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Wer ist Benjaman Kyle?

„Hallo. Sie wissen nicht, wer ich bin, und um ehrlich zu sein, weiß ich es selbst nicht.“ Der Mann, der diese Worte spricht, hat graues Haar, blaue Augen und ist 1,80 Meter groß. Wie alt er ist, weiß man dagegen nicht. Man schätzt ihn auf 60, ungefähr. Er nennt sich Benjaman Kyle, doch es ist nicht sein richtiger Name. Benjaman Kyle, B.K. – die Initialen sind nach der Burger King Filiale gewählt, hinter der er im August 2004 bewusstlos gefunden wurde. Das Leben eines Mannes endete hinter diesem Fast Food Restaurant in Richmond Hill, Georgia. Das Leben des Benjaman Kyle begann.

© Adam Harbottle/Wikipedia

Als der Mann, der sich heute Benjaman Kyle nennt, im Krankenhaus aufwachte, konnte er sich an nichts erinnern. Nicht an seinen Namen, nicht an seine Adresse, nicht an Freunde oder Verwandte, und nicht einmal an sein eigenes Gesicht im Spiegel. Er hatte keine Papiere mehr mit sich, vermutlich wurde er ausgeraubt und mit mehreren Schlägen auf den Kopf bewusstlos geschlagen. Argwöhnisch beobachteten ihn die Ärzte, Psychologen behandelten ihn zunächst für Schizophrenie. Die tatsächliche Diagnose kam erst später: Kyle leidet unter einer dissoziativen Amnesie, dem vollständigen oder teilweisen Verlust von Erinnerungen.

Es klingt wie eine Geschichte aus Hollywood, doch sie ist wahr. Das eigentliche Leiden von Benjaman Kyle begann aber erst, als die körperlichen Schmerzen aufhörten: Denn Kyle hatte weder einen Ausweis noch eine Sozialversicherungsnummer. Und ohne Papiere bekam er nach der Entlassung aus dem Krankenhaus keine Wohnung, keine staatlichen Hilfen, kein Bankkonto und vor allem: keinen Job, obwohl er ausreichende Kenntnisse aus dem Restaurant-Gewerbe mitbrachte. Nachdem er selbst in Obdachlosenheimen abgewiesen wurde, landete er schließlich auf der Straße.

Offiziell gilt Kyle als vermisst

Erst Jahre später, mit der Hilfe einer Krankenschwester, machte Kyle sich auf die Suche nach seiner Vergangenheit. Über lokale Zeitungen und Politiker weckten sie das Interesse der Medien, traten schließlich in bundesweiten TV-Shows auf. Seine Fingerabdrücke und DNA wurden vom FBI schon früher durch alle verfügbaren Datenbanken des Landes gejagt – doch ohne Ergebnis. Noch heute ist Kyle der einzige Bürger, der als vermisst geführt wird, obwohl sein Verbleib bekannt ist. Obwohl Kyle sich an diverse Ereignisse und Orte aus den Gebieten um Denver und Indianapolis erinnern konnte, meldete sich bis heute niemand, der ihn kennt. Das Medienecho verstummte im Jahr 2010 schließlich. Kyle war wieder am Anfang und fragte sich, was wohl schlimmer sei: Nicht zu wissen, wer man ist, oder die Erkenntnis, dass einen ohnehin niemand vermisst.

Zufällig stieß zur gleichen Zeit der Filmstudent John Wikstrom auf die Geschichte. Und er entschloss sich, noch einen weiteren Versuch zu unternehmen. Mit Finding Benjaman versuchte Wikstrom nun mithilfe des Internets, die wahre Identität von Kyle herauszufinden und mit einigen Vorwürfen aufzuräumen. Etwa, dass die ganze Geschichte eine Ente, ein Fake sei.

Seitdem Wikstrom vergangenes Jahr erstmals den Film vorstellte gibt es immer wieder kleine Erfolge zu vermelden: Anfang des Jahres bekam Kyle einen vorübergehenden Ausweis ausgestellt. Zudem sah ein Restaurantbesitzer den Film online und entschied sich, Kyle einen Aushilfsjob zu geben. Eine weiterer Freiwilliger richtete ihm einen Schuppen zurecht, sodass er nicht mehr auf der Straße leben muss. Nur eines bleibt weiter unbekannt: Der richtige Namen des Benjaman Kyle.

 

Zocken mit YouTube: Der Viral Video eXchange

So sieht der Viral Video eXchange aus

Virale Videos sind kein Zufallsprodukt. Egal ob sie von professionellen Agenturen (wie beim gerade verliehenen Viral Video Award) oder von unbekannten Hobbyfilmern stammen, der Weg zum Internet-Erfolg ist immer ähnlich. Virale Videos müssen eine emotionale Reaktion bei den Zuschauern hervorrufen, zum richtigen Zeitpunkt veröffentlicht werden und eine ganz bestimmte Länge haben. Die Erfolgsformel lässt sich, getreu des Namens, an die Verbreitung einer Grippe anlehnen:

   Häufigkeit x Verbreitung x Ansteckungsrisiko x Ansteckungszeitraum

Ähnlich äußerte sich auch Kevin Allocca von YouTube in seinem TED-Talk. Doch was in der Theorie einfach klingt, ist natürlich in der Praxis nicht so leicht umzusetzen. Zwar kann man abschätzen, was viele Leute witzig finden könnten und welche Themen gerade aktuell sind, doch ein hundertprozentiger Garant für millionenfache Abrufe eines Videos ist das noch nicht. Die Wege des Internets sind eben doch unergründlich. Zumindest teilweise.

(klick für Groß)

Wer trotzdem glaubt, genau zu wissen, welche Videos auf YouTube und Co. demnächst durch die Decke gehen und zudem noch gerne zockt, kann sich am Viral Video eXchange versuchen. Das Browser- und Mobile-Game (als Web-App) ermöglicht es, wie an einer Börse Anteile an einzelnen YouTube-Videos zu erwerben. Steigen die Klickzahlen und Kommentare der Videos, steigen auch ihre Aktien, der Spieler gewinnt. Jeder Spieler kann zudem selbst Videos an die Börse bringen. Das kostet zwar, kann sich aber bei Erfolg später rechnen.

Aber keine Angst, tatsächliches Geld lässt sich mit den Spekulationen weder verdienen noch verlieren. Das Spiel ist kostenlos und alle Transaktionen laufen über eine virtuelle Währung namens „Vloins“. Und anders als der Markt im echten Leben, gibt es ein Limit: Wer eine Million Vloins gewonnen hat, darf wieder bei 0 anfangen, damit er den Markt nicht zu sehr beeinflusst.

Die Idee des Spiels stammt vom Briten Dave Ganly und ist an eine frühere Spielshow der BBC angelehnt, bei der Zuschauer in die Popularität von Prominenten investieren konnten. Zudem ist der Viral Video eXchange auch ein Experiment, das zeigen soll, ob sich er Erfolg von Videos auf YouTube tatsächlich in irgendeiner Form voraussagen lässt. Im Idealfall, so Ganly, entdecken die Spieler Videos, bevor sie durch die Blogs und sozialen Netzwerke getrieben werden.

(gefunden bei Neatorama und Nerdcore)

 

Lass uns über den Boden reden

Der Boden. Über die Jahrtausende entstanden, kostbar und wichtig für Ackerbau und Umweltschutz, wird er doch meist buchstäblich mit den Füßen getreten: Wälder werden gerodet, ertragreiche Felder machen Platz für Siedlungen, Monokulturen zerstören das Ackerland und treiben die Erosion voran. Erst wenn der fruchtbare Boden rar wird, schauen sich Wirtschaft und Politik nach Alternativen um, weshalb sich zunehmend ein „globaler Landrausch“ entwickelt: Reiche Investoren kaufen Boden in armen Ländern auf, das Spiel beginnt von vorne. Nur der gute Boden kommt so schnell nicht zurück.

Der folgende Animationsfilm, der im Auftrag des Potsdamer Instituts for Advanced Sustainability (IASS) entstanden ist und im Rahmen der Global Soil Week läuft, nimmt sich dem Thema an und erklärt die Probleme und Folgen der Zerstörung guten Bodens.

 

NICHTLUSTIG als Serie

NICHTLUSTIG von Joscha Sauer ist eines der bekanntesten deutschen Webcomics. Nun soll eine ganze Trickfilm-Serie aus den knubbeligen Biestern und dem schrägen Humor entstehen. Einen kleinen Trailer zur Einstimmung gibt es bereits:

 

Stoner-Serie mit Charakter: „High Maintenance“

Eine Webserie über Cannabis und die dazugehörige Stoner-Kultur zu produzieren ist zwar nach den jüngsten politischen Entwicklungen in der USA nachvollziehbar, auf den ersten Blick aber keine wirklich neue Idee. Ein wenig Rauch, ein wenig Party, junge, gechillte Menschen mit einigen surrealen Dialoge gepaart und fertig ist der Dübel. Kann man so machen. Muss man aber nicht.

Das dachten sich auch Katja Blichfeld und Ben Sinclair mit ihrer Serie High Maintenance. Zum einen steht jede der bis dato drei veröffentlichten Episoden für sich. Das einzige verbindende Element ist ein namenloser Grasdealer, der mit stoischer Ruhe seine Kunden beliefert, die allesamt, sagen wir, etwas exzentrisch sind.

Darin liegt auch schon die zweite Besonderheit von High Maintenance: Es ist eine Serie, die weniger über die Handlung als vielmehr über die Figuren funktioniert. Da wären etwa die gestresste Karrierefrau, das junge Party-Pärchen und zwei mutmaßlich homosexuelle Frauen, die neben dem teuren chilenischen Wein im Küchenschrank ein gerahmtes Occupy-Poster stehen haben und Bon Iver aus dem Macbook hören. Wer hier typische Hipster-Stereotypen vermutet, hat nur teilweise Recht. Denn hinter den ersten Eindrücken verstecken sich clevere Dialoge und Details, die High Maintenance witzig machen, ohne gleich mit dem Humor durch die Tür zu fallen.

 

Wie funktioniert eigentlich Venedig?

„Venice drowning, Venice drowning“ sangen Duran Duran im Jahr 1990, und es könnte so etwas wie das inoffizielle Titellied der Lagunenstadt sein. Denn mehrmals im Jahr säuft Venedig buchstäblich ab. Was hierzulande für einen mittelgroßen Ausnahmezustand sorgen würde, ist für die Venezianer so etwas wie Alltag. Überflutete Straßen, Plätze und Geschäfte sind alles andere als eine Seltenheit. Nach starken Regenfällen am Wochenende ist es wieder soweit: Mit einem Pegel von 1,50 Meter über dem Normalwert ist einer der höchsten Stände seit über 100 Jahren erreicht. Das ist selbst für die gummistiefelerprobten Venezianer zu hoch.

Gefährlicher als die jährlichen Überflutungen sind aber die dauerhaften Angriffe des salzige Meerwassers auf die teils jahrhundertealte Bausubstanz. Fundamente und Mauern lösen sich auf, Gebäude werden unterschwemmt, Fassaden neigen sich oder fallen gar ganz ab. Zwar haben die Bewohner über die Zeit immer neue Techniken entwickelt, um ihre Häuser zu schützen, doch der steigende Pegel stellt Architekten immer wieder vor Herausforderungen. Das Projekt Venice Backstage zeigt, wie Venedig über Jahrhunderte gewachsen ist und wie sich die Bewohner immer neue Ideen einfallen lassen, um sich gegen das Wasser zu schützen.

(via)

 

Dicke Kamera und keinen Plan

Ich gebe es zu. Auch ich spiele mit dem Gedanken, mir nach Jahren wieder eine Kamera zu kaufen, die nicht am anderen Ende meines Telefons befestigt ist. Ich gebe auch zu, dass ich von Fotografie nicht viel verstehe, nur mit Mühe erklären kann, was ein Weißabgleich oder der ISO-Wert ist und noch immer nicht genau weiß, was mir die Zahlen bei Objektiven eigentlich genau sagen möchten. Hätte ich nun eine schicke Spiegelreflexkamera, würde ich deshalb vielleicht genau so aussehen wie die Damen und Herren aus den Virals von DSLR Gear, No Idea.

Hinweis: Die gezeigten Videos sind im Auftrag von Sony entstanden. Dieser Beitrag ist dagegen nicht gesponsort und der Autor würde sich nach den Erfahrungen in der Vergangenheit auch keine Sony-Kamera mehr kaufen.

 

Popcorn gegen lahme Webvideos

Was hat sich bei Webvideo in den vergangenen zehn Jahren technisch verändert? „Kaum mehr als die Größe des Players und die Wiedergabequalität“, findet Ryan Merkley. Der operative Geschäftsführer von Mozilla sprach vor einigen Wochen in einem TED-Talk über den Stand von Webvideo – und wie man es besser machen könnte. Denn so schnell sich Webvideos im Netz auch entwickeln, sie sind in den meisten Fällen immer noch eine passive Angelegenheit. Über das bloße Anschauen hinaus geht wenig. Auf dem Mozilla Festival am Wochenende stellten Merkley und seine Kollegen deshalb eine neue Entwicklung vor, die Videos im Netz interaktiver machen soll: Den Popcorn Maker.

Das Tool ist im Rahmen von Mozillas Webmaker Projekt entstanden und basiert auf popcorn.js, einem HTML5-Framework für „Filmemacher, Journalisten und Webentwickler“, das Mozilla im vergangenen Jahr vorgestellt hat, und das bereits in Filmprojekten wie One Millionth Tower oder in Nachrichten der BBC zum Zuge kam.

Die Bedienoberfläche des Popcorn Makers (Bild: Mozilla)

Der Popcorn Maker ist auf den ersten Blick ein Online-Videoeditor, wie es ihn bereits in zahlreichen kostenlosen und kostenpflichtigen Varianten gibt, unter anderem auch von YouTube selbst. Der Unterschied liegt darin, dass die Original-Dateien weder angefasst werden, noch überhaupt dem Nutzer gehören müssen: Der Popcorn Maker bedient sich stattdessen der Inhalte von YouTube, Vimeo oder Soundcloud, und der Nutzer legt anschließend zusätzliche Inhalte, Events genannt, darüber. Zu diesen Events gehören nun nicht nur Texte und Bilder, sondern auch interaktive Elemente wie etwa Google Maps, Twitterprofile und Wikipedia-Einträge, die wiederum direkt klickbar sind. Die Idee ist nicht neu: Sogenannte Hypervideos oder „kontextuelle Videos“, die mit aktuellen Informationen angereichert sind, gibt es schon länger.

Neu ist allenfalls die einfache Bedienung, worin auch der größte Unterschied zwischen popcorn.js und dem Popcorn Maker liegt: Der Maker verlangt keine Programmierkenntnisse. Die Bedienung läuft direkt im Browser über Drag & Drop, wobei sich einzelne Events auf die gewünschte Stelle ziehen und anschließend bearbeiten lassen, etwa die Schriftgröße, die Hintergründe oder Animationseffekte. Noch ist die Auswahl der Events auf Twitter, Wikipedia und Google Maps beschränkt, doch wie Merkley in seiner TED-Präsention zeigt, gibt es offenbar auch Pläne, Bilder von Flickr oder Wetterdaten in das Tool zu integrieren.

Gerade diese dynamischen Inhalte sind spannend. Ein Video aus einem Krisen- oder Katastrophengebiet beispielsweise könnte problemlos mit einer Karte verknüpft werden, die den genauen Ort der jetzigen Aufnahme anzeigt. Eine Twittersuche per Hashtag oder Ort oder die Einbindung aktueller Bilder und Nachrichten bietet darüberhinaus Zusatzinformationen. Aus einem klassischen Video (oder Audio) könnte damit eine fortlaufende, kontextuelle Erzählung werden, die für jeden Zuschauer anders ist – und dennoch stets aktuell, sofern das Video selbst zeitlos ist.

Und doch soll der Popcorn Maker nicht bloß Profis aus der Medienbranche ansprechen, sondern ganz allgemein die Entwicklung von webeigenen Videoformaten unterstützen. Ein nachträgliches Hinzufügen von Untertiteln, Links oder Kommentaren etwa erlaubt eine schnelle „Popcornifizierung“ von individuellen Videos, woraus sich zahlreiche Möglichkeiten für Lehrer, Hobbyfilmer oder kreative Mashup-Freunde ergeben – und man unweigerlich bei der Frage nach den Nutzungs- und Urheberrechten landet. Eine Antwort darauf hat Mozilla nicht, vermutlich verlässt man sich auf die Tatsache, dass die Originalinhalte nicht angefasst werden und im eigentlichen Sinne keine Kopie entsteht.

Ungeachtet dessen habe ich selbst ein kleines Video mit dem Popcorn Maker erstellt. Und es geht, wie könnte es auch anders sein, um die Essenz des Internets: Katzen. Und eine ganz berühmte obendrein.

Hinweis für Safari-Nutzer: Schriften werden evtl. im Video nicht angezeigt

Die Nutzung des Popcorn Makers ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich. Zum Speichern von eigenen Projekten muss man sich mit einer E-Mail-Adresse registrieren.