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„Mission ins Ungewisse: Kometenjäger Rosetta“

Es sind gerade spannende Zeiten für Raumfahrt-Fans. Nachdem vor einigen Tagen das Weltraumteleskop Gaia seine Zielposition erreichte, wird in diesen Stunden die Raumsonde Rosetta aus dem Tiefschlaf erweckt. 2004 ins All gestartet, ist das Projekt der Europäischen Raumfahrtagentur Esa nun 810 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Im November soll Rosetta eine Laborsonde auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko landen – es wäre das erste Mal in der Geschichte, dass dies gelingt. Die Daten sollen neue Erkenntnisse über den Ursprung des Universums bringen. Wie die Kollegen aus Cambridge, die einen Film über Gaia produzierten, hat auch das deutsche Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eine kurze Dokumentation über Rosetta gedreht und online veröffentlicht.

 

Multimedia-Reportage: „Haiti: Auferstanden als Ruine“

Am 12. Januar 2010 bebte in Haiti und der Hauptstadt Port-au-Prince die Erde. Die traurige Bilanz: Geschätzte 250.000 Tote, 300.000 Verletzte, 1,5 Millionen Obdachlose. Es war eines der schwersten Erdbeben der jüngeren Zeitgeschichte, und es stürzte ein ohnehin schon armes Land in eine tiefe Krise. Vier Jahre später stockt der Wiederaufbau trotz Milliardenhilfe aus dem Ausland. Doch einige konnten von der Krise auch profitieren.

Der Fotograf Florian Kopp und die Journalistin Sandra Weiss stellen zum vierten Jahrestag der Katastrophe in ihrer Multimedia-Reportage Auferstanden als Ruine die Gewinner und Verlierer des Erdbebens von Haiti vor.

Auf der einen Seite stehen hunderttausende Obdachlosen, die inzwischen in Slum-ähnlichen Siedlungen außerhalb der Hauptstadt hausen. Auf der anderen Seite sind es Unternehmen aus den USA und Europa, die lukrative Verträge für Bau- und Hilfsprojekte bekamen. Gleichzeitig versiegte ein Großteil der Hilfsgelder in einem Dickicht aus Politik, Bürokratie und Korruption.

Neben Texten, Fotos, Audios und Grafiken haben die beiden Macher und ihre Multimedia-Agentur auch eine Kurzdoku über die Situation vor Ort gedreht: Vergessen erzählt die Geschichte von Samantha Jean-Pierre, die seit Jahren in einem der Camps lebt.

Die komplette Reportage gibt es auf der Website.

 

Volkszählung in der Milchstraße: „Gaia“

Vor wenigen Tagen ist das Weltraumteleskop Gaia an seinem Ziel im Weltall angekommen. Anderthalb Millionen Kilometer von der Erde entfernt sitzt es nun im sogenannten zweiten Lagrange-Punkt (L2), wo sich die Schwerkräfte von Sonne, Erde und Satellit ausgleichen, das Teleskop also fast ohne Energiezufuhr konstant in der gleichen Umlaufbahn schwebt.

Das muss es auch, denn zu viel Bewegung täte dem Teleskop und seinen Kameras nicht gut: Das Ziel von Gaia, einem Projekt der europäischen Raumfahrtbehörde Esa, ist es nämlich, die Milchstraße neu zu vermessen. Fünf Jahre lang wird das Teleskop Bilder aus dem All an die Erde senden, wo Supercomputer daraus ein dreidimensionales Bild erstellen. Nicht nur sollen dabei Millionen neue Himmelskörper entdeckt werden und einen neuen „Zensus“ unserer Galaxie ermöglichen. Gaia soll erstmals auch die Distanzen zwischen weit entfernt liegenden Planeten, Sternen, Quasaren und Schwarzen Löchern genau berechnen können.

Die Universität von Cambridge, die an der Entwicklung beteiligt war, hat dem Projekt zum Start im Dezember eine eigene Kurzdoku spendiert, die nicht nur tolle Bilder zeigt, sondern auch interessante Informationen über die Technik und Ziele von Gaia preisgibt.

 

Video-Essay über Actionfilme: „Chaos Cinema“

Das Blog Open Culture hat eine interessante Video-Essay-Reihe von Matthias Stork, einem deutschen PhD-Studenten an der Universität von Kalifornien, ausgegraben. Chaos Cinema entstand vor zwei Jahren in Zusammenarbeit mit dem Indie-Filmblog Indiewire und beschäftigt sich mit der sich verändernden Ästhetik von Hollywood-Actionfilmen.

Stork argumentiert in drei Teilen dass sich der Stil von Actionfilmen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stark verändert hat. Und zwar nicht zum besseren. Denn statt auf die Einheit von Raum und Zeit zu achten, so Stork, würden immer mehr Filmemacher mit schnellen Schnitten, Effekten, Sound-Editing und einer allgemeinen Reizüberflutung arbeiten – mit „Chaos Cinema“ eben.

Wie über alle Video-Essays, lässt sich auch über die These von Chaos Cinema vorzüglich diskutieren. Vor allem natürlich über die Frage, ob man die „klassischen“ Actionfilme überhaupt mit den aktuellen vergleichen kann, oder ob neue Mittel und Produktionstechniken nicht zu einer veränderten Rezeption führen, und die alten Maxime der Filmproduktion schlicht auflösen.

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Der NSU-Prozess als Film

Am 6. Mai 2013 begann der Prozess gegen die rechte Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Seitdem sind 71 Verhandlungstage vergangen (werktägliche Updates gibt es im NSU-Prozess-Blog von ZEIT ONLINE). Zeit, ein Zwischenfazit des größten Strafprozesses seit der Wiedervereinigung zu ziehen. Genau das tut die Süddeutsche Zeitung in einer Multimedia-Reportage, kurzerhand Der Prozess betitelt.

Nicht nur blicken die Journalisten noch einmal zurück auf die Anschläge und Morde des Trios um Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Sie geben erstmals auch die Aussagen der mutmaßlichen Täter, der Opfer und Zeugen nahezu ungefiltert wider.

In Zusammenarbeit mit der Filmakademie Baden-Württemberg und der Produktionsfirma Ufa Fiction, haben die SZ-Autoren Anette Ramelsberger, Tanjev Schulz und Rainer Stadler ihre Protokolle aus dem Gerichtssaal von Schauspielern vorlesen lassen. Rund 500 Seiten Aussagen, gekürzt und verdichtet auf fast zwei Stunden Film. In Schwarz-Weiß-Optik gehalten und ein Theaterspiel erinnernd, hat die Regisseurin Soleen Yusef ein nüchternes, bisweilen langatmiges, aber deshalb nicht minder erschütternde Dokumentation geschaffen.

 

Literatur aus Russland: „Russia’s Open Book“

„Nur weil wir nichts von ihnen hören, haben sie nicht aufgehört zu schreiben.“ So beginnt Stephen Fry die Einführung der einstündigen Dokumentation Russia’s Open Book: Writing in the Age of Putin. Tatsächlich ist die zeitgenössische russische Literatur eine interessante und im Westen häufig übersehene Sache. Das Erbe der großen russischen Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts wiegt ebenso schwer auf die neue Generation wie das politische System, in dem Autoren zwar seit jeher eine starke Stellung haben, aber auch vor Repressionen nicht geschützt sind.

Russia’s Open Book porträtiert sechs russische Autoren an der Schnittstelle von Tradition und Moderne, von Literatur und Politik.

Da wäre etwa Sachar Prilepin, der Mitglied der inzwischen verbotenen Nationalbolschewistischen Partei Russlands war, und sich bei den jüngsten Protesten in Russland als Identifikationsfigur zeigte. Seine bekanntesten Werke basieren auf seinen Erfahrungen als Soldat im Tschetschenien-Krieg, und überzeugen mit einer klaren, harten Sprache.

Ganz anders Anna Starobinets. Die junge Autorin verarbeitet in ihren Werken Horror-Elemente in einer jungen, hippen Prosa, die bewusst mit den Traditionen bricht und langsam auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist.

Soweit sind Ljudmila Ulizkaja und Wladimir Sorokin bereits. Letzterer hat sich als Vertreter der russischen Postmoderne einen Namen gemacht, während Ulizkaja vor allem in Deutschland diverse Preise und Erfolge einfahren konnte.

Russia’s Open Book spricht mit den Autoren, ihren Verlegern und Kritikern über ihre Rolle als Meinungsmacher im modernen Russland. Zwischendurch liest Stephen Fry immer wieder Auszüge aus den Werken vor, was die einstündige Dokumentation, die unter anderem auch für das amerikanische PBS produziert wurde, gelungen abrundet. Insgesamt ein interessanter, wenn auch nur kurzer, Einblick in die neue russische Literaturszene.

(via)

 

Soylent im Selbstversuch: 30 Tage ohne Essen

Es ist milchig, etwas dickflüssig und nahezu geruchlos, doch es enthält mutmaßlich alle Nährstoffe und Vitamine, die der Körper benötigt: Soylent. Der 25-jährige Softwareentwickler Rob Rhinehart hat es erfunden und damit zu Beginn des Jahres eine Diskussion über die Zukunft der Ernährung entfacht. Denn Soylent, so Rhinehart, sei nicht bloß ein Ergänzungsmittel. Man könne sich ausschließlich mit dem Pulver-Shake ernähren.

Das klingt wie aus einem Science-Fiction-Film. Rhinehart hat keinen Hintergrund in Medizin oder Chemie. Er hat Soylent einzig per Recherche und in Selbstversuchen entwickelt, weil ihm das Kochen schlicht zu lästig und teuer wurde. Er suchte nach einer Alternative, die einfach und erschwinglich ist. Heute ernährt sich Rhinehart nicht komplett, aber zu großen Teilen von Soylent. Im Zeitalter der Selbstoptimierung scheint Rhinehart damit nur der nächste Freak aus Silicon Valley mit einer bizarren Idee. Doch steckt hinter Soylent vielleicht noch mehr? Die Lösung für Unterernährung in den ärmsten Regionen der Welt gar, oder jedenfalls Soforthilfe für Katastrophenopfer und Flüchtlinge?

Mit fast drei Millionen US-Dollar aus Crowdfunding und Ventures wird Soylent gerade weiterentwickelt und für den Massenmarkt getestet. Natürlich gibt es Kritik von Ärzten, die auf fehlende Langzeitstudien, auf inkorrekte Entwicklungstechnik und mangelnde Inhaltsstoffe hinweisen. Doch man werde auch sie letztlich überzeugen, glaubt Rhinehart.

In der Zwischenzeit haben eine ganze Reihe Journalisten den Shake bereits im Selbstversuch getestet. Caleb Melby von Forbes hat sich eine Woche lang ausschließlich von Soylent ernährt, Lee Hutchinson von ars technica hat fünf Tage durchgehalten. Darüber kann Brian Merchant nur lächeln. Für Motherboard hat er einen ganzen Monat Soylent zu sich genommen. Am Ende war er fünf Kilo leichter (was seine Ärztin gut fand) und konnte keine Einschränkungen feststellen. Das heißt, fast: Auf das Erlebnis, in einen Burger zu beißen, möchte er auch weiterhin nicht verzichten.

(Deutsche Untertitel per Klick auf CC im Player)

 

Op-Doc: „Riding With the 12 O’Clock Boys“

In einer neuen Op-Doc für die New York Times zeigt der Filmemacher Lofty Nathan einen Quasi-Trailer seiner Dokumentation 12 O’Clock Boys, die im Januar erscheint. Nathan porträtiert darin eine Gruppe junger Dirtbike-Fahrer in Baltimore, die auf ihren Geräten die Straßen unsicher machen – mit Wheelies, auf Bürgersteigen oder anderen gefährlichen Aktionen. Doch natürlich gibt es immer zwei Seiten der Medaille: Denn ein Teil der Dirtbike-Crew zu sein, bedeutet für die Jugendlichen auch, eine Perspektive zu haben, einen Ausweg aus dem tristen Alltag.

Einige bezeichnen die Doku bereits als „The Wire with Wheels“, in Anspielung an die US-Serie, die sich mit der Gesellschaft in Baltimore beschäftigt. Ich jedenfalls bin auf den Film gespannt und hoffe, dass er auch in Deutschland als VOD verfügbar ist.