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Vielfalt in der Küche ist der Motor der Branche

 

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© Michael Urban/ddp

Heute kam ein Händler an die Türe und brachte uns frischen Wasabi vorbei. Meine Köche (ich nenne sie auch gerne liebevoll meine Jugendgruppe, weil der Anführer der Combo erst 23 Jahre alt ist), jedenfalls, die Mädchen und Jungs waren ganz begeistert, bis ich mich dann zu Wort meldete. Wasabi schmeckt wie sauscharfer, deutscher Meerrettich und ich erklärte, dass mir unser Meerrettich genüge.

Wenig später musste ich alles nochmal verdeutlichen, indem ich sagte, dass ich kein verbohrter alte Knacker bin, sondern mir geht es um Sortenreinheit. Die Gäste, welche die Wielandshöhe aufsuchen, haben eine ganz bestimmte Vorstellung. Mir ist nämlich noch ein Gast in Erinnerung, der vor vielen Jahren ein asiatisches Gericht bei mir ablehnte indem er sagte: “Herr Klink, ich komme gerade von einer Geschäftsreise aus Asien und ich bin bei einem Schwaben zu Gast, und ich will die Küche eines Schwaben und nicht die eines Chinesen!”

Meinen Köchinnen und Köchen erklärte ich dann, dass beispielsweise einem Italienischen Restaurant aus gutem Grund misstraut wird, wenn es dort Maultaschen, Pommes und Spätzle mit Soß’ gibt. Es ist also nicht Verbohrtheit, sondern die klare Linie, die mir Crossover, Seniorenteller, Pumucklteller, Fitnessmenüs, Businesslunch oder sonstige exotische Angebote verbietet.

Ich glaube, es ist der Wahn der Köche und Wirte, keinem anderen Kollegen einen Gast zu gönnen, und deshalb wird alles getan, damit der Kunde im selben Haus die ganze Welt rauf und runter essen kann. Nach meiner Beobachtung funktioniert das überhaupt nicht, sondern solche Angebote riechen stark nach Kundenfang mit dem Lasso und nach Verzweiflung.

Auch wenn meine Freunde im neuen Häuptling den Herrn Dollase auf den Arm nehmen und die Molekularküche in die Frankensteinecke rücken: Eines muss ich auch mal richtig stellen, ich bin nicht intolerant.

Ich mag es, wenn ein Juan Amador die sogenannte Molekulareküche kocht, oder jemand Crossover macht, weil er jung und womöglich auch noch welterfahren ist. Vor allem mag ich, wenn ein Koch das kocht was er wirklich kann, und dafür lebt und total einsteht. Deshalb habe ich vor Ferran Adriàs Experimenten großen Respekt. Jedenfalls macht der spanische Meister seine Arbeit mit Inbrunst und es grenzt fast an Ernährungsstalismus, wenn man sich dagegen echauffiert. Okay, ich tendiere zum Kalbskotelett, aber “was dem einen sein “Uhl” ist dem anderen sein Nachigall”, und Vielfalt in der Küche ist der Motor der Branche.

PS: Deshalb, wenn sich jemand mit Aldifutter ruiniert, dann ist das für mich kein Grund für Aufregung, Hauptsache ich werde dazu nicht eingeladen.