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Der Geschmack des Meeres

© ohneski/Photocase

Austern zu schlürfen weckt bei mir Assoziationen wie Brandung, wie den Geruch der Küste. Jodig, nach frischen Algen, salzig. Halt nach Meer, nach Gischt. Beim Austern schlürfen schließe ich gerne die Augen und denke ans Meer, deswegen ist zwischen den beiden Schalen für mich immer ein bisschen Urlaub und Freiheit und Weite.
Austern kommen aus dem Wasser, genauso wie Fisch. Manchmal finde ich eben diesen ursprünglichen, frischen, unangetasteten Geschmack ansatzweise auch bei sehr frischem Fisch, aber nicht immer. Auch Meeresbohnen und frische Algen schmecken so, können diesen Geschmack mit ins Binnenland bringen.

Wenn naturbelassenes Meersalz mit H2O vermischt wird, müsste diese Lösung ja auch so schmecken wie Meerwasser. Tut sie aber nicht. Dies lässt den Schluss zu, dass beim Verdunstungsprozess des Meerwassers sich die Inhaltsstoffe, die nach Meer schmecken, wohl verflüchtigen.

Wenn ich genau diesen besonderen Geschmack nun dennoch gerne im Fisch drinhätte, und zufällig auf hoher See der Maschinenraum eines Kreuzfahrtschiffes die Möglichkeit bietet Meerwasser abzuzapfen, will ich es doch mal versuchen.

Meerwasser-Entsalzungsanlage im Maschinenraum

Gesagt, getan. Meerwasser auf hoher See in Edelstahleimer abgefüllt und Lachsfilets für 20 min darin eingelegt. Das Fischfleisch wird durch Osmose in kürzester Zeit fest und prall, fast wie trocken gebeizter Lachs, aber saftiger. Und da ist er wieder, der Geschmack, den ich gesucht habe. Dieser reine, unverfälschte Geschmack.

Die Gelegenheit, frisches Meerwasser verwenden zu können, werde ich nicht alle Tage haben. Und Fisch schmeckt ja auch gut, so wie ich ihn seit Jahren ohne Meerwasser zubereite. Dennoch war es ein Versuch, der gelungen ist und überzeugt hat.

 

Louisiana Oysters

Es scheint, fast überall, wo wir hinfahren, gibt es Austern!
Hier im Brackwasser vom Golf vom Mexico wachsen die Austern etwas anders als gewohnt. Nämlich nicht in Kulturen wie in Europa, sondern wild im ca. 1-3m tiefen, riesigen Lake Borgne im Osten von New Orleans.

Auf unserem kleinen „fishingtrip“ (gefangen haben wir leider nichts, Wasser zu kalt, zu windig…das kennt man ja von der Jagd) kamen wir an einem Austernfischerboot vorbei. Das schleppt ca. eine Minute lang ein kleines rechteckiges Netz über den Meeresboden, der Inhalt wird auf einem Tisch sortiert, die kleinen Austern zurück ins Wasser geworfen und die größeren mit einer Art Handbeil voneinander getrennt.

Danach mussten wir die Austern probieren. Sie sind wegen des Brackwassers etwas verhalten im Salz, so eine Art „Belon“, die im Südstaaten-Style verspeist werden: mit einer Sauce aus Ketchup, Meerrettich und Tabasco, ganz schön scharf, dazu ein Amber Bier, so halbdunkel gebraut, da verlassen wir gewohnte Pfade. Als Beilage gibt es Pommes, der Salat auf dem Bild gehört nicht zu den Austern.

 

Pazifische Austern

Als alter Austernliebhaber musste ich gleich bei unserer Fahrt nach Campbell River auf Vancouver Island in Fanny Bay anhalten, um die Austern zu probieren. Eine Sorte ist ähnlich unseren „Fin de Claires“, nur die kleinest Größe wäre bei uns schon „XXL“.
Die andere ist sehr klein, gerade mal so wie eine Herzmuschel. Geschmacklich im Sommer eher etwas „fett“, und, was sofort auffällt, nur halb so salzig wie z.B. die Bretonischen. Die großen schmeckten gut, und die kleinen, von denen ich leider den Namen nicht behalten habe, sind eine Wucht, selten so gute Austern verspeist. Im Tresen lagen noch  Jakobsmuscheln, ich fragte, wann die Saison ist, das Mädel sagte, eigentlich immer.
Also her damit, ein Pfund in die Tasche, und sie schmeckten genauso gut wie die Austern, einfach Klasse!

So und jetzt geht’s weiter zum Lachsfischen nach Campbell River, auf einer Tafel am Stadtrand steht: „Salmon Capital of the World“, schaun wir mal…

 

NY III: der ultimative Austernkick

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beim Japaner um die Ecke, das klingt richtig „prollig“ aber es war so, habe ich Austern mit Limonensorbet und Weißfischrogen verspeist. Super!

Das werde ich für mich auf jeden Fall zubereiten, mal schnell gedacht, Limonensaft, Weißwein und Zucker (13° Beaumé = spezifisches Gewicht bzw. Zuckerwaage, es darf nicht zu süß sein!) in der Maschine gefrieren, dazu der Weißfischrogen und obendrauf ein bischen Tomatenconcasée und ganz fein geschnittene Frühlingszwiebeln.

Das Zitronensorbet kann man auch, wenn man keine Sorbetmaschine in der Nähe hat, als Granité zubereiten, d.h. in einem Blech wird die Grundmasse ca. 1cm hoch eingefüllt und wenn es angefroren ist immer wieder „zerstören“, bis die Massen in vielen kleinen Eiskristallen gefroren ist.

 

NY II: Oyster Bar at „Grand Central Station“

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Da schlägt das Herz für Austernfreunde höher und höher…ein Wahnsinn!

Die Räume sind zweigeteilt, der eine Teil erinnert an ein Bistro mit rotkarierten Tischdecken, auf der anderen Seite befindet sich die Bar, von der aus man drei wieselfliken Austernöffnern und den Köchen bei der Zubereitung der Clam Chowder  zuschauen kann. Es gibt einfach alles, was mit „Seafood“ zu tun hat, und das im zweiten Untergeschoss eines Bahnhofes!

Die Auswahl ist riesengroß, ich bestellte eine „Bloody Mary“ mit einer Auster zum Aperitif. Dann eine Platte mit 8 verschiedenen Austern: Bluepoint NY, Bras d‘ Or Nova Scotia, Chincoteague Virginia, Cottut Masachusetts, Meximoto Baja Mexico, Fire Iland Long Island, Oysterville Washington State, und die besten waren die kleinen Kumamoto aus Oregon! Danach orderte ich „Fried Oysters“ mit Tartar Sauce und Fritten.  Alles ganz super! Und eine große Weinauswahl mit allem, was das Herz begehrt –  sogar ein Grauer Burgunder aus Königschaffhausen am Kaiserstuhl ist dabei!

Und wer gar keine Zeit hat, der geht an ein großes Fenster und nimmt sich die Köstlichkeiten mit.

 

Austern & Silvester

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zwischen Weihnachten und Silvester werden wohl die meisten Austern im Jahr verspeist. Mir schmecken sie hervorragend, das erste Austernerlebnis hatte ich während der Lehre in Oberbergen: Franz Keller fuhr täglich nach Colmar zum Einkaufen. Wir fragten ihn, ob er uns (2 Kollegen und mir) einen Korb Austern mitbringen könnte. Er meine es gut, es waren 150 St. „fin de Claire“, die wir nach der Arbeit abends im meinem Zimmer auf einer großen Silberplatte mit Eis und Algendekoration verspeist haben. Nicht alle, bei 145 war Schluss, der Chablis leer, und mein Zimmer mit Austernschalen übersät. Die Begeisterung meiner Vermieterin hielt sich auch in Grenzen, am Nachmittag, als ich von der Arbeit kam, sagte sie in breitestem Kaiserstühlerisch: „die Muschle komme aber wieder aus dem Zimmer!!!!“

Es gibt ja viele Zubereitungsarten: natur, mit Zitrone, Schalottenvinaigrette, die Amerikaner „verfeinern mit Tabasco“, ich mag sie entweder mit Zitrone oder leicht anpochiert und mit Hollandaise gratiniert.

Ein Wort noch zum Austernöffner, der gezeigte ist optimal, alle anderen mit Handschutz usw. die Aussehen wie ein „Spielkarten Pik“ sind nur zum Anschauen, oder man wirft sie gleich weg….

 

Unbekannte Austern am Kaiserstuhl

in meiner Lehrzeit im Schwarzen Adler in Oberbergen, so 1978 im zweiten Lehrjahr muss es gewesen sein, fragten wir unseren Chef Franz Keller jun., ob er uns eine Kiste Austern vom Fischhändler in Colmar mitbringen würde.

Kein Problem – die Kiste war nur etwas größer als wir dachten. 150 St. „Fin de Claire“, kleine Größe. Na ja, wir schauten einmal wie weit wir kommen. Wir, das waren noch 2 Köche und ich. Von der Chefin kauften wir ein paar Flaschen Chablis, Brot und Butter, einige Zitronen und liehen uns die große Silberplatte aus dem Restaurant, auf die wir Eisstücke verteilten.

Das einzige kleine Problem war, die Sause stieg nach dem Abendservice auf meinem möblierten Zimmer, wir hatten unseren Spaß, die Austern schmeckten großartig, der Wein auch und wir haben tatsächlich 143 Stück geschafft.

Am nächsten Tag bekam ich von meiner Vermieterin die gelbe Karte.
„Wenn diese Muscheln nicht augenblicklich aus dem Zimmer verschwinden, dann fliegst du raus!“
Ich antwortete: „Aber Frau Zähringer, das sind doch Austern… sie wollte sich aber auf keine Diskussion mehr einlassen…..und hat mich troztdem weiter wohnen lassen.

 

Austernöffner im Bild

So, damit sich jeder auch ein Bild von den von Vincent erwähnten Austernöffnern machen kann, hier die Modelle:

Links zwei bretonische, super Form ohne Handschutz, man hat ja sowieso einen Handschuh oder ein Torchon um die Finger.

Dann einer aus San Francisco mit etwas längerer „Klinge“, liegt perfekt in der Hand.

Ich pflichte den Ausführungen von Vincent ohne Wenn und Aber bei – es kommt nur diese Form in Frage und kein Schickimicki-Öffner, der nur in der Schublade liegt, weil der Besitzer sowieso nicht weiß, wie Austern aufgehen.

So und dann noch 2 Jakobsmuschelmesser, groß & klein, zum auslösen der frischen Muscheln, zuerst schneidet man auf der Innenseite der flachen Oberseite den Muskel durch, hebt den flachen Deckel ab und löst die fleischige „Muschel“ aus der Kalk-Muschel aus.

Diese Messer habe ich bisher nur in Frankreich gesehen.

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Austern öffnen u. deutsche Betulichkeit

Mit dem Fernsehen ist es genauso wie mit der Feinschmeckerei. Das Publikum ist längst nicht so blöd, wie die Macher glauben. Beim Italiener kriegt man den ganzen Fisch auf den Teller gelegt. Niemand wundert sich, der Gast macht sich an die Arbeit und alles ist prima. In der oft betulichen Sternegastronomie ist alles filiert und möglichst noch vorgekaut.

Austerngabeln haben an der einen Seite einen scharfen Rand. Das hat seinen Grund. Denn ganz übel sind vorgelöste Austern. Das Seewasser wird durch ein Sieb gekippt, die Austernschalen werden ausgewaschen, und dann kommt das vom Koch befingerte Tier wieder in die Austernschalen und das gesiebte Seewasser drüber. Widerlich!

Ist man nicht in der Lage, Austern splitterfrei zu öffnen? Ist es die Angst des Sternekochs, der Gast könnte einen kleinen Partikel Perlmutt erwischen und daran kollabieren? Klar gibt es gewisse idiotische Feinzungen, die lieber den Giftsalat akzeptieren, als an einer Blattlaus durchzuknallen. Was die Austern anbetrifft, so ist die Ursache der Perlmuttsplitter beim deutschen Werkzeug zu suchen. Beispielsweise ist der Rösle-Austernbrecher höchstens für Steinmetzarbeiten geeignet. Das wirklich einzig taugliche Instrument (ohne Ausnahme) ist der französische schmale, lanzettartige Austernöffner und nicht die breite deutsche Schaufel, die aussieht wie ein Parmesan-Stechbeutel.