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Sind Sie schlauer als ein Genie? Lösung und Zugabe.

 

Erfreulich viele von Ihnen haben vergangene Woche den Beitrag zum Ziegenproblem kommentiert. Hier ist es erneut kurz zusammengefasst, bevor ich die Lösung präsentiere.Hinter einer von drei geschlossenen Türen befindet sich ein Auto, hinter den beiden anderen je eine Ziege. Sie zeigen auf eine Tür, sagen wir Tür 1. Der Moderator, der genau weiß, was sich hinter welcher Tür befindet, öffnet anschließend immer eine Ziegentür, sagen wir Tür 3. Dann gibt er Ihnen die Möglichkeit, zu Tür 2 zu wechseln. Ist es besser zu wechseln, nicht zu wechseln oder ist es egal?

Zwar wurde noch keine Religion aus der Frage gemacht, ob man wechseln soll oder nicht, doch auch so gibt es zwischen beiden Fraktionen einen regelrechten Glaubenskrieg. Selbst einige sehr schlaue Köpfe hatten Schwierigkeiten mit diesem Problem, wie der zuletzt erwähnte Mathematiker Paul Erdős. Nach meiner eigenen Erfahrung denken die meisten Menschen, mit denen ich über das Problem gesprochen habe, es sei egal, ob man wechselt oder nicht.

Wenn ich zur absoluten Klarstellung annehme, dass Sie tatsächlich das Auto gewinnen wollen und der Moderator, wenn er die Wahl zwischen zwei Ziegentüren zum Öffnen hat, er rein zufällig eine der beiden auswählt, dann verdoppelt ein Türwechsel Ihre Gewinnchance.

Man sollte also wechseln. Das ist die richtige Antwort. Wie aber sie begreiflich machen?

Es gibt dafür viele Möglichkeiten. Man kann Fallunterscheidungen vornehmen, mit Baumdiagrammen arbeiten oder das Bayessche Theorem aus der Wahrscheinlichkeitstheorie bemühen.

Der einfachste Weg scheint mir dieser zu sein:

Schauen wir uns an, wann die beiden konkurrierenden Strategien zum Erfolg führen.

Wenn ich nicht wechsle, gewinne ich das Auto dann und nur dann, wenn ich mit meiner Wahl die Autotür getroffen habe. Da es nur ein Auto, aber drei Türen gibt, und das Auto mit gleicher Wahrscheinlichkeit hinter jeder der Türen stehen kann, ist die Gewinnwahrscheinlichkeit 1/3.

Wenn ich wechsle, gewinne ich das Auto dann und immer dann, wenn ich bei meiner ersten Wahl eine der Ziegentüren gewählt habe. Da es zwei Ziegentüren gibt, ist die Wahrscheinlichkeit dafür 2/3. Habe ich nämlich anfangs eine Ziegentür gewählt, so ist der Moderator gezwungen, die andere Ziegentür zu öffnen und mein anschließender Türwechsel bringt mich zur Autotür.

Voilà.

Psychologisch interessant ist die Frage, warum so viele Menschen denken, die beiden am Ende noch geschlossenen Türen hätten dieselbe Gewinnchance von 1/2. Entwicklungspsychologen wie der Schweizer Jean Piaget haben festgestellt, dass wir als Kinder Wahrscheinlichkeiten intuitiv verstehen lernen als Anteil der möglichen Fälle für ein Ereignis unter allen Fällen. Viele verwenden diese Intuition auch als Erwachsene. Diese Intuition scheitert dann, wenn nicht alle möglichen Fälle dieselbe Chance des Auftretens haben. Beim Werfen zweier Würfel etwa gibt es 11 mögliche Augensummen von 2 bis 12. Doch keine hat die Wahrscheinlichkeit 1/11.

Für alle, die Spaß am Ziegenproblem hatten, gebe ich noch eine kleine Zugabe:

Hinter einer von drei verschlossenen Türen ist ein Auto, hinter den beiden anderen jeweils eine Ziege. Sie zeigen auf eine Tür, sagen wir Tür 1. Der Moderator rutscht aus und öffnet dabei mit gleicher Wahrscheinlichkeit eine von den anderen beiden Türen, die sich zufällig als Ziegentür erweist. Sie können nun bei Ihrer Wahl bleiben oder zur anderen ungeöffneten Tür wechseln. Ist es günstiger zu wechseln, nicht zu wechseln, oder ist es egal?