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Lego „Breaking Bad“

Lego-Parodien gibt es haufenweise im Netz, aber Brian Anderson hat für sein Projekt ganz tief in die Trickkiste gegriffen und ein fiktives Lego meets Breaking Bad Videospiel animiert!

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Relaunch bei Arte und der ARD

Als hätten sie meinen kritischen Beitrag über die Mediatheken kürzlich gelesen, haben in den vergangenen zwei Wochen sowohl Arte als auch die ARD ihre Online-Auftritte maßgeblich überarbeitet. Bei der ARD betrifft das unter anderem die Seiten der Tagesschau, daserste.de und ard.de. Ab sofort bestimmen horizontale Themenblöcke das Bild, die Seiten sind nun responsive für mobile Endgeräte und vor allem: auch die Videoplayer und damit die Inhalte aus der Mediathek wuren für die mobile Nutzung angepasst.

© Gugelproductions
© Gugelproductions

Noch umfassender fiel der Umbau bei Arte und Arte+7 aus. Hier steht neben optischen Anpassungen viel unter dem Motto „TV-Experience“, wie Bertram Gugel (der daran beteiligt war) in einem längeren Blogeintrag zum Projekt schreibt. Ziel der Entwickler war es demzufolge, gleichzeitig das TV-Erlebnis mit den Vorteilen des Online-Mediums zu verbinden. So haben Shows inzwischen eigene URLs, die sich einfacher empfehlen und kopieren lassen – und damit natürlich auch die Diskussion über Kommentare und soziale Netzwerke erleichtern (Stichwort Social TV).

Gleichzeitig bündelt Arte auf seinen Websites künftig besser die Informationen zu einzelnen Sendungen mit den jeweiligen Videos der Mediathek: Wenn das Programm in Zukunft läuft, gibt es dort zunächst eine Ankündigung, zur Ausstrahlung dann den Livestream und wenig später den Link zur Mediathek. Der Vorteil: Programmheft und abrufbare Inhalte sind besser miteinander verknüpft, die Verweildauer auf der Seite steigt. Und vor allem: Die Mediathek wirkt nicht mehr bloß wie ein langweiliges Archiv, dessen Inhalte nach und nach verpuffen. Es macht mehr Spaß, Sachen zu entdecken.

Sowohl ARD als auch Arte haben also erkannt, dass die Präsentation der Inhalte auch online ein komplettes und schlüssiges Erlebnis für die Zuschauer bilden muss. Dazu gehört nicht bloß die technische Optimierung auf verschiedene Endgeräte, sondern auch das richtige Umfeld. Denn je mehr Menschen TV-Inhalte on-demand gucken, desto wichtiger wird die User-Experience im Netz.

 

Die Zukunft des linearen Fernsehens

Vergangene Woche war ich in München auf den Audiovisual Media Days. In einer Roundtable-Diskussion (siehe Video) ging es um die Frage, ob sogenannte OTT-Dienste (dazu gehören alle Videodienste im offenen, also nicht Provider-abhängigen Netz, soll heißen sämtliche Video-on-Demand-Angebote, Mediatheken, und, je nach Definition, auch YouTube) den klassischen, linearen TV-Sendern das Wasser abgraben. Die Diskussion war thematisch sehr breit angelegt, was erwartungsgemäß dazu führte, dass viele Aspekte angesprochen aber nicht alle ausdiskutiert wurden. Trotzdem war es eine interessante Runde.

Meine These bestand darin, dass sich die klassischen Fernsehanstalten in Zukunft noch stärker mit alternativen Inhalten im Netz auseinandersetzen müssen. Die Gefahr für das lineare Fernsehen besteht meiner Meinung nach nämlich nicht nur darin, dass Fernsehinhalte im Netz geguckt werden (sei es etwa Spielfilme auf Maxdome oder Lovefilm, oder aktuelle Sendungen in den Mediatheken) sondern dass junge Zuschauer auch andere Inhalte suchen, die es im Netz, aber eben nicht im Fernsehen gibt. Gerade dieser long tail kann damit dem Fernsehen Zuschauer kosten – wenn es den Medienanstalten nicht gelingt, ihr Programm mittelfristig anzupassen.

Ein Punkt der Diskussion war folglich auch die Frage nach der Zukunft des linearen Fernsehens. Eine vielzitierte Zahl der ARD/ZDF Onlinestudie 2012 besagt etwa, dass die Menschen in Deutschland im Durchschnitt nicht weniger TV gucken als vor einigen Jahren, im Gegenteil: Mit im Schnitt vier Stunden (242 Minuten) pro Tag hat man im vergangenen Jahr einen neuen Rekord aufgestellt. Man könnte also sagen, der mutmaßlich negative Effekt des Internets auf das Fernsehen existiere gar nicht.

So leicht ist es natürlich nicht. Denn wie auch die Onlinestudie am Ende feststellt, steigt der Konsum von Bewegtbildern im Netz kontinuierlich an. Zur Zeit aber eben noch vor allem als Ergänzung und nicht als Substitution von TV-Inhalten. Katharina Behrends von NBC Universal Deutschland, die mit mir an der Diskussion teilnahm, glaubt, dass sich daran so schnell nichts ändern wird.

Der lineare Konsum altert mit seinen Konsumenten

Ich bin anderer Meinung, auch wenn ich eher an eine evolutionäre Entwicklung als eine disruptive glaube. Die entscheidende Frage ist, wie sich das in den kommenden Jahren mit der steigenden Nutzung von mobilen Endgeräten entwickelt. Es ist anzunehmen, dass die Nutzergruppen, die immer häufiger online Videos gucken, sich stärker vom stationären TV-Konsum wegbewegen. Denn das sowohl der lineare Konsum stabil bleibt und der mobile Konsum weiter steigt, ist ab dem Erreichen eines bestimmten Levels unwahrscheinlich: Wir werden auch in fünf Jahre nicht zehn Stunden am Tag Videos gucken nur weil es die technischen Möglichkeiten für den „Überall-Konsum“ gibt. Stattdessen wird sich ein Verbreitungsweg langsam durchsetzen.

Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch Stefanie Aßmann vom Blog We Make SocialTV. Sie besuchte unlängst den NewTV Kongress in Hamburg, auf dem ganz ähnliche Fragen diskutiert wurden wie auf den Audiovisual Media Days (und allen anderen Konferenzen zum Thema). Denn auch dort zeigten Studien, dass vor allem die 18-24 Jährigen überdurchschnittlich viele Videos online konsumieren. Eine Entwicklung, die sich fortsetzen wird und dazu führt, dass der lineare TV-Konsum weiter mit seinen Konsumenten altert.

Vier jugendliche Teilnehmer machten noch eine weitere interessante Aussage:

„Die Aussage der Teens: Die Interessen der Jugendlichen sind so heterogen, die kann ein Sender eh nicht abbilden. Wenn sie Lust auf Musik habe, möchten sie auch Musik schauen und nicht das was gerade im TV läuft. Sie stellen sich ihr TV Programm also selbst zusammen.“

Womit wir wieder bei meiner oben genannten These wären: Nicht nur das Medium wird in den kommenden Jahren im Mittelpunkt der Diskussion stehen, sondern auch die Inhalte. Darauf müssen sich die Fernsehanstalten einstellen.

 

Amazon testet 14 exklusive Streaming-Serien

Netflix hat es mit House of Cards vorgemacht, und wie die jüngsten Quartalszahlen zeigen, hat sich das Risiko gelohnt. Der Streaming-Dienst verbuchte einen Rekordumsatz im ersten Quartal des Jahres, den viele auch auf Neukunden dank der Serie mit Kevin Spacey zurückführen. Zwar dauert es noch, bis House of Cards die Produktionskosten von geschätzten 100 Millionen US-Dollar eingespielt hat. Doch die Entwicklung ist ein positives Zeichen für den gesamtem Streaming-Markt.

Längst investieren nämlich auch andere Plattformen in Eigenproduktionen, um sich in einem immer umkämpfteren Markt den nötigen Vorsprung zu sichern. Denn nur wer mit möglichst guten, exklusiven Inhalten punkten kann, hat langfristig eine Chance. Für dieses Jahr plant Netflix noch neue Folgen der Kult-Comedy Arrested Development (hier gibt es die tollen Promoposter zu bestaunen) im Mai, und hat mit Hemlock Grove gerade eine Mysterieserie veröffentlicht.

Der Konkurrent Hulu schickt unter anderem die animierte Serie The Awesomes, den Thriller The Wrong Mans und die Doku-Serie Behind the Masks über Sportmaskottchen ins Rennen.

Auch Amazon und sein Streaming-Portal Lovefilm möchten in diesen Markt einsteigen. Dafür fragen sie von vornerein nach den Wünschen ihrer Kunden. Denn statt einzelne Serien gleich komplett zu finanzieren und produzieren, hat Amazon zunächst nur 14 Pilotfilme gedreht, darunter acht Comedy-Formate, die die Zuschauer nun vorab angucken können. Die Serien mit den besten Bewertungen werden anschließend für zunächst 13 Folgen in das Programm aufgenommen. Das Erfreuliche: Alle Pilotfolgen können auch in Deutchland angesehen werden. (Update: Offenbar doch nicht, was verwundert: Denn Lovefilm gibt es im Gegensatz zu Netflix schließlich auch in Deutschland.)

Wie bei Netflix, setzt man auch bei Amazon auf den ein oder anderen bekannten Namen: In der Serie Alpha House etwa spielt John Goodman die Hauptrolle, Bill Murray tritt als Cameo auf. Goodman zeigte sich eigenen Aussagen zufolge zunächst skeptisch über Online-exklusive Serien, war dann aber schnell von der Produktionsqualität überzeugt.

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Crossmedial bis in die Klinik: „About:Kate“

Kate surft auch in der Klinik (© Arte/Ulmen.tv)
Kate surft auch in der Klinik (© Arte/Ulmen.tv)

Kate Harff ist fast 30 aber fühlt sich wie 18. Sie hat exakt 428 Freunde auf Facebook und kennt nur die wenigsten. Tagsüber macht sie was mit Kunst und abends was mit Partys. In der Zwischenzeit hört sie angesagte Indie-Musik und stellt bedeutungsschwangere Bilder in ihr Blog. Und weil sie nicht mehr weiß, was das alles soll, legt sie nicht etwa ihr iPhone zur Seite, sondern weist sich kurzerhand in eine Nervenklinik ein, nur um von dort aus noch mehr im Netz abzuhängen. Klingt unlogisch? Ist es auch, macht aber nix.

Kate, gespielt von Natalia Belitski, ist die Hauptfigur der Arte-Serie About:Kate (ab Samstag 23:45 Uhr oder im Netz). In 14 Teilen, immer Samstagnachts, wird die Psyche der Berlinerin untersucht. In Gesprächen mit ihrer Therapeutin, mit Pflegern, anderen Patienten und Freunden kommen Bruchstücke aus Kates Vergangenheit ans Licht. Zusätzlich gräbt sich Kate per Laptop und Smartphone durch Facebook-Timelines und Blogs, durch Videos, Chats und Tagebucheinträge, um ihre echte Identität wiederzufinden. Doch die Suche bewirkt zunächst das Gegenteil: Die Grenzen zwischen Realität und virtueller Inszenierung verschwimmen, und das nicht nur für Kate, sondern auch für die Zuschauer.

Zuschauervideos erwünscht

Die nämlich sollen möglichst Teil des Projekts sein. „Wir geben dem Zuschauer keine Möglichkeit zu entfliehen“, sagt Christian Ulmen, dessen Produktionsfirma ulmen.tv die Serie gemeinsam mit Arte entwickelt und produziert hat. Das klingt nach einer Drohung und ist es womöglich auch. Denn About:Kate soll auf allen Kanälen unterhalten und lässt keine Gelegenheit aus, die Zuschauer daran zu erinnern: Über fiktive Facebook- und Twitter-Profile, Bilder, Playlisten und Videoclips sollen die Zuschauer möglichst eng mit der Hauptfigur verbunden werden.

Während der Sendung bekommen die Zuschauer zusätzliche Informationen über die Smartphone-App. Eine neue Technik des Fraunhofer Instituts synchronisiert das Handy oder Tablet mit dem Audiosignal des TVs oder Streams. Die App kann somit punktgenau zum Geschehen auf dem Bildschirm Informationen liefern, die Zuschauer verfolgen, auf welchen Websites Kate gerade herumsurft. Über Fragebögen können die Nutzer über den Verlauf der Serie zudem ihr eigenes psychologisches Profil erstellen.

Dazu kommen die Einsendungen der Zuschauer. Schon jetzt wird auf der Website um Material wie Bilder oder kurze Videoclips zu einem bestimmten Thema gebeten, das es später auch in die Serie und damit in Kates Bewusstseinsstrom schafft. Erzählerisch ändert sich dadurch natürlich nichts. Es verleiht den Zuschauern aber ein Gefühl der Beteiligung. Auch wenn die Zahl der Einsendungen zu einigen Themen zu wünschen lässt.

Fernsehen als Erlebniswelt

About:Kate schließt sich damit dem Trend an, Fernsehen nicht bloß als lineares Programm, sondern als transmediale Erlebniswelt feilzubieten. Ähnliche Projekte gab es bereits. Dass ZDF ließ etwa 2011 mit dem Krimi Wer rettet Dina Foxx? die Zuschauer nach der Ausstrahlung im Netz nach dem fiktiven Mörder fahnden. Aktuell versucht der Pay-TV-Kanal SyFy mit der Weltraumserie Defiance eine Geschichte gleichzeitig im Fernsehen und in einem Computerspiel zu erzählen.

Bei allen Projekten bleibt die Frage, wann man der erwünschten und bisweilen geforderten Interaktion überdrüssig wird. Denn auch About:Kate wünscht sich nicht nur Interaktion, sie ist Teil der Erzählung. Nur wer simultan zur Protagonistin ins Netz eintaucht, kann der Geschichte vom digitalen Burn-Out etwas abgewinnen. Wer sich dagegen nicht nachts um zwölf noch auf die volle Social-Media-Dröhnung einlassen möchte, bekommt ein eher diffuses Fernsehprogramm. Man fragt sich, wieso Kate nicht einfach das iPhone beiseite legt und eine Runde spazieren geht. Das wäre doch viel logischer.

 

Netzfilm der Woche: „Obey the Giant“

Shepard Faireys berühmtestes Werk ist ein pastellfarbenes Stencil mit den Worten „HOPE“ und dem Konterfei Barack Obamas. Zunächst als einmalige Aktion gedacht, entwickelte sich das Motiv schnell zu einem der prägnantesten Bilder von Obamas Wahlsieg 2008. Inzwischen hängt es neben den bekanntesten Porträts der US-Geschichte in der Nationalen Porträtgalerie in Washington.

"André the Giant has a Posse" von Shepard Fairey
„Andre the Giant has a Posse“ von Shepard Fairey

Das Obama-Poster hat Fairey weltberühmt gemacht, doch die Karriere des Streetart-Künstlers begann fast zwanzig Jahre zuvor – mit einer ähnlichen Idee. Es war das Gesicht des massigen Wrestlers André the Giant, das Fairey zu seinem ersten Durchbruch verhalf. Damals, 1990, studierte Fairey an der Rhode Island School of Design (RISD) in Providence. Die Sticker brachten es schnell zu einem gewissen Ruhm in Skater-Kreisen, der große Coup folgte später: Eines Nachts kletterte Fairey auf eine Reklametafel und kleisterte seinen Giganten über ein Wahlplakat des ebenso legendären wie gefürchteten Bürgermeisters „Buddy“ Cianci. Die Aktion war für ein Studienprojekt gedacht, doch die Folgen waren weitreichend: Praktisch jede Lokalzeitung griff die Story des „Vandalen“ auf – und Faireys Kunst war stadtbekannt.

Genau diese Geschichte erzählt der Film Obey the Giant von Julian Marshall. Im vergangenen Frühjahr suchte der 22-Jährige, der nicht zufällig ebenfalls an der RISD studierte und einst ein Praktikum unter Fairey absolvierte, per Kickstarter nach Unterstützern, um sein Abschlussprojekt fertigzustellen. 65.000 US-Dollar kamen zusammen.

Der 20-minütige Film ist bemerkenswert. Marshall hat sich nicht für das naheliegende Genre der Dokumentation entschieden, sondern für einen Spielfilm. Obey the Giant besticht durch seine exzellenten Schauspieler, durch ein bis in die Details ausgeklügeltes Set-Design und nicht zuletzt durch das große Talent des Regisseurs. Kaum jemand würde hinter Obey the Giant einen Studentenfilm vermuten.

Allerdings wird auch nicht jeder Studentenfilm mit so großem Aufwand produziert. An den acht Tage dauernden Dreharbeiten waren 150 Leute beteiligt. Und doch zeigt Obey the Giant, dass sich mit Hingabe und einer guten Idee auch ambitionierte Filme erstellen – und vor allem finanzieren – lassen.

 

Der Junkie am Küchentisch: „Shore, Stein, Papier“

Der namenlose Protagonist von "Shore, Stein, Papier" (© Screenshot/zqnce)
Der namenlose Protagonist von „Shore, Stein, Papier“ (© Screenshot/zqnce)

Als er das erste Mal Shore rauchte, war er gerade 15 Jahre alt. Shore ist in der Drogenszene ein anderes Wort für Heroin. Es waren die späten Achtziger und das Zeug ebenso angesagt wie leicht zu bekommen. Er bekam es vom großen Bruder „des Polen“, eines Schulfreunds. Was anschließend folgt, könnte eine typische Drogengeschichte sein. Der Abhängigkeit folgen Beschaffungskriminalität,  Gefängnis, Entzug, Rückfall und schließlich die Läuterung.

Doch Shore, Stein, Papier ist keine gewöhnliche Sendung – und „er“, der Erzähler kein gewöhnlicher Junkie. Das zeigt schon das Format: Shore, Stein, Papier ist eine Sendung des YouTube-Kanals zqnce (gesprochen „Sequence“). Immer mittwochs gibt es eine neue Folge, die zweite Staffel ist vor kurzem gestartet.

Den Namen des inzwischen etwa Vierzigjährigen erfährt man in den bis heute mehr als 60 Episoden nicht. Auch keine Details zu seinem heutigen Leben. Wie er lebt, ob er arbeitet und clean ist? Diese Fragen bleiben offen – jedenfalls bislang. Es geht vielmehr um seine Vergangenheit: Um seine Jugend im Saarland und in Baden-Württemberg und seinen anschließenden Umzug nach Hannover. Der Vater war zu diesem Zeitpunkt längst weg, der neue Freund der Mutter macht dem 13-Jährigen klar, er sei unerwünscht. Auf einer Party probiert er das braune Pulver aus, und als er von einem erfahrenen Junkie später erfährt, dass es sich bei Shore um Heroin handelt, raucht er schon regelmäßig. Die nächsten Jahre verbringt er zum Teil auf der Straße, sein Leben dreht sich um Diebstähle, Einbrüche und den nächsten Rausch. Mit 18 landet er das erste Mal im Gefängnis.

Aufklärung und Unterhaltung gleichermaßen

Der namenlose Protagonist erzählt diese Geschichte, als würde er mit einem alten Freund reden. Er sitzt stets an einem Tisch, mal in der Küche, mal im Wohnzimmer, mal mit einem Joint, mal mit einer Zigarette in der Hand. Die offensichtlich am Stück aufgenommenen Gespräche sind grob zu Themenblöcken zusammengeschnitten. Die einzelnen Episoden gehen häufig ineinander über. Dabei spricht er nicht ausschließlich von der Drogensucht, auch wenn sie alles andere bestimmt. Stattdessen entspinnt sich eine Geschichte bizarrer Begegnungen. Es geht um Susi und Klein Totti, um LSD-Trips und Pralinenraub. Immer wieder raumgreifend gestikulierend erzählt er seine Erlebnisse, die mal heiter, mal bedrückend sind, und bisweilen an die bildhaften Junkie-Erzählungen Jörg Fausers erinnern.

Auch wenn Shore, Stein, Papier dank des Erzählers meist humorvoll ist, handelt es sich keinesfalls um eine Apologie des Drogenkonsums. Schon nach wenigen Episoden wird deutlich, dass hier jemand spricht, bei dem die Sucht ihre Spuren hinterließ, körperlich wie psychisch. Selim Oezdogan beschreibt im Drogerie-Blog der taz den Protagonisten treffend als jemanden, der sich „nicht als Opfer der Umstände darstellt, keine Rechtfertigungen und Ausreden sucht, aber auch nicht von Schuld und Scham niedergedrückt ist.“ Der Mann ist – und dieses Wort ist im Zeitalter von Scripted Reality angebracht – authentisch. So bietet Shore, Stein Papier sowohl gute Unterhaltung als auch gute Aufklärung. Eine Kombination, die im Programm der TV-Sendeanstalten schwer vorstellbar wäre.

Innovatives Format

Es sind solche Formate, mit denen sich Webvideos vom klassischen Programm absetzen können. Sie sind einfach und direkt, ohne große Vorgeschichte und konstruierte Rahmenerzählung. Der Protagonist und nicht das Thema stehen im Mittelpunkt. Genau mit diesem Vlog-Format – eine Person spricht in eine Kamera – begannen viele der erfolgreichsten YouTuber. Nicht alle von ihnen hatten ähnlich Spannendes zu erzählen. Unter den zahlreichen Comedy- und Lifestyle-Formaten setzt Shore, Stein, Papier einen ernsthaften Kontrapunkt.

Die Sendung ist auch für den YouTube-Kanal zqnce ein Glücksfall. Ende November als eines von zwölf deutschen Originalprogrammen gestartet, hat der Kanal der Produktionsfirma Redframe inzwischen rund 35.000 Abonnenten und fast drei Millionen Abrufe. Das ist zwar kein Topwert – der Comedy-Kanal Ponk hat dank einer großen Community mehr als 300.000 Abonnenten – aber im direkten Vergleich eben auch nicht schlecht.

Viele Zuschauer kommen längst nur wegen Shore, Stein, Papier. Im Schnitt um die 20.000 Abrufe zählen die Episoden. „Mittlerweile ist er fast wie’n Kumpel“, schreibt ein Kommentator unter einer aktuellen Folge. Seine kleine Fanbase hat der Namenlose inzwischen. Wie es dazu kam, kann er ja demnächst noch einmal selbst erzählen.

 

Steve Jobs Satire: „iSteve“

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Der Kinostart der Steve Jobs Biografie Jobs mit Ashton Kutcher in der Rolle des Apple-Gründers wurde unlängst verschoben. Nicht verschoben wurde dagegen die Parodie von Funny or Die. Das 80-minütige iSteve ist einer der ersten Spielfilmversuche des Comedy-Portals, das wie auch die Konkurrenz von College Humor seit einigen Jahren verstärkt auf Eigenproduktionen setzt.

Steve Jobs wird in iSteve von Justin Long gespielt, den viele vor allem aus den „PC vs. Mac“ Werbespots kennen dürften. Die Rolle von Steve Wozniak verkörpert Jorge Garcia, der als Hurley aus Lost bekannt wurde. Ansonsten ist der Film, wie man es von Funny or Die gewohnt ist, alles andere als eine authentische Biografie, sondern eine Satire ohne jeglichen Realitätsanspruch, die zudem innerhalb nur einer Woche entstanden ist.

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