat der Minister entschieden. Die offensichtlich seltsame Förderung seiner Schafherde hat der Autor also dem englischen bzw. britischen Landwirtschaftsminister zu verdanken, der offensichtlich dieser Regelung zugestimmt hat. Der aber ist doch zweifellos demokratisch legitimiert. Wo also soll das Demokratiedefizit sein?

Dass der Autor keine Antwort auf seine Briefe bekommt, ist nicht schön, aber lässt sich erklären. Man kann keine Post an eine Organisation senden, in der keine oder eine unzureichende Anzahl von Leuten arbeiten. Der Haushalt der EU ist ein ganzes Stück kleiner als der der Niederlande. Und nur etwa 5% des EU-Haushalts können für Personal und Verwaltung ausgegeben werden. Die EU-Beamten machen einen tollen Job und ich kann gut begreifen, dass Briefe eines im schottischen Norden lebenden Rentners ohne substantielle Probleme nicht unbedingt Priorität genießen. Die Situation ließe sich dennoch ohne weiteres mit mehr Geld verbessern. Dafür müssten aber die Mitgliedstaaten bereit sein, mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Auch der Autor weiß sicherlich, dass gerade eine berüchtigte englische Premierministerin insofern eine besonders unrühmliche Rolle gespielt hat. Die Briten haben sich über Jahrzehnte hinweg geweigert, ihren fairen Teil der Last zu tragen.

Von einer „hartleibigen Haltung“ der EU in den Verhandlungen mit den Briten zu sprechen, ist besonders dreist. Scheinbar haben die Einwohner Schottlands keinerlei Verständnis für ihre Brüder auf der irischen Insel, um deren Belange es letztlich ging, obwohl sie eigentlich ganz gern gegen die Iren Rugby spielen. Oder ist das nur des Autors persönliche Sichtweise? Von einem Journalisten, auch wenn er sich ins Land der Whiskeys und Schafe zurückgezogen hat, kann man ein bestimmtes Grundniveau von Kenntnis erwarten, wenn er sich zu einem Thema schon äußert. Damit ist aber ein Grundproblem Europas angesprochen. Will man im Verhältnis des Bürgers zur Institution EU etwas verbessern, muss man erst mal die Journalisten besser ausbilden und ihnen beibringen, dass es einer Recherche bedarf, bevor man sich äußert. Nur dann kann die Demokratie siegen. – Prof. Dr. Rainer Prokisch

 

Ach wie beschämend das ausgerechnet ein Deutscher Staatsbürger der die verheerenden Auswirkungen einer populistischen Bewegung sicher noch in seiner Muttermilch schmecken konnte, jubelnd verkündet die Demokratie hätte gesiegt. Gesiegt haben Cambridge Analytica und die notorischen Lügner Johnson / Farage die das Volk manipuliert haben. Verbunden mit der rechtsgerichteten Boulevard Presse und der allgemeinen ‚ ignorance is bliss‘ Einstellung der Mehrheit ist es kein Wunder das wir jetzt mit ansehen müssen wie der Vater aller Lügen die Mutter der Demokratie in die Abyss führt. Ich fühle kein jubeln und meine Hoffnung liegt jetzt bei der SNP geführt von Nicola Sturgeon die als eine der wenigen Johnson durchschaut hat und Schottland unabhängig von der Politik des populistischen Demagogen machen wird. Ich habe volles Vertrauen in den Unabhängigkeitsgeist meiner schottischen Freunde und wenn es zum Tag der Freiheit für Schottland kommt appelliere ich an Sie Herr Luyken Ihren Wohnort südlich des Hadrianswall an zu siedeln. 30 Jahre Bürger in Edinburgh seit 2 Jahren wieder in Deutschland um dem Brexshit zu entkommen: – Heinrich Balzer

 

Was war denn daran demokratisch, dass die Brexiteers das Referendum (auch) mit Lügen und Halbwahrheiten, teils finanziert aus illegalen und dubiosen Quellen gewonnen haben? – Rüdiger Weigel

 

Noch nie habe ich einen so Fakten und Wahrheit ignorierenden Artikel in der Zeit gelesen. Es ist bedauerlich, dass die Zeit einem ihrer Mitarbeiter so viel Platz einräumt, um die Positionen von notorischen Lügnern und Demagogen weiter zu vertreten. Schade, aber ich werde in Zukunft die Beiträge von Herrn Lyken wohl überblättern. – Weber

 

Ich wohne selbst in Schottland – wenn auch erst seit zwei Jahren – und Reiner Luykens Beobachtungen decken sich weitestgehend mit meinen. Auch ich sehe die Notwendigkeit, die Mitgliedschaft der Britten in der EU historisch und politisch zu kontextualisieren und auch ich sehe ein klares Versagen auf der Seite der Remainers in den letzten fast vier (!) Jahren. In einem allerdings halte ich seine Analyse für schlichtweg falsch. Bei dem Referendum 2016 ging es keineswegs „demokratisch vorbildlich“ zu. Es lag kein konkreter Plan vor, wie ein Austritt aussehen könnte; Beleg dafür, dass es sich bei dem Referendumsvorschlag um ein Mittel zu persönlichen Zwecken von David Cameron handelte. Die britische Öffentlichkeit wurde von der „Leave“ Kampagne absichtlich belogen und fehlgeleitet. Gesetzesbrüche sind belegt, ebenso die Verbindungen zu Cambridge Analytica. Weiter ist die Medienlandschaft in Großbrittanien und ihre politische Rolle generell kritisch zu betrachten. Unter diesen Umständen kann man ein Referendum höchstens noch als demokratisch bezeichnen, als vorbildlich jedoch keineswegs. Nur auf Grund dessen konnte die Debatte in den letzten Jahren derart entgleiten, und man tut deshalb gut daran, die Kontroversen um das Referendum nicht zu verdrängen. – Matilda Franz

 

Der Zweck heiligt die Mittel … und noch offensichtlich noch mehr. Weit ist es gekommen wenn selbst die Wahl der Brexitpartei zur angeblichen Verteidigung der Demokratie des Vereinigten Königreichs durch “ aufrichtige” Demokraten notwendig wird. Lesen wir hier einen Rousseaue sches Essay über die “totale Demokratie” , die bei Erreichen von 50% plus einer Stimme alles darf? Vergessen sind die fake news der Brexitpartei, die ja gerade mit zum knappen Wahlausgang beim Referendum geführt hatten. Ach Herr Luyken, Ihre von der „anonymen “EG Politik kartätschten schottischen Schafe, die tun uns freilich allen leid. Bei Herrn Trump und Herrn Putin knallten die Champagnerkorken. ……… bei Ihnen offenbar auch? – Edmund Schurr

 

Selbst nach mehrmaligem Lesen fand ich im Artikel von Reiner Luyken keinen einleuchtenden rationalen Grund für die Ankündigung, er wolle sagen “warum” er zum Brexi-Tier wurde. Der Text handelt eher davon, wieer zu dieser Einstellung kam – und sein gefühlsmäßiges Hauptanliegen scheint die mangelnde Demokratie der EU zu sein. Da mag er in mancher Hinsicht recht haben, aber dann sollte er mir zunächst erklären, inwiefern dieses britische Mehrheitswahlrecht –the winner takes it all, alle anderen Stimmen fallen unter den Tisch, Millionen Wählerstimmen bleiben völlig wirkungslos- demokratisch sein soll.

Und wenn er seine armen, unter EU-Richtlinien darbenden Schafe erwähnt, dann tun mir diese zwar Leid, aber sie sind für mich kein schlagendes Argument für den Brexit. Und was die BBC betrifft: Interessanterweise kommt Raymond Geuss in derselben ZEIT-Ausgabe zu einem anderen Ergebnis. Nun treibt mich eine Sorge um: Was macht Herr Luyken, falls die Schotten in demokratischer Abstimmung das Vereinigte Königreich verlassen und in demokratischer Abstimmung wieder in die EU eintreten werden? Wird er das schottische Hochland verlassen und in die englischen Niederungen hinabsteigen? Good luck! – Hermann Schmid

 


 

 

Leserbriefe zu „Macht mich Bildung zum besseren Menschen?“ von Jan Ross

 

Zu dem Artikel „Macht mich Bildung zum besseren Menschen“ von Jan Ross möchte ich gerne folgendes rückmelden: Als grade die Schule beendete Abiturientin habe ich aus nächster Nähe immer wieder die Hinterfragung unseres Schulsystems und besonders die Hinterfragung der Lehrinhalte aus Schülersicht mitbekommen. Insbesondere die „klassische Bildung“ (Faust, romantische Lyrik etc.) wurde von den meisten als unnötig empfunden und in Diskussionen über deren Notwendigkeit konnte ich mein Gefühl, dass auch Faust zu lesen den meisten von uns etwas bringe, selten begründet in Worte fassen. Dieser Artikel nun bringt es jedoch sehr gut auf den Punkt; sollte man zukünftigen Schülern mal zum lesen geben, um sie evtl. etwas offener gegenüber zunächst unsinnig erscheinender Inhalte zu machen! – Emma Goecke

 

Ja, Bildung macht uns zu besseren Menschen! Aber was ist Bildung? Bildung ist nicht erworbenes Wissen, ist nichts Angelerntes, das man im „Kulturrucksack“ mit sich herumträgt, nichts Abgeschlossenes. Bildung ist vielmehr ein Zustand des permanenten Geöffnetseins für Neues, Unbekanntes, Ungeahntes, ist die Fähigkeit, neugierig zu sein, zu staunen, sich zu begeistern, Empathie zu empfinden, Liebe zu geben und zu empfangen. In den Kategorien von „Haben“ und „Sein“ ist Bildung ein Ausdruck des Seins. – Ludwig Engstler-Barocco

 

Vielen Dank für den aktuellen Essay über Bildungswunder. Er öffnet den Blick und macht gute Laune. Ich wünsche mir für die Bildungsdebatte mehr Mut, den roten Faden des Essays weiterzuspinnen. Warum? Wenn Literatur und große Erzählungen Lebensbegleiter sind, die über unser eigenes Leben weit hinausgehen: wie begleiten Bildungs“institutionen“ dann durchs Leben? Was machen wir aus der Erkenntnis, dass die Wirkung und die Bedeutung von Kuriositäten, Verstörendem für unser Weiterkommen grundlegend ist, wofür sind dann Medien und wofür ist Literatur da? Nimmt man diese Relevanzfrage und die Tiefendimension von Literatur ernst, warum nehme ich dann noch immer die „angezogene Handbremse“ in Debatten über Bildung wahr? Was wäre, wenn wir bei der Bewertung von Bildungstauglichkeit nicht nur „nicht kleinlich“ bleiben, wie von Jan Ross empfohlen?

Was wäre, wenn wir das Spielfeld nochmal deutlich erweitern, den Blick öffnen sich für die überragenden Leistungen der großen und erfolgreichen Erzählungen gerade auch aus Hollywood, von Netflix oder im Bereich von Genres, die immer noch selten unter diesem Wirkungsaspekt betrachtet werden: Trash, Romance ecetera? Das Böse, die Gegenwelten haben eine Funktion, nicht nur im Herz der Finsternis, sondern auch bei den Minions. Die so lebensnotwendige „Konfrontation mit dem Unverlangen“ muss nicht immer schwer und hart und steinig sein. Die Neugier und Faszination für das Andere, das Unbekannte, steckt in uns. Gerade den innovativen und neuen Medienformen gelingt es doch, durch großartige Leistungen Menschen nicht nur in ihrer Werteheimat, im Gewohnten und Vertrauten abzuholen. Gute Laune, Entertainment und Tiefendimension sind kein Gegensatz, dafür ist gerade Charles Dickens ein faszinierendes Beispiel. Was wäre, wenn wir weniger über edle Charakter sprechen im Zusammenhang mit Bildung, sondern über die Fähigkeit, sich mit Literatur bis ins hohe Alter neu zu erfinden und neu zu verbinden: mit sich, den Anderen, dem Neuen und Unbekannten? – Katrin Burr

 

Gerade habe ich Ihren Beitrag in der ZEIT Nr. 4 vom 16.1.2020 gelesen und gebe meinem Verlangen nach, Ihnen für diesen Text meine Bewunderung zu zollen; er ist großartig! Übrigens habe ich (80) als ca. 12jährige Schülerin in der Quarta über Antigone gelesen und dieses griechische Mädchen als meine Seelenfreundin erkoren; auch wenn es nur eine Sage ist, hat sie mich doch ein Leben lang begleitet. Danke für Ihre wunderbaren Gedanken, die ich sogar 2mal las, damit mir nur ja nichts davon verloren geht. – Herma Brandenburger

 

Herzlichen Dank für Ihren großartigen Bericht. Viele Menschen haben eine gute oder sogar sehr gute Bildung. Manche aber eben nur eine „Ein“-Bildung. Bildung als Status-Symbol. Bei Gesprächen werden dann Fremdwörter in den Raum geworfen, um zu zeigen wie „gebildet“ man ist. Ich habe vor einiger Zeit ein Gespräch einer Mutter vernommen, dass Menschen ohne Abitur keine richtigen Menschen sind. Arroganter geht es wohl nicht? Ich finde zur „belesenen“ Bildung gehört auch die Herzensbildung. – Ute Koch

 

Dass Jan Ross den gerade mit starker Mehrheit gewählten Premierminister des Vereinigten Königreichs, Boris Johnson, als Beispiel dafür anführt, dass uns Bildung nicht zwangsläufig zu besseren Menschen macht, halte ich – vorsichtig ausgedrückt – für keine gute Idee. Stalin hätte besser gepasst: Wie seine Tochter Swetlana in ihren Erinnerungen berichtete, war Stalin eine leidenschaftlicher Leser, der damit frühe Bildungsdefizite auszugleichen versuchte. Nebenbeibemerkt war sein ihm als Bösewicht ebenbürtiger Gegenspieler Vegetarier. – Dr. Hans-Peter Basler

 

Ich empfehle Jan Roß einmal eine Exkursion nach Weimar. Mich hat die räumliche Nähe der Goethe- und Schiller-Stadt zum KZ Buchenwald vor etlichen Jahren einmal existentiell berührt. Nein, die Weimarer Klassik und „unser“ kulturelles Erbe i. A. haben uns nicht vor der Barbarei bewahrt. „Das Sinnen des menschlichen Herzens ist böse von seiner Jugend an“ (1. Mo 8,21) lautet lakonisch das biblische Menschenbild, das ich für gleichermaßen pessimistisch wie realistisch halte. Nicht Bildung hält uns davon ab, uns gegenseitig den Schädel einzuschlagen, sondern schlicht das Gewaltmonopol des Staates, wie Jörg Baberowski in seiner Theorie der Gewalt so treffend ausführt. Fiele das weg, würde uns alle Bildung dieser Welt nicht davon abhalten, dass der Mensch dem Menschen ein Wolf würde. Jan Roß liefert in seinem fulminanten Buch „Die Verteidigung des Menschen. Warum Gott gebraucht wird“ (Berlin: 2012) selbst die plausibelste Erklärung dafür, warum Bildung oder Unbildung es nicht sind, die uns zu besseren oder schlechteren Menschen machen, und worin die Lösung des Problems besteht:

„Niemand schafft es wirklich die Gebote zu halten; alle haben Strafe und Untergang verdient. Aber Gott hat andere Wege gefunden, den Ansprüchen des Rechts Genüge zu tun und die Menschen zu retten. ‚Alle‘, schreibt Paulus im Römerbrief, dem zentralen Zeugnis seines Denkens, ‚alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren. Ohne es verdient zu haben, werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus. Ihn hat Gott dazu bestimmt, Sühne zu leisten mit seinem Blut, Sühne, wirksam durch Glauben.‘ Wer darauf vertraut, dass Jesus für seine Sünden gestorben ist, dem sind sie schon erlassen.“ (S. 179 f.) Nur Kraft des neuen Lebens, das Jesus dem Glaubenden schenkt, kann der Mensch von der Sünde lassen, auch wenn es zeitlebens ein „simul iustus et peccator“ bleibt. – Marcel Haldenwang

 

„Was für eine altmodische Frage!“ sagen Sie, und Sie gehen die Antwort auch etwas altmodisch an: Es komme darauf an, welche Bücher man lese, welche Vorbilder man sich nehme. Aber ist das ein ausreichender Bezugsrahmen? – Bildung wird hauptsächlich in Schulen und Hochschulen vermittelt. Dort wird viel gelesen, und ich gehe auch davon aus, dass das meiste dort Gelesene auch zu einem guten Menschen bilden will. Aber gelernt wird dort nicht nur das Gelesene, das dort Gelehrte. Man weiß seit einiger Zeit vom „heimlichen Lehrplan“, der sich erfolgreich neben und gegen die Unterrichtsinhalte durchsetzt. Gestaltet wird Bildung nicht nur durch die vermittelten Inhalte, sondern durch die sozialen Strukturen, in denen sie vermittelt werden. Und die sind auch heute in den Schulen und Hochschulen noch immer ziemlich autoritär, sie sind auf jeden Fall viel zu sehr auf individuelle Leistung, auf Konkurrenz statt Kooperation, auf Durchsetzung statt Empathie, auf Ellenbogen statt gegenseitiger Hilfe, auf Exklusivität statt Inklusion hin orientiert. Man lehrt in der Schule so prosoziales Denken und gleichzeitig unsoziales Verhalten. Denken und Handeln müssen dann einander nicht entsprechen, sie dürfen auseinanderfallen. Schule war immer nicht nur Bildungs-, sondern auch Vergesellschaftungseinrichtung. Das ist auch gut so, aber die Ziele von Bildung und Vergesellschaftung müssten einander besser entsprechen! – Hansjürgen Otto

 

Vielen Dank für Ihren wunderbaren Text, – es hat Freude gemacht ihn zu lesen und ich kann mich Ihren Gedanken gut anschließen. Gestatten Sie mir einen Hinweis: Wolfram Lotz hat ein Stück geschrieben mit dem Titel DIE LÄCHERLICHE FINSTERNIS. Es hatte im September 2014 Premiere an der Wiener Burg, inszeniert von Dusan Parizek, und war 2015 auf dem Theatertreffen in Berlin eingeladen. Lotz bearbeitet in diesem Stück sowohl den Roman Joseph Conrads als auch den Film Ford Coppolas und er legt noch eine dritte Schicht der Auseinandersetzung darüber, nämlich die unserer europäischen Umgangsweise mit dem Fremden. Diese Umgangsweise versteht er auch als zutiefst kolonialistisch und reiht sie daher in die Linie der beiden Texte ein, die Sie auch zum Gegenstand Ihres Textes gemacht haben. Er zeigt vor allem, wie auch sprachliche Versatzstücke, die wir in Alltagssprache und Alltagswirklichkeit integriert haben, zutiefst rassistisch sind und kolonialistisches Denken perpetuieren.

Ich hatte im Mai 2015 die Gelegenheit mit Verena Schonlau zusammen im Rahmen des Education-Programms des Theatertreffens, zu dem die Burg- Inszenierung eingeladen war, mit Neuköllner Schülerinnen und Schülern zum Stück zu arbeiten. 80% der Schülerinnen und Schüler hatten einen Migrationshintergrund. Ein Blog ist entstanden, – es gab eine Fragestunde mit dem Regisseur zu seiner Inszenierung, einen Theaterbesuch aller SuS beim TT …und einen gewissen Nachklang. Unsere SuS haben die Auseinandersetzung mit dem Text und der Inszenierung zunächst als wahnsinnig anstrengend empfunden. Sie haben sich dann in Mikroschritten den analytischen Blick auf Alltagssprache angeeignet, waren perplex bis gleichgültig über Praxis des politischen Kolonialismus, die Europa Afrika ggü. an den Tag legt, haben den Theaterbesuch voller Staunen erlebt und haben den ganzen Tag als eine einzige große Fremdheits- und Bildungserfahrung verbucht. Wir haben sie irritiert und erschüttert.

Darauf möchte ich vor allem hinweisen, – die Bildungserfahrungen, die Sie einfordern, sind unbedingt nötig, weil durch derartige Erlebnisse und Erfahrungen Austausch und Bewegung entsteht. Sie beugen politischer Erstarrung in kleinbürgerlichen Milieus vor. Sie fordern Menschen dazu auf, Positionen zu beziehen, sich zu streiten und zu verständigen. Sie öffnen uns. So habe ich die theaterpädagogische Arbeit mit Wolfram Lotz Stück ausgewertet und direkt an Ihre Gedanken anschließen können. Also: Ein Blick in das Stück lohnt sich, finde ich. Ob sich der Blog, mit dem Einspieler, den wir im Workshop gedreht haben, noch im Netz findet, weiß ich leider nicht. – Ulrike Kramme

 

In seinem gebildeten und beinahe demütig verfassten Artikel, dem ich im Großen und Ganzen zustimmen, fallen doch zwei Aspekte ins Auge, die den Eurozentrismus, den Roß ja durch Literatur als zu überwinden ansieht, nicht nur reproduzieren, sondern gerade zu beispielhaft vor Augen führen. Zum Einen ist das die Interpretation von Heart of Darkness als großes Werk der Weltliteratur, welches, nicht nur hier, als Kritik am Kolonialismus gelesen wird. Wahre Bildung, die einen ernst gemeinten Perspektivwechsel anstrebt, würde sich hier nicht auf einen europäischen Kanon, sondern auf Chinua Achebe beziehen.

Der nigerianische Schriftsteller hat bereits 1975 eine postkoloniale Kritik an Conrad geübt, der Afrika eben als Schauplatz für europäische Handlungen und damit als Leinwand nutzt, die die Menschen, die dort leben, nicht als solche, sondern als Requisiten sieht. Die Existenz postkolonialer Literaturkritik hätte Herr Roß schon mitbekommen können. Conrad zementiert hier einen Rassismus, der zwar nicht so offen und brutal ist wie der eines Leopold II, aber offensichtlich wirkmächtiger. Weiterhin ist interessant, dass Herr Roß anscheinend eine weiße, 150 Jahre alte Romanfigur braucht um über Armut nachzudenken, da lebende, nicht-weiße Menschen anscheinend nicht Grund genug sind. Dass Herr Roß daraus ein Lob der Literatur ableitet ist nachvollziehbar, sollte aber Hand in Hand gehen mit der Frage, warum das so ist. Insgesamt ein toller und spannender Artikel, der aber m.E. nicht aus seiner weißen Haut kann. – Lukas Heider

 

Vielen Dank für diesen wunderbaren Text, der mich motiviert hat, auch Ressorts der ZEIT, die ich eigentlich mehrheitlich überfliege, wieder genauer zu lesen. Und überhaupt: so viele Denkanstöße!! – Sophia Gabrielli

 

Ich bin dem Titelthema von Jan Ross über die Besserung des Menschen durch Bildung mit einiger Skepsis gegenüber gestanden. Diese Skepsis wurde durch die Lektüre bestätigt. So schreibt Jan Ross davon, dass ihn der Roman „Bleakhaus“ von Charles Dickens dazu zwang,„unerbittlicher die Realität der Armut zur Kenntnis zu nehmen“ und er dadurch einen neuen Blick auf das Leid indischen Bettler gewann. Okay. Aber die spannende Frage ist ja, was Jan Ross mit diesem Erkenntnisgewinn machte? Darüber gibt es in dem Text leider keine Hinweise: Gab er den indischen Bettlern von nun an ein bisschen mehr Geld? Kam er regelmäßig mit ihnen ins Gespräch? Lud er gar einen Bettler zu sich nach Hause ein, entwickelte sich vielleicht sogar eine Art Beziehung? Oder aber dachte Jan Ross von nun an bloß immer wieder an Charles Dickens und die unbestrittene Qualität von „Bleakhaus“, wenn er in den Strassen Indiens einen Bettler sah? Kurzum, ein Distinktionsgewinn für den Autor, aber kein Gewinn für den als Beispiel dienenden Bettler. Auf diese Art und Weise lässt sich aus meiner Sicht die schöne Idee von der Besserung des Menschen durch Bildung nicht belegen. – Thomas Zehetner

 

Dem Artikel möchte ich vollumfänglich zustimmen, jedoch noch etwas hinzufügen. Wenn der Freundeskreis nicht nur aus Menschen aus demselben Milieu, sondern solchem aus verschiedenen Bildungs- und Einkommensschichten besteht, dann erweitert dieses die eigene Weltsicht unendlich. Wir sind eine Gruppe von sechs Ehepaaren, um die 60 Jahre alt. Eine Person kam als Jugendliche aus Jugoslawien, zwei suchten nach dem Mauerfall hier ihr Glück, andere sind Einheimische, wieder andere haben Flüchtlinge als Eltern. Wir haben alle Arten von Schulabschlüssen, also von Hauptschule bis Studium ist alles vertreten. Die einen haben mehrere Angestellte, die anderen einen kleinen Handwerksbetrieb, welche sind oder waren Abteilungsleiter, der oder die nächste Arbeiter, Angestellte. Ein paar sind Sportbegeistert andere wissen nicht wie viele Spieler auf dem Platz stehen. Großeltern lästern nicht über Kinderlose und Politisch interessierte werden nicht zu Überzeugungstätern. Uns verbinden nämlich zwei wichtige Dinge: Humor und der gegenseitige Respekt vor der Leistung des anderen. – Mira Heibili

 

Der überzeugende Artikel von Jan Ross auf die Frage, ob Bildung zum besseren Menschen macht, und das sympathische ZEIT-Gespräch mit dem Gelehrten-Ehepaar Daston und Gigerenzer lassen mich hoffen, in der ZEIT und bei den Autoren wohlwollende Unterstützer/innen meiner Petition für eine andere Lehrerausbildung zu finden. Warum braucht unsere Gesellschaft eine andere Lehrerausbildung? Weil Bildung großenteils in der Schule stattfindet oder zumindest dort stattfinden soll – sogar die Bildung von Herz und Charakter gemäß (bayerischer) Verfassung. Die Schullehrer werden aber immer noch zu Wissensvermittlern ausgebildet, nicht zu Persönlichkeitsvermittlern. Die Petition kann noch bis 1. März auf der Plattform openpetition.de unterzeichnet werden, Stichwort „Ausbildung von Lehrern“. Natürlich würde ich mich freuen, wenn die ZEIT diese Petition möglichst weit gestreut publizieren würde. – Giorgio Zankl

 

Alles bisherige geschichtliche Geschehen beweist, daß Bildung niemanden zum besseren Menschen macht. Bildung nur auf die Fähigkeit zu reduzieren, mit den Schwachen zu fühlen oder sich für die Welt zu begeistern, wie ZEIT-Autor Jan Ross vielleicht meint, ist wohl im Sinne der Fragestellung zu wenig. Der neugierig gemachte Leser hätte zunächst eine detaillierte Aufzählung all dessen erwartet, was zur Bildung gehört und natürlich auch die Definition des besseren Menschen. Feststellen möchte ich, daß der Allmächtige hat bei der Schöpfung der „Krone“ einige Schrauben nicht fest genug angezogen, und das ist für alle Zeit irreversibel in den Genen verankert. Drei dieser Schrauben stehen für Habgier, Machtgier und Geltungssucht, jeweils verstärkt durch die ethnische Komponente und religiösen Fanatismus. Gegen diese Eigenschaften dürfte mit noch so hoher Bildung nichts auszurichten, kein Kraut gewachsen sein. Die selbstkritische Botschaft Joseph Conrads ist längst der Vergessenheit anheim gefallen. Und schließlich: Wäre die zivilisatorische Entwicklung umgekehrt verlaufen und stünden die sog. „Drittweltländer“ an der ersten Stelle, sie würden sich in puncto Kolonialismus etc. nicht anders verhalten haben als die Europäer und vergleichbare Staaten ihnen gegenüber. – Hans Anhoeck

 

Bildung kann vor allem Schutz sein vor Ignoranz und Arroganz. Vor der der anderen, besonders aber vor der eigenen. Denn Bildung vermittelt Demut. Sie fördert die Überzeugung und Bereitschaft, differenzierter und (selbst)kritischer nachzudenken; sie fördert die Fähigkeit, über den Verstand grundsätzlich Vernunft anzunehmen, umsichtiger zu reden und zu handeln und somit als Mensch verbindlicher und respektvoller zu sein. Und ja, durch gute Bildung für möglichst viele Menschen wird der Weg zu Hass und Gewalt sehr wahrscheinlich ein deutlich längerer. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Sind wir mit Linksradikalen nachsichtiger als mit Rechtsradikalen?“ Streit von Martin Machowecz und Daniel Müller

 

Ergänzungsvorschläge für die Statistik: Wie viele Schusswaffen sind auf polizeibekannte Links/Rechtsextreme gemeldet? Wie viele Morddrohungen haben Links/Rechtsextremisten in den letzten fünf Jahren verschickt? Wie viele Menschen stehen auf Todeslisten links/rechtsextremer Terrorzellen? Wie viele links/rechtsextreme Vorfälle in deutschen Sicherheitsorganen sind in den letzten Jahren bekannt geworden? Wie viele Links/Rechtsextreme bereiten sich belegbar auf TagX (Putsch/Systemumsturz) vor? Wie viele Kommunalpolitiker haben nach links/rechtsextremen Drohungen in den letzten Jahren ihr Amt aufgegeben? Wie viele linke/rechte Kommunalpolitiker haben auf Bürger geschossen? Wie viele überregionale Medien haben über Connewitz/Bähner berichtet? Und dann DIESE Überschrift? Ist die Zeit wirklich bereit dem illusionären Pro/Contra Neutralitätsframing unsere Demokratie zu opfern und das Werteunionsnarrativ von der Gleichwertigkeit linker/rechter Gewalt hoffähig zu machen, damit sich die AfD endlich, wie einst Hitler, in der Regierung „entzaubern“ kann? – Philipp Höck

 

Ich bin etwas irritiert. Das ist natürlich ok. Eine Meinung darf irritieren. Soll es vielleicht sogar. Eskens Frage nach der Angemessenheit der Einsatztaktik ist fragwürdig? Die Frage war nach meinem Verständnis nicht rhethorisch. Und die Polizei hat dramatisiert und falsch dargestellt. Das Video in ZON zeigte Silvester, wie es heute (nicht nach meinem Geschmack) vielerorts begangen wird. Drei Hundertschaften Polizei? Vielleicht wirklich eine Provokation? Gewalt ist nicht akzeptabel. Ihre Formulierung mit den angezündeten Kränen, „es hätte wohl Tote gegeben“ – wissen Sie das so genau? Es hätte Menschen in Gefahr bringen können. Schlimm genug. Aber Ihre Formulierung ist nicht in Ordnung. Nämlich durch nicht belegt. Die AFD paktiert nicht mit Rechtsextremen. Sie ist es zu erheblichen Teilen selbst. – Fritjof Möckel

 

Ihr ganzseitiger STREIT hat mir in Form und (dialektischem) Inhalt ausnehmend gut gefallen. Ohne eine Seite des Ja oder Nein zu bewerten, ich kann Ihnen beiden folgen, ganz dem Ziel dieser Kategorie entsprechend. Glückwunsch! – Dr. Gernot Henseler

 

Ob mit Linksradikalen im Allgemeinen nachsichtiger umgegangen wird, kann ich nicht beurteilen – für Connewitz trifft das jedoch zu. Ich bin mit meiner Familie vor einem Jahr aus der Schweiz nach Connewitz gezogen. Aufgewachsen bin ich in Dresden und verbrachte viel Zeit in der linksalternativen Dresdner Neustadt. Nach Jahren der Schweizer „Ordentlichkeit“ freute ich mich auf etwas mehr „Lebendigkeit“. Doch schnell wurde mir klar, Connewitz hat keinen linksalternativen Charme, sondern hier herrscht Linksextremismus. Die Straßenfassaden sind durch Graffiti kriegsähnlich entstellt. Alle paar Wochen kommt es zu linksextremen Razzien, bei denen in ganzen Straßenzügen Mülltonnen und Baustellenabsperrungen abgefackelt, Schaufenster völlig zugesprayt oder zerschlagen werden. Anfangs habe ich mich gefragt, warum es hier so gut wie keine gemütlichen Cafés gibt oder sich junge Kreative nicht niederlassen? Doch wer hier eine Lokalität eröffnet, die nicht „Spätshop“ oder „Dönerimbiss“ heißt, und Latte Macchiato statt Sterni und Club Mate verkauft, dem ist sonnenklar, was einem kurz nach der Eröffnung blüht – und da sind verschmierte Fensterscheiben noch das kleinste Übel.

Unser neugebauter Wohnkomplex ist von Beginn an ein „Feindobjekt“. Auch ich bin für mehr sozialen Wohnungsbau und als Normalverdiener können auch wir uns keine Eigentumswohnung in Leipzig mehr leisten. Doch die Angst vor Gentrifizierung und der damit verbundene Frust, welcher der Politik und deren Versäumnissen gelten sollte, wird hier an den Bewohnern ausgelassen. Alle zwei Tage werden die (zum Glück abwaschbaren Fassaden – man hat sich an die Connewitzer Gegebenheiten angepasst) besprüht und die Autos mit Farbbomben beschmissen. Regelmäßige Polizeipräsenz bei so viel Vandalismus ist hier jedoch weit und breit nicht in Sicht. Auch sonst habe ich den Eindruck, dass auf politischer Ebene nichts gegen die Missstände und das Klima der Einschüchterung unternommen wird. Dabei geht auch die Argumentation von Herrn Müller an der Lebensrealität der nicht zur Szene gehörenden Connewitzer vorbei, der die Polemik eines abgesetzten AfD-Politikers heranzieht, um zu zeigen, wie schonungslos mit linksradikalen Tätern umgegangen wird. Da lässt sich sein eigener Kommentar gut zitieren: „von Rind kann man nur Rindfleisch erwarten“. Die einzigen, die dieser Zerstörungswut Paroli bieten, sind die Hausmeister und Geschäftsinhaber, die Tag für Tag die Graffitis von den Wänden waschen. – Eine Leserin

 

Herr Machowecz, Sie antworten in der Zeit, auf die Frage „Sind wir mit Linksradikalen nachsichtiger als mit Rechtsradikalen?“ mit ja. In dem Artikel unterstellen Sie Fr Nagel, dass sie findet die Polizei hätte Gewalt „nicht anders verdient“. Das finde ich eine gefährliche Aussage, die für die Betroffene krasse Folgen haben kann. Wenn Fr Nagel tatsächlich so denkt sollten Sie das den Lesern aufzeigen. Aber aus dem von Ihnen gewählten Zitat („kalkulierter Provokation“ durch Polizisten) lässt sich das nicht ansatzweise erahnen. Dass dieses Zitat ihr Beweis dafür ist, dass Fr Nagel angeblich denkt, dass Polizei Gewalt verdient hätte ist für mich eine Unterstellung und daher nicht vertretbar. In diesem Punkt bitte ich Sie darüber nachzudenken sich bei der Betroffenen zu entschuldigen.

Weiter möchte ich sagen, dass sie in ihrem Artikel schreiben, dass sie von einem „wir“ sprechen, wenn sie die Frage behandeln ob „wir“ Linksradikale nachsichtiger behandeln als Rechtsradikale. Daraufhin zitieren Sie dann nur Politiker aus dem linken Spektrum.Das eine Teilgruppe diese Frage anders beantwortet als unsere Gesellschaft als ganzes liegt allerdings auf der Hand. Unsere Gesellschaft als solches behandelt Linksradikale weniger nachsichtig als Rechtsradikale, wenn man sich die hart formulierten Artikel zu Connewitz durchliest und ansieht, wieviele Fehlinformationen einfach übernommen wurden, wenn man sich ansieht wie Gerichte dazu urteilen, wie sich Politiker aus dem ganzen Spektrum zu den Vorgängen äußern.

Spannend finde ich die Frage, ob es denn nicht nur quantitative Unterschiede zwischen Linker und rechter Gewalt gibt, sondern auch qualitative? Einem Polizisten ein Bein zu stellen (Connewitz) ist weniger schlimm, als einen Politiker mit seinem Kind mit Farbbeuteln zu bewerfen (A. Grote, SPD), was wiederum weniger schlimm ist als einen Menschen rassistisch zu beleidigen und dann anzuschiessen (Bähner, CDU). Wir sind uns einig, dass alles davon falsch ist und bestraft gehört, aber Ausmaß, Dringlichkeit und öffentliches Interesse sollten sich in diesen Fällen deutlich unterscheiden und entsprechend darüber berichtet werden. Ich finde es ist tendenziös und gerade nicht neutral, viele Artikel zu Connewitz zu schreiben, aber den rassistischen Terroranschlag in Köln mit nur 1-2 Artikeln abzutun. Das verzerrt die Realität zu stark. Schade, dass der Aspekt, ob oder wieso politische Gewalt unterschiedlich sein kann in der gesamten Debatte aussen vor gelassen wird. Ich frage mich wieso das nicht Teil der Berichterstattung ist?

Zuletzt möchte ich sagen, dass ich das Gefühl nicht loswerden kann, dass dieses Pro/Contra Gespräch vor allem aus der Überlegung, ob es sich gut klickt geschrieben worden ist. Ob das stimmt oder nicht ist für mich dabei weniger entscheidend, als das Gefühl, dass Klickbarkeit bei der Zeit immer wichtiger gewertet wird als journalistische Differenziertheitund mich das eher von Ihrer Zeitung entfernt, die ich lange als das Beste, was es in Deutschland gibt angesehen habe und jedem empfohlen habe. Inzwischen äußere ich mich in solchen Gesprächen eher kritisch. Ich danke Ihnen für Ihre Zeit und bin gespannt auf die Antwort. – Jonas Maier

 

Weil ich hinter dieser wachsenden Unüberschaubarkeit des politischen Spannungsfelds zwischen Rechts und Links ein schwerwiegendes Problem vermute, habe ich versucht, zu diesen Fragen ein paar Gedanken beizutragen. Alle meine Anläufe dazu mündeten jedoch in einer schwer überschaubaren Komplexität. Ich fürchte, dass der nicht selten chaotisch erscheinende Zustand unserer gegenwärtigen politischen Verfassung ein Alarmsignal ist, das förmlich nach Beachtung und Besinnung schreit. Der Kern des Problems liegt außerhalb der Koordinaten, die bisher unsere politische, gesellschaftliche und vor allem unsere kulturelle Orientierung ermöglichten. Die Politik müsste gleichsam von einer übergeordneten Kultur neu an die Hand genommen werden. Politik ist Teilmenge einer solchen Kultur, nicht umgekehrt! Der Markt der Meinungen hat als Ganzer keinen sehr weiten Horizont. Einen solchen bräuchten wir aber für eine Neujustierung! Die Dampflok-Logik reicht für unsere hochkomplexe High-Tech-Epoche nicht mehr aus. – Karlheinz Gernbacher

 

1. Wie erfrischend doch substantieller Journalismus sein kann. Da zeigt David Müller (als Contra) souverän, nachvollziehbar und sachlich, was faktenbasierte journalistische Arbeit ist, um seine Meinung zu begründen bzw. wie er zu seiner Meinung kommt. 2. Das Gegenteil bei Martin Machowecz. Er zeigt, wie man nicht faktenbasiert unter Verwendung nebulöser Begriffe und Verallgemeinerungen („ die wenigsten“ „Kaum ein Journalist“ „ man“(und das x-male) „viele“ „wir“ „sie“ „ Leute“ „bundesweiter Aufschrei“ ein eigenes Gefühl einer größeren nicht benannten Gruppe oder Szene zuordnet und daraus eine nicht unwesentliche Gesamtstimmung deutet. Es fehlt nur noch der Satz : das wird man ja noch sagen dürfen.. 3. Nach meinem Dafürhalten benötigen Medien ( vor allem in Zeiten von Stimmungsmache und Fake News) Journalisten wie David Müller. Von den Martin Machowecz’s gibt’s leider sehr viele. – prietzel-düwel

 

Ein Musterbeispiel für sachliche und nachvollziehbare Argumentation zu einem zentralen Thema unserer Gesellschaft. Und dennoch endet Daniel Müller mit einer aus meiner Sicht fatalen Aussage, indem er gewissermaßen ableitet, der Zweck heiligt die Mittel! Jegliche vorsätzliche Körperverletzung oder Sachbeschädigung sind nicht zu rechtfertigende Straftaten, egal wer diese begeht. Dem muss mit gleichem Maßstab begegnet werden und alle politisch Verantwortlichen haben dies gleichermaßen zu verurteilen. Jeder Versuch der Relativierung schützt die Täter und missachtet die Opfer! – Dr. Albert Wick

 

… sehnen sich die anderen danach, Menschen zu vertreiben … Ich stimme der Analyse, Herr Müller, voll zu und ergänze sie noch um – mehr noch als nur zu vertreiben. … die sie ihrer als nicht ebenbürdig wähnen. Sie schreiben aber auch die einen begehren den Kapitalismus zu vertreiben. Allerdings stehen hinter dem Kapitalismus immer auch Menschen, sie haben aber das Wort Menschen in diesem Zusammenhang vermieden, wohl damit der schöne Gegensatz den sie Aufmachen auch erhalten bleibt. Sie wissen doch sicher dass

  • die antikapitalistische Agrarreform von Josef Stalin damit verbunden war, dass hunderttausende Kleinst-, Klein- und Großgrundbesitzer vertrieben wurden. Wohin, können sie leicht recherchieren. Diese antikapitalistische Agrarreform hat alleine in der Ukraine, der Kornkammer des alten Zarenreichs ca. 3,5 Millionen Leben gekostet.
  • die maoistische, antikapitalistische Wirtschaftsreform (Der große Sprung) hat wegen der Vernachlässigung der Landwirtschaft (je nach Schätzer) zwischen 10 und 40 Millionen Hungertote in China gefordert. Außerdem entstand eine katastrophale Umweltbe-schädigung wegen der Laienhaft gebauten Hochöfen in den vielen chinesischen Dörfern.
  • im Rahmen der Kulturrevolution hunderttausende Chinesen aus ihrer Heimat vertrieben wurden um einer grundsätzlichen Um-programmierung ihrer Gehirne unterzogen zu werden. Kulturgüter, die von der jahrhundertealten chinesischen Kultur zeugten wurden systematisch zerstört. In jüngster Zeit haben wir eine derartige Kulturbarbarei wieder bei den Taliban erlebt.
  • in der DDR wurden im antifaschistischen und antikapitalistischen Kampf zur Errichtung des Arbeiter- und Bauernparadieses systematisch Andersdenkende – nicht dem kommunistischen Menschen ebenbürdige Bürger verfolgt, zur Ausreise gedrängt(vertrieben), ja ausgebürgert. Dazu zählten, wie man inzwischen weis, nicht nur Klassenfeinde sondern auch viele marxistisch denkende Bürger. Sie haben sich einfach die Frechheit erlaubt, die Obrigkeit zu kritisieren oder ein paar freche Liedchen zu singen.
  • von Ullrike Meinhof, die Einschätzung stammt, Wir müssen die Schweine (sie meinte Polizisten) nicht schonen, denn sie schützen das Schweinesystem (sie meinte die Bundesrepublik Deutschland) schützen.

Ich stimme mit Ihrer Einschätzung über die Gefährlichkeit des rechtsradikalen Nationalismus völlig überein, man darf diese Gefahr niemals unterschätzen. Sie ist zur Zeit die größte Gefahr für unser liberales, parlamentarisch organisiertes, demokratisches Mehrparteiensystem. Aber die Gefahr aus dem linksradikalen Antikapitalismus zu umschreiben mit …oft zweifelhaften Mitteln .. entspricht nicht den historischen Erfahrungen, die damit gemacht wurden. – Werner Gessnitzer

 

Extreme, welchen -ismus sie auch immer verkörpern, neigen zu Krawall und Gewalt gegen Sachen und Andersdenkende. Ob sie ein Gerichtsgebäude oder ein Asylbewerberheim in Brand stecken: als Kollateralschäden auf ihrem Weg in eine „gerechtere“ Zukunft oder „heilere“ Welt nehmen sie auch Menschenleben in Kauf! Gewalt aber darf allenfalls gebilligt werden beim Kampf gegen ein totalitäres Regime; nicht jedoch in einer Demokratie, in der ein jeder gegen jedes (vermeintliche) Unrecht klagen kann! Alle Weltverbesserer und Gerechtigkeitsfanatiker sollten sich Gandhi oder die Montagsdemonstranten zum Vorbild nehmen: mit maßvoller Lautstärke und Gewaltlosigkeit gewannen sie immer mehr Anhänger, gelang ihnen eine unblutige Revolution! (Daß die postrevolutionäre Aera dann nicht mehr von Idealisten gestaltet, sondern von Bürokraten verwaltet wird, scheint dabei das Schicksal aller Umstürze zu sein!) – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Für die Bewertung von Gewalt ist es völlig unerheblich ob sie von Rechtsradikalen oder Linksradikalen verübt worden ist. Der Rechtstaat, der Inhaber des Gewaltmonopols, hat hier keinerlei Entscheidungsspielraum nach dem Motto:“Der eine mehr Konsequenz, der andere mehr Verständnis“. Es sei denn, man bestreitet das Gewaltmonopol des Staates. Der “ Mitbürger“ der Gewalt gegen Sachen, Menschen, ja auch Polizisten sind Menschen ausübt ist ganz schlicht betrachtet eben ein Straftäter dessen Tat nach den Buchstaben des Strafgesetzbuches „gewürdigt“ werden muß und das allerdings so schnell wie möglich, so einfach ist das! Dann ist der rechtskräftig verurteilte Straftäter nicht nur ein Rechtsbrecher sondern auch ein (Ver)brecher, logisch. Das der Staat eine schnelle „Würdigung“ der Straftaten von „Mitbürgern“ den Opfern gegenüber auch schuldig ist, ist selbstverständlich. Aber wer spricht schon über Opfer, wenn Täter zu oft das ganze Denken, Handeln und Schreiben bestimmen. – A.Jeske

 

Über die Berichterstattung nach der Silvesternacht war ich schon auch ein bisschen erstaunt. Weswegen war da so viel Polizei, ist vorher schon etwas vorgefallen? Und danach konnte man ja schon den Eindruck gewinnen daß da von Seiten der Polizei übertrieben wurde. Dazu kommt auch, daß wir wissen daß die Mehrheit bei der Polizei sicher nicht links der Mitte steht. Bitte nicht falsch verstehen: ich weiß die Polizei in Deutschland sehr wohl zu schätzen und ich habe persönlich noch nie schlechte Erfahrungen gemacht. Und natürlich ist Gewalt ohne jede Diskussion und ohne Relativierung zu verurteilen. Was mich gewundert hat: Herr Machowecz schreibt vom Relativierungsreflex auf der linken Seite die beim Rechtsextremismus unvorstellbar wäre. Als was würden Sie denn die Aussagen von Hans Georg Maaßen nach den Vorfällen in Chemnitz bezeichnen? Und er war da ja nicht alleine, Herr Seehofer hat ja auch ziemlich lange gebraucht sich zu distanzieren und Herrn Maaßen zu entlassen. – Andreas Dill

 


 

 

Leserbriefe zu „Jetzt noch billiger“ von Merlind Theile

 

Ist in Ihrer Redaktion tatsächlich niemandem aufgefallen, dass im Politikteil auf Seite 3 ausführlich die schädlichen Folgen der auf Hochleistung getrimmten Milchwirtschaft für Mensch und Tier beklagt werden, wenige Seiten später aber eine Anzeige geschaltet wird, mit der Lidl selbst Bio-Milch und Bio-Joghurt (selbstverstäuch ebenfalls aus Massentierhaltung, bloß mit Biofutter) zum Schleuderpreis von 1,09€ pro Liter bzw 0,85€ pro 500g bewirbt? Das entbehrt, gelinde gesagt, nicht einer gewissen Ironie. – Alexandra Pötz

 

Aufklärung tut not, aber manchmal auch weh: Jetzt muss ich auch noch ein schlechtes Gewissen haben, wenn ich Biomilch in den Kaffee schütte. Trotzdem vielen Dank für den aufklärerischen Artikel! Als Lösung sehe ich inzwischen eigentlich nur noch sehr viel strengere staatliche Tierschutzvorschriften und die engmaschige Kontrolle derselben, außerdem das Verbot von Futtermittelimporten, die die tierquälerische Massentierhaltung überhaupt erst ermöglichen, und das Verbot von Importen von Milch, Eiern, Fleisch, Fleischwaren u. Ä. aus Ländern, die keinen Tierschutz nach den – zu verschärfenden – deutschen Standards überprüfbar garantieren. Auf die Verbraucher*innen würde ich mich inzwischen eher nicht mehr verlassen: Ungeachtet der erfreulichen Erfahrungen, die Herr Möller und seine Kompagnons machen, sind Geiz und Gier bei den meisten Menschen wohl doch stärker als alle Tierliebe. Im Verdrängen unangenehmer Wahrheiten sind die Menschen offenbar Meister. – Dr. Ulrich Willmes

 

Dieser Artikel ist bestürzend.Dass es auch anders geht, wird ja am Ende des Berichts dargestellt. Ich verstehe zwar nichts von Wirtschaft, aber ich habe gehört, sie orientiert sich nach Angebot und Nachfrage. Die Nachfrage nach Milch und Milchprodukten ist nach wie vor sehr hoch, und alternative Produkte werden leider nicht angenommen. Wenn nun die Milchbauern ihren Viehbestand halbieren würden, gäbe es weniger Milchprodukte im Angebot, aber bei gleicher Nachfrage würden die Vebraucher bestimmt nicht verhungern, wenn sie höhere Preise zahlen müßten. Denn auch auf den Parkplätzen der Discounter stehen überwiegend teure Autos. Außerdem sollte man durch gute Werbung auf den Käufer Einfluss nehmen. Statt Lebensmittel wie Ramschware anzubieten, sollte man die Qualität der Waren hervorheben. Ich erinnere mich noch an den schönen Werbespruch:“Es war schon immer etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben“ Oft genug vorgebracht, wird es wirken. Das was heute in der kommerziellen Tierhaltung geschieht, verstößt gegen alle Tierschutzgesetze. Der Staat hat sie zwar erlassen, kümmert sich aber überhaupt nicht um deren Einhaltung. Die Wirtschaftlichkeit hat Vorrang. Dass es auch anders geht, zeigen die erfreulichen Beispiele am Ende des Berichtes. Was mich erstaunt: Die Wissenschaft ist so weit fortgeschritten. Warum hat man kein Hormon entwickelt, welches, den Kühen verabreicht, diese dazu bringt, Milch zu erzeugen ohne zu kalben. Das müßte doch möglich sein. – Ingrid Grenzmann

 

Schon 1987, als mein Berufsleben als Tierärtztin begann, wurde die sogenannte Herodesprämie erfunden, die für direkt nach der Geburt getötete männliche Kälber von Hochleistungsmilchrassen gezahlt werden sollte. Für mein Berufsethos und auch für die Praktikabilität im Berufsalltag undenkbar. Haben Sie schon einmal eine schwere Geburtshilfe gemacht? Eine verdrehte Gebärmutter wieder aufgedreht? Einen Kaiserschnitt bei der Kuh? Und dann soll man danach direkt das Neugeborene töten? Nachdem ich dann die ersten Kastenstände für Jungsauen gesehen habe, normiert, für die grossgewachsenen Tiere zu klein, so dass sie sich die Vulva aufscheuerten, ihre abgrundtiefe Verzweiflung angesichts der Verurteilung zur Bewegungslosigkeit, dann auch noch die damals noch rätselhafte Krankheit MMA, deren Ursachen später als ganz klar Haltungsbedingungt erkannt wurden, all das hat mich zur Abkehr von der industrialisierten landwirtschaftlichen Tierproduktion veranlasst.

Die Milchkuh von heute ist nicht nur ein depriviertes Wesen ohne mütterlichen Schutz und Prägung, es ist auch inzwischen ein sich selbst verzehrendes System, wie mein alter Physiologieprofessor Holger Martens sehr plausibel dargelegt hat. Müssen wir denn Exportweltmeister für Schweinefleisch sein? Die ganze Sch…… bleibt ja hier! Die wahren Kosten für die industrialisierte Tierhaltung zahlen die Tiere und die Natur. Sie haben kürzlich die vier Säulen einer Agrarwende sehr gut dargelegt. Ich habs mir ausgeschnitten und träume davon, dass ich wenigstens einen Teil davon noch erlebe. Was ich hier (seit 25 Jahren im Osten lebend) eher erlebe, ist die immer krasser werdende Ausbeutung der Natur. Es gibt nur wenige Beispiele zur Freude. Eine habe ich allerdings direkt vor der Tür: unser Eierbauer Lutzkowski, der seine mobile Ställe in Glindow betreibt. Mögen diese Beispiele mehr werden. Und jetzt geht es zur Demo nach Berin: die Agrarwende MUSS kommen! – Dr. Claudia Fehrenberg

 

Vor dem Hintergrund der ganzen Informationen, die man aus der Landwirtschaftsindustrie erfährt, ist es mit mittlerweile absolut schleierhaft, wie sich der Präsident vom Bauernverband so lange unangefochten halten kann und auch noch so breitbeinig auftritt. Sicherlich ist während seiner Präsidentschaft ein starker Umsatzanstieg in der Landwirtschaft zu verzeichnen. Doch zu welchem Preis? Alle Beteiligte leiden. Die Landwirte geben reihenweise auf und diejenigen, die noch bleiben arbeiten in einem für sie sehr unbefriedigendem Umfeld, beschäftigen zum Teil Mitarbeiter unter unmenschlichen Bedingungen, veröden die Landschaft, sind mitverantwortlich für Artensterben und Klimawandel und quälen die lebenden „Produktionsmaschinen“. Eine starke Bilanz. Wessen Interessen vertritt er eigentlich? – Carsten Wirth

 

Es ist eine häufig angewandte Argumentation, dass alle Probleme eines Systems verschwinden, wenn das System geändert wird, wenn zum Beispiel milchbetonte Milchkuhrassen durch Zweinutzungsrassen ersetzt werden, die Kühe und Jungtiere auch im Winter auf der Weide bleiben (so schrieben Sie), die Milchleistung um 64% sinkt etc. Es ist gut, wenn einige Landwirte – wie die Möllers GmbH – Alternativen ausprobieren. Aber sind diese Wege für alle Landwirte gangbar? Wenn Lebensmittel allgemein das Dreifache (nach Darstellung im Fernsehen: das Vierfache) kosten, werden die Verbraucher sich fleischarm oder fleischlos ernähren. Dann wird es einen Überschuss an Kälbern geben. Wird dieser dann für 8Euro in Drittländer verramscht oder mit Bauschaum in die Tierkörperbeseitigungsanstalt entsorgt? Die biologischen Prozesse in der Landwirtschaft sind nicht so zu steuern, dass kein Überschuss entsteht. Schon die Bibel berichtet vom alten Ägypten von den fetten und mageren Jahren. In der Selbstversorger-Landwirtschaft, im Selbstversorger-Garten gab es Mangel und Überschuss. Die Bio-Landwirtschaft hat heute für ihre Überschüsse immer noch den konventionellen Markt. Wenn jede Kuh nur 2 bis 3 Kälber bringt (wie aus Ihrem Artikel hervorgeht), 10 bis 18% davon frühzeitig sterben, bisher 50% davon männlich sind, so braucht man fast jedes weibliche Jungtier als Ersatz für die geschlachteten Kühe.

Kritiker der Landwirtschaft prophezeien schon seit Jahrzehnten, dass das System aus diesem Grund bald zusammenbricht. Bisher aber noch werden tragende Rinder in Drittländer exportiert (DIE ZEIT berichtete), besteht noch ein Überschuss. Übrigens erhalten sicher auch Herr Möllers und seine Kompagnons die EU-Flächenprämie und vermutlich zusätzlich die Öko-Prämie. Übrigens begann der Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe schon Anfang der 1950er Jahre (vereinzelt auch schon vorher), als – nach Ihrer Darstellung – „die Welt noch in Ordnung war“, als wir noch das Zweinutzungsrind hatten, die Bauern durchschnittlich 4-5 Kühe hielten, die Kühe kaum mehr als 3000kg Milch gaben, die Kälber noch Kuhmilch erhielten, der Milchpreis noch bei 33Pf pro Liter lag. Auch damals erzielten die Bauern bei weitem nicht ein Einkommen wie ein durchschnittlicher Arbeitnehmer. Damals war die Wertschätzung der Bauer und der Lebensmittel seitens der Verbraucher – sagen wir mal – zwiespältig. Immerhin freute man sich, dass die Nachkriegs-Hungerjahre vorbei waren. Lieber Überschuss als Mangel. – Adolf Ronnenberg

 

„Für ein Kalb bekommt der Bauer gerade mal acht Euro. Wie kann ein lebendes Tier so wenig wert sein?“ VON MERLIND THEILE „Jetzt N O C Hb i l l i g e r“ hätte ich Ihren Titel gerne hervorgehoben in der Adresszeile. – und habe Es der Originaltreue wegen unterlassen. 8 Eurofür ein Kälbchen, mit dem sich die Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) so gerne fotografieren Läßt. Mit Kußmund. Weil das so nach echter Tierliebe aussieht. T i e r l i e b e erweist sich in erster Linie in artgerechter Haltung. Und die kommt in Ihrem Artikel erst in Spalte 5 vor: „Muttergebundene Kälberaufzucht“ beim Milchbauern Hans Möller in Schleswig Holstein, Milchbauer in vierter Generation, der ausgestiegen ist aus einem System, das er als krank empfindet. Der seine Milchkühe, die Milch u n d Fleisch geben, ganzjährig auf der Weide stehen hat – M i t ihren Kälbern. – Wo sie fressen, was das Land hergibt: Im Frühling frisches Gras und im Winter Heu. So schmeckt die Milch, die diese Kühe geben, mal so… und mal anders. „Saisonal“ eben. Auch gut. Kühen und Kälbern scheint diese Art(gerechte) Haltung gut zu bekommen. Und dem Bauern, der sich zum Vertrieb der Milch mit anderen Bauern zusammengetan hat – auch.

Zwischen 1,80 und 2,20 Euro (*) zahlt der Kunde für die Milch, von der hier, auf diesem Hof, auch die Kälber trinken dürfen. (Spalte 4, Absatz 3, Die letzten 3 Zeilen. Die letzten 3 Sätze :) Öko ist nicht zu teuer. Konventionell ist zu billig.Weil die wahren Kosten nicht im Preis abgebildet werden. Ist die Meinung (nicht nur) dieses Bauern. 8 Euro für ein konventionelles Kälbchen, das auch noch für ein Selfie herhalten muß,als Entschädigung dafür, daß es gleich nach der Geburt von der Mutter getrennt wird.8 Euro bekommt ein Bauer im Schnitt für ein Kälbchen, das nach 9 Monaten Tragezeit seit 14 Tagen auf der Welt ist, beim Verkauf. Ein fein gebildetes lebendiges Kälbchen. Für den Preis einer Schachtel Zigaretten. E i n Satz fiel mir noch auf in Ihrem Artikel, der wenig Hoffnung macht auf bundesdeutsche politische Entscheidungen, die für die Bauern den Preisdruck mindern und somit eine den Tieren gerechter werdende Haltung ermöglichen würden, der aber Hoffnung setzt auf die Gemeinsame Agrarpolitik der EU, die b i s h e r ihre Milliarden vor allem nach Fläche verteilte. Nicht danach, wie es den Tieren in diesen Agrarfabriken geht. Der Satz, der mir noch auffiel, steht in Spalte 4, Absatz 4: „.. seit 2002 ist er“ (der Tierschutz) „sogar im Grundgesetz verankert und damit ein Verfassungsziel.“ S O G A R. D a s fiel mir auf. Dieses Wort im Zusammenhang mit lebendigen Wesen. In einem zivilisierten hoch entwickelten reichen Land.2002 Jahre nach Christi Geburt.- Beate Schwärzler

 

Ein erschütternder Bericht über den Umgang mit Kälbern als unerwünschtes Nebenprodukt einer entarteten Milchwirtschaft. Dabei ist dies nur einBeispiel aus dem Gruselkabinett der deutschen Landwirtschaft. Das Problem: Preisverfall bei landwirtschaftlichen Produkten und somit eine negative Kostendeckung für die Landwirte. Die Ursache: Hoffnungslose Überproduktion bei stagnierender Nachfrage. Auch der EU- und weltmarktweite Export können daran nichts ändern.Fatal ist nur, dass versucht wird, den Einnahmeausfall durch weitere Produktivitätssteigerungen zu kompensieren, was natürlich das Problem nur noch vergrößert. Staatliche Subventionen würden den Patienten künstlich am Leben halten, es sei denn, Steuergelder würden für Umschulungen verwendet.

Es hilft nichts, nur eine Anpassung, d.h. Verkleinerung der Landwirtschaft an die gegebenen Marktverhältnisse garantiert eine nachhaltige Lösung. Branchen wie der Kohlebergbau, die Stahl-, Textil-, Elektronik- und Fotoindustrie haben dies schmerzhaft erfahren, aber niemand ist verhungert, und warum sollte die Landwirtschaft Sonderrechte genießen? P.S. : Dieser Weg hätte, ganz nebenbei, auch sehr positive Nebeneffekte unter Umweltaspekten. Die Landwirtschaft ist in Deutschland einer der größten Emittenten von Treibhausgasen wie N2 O (Lachgas) und CH4 (Methan), hervorgerufen durch Stickstoff- bzw. Gülledüngung sowie die Rinderhaltung. Vom Nitrateintrag im Boden durch Gülle- Überdüngung ganz zu schweigen. – Michael Deil

 

Schade, dass in dem ansonsten informativen Artikel nicht die Fragen gestellt wurden, warum, ob und wieviel Kuhmilch für den menschlichen Organismus überhaupt sinnvoll und nötig ist. Die Japaner ernähren sich größtenteils ohne Milchprodukte, auch ohne Fleisch. Die intelligente Verarbeitung von Hülsenfrüchten wie z.B. der Sojabohne ist dort schon lange Tradition. Aber der Glaube an die Kuhmilch gehört wohl zu Deutschland wie der Glaube ans Auto. – Giorgio Zankl

 


 

 

Leserbriefe zu „Im Angesicht des Feuers“ von Tanja Stelzer und Xifan Yang

 

Der Zeit Artikel ist ziemlich akkurat. Nur unser Oppositionsfuehrer heisst Anthony Albanese, nicht Albany. Ausserdem war die Geschichte mit Kevin Rudd etwas mehr dramatisch. Klimapolitik war ein Grund fuer seine Abdankung, aber es gab auch andere Gruende. Wenigsten hatte er die richtige Idee re Klimawandel. Und wir beide erinnern uns noch gut an die Anti-ads von den Liberalen: carbon tax!!! Aber diese Partei hatte immer schon viel mehr Geld da sie vom Big Business unterstuetzt wird. Man erwartet dann ja auch ‚Gegenleistungen‘. Und es stimmt leider auch dass viele „nicht-denkende Australier“ darauf hereinfallen. Steuersenkungen und garantierte Jobs. Alles Luegen.

Wir haben natuerlich nicht Morrison gewaehlt, aber man muss halt mit sowas leben…ist ziemlich deprimierend. Ich denke und hoffe dass Morrison bald abgesaegt wird. Er wird zur liability fuer seine eigenen Partei. Die Meinungsumfragen haben ihn rockbottom. Und die Opposition fuehrt das erste mal seit der Wahl. Im Moment geht es hier besser. Wir hatten in den letzten Tagen einigen Regen und mehr ist vorausgesagt. Alle Feuer sind unter Kontrolle und viele sind inzwischen sehr eingedaemmt. Here is a website with a map to give you an idea: https://www.rfs.nsw.gov.au/fire-information/fires-near-meUnd das ist nur unser Bundesstaat.

Aber ausser Gippsland sind wir am schlimmsten betroffen. Blue and white squares are not too bad. Yellow is the next level and red is an emergency (out of control). At one time we had 9 red and 13 yellow and about 150 blue and white. It will get worse again, so they say. And we are only in early summer. Ich kenne natuerlich The Guardian, Huffington Post etc. Ich lese hauptsaechlich Artikel von der ABC, oeffentlicher Broadcaster (den Sender den die Regierung mit strengen Sparmassnahmen versucht gehoerig zu machen) und Sydney Morning Herald, related to The Age (Melbourne). Also keine Murdoch Blaetter. Alles auf meinem iPad. – Kerry Behrendt

 

Wir sind entsetzt über das, was in diesem Artikel über die Mardoch-Presse-Mafia berichtet wird. Es ist Ihrem Haus hoch anzurechnen, dass Sie die Geschehnisse in der Welt lückenlos aufklären helfen, und die Wahrheit ans Licht bringen. Diese Wahrheiten erfährt man leider immer erst wenn alles zu spät ist. Das Zitat „Tötet nicht die Gans, die goldene Eier legt“ trifft wahrlich auf alle Menschen dieser Welt zu, die der Gier nach Macht und Reichtum verfallen sind. Wer kann sich noch davon frei sprechen? Lesen wir die Worte Gottes an Mose, die Gesetze zu halten, und sie beherzigen, so würde es nicht so weit gekommen sein. Lesen wir über die Liebe Gottes Jesus Christus als Neubeginn einer gerechten und auf Liebe beruhenden Welt neu zu begründen, und sie zu beherzigen, so würde es nicht so weit gekommen sein. Wir Menschen haben Universitäten und kluge Köpfe, doch was hilft`s? – Ingeborg Schultz

 

Wir haben sehr enge Freunde in Australien, die wir zum letzten Mal vor eineinhalb Jahren besucht haben. Dabei haben auch wir eines der vielen, regelmäßig auftretenden Buschfeuer hautnah miterlebt. Deshalb qualifiziere ich Ihren o. a. Artikel als ein emotionales Märchen. Tatsache ist: – auch in Australien entzünden sich Waldbrände nicht von alleine, zumal es dort sehr selten Gewitter gibt, – allein in New South Wales sind inzwischen 24 Erwachsene verhaftet worden, die verdächtigt werden, Feuer gelegt zu haben; dieselben Pyromanen, von denen auch wir in Deutschland viele haben, – darunter ist auch ein „entfernter“ Feuerwehrmann-Kollege (RFS) des Feuerwehr-Ehemannes Ihrer Protagonistin Lyndy Jewell, der RFS-Mann soll allein sieben Feuer gelegt haben, – weitere 54 Personen sind angeklagt, die Feuerverhütungsvorschriften nicht beachtet zu haben, – viele Kinder und Jugendliche, die ebenfalls Feuer gelegt haben, aber nicht verhaftet werden können, sind in den obigen Zahlen nicht enthalten, – ein Erwachsener wollte mit einem Gegenfeuer seine Marihuana-Ernte schützen; das Feuer geriet außer Kontrolle, – selbst die Australien Defence Force (ADF) gibt zu, bei einer Waldbrand-Löschübung versehentlich ein Feuer verursacht zu haben, – die ganz große Anzahl der Pyromanen wird in dem sehr dünn besiedelten Australien natürlich nie identifiziert werden. Alle diese Nachrichten werden in Australien fast täglich von seriösen Zeitungen, Fernseh- und Rundfunksendern gebracht. Warum gehört die ZEIT nicht dazu?? Sie wollen den Eindruck erwecken, als würde nur die „Murdoch-Presse“ solche Artikel zur bewußten Desinformation bringen. Ihr Artikel ist – gelinde ausgedrückt – sehr unseriös. Deutlich ausgedrückt: ein emotionales Märchen. – DR. MANFRED INKMANN

 

Zum Dossier aus der Zeit Nr. 4: das Studio 20th Century Fox ist seit ein paar Jahren im Besitz von Disney. Disney streicht gerade den Namensbezug zu Fox. – Frank Philipp

 

Das Australien Kohle exportiert, war mir schon vorher bekannt. Aber das die Industrie das Land so im Griff hat und die Australier so konservativ indoktriniert, dass war mir bisher nicht bekannt. War 2017 in Neuseeland und habe dort die Reste einer unbeschreiblichen Natur gesehen. Das auch dort der weiße Mann lange nur ausbeuterisch tätig, ist anschaulich im Te Papa Museum in Wellington dokumentiert. Es wird wohl höchste Zeit, dass auch Australien (nicht nur) umdenkt. – Klemens Wolters

 

Bei Ihrem Dossier fiel mir der alte Satz ein, dass wenn wir mit dem Finger auf andere zeigen, drei Finger auf uns selbst zeigen. Z.B. „4 Schlafzimmer, 2SUV, im Winter Heizung, im Sommer Klimaanlage“ – In Deutschland: Fuer eine Familie mit zwei Kinder vielleicht 3 Schlafzimmer + 1 Arbeitszimmer, 2 Autos wahrscheinlich, Heizung im Winter (auch schon lange vor dem ersten Nachtfrost) selbstverstaendlich, Klimaanlage wahrscheinlich auch, wenn wir wochenlang ueber 35C haetten. Bedeutung der Kohleindustrie, Wichtigkeit gut bezahlter Arbeitsplaetze: Wenn ich an den Umgang der deutschen Politik mit der Kohle- und Autoindustrie denke, faellt mir da kein grosser Unterschied auf. Wuerde ein Verlust von ca. 550000 Arbeitsplaetzen (167000/25.3*83) drohen, haette das sicher auch in Deutschland erhebliche Auswirkungen. „1.3% des Gesamtausstoss an CO2“ Das gleiche Argument (hat doch keinen Einfluss) hoert man in Deutschland auch oft genug. War die Aehnlichkeit Absicht oder hat sich das so ergeben? Sie erwaehnen auch, dass Australien neben den USA den hoechsten Pro-Kopf Ausstoss unter den Industrielaendern hat. Wissen Sie, ob sich das auf den Ausstoss nach der Territorialbilanz (Deutschland 8.68 Tonnen/Kopf, inkl. Metahn 9.35 Tonnen/Kopf) oder nach der Verbraucherbilanz (Deutschland 11.6 Tonnen/Kopf inkl. Methan) bezieht? – Sabine Moehler

 

Ernst brennt Australien fast gänzlich ab, dann kommt der große Regen und überflutet den Kontinent. Die „Australien Open (Tennis)“, die werden trotzdem ausgespielt. Die Tennisspieler werfen ihre Tennisbälle ins Spiel, und spielen einfach drauf los, wie immer; rauf und runter, und sogar runter und rauf. Wir lassen uns unsere gute Laune und das Tennisspielen nicht verbieten! – Riggi Schwarz

 

Diesen Beitrag kann ich nur teilen. Auch ich lebe in Australien, allerdings in Brisbane, Queensland, wo die Brände im Oktober begannen. Dieser Artikel zeigt auch das wahre Gesicht des Landes, das in den vielen Berichten über das schöne Land und seine freundlichen Bewohner etwas verzerrt ist. Es ist nicht nur die Abneigung gegen Klima besorgte und Umwelt bewusste Menschen, da ist ja auch der unterschwellige Fremdenhass, insbesondere gegen Flüchtlinge und Immigranten aus Ländern mit nicht-kaukasischer Bevölkerung. Ich selbst war als Bergbauexperte seit 1999, vor allem auch im Kohlebergbau in Australien tätig. Deshalb möchte ich feststellen, was die Autoren nicht wissen, dass der Bergbaugigant Rio Tinto nicht mehr im Kohlebergbau tätig ist und dass BHP, der weltgrößte Bergbaukonzern ebenfalls aus der Kraftwerkskohle aussteigen will. BHP hat durch die Brände in New South Wales etwa 10% seiner dortigen Produktion eingebüßt. – Dr.-Ing. Frank Leschhorn

 


 

 

Leserbriefe zu „Free day for future“ von Quentin Lichtblau

 

Einen besonderen Effekt haette – neben des Einstellens von Arbeit: Vermeidung menschlicher Atmung. Etwa 1/2 Tonne Co2 emittiert der Durchschnittsmensch jährlich. Der Zuwachs seit der Jahrhundertwende 1900 mit 2 auf 7 Mrd. Atmenden entspricht etwa dem Zuwachs an atmosphärischem CO2 im gleichen Zeitraum. Welche Ironie: Kriege, Katastrophen, Epidemien, Mord und Totschlag koennten die Menschheit retten…. Das darf jedoch nicht dem Zufall überlassen werden, denn alle Kriege und Mordregime des 20. Jahrhunderts konnten den Aufwuchs nicht bremsen. Daher die „Gruene Loesung“ : Minderung der Lebenserwartung mittels veganer Ernährung, umfassender Empfaengnisverhuetung, Mangelernaehrung durch Verbot industrieller Agrarproduktion, Foerderung des Kaeltetots durch Heizungsverbot, Verbot der Speisezubereitung mittels Strom (begünstigt Atemwegserkrankungen durch Holzverbrennung), Boykott der Pharmaindustrie, Verbote von Duengung und Schädlingsbekämpfung, Einführung des Kommunismus…… Reift da nicht die Erkenntnis, dass wir bisher keine brauchbaren Hinweise fuer die Wirksamkeit einer aktiven Klimabeeinflussung haben? Letzte Bemerkung: Menschliche Arbeit ist und bleibt die Basis allen Fortschritts, und ist nicht Arbeitskraeftenangel der limitierende Faktor fuer Investitionen jeder Art? Jetzt Arbeitszeitverkuerzungen zu fordern, erscheint mir mehr als unsinnig! – Wolfgang Eckardt

 

So sehr der Analyse („Bullshit-Jobs“ usw. zuzustimmen ist, so kleinmütig fällt doch Ihre Schlussfolgerung aus. Ein Plädoyer für die Viertagewoche? Sollte es uns als Gesellschaft nicht vielmehr darum gehen, unseren Bedarf gemeinschaftlich zu ermitteln und dann daraus abzuleiten, welche und wie viel Arbeit überhaupt notwendig und welche überflüssig oder gar schädlich ist, um dann diese notwendige Arbeit gerecht (und immer wieder neu, Woche für Woche) untereinander zu verteilen – dergestalt, dass manche vielleicht genauso viel arbeiten wie schon jetzt, andere vielleicht sogar mehr, viele andere dagegen weniger bzw. zeitweise oder überhaupt gar nicht (dank Grundsicherung oder bedingungslosem Grundeinkommen) und wir die Höhe der zu zahlenden Löhne (ebenso wie die der Preise von Waren und Dienstleistungen) ganz „marktwirtschaftlich“ dem Gesetz von Angebot und Nachfrage überlassen?

Dann würde Tätigkeiten, die anspruchsvoll und/oder unangenehm sind, besser bezahlt als Jobs, die viele gerne hätten und ausführen könnten, und ein Model würde z.B. sehr viel weniger verdienen als eine Pflegekraft. Und es gäbe keinerlei Anreize mehr für überflüssige und schädliche Tätigkeiten. Aber das wäre ja Planwirtschaft?! – Genau! Allerdings würde dieser Plan nicht (wie im real existiert habenden Sozialismus, der freilich auch noch nicht die heutigen Kommunikationsmittel zur Verfügung standen) von einer kleinen Clique Funktionäre auf Grundlage mangelhafter Daten und nach ideologischen und/oder persönlichen Vorgaben erstellt, sondern permanent von uns allen gemeinsam den aktuellen Gegebenheiten und Erfordernissen angepasst. Das mögen manche Sozialismus nennen – ich nenne es fortgeschrittene Demokratie. – Thomas Movtchaniouk

 

Das ist nicht der erste Artikel in der Zeit (und anderswo), in dem ein Autor glaubt, eine Maßnahme zum Klimaschutz gefunden zu haben, ohne dass Wohlstand und Lebensstil eingeschränkt werden müßten. Wir leben aber über unsere Verhältnisse. Im Modell von Herrn Lichtblau soll ja nicht weniger konsumiert und weniger produziert werden. Nein, wir leben so weiter wie bisher, nur mit mehr Freizeit und ein bißchen weniger Verkehr. Wenn der Klimaschutz in Deutschland oberte Priorität hätte und nicht die Wohlstandsmehrung einschließlich der Wachstumsdoktrin, dann würden wir eher über eine 3-Tage Woche reden. Und zwar ohne Lohnausausgleich. Das würde Konsum, Produktion, Verkehr und somit den CO2 Ausstoss wirklich reduzieren. – Adam Romoth

 

Wunderbar! Sie können von Ihrem 4-Tage-Job gut leben.Sie haben also Zeit, sich für die Gemeinschaft zu engagieren: ihre sieche Oma pflegen, Umweltsauen unterrichten, Ihre alleinerziehende Nachbarin unterstützen usw..Hoffentlich folgen viele Deutsche Ihrem guten Beispiel, sodass wir keine chinesischen Wanderarbeiterinnen ins Land holen müssen. – Maria Peters

 

Ach wie schön, dass sich künftig alle Generation an Montagen so herrlich, wie es neumodisch heißt, zum Chillen treffen können. Herr Lichtblau weiß sehr genau, dass die neue freie Zeit dann nicht etwa für den Kurzurlaub, womöglich sogar mit dem Flugzeug, genutzt, sondern nur der beschaulichen Muße gewidmet wird. Wie idyllisch: Keine Hektik, Erholung pur, das Auto bleibt in der Garage usw. Vergessen insbesondere all die Forderungen, dass beide Eltern arbeiten sollen, und dafür unbedingt Kindertagesstätten für alle zur Verfügung stehen sollen, weil für die Kinder keine Zeit bleibt. Die vielen Pfleger für die Alten und Kranken fallen dann vom Himmel, denn am verlängerten Wochenende wollen die arbeitenden Menschen schließlich genießen und sich von dem verdichteten Arbeitspensum ihrer 4 Tage Woche erholen. Erst recht verbleibt keine Zeit, sich um die Pflegebedürftigen der eigenen Familie zu kümmern. Ein Patentrezept, modernes Leben zu gestalten bietet der Inhalt des Artikels nicht. Zuerst sollte definiert werden, was geleistet werden muss, um natürliche Bedürfnisse der Menschen darzustellen. Dann darf gerne nachgedacht werden, wie viel Zeit ohne Pflichten organisiert werden kann. Dank moderner Wissenschaft, Technik und Organisation sollte doch noch genügend Spielraum entstehen. – Siegfried Veile

 

Das ist ja eine lustige Idee: weniger Arbeiten um die Umwelt zu schonen. Und das natürlich ohne Lohneinbußen. Der Autor scheint übersehen zu haben daß es nicht nur produzierendes Gewerbe gibt. Sollen die Verkäufer mehr in der gleichen Zeit verkaufen oder wie soll das gehen? Und die Pfleger brauchen einfach ein bisschen weniger Zeit pro Patient. Und der Höhepunkt: den dummen Selbständigen, die aus freien Stücken manchmal bis zu 7 Tage in der Woche arbeiten, denen bringen wird auch noch bei. Ich frage mich ob Herr Lichtblau auch nur den Hauch eine Ahnung davon hat wie es ist selbständig zu sein. Ob er eine Ahnung hat wie es ist immer zu wissen das wichtige Dinge noch nicht erledigt sind, die Zeit aber einfach nicht für alles reicht. Abgesehen davon würde ich bezweifeln, daß Menschen die drei Tage am Stück frei haben diese Tage nicht auch für einen Kurzurlaub oder zum Shoppen in London, Paris oder New York nutzen. – Andreas Dill

 

Vielen Dank für Ihren sowohl unterhaltsamen als auch voll zutreffenden Artikel. Er trifft den Nagel auf den Kopf: Allein eine allgemeine Reduktion der Arbeitszeit, sei es die geforderte Vier-Tage-Woche oder ein anderweitiges Teilzeitmodell, kann unsere ökologischen Probleme wirksam abmildern. Alles andere ist Augenwischerei! Diese These erhebe auch ich in meinem Buch „Teilzeitwelt“, das vor Kurzem im oekom Verlag erschienen ist (und das ich Ihnen zur Ansicht habe zukommen lassen.) Dass man darüberhinaus, wie im Artikel anschaulich beschrieben, massiv an Lebensqualität gewinnt, ist ein Bonus zur eigentlichen Absicht, die Ökosphäre zu entlasten. Beides Hand in Hand sollten wir zum Ziel eines dringend benötigten gesellschaftlichen Umbaus machen. – Michael Wenzel

 

Wirklich irritiert habe ich Ihren Artikel“Free day for future!?“ in der Ausgabe der ZEIT vom 16. Januar 2020 gelesen. Haben Sie vor der Verfassung dieses Artikels den aktuellen IST-Zustand in Deutschland recherchiert? Wer hat denn aktuell eine 5-Tage-Woche? Wer arbeitet, wenn andere frei haben? Als erste Frage schoss mir durch den Kopf: Schreiben Sie und ihre Kollegen von der Zeit dann auch nur an 4 Tagen pro Woche? Sicher nicht, denn es gibt ja bereits jetzt schon die Ausnahmen laut Arbeitszeitgesetz zur Sonn- und Feiertagsbeschäftigung. Sonderregelungen gelten unter anderem jetzt schon für: Not- und Rettungsdienste Polizei, Wachdienste, Gaststätten und andere Einrichtungen zur Bewirtung, Nachrichtenagenturen, Rundfunk und Presse, Verkehrsbetriebe, Landwirtschaftsbetriebe , Einrichtungen zu Behandlung und Pflege von Tieren Das betrifft immerhin etliche Millionen Arbeitnehmer in Deutschland. Und da geht es „nur“ um Sonntags- und Feiertagsarbeit.

Haben Sie recherchiert, welche Auswirkungen Ihre Forderungen auf die hiesigen Branchen hätten? Z.B. Polizei, Sicherheitswesen, Dienstleistungsbranche, Energiewirtschaft, Forschung, Erziehung und Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen, Handel, Hotel , Tourismus, Gastronomie, Kunst, Unterhaltung und Erholung, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Lebensmittelindustrie, Medizintechnik, Pharmabranche, Telekommunikationsbranche, Verkehrswesen, Logistikbranche, Wasser, Abwasser und Entsorgung Sollen die alle an einem Montag oder Freitag die Arbeit einstellen? Ich glaube nicht, dass Sie das erleben wollen, ich jedenfalls nicht. – Peter Zschorsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Wutbürokrat“ von Yassin Musharbash

 

Hans Georg Maaßen ist kein Wutbürokrat ! Er spricht lediglich unangenehme Sachverhalte an und unterwirft sich nicht dem politischen Zeitgeist ! Es gab weder Hetzjagden in Chemnitz noch „Jagdszenen“. Wenn dies, wie im Artikel behauptet, außer Frage steht, wäre ich für Belege äußerst dankbar ! Die Bundesregierung hat mittlerweile selbst eingeräumt, keine eigenen Informationen zu irgendwelchen Jagden zu haben, sondern aufgrund eines Antifa (!)- Videos eindeutige Fake-News verbreitet, die in den folgenden Tagen die Presse weltweit aufgegriffen hatte. Wenn eine linksextreme Organisation wie die Antifa es vermag der Bundesregierung Video-Material zuzuspielen, welches begierig genutzt wird um von sog. Hetzjagden in Chemnitz die Weltöffentlichkeit zu „informieren“ und sich dies alles im Nachhinein als Fake-News herausstellt, dann muss man auch nach Verbindungen von linksradikalen Kräften und der SPD fragen dürfen. – Matthias Bolduan

 

Ich bin ganz anderer Meinung, bei Herrn MAAßEN ist gar keine Wut, sondern viel Beherrschung. Das zeigte die Sendung „LANZ“ vor 2 Wochen, wo der Südtiroler kaum einen Stich sah. Trotz enormen persönlichen Aufwand. Er war es seinem Arbeitgeber schuldig! Wo die Studio – Klatschhasen merklich immer stiller wurden. Sie merkten sukzessive , dass sie hier missbraucht wurden – und die Dinge so noch nicht gesehen hatten. Im Gegenteil, nun klar sahen. Der MAAßEN hat Angst um sein Land, als Patriot. Ja, die gibt es in Massen. Das Dumme der Medien ist, dass sie ihre Glaubwürdigkeitverspielt haben und das Ansehen der ÖFFIEs gegen Null geht. Ich mache mir bei IHNEN wenigstens noch die Mühe der Entgegnung. Es ist klar, dass SIE von einfachen Leuten nur einfache Antworten kriegen. Das ist aber nicht der Schnitt. Der Osten ist PISA-stark. Die Masse der Befragten „besch—t“ bei allen Umfragen, dies inzwischen mit grinsendem Gesicht: Was wollt ihr Lügner? Wie in der kaputten DDR. Wer es kennt, erinnert sich sofort. Die Tragik der Meinungsforschung ist enorm gewachsen.

Zudem, bei MAAßEN kommt die katastrofale MERKEL-Politik ins Spiel, die eher Berge von Problemen schafft, statt Sie zu lösen. Fast alle Politikfelder sind unbestellt und die Kader um die Kanzlerin nicht hoch qualifiziert. Sie katzbuckeln. Besonders bedrückt mich die unwiderruflich gescheiterte Bildungspolitik, die einen zwiegespaltenen Kinder-Kreis geschaffen hat. Kinder, die kaum schreiben, lesen und rechnen können. Und andere, deren Eltern sie fördern müssen und können. Das ist krass unterschiedlich zu den alle internationale Maßstäbe setzenden Asiaten (Zahl der Mathe-Talente). MAAßEN machte dem LANZ im TV und den Anwesenden die Begriffe „Flüchtlinge“ klar, Seenot und Shuttle im Mittelmeer sowie deren Mißbrauch. Damit übernahm M. die Begriffs-Hoheit – und LANZ war erledigt. Wut sah man bei LANZ, dessen hektische Tiraden immer befremdlicher, auch feiger wurden. Ein Glaubwürdigkeitsverlust im Schnelldurchgang. Siehe dazu YOUTUBE oder die Mediathek.

Chemnitz ist das Grab der ÖFFIEs . Die dortige StA hat die Haftbefehle durchgestochen, im Netz war alles sichtbar. Die Leute sind erst nach der Verleumdung in den Nachrichten richtig „losgegangen“. Analog zu 1989, wo ein Fünkchen, eine kleine Lüge oder Provokation, genügte, um die Funktionäre zu ängstigen. Trotzdem hat es damals wie heute keine Jagden gegeben. Die roten Leipziger Connewitz-Faschisten sind nach Chemnitz gebracht worden, erst lange nach der Bluttat wurde es heikel. Das Filmchen der lnken Radikalen ist lächerlich und alle Ossies empfanden das als Betrug. Alle Instanzen, bis zum MP Kretschmer, haben dem Film-Inhalt widersprochen. Thats it! MAAßEN setzte die Maßstäbe der Objektivität. Und das blieb so. Deswegen wurde er erst vom MDI befördert und dann weggedrückt.

Roger KÖPPEL von der Schweizer WeWo war noch am Folgemontag in Chemnitz. Ihn haben die Befragten nicht belogen, sein Beitrag ist auf YOUTUBE. Das ist das Problem der ÖFFIEs, die anderen Quellen: Ganz ohne Belehrung und Hass, aber glaubwürdig. Es wäre noch viel mehr an Details zu sagen, jedoch was soll das? Die ewige Lügerei führt zum Zusammenbruch des gewucherten Nachrichenwesens, das steht fest. Und die Leute werden wie 1989 Abrechnung halten wollen, die OSSIEs ganz bestimmt. Wie auch die PERSER die Mächtigen vertreiben wollen, Selbst die 250.000 PASHDARAN sind in der Quote zu 80 Millionen viel zu wenige. – Hans J. ZERCHE, Dipl.-Bauing. i.R.

 

Aus dem Artikel „Der Wutbürokrat“ von Yassin Musharbash könnte man ein verallgemeinertes Fallbeispiel für den Staatskundeunterricht zum Berufsbeamtentum ableiten – unter dem Thema „Drum prüfe, wer sich ewig bindet oder alles was recht ist“: Es war einmal ein Beamter, der war von Ehrgeiz und eigenen Überzeugungen angetrieben. Da in seinem Auftreten gleichwohl die Anmutung des Dienens vorherrschte, ließen die Vorgesetzten ihn gewähren und er schaffte mit großer Hingabe dienliche Regelungen. Der Ehrgeiz trug Früchte und die Vorgesetzten beförderten ihn auf eine Stelle mit hoher Verantwortung. In der Zeit großer Bewegungen in der Gesellschaft, als es sehr auf die Verantwortung ankam, übte der Beamte das mit dem Amt verbundene Ermessen voller Hingabe im Sinne eigener Überzeugungen aus. Und die Anmutung des Dienens verblasste. Der Beamte wurde im Amt untragbar. Learning: Beamte sollten dem Staat (und somit dem Volke) dienen – mit Hingabe. Dienen und Hingabe: zwei Aspekte, die auf jeder Beamtenstelle zusammen immer lebendig sein sollten. Wenn die Hingabe fehlt, kommt nur Bürokratie raus. Wenn eigene Überzeugungen dominieren, kommt nichts Dienliches raus. – Reinhard Koine

 

Es sind die schlechtesten Früchte nicht, an denen die Wespen nagen, so sagt ein deutsches Sprichwort. Sie nennen Ihre Brot-Arbeit „Ein Porträt“, mit dem Titel sowie allen Zwischentiteln und mit dem inhaltlichen Tenor denunzieren Sie jedoch als befangen bis überfordert. Die ZEIT und ihre Leser haben den Anspruch an Dialekt des Denkens und Schreibens. Bitte verstehen Sie mich so, wie ich es meine: Herr Maaßen ist an Frau Merkels an Naivität nicht zu überbietender Bevölkerungspolitik gescheitert. Ohne den Merkelschen Starrsinn wäre m. E. AfD längst vertrocknet. In der Folge dessen sollten wir uns hüten, Ursache und Wirkung zu verwechseln. Ich sehe im Merkelschen Starrsinn die Ursache für das Erstarken des Rechtsrasikalismus und den zunehmenden Linksradikalismus als eine Re-Aktion darauf, ähnlich den Weimarer Verhältnissen und Perspektiven. – Dr. Gernot Henseler

 

Wie eitel Hans-Georg Maaßen ist, kann ich nicht beurteilen, Ihre Form des Schreibens über ihn empfinde ich jedoch auch als teilweise eitel und arrogant. Ich tue mich schwer mit der Vermischung von Information und Deutung. Ob Maaßen wirklich nur ein konservativer Ministrant war oder sich auch sozial in der Kirche eingebracht hat? Ob er Japan nur wegen der teilweise archaischer Rituale und restriktiven Einwanderungspolitik schätzt? Dass das Grundgesetz noch nicht durch eine Verfassung ersetzt werden konnte, ist zu bedauern und dass das Asylgesetz Fehler hat, merken Rechte und Linke an. Im „Fall Chemnitz“ habe ich auch ausländische Presse gelesen: Maaßen hatte nachgefragt, bevor er an die Öffentlichkeit ging, wie die Bundeskanzlerin und ihr Pressesprecher zu der Information über Hetzjagden von Rechtsextremisten kam, ohne eine Antwort zu erhalten. Außer das von einer Antifa-Gruppe verbreitete Video, gab es meines Wissens kein oder wenig belastbares Material. (Wenn Sie solchen kennen, benennen Sie es!)

Statt dessen eine große mediale Kampagne gegen die „vielen Rechtsextremisten“ im Land. Es gab Demos und ein Konzert gegen Rassismus, zu dem sogar der Bundespräsident aufrief, mit sexistischen und zur Gewalt aufrufenden Texten. Interessant fände ich, wer außer Ihnen den früheren Chef der Bundespolizei, den Präsidenten des Bundesnachrichtendienst und Hans-Georg Maaßen als „Rat Pack“ bezeichnete und bezeichnet? Warum wurden diese konservativen Beamten nicht anders eingebunden beim Thema Zuwanderung, vielleicht hätten viele Fehler und Rechtsbrüche verhindert werden können. Zur Demokratie gehört es, dass es unterschiedliche Meinungen und Haltungen gibt. Indem die Politik eine Seite ausgrenzt, verschafft sie der AfD Zulauf und verhindert offene und ehrliche Gespräche und Lösungen. Das Asylrecht ist schon lange an seine Grenzen gekommen, wenn es jahrelang dauert, bis Entscheidungen gefällt werden, vieles nur schwer nachprüfbar ist, wenn die Bewerber – häufig auf Anraten oder mit Unterstützung – ihrer Schleuser ihre Ausweise „verloren“ haben.

Der Anstieg der Kriminalität hat stattgefunden, die Kosten sind explodiert (50 Milliarden Euro pro Jahr?), der Bildungsstandard der Zugewanderte ist mehrheitlich niedrig, ebenso wie die Beteiligung am Arbeitsmarkt (ifo-Institut). Ich persönlich habe mich etwa 2,5 Jahre stark in der Flüchtlingshilfe engagiert und neben guten Erfahrungen (Dankbarkeit, Engagement, Kontakt) viel Unzuverlässigkeit und Lügen, Respektlosigkeit, Undankbarkeit, wenig Eigenverantwortung, Diebstahl, Drogenhandel und Gewalt erlebt und erfahren im Ehrenamt und im Bereich Schule. Am schlimmsten fand ich aber die Tabuisierung all dessen im Flüchtlingskreis und im persönlichen Gespräch („Das darf man doch nicht sagen, sonst ist man Rassist“, höre ich auch von Akademikern). Vielleicht ist es ja gut, dass Maaßen die Erwartungen seiner Zuhörer nicht erfüllt, dass er ein konservativer Bürokrat (?) bleibt. Vielleicht gelingt es ja in Zukunft der Politik und der Presse sachlich über Zuwanderung, Integration und Werte zu sprachen, ohne Angst vor Rassismus-Vorwürfen. – I. Baumeister

 

In einer Reihe von Veröffentlichungen zum Thema Maassen – Hetzjagd in Chemnitz vermisse ich einen Hinweis auf die damalige Feststellung des Ministerpräsidenten, es habe keine Hetzjagd gegeben. Wenn das stimmt, daß ein CDU-Ministerpräsident das damals gesagt hat, ändert das nicht nur die Beurteilung des Falles und die Verurteilung Maassens, sondern es wirft auch ein schlechtes Licht auf die Objektivität der Presse. Hat er das gesagt? Wenn ja, warum verschweigt es dann sogar die Zeit? – Heinz-Dieter Busch

 

Vielen Dank dem Autor für das Porträt von H.-G. Maaßen. Hoffentlich geht Herr Maaßen in die Politik und wird Innenminister. Meine Stimme bekommt er. – Eva Knor

 


 

 

Leserbriefe zu „Bitte mal kämpfen“ von Mariam Lau

 

1.  Mensch vergleiche das Ahlener Programm der CDU mit dem derzeitigen der Linken. Das ist heute anders bei der CDU und deshalb sollte sich mensch 2. nicht täuschen lassen vom Wertediskurs und dergleichen, denn die CDU ist real-konservativ und das heist: Die reale Macht ( im Kapitalismus ist das bekanntlich das Kapital) soll da bleiben und sich wenn es geht vermehren wo sie schon ist. Hier ist die CDU durchaus sehr erfolgreich auch ohne ein entsprechendes Programm aufzuschreiben, weil dieses Programm fast von alleine läuft und läuft und läuft – die Marktwirtschaft – übrigens International, mit braunem Nationalgedöns hat das nichts zu tun. – Dieter Herrmann

 

Zeit Nr. 4 Seite 1, „Bitte mal kämpfen“, 2. Spalte oben: Zitat: „ Sicher, es gibt keinen Weg mehr zurück in die Zeit, woman….“ Nein! Neinneinnein! Bitte nicht in der ZEIT. – Johannes Henrich

 

Bitte mal differenzieren! Was will uns Frau Lau mit Ihrem Beitrag „Bitte mal kämpfen“ (ZEIT vom 16.01.2020) sagen? Da geht es zum einen gegen Kanzlerin Merkel. Ihr hält die Autorin vor, dass sie aufgrund ihrer „DDR-Vergangenheit“ nicht in der Lage sei, die Grenzen unseres Landes zu schützen. Im nächsten Satz folgt der Vorwurf, dass sie einer Koalition ihrer Partei mit Bodo Ramelow in Thüringen nicht Einhalt gebietet, wo dieser sich doch weigere, die DDR als „Unrechtsregime“ zu bezeichnen. Müssen wir daraus schließen, dass eine DDR-Vergangenheit zu staatspolitischer Labilität und Unzuverlässigkeit führt?

Neben Frau Merkel zählt auch der thüringische CDU-Vorsitzende Mike Mohring zu den politisch Labilen („wäre zu allem bereit gewesen“), weil er die Beteiligung an einer Regierung mit der Linkspartei in Betracht gezogen hat. Ja, selbst Frau Kramp-Karrenbauer (obwohl als Wessi unverdächtig) würde sich den Linken womöglich gar nicht aus innerer Überzeugung verschließen, vielmehr nur aus dem opportunistischen Motiv, dass sie bei einer Zusammenarbeit mit den Linken den Dammbruch nach rechts befürchten müsste. Die CDU, sie bietet ein Bild innerer Zersetzung und „strategischer Nacktheit“, ein Erbe der Ära Merkel, so das Verdikt von Frau Lau.

Die „letzte rote Linie der CDU“, der Unvereinbarkeitsbeschluss in „Richtung Linke und AfD“, wird sie halten? Das ist nach Frau Laus Überzeugung die entscheidende Frage. Denn für sie ist ganz klar, dass Linke und AfD gleichzusetzen sind. Das ist ihre subtile Botschaft aus einer Vorstellungswelt, in der eine politisch labile Kanzlerin die Grenzen unseres Landes preisgibt, einen „Sozialismus für Banken“ installiert und „Russen und Chinesen“ in die Lebensadern der deutschen Wirtschaft eindringen lässt. Man muss wohl nicht lange fragen, an welchen Stammtischen solche Vorstellungen und Parolen gängig sind. Die Werteunion und Herr Maaßen, dem die ZEIT merkwürdigerweise einen ganzseitigen Artikel in derselben Ausgabe widmet, werden Frau Lau applaudieren. Ihr vermeintlich intaktes CDU-Weltbild ist in Wahrheit eine konservative Echoblase! So dogmatisch wie in Frau Laus Phantasien war die CDU nie. Und will sie als große und wirkmächtige Volkspartei überleben, kann man ihr nur wünschen, dass sie es auch nie sein wird. – Klaus Schindlbeck

 

Die prinzipielle Gleichsetzung der Parteien Die Linke und AfD (geschweige denn die der Politiker Bodo Ramelow und Björn Höcke) ist mehr denn je unredlich und spielt, zumal perspektivisch, vor allem den Rechtspopulisten in die ohnehin gezinkten Karten. So geschehen mittels Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU, die sich nicht zuletzt aus Angst vor ihrem eigenen rechten Rand sukzessive aus der politische Mitte zurückziehen wird. Die Thüringer CDU-Spitze hat zudem durch ihr taktloses Lavieren die dortige Wahl inzwischen mehr als nur einmal verloren; vermutlich inklusive der Option, zukünftig eine Landesregierung jenseits der zur Zeit noch tabuisierten, aber selbstredend zwecks bürgerlicher Großkoalition bereits in Lauerstellung verharrenden AfD bilden zu können. Oder, anders betrachtet: Je mehr demokratischen Anstand die CDU fortan offenbaren will – in Bund und Ländern -, desto mehr wird sie um sachliche Inhalte und Mehrheiten ringen müssen. – Ira Bartsch

 

Bei meinem monatlichen Kauf „der Zeit“ hat mich diesmal der Artikel von der geschätzten Frau Mirian Lau auf der Titelseite doch etwas irritiert, und zwar aus folgendem Grund: Hierin wird das hierzulande herrschende Denkverbot mit der AFD zu koalieren einfach übernommen und als Dammbruch bezeichnet. Geschieht tausendfach in den Medien und ich halte dies für falsch. Die Partei Die LINKE hatte und hat auch immer wieder Leute in ihren Reihen, die für die Partei als schädlich galten, trotzdem wird nun allerorts mit ihr verhandelt und koaliert. In meinem Umfeld, aus kirchlichen Kreisen, weitgehend Leute mit höherem Bildungsgrad sowie wohlhabenden bis reichen Menschen mit Haus- und Grundbesitz, wird der Umgang mit Leuten der AFD, oder auch nur ein Symphatieeingeständnis für manche ihrer Themen, als schweres Vergehen bezeichnet. Nun habe ich außerhalb dieses Kreises auch Menschen, die ich schätze und mag, die AFD-Wähler, oder zumindest Symphatisanten sind und die ich für nicht weniger anständig oder unanständig halte, wie die anderen.

Deshalb mag ich diese dauernden Denkverbot nicht, oder noch weniger, was der derzeitige Mann an der Spitze im Staat Bayern ausgibt -„mit einem AFDler dürfe ein anständiger Mensch nicht mal einen Tee trinken“. Wir sollen und müssen andere Denkweisen zulassen, auch wenn sie uns nicht passen. Ein Dammbruch sind sie deshalb auch noch lange nicht. Wenn wir demnächst eine Regierung haben werden mit starken GRÜNEN, die dann mit schwarz oder rot-rot regieren wollen, müssen wir ganz vorsichtig sein. Denn das derzeitige Ergrünen im Land kann ganz schnell vorbei sein. Dies geschieht dann, wenn die momentan favorisierte Partei die Klimaziele nicht einhält, oder einen wirklich radikal notwendigen Schwenk in der Umweltpolitik nicht hinbringt, und zudem, wenn die Politik der „offenen Grenzen“ oder des „jeder ist willkommen, der es nach Deutschland schafft“ die Stimmung im Land radikal ändert und einen Tsunami auslöst. – Claudia Lutter-Kurka

 

Es ist schon erstaunlich, daß sich die ZEIT-Autorin Mariam Lau Sorgen um die Zukunft der Thüringer CDU macht und sie zum Kampf auffordert. Oder soll der Artikel in Nr. 4/2020 nur eine Dokumentation des Ist-Standes sein? Nicht einmal 2/3 der Wahlberechtigten haben sich 2019 an der Wahl beteiligt und davon wiederum stimmte kein Viertel für die CDU, ein deutlicher Verlust gegenüber 2014. Welche Motive letztlich hinter den Entscheidungen der Wähler für Links, Mitte (CDU) oder Rechts steckten ist leider nicht feststellbar. Es gehe der CDU nun um Strategien der Rückgewinnung früherer Machtposition. Warum eigentlich Machtposition? Die CDU sollte besser einmal parteineutral sämtliche Probleme, die in den kommenden 4 Jahren von der Thüringer Regierung unbedingt zu lösen sind, eines nach dem anderen klipp und klar auflisten und an deren Lösung konstruktiv mitwirken. Am Erfüllungsstand dieser Liste könnte das Wahlvolk dann auch die Leistung der CDU objektiv messen und ein entsprechend gerechtes neues Wahlurteil fällen. Oder sind die zu lösenden Probleme garnicht so bedeutend, und geht es immer nur um die Macht, sprich Postenjägerei? – Hans Anhoeck

 


 

 

Leserbriefe zu „Aus der Traum“ von Elisabeth Raether

 

Frau Raether tut den Frauen mit diesem Artikel keinen Gefallen. Es ist seltsam enttäuschend einen derartig einseitigen und kontextfreien Artikel auf der Titelseite der „DIE ZEIT“ zu lesen. Noch enttäuschender, wenn so ein Artikel von einer Frau geschrieben wird. Ist dies nicht auch ein Grund warum es mit der Frauenbewegung nicht richtig vorwärts geht? Weil selbst bestimmte Frauen untereinander damit beschäftigt sind die Entscheidungen der jeweilig anderen anzugreifen und zu verurteilen.

Warum wird Prinz Harry nicht erwähnt? Zu Beginn will sich die Autorin explizit von der Yellow Press distanzieren, und merkt scheinbar nicht, dass sie etwas ganz ähnlich macht: Herzogin Meghan als diejenige darzustellen die alleine die Entscheidungen trifft. Ist nicht davon auszugehen, dass die beiden gemeinsam entschieden haben? Geht man wirklich davon aus, dass er, besonders mit Bezug auf die Historie seiner Mutter, nicht beteiligt war? Warum wird Sohn Archie, dem gegenüber beide als Eltern eine Verantwortung haben, nicht erwähnt? Er wird schon als Baby Zielscheibe rassistischer Anfeindungen und soll nun in einer Welt großwerden in dem ihn beigebracht wird, dass es in Ordnung ist, wie seine Mutter behandelt wird? Warum wird suggeriert, dass Herzogin Meghan, dafür, dass sie sich für gute Zwecke einsetzten kann, eine bestimme Behandlung akzeptieren soll?

Ist es nicht genau dass, was uns Frauen oft zurückhält? Dass man als Frau denkt, bestimmte Dinge müssen „ausgehalten“ werden, weil dies durch die Gesellschaft suggeriert wird? Wieso ist es für eine Frau immer noch nicht in Ordnung einfach „nein“ zusagen, seine Unzufriedenheit durch ein einfaches „nein“ auszudrücken und dabei eine ganz klare Grenze zu ziehen? Ist es nicht viel mutiger „nein“ zu sagen? Setzt man damit nicht ein viel stärkeres, positiveres Beispiel? Ein Wort das einem Mann meist zugestanden wird, und für das er sich selten rechtfertigen muss. Genau wie hier im Artikel, nur das Handeln von Herzogin Meghan wird hier diskutiert und als falsch eingestuft, nicht das von Prinz Harry. Ähnlich zur englischen Yellow Press in der die Artikel so geschrieben werden, als stehe er nur unter dem negativen Einfluss seiner Frau.

In fetten Lettern heißt es „wichtiger ist als sie selbst“, stellt sie dadurch als selbstsüchtige Frau dar und lässt unerwähnt, dass das Paar sich auch weiterhin für bestimmte Themen einsetzen will. Stattdessen endet der Artikel damit, dass die beiden nun als typische Promis leben werden? Was heißt das eigentlich? Ohne den Begriff zu definieren wird hier eine gewisse Oberflächlichkeit unterstellt. Keine Erwähnung dazu, dass die Herzogin während ihrer Zeit als Schauspielerin wohl eher ein untypischer Promi war, fern von L.A. oder New York in Toronto gelebt hat, nicht in Klatschblättern zu finden war und sich für humanitäre Zwecke eingesetzt hat. Ganz zum Schluss wird ihr noch indirekt angekreidet, dass sie einen Tierfilm synchronisieren wird (übrigens auch für den guten Zweck). Was genau ist das Problem der Autorin damit? – Almuth Fischer

 

Ich glaub, mich laust der Affe. Gibt es vor dem englischen Königshaus eigentlich gar kein Entrinnen? Warum drängen die sich jetzt schon auf die Titelseite der Zeit? Genügt es nicht, dass die uns aus den Tageszeitungen angrinsen und die Nachrichtensendungen von Rundfunk und Fernsehen dominieren? Wer sich für diese Geschichten interessiert, der sollte das Goldene Blatt lesen, das reicht. Auch der Versuch, die Vorgänge mit der modernen Frau in Verbindung zu bringen, scheitert. Orientieren sich moderne Frauen am englischen Königshaus? Oder haben wir den Verlust unserer Monarchie nach über 100 Jahren immer noch nicht verkraftet? – Martin Loser

 

Eigentlich bin ich nur Fassungslos. Fassungslos über die Berichte in Presse, Funk und Fernsehen zu den Vorgängen im englischen Königshaus. Auch die Zeit ist sich nicht zu schade zu diesem vollkommen unwichtigen Ereignis über einen Nachfahren einer durch Raub, Plünderung und Mord zu Reichtum gelangten Familie zu berichten. Und das auch noch auf Seite eins. Für derartige Nachrichten gibt es genügend „Gelbe Blätter“. Die Engländer mögen dieser Tradition anhängen, und rein menschlich hat Elisabeth II auch meinen Respekt wegen ihrer vorbildlichen Pflichterfüllung, aber damit ist es dann aber auch gut gewesen. – Willy Klein

 

Ich verstehe Ihre Argumentation in diesem Artikel nicht. Was hat das Problem dieser 2 Menschen mit dem pseudofeministischem Anspruch zu tun, die Welt etwas besser zu machen, z.B. durch ein wirkungsmächtiges Bild. Dieser Anspruch kann doch genauso gut an einen berühmten Mann gestellt werden. Und wollten Sie für so eine Rolle (egal ob Mann oder Frau) für den Rest Ihres Lebens nicht mehr Ihr hochgesichertes Grundstück verlassen können, ohne das wirklich jede kleinste Regung durch die europaweite Boulevardepresse geht? P.S.l vllt. auch lesenswert: https://www.n-tv.de/leute/Und-wieder-ist-eine-Frau-an-allem-schuld-article21506416.htmlInken Hansen

 

Aus der Traum, jedenfalls für die ambitionierten vielfälltigen sozialen Vorhaben der beiden jungen nunmehr „Ex“-Royals. So sorry. Das hatten sich die beiden in ihrer exponierten Position anfangs deutlich optimistisch anders vorgestellt – wobei dabei weniger die royalen Vorgaben das Hinderniss darstellten, als vielmehr die worldwilde-wirkende respektlose mediale Resonanz.Es wäre an der Zeit, sich als Vertreter der Presse von dieser Form der ungehemmten Diskreditierungen zu distanzieren. – C.Stellmacher

 

Alle Welt spricht über Harry und Meghan. Weil alle Welt aus den Medien ja auch ganz genau weiß, wie es sich bei den Royals so liebt, leibt und lebt, insbesondere, was da wirklich abgeht im wahren Leben derer von Sussex. Oder haben wir doch eine Ahnung, dass es einen gewaltigen Unterschied macht zwischen vermeintlich und tatsächlich perfekt präsent sein zu müssen. Dass es, privilegiert hin oder her, mitnichten nur Selbstmitleid ist, sich einer permanenten, mitunter penetranten Verfolgung durch die Presse und nicht zuletzt rassistischen Diskriminierungen bestmöglich entziehen zu wollen. Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, auf sein/ihr Leben. Mit all den sich daraus ergebenden Konsequenzen und Konditionen. Und das gilt selbstverständlich auch für Harry und seine Familie. – Ira Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Okullar yakında açılıyor!*“ von Arnfrid Schenk

 

In den frühen siebziger Jahren war ich Schüler des Alman Lisesi in Istanbul. Die Schule wurde 1868 für die deutschsprachige Bevölkerung der Metropole gegründet. Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurden auch türkische Schüler aufgenommen. Unsere Klasse bestand 1970-1972 überwiegend aus türkischen Schülern, deren Eltern das deutsche Schulsystem schätzten und die für ihre Kinder einen deutschen Schulabschluss wollten. Die deutschen Schüler waren Kinder von Diplomaten, deutschen Lehrern oder Geschäftsleuten, die zeitweise in Istanbul zu tun hatten. Das Alman Lisesi nahe dem Galata-Turm galt als das beste Gymnasium in der Stadt. Die Klasssen waren geschlechtermäßig gemischt und international besetzt. Ich hatte niederländische, belgische, österreichische… Klassenkameraden und einen aus dem kommunistischen Rumänien. Den Unterricht in den naturwissenschaftlichen Fächern, Mathematik, Deutsch, Englisch, Französisch, Sport und Kunst hatten wir gemeinsam auf Deutsch. Getrennt unterrichteten uns die deutschen und türkischen Lehrer in Geographie, Geschichte, Religion und Literatur. Diese Fächer wurden den türkischen Schülern auf Türkisch und uns übrigen auf Deutsch gegeben. Die türkischen Mitschüler besuchten außerdem einen Militärkunde-Unterricht.

Dem deutschen Direktor des Alman Lisesi war ein türkischer Schulleiter beigeordnet. Das ist wohl bis heute so. Dieser wacht über eine engagierte Vermittlung der dem türkischen Staat wichtigen Unterrichtsinhalte an die türkischen Schüler. Außerdem hört er beim Hissen der türkischen Flagge montagmorgens hin, ob die türkischen Schülerinnen und Schüler vernehmbar die Nationalhymne mitsingen.“Gleiches Recht für alle!“, fordert jetzt Erdoghan bezüglich der Schulen in Deutschland. Also denn, wer in Köln, Hamburg oder Berlin seine Kinder auf eine türkische Oberschule schicken will, weil er für seine Kinder den Anschluss an das türkische Bildungssystem erhalten will, soll in Abstimmung mit den deutschen Behörden türkische Ersatzschulen gründen. Aber ich bin unbedingt dafür – „Gleiches Recht für alle!“ – dass die Schüler mit deutscher Staatsbürgerschaft die in den Schulgesetzen der Bundesländer vorgeschriebenen Lehrinhalte, insbesondere Geschichte nach international anerkannten wissenschaftlichen Methoden, Staatsbürgerkunde nach deutschen Werten und einen intensiven Deutschunterricht erhalten.

Wenn Erdoghan die deutsche Politik erpresst mit der Drohung, deutsche Schulen in der Türkei zu schließen, sollten unsere Politiker ihn fragen, wie es ihm gefiele, wenn in türkischen Schulen in Deutschland ein Fahnenappell eingeführt würde und wenn die Schüler mit deutscher Staatsangehörigkeit vor Schulbeginn die Nationalhymne mitsingen müssten – die deutsche natürlich und kontrolliert vom deutschen Ko-Schulleiter. In der Türkei drücken die Behörden ihre religiösen Auffassungen auch im säkularen Raum der deutschen Schulen durch. Türkische und deutsche Elternvertreter des Alman Lisesi Istanbul berichteten vor einiger Zeit frustriert, dass beim beliebten traditionellen Weihnachtsbazar in der Schule kein Glühwein mehr ausgeschenkt werden darf, weil eine türkische Behörde das verboten habe. „Gleiches Recht für alle!“: Stellen wir uns vor, die Schulämter in Berlin, Hamburg und Köln würden darauf achten, dass bei Veranstaltungen der zu eröffnenden türkischen Schulen zum Beispiel am Tag der Republik Raki und Bier ausgeschenkt werden dürften – aus Respekt für die Kultur des Gastlandes. – Norbert Höfer

 

Eigentlich eine Schande nach so vielen Jahren mit Türken in unserem Land, dass man den türkischen Titel des interessanten Berichtes nur mit Hilfe des Internets verstehen kann! Türkische Schulen in Deutschland sollten eine Selbstverständlichkeit sein, nicht nur weil wir entsprechende Einrichtungen in vielen Ländern unterhalten, sondern weil gerade solche Schulen eine tief schürfende Integration erst ermöglichen. Allerdings sollten diese Schulen einige Bedingungen erfüllen. (Ich greife zurück auf meine Erfahrungen als Leiter zweier deutscher Auslandschulen.) 1. Die Schulen müssen bikulturell sein, d. h. die türkische und die deutsche Sprache und Kultur vermitteln. 2. Neben der deutschen Sprache müssen auch deutsche Geschichte und Politik auf dem Lehrplan stehen. 3. Die Unterrichtssprachen sind Türkisch und Deutsch 4. Wenn Religion überhaupt unterrichtet wird, sollte das Fach „Die großen Weltreligionen“ zum Gegenstand haben.

5. Es sind deutsche und türkische Beschlüsse erreichbar. 6. Die Schule steht allen Kindern offen, die Deutsch und Türkisch bereits beherrschen oder eine der beiden Sprachen „nachlernen“ wollen. 7. Der Unterricht wird von türkischen und deutschen Lehrern/ Lehrerinnen erteilt. Zweisprachige Pädagogen sind zu bevorzugen. 8. Die Schule sollte eine Ganztagsschule sein und möglichst Kindergarten, Grundschule und die beiden Sekundarstufen umfassen. (Nur in dieser Form haben Kinder die Zeit, die fehlende Sprache zu erlernen.) 9. Träger der Schule sollte ein Verein deutschen Rechts sein. 10. Die Finanzierung ist Sache der Türkei und des betroffenen Bundeslandes. 11. Die Aufsicht liegt bei deutschen und türkischen Behörden (Prüfungen!) 12. Wegen der hohen Anforderungen besonders im sprachlichen Bereich können Eingangstests notwendig sein. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit! – Johannes Kettlack

 

Die Ansicht von Frau Eisenmann „Wir müssen sehr genau hinschauen…“ bringt das deutsche Problem auf den Punkt, es wird nur geschaut geschaut und noch mal geschaut. Und zwar zu Beginn des Problems, dann beim Aufkeimen und selbst wenn alles außer Kontrolle ist. Da würde man sich mehr Entschlossenheit wünschen. Was diese Schulen bringen, ist offensichtlich. – Steffen Kaufmann

 

Ich möchte Sie gerne auf eine sprachliche Ungenauigkeit in Ihrem o. g. Artikel hinweisen: Sie schreiben „In Deutschland leben 2,8 Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln. Da mögen drei Schulen die Integration nicht fördern, aber verhindern werden sie sie auch nicht.“ Damit erwecken Sie den Eindruck, als seien alle 2,8 Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln nicht integriert und benötigten eine Art Förderung ihrer Integration. Dass das nicht der Realität entspricht, brauche ich hier hoffentlich nicht weiter ausführen. – Dr. Lea T. Tezcan-Götz

 

Klar wir könne eigene Schulen für jedes Volk, das jetzt hier wohnt einrichten – aber das löst nicht das Problem, sondern verstärkt es. Wieso können denn hier geborene und aufgewachsene Türken kein oder nur wenig Deutsch und sehen die Türkei und nicht Deutschland als ihre Heimat? Türken kapseln sich ab, nicht aus Böswilligkeit; sondern in ihrem Bestreben nach Geborgenheit. daher sprechen auch hier aufgewachsene Junge Türken lieber ihre Muttersprache ( außerdem macht sie das zu etwas „Besonderem“ gegenüber den anderen Leuten, die ja zu blöd sind die Sprache zu verstehen. Nein, keine eigenen tükischsprachigen türkischen Schulen in Deutschland! Wenn Türken sich so danach shenen können sie aber gern zurück in die Türkei gehen und dies dort genießen. Nur mal nebenbei. Hier die Vorzüge eines demokratichen Landes mit den persönlichen Freiheiten für’s eigene Leben genießen und dann aber für die Politik Erdogan’s sein – allerdings eben hier und nicht in türkischer Untersuchungshaft ! Man sollte eher darüber nachdenken, ob man solchen heimatssehnsüchtigen Türken nicht die Rückreise in die Heimat erleichtern sollte. Wir geben schon mehr als nur den kleinen Finger wenn wir die Errichtung neuer Moschen erlauben, deren Imame in der Türkei oder im Iran ausgebildet werden, zulassen. – Andreas Klaschka

 


 

 

Leserbriefe zu „Vergesst ihn!“ von Sven Krüger

 

Der Beitrag bestätigt, was ich seit Jahren sage: Die Gesetze und die Rechtsprechung in Deutschland sind sehr täterfreundlich. Jede Handlung hat Konsequenzen. Die Opfer – sowohl die Getöteten, wie auch deren lebende Freunde und Angehörigen – müssen uneingeschränkt mit ihrem Teil der negativen Folgen leben. Der Täter dagegen darf sich hinter einem Pseudonym verstecken, braucht nach kurzer Zeit nicht mehr zu seiner Tat zu stehen und keine Verantwortung mehr zu übernehmen. Wer hat eigentlich das Märchen vom Rechtsstaat in die Welt gesetzt? Herr Krüger vertritt die Position seines Mandanten. Das ist erst mal richtig so, denn dafür wird er von ihm bezahlt. Und wes Brot ich ess,… Als intelligenter Mensch kann er sich jedoch im Vorfeld überlegen, wen er als Mandanten annehmen möchte. Ob er lieber die Interessen der Opfer oder die der Täter vor Gericht vertritt. Und so betrachtet finde ich sein verhalten inakzeptabel. Völlig daneben ist dann die Gleichstellung mit Herrn B. Der ist Opfer und verdient Schutz. – Iman Schwäbe

 

Da berichtet Herr Rechtsanwalt Sven Krüger über den Anspruch eines Mörders, nach verbüßter Strafe wieder in Anonymität zu leben. Die digitale Revolution mit ihren modernen Suchmaschinen gefährdet sein Privatleben. Ein Bericht, instruktiv und sachlich formuliert, der bei mir aber Fragen aufwirft: Als Frauenarzt habe ich es regelmäßig mit Menschen zu tun, die das Gesundheitswesen nur in Anspruch nehmen, weil ihnen Vertraulichkeit garantiert wird. Es geht ihnen u. a. um Verhütung und Schwangerschaft, um Kinderwunschbehandlung, Adoption und um Schwangerschaftsabbrüche, um ihre sexuelle Orientierung, um sexuell übertragbare Krankheiten und ihr sexuelles Gewerbe, um psychische und partnerschaftliche Probleme, um Krebs-, besonders um Brustkrebserkrankungen. Es geht um die intimsten Angelegenheiten der Menschen, deren Offenbarung selbst nach Jahrzehnten noch schwerwiegende Folgen für die Betroffenen hätte. Auch in Zusammenhang mit Straftaten wird das Gesundheitswesen regelmäßig in Anspruch genommen.

Nun wird bekanntlich an einer Vernetzung aller Ärzte, Psychotherapeuten, Zahnärzte, Apotheken, Krankenhäuser und Krankenkassen gearbeitet, an einer Vernetzung aller medizinischern Einrichtungen, an einer deutschen elektronischen Patientenakte, die von allen Beteiligten eingesehen werden kann. Ein Algorithmus, der nur bestimmten Mitarbeitern den Zugriff erlaubt, existiert nicht, ein Algorithmus zur Löschung von Gesundheitsdaten (sie müssen mindestens 10 Jahre, einige mindestens 30 Jahre, manche lebenslang aufbewahrt werden) ist nicht möglich. Wenn sich diese Menschen mit intimen Angelegenheiten in Vergangenheit und/oder Gegenwart dann im Gesundheitswesen bewerben oder einen Partner aus dem Gesundheitswesen finden, könnten die sich leicht über ein vernetztes Gesundheitswesen über deren Vorgeschichte informieren. Es gibt noch viele andere Motive, sich unerlaubt für eine zentrale Gesundheitsakte zu interessieren.

Das Recht eines Doppelmörders auf Schutz seines Privatlebens ist nun garantiert. Es zeichnet unsere Gesellschaft aus, dass jeder Mensch so viele und gleiche Rechte hat. Was aber ist da im Gesundheitswesen mit dem Schutzanspruch des Normalbürgers, mit seinem Privatleben, mit seinem Recht auf Vertraulichkeit und Vergessen?? Die digitale Revolution schafft auch in der Medizin Fortschritt, schafft aber auch Probleme, menschliche, ethische, wirtschaftliche, juristische. Da fragt man sich im Zusammenhang mit der geplanten Vernetzung im Gesundheitswesen, ob es ethisch und juristisch geboten ist, alles umzusetzen, was technisch möglich ist. Sollte man bei diesen absehbaren Folgen für die Bürger wirklich alle medizinischen Einrichtungen miteinander vernetzen? Damit würde der Schutzanspruch des Privatlebens eines Normalbürgers weniger wert als der Schutz des Privatlebens eines Mörders. Wollen wir das? – Dr. Klaus Günterberg

 

Der Autor setzt sich zu Recht dafür ein, dass es nicht mehr möglich sein sollte, einen Täter – v.a. nach verbüsster Strafe – über digitale Recherche zu identifizierern und mit seiner Tat in Verbindung zu bringen, z.B. über nach wie vor gespeicherte Zeitungsartikel. Was nun den beschriebenen konkreten Fall angeht, hat er allerdings das genaue Gegenteil erreicht: Über die Stichwortkombination „Segelboot Barbados 1981 umgebracht“ stösst man in Google auf einen WIKIPEDIA-Artikel, der wiederum Links auf Spiegel-Artikel zu dem Fall enthält. Diese offenbaren nicht nur den Namen des Täters, sondern auch den seiner damals mitangeklagten Begleiterin. Beide Namen sind nicht als geändert gekennzeichnet, also wohl echt. Um seinen Mandaten zu schützen, hätte der Autor die Details des Falls weiter verändern müssen; dies hätte ja an der „Message“ des Artikels nichts geändert. – Dr. Klaus-Dieter Beims

 

Abgesehen davon, dass ich zu einigen ihrer Fragestellungen eine andere Meinung habe, enthält Ihr Artikel sachliche Unrichtigkeiten bzw. Ungenauigkeiten, die ich als Mitarbeiter eines Verlagsarchives nicht unwidersprochen stehen lassen möchte. Die Behauptung, dass Täter „in den Medien bis zum jüngsten Tag am Pranger stehen“ ist sehr verallgemeinernd und unzutreffend. Von einem Pranger kann im Zusammenhang mit einem Verlagsarchiv nicht die Rede sein und die Zeitangabe entbehrt jeder Sachlichkeit, da wir hier von sehr irdischen und überschaubaren Zeiträumen der Aufbewahrung sprechen.

Es ist die Aufgabe eines Zeitschriften-Archives, Berichterstattung für die Nachwelt aufzubewahren, aufzubereiten und recherchierbar zu machen – analog und digital. Gegen Verletzungen individueller Rechte hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten vorgesehen, Rechtsmittel einzulegen. Nicht alle Archive sind von Robots durchsuchbar, diese Einschränkung habe ich in ihrem Statement „Wer L.s Namen googelt, dem werden Gerichtsberichte über seinen Mordprozess angezeigt, die in den Archiven der Zeitungsverlage schlummern.“ vermisst. Ausserdem schlummern Berichte über den Mordprozess Ihres Mandanten nicht nur in deutschen Verlagsarchiven, sondern weltweit an unterschiedlichen Stellen und Archiven, sogar in juristischen Datenbanken. Die Tat ist in der Welt, ein zeitgeschichtliches Faktum und von daher nicht dem Vergessen anheim gegeben. Ob bis „zum jüngsten Tag“ sei dahingestellt. – Peter Zschorsch

 


 

 

Leserbriefe zu „»Der Begriff Bildung ist veraltet«“. Gespräch mit Lorraine Daston und Gerd Gigerenzer geführt von Maximilian Probst und Anna-Lena Scholz

 

Herzlichen Dank für diesen wunderbaren Artikel und das außergewöhnliche Format. Zum einen dürfen wir an dem intellektuellen Austausch dieses Forscherpaares teilhaben und zum andren erfahren wir von diesen sympathischen Experten etwas sehr modernes: einen sehr frischen Blick auf den Bildungsbegriff. Als Ingenieur freut mich, dass die Bedeutung der Zahlen einen Platz bekommt. Da wir eine Diskussion mit unseren Töchtern über den Sinn von Mathe in der Schule führen rege ich an, dass Sie die beiden in „Leo“ schreiben lassen. – Thomas Averesch

 

Danke für ein sehr klares ZEIT-Gespräch mit zwei klugen Menschen. Überfällig – auch für Journalisten, welche „die Wahrheit mit Löffeln gefressen haben.“ Einem klugen Menschen wird auch immer die wachsende Dimension des „Nicht-Wissens“ sehr bewusst sein. Nur Idioten wissen ganz sicher schon alles! – Prof. emer. Dr. Wolfdgang Ströbele

 

Eigentlich wollte ich mich zuerst über das Interview u.a. mit Gerd Gigerenzer auf Seite 38 aus der aktuellen ‚Zeit‘ freuen. Ich kenne Gerd Gigerenzer als Autor schon länger, und lese gerne in seinen Büchern. Und ich finde die Themen Gesichtserkennung und die damit verbundene Beurteilung eines binären Klassifikators (also bspw. die richtige Interpretation von ‚false positiv‘) wichtig. Und dann bekommt es der Fragesteller der ‚Zeit‘ ein paar Fragen später nicht hin – „Das heißt, bei jeder zweiten Frau würde fälschlicherweise Brustkrebs diagnostiziert.“ Richtig ist: „Bei jeder zweiten gesunden Frau“ – Falsch Positiv halt. – Holger Schubert

 

Der Begriff Bildung wäre es tatsächlich, würde man nur die Vernünfteleien der beiden Gelehrten betrachten. Aber etwas ganz Wesentliches ist in dem Gespräch völlig untergegangen, nämlich die Herzensbildung. Dazu gehört auch die Geduld, mit der Ihre Kollegin und Ihr Kollege die Klagen der beiden Alten über voreilige Reportermeldungen über sich ergehen ließen und auch die Höflichkeit, sich die Welt der „Falsch-positiv-Rate“ erklären zu lassen. Ein solches Verhalten nannte man früher comme il faut, heute eher „das gehört sich so“ und sollte immer noch Teil des Bildungskanons sein, meint der nur mäßig gebildete Zeitgenosse – Franz-Josef Sauer

 


 

 

Leserbriefe zu „Verheerende Lügen“ von George Orwell(aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn)

 

In Ihrem Geschichts- Artikel in der aktuellen Ausgabe findet sich der altbekannte Übersetzungsfehler wieder- der englische Begriff „Pangerman League“ meint „Alldeutscher Verband“, nicht Pangermanen. – A. Köhler

 

George Orwells Abhandlung über den Nationalismus in einem weit gefassten Sinn ist eigentlich wie seine berühmten Tyrannei-Warn-Bücher „Farm der Tiere“ und „1984“ Teil seines lebenslangen Kampfes für Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Wahrheit und gegen Lügen und Gewaltherrschaft. Er versteht unter Nationalismus,„sich mit einer einzigen Nation oder einer anderen Einheit zu identifizieren, diese jenseits von Gut und Böse zu verorten und keine andere Pflicht anzuerkennen als die, deren Interessen zu befördern.“ Bei seinem bewaffneten Kampf für den Kommunismus in Spanien geriet er ja selbst in Lebensgefahr durch die eigene Seite, weil er einer verfolgten Splittergruppe angehörte. Er hielt es aber für möglich, den Nationalismus, der irgendwie in jedem von uns stecke, zu bekämpfen. Das sei aber in erster Linie eine moralische Anstrengung. Vor fast fünfzig Jahren schrieb ich aufgrund eines Films über George Orwells Buch „1984“ meinen ersten Zeitungsbeitrag, in dem ich darauf hinwies, dass die Warnung des Films für Diktaturen aller Couleur gelte, nicht nur für kommunistische.

Die Frage stellt sich immer wieder, woher nehmen wir in unserer Postmodernen, die von Relativität und Irrationalität gekennzeichnet ist, die uneingeschränkten Maßstäbe, mit denen wir für Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Wahrheit und gegen Lügen und Tyrannei kämpfen? Wir müssten Zugang zur Realität haben, wie sie wirklich ist – in Bezug auf das Sein, die Moral und die Wahrheitsfindung. Können wir uns dabei auf nachrangige Autoritäten verlassen? Oder verfallen wir dabei nicht immer wieder in eigene Nationalismen, Gruppenegoismen und Vergötterung von Untergeordnetem und Sekundärem? Auf jeden Fall sollten wir genau prüfen, wem wir Glauben schenken. Glauben wir blind oder untersuchen wir die Glaubwürdigkeit derjenigen, die uns Maßstäbe anbieten?

In seinem Buch „Und er schweigt nicht“ hat Francis A. Schaeffer, Theologe und einflussreicher Denker des zwanzigsten Jahrhunderts, die folgende sehr eindrucksvolle Parabel für unsere Situation der Wahrheitsfindung und Objektivität erzählt, die heute noch sehr aktuell wirkt: „BLINDER GLAUBE ODER BEGRÜNDETES VERTRAUEN? Wenn man das Wort Glaube analysiert, stellt man fest, dass es zwei völlig entgegengesetzte Dinge bedeuten kann. Nehmen wir an, wir klettern in den Alpen und sind sehr hoch auf dem nackten Felsen und plötzlich umhüllt uns ein dichter Nebel. Unser Führer weist uns darauf hin, dass sich jetzt Eis bildet und es keine Hoffnung mehr gibt; vor dem Morgen werden wir alle hier an dem Berghang erfroren sein. Nur um uns warm zu halten, hält uns unser Führer in dem dichten Nebel weiter draußen am Hang in Bewegung, bis keiner von uns mehr eine Ahnung hat, wo wir uns befinden. Nach einer Stunde oder so sagt jemand zum Führer: „Angenommen, ich lasse mich fallen und lande im Nebel auf einen Felsvorsprung in drei Meter Tiefe. Was würde dann passieren?“ Der Führer würde sagen, dass er es vielleicht bis zum Morgen schaffen und somit überleben könnte. Ohne jegliches Wissen oder irgendeine sichere Grundlage für seine Aktion lässt sich einer von der Gruppe hinabhängen und in den Nebel fallen. Das wäre die eine Art von Glauben, ein blinder Glaubenssprung.

Nehmen wir jedoch jetzt mal an, der Fall sei ganz anders gelagert:Nachdem wir auf dem Berghang inmitten des Nebels und bei zunehmender Vereisung des Felsens abgemüht haben, hätten wir angehalten und gelauscht, wie eine Stimme sagte: „Sie können mich nicht sehen, aber ich weiß durch Ihre Stimmen genau, wo Sie sind. Ich bin auf einem anderen Bergkamm. Ich lebe in diesen Bergen, seit frühester Kindheit, also seit über sechzig Jahren, und ich kenne hier jeden Quadratzentimeter. Ich versichere Ihnen, dass drei Meter unter Ihnen ein Felsvorsprung ist. Wenn Sie sich runterhängen und fallen lassen, überstehen Sie die Nacht und ich hole Sie morgen früh.“ Ich würde mich nicht sofort runterhängen und fallen lassen, sondern Fragen stellen, um festzustellen, ob der Mann weiß, wovon er spricht und ob er uns wirklich freundlich gesonnen ist. In den Alpen würde ich ihn zum Beispiel nach seinem Namen fragen. Wenn der Name, den er mir angibt, der Name einer Familie aus diesem Teil der Berge wäre, wäre das sehr wichtig für mich. In den Schweizer Alpen gibt es gewisse Familiennamen, die auf Bergfamilien aus einer bestimmten Gegend hinweisen. Zum Beispiel wäre in dem Gebiet der Alpen, in dem ich lebe, Avanthey ein solcher Name. In meiner verzweifelten Situation würde ich trotz der gebotenen Eile die Fragen stellen, deren Beantwortung mir ausreichende Sicherheit geben und mich überzeugen könnte. Erst dann würde ich mich runterhängen und fallen lassen.

Das ist auch Glaube, aber er hat offensichtlich überhaupt keine Ähnlichkeit mit der erstgenannten Form des Glaubens, dem blinden Glaubenssprung. Es ist ein begründetes Vertrauen. In der Tat, wenn eine dieser Haltungen Glaube genannt wird, sollte die andere nicht mit demselben Wortsymbol bezeichnet werden. Der historische christliche Glaube ist kein Glaubenssprung im postmodernen Sinn, denn „Er [Gott] schweigt nicht“, und ich bin eingeladen, die erforderlichen Detailfragen zu stellen, aber auch Fragen über die Existenz des Universums und seine Komplexität und über die Existenz des Menschen. Ich bin eingeladen, die bedrängenden Fragen zu stellen und dann [aufgrund zufriedenstellender Antworten] Ihm zu vertrauen und mich vor Ihm metaphysisch zu beugen, in dem Wissen, dass ich existiere, weil Er den Menschen gemacht hat, und mich vor Ihm moralisch zu beugen, weil ich Seine Vergebung in dem stellvertretenden Sühnetod Christi brauche.“ Das wäre eine gute sachliche Grundlage, um wie George Orwell seinerzeit gegen Nationalismus oder Gruppenegoismus in und um uns herum anzugehen. – Gerhard Jahnke

 

Ich habe selten so einen guten Artikel gelesen. Der Essay sollte Pflichtlektüre in ALLEN Schulen werden. …es kommt auf die Betrachtungsweise an, warum wird Georg. W. Busch und weitere nicht vor das internationale Gerichtshof in Den Haag gestellt? Die Gräueltaten im Namen der Demokratie sind moralisch genauso schwerwiegend wie die aller anderen Systeme. – Karen Nicolajsen

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Verwirrungstaktiker“ von Claas Tatje

 

Der Artikel beschreibt genau wie ich es auch wahrnehme , hier auf dem Land sucht man vergebens eAutos zu mieten oder bessere Informationen über den Kauf eines E -Autos . Es stockt an allem, worauf die Autohäuser warten , wartet der Kunde schon lange . Der Eindruck es setzt sich einfach fest das eine Veränderung zu neuen Techniken nicht ernst genommen wird . – Hilke Ruschmeyer

 

Über gruselige Wirtschafts- und folglich Umweltpolitik braucht man kaum reden. Böse unken: Prämie: verschleppt. Autolobby sei Dank: Es lebe der sterbende Diesel, so, wie die Kohlekraft eine zehnjährige Verlängerung der Lebensdauer auf ziemlich künstliche Art und Weise erhalten hat, nebst einer Entschädigung – trotz gewährten Langzeit-Komas. Die ewige Drohung: XL Tausende von Arbeitsplatz-Verlusten -statt XXL Arbeitsplatz-Gewinn in alternativen Technologien… Nein, stattdessen das Lahmlegen von Solar- und Windenergie. Die Bundesregierung, das Bundeswirtschaftsministerium, die EU-Kommission: Verantwortung wird gemütlich herumgereicht. In Australien brennen die Wälder. Und die Verantwortung der Medien: Warum war hier noch nie etwas von Weiterentwicklungen von E-Autos zu lesen?

Zufällig über Facebook erfahre ich von einem sich partiell selbst ladenden Solar Elektroauto. Sono Motors: Sion. Einarbeitung von Solarzellen in die gesamte Karosserie. Solche Ideen brauchen Unterstützung, an der herkömmlichen Autoindustrie vorbei, statt auf Fundraising angewiesen zu sein. Politik, Wirtschaft, Medien: wird Fortschritt zukünftig nur noch über sogenannte soziale Medien wie Facebook erreichbar sein? So wie Klimaschutz nur über eine wachsende Dauerserie von Demos von Schülern, die noch dazu von Politikern als Schwänzer diffamiert worden sind, was wiederum von den Medien fröhlich weiter verbreitet wird. Herr Tatje, ich vermisse ein Ressort Umwelt in der ZEIT – redaktionsübergreifend, ja, sogar über Politik, Wirtschaft, Wissen hinaus… Bitte fragen Sie doch bei allen Zuständigen Ämtern und Behörden nach einer E-Mail-Adresse, bei der man dann standardisiert täglich nach dem Fortgang der konkreten Entwicklung der Prämie nachfragen kann. Smile. – Sonja Röder

 

Warum bejammern Sie die Verzögerung der Bereitstellung von staatlichen Fördermitteln (jetzt 6.000 €) als Kaufanreiz für E- Autos. Wann hört diese unfassbare Verschwendung von Steuergeldern endlich auf? Der bisherige Versuch, ein technisch und ökologisch lausiges Produkt mit einer Prämie von 4.000 € in den Markt zu drücken, gilt zu Recht als gescheitert. Die Umweltschäden bei der Gewinnung der bislang unverzichtbaren Batterie- Rohstoffe sind verheerend. Neben den unverändert gravierenden Nachteilen im Betrieb ist vor allem die Gewinnung von Strom für das Aufladen der Batterien ein ökologisches No- Go! Wie wollen wir die Erdatmosphäre entlasten, wenn z.B. in Hamburg 84% des elektrischen Stroms aus der Verbrennung von Kohle stammt? Der alleinige Grund für das sinnlose Bemühen, den Verkauf von E- Autos zu fördern, ist doch das „Abkommen“ zwischen Bundesregierung und Autoindustrie, die CO2- Emission von E- Autos per Definition auf Null zu setzen, was physikalisch- technisch gesehen reiner Selbstbetrug ist. Damit umgeht man aber nach jetziger Inkraftsetzung der 95 Gramm- Vorschrift für Diesel und Benziner milliardenschwere Strafzahlungen an Brüssel. Anders ausgedrückt: Jedes verkaufte E- Auto „rettet“ über den Flottenverbrauch die Produktion von durchschnittlich vier herkömmlichen Verbrennern. So geht Umweltpolitik a‘ la Bundesregierung. – Michael Deil

 


 

 

Leserbriefe zu „Wunderfrau mit Fragezeichen“ von Sonja Banze

 

Mir ist ein kleiner aber doch etwas peinlicher Fehler im Artikel zum Digitalrat auf Seite 38 ins Auge gesprungen: das besagte Haus des Bundestages nicht Paul-Lübbe-Haus, sondern Paul-Löbe-Haus. An der Info kommt man ja schon als Grundschüler kaum vorbei ;) – Verena Birkendahl

 

Wohl bei keiner Bundesregierung war die Diskrepanz zwischen erforderlicher und tatsächlich vorhandener fachlicher Kompetenz so riesig wie bei der amtierenden, und in keinem Bereich ist dies so augenfällig und zugleich in den Konsequenzen so dramatisch wie bei der Digitalisierung. Zunächst wurde dieses Thema komplett verschlafen, getreu dem Credo der Bundes- kanzlerin „Das Internet ist doch für uns alle Neuland“ (2013) – Jahrzehnte nach dessen Einführung. Immerhin wurde im gleichen Jahr das Verkehrsministerium nominell mit der Zuständigkeit für digitale Infrastruktur versehen, was aber so gut wie keine Aus- wirkungen hatte, weil man dort mit der Einführung der unseligen PKW-Maut völlig ausgelastet war. Und aktuell verfährt man nun nicht nur nach der Devise „Viele Köche verderben den Brei“, sondern verlangt nicht einmal, dass die Köche überhaupt kochen können – es gibt ein riesiges Digitalkabinett, einen Digitalrat als Alibigremium und Digitalkonferenzen als Show- veranstaltungen.

Besondere Zuständigkeiten haben eine Politologin (Bär, Vorsitzende der Koordinierungsrunde des Digitalkabinetts) und ein Mediziner (Braun, Vorsitzender des IT-Rats). Dass dies eine geradezu ideale Spielwiese, ein unendliches Betätigungsfeld und eine sprudelnde Einnahmequelle für Berater ist, versteht sich von selbst. Diese sind ja nicht nur als einzige imstande, möglicherweise die richtigen Antworten zu geben – sie dürfen sich die Fragen dazu auch gleich selber stellen und mit der Erschließung immer neuer Fragestellungen auch immer neue Aufträge generieren. Paradiesische Zustände also für McKinsey & Co, aber von Silicon Valley und China sieht die Digitalisierungswüste Deutschland nicht einmal die Rücklichter. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann

 

Stimme Einsteins von Wolke 7 : ahnt Frau Suder, wie wenig sie weiß – Stimme entschwindet…. – Ernst Schönfelder

 


 

 

Leserbriefe zu „Im Namen des Klimas“ von Petra Pinzler

 

Sind Sie tatsächlich guter Hoffnung, dass Juristen einen rein wissenschaftlichen Streit mit einem Schuldspruch beenden koennten? Es werden von Tag zu Tag mehr Naturwissenschaftler, die den Klimaarlamismus junger Leute als jugendlichen Übermut abtun, indem sie Beweise vorlegen, die den Erwartungen von „Umweltsktivisten“ energisch widersprechen: CO2 – Konzentration steigt jährlich um 1 %, doch die Global – Temperatur stagniert – ganz anders als die Rechnerprojektionen erwarten. Richter sind nicht die Gescheiteren, insbesondere nicht in wissenschaftlich offenem Streit! Schlichten koennten sie allerdings politisch im Glaubenskrieg der Klimastreiter, indem sie dieses verminte Streitobjekt nicht zur Verhandlung zulassen. Demonstrationen mit wissenschaftlichem Hintergrund, durchgeführt von unwissenden Kindern und Heranwachsenden, sollten als das gewertet werden, was sie sind: Wichtigtuerei. Letzte Bemerkung: Die Wirtschaft(Exxon) aengstigt nicht ein Klimawandel, sondern die Reaktionen von Regierungen, Medien und Juristen auf eine unbegründete Klimahysterie von instrumentalisieren Kindern. – Dipl. Ing. W. Eckardt

 

„Ist das geschickt oder nur Show?“ Nein, sehr geehrte Frau Pinzler, „nur Show“ ist das ganz bestimmt nicht und Sie widerlegen dies Ja auch am Beginn dieses Artikels, in dem Sie von Linus Steinmetz , dem 16 Jahre alten Schüler Aus Göttingen sprechen, den Sie später, In Spalte 3, Absatz 1, seine Enttäuschung über das bis Jetzt eben nicht Erreichte aussprechen lassen: „Wir haben fast nichts erreicht.“ Ein Jahr lang stand er fast jeden Freitag auf der Straße. Er hat Unterricht verpaßt, Demonstrationen organisiert und mit Politikern und Unternehmern Diskutiert. Inzwischen zweifelt er daran, daß die regierenden Politiker seine Interessen wahren Und setzt seine Hoffnungen in die Gerichte: „Meiner Generation und den Menschen aus dem globalen Süden wird das meiste Unrecht angetan. Die Justiz kann für Gerechtigkeit sorgen.“ Es scheint so zu sein in dieser Gesellschaft, daß g u t w i l l i g keiner von seiner Position abrückt. Auch wenn das Leben und Überleben vieler auf dem Spiel steht. Also… Also bleibt nur die Klage, wenn man nicht kampflos aufgeben will. Es ist leider so. Mit „Show“ hat das nichts zu tun. Gar nichts.

Ich sehe es eher an als Akt der Verzweiflung. Möglichst viele Bürger zu finden, die die Klagen unterstützen – d a sehe ich das Problem. Ich höre immer wieder, wie manche versuchen, den FridaysforFuture – Schülern am Zeug zu Flicken, sie mit abenteuerlichen Unterstellungen unglaubwürdig zu machen. Und denke da an eine Begebenheit in der Universitätsstadt Heidelberg Mitte/Ende der 70er Jahre, eine Bagatelle vergleichsweise, die aber doch ein Licht wirft auf die Haltung vieler. ….. Die Fahrpreise von Bussen und Bahnen sollten erhöht werden damals. Alle schimpften. A l l e. Beim Bäcker, beim Metzger, im Dorf – überall standen die Leute zusammen und haben sich ereifert: „Unverschämtheit!“ „Schon wieder!“ „Was die sich denken!“ „Mit uns können sie’s ja machen“ etc. etc. etc. Volkes Stimme. Dann gingen die Studenten auf die Straße und demonstrierten gegen die Fahrpreiserhöhungen. Volkes Stimme : „Die sollte man al (Hochdeutsch: Alle) in den Neckar jagen!“ ….. Es ist mühsam, sehr, sehr mühsam, den Blick weniger privilegierter Menschen von ihrer eigenen Mühsal wegzulenken auf übergeordnete Dinge, die alle angehen. A l l e. Und wenn’s was kostet, Geld oder Mühe, – dann erst recht. P.S.: Gerade kam im Radio eine Nachricht durch: – Beate Schwärzler

 

Die Natur wird irgendwann gnadenlos zurückschlagen, gnadenlos aber völlig natürlich, um sich ihre, die von Menschenhand kaputtgemachte Natur wieder zurück zuerobern, und zwar mit allen dafür geeigneten Möglichkeiten, die sie hat. Dem Menschen könnte nur eins übrig bleiben, nämlich ein dummes Gesicht zu machen, und um ziemlich ratlos, vis-a-vis dabei stehen zu bleiben, und um machtlos dabei zuzusehen. – Riggi Schwarz

 


 

 

Leserbriefe zu „Nehmt uns endlich wahr!“ von Stefanie Witterauf

 

Glückwunsch! Was für ein Volltreffer, und das, obwohl Sie nicht in die Ferne der Sterne und Planeten streifen, sondern bei den naheliegenden Sorgen und Nöten bleiben, um unserem sauberen System der sozialen Marktwirtschaft systemnah auf die Zehen treten. Wenn Sie für diese blitzsaubere pfiffige Glosse nun doch noch eine Stelle als „freie“ Mitarbeiterin der ZEIT bekommen sollten, dann bewahren Sie sich bitte diesen Stil, er passt sowohl in die Zeit als auch in die ZEIT. – Dr. Gernot Henseler

 

Ein sehr mutiger Artikel von Frau Witterauf, die mit 27 Jahren Ihr neuntes Praktikum machen muss und dabei von der Zeit EUR 4,10 Stundenlohn bekommt. Warum er ohne Kommentar der Chefredaktion veröffentlicht wurde, darüber rätsle ich noch. Die Zeit will wohl beweisen, wie unabhängig und frei ihre Autoren denken und schreiben dürfen. Andererseits wird eine junge Frau so knapp gehalten, dass es mit Unabhängigkeit und Freiheit im halben WG-Zimmer nicht weit her sein kann. Passt das zur sozialkritischen und auf Chancengleichheit bedachten Berichterstattung? – Alexander Rosenfelder

 

Sie beschreiben vielleicht die Praktikanten in Redaktionen. In der Industrie und IT bekommt man keine Praktikanten zum Mindestlohn. – Tim Böger

 


 

 

Leserbriefe zu „Schiefe Wände, schräger Zwist“ von Thomas E. Schmidt

 

Geplagtes Jüdisches Museum Berlin, jüdische Ängste: Autoren, die ein jüdischen Thema behandeln, haben es seit Halle 2019 schwerer. Der explodierende Antisemitismus erhöht jüdische Erwartungen an die Autoren. Ich lese und frage sehr schnell: Trägt der Beitrag dazu bei, Antisemitismus zurück zu drängen? Beiträge zur Opfergeschichte des jüdischen Volkes sind nicht im Zentrum meines Interesses. Dazu hatte ich mich schon als jüdischer Jugendlicher in der DDR im Zusammenhang mit der eigenen Familiengeschichte beschäftigt. Das jüdische Schicksal ließ mich schon als 17jährigen FDJler 1961 in der Goethe-Schule Ilmenau (Thüringen) eine Wandzeitung über die Judenverfolgung in der Nazizeit machen. Es war das Jahr, als meine Mutter ihren ehemaligen Weißenfelser Schulkameraden Ernst Levi (Benjamin Halevi) als Richter im Jerusalemer Eichmann-Prozess erkannte. Es war die Zeit, als sie Tränen in denAugen hatte, als Globke in Westdeutschland Staatssekretär wurde. Es war, als meine Mutter über die Ermordung meiner Oma und ihrer Schwestern , meines Onkels, … ihr Schweigen brach. Aber nicht die Opfergeschichten suche ich in den heutigen Presse- und Literaturbeiträgen als Mittel gegen Antisemitismus. Ich hoffe zunehmend auf Beiträge, die die Leistungen der deutschen Juden in Religion, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft hervorheben, die der Nationalsozialismus so perfekt aus dem Bewusstsein der deutschen Gesellschaft getilgt hat. Und auf Beiträge zu einem zweiten Thema hoffe ich immer wieder: Soldarität mit dem jüdischen Staat Israel.

Mit dieser – ich gebe zu – Einseitigkeit schaue ich auch – wie zuletzt – auf Beiträge von Autoren, die der DIE ZEIT nahestehen. Z.B. auf das hilreiche Buch von Josef Joffe „MACH DICH NICHT SO KLEIN, DU BIST NICHT SO GROSS! – Der jüdische Humor als Weisheit, Witz und Waffe“ oder auf den – aus meiner Sicht – weniger hilfreichen Artikel von Thomas Schmidt „Schiefe Wände, schräger Zwist“ vom 16. 1.20. Herr Schmidt muss bei seinem „schrägen Zwist“ im Zusammenhang mit dem Jüdischen Museum Berlin nicht im Zentrum auf jüdische Leistungen verweisen. Aber wer kann besser als dieses Museum 1700 Jahre jüdisches vergessenes Engagement für Deutschland darstellen. In seinem Arttikel über die traurigen Ereignisse im Museum fallen insbesondere Textstellen zur Hervorhebung der „Diversität jüdischer Sebstbilder“, zur Überhöhung der „Vergleichbarkeit antisemitischer Klischeebildungen des 19. Jahrhunderts mit antimuslimischen Feindbildkonstruktionen von heute“, zum Museum als „Schauplatz innerjüdischer Konflikte“ usw. auf. Am Ende, damit quasi als Höhepunkt des Artikels, steht der Aufruf eines jüdschen Gelehrten: „Freunde Israels, boykottiert diesen Staat!“

Ich empfinde diese Artikelkonstruktion als schmerzhaft. Natürlich gibt es eine verhältnismäßig kleine Gruppe von Juden, die die Boykott-Bewegung BDS gegen Israel unterstützen. Aber die Mehrheit der Juden unterstützt des Bundstags-Beschluss, der die BDS-Bewegung als antisemitisch einschätzt. Die BDS-Gründer und führenden Aktivisten dieser Bewegung streben zur Beseitigung des jüdischen Staats bzw. stellen seine Existenzberechtigung infrage. Das ist das Wesen das israel-bezogenen Antisemitismus, der rechte, linke und religiöse, insbesondere muslimische Antisemiten eint. Deshalb betrachte ich den israel-bezogenen Antisemitismus als die gefährlichste Form des Antisemitismus.

Herr Schmidt sieht den „schrägen Zwist“ um das Jüdische Museum Berlin, ohne im Kern dieser Debatte befindliche BDS-Bewegung gegen Israel als antisemtisch zu erkennen. Gegen den bedrohlichen gegenwärtigen Antisemitismus leistet sein Beitrag keinen Beitrag. Ich weiß, dass ich in meinem Leben wenigstens einen Verwandten erlebt hätte, wäre der jüdische Staat 10 Jahre früher entstanden. Statt dessen hat meine Familie weltweit vergebens um Einreisevisa betteln müssen. Heute ist Israel angesichts wachsenden Nationalismus mit Antisemitismus im Gefolge die Lebensversicherung für Juden in Not. Juden haben heute Angst, aber sie werden nie wieder vergebens um Visa, um ihr Überleben betteln müssen. – Prof.Dr.-Ing Reinhard Schramm

 

Welche Funktion ein Museum hat ist hinlänglich bekannt. Es sollte in erster Funktion ein Ort zur Ausstellung von Kunst sein. Das Wort „ Kunst „ kam in ihrem ausführlichen Bericht über das Jüdische Museum Berlin nicht einmal vor!!! Es scheint zum Selbstverständnis von Israelis, Juden, und Semiten zu gehören zu glauben sich in alles einzumischen zu dürfen, aber selbst keine Kritik ertragen können, und darüber vergessen das Kunst auch um seiner Freiheit wegen Kunst ist, und damit über Glauben, Ideologie, und Politik steht. Wer das nicht versteht, der sollte besser kein Museum eröffnen, und vielleicht war es dafür auch garnicht vorgesehen. Das zeigen die Auseinandersetzungen um die Programmatik dieses Hauses. Ich weiß, das diese Zuschrift als antisemitisch eingestuft werden kann, aber als freier Künstler nehme ich mir die Freiheit es auszusprechen. – Gert Besner

 

Interessante Arbeit, danke, habe ich mit Interesse gelesen und bin zu der sehr bedenklichen Erkenntnis gekommen, dass derzeit jederman sehr leicht und schnell in den Geruch des Antisemitismus geraten kann, in Deutschland zumal. Was tun? – Dr. Gernot Henseler

 


 

 

Leserbriefe zu „Im machtlosen Raum“ von Peter Dausend

 

Die Analyse von Peter Dausend bringt die Crux der neuen SPD-Führung treffend auf den Punkt. Denn mit Vorschlägen, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft ohnehin nicht umsetzen lassen, dürfte die Partei eher weiteres Vertrauen verspielen, da es in einer Krise insbesondere darauf ankommt, den Menschen ein möglichst glaubhaftes Angebot zu machen. Deshalb hilft der strauchelnden Sozialdemokratie nur ein mutiges und vor allem nach vorne gerichtetes Reformprogramm aus der Misere wie zum Beispiel nach Vorbild von Willy Brandt, dessen gesellschaftliches Leitbild „Aufstieg durch Bildung“ gerade angesichts der Stagnation von Arbeiterkindern an den Hochschulen sowie der grundlegenden Veränderung der Wirtschaft durch die Digitalisierung nichts an seiner Aktualität eingebüßt hat! – Rasmus Ph. Helt

 

In dem Artikel von Herr Dausend „Im machtlosen Raum“ Ausgabe Nummer 4 von 2020, ist ein Zitat falsch wiedergegeben worden. Es heißt “ Im Weltraum hört dich niemand schreien“. Der Artikel war aber trotzdem sehr spaßig. – Markus Nehmer

 


 

 

Leserbriefe zu „Die jährliche Explosion“ von Doreen Borsutzki (Grafik) et al.

 

Eigentlich wollte ich vorerst keine Leserbriefe schreiben.‘ Aber das Wohnungsproblem geht mir doch auf den Nerv, daß ich darüber ein paar Ratschläge ihrem Autor und ihrer Redaktion mitteilen möchte. Ich selbst bin im Wohnungsbau seit vielen Jahren tätig. Zunächst sollten alle wissen, daß die Probleme in Deutschland hausgemacht sind, wie so viele andere politischen Entscheidungen auch. Mit Verlaub: die Politik und viele andere Menschen sind zu dämlich einen intelligente Entscheidung zu treffen. Andere wiederum sind von einer Ideologie beseelt, die keinen praktischen Nährwert hat. Die Städte müssen durch eine neue Infrastruktur mit den übrigen Orten verbunden werden. In andere wiederum gehört eine vernünftige Firmenstruktur hin. Das ist, das gebe ich gerne zu, eine Jahrhundertaufgabe. Aber anders wird es nicht zu regeln sein. Die Wohnungsnot tritt sonst auf der Stelle. Alles andere ist nur halber Gram.

In Japan fahren „Überschallbahnen“. Keine Fahrt dauert länger als eine Stunde, was die Arbeitnehmer betreffen und das alles sehr pünktlich. Warum geht das in Japan: weil dort nicht lange geredet wird, es wird gehandelt. Deswegen sage ich schon seit Urzeiten; unsere Demokratie taugt nicht mehr im Einundzwanzigsten Jahrhundert. Und die Medien sind die größten Ideologen. Der Bundespräsident ist kein Präsident für alle Bürger. Der Mann hat die Politik entdeckt. Das ist den Medien recht, weil sie genauso unverschämt sind. Wo bleibt die Redaktion der „Zeit“ das anzuklagen. Ich kenne keinen Beitrag. Zurück zum Wohnungsbau. Anders lässt sich ein bezahlbarer Wohnungsbau nicht verwirklichen. Die Dummschwätzer in der Politik werden das nicht lösen können. – Gunter Knauer

 

Eine kurze Meinungsäußerung zum Thema. Im boomenden Leipzig höre ich ebenfalls das Wehklagen und doch ist es sicher kein Vergleich zu den Situationen in München und Co. Die Rezepte: diverse linke Meinungsäußerungen legen nahe man nehme einen Mietpreisstopp oder gar eine Enteignung von Wohnungsbaukonzernen und schwupp di wupp ist das Problem gelöst. Im Süden von Leipzig findet auch die Besetzung von fremden Eigentum zum Erzwingen von niedrigen Mieten sicher eine Mehrheit … Aber ich lese gleichzeitig am Wochenende in unserer Regionalzeitung, dass die Mieten in Leipzig im Durchschnitt um 15 % in den letzten 8 Jahren gestiegen sind, die verfügbaren Nettoeinkommen, ebenfalls im Durchschnitt aber um 30 %!! Irre oder? Keine Frage, es gibt sie, die wirklich Betroffenen, gerade Menschen, die kaum eine Chance hatten für das Alter vorzusorgen, sorgen sich zu Recht. Aber das ist doch keineswegs die breite Masse, wie ihr Artikel ein bisschen unterstellt.

Abhilfe kann eigentlich nur eines schaffen: werben sie bei den Verantwortlichen in der Politik ein, dass endlich das Spekulieren mit Wohnraum aufhört. Eine in Bestlagen der Städte nicht genutzte Fläche gehört nach 10, spätestens 15 Jahren enteignet, der Eigentumswechsel von Wohnbauten gehört geregelt, solche Zweckbauten können eben erst nach frühestens 5, besser 10 Jahren weiter verkauft werden. Auch dem Entschulden der Gemeinden über den Verkauf der eigenen Wohnungen hätte schon viel früher entschieden begegnet werden müssen. Derzeit passiert jedoch eines, der Vermieter wird als gieriger Kapitalist gebrandmarkt und der Mieter wird als das große Opfer hingestellt. Beides stimmt nicht und wie fast immer werden nicht die Ursachen bekämpft sondern die Symptome. Und nicht vergessen: vor gut 30 Jahren durften wir hier sehen, wohin es führt, wenn Wohnen nichts kostet, ich möchte diese Ruinen jedenfalls nicht wieder erleben müssen. – Thomas Harnisch

 


 

 

Leserbriefe zu „60 Zeilen … LIEBE“ von Peter Dausend

 

Die Liebeserklärung an das Saarland in 60 Zeilen hat mir sehr gut gefallen. Ich bin kein Saarländer, aber die Sprache auch Mal geschrieben zu sehen war Klasse.– Michael Hüsken

 

Isch wollt mich bei Dir bedange für die Erinnerung an`s „Saarhunnert“. Hädschde`s nit noch mol aangesproch, ich häd`s gladd vergess. Uff die „Zeit“ iss halt eenfach Verlass unn außerdem siehd ma do mol widder, wie gudd`s doch iss, dass in jeder wischdisch Inschdiduzion im Land mindeschdens äner Saarländer sitzt! Joo, was die Schossel uns domols 55 mit der Wahl angeduhn unn verbaut habe, das duhd echt weh, auch heut noch. „Honi soit, qui mal y pense“, hat mein Oma zwar immer dozu gesachd, awwer in der Sach fällt`s mir recht schwer, Nachsicht mit unsere Vädder zu übe. En bissje schad find isch, dass Du in deine „60 Zeile Liebe“ von de bedeudende saarländische Politiker mol widder nur es Annegret erwähnschd. Gudd, de Altmeier Peter – geschenkt! Wähs Godd, wie der das geschaffd had, sich von der Angela grünes Licht gebe zu lasse für die Fisematende, wo er sich do mit dene Windkraftanlage geleischded had. Der reinschte Fubbes! Ob er se sich mit ner Üwwerdosis Dibbelabbes gefügisch gemacht hat? Ma wähses nit…
Awwer de Heiko, unser Außeminischder, den hädschde schon mol lobend erwähne könne. Klar, haschd nur 60 Zeile, awwer de Heiko feierd doch grad so große diplomadische Erfolge, dem hädschde schon mol ähn-zwäh Zeile widme könne! Wie der dem General Haftar do unne en Lybie dene Waffestillstand abgeluxt had, das iss doch Diplomadie uff höhgschdem Niveau! Man sachd joo, er häd extra e gudder saarlännischer Koch mitgenomm zu dene Gespräche. Wie aach immer, jedefalls werd der Heiko erscht mol mit dem Haftar gudd gess unn gedrunk habe, das glaabschde awwer! Ob dann allerdings tatsäschlisch en Magnum-Flasch Maggi den Ausschlach geb hat, die er dem Haftar angeblisch geschenkt habe soll, das dähd isch emol mit Vorsicht genieße. Soweit isch wähs, gibd`s Maggi nämlich gar nit in Magnumflasche! Jedefalls hat der Heiko sei Waffestillstand unn der Putin wart immer noch uff sein Unnerschrift! Das sachd doch alles, oder?
Joo, unn es Annegret, das machd mir arisch Kummer. Ob das gudd gehd mit dem zweide Poschde, den wo se jetzt angegange iss mit der Verteidischung? Gudd, ma sachd jo, bei Fraue wäre die zwei Gehirnhälfde besser midnanner vernetzt wie bei Männer unn desweje könnde Fraue „Multi-Tasking“. Unn wenn das Fubbes iss? Unn wenn`s Annegret sich zwische dene zwei Poschde total verschdrawwelt? Könnt mir jo egal sin, bin jo eh kähn Schwarzer. Nur sinn dann doch widder mir Saarlänner im Allgemeine die Dumme! Unn wenn der Saarländer in da öffendlich Wahrnehmung erscht mol uff`s Niveau von em Pälzer gefall iss, brauche mir wenn`s dumm laufd grad nochemol en „Saarhunnert“, um dene Imageschade wieder zu behebe. Awwer was soll`s, kannschde jetzt eh nix mehr mache. On verra! Allez hopp, Peter. Mercie noch mol, lass Dir`s gudd gehn unn zeich dene in der Redagzion, wo de Hammer hängd! Vive la Sarre unn bis dann emmol – Hermann Riotte

 


 

 

Leserbriefe zu „Ein Herz für den Zwang?“ von Harro Albrecht

 

Ganz bewusst schreibe ich Ihnen mit Blick auf die Gesellschaft als Ganzes. Einzelschicksale zu betrachten ist hierbei nicht hilfreich, verstellt den Blick auf Grundsätzliches. Die Frage der Organspende ist ohne Zweifel eine Frage über Leben und Tod. In der öffentlichen Debatte wird nach meiner Wahrnehmung ganz überwiegend der Teil mit dem Weiterleben behandelt. Der Tod kommt höchstens kurz auf Seiten der Spender zur Sprache. Dabei sind zunächst mal die Empfänger todkrank. Die eigentliche Frage lautet doch daher: Was soll Medizin überhaupt alles tun um Leben zu verlängern? Den Tod als Teil des Lebens begreifen und somit verstehen, dass das eigene Streben endlich ist, Demut statt Hybris – das wünsche ich mir. Welchen Tod hält die Gesellschaft eigentlich für menschenwürdig? Macht es Sinn „um jeden Preis“ das Weiterleben medizinisch zu unterstützen? Dabei verstehe ich „Preis“ in allen Ebenen, monetär, sozial, ethisch, religiös, usw. Lassen sie uns also über den Tod sprechen. Und über das einzig sichere und nachhaltige Gegenmittel: Kinder und deren Bildung! Am Ende meines Lebens plane ich irgendwohin zu fahren wo ich nicht „zu Tode gepflegt“ werde, sondern entweder selbstbestimmt oder wenigstens in Würde sterben darf (Palliativmedizin) und wo ich sicher bin, dass meine Organe nicht mehr verwendet werden – einfach weil ich dieses mechanistische Weltbild zutiefst unmenschlich finde.

Siehe dazu auch meinen Brief an Herrn Jens Spahn vom April 2019: Herr Spahn („sehr geehrt“ geht gerade nicht, tschuldigung) Egal welcher Vorschlag, der von Ihnen, oder von Fr. Baerbock – in jedem Fall soll es ein nationales Register geben, und das in Zeiten der DSGVO. Geht´s noch? Es ist doch nur eine Frage der Zeit bis das: a) ausgebaut wird zur Erfassung weiterer Dinge b) gehackt wird, da es ja im Internet stehen muss. Kann ich der Weitergabe meiner Daten an ein beliebiges Krankenhaus widersprechen? Überhaupt öffnet das dem Missbrauch Tür und Tor. Wer will denn bei dem leider, leider Verstorbenen nach dessen Tod die Organe nachzählen? Wer will prüfen ob überhaupt eine Abfrage stattfand? Was passiert eigentlich z.B. mit Unfallopfern die gerade hirntot reinkommen, aber deren Identität nicht festgestellt werden kann? Man hat ja nicht ewig Zeit bis zur Organentnahme. Ausländer konnten sich ja wahrscheinlich eher nicht für das opt-out registrieren – na das wirft ein neuen Blick auf „Willkommenskulturen“. Auch stecken mehrere Fehler im Organspende-System, z.B.: Wenn gespendete Organe so rar und damit wertvoll sind, ist es dann wirklich sinnvoll sie denjenigen zu geben die am schlimmsten krank sind? Deren Überlebensrate ist doch auch mit den neuen Organ vermutlich geringer als die von jemandem der gerade ganz weit unten auf der Warteliste steht.

Also es gibt soviele Themen darin – einfach nur die Anzahl der Spender zu erhöhen bringt ja mal höchstens Umsatz für die Krankenhäuser – und Kosten für die Kassen. Eine Diskussion darum wie gestorben wird (Palliativmedizin), und wann man das darf (Dignitas) wäre in meinen Augen viel wichtiger zu führen. Den Tod als Teil des Lebens begreifen und somit verstehen, dass das eigene Streben endlich ist, Demut statt Hybris – das würde ich mir wünschen. Letzten Endes befördern Sie den Sterbetourismus. Ich werde dahin fahren wo ich nicht „zu tode gepflegt“ werde, sondern entweder selbstbestimmt oder wenigstens in Würde sterben darf und wo ich sicher bin, dass meine Organe nicht mehr verwendet werden – einfach weil ich dieses mechanistische Weltbild zutiefst unmenschlich finde. Anorganische Ersatzteile wie Zahnersatz und künstliche Hüften sind für mich das äusserste, was ich zu akzeptieren bereit bin. – Sebastian Fontaine

 

Der Autor weist zurecht darauf hin, dass eine Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen nicht der einzige Faktor ist, der die Organspenderate beeinflusst. Maßnahmen wie die angeführte Einführung eines zentralisierten Transplantationssystems spielen ebenfalls eine große Rolle. Doch unterliegt der Autor seiner eigenen Anmahnung, einer zu simplen Sicht auf das Thema, auf mehreren Ebenen. Zunächst ist die Vermischung der Widerspruchslösung mit der Impfplicht euphemistisch gesehen undifferenziert. Die Impfpflicht ist eine Pflicht, von der nur wenige Personen ausgenommen werden (können), entweder durch eine erhebliche monetäre Gegenleistung (2.500€) oder aufgrund medizinischer Indikation. Einer Organentnahme kann bei einer Widerspruchslösung jedes Individuum zu jedem Zeitpunkt ohne großen Aufwand widersprechen.

Des Weiteren sollte man bei internationalen Vergleichen nur von bedeutsamen Unterschieden sprechen, wenn die Unterschiede zwischen den Ländern größer sind als innerhalb der Länder. So schneidet Deutschland bei der postmortalen Organspenderate im Jahr 2018 mit 11,5 Spendern pro eine Millionen Einwohnern zwar im Vergleich zu 24,5 Spendern in Österreich schlechter ab, doch gibt es innerhalb Deutschlands sehr große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Hamburg mit einer Rate von 29,9 und Mecklenburg-Vorpommern mit einer Rate von 25,5 pro eine Millionen Einwohner liegen sogar über dem österreichischen Mittel.

Zuletzt berichtet der Autor einen Anstieg der Spenderrate in Deutschland von 20% von 2017 auf 2018 und suggeriert somit, es wandele sich ohnehin alles zum Besseren. Bei einer kleinen Grundgesamtheit im Vergleich zur Gesamtbevölkerung, wie es bei der postmortalen Organspende hierzulande der Fall ist, können relative Prozente in der Kommunikation schnell in die Irre führen. Ein Anstieg der postmortalen Organspenderate von 10 auf 12 in 1 Millionen Einwohner umfasst bereits die besagten 20%. Darüber hinaus war 2017 das Jahr mit der geringsten Organspenderrate der letzten 20 Jahre. Dass sich nur vier Seiten später die Infografik mit Quellverweis auf das Harding- Zentrum für Risikokompetenz gegen die Verwendung relativer Prozentwerte aus genau diesem Grunde ausspricht, ist auch ein redaktionelles Versäumnis. – Norma Bethke und Niklas Keller

 


 

 

Leserbrief zu „Bauen, deckeln, regulieren“ von Mark Schieritz

 

Ich wünsche mir in der „Zeit“ einen neuen Artikelbestandteil, der dem entspricht, was in den Parlamenten als „Klimanotstand“gefordert wird, eine Schätzung, wie sich die im jeweiligen Artikel geforderte oder besprochene Veränderung, Maßnahme oder Entscheidung auf das Klima auswirken würde. Ich bin der Meinung, dass man keine Entscheidung mehr ohne ihre Auswirkung auf das Klima denken sollte. Deshalb sollten wir uns daran gewöhnen, die Auswirkungen von Entscheidungen aufs Klima abschätzen zu können. Dabei muß nicht bis aufs Komma gerechnet werde, sondern anhand von Pauschalen ein kleiner Anhaltspunkt gegeben werden. Ein Beispiel: ich habe heute den Artikel über die Vermögensungleichheit durch Immobilienbesitz oder Nicht-Besitz und die Forderung gelesen, mehr billig zu bauen und zu vermieten. Neubau hat aber erhebliche Klimawirkungen durch Baufahrzeuge, Ressourcenverbrauch, Bodenversiegelung, im Gegensatz zu z.B. Förderung des ländlichen Raums, in dem Bausubstanz leersteht. Der Vorschlag ist also klimapolitisch riskant. Dies kommt aber nicht zum Ausdruck, die Leser*in muß es also selbst wissen. Hier sollte die „Zeit“ ansetzen, ihren Anspruch als umfasssend informierende Presse zu erfüllen. Denn wir wollen doch alle noch lange auf diesem schönen Planeten leben und Zeitung lesen können! – Ilona Mennerich

 


 

 

Leserbrief zu „Wie schwer zwei Säcke wiegen“ von Navid Kermani

 

… „unwirklich wie ein Traumbild“, ja, so mögen es die Vorüberziehenden in Urlaubsstimmung. Und sie fordern naiv ein, dass es auch so bleiben möge. Ich musste den Beitrag zweimal lesen, um zu glauben, dass hier ein Reisender in die Wildnis tatsächlich einmal illusionslos und reflektiert hinter die Kulissen schaut und beschreibt was sich hinter dem verbirgt, was sozialromantische und naturbewegte Touristen so gerne sehen und zu ihrer Ergötzung real erhalten möchten oder aber es sich zurückwünschen. Erfrischend und bedrückend zugleich dieser unverklärte Blick auf die Armut in den Entwicklungsregionen Chinas. Umso eindruckvoller auch die Leistung der letzten 40 Jahre, 700.000.000 Chinesen aus der Armut befreit zu haben und der dem Plan, die Armut in China mit seinen z.T. entlegenen und lebensfeindlichen Regionen ganz abzuschaffen. Und die schaffen das. Was die Touristen so gerne sehen: unberührte Natur, die sie durch massenhaften Ansturm selbst zerstören und ein Dorfleben wie im Mittelalter.

Das alles fotografiert um das Reiseabenteuer in den hochentwickelten Westen zu posten, wo niemand mehr weiß „wie schwer zwei Säcke wiegen“. Vielleicht noch ein Almosen hinterlassend – voller Sorge, diese Bilder hart arbeitender Menschen ohne die Annehmlichkeiten der Zivilisation könnten ganz verschwinden und damit auch ein spektakuläres Urlaubsziel. Und dann schnell zurück zum Abendbüffet ins 4 Sternehotel – all inklusive. Chinas Entscheidung, die Armut konsequent abzuschaffen und die Vergangenheit, dieses kulturelle Erbe in weitläufigen Parks und Museumsstädtchen zu erhalten, war vorbildlich, denn da gehört das auch hin. – Uwe-Carsten Edeler

 


 

 

Leserbrief zu „Plastik statt Benzin“ von Heike Buchter

 

Immer der gleiche Sch… Das ist der passende Kommentar zum Inhaltlichen. Klar wollen die Ölkonzerne überleben. Aber soll das angesichts der Umweltproblematik mit Plastik gesellschaftlich interessieren? Schon jetzt gibt es ja Polymerindustrie, die übermäßig viel Plastik herstellt, so dass es überall herumliegt und -dümpelt. Es ist schon in der Nahrungskette von Algen, Krill, Muscheln etc. Ein Mehr geht daher nicht. Der einzige Weg ist eine Kreislsufwirtschaft. Etwa so: 1. Die Vielfalt der Materialien wird eingeschränkt nach Kritierien von Verwendbarkeit, Sortierbarkeit und Wiederverwertbarkeit. Also ggf nur 2 oder 3 Materialien, die wie Wertstoffe behandelt werden. 2. Das ergibt eine Kteislaufwirtschaft mit diesen. 3. Überflüssige Produkte aus Polymeren und solche, die diese Kriterien nicht erfüllen, werden durch Abgaben belastet, die direkt beim Produzenten anfallen. 4. Der Import von Stoffen, die dieses Kriterien nicht erfüllen, wird mit Abgaben sanktioniert. Das klingt wieder etwas nach Verbot, aber nur das ist ein effizienter Weg. Verbraucherappelle sind nett, unverbindlich und leider nur politisches Getue. Der „Grüne Punkt“ hat doch sein Ziel, die Mengen an Polymeren und Verpackungen zu verringern, längst verfehlt. Andere Wege müssen beschritten werden. – Dr. Wolfgang Thiel

 


 

 

Leserbrief zu „Wenn Literatur die Pädophilie feiert“ von Georg Blume

 

Monsieur Matzneff polemisierte Anfang der Siebziger Jahre gegen die aufkommende Sexwelle und verstieg sich gar zu der Behauptung, in der „mütterlichen Keuschheit der Muttergottes“ läge mehr Erotik als in dem lockeren Gebaren der weiblichen Jugend, die sich dem Erstbesten hingäben. Nun kommt heraus, daß dieser Herr auch kein Kostverächter war und sich die beklagte Hingabefähigkeit gerne zunutze gemacht hat. Was einmal mehr zeigt, daß die größten Moralisten zuweilen auch die größten Heuchler sind. Sein Artikel war übrigens seinerzeit mit „Un sentiment de malaise“ („Ein Gefühl des Unbehagens“) überschrieben, ein Gefühl, das ihn angesichts der 14jährigen Vanessa offensichtlich nicht beschlichen hatte. – Christoph Diehl

 


 

 

Leserbrief zu „Befreit vom Druck des Schweigens“ von Matthias Katsch

 

Was dem ehemaligen Schüler Matthias Katsch widerfuhr ist schon schlimm genug aber fast noch schlimmer ist die auch 10 Jahre nach der Aufdeckung der pädophilen Verbrechen am Canisius-Kolleg und vieler anderer Missbrauchsfälle durch katholische Priester, die mehr als mangelhafte Beachtung der Skandale durch unsere politischen Parteien. Hier wird oft mit dem Hinweis auf den Schutz und der Rücksichtsnahme auf die Gläubigen argumentiert, denen der Schmutz ihrer Kirche nicht zuzumuten sei. Dies verlogene Begründung eignet sich hervorragend dazu, dass die sich schuldig gemachte Kirche gut dahinter verstecken kann und ist ein Skandal für sich. Und ein moralisches Versagen gegenüber Verbrechen an Kindern. Fast scheint es so als scheuten die Deutschen, und damit ihre Politiker, davor zurück, sich mit unangenehmen Wahrheiten auseinander setzen zu müssen.

Ein Phänomen, was allgemein in der deutschen Gesellschaft immer deutlicher zutage tritt. Wichtig der Hinweis von Herrn Katsch, dass es merkwürdigerweise im Gesetz noch den Begriff „einfacher Kindesmissbrauch“ gibt, der dazu noch nicht einmal vom Vorgesetzten angezeigt werden muss! Der Kirche blieben solche juristischen Brücken sicher nicht verborgen -wenn sie sich nicht arroganterweise mit ihrem Kirchenrecht begnügte und ihre priesterlichen Straftäter nur intern von A nach B versetzte. Die deutsche Politik und Öffentlichkeit soll doch einmal den Blick auf das europäische Ausland, z.B.Frankreich, werfen. Dort wird im Fernsehen immer wieder über Missbrauchsfälle von Priestern und sogar einem sich mitschuldig an der Vertuschung gemachten Kardinal (Lyon) berichtet. Eine deutsche Ausrede, dass Frankreich ja laizistisch sei und deswegen mit dem Kirchenskandal viel härter umgehe als bei uns üblich, wäre nicht überraschend -aber mehr als peinlich. – Klaus Reisdorf

 


 

 

Leserbrief zu „Sarahs Karawane“ von Lisa Frieda Cossham

 

Mit Ihrem berührenden Beitrag „Sarahs Karawane“ in der ZEIT vom 16.1.2020 haben Sie ein sehr eindrucksvolles Stück geschrieben. Weite Teile davon habe ich meiner Familie am sonntäglichen Frühstückstisch vorgelesen. Danke für diesen besonderen Text des Mitgefühls, des Abenteuers und der Nächstenliebe. – Dr. Stefan Vesper

 


 

 

Leserbrief zu „Sensibel“ von Franz Schuh

 

Daß ein solches Buch, von Suhrkamp verlegt und von Ihnen in der Kritik vorgestellt wird, hat unsere Sympathie. Unser Team (Autoren und Künstler), stammt überwiegend aus der Unterschicht, da hält sich der Lebensbiß. Doch eigentlich geht es um etwas anderes: Gregori Latsch fand den richtigen Haken, an dem er seinen Aphorismus aufspießte, den wir im Anhang mit der Bitte um Weitergabe an den Rezensenten folgen lassen. Vielleicht ist es für Sie von Interesse: Seit August 2016 bringen wir täglich (neben weiteren Texten) einen anderen Aphorismus (www.Literatur-Pur.de, Link: Aphorismus) unter die Leute. – Cimarron-Team, Karl-Heinz Winkowski

 


 

 

Leserbrief zu „Rettet die Anonymität!“ von Hanno Rauterberg

 

Rettet die Privatheit!Es tut gut, dieses Plädoyer für die Freiheit zu lesen. Doch habe ich Anmerkungen: Anonymität empfinde ich in diesem Zusammenhang als nicht richtige Vokabel. Anonym möchte ich nicht sein, würde es in gewisser Weise sogar durch die universelle Datenerhebung, die z. B. in China personelle Angleichung ermöglicht und die dort auch erfolgt, sondern auch bei uns wird man „freiwillig“ anonymer, gleicht sich an, wird gesichtsloser. Es gibt soviel mainstreaming: Was man nicht essen, sagen, denken … darf! Es muss weiter möglich sein, sein Gesicht – auch im Bahnhof- zu zeigen! Beruflich bin ich bereit, gewisse Daten öffentlich zu machen, ins Netz zu stellen,wo sie gespeichert werden, doch nicht im Privaten. Also: Rettet die Privatheit! Herr Seehofer setzt mit dieser anlasslosen Datenspeicherung in Bahnhöfen nicht nur unsere informationelle Selbstbestimmung außer Kraft, sondern auch die Unschuldsvermutung: Jeder, der sich in einem Bahnhof befindet, ist ein potentieller Verbrecher? Schließlich stellt sich die Frage, wie effektiv dieser Weg ist: Wie wird man die Nadel im Daten-Heuhaufen finden? Von unserem Bundesinnenminister wünsche ich mir, dass er für das deutsche und europäische Grundgesetz einsteht! – Dr. Ursula Augener

 


 

 

Leserbrief zu „Vertwittert“ von Ulf Poschardt

 

„Dort im Land des Wünschbaren, dürften Esken und Kühnert- von den Herausforderungen eines Hochlohnlandes und der Globalisierung unbehelligt- nach den idealen Rezepten zur Herstellung größter Gerechtigkeit suchen“, so der Twitterer. Na, da machen wir uns aber keine Sorgen. Die Springerpresse wird in bewährter Weise dafür sorgen, daß die Sozen nicht vom rechten Weg abkommen. Hat schon den Linksradikalen Willy Brandt massiv bekämpft. – Bernd Roller

 


 

 

Leserbrief zu „Pauken zu jedem Preis“ von Felix Lill

 

Beim Tennis kann ein Zentimeter Abstand vom weissen Strich über Sieg oder Niederlage entscheiden. Beim Skisport sind es oft Abstände von Hunderstel-Sekunden, die bestimmen, wer die Podestplätze belegt. Beim Sport gibt es immer noch die nächste Chance. Bei der Aufnahmeprüfung für eine Elite-Uni in Südkorea hingegen kann im Extremfall ein falsch ausgesprochenes Englisch-Vokabel über die künftige Berufslaufbahn entscheiden. Die Situation in Südkorea ist extremer, weil dort Herkunft und Vernetzung bei der Laufbahn eine geringere Rolle spielen als in anderen Industrieländern. Ein Beispiel dafür, dass Verbesserungen in einem Bereich, Verschlechterungen in anderen Bereichen bewirken können. Daher sind ganzheitliche Lösungen anzustreben. Beim Sport gibt es die Alternative Breitensport, aus dem alle einen höheren gesundheitlichen Nutzen ziehen können als aus der freiwillig gewählten Teilnahme am Spitzensport.

Eine ähnliche Situation sollte auch bei der Wahl der Berufslaufbahn in ausreichendem Ausmass angeboten werden. Dieses Ziel zu erreichen erfordert gezielte Anstrengungen. Denn die Jugendarbeitslosigkeit beträgt in Südkorea 11 Prozent. Die Situation in Südkorea ist auch eine Folge des technischen Fortschritts. Dieser bewirkt nicht nur im Bildungswesen sondern auch in der Produktion einen Trend in Richtung des Prinzips „The winner takes it all“. Weltfirmen schaffen hohe Umsätze mit immer weniger Arbeitsplätzen. Neben der hohen Jugendarbeitslosigkeit ist eine andere Folge, dass das erwähnte Prinzip auch innerhalb der Firmen gilt. Die unterste Ebene etwa bei Amazon verdient einen Bruchteil des Lohnes, der auf der obersten Ebene bezahlt wird. Die unbefriedigende Situation in Südkorea ist ein Teilaspekt der weltweiten demographischen, ökonomischen und sonstigen Gräben.

Dazu ein Beispiel: Südkorea hat eine Geburtenrate unter 1 und eine Suizidrate (Fälle pro 100 000 Einwohnern) von 26.9. Niger hat eine Geburtenrate über 7 und eine Suizidrate von 4.6. Eine Ursache für die Unterschiede, sind die unterschiedlichen Perspektiven und Lebensziele (Z.B. grosse Familie oder aber Teilnahme am Wettlauf in Bildung und Beruf). Ein Lösungsansatz könnte sein: Nicht alle können «Winner» sein, aber es muss für die «Nicht-Winner» befriedigende Alternativen geben. Dies erfordert einerseits Leistungstransfer (Eigentum verpflichtet) aber auch die Einsicht, dass das Begrenzen des Wachstums (Kopfzahl und Konsums) eine Voraussetzung für eine gute Zukunft ist. Dies vor allem auch angesichts der Klimadiskussion. – Gernot Gwehenberger

 


 

 

Leserbrief zu „Britisches Königshaus: Was ist die Marke »Meghan und Harry« wert?“ von Tanya Falenczyk

 

Mein spontaner ironischer Gedanke dazu: Was dürfen uns doch glücklich schätzen in einem Land zu leben, in dem (Ehe-)Männer umstands- und folgenlos den Wünschen ihrer Partnerinnen nachkommen können und sie realisieren dürfen, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Das gesellschaftliche Leben der Royals: eine Wüste von Bohei und Banalität. – Wolfgang Müller

 


 

 

Leserbrief zu „Genug gelogen“ von Andrea Böhm et al.

 

Es ist verständlich, dass sowohl Iraker als auch Iraner neben ihren internen Konflikten die Einmischungen von außen satt haben. Eins aber sollte man fragen dürfen: Was sollen die Lügen, das Morden und die Schlammschlachten um angebliche Überlegenheiten ethnischer und konfessioneller Zugehörigkeiten mit Religion und dem Wohlergehen der Bevölkerung zu tun haben? Es ist Zeit, von der Verabsolutierung patriarchaler Strukturen und sich gegenseitig abgrenzenden Bekenntnissen wegzukommen und den Weg zu Hinterfragungen aller Werte zu öffnen. Sonst fehlt die Grundlage für die Normalisierung des alltäglichen Zusammenlebens. Und wenn die nicht gegeben ist, sollte man sich nicht wundern, wenn auf dem eigenen Territorium andere Staaten machtpolitische und wirtschaftliche Interessen verfolgen und möglicherweise gewaltsam versuchen durchzusetzen. – Christoph Müller-Luckwald

 


 

 

Leserbrief zu „Juckt es im Schritt?“ von Susanne Mayer

 

Welch mutige Beschreibung, sehr geehrte Frau Mayer! Vielen Dank! Besonders ihre Beobachtungen bezüglich der sich (häufig in Gruppen) breitbeinig vorwärts kämpfenden Männer mit teilgeschorenen Köpfen und abgespreizten Armen muss ich bei meinen täglichen Läufen am Rheinufer in Wiesbaden Biebrich teilen. Selten werden ein paar Zentimeter Platz gemacht, wenn Passanten oder Radfahrer*innen entgegenkommen. Für mich liegt da eine Menge Aggressivität in der Luft. Gerne würde ich meine dann immer aufkeimenden negativen Gedanken stoppen. Unsicherheit macht sich breit und der Wunsch, woanders sein zu wollen. Tatsächlich denke ich dann an Stadtviertel, in denen ua. die von ihnen ebenfalls beschriebenen jungen Väter Kinderwagen vor sich her schieben. Ach, wenn man doch die so unterschiedlichen Bezirke ordentlich durchmischen könnte ….. und/oder selbst gelassener/optimistischer bleiben könnte! – Beate Lemmer

 


 

 

Leserbrief zu „Fragile Systeme“ von Klaus Lucas

 

Der Autor spricht die Anfälligkeit unserer hochkomplexen Umwelt im Hinblick auf mögliche Störungen an. Dabei sollte man aber Denkfehler vermeiden. Das Stromverbundnetz ist nicht mit dem Autobahn- oder Produktionsnetz vergleichbar, obwohl es natürlich auch störanfällig ist. Man muß aber zwischen Materie und Energie als physikalischen Grundgrößen unterscheiden. Zu viele Fahrzeuge führen zur Blockade von Teilstrecken, keineswegs aber zum Netzzusammenbruch. Leider ist dieser bei der Stromversorgung durchaus denkbar, eben weil es nicht um blockierte Abschnitte sondern um das exakte jederzeitige Gleichgewicht von Erzeugung und Verbrauch geht, und das im gesamten Netz über das kontinentale Europa. Überlastung ist kurzzeitig tolerierbar, nicht aber ein länger fehlendes Gleichgewicht. Läßt sich das nicht erreichen, droht der gefürchtete Netzzusammenbruch, mindestens aber ein Stromausfall in der lokalen Umgebung der Störung wie z.B. ein Kraftwerksausfall. Er ergibt sich je nach Art der Störung automatisch oder durch die Netzüberwachung mit entsprechenden manuell eingeleiteten Schaltvorgängen. Die sorgfältige Netzführung ist deshalb genau so wichtig wie z.B. die Flugüberwachung in unserem Luftraum. – Prof. em. Dr.-Ing. Winfried Görke

 


 

 

Leserbrief zu „Arbeit: Braucht man einen europäischen Mindestlohn?“ von Kolja Rudzio

 

Das Argument von Herrn Rudzio fokussiert sich darauf, dass insbesondere kleine, nicht international agierende Betriebe von diesem Thema betroffen sind, die bei einer Erhöhung des Mindestlohnes in Schwierigkeiten kommen könnten. Er vergisst dabei die große Gruppe von jungen Menschen bei uns, die keine Perspektive haben und nicht oder kaum in der Lage sind, eine Familie zu gründen. So berichtete mir ein 27-jähriger Vollzeit-Fitness-Mitarbeiter, dass er ein Nettogehalt von 1.300,-€ habe (ca 10,50€) Ist es nicht traurig, dass wir in Deutschland als eines der reichsten Länder der Welt nicht dafür sorgen, dass unsere Jugend eine bessere Perspektive haben? Und das können nur unsere Politiker regeln, da die Betriebe dies meistens nicht freiwillig machen werden. Ein Ausgleich für die Unternehmen wäre flächendeckend eine Erhöhung der Preise. Wenn für den Frisörbesuch oder das Fitnessstudio 2-3 € mehr zu bezahlen sei, wäre das eine Verteilung auch zugunsten einer besseren Perspektive für die Jugendlichen in prekären Arbeitsverhältnissen. Und gilt dies nicht auch für die jungen Menschen in Europa? – Andreas Holl

 


 

 

Leserbrief zu „Skandal in Weiß“ von Gregor Maria Hoff

 

Papst Benedikt, der Bayer, soll doch weiter zölibar leben, wenn es ihm danach ist; jeder eben nach seiner Fasson, und ganz ohne Bevormundung von (fast) ganz oberster Stelle („Vatikan“). Wie sagte da einst ALF, der Außerirdische: „Null Problemo!“ – Riggi Schwarz

 


 

 

Leserbrief zur Infografik „Wissen, wo es langgeht“ von Anne Gerdes

 

Das Wissen ist: a) Gesamtheit der Kenntnisse, die jemand (auf einem bestimmten Gebiet) hat: ein umfangreiches, umfassendes, gründliches, gesichertes Wissen; jemandens praktisches, theoretisches Wissen; das menschliche Wissen; ein großes Wissen haben, besitzen; er musste unbedingt sein Wissen anbringen; Sprichwort: „Wissen ist Macht“ (nach dem engl. Philosophen Francis Bacon, 1561-1626); b) Kenntnis, das Wissen, von etwas: ein wortloses, untrügliches Wissen; meines (soviel ich weiß; Abk.: mein Wissen) ist er verreist; im Wissen um diese Dinge; jemanden mit Wissen (während man sich seines Handelns voll bewusst ist) benachteiligen; etwas nach bestem Wissen und Gewissen tun; etwas wider besseres/(seltener:) gegen (sein) besseres Wissen (obwohl man weiß, dass es falsch ist) tun; das geschah ohne mein Wissen. (vgl. Duden 7. Auflage 2011, Nachdruck 2014) – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Über den Widerstand gegen Windräder – und über Ideen, wie er gebrochen werden könnte“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Ich freue mich jede Woche über Ihren Beitrag zu aktuellen Themen. Der Beitrag in dieser Woche ist für mich das Beste, was ich in den letzten Monaten gelesen habe. Herzlichen Glückwunsch! Das Wort “Gutbürgergeld” sollte langsam in das Gesetzgebungsverfahren als Gesamtpaket eingebracht werden. Damit könnte man das Windbürgergeld und andere von Ihnen genannte Bürgergelder zusammen fassen und einige weitere, wie z.B. Fluglärm- bürgergeld, Stromtrassenbürgergeld oder Emissionsbürgergeld – die Möglichkeiten sind noch lange nicht ausgeschöpft – hinzufügen. In Berlin und den Bundesländern müsste dann natürlich ein Bürgergeld- ministerium geschaffen werden. Die Kommunen benötigen selbstverständlich ein Bürgergeldamt. Ob dann ausgezahltes Bürgergeld gegen “Gutegrundrente” oder “SchlechteHartz4Leistungen” verrechnet werden muss, sei dahin gestellt. Hauptsache: Es lebe das bürokratische Monster. – Albrecht Aurand

 

Volltreffer! Wann wird Martenstein-Lesen vergnügungssteuerpflichtig? – Erwin Fritsch

 

Wenn auf allen möglichen Flächen der Republik Windkraft-Anlagen (WKA) stehen würden (wie es für das Funktionieren der Energiewende zwingend notwendig ist), würde kein Mensch aus der Ueckermark wegziehen. Das dann eingesparte Windbürgergeld könnte dann, den Begriff viel besser entsprechend, genutzt werden um jedem Bürger die Beteiligung an einer WKA zu ermöglichen – oder alternativ an einer Schilderfabrik… – Michael Koehn

 

Wir sind seit Jahren Abonnenten der „Zeit“ und lesen gewöhnlich auch ganz gerne die Beiträge von „Harald Martenstein“ im Zeit Magazin. Nun, der Titel des aktuellen Beitrags machte uns wieder neugierig. Man erwartet in diesem Artikel natürlich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Widerständen gegen eine weiter wachsende Zahl von Windrädern in der hiesigen Landschaft und erwägenswerte Vorschläge ihrer Überwindung. Insbesondere gibt es u. E. derzeit nur den einzig gangbaren Vorschlag einer Entschädigung der unmittelbar vom weiteren Ausbau Betroffenen. Wie und wie weit eine solche Entschädigung gehen sollte, müßte natürlich seriösdiskutiert und abgewogen werden. Der generelle Vorschlag einer Entschädigung kam bis jetzt nicht nur von der SPD, scheint aber weitgehend gesellschaftlich konsensfähig zu sein. Ihn jetzt aber generell nur zu einem SPD-Bashing zu nutzen, wie in dem Artikel geschehen, ist u. E. völlig daneben und kommt allzusehr nur als eine billige Häme daher. – Wilfried und Ingeborg Koziol

 

Ich wollte Ihnen mitteilen, dass ich begeistert bin von Harald Martensteins Kolumnen. Vielen Dank, dass Sie ihm einen prominenten Platz in Ihrem Magazin geben! Ich freue mich jedesmal auf die neue Ausgabe. Was ich an Herrn Martenstein schätze, ist, dass er mit einem gesundem Menschenverstand und frei von Dogmen Themen behandelt. Dass er sich keinen Maulkorb anziehen lässt und den Mut hat Sachen direkt anzusprechen, auch auf die Gefahr hin, dass es Kritik hageln und er – hoffentlich nur verbal – angegriffen wird. Dass er kein Opportunist ist und sich nicht an den verschiedenen Hysterien des Mainstream-Journalismus’ beteiligt. Dass er einen kühlen Kopf behält und mit Scharfsinn Zustände beobachtet und wiedergibt. Toll, dass es Sie gibt, Herr Martenstein! –Demet Niemann

 

Ihre Kolumnen in der ZEIT gefallen mir meistens außerordentlich gut, aber die über den Widerstand gegen Windräder ist einfach ärgerlich. Ein wenig Kritik („theoretisch … für Klimaschutz, aber …“), aber dann viel Verständnis für Windkraftgegner und einige „Watschn“ für die Neuen der SPD – nein, so geht es nicht. Ich wohne ein Stück nördlich von Kiel (also auf dem Land, in einer Touristenregion), auch hier gibt es Windräder, aber „die Zerstörung der Landschaft“ (des Landschaftsbildes?), „eine Massenflucht der Touristen“ (Was soll das sein?) und „die Halbierung des Wertes ihrer Immobilie“ beobachten die Menschen hier nicht. Wesentlich Unangenehmeres ertragen als die Windkraftgegner hier und bei Ihnen mussten und müssen übrigens viele Städter („… zur Windradphobie verständnislos …“), denen in vergangenen Jahrzehnten die autogerechte Stadt zugemutet wurde und die heute an größeren Straßen mit Lärm, Feinstaub, Stickoxid und anderem leben müssen, einem Lärm übrigens, mit dem verglichen das Rauschen eines Windrads geradezu lächerlich ist – das habe ich mir schon aus weniger als 1000m Entfernung angehört, nämlich aus maximal 100m, und bin andererseits selbst in der Stadt im 4. Stock beim Anfahren eines Busses an der Ampel vor dem Haus fast aus dem Bett gefallen.

Wollen Sie wirklich dieses Sankt-Florian-Prinzip bezüglich der Windkraft unterstützen? Nutzen Windkraftgegner etwa keinen Strom? Möchten sie den vielleicht lieber von einem Atomkraftwerk, das im Extremfall gleich eine recht ausgedehnte „Zerstörung der Landschaft“ bewirkt, gefolgt von der Vernichtung „des Wertes ihrer Immobilie“, ganz zu schweigen von der Reaktion der Touristen? Oder welche Alternativen gibt es sonst, wenn es Windräder nicht einmal in „einer der struktur- schwächsten und am dünnsten besiedelten Regionen der Bundesrepublik Deutschland“ (Wikipedia) geben darf? Wird auf den Dächern in der Uckermark etwa überall Solarstrom erzeugt? Es ließe sich noch einiges mehr zum Thema Windkraft und zu den Argumenten ihrer Gegner sagen, aber dies sollte ja keine Kolumne werden und ich hoffe, bei Ihnen auch so ein wenig zur Nachdenklichkeit beigetragen zu haben. Im Übrigen hoffe ich auf viele weitere Kolumnen von Ihnen, über die ich mich einfach nur freuen kann. – Ernst Lischcke

 


 

 

Leserbriefezur Deutschlandkarte „REGIONALE KOCHBÜCHER“ von Matthias Stolz im ZEIT Magazin

 

Die o.g. Deutschlandkarte ist meiner Ansicht nach vollkommen wertlos. Wenn man bei Google eingibt: „Bremen + Kochbuch“ oder „Sachsen-Anhalt+Kochbuch“, dann kommen in beiden Fällen viele Treffer, bei Sachsen Anhalt z.B. das Buch „Sachsen-Anhalt kulinarisch“. Laut Ihrer Deutschlandkarte gibt es aber für Bremen und Sachsen-Anhalt überhaupt keine Kochbücher. Vermutlich war Ihr Suchstring viel zu eingeschränkt. Daraus folgt, daß auch die ermittelten Zahlen für sämtliche anderen Bundesländer/Regionen wohl viel zu klein sind. Ich tippe, daß es für die Bayerische Küche (bzw. für die vielen bayerischen Regionen) mindestens 1000 Treffer gibt. PS: Vorpommern wird meist unter Mecklenburg-Vorpommern subsumiert, auch da entspricht die Null also nicht der Realität. Für „Pommern“ ohne Zusatz gibt es ebenfalls Treffer. – Wolfram Beier

 

Als gebürtiger Königsberger, der vor zwei Jahren „Das ostpreußische Familien-Kochbuch (Gertrud Brostowski, Doennigs Kochbuch, Königsberg i. Pr., 1902, Nachdruck 2008,Rautenberg im Verlagshaus Würzburg) geschenkt bekommen hat, wunderte ich mich, dass in Ihrer Grafik die „Vorpommersche Küche“ nicht vertreten ist. Der Redakteur Matthias Stolz hätte als Suchbegriff „Pommersche Küche“ eingeben müssen. Dann hätte er z.B. nicht nur Titel aus der Zeit vor 1945 finden können, sondern auch aktuelle, z.B. „Usedom, Pommersche Küche“ (bekanntlich gehört Usedom zu Vorpommern). Auch unter „Schlesischer Küche“ wäre er fündig geworden. Dass Rezepte aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten in der deutschen Küche immer noch sehr bekannt sind, beweisen Gerichte wie „Königsberger Klopse“ und „Schlesisches Himmelreich“. Es ließen sich noch viele weitere Gerichte finden. – Wilfried Stiemer

 

Die RegionalKochbuchLandkarte ist gelungen! Gratulation. Auch Ihre Quelle, der Katalog der DNB, finde ich gut gewählt. Sie ist aussagekräftig, da sie auf den Pflichtexemplaren der Verlage beruht (wenn auch nicht alle Verlage dieser Pflicht nachkommen). Irritierend ist an der Landkarte, dass bei Bremen eine „0“ eingetragen ist. Meine Katalogsuche ergab, dass die DNB u.a. fünf Exemplare des „Bremer Kochbuch“ hrsg. von der Wirtschaftsschule des Frauenerwerbs- und Ausbildungsvereins besitzt. Das älteste Exemplar der Bibliothek ist eines der 6. Auflage (DNB-Signatur: 1930 A 4174, Stadtort Leipzig). – dr. regina frisch

 

Mein Name ist Ulrike Demuth, mein Mann Alexander und ich lesen die ZEIT schon lange im Abonnement und freuen uns normalerweise über die gut recherchierten und geschriebenen Artikel. Allerdings fällt uns immer wieder auf, dass Sie, wenn es um die östlichen Bundesländer geht, offensichtlich oft schlecht recherchieren bzw. versuchen, persönliche Annahmen und Klischees zu festigen. Das jüngste Beispiel dafür ist die Deutschlandkarte aus dem Zeit-Magazin zu regionalen Kochbüchern von Herrn Stolz. Ich habe genau 2 Minuten gebraucht, um drei Kochbücher aus Sachsen-Anhalt zu googeln, die im Titel den Namen nur der nördlichen Region tragen, und ich denke, auch für die südlichen Regionen sowie andere Gebiete wie die Lausitz in Brandenburg oder das alte Pommern ließe sich das finden. Wenn Sie natürlich „Sachsen-Anhalt“ in die Suchmaschiene eingeben, kommen da kaum Einträge, das ist ja kein historischer Name.

Da braucht es schon ein wenig mehr Wissen aus Geographie und Historie. Da Sie aber Franken und das Allgäu mit aufgeführt haben, gehe ich davon aus, dass Sie sich nicht ausschließlich an den Namen der Bundesländer orientiert haben, sondern an denen der historischen Regionen. Hier hätten wir einige Beispiele aus Sachsen-Anhalt: Im Norden befindet sich die von Friedrich I. so genannte „Alte Mark“, die Altmark. Da hätten wir: „Das Kochbuch Östliche Altmark“, „Altmärkische und Harzer Küche“ und sogar eines mit dem Titel des neuen Bundeslandes: „Sachsen-Anhalt kulinarisch“ Sie sehen, mit ein wenig sorgfältiger Recherche könnten solche Peinlichkeiten vermieden werden. Besonders bei den Deutschlandkarten fällt es mir immer wieder auf, dass da offensichtlich große Defizite im Recherchieren herrschen. Da ich selbst als freiberufliche Journalistin arbeite, stechen mir solche Dinge wirklich ins Auge. Bitte ändern Sie das. – Ulrike Demuth

 


 

 

Leserbrief zu „Frag doch den Therapeuten: Braucht sie einen Karrieremann?“ von Wolfgang Schmidbauer im ZEIT Magazin

 

Der Jahresbeginn wäre ein guter Anlass gewesen das Zeitmagazin zu überarbeiten und seit langem überflüssige Kolumnen zu eliminieren. Leider darf Herr Schmidbauer noch immer seine geistigen Blähungen von sich geben. Ich lese diesen Blödsinn nicht. Alleine die Überschriften sind schon eine Beleidigung fürs Auge und ein stetes Ärgernis für einen anspruchsvollen Leser. Als Abonnent der ZEIT wünsche ich mir Qualitätsjournalismus auf allen Seiten und keine Themen, die z. B. in einem Massenblatt mit den großen Lettern wahrlich besser aufgehoben wären. – Werner Baumgärtner

 


 

 

Leserbrief zu „Gefährliche Transparenz“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Tillmann Prüfer, der so trefflich über Erfahrungen mit seinenTöchtern schreibt, zitiert in der Modekolumne als Reaktionen auf transparente weibliche Kleidung den Obszönitäts-Vorwurf (Frau als Objekt) und verweist andererseits auf ‚Transparenz‘ (Freiheit des weiblichen Körpers). Zwar mag es dabei weniger auf die Quantität des Enthüllten ankommen als darauf, wer sie nach welchem Maßstab beurteilt – aber doch auch darauf, vor dem Hintergrund welcher Motivation das passiert. Mich würde deshalb interessieren: Was würdeTillmann Prüfer seinen Töchtern antworten, sollten diese ‚Transparenz‘ praktizieren mit dem Argument, von Obszönität sprächen doch vor allem Verfechter der traditionellen Frauenrolle? – Dr. Marlene Müller

 


 

 

Leserbrief zu „Irgendwie, von Tag zu Tag, geht es weiter“ von Sebastian Lock im ZEIT Magazin

 

Mir ist nicht klar, was an der Erkrankung und der Therapie von Herrn Lock und all den profanen Details („heute relativ gut und fit gefühlt“) – vor allem in dieser Menge – druckenswert ist. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass viele Leser den Artikel komplett geschafft haben. – Felix Schuster

 


 

 

Leserbrief zu „Das war meine Rettung. Der Manager verarbeitete ein traumatisches Erlebnis durch Schreiben“ Gespräch mit Thomas Girst geführt von Ijoma Mangold im ZEIT Magazin

 

Herr Girst hat völlig recht, bei 270 Stundenkilometern hat er alle Zeit der Welt, in aller Ruhe Bach zu genießen, selbst 200 Stunden pro Kilometer dürften reichen. Wie entspannend, all die BMW-Fahrer – Markenkern „Schneckentempo“ unterwegs zu sehen. Wer allerdings zar eine ZEIT , jedoch keine Zeit hat, sollte aufs Rad umsteigen, der Dank von Luise dürfte Gewiss sein. – Werner Kaltefleiter

 


 

 

Leserbrief zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Nachdem Ihre Tochter ja nun Polin ist und Sie Vorfahren namens Pannek haben, musste ich doch schmunzeln, als ich in der Rubrik „Was mein Leben reicher macht“ einen Betrag von Ralf Pannek las! Vielleicht ein Verwandter? – Hannes Thüning

 


 

 

Leserbrief zu „Gesellschaftskritik. ÜBER ERWARTUNGEN“ von Anna Kemper im ZEIT Magazin

 

Auch wenn das vermutlich kein zweites Mal funktioniert: Ich habe mich köstlich amüsiert, allerdings erst nach dem letzten Satz. Danke für einen witzigen Moment während eines sonnigen Tages. – Claudine Kloefer

 


 

 

Leserbriefe zu „Endlich angekommen“ von Josef Votzi in der Regionalausgabe ZEIT Österreich

 

In der aktuellen Ausgabe wird in einem Artikel der Österreichausgabe über die neue Justizministerin behauptet, daß sie das erste Mitglied einer Bundesregierung sei, das im Ausland geboren wurde. Das stimmt nur insofern, als man diesen Sachverhalt auf weibliche Regierungsmitglieder bezieht, denn davor war zumindest Minister Faßmann im vorhergehenden und auch jetzigen Kabinett, geboren in Düsseldorf und laut Wikipedia erst 1994 zum Österreicher „konvertiert“. Interessant ist es schon, daß es offensichtlich Unterschiede gibt in der Wahrnehmung von „Ausländern“! – irmgard kunzfeld

 

Ich freue mich sehr, wenn in meiner Heimat über meine jetzige Wahlheimat berichtet wird. Nur leider gibt es in diesem Artikel einen Fehler. Alma Zadic ist nicht die erste Ministerin, die im Ausland geboren wurde. Heinz Fassmann wurde in Düsseldorf geboren und ist dann nach Österreich und erst seit 1994 Österreicher. Beide Minister sind als Kinder nach Österreich, beide nicht mit freier Wahl. Wenn es darum geht, dass sie eine Frau ist, finde ich es eigentlich doppelt diskriminierend, denn es wird hier wieder unterschieden wer denn eigentlich ein Ausländer ist. Eine Diskussion, die es in Österreich zu Genüge gibt. Ich weiß natürlich auch, die Geschichte Fassmanns ist weniger tauglich, um daraus einen Artikel zu machen. Wahr sollten Zeitungsartikel aber doch immer sein. – Iris Rehklau

 

vorab möchte ich mich für DIE ZEIT sehr herzlich bedanken. Es ist mir ein Vergnügen sie als hochwertiges Pressemedium zu lesen. Ich vergleiche sie gerne mit dem Radiosender Ö1. In der Nr. 4 sind mir aber zwei Inhalte aufgestoßen. Es sind mir Inhalte aufgefallen, die für mir unkritisch abgeschrieben vorkommen. 1., Fr. Alma Zadic wird als erste Ministerin angepriesen, die nicht in Österreich geboren wurde. In der Rubrik In den Regionalausgaben wird sie als „das erste Regierungsmitglied, das nicht in Österreich geboren wurde “ genannt. Das ist falsch. Zumindest Heinz Faßmann war schon vor ihr Minister und dieser wurde 1955 in Düsseldorf, BRD geboren. Ich finde es schade, dass Fr. Zadic mit ihrem beachtlichen Ausbildungsweg auf ihren Migrationsvordergrund reduziert wird und in vielen Medien als Vorzeigemigrantin präsentiert wird. Das wird ihr aus meiner Sicht nicht gerecht.

2. Der Artikel von Fr. Witterauf nimmt die Meldung über den Nasa-Praktikanten der einen Exoplaneten entdeckt hat als Aufhänger für ihren Artikel. Das Bild eines Jugendlichen, der durch ein Minifernrohr schaut ging durch die Medien und Fr. Witterauf schreibt: “ Es war der dritte Tag…….als er TOI 1338 b durchs Teleskop erspähte. Das hat er sicher nicht! Er fand ihn mittels Datenanalyse durch die Lichtkurve, die der Planet erzeugt, wenn er vor den Mutterstern vorbeizieht. Das Medienbild gaukelt hier was vor, das fern jeder Realität ist und leider unkritisch übernommen wurde. Ich ersuche daher auf kritische Recherche zu achten. Ich will den guten Glauben an DIE ZEIT nicht verlieren. – Ralf Greiner

 


 

 

Leserbrief zu „Lieber etwas länger leiden“ von Matthias Daum in der Regionalausgabe ZEIT Schweiz

 

Nach meiner Erfahrung gibt es nichts besseres gegen Halsschmerzen als Kaugummi. Das Kauen fördert die Speichelproduktion und hält so den Hals feucht und versorgt ihn gleichzeitig mit Körpereigenen heilenden Substanzen. Im Gegensatz zum Lutschen von Bonbons wird der Mund weder klebrig noch irgendwann wund. – Iman Schwäbe