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Netzfilm der Woche: „Flamingo Pride“

Schwule Flamingos gibt es tatsächlich. Möglicherweise war die Geschichte auch die Inspiration für Flamingo Pride von Tomer Eshed, der im Berliner Animationsstudio Talking Animals entstanden ist und gleichzeitig Esheds Abschlussfilm an der Potsdamer HFF war. In dem fünfminütigen Film feiern Zigtausende schwule Flamingos eine riesige Gay Pride Parade. Nur ein einzelner Hetero-Artgenosse ist nicht wirklich glücklich dabei, er liebäugelt vielmehr mit den Störchen am – aufgepasst – anderen Ufer. Doch der Versuch, mit ihnen anzubandeln, ist alles andere als leicht und zwingt ihn zu drastischen Maßnahmen.

Flamingo Pride erinnert an das Genre der Screwball-Komödie, die sich durch skurrile Figuren, bizarre Wendungen und Slapstick-Einlagen auszeichnet. Mit vielen kleinen Details und überdrehtem Humor bietet der Film, der stilistisch an Filme wie Ice Age erinnert, prima Unterhaltung und nimmt sich selbst nicht allzu ernst.

Bis zu 30 Menschen arbeiteten insgesamt an dem Streifen, der inzwischen mehrere Festivalpreise gewonnen hat. Es war nicht der erste Erfolg für Tomer Eshed: Mit seinem Animationsfilm Our Wonderful Nature über das Liebesleben von Wasserspitzmäusen hatte er es bereits 2009 in die Endrunde der Studenten-Oscars geschafft.

Und ja, ohne Klischees kommt Flamingo Pride leider auch nicht aus. Die ausgeflippten, bunten, liebesuchenden Homosexuellen auf der einen und die biederen Störche und Enten auf der anderen Seite sind natürlich Stereotypen, die Eshed aber sogleich als solche überspitzt auszeichnet. Man verzeiht es ihm, denn gerade diese Überdrehtheit macht Flamingo Pride so komisch.

 

„Jazz that nobody asked for“

Jazz that nobody asked for ist eine Ode an all die ungewollten Lieder da draußen“. So fassen die Macher von Benny Box ihren animierten Kurzfilm zusammen. Konkret geht es dabei um die ungeliebten Ohrwürmer, die wir immer genau dann mit uns herumtragen, wenn wir sie nicht gebrauchen können. Und je doller wir versuchen, sie aus unserem Hirn zu verbannen, desto intensiver werden sie, was wissenschaftlich bestätigt ist. Glücklicherweise haben die meisten Ohrwürmer nicht das zerstörerische Potenzial wie im Film.

 

Die Geschichte der Fotografie

Von der Camera Obscura zum Smartphone, von der arabischen Welt zu Leonardo da Vinci: Die Fotografin Eva Timothy erzählt die Geschichte der Fotografie für einen Ted-Ed-Kurs, London Square hat die ganze Sache animiert.

 

Netzfilm der Woche: „To This Day“

Die meisten von uns erinnern sich noch an sie, an die Mitschüler/innen, die es immer besonders häufig abbekamen, sei es durch ihr Aussehen, ihre Leistungen oder auch ihre Herkunft. Wir neigen dazu, diese Erlebnisse rückblickend als alterstypische Rangeleien abzustempeln. Doch in vielen Fällen folgen auf fiese Worte auch körperliche Übergriffe, aus scheinbar harmlosen Hänseleien wird Schikane und Mobbing, unter dem die Betroffenen oft noch viele Jahre später leiden.

Auch der kanadische Lyriker Shane Koyczan kennt dieses Gefühl. In seinem Spoken-Word-Gedicht To This Day verarbeitet er die Erfahrungen aus seiner eigenen Kindheit. Koyczan erzählt, wie er zu seinem ersten Spitznamen – Schweinekotelett – kam. Er erzählt von einer Freundin mit einem großen Muttermal auf der Wange, die sich auch heute noch immer nicht wohl in ihrem Körper fühlt. Von einem adoptierten Freund, der mit Selbstmordversuchen und Psychopharmaka aufwuchs.

Zu Beginn des Jahres rief Koyczan gemeinsam mit dem Designstudio Giant Ant dazu auf, das Gedicht zu animieren. Sie fragten Dutzende Grafikdesigner und Animationsfilmer, ob sie innerhalb von 20 Tagen je ein 20-sekündiges Segment produzieren können. Am Ende haben sich 86 Künstler an dem Projekt beteiligt, die alle ihren einzigartigen Stil und verschiedenste Animationstechniken mitbrachten, von klassisch bis experimentell. Umso überraschender ist es, wie flüssig To This Day am Ende doch ist, wie sich die Segmente trotz ihrer schnellen Abfolge ergänzen, stets zusammengehalten von der emotionalen Darbietung des Gedichts.

Letztlich ist To This Day zwei Dinge: Ein gelungenes und ambitioniertes Crowdsourcing-Projekt und ein gesellschaftlicher Aufruf. Der Film war Bestandteil des kanadischen Pink Shirt Day, einem landesweiten Anti-Mobbing-Aktionstag, der vor wenigen Tagen stattfand. Und auch darüber hinaus sollen der Film und das Gedicht auf die wichtige Thematik des Mobbings hinweisen und damit vor allem Schüler und Lehrer sensibilisieren.

Hinweis: Per Klick auf die Sprechblase im Player lassen sich Untertitel einblenden.

 

Mehr von den Oscars: „Adam and Dog“

Die Geschichte von Adam and Dog ist schnell erzählt: Der erste Hund im Paradies trifft auf Adam, den ersten Menschen. Schnell entwickelt sich eine Freundschaft zwischen beiden, doch dann tritt Eva auf den Plan und wenig später folgt die Verbannung aus dem Garten Eden. Minkyu Lees Animationsfilm ist ein Anwärter auf den Oscar in der Kategorie animierter Kurzfilm.

adamanddogEs ist nicht die erste Nominierung für den 27-jährigen Koreaner. Er arbeitete für Disney an den Animationsfilmen Küss den Frosch und Ralph reicht’s mit. Adam and Dog ist nun komplett in Eigenregie entstanden. Bereits 2009 begann Lee mit der Produktion. Unterstützung bekam er im Verlauf von befreundeten Animationsfilmern aus dem Hause Disney, DreamWorks und Pixar. Am Ende investierte Lee fast 20.000 US-Dollar in die Fertigstellung des Films. Und das ohne Sponsoren, ohne Crowdfunding, ohne Vertrieb – alles aus eigener Tasche.

Adam and Dog besticht durch seine tollen, abwechselnden Hintergründe, die das komplette Farb- und Gefühlsspektrum der Protagonisten abdecken. Graue Hintergründe mit schroff gezeichneten Linien  treffen auf bunte, weiche Farbtupfer, die wie Aquarelle wirken. Jede Szene ist eine neue Leinwand, jeder Moment ein eigenes, wohlüberlegtes Kunstwerk. Man erkennt die Leidenschaft, die Minkyu Lee in sein Herzensprojekt gesteckt hat.

Darüber hinaus bricht der Regisseur mit gängigen Stilmitteln. Adam and Dog enthält etwa kaum Musik, sondern entwickelt seine Atmosphäre einzig über die Bilder und Hintergrundgeräusche, über leises Grillenzirpen, Regenprasseln und Windrauschen. Mit knapp 15 Minuten ist der Film zudem verhältnismäßig lang für eine Geschichte, die problemlos auch in einem Drittel der Zeit erzählt wäre. Doch Lee nimmt sich diese Zeit. Und er tut gut daran: Adam and Dog ist ein wunderbar unaufgeregter Kurzfilm, dessen Schönheit sich mit jeder Minute mehr entfaltet.

Update: Der Film wurde inzwischen von den Machern depubliziert. Wieso?

 

Animierter Kurzfilm: „Head over Heels“

Es gibt da diese Floskel. „Man habe sich eben auseinandergelebt“. Der animierte Kurzfilm Head over Heels nimmt den Spruch wörtlich. In toller Stop-Motion und mit viel Liebe zum Detail gefertigt, erzählt der Film von Timothy Reckhart die Geschichte eines älteren Ehepaars, die zwar gemeinsam unter einem Dach leben, aber eben nicht wirklich zusammen. Die buchstäbliche Übertragung dieses Dilemmas gibt Head over Heels einen besonderen, surrealen Twist, der trotz des vorhersehbaren Endes mehr als nur schön anzuschauen ist. Das denken auch andere: Head over Heels ist für einen Oscar in der Kategorie animierter Kurzfilm nominiert.

Update: Das Video wurde von den Machern inzwischen depubliziert. Wieso?

 

Neue Filme aus dem Animation Workshop

Auch in diesem Jahr gibt es wieder sechs Abschlussfilme des dänischen Animation Workshop zu bestaunen. Vor einem Jahr sprach ich mit der Koordinatorin Anja Perl über die Arbeit der Studenten und die Kenntnisse, die ein solches Projekt von ihnen erfordert. Und wie die diesjährige Auswahl zeigt, hat sich die Arbeit gelohnt.

Alle Filme angucken? Hier geht’s zum YouTube-Kanal.

 

Oscar-nominierter Kurzfilm: „Paperman“

Vergangenes Jahr stellte das Studio Moonbot seinen animierten Kurzfilm Die fantastischen fliegenden Bücher des Morris Lessmore online. Eine nette Geste, schließlich war der Film zu diesem Zeitpunkt für einen Oscar nominiert (den er später auch gewinnen sollte). Doch wie es so ist, hatte die Filmakademie etwas dagegen und Moonbot musste den Film nach knapp einer Woche wieder runternehmen, jedenfalls von YouTube. Auf iTunes konnte man ihn weiterhin erwerben, was einmal mehr den Irrsinn der Auflagen beweist. Als dürften Oscar-nominierte Filme den Zuschauern nicht gratis angeboten werden.

Ob dieses Schicksal dieses Jahr auch Disney passiert, wird sich zeigen. Die nämlich haben gestern ihren nominierten Animationsfilm Paperman auf YouTube gestellt. Paperman ist die Geschichte eines biederen Schreibtischarbeiters, der auf unerwartete Weise eine Frau kennenlernt. Der Film ist erzählerisch wie optisch im typisch liebevollen Disney-Stil gehalten, aber der Entstehungsprozess ist neu: Disney hat dafür eine neue Technik angewandt, in der handgemalte 2D-Animationen, also klassischer Zeichentrick, über zuvor erstellte 3D-Modelle gelegt werden.

Update: Der Film wurde von den Machern inzwischen depubliziert. Wieso?