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Paper Memories

In Theo Putzus bewegendem Kurzfilm Paper Memories versucht ein älterer Herr, sich mithilfe von Fotos an eine glücklichere Vergangenheit zu erinnern. Besonders interessant ist dabei das Verhältnis zwischen Inhalt und Umsetzung: Paper Memories ist nämlich nicht gefilmt, sondern wurde aus rund 4000 Einzelaufnahmen in Stop-Motion ähnlich wie die Erinnerung des Protagonisten im Film „rekonstruiert“.

 

Kichwateli: Berlin trifft Nairobi

Kichwateli („Fernsehkopf“) ist ein Beitrag für das BLNRB-Projekt des Goethe-Instituts – einer Kooperation zwischen deutschen und kenianischen Musikern. Der Soundtrack kommt vom Berliner Elektronik-Duo Modeselektor in Zusammenarbeit mit der kenianischen House-Band Just A Band und dem Künstlerkollektiv Maasai Mbili aus Nairobi. Die passenden Bilder stammen von Bobb Muchiri alias Studio Ang.

 

Afghanistan: Touch Down in Flight

Zwischen 2006 und 2008 lebte der Journalist und Filmemacher Lukas Augustin in Afghanistan. Im Frühjahr dieses Jahres kehrte er dorthin zurück, um einen Film zu drehen, der die menschliche Seite des Landes zeigen sollte. Herausgekommen ist mit Touch Down in Flight ein fünfminütiger Film, der weder Fotojournalismus noch klassische Dokumentation ist. Stattdessen bedienen die Aufnahmen einen ebenso künstlerischen wie emotionalen Anspruch und zeigen Bilder, die man in dieser Intensität nur selten sieht. Welche Hoffnungen und Erwartungen sie an das Projekt hatten, erzählen Lukas Augustin und seine Frau Salome im Interview.

ZEIT ONLINE: Herr Augustin, sie haben zwei Jahre in Afghanistan gelebt. Haben wir hierzulande ein falsches Bild von dort?

Lukas Augustin: Die Bilder, die man in den Medien aus Afghanistan bekommt, sind oft geprägt von einem sehr verklärten Blick. Entweder werden die Afghanen zu edlen Wilden gemacht oder als Terroristen dargestellt, die sich selbst in die Luft jagen. Unser westlicher Blick auf Afghanistan ist eine Collage, die wir uns seit 9/11 aus immer gleichen Bildern gebastelt haben: bärtige Männer, Soldaten, unterdrückte burkatragende Frauen. Und all das häufig aus der Sicht von „eingebetteten“ Journalisten. Der Eindruck desillusioniert.

ZEIT ONLINE: Die Darstellungen in den Medien sind ja grundsätzlich nicht falsch.

Salome Augustin: Natürlich finden in Afghanistan grausame Dinge statt, die wir als Journalisten und Filmemacher auch zeigen müssen. Aber dies ist eben nur ein Aspekt. Das Land ist vielseitig und vor allem leben in den Kriegswirren Menschen, die wir oft aus dem Blick verloren haben. Den Krieg und Terror wollen wir mit unserem Film auch gar nicht ausblenden, sondern ergänzen und zeigen, was Afghanistan eben auch ist.

ZEIT ONLINE: Ein Anlass für den Film war nichtsdestotrotz der Tod einer Freundin von Ihnen in Kabul.

L. Augustin: Ja, Gayle Williams. Eines Morgens war sie auf dem Weg ins Büro, als zwei Taliban sie von einem Motorrad aus erschossen. Sie war Therapeutin und arbeitete mit Menschen mit Behinderungen, die gesellschaftlich ausgegrenzt werden. Ihre Hingabe hat mich fasziniert. Mit unseren Bildern wollen wir diese von den Medien ausgegrenzten Gesichter zeigen.

ZEIT ONLINE: Das zeigt, das Afghanistan auch für Fotografen und Journalisten immer noch gefährlich ist. Gab es eine heikle Situation während Ihres Drehs?

L. Augustin: In Mazar-i-Sharif filmten wir an der Blauen Moschee. Nach und nach bemerkten wir, dass wir in ein Treffen von Mullahs gerieten, uns wurde unwohl und wir verließen das Gelände. Am nächsten Tag reisten wir zurück nach Kabul und erfuhren, dass sich an dem Morgen in der Blauen Moschee ein Mob gebildet hatte, der anschließend das UN-Gebäude stürmte und mehrere Menschen ermordete. Auch in Kabul gab es in einigen Stadtteilen Unruhen und einen Anschlag, so dass wir zeitweise nicht das Haus verlassen konnten.

ZEIT ONLINE: Wie reagieren die Menschen, wenn ein Europäer die Kamera auf sie richtet?

L. Augustin: Sie sind zunächst misstrauisch, können unsere Aufmerksamkeit für einen vorbeilaufenden Esel nicht nachvollziehen. Viele sehen die Schönheit ihres eigenen Landes nicht mehr. Einige haben sich in die Vergangenheit der 1960er und 70er Jahre geflüchtet, wenige sehen noch eine Perspektive. Der Vorteil für uns war, dass ich die Landessprache spreche. Wenn wir ihnen die Aufnahmen gezeigt haben und erklärten, was wir vorhaben, freuten sich viele, und mancher fragte sogar, ob er noch einmal durchs Bild laufen solle. Wir merken auch an den Reaktionen im Netz, dass viele Afghanen rund um die Welt berührt sind, ihr Land in einem anderen Licht zu sehen.

ZEIT ONLINE: Und viele andere Leute wollen das offenbar auch sehen…

S. Augustin: Damit hätten wir vorher nicht gerechnet. Gerade haben wir eine E-Mail von einem amerikanischen Vater bekommen, dessen beide Söhne gerade als Soldaten in Afghanistan sind. Er war dankbar für dieses Bild, da er sich kein Leben in dem Land dort vorstellen konnte. Aus Hunderten E-Mails und Reaktionen wurde uns bewusst, dass viele von dieser menschlichen Seite zwar wissen, sie aber nicht greifbar ist.

ZEIT ONLINE: Sie haben Ihren Film zunächst in der iPad-Ausgabe des SZ Magazins veröffentlicht, der Film hat sich über das Internet verbreitet. Glauben Sie, dass diese neuen Formen und Vermarktungsstrategien Zukunft haben?

L. Augustin: Der Markt ist gerade dabei, sich umzustellen. Einen Standard gibt es noch nicht. Aber die amerikanischen Medien, haben uns, was Experimentierfreude angeht, einiges voraus. Zwei Tage nach der Veröffentlichung rief Brian Storm von MediaStorm aus New York an und lizensierte Aufnahmen für einen Dokumentarfilm. Unser Film wurde über soziale Netzwerke angekündigt und bekam in den ersten fünf Tagen schon 100.000 Views. Das zeigt, dass hier definitiv Interesse besteht.

 

Timelapse-Aufnahmen aus dem Weltall

Sogenannte Timelapse oder Zeitraffer-Videos gibt es inzwischen viele. Aufnahmen der Erde aus dem Weltall ebenfalls. Wenn man beides kombiniert, richtig schneidet und ein wenig digital nachbearbeitet kommt allerdings etwas heraus, das man nicht alle Tage sieht: Der folgende Film von Aufnahmen der Internationalen Raumstation ISS beispielsweise, zusammengestellt von Michael König.

Was genau man in den jeweiligen Einstellungen sieht, steht in der Videobeschreibung auf Vimeo.

 

Auf dem Drahtseil über den Fjord

Im Jahr 1974 spannte der französische Artist Philippe Petit ohne Erlaubnis ein Drahtseil zwischen die beiden Türme des World Trade Centers. Fast 45 Minuten lang schockierte und faszinierte er mit seiner Performance die Passanten und Polizisten auf der Straße. Auch heute sind Hochseilläufer und Extremsportler weltweit immer auf der Suche nach neuen Orten und Herausforderungen, um ihre Balance in luftiger Höhe zu testen.

Für seinen Dokumentarfilm I Believe I Can Fly begleitete der sportbegeisterte Filmemacher Sebastien Montaz-Rosset eine Gruppe Hochseilläufer und Basejumper bei ihren Unternehmungen. Über die Dächer von Paris und die verschneiten Alpen führt es die Sportler schließlich auf den Kjerag in Norwegen. Rund 600 Meter über dem Fjord wollen Montaz-Rosset’s Landsleute Julien Millot und Tancrede Melet die Schlucht auf dem Seil überwinden – teilweise ohne Netz und Sicherheitsleinen.

Montaz-Rosset gelingt es, in dem 40-minütigen Film nicht nur schwindelerregende Bilder, sondern auch die Motivation der Sportler einzufangen, deren positive Anspannung in einigen Szenen förmlich auf die Zuschauer überspringt. Zusammen mit kurzen Interviews, Aufnahmen der Vorbereitungen und schönen Landschaftsaufnahmen gibt I Believe I Can Fly mehr als nur einen interessanten Einblick in die Szene der sogenannten Highliner.

Zwei Tage lang war der komplette Film auf der Website der Macher zu sehen. Nun kann man ihn für einen kleinen Betrag downloaden. Hier der Teaser:

 

Moving Day

Was passiert, wenn ein kleines Mädchen im Garten des neuen Anwesens auf nicht ganz so freundlich gesinnte Feen trifft, zeigt Moving Day, ein preisgekrönter Kurzfilm von Jason Wingrove.

 

Sag NEIN zu ACTA

Seit 2008 diskutiert man in der EU und zehn weiteren Ländern das sogenannte Anti-Counterfeiting Trade Agreement, kurz ACTA. Genau geht es dabei um ein internationales Handelsabkommen zur Bekämpfung von Urheberrechtsverstößen, Produktfälschungen und Patentverletzungen. Die Gegner warnen dagegen vor Eingriffen in die Privatsphäre, Internetregulierungen und Handelsmonopolen, die in Folge des Abkommens entstehen könnten. Die folgende Animation der Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net fasst die Kritikpunkte noch einmal zusammen und plädiert für ein klares „Nein“ bei einer etwaigen Abstimmung.

 

Oddisee: Die Serie mit den Außenseitern

Sie nennen sich Juggalos, Lichtesser oder Furrys. Sie malen sich Clownsgesichter, nähren sich mit Energie oder verbringen ihr Leben als Plüschtier verkleidet. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie gehören Subkulturen an, die sich ihre eigene Realität erschaffen haben und sich in kleinen Gruppen oder Internetforen zusammenfinden. In der Öffentlichkeit sieht man sie dagegen selten – zu groß sind die Vorurteile und das Unverständnis der Mitmenschen.

Annikki Heinemann und Anna Piltz, zwei junge Berlinerinnen, möchten das ändern. Seit knapp einem Jahr porträtieren sie auf oddisee.tv Menschen, die nicht in klassischen Dokumentarfilmen auftauchen. Ohne Kommentar und Erklärungen zeigen die kurzen Filme die Menschen in ihrem Alltag. Was bei einer Gruppe Nacktwanderern in den Alpen durchaus heiter wirkt, weicht in anderen Episoden schnell einer bedrückenden Einsamkeit. Es bleibt die Erkenntnis, dass es sich hier eben nicht um „Freaks“ handelt, sondern um Menschen, denen ihre Eigenart als Ventil dient, um dem Alltag ein Stück zu entfliehen. Den Macherinnen geht es nicht um Bloßstellung, sondern um die Geschichten dahinter. Und tatsächlich sind die Gefilmten häufig ganz anders, als man zunächst erwartet.

ZEIT ONLINE: Oddisee bezeichnet sich als Dokumentation „fernab bekannter Wege“. Woher kam Ihr Interesse an Subkulturen?

Annikki Heinemann: Anna und ich haben zusammen Kulturwissenschaften studiert und unser Studium war thematisch beschränkt auf Hochkultur, Theater und Museum. Wir haben angefangen, uns für das Gegenteil zu interessieren und das dann im Verlauf des Studiums zu unserem Steckenpferd gemacht. Das Interesse an Sub-, Gegen- und Jugendkulturen und auch die Theorie dahinter kam also noch vor dem Filmen.

ZEIT ONLINE: Warum haben Sie sich entschieden, daraus eine Serie im Netz zu machen?

Anna Piltz: Teilweise aus Frustration. Wir hätten das Projekt gerne für das Fernsehen produziert. Aber die Sendeplätze sind so strukturiert, dass Konzepte, die keine Stimme aus dem Off haben, die nicht mit dem Finger zeigen und erklären, einfach keinen Platz finden. Wir haben uns entschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Das Internet war die nächstliegende Option.

Heinemann: Die Redakteure und Produzenten, die beim Fernsehen sitzen, sind doch sehr konservativ und wenig offen Leuten gegenüber, die nicht schon 50 Projekte vorzuweisen haben. Wir hatten mit einigen Leuten gesprochen und es hieß häufig, das Thema sei „zu spitz“ und nicht fernsehtauglich. Aus finanzieller Sicht ist es jetzt natürlich schwieriger. Um mit so etwas im Netz Geld zu machen, braucht man utopisch hohe Klickzahlen. Dafür sind wir aber nicht kommerziell genug.

ZEIT ONLINE: Wie findet man die Menschen, die von Ihnen porträtiert werden?

Heinemann: Das ist sehr unterschiedlich. Meistens versuchen wir, die Leute über Foren zu finden. Wenn wir sie erst angesprochen haben, reagieren die meisten überraschend positiv. Das liegt vermutlich auch daran, dass wir eben eine Indie-Produktion sind und nicht RTL, wo die Leute meist vorgeführt werden.

Piltz: Viel Recherche gehört dazu. Wir sind teilweise tage- oder wochenlang in Foren unterwegs, in Chats und in E-Mail-Kontakt mit Leuten. Während der Dreh und das anschließende Schneiden meist an einem oder zwei Tagen oder einem Wochenende durch ist, brauchen wir manchmal drei Monate, um die richtigen Personen zu finden. Wir müssen das natürlich immer auch mit unserer normalen Arbeit abstimmen.

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