Freunde kommen und gehen. Es bleiben nur schöne Erinnerungen. Hisko Hulsings animierter Kurzfilm Junkyard handelt von einer Freundschaft. Die Erinnerungen daran sind schmerzhaft.
Das ist buchstäblich zu verstehen, denn als der Protagonist zu Beginn von einem Junkie mit einem Messer verletzt wird, wirft es ihn zurück in seine Jugend. Plötzlich befinden wir uns in einem Viertel am Rande der Stadt, wo die behüteten Familien auf die Grenzgänger der Gesellschaft treffen. Mittendrin zwei Freunde, ungleich, aber doch unzertrennlich – bis eine Kette unglücklicher Entscheidungen die beiden für immer entzweit.
So interessant die Story ist, so faszinierend ist die Umsetzung. Für Junkyard malte Hulsing zunächst 120 Ölgemälde, die als Hintergrund für die Animation dienten. Anschließend mussten er und sein Team rund 25.000 Einzelbilder mühevoll erstellen und animieren. Eine Arbeit, die rund sechseinhalb Jahre dauerte und immer wieder von internen Spannungen geprägt war, wie Hulsing der Website Directors Notessagte. Das Ergebnis ist ein einzigartiger Stil, gleichermaßen schroff wie liebevoll, der die große Hingabe zum Projekt zeigt.
Mit seinen 18 Minuten gehört Junkyard zu den längeren Kurzfilmen, doch keine Minute ist vergeudet. Hulsing gelingt es meisterhaft, nahezu ohne Dialog die Geschichte zu entfalten, die zum Teil von seinen eigenen Erfahrungen inspiriert ist. Momente der Menschlichkeit wechseln sich mit gewalttätigen Szenen ab, bis schließlich Erinnerung und Wirklichkeit ineinanderfließen.
Auf mehr als 100 Festivals war Junkyard zu sehen und gewann 22 Preise. Nach diesem erfolgreichen Lauf ist Hulsing nur allzu glücklich, den Film endlich online zeigen zu können. Die Zuschauer können es auch sein. Diese 18 Minuten lohnen sich.
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„Tell me that you want the kind of things/ that money just can’t buy„. So singen die Beatles in ihrem Klassiker Can’t Buy Me Love. Doch was hat das nun mit dem animierten Kurzfilm Love in the Time of Advertising zu tun? Zum einen handelt es sich bei der Arbeit des Studios Wolf & Crow um einen Kurzfilm als Musical: Die Erzählung wird in Reimform halb gesungen, halb gesprochen. Zum anderen geht es um die Liebe, um das Geld und all die schönen Sachen dazwischen.
Am Rande der Stadt lebt ein junger Mann im Inneren einer Werbetafel. Seit Generationen schon erfüllt er anstandslos die Wünsche der Auftraggeber und wirbt mit den schönsten und praktischsten Dingen, die man für Geld kaufen kann. Eines Tages erblickt er von seiner luftigen Bleibe aus die Frau seiner Träume. Doch wie nur kann er sie erreichen wenn ihm nichts außer seiner Werbetafel zur Verfügung steht – und diese zwar so ziemlich alles verkaufen kann, nicht aber die Liebe des Protagonisten?
Love in the Time of Advertising ist nicht bloß eine wunderbar kitschige und liebevoll animierte Liebesgeschichte. Mit einem Augenzwinkern rechnen die Macher, die mit ihrem Studio natürlich selbst Werbeclips drehen, auch mit der Werbebranche ab. Denn wie sangen die Beatles doch gleich weiter? „I don’t care too much for money/ money can’t buy me love.“
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Eines morgens sind sie da, die beiden Beobachter. Mit Trenchcoat und Schlapphut stehen sie vor dem Bett des Bankangestellten K. und kritzeln in ihre Notizbücher. Woher sie kommen? Das dürfen sie nicht sagen. Wie lange sie bleiben? Auch das nicht. Sicher ist nur, dass sie K. künftig auf Schritt und Tritt begleiten müssen.
Es sind nicht nur der Titel und der quasi namenlose Protagonist von Roman Gonthers Kurzfilm Die Beobachtung, die an Kafka erinnern. Auch die ständige Überwachung, die scheinbar übermächtigen Behörden, spielen eine wichtige Rolle. So scheint es jedenfalls. Denn je länger Die Beobachtung geht, desto mehr Interpretationsmöglichkeiten ergeben sich. Im Interview spricht Roman Gonther über die Entstehung des Films, und wieso er glaubt, dass Netzfilme zwar Potenzial haben, aber noch keine Alternative zum Kino sind.
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(Hinweis: Es geht im und nach dem Abspann noch weiter. Also dranbleiben.)
ZEIT ONLINE: Herr Gonther, wie viel Kafka steckt in Die Beobachtung?
Roman Gonther: Der Ausgangspunkt war, eine Geschichte zu erzählen, die von Kafka hätte sein können. Das Thema Beobachtung und Selbstbeobachtung ist bei ihm sehr wichtig und es gibt diese merkwürdige Logik in seinen Geschichten, in denen ein Problem immer mehr zu verschwimmen scheint, je mehr man darüber weiß. Und tatsächlich haben Kafkas Geschichten auch jede Menge schrägen Humor. Das wird leicht übersehen. Auf der Handlungsebene ist Die Beobachtung ein klassisch erzählter fantastischer Thriller mit skurrilem Humor. Aber es gibt natürlich eine tiefere Bedeutung: Woher kommen die Beobachter, wofür stehen sie?
ZEIT ONLINE: Sie haben den Film auf diversen Festivals gezeigt, auch international. Glauben Sie, dass der klassische Festivallauf in Zukunft durch das Internet bedroht ist?
Gonther: Auf Festivals sollte man Filme in ihrer bestmöglichen Umgebung präsentieren. Deshalb halte ich eine Gleichzeitigkeit, wie sie etwa auf dem Sundance Filmfestival stattfindet, nicht für sinnvoll. Das wird der Sache weder auf der einen noch auf der anderen Seite gerecht, und suggeriert eine gewisse Beliebigkeit im Umgang mit unterschiedlichen Medien. Gerade dadurch entsteht in der Tat eine Konkurrenz, die es nicht geben sollte. Besser wäre es, die Festivalmacher würden ein eigenes Panel für Netzfilme machen und diese auch ausschließlich im Netz zeigen.
ZEIT ONLINE: Haben Sie schon einmal überlegt, einen Kurzfilm von Anfang an online zu vertreiben?
Gonther: Kurzfilme im eigentlichen Sinne habe ich keine mehr geplant, aber tatsächlich wälze ich gerade mehrere Stoffe für eine oder mehrere Miniserien, die ausschließlich fürs Netz produziert und anschließend über eine dieser Plattformen vertrieben werden sollen. Das ist noch am Anfang, wird aber sicher spannend. Denn natürlich bietet der Online-Vertrieb auch Chancen und Möglichkeiten, sehr gute sogar, gerade für kleine Produktionen mit den richtigen, maßgeschneiderten Formaten.
ZEIT ONLINE: Wo sehen Sie die Schwierigkeiten?
Gonther: Das Internet hat viel versprochen, aber wenig gehalten. Nach all den Seminaren, die man besucht hat, über den Filmproduzenten der Zukunft, der leicht und locker seinen Film mit minimalem Aufwand über das Netz nicht nur promotet und vertreibt, sondern sogar finanziert, sieht man oft nur noch lange Gesichter. Zum einen ist jetzt, da jeder ein „Filmemacher“ ist, oder glaubt, einer zu sein, das Grundrauschen so hoch, dass man sich nur mit enormem Aufwand Gehör verschaffen kann. Qualität alleine reicht nicht mehr, wenn Katzenvideos zu Klickmillionären werden.
ZEIT ONLINE: Und zum anderen?
Gonther: Das sind die Gewinne, die sich im Netz erzielen lassen. Neun Euro für eine Filmflatrate ist keine Basis. Da bleibt für den einzelnen Film nicht viel übrig. Das ist allenfalls als Drittauswertung für Klassiker sinnvoll, aber dafür zu produzieren, ist nicht möglich. Neulich musste ich mir auf dem Münchener Filmfest anhören, das sei ja alles gar nicht so schlimm. Man würde zwar am einzelnen Zuschauer nichts mehr verdienen, bekäme aber doch durch das Netz plötzlich Millionen neuer Zuschauer, etwa auch in Indien und Afrika. Das Problem ist aber, dass die sich schon aufgrund kultureller Unterscheide für unsere Filme gar nicht interessieren. Um erfolgreich zu sein, müsste man dann nur noch kulturellen Einheitsbrei produzieren. Und das kann weder im Sinne der Filmemacher noch der Zuschauer sein.
ZEIT ONLINE: Was erhoffen Sie sich persönlich noch davon, dass der Film nun auch online zu sehen ist?
Gonther: Die Beobachtung ist durch und durch ein Kinofilm. Die Bilder kommen erst auf der Leinwand richtig zur Geltung. Es kommt auf die Details an und man muss schon konzentriert dabei sein. Vor allem muss man ganz bis zum Ende dran bleiben, also über den Abspann hinaus, sonst verpasst man die Auflösung. In diese Endtitelsequenz ist viel Zeit geflossen, und sie hat im Kino jedes Mal wunderbar funktioniert. Ob das allerdings netztauglich ist, weiß ich nicht. Ich merke selbst, wie meine Aufmerksamkeitsspanne in den Keller fällt, wenn ich mich durch Vimeo klicke. Zwanzig Minuten ist da fast schon episch.
ZEIT ONLINE: Sie haben sich trotzdem dafür entschieden, ihn auf Vimeo zu stellen.
Gonther: Ja, zumal der Film heute aktueller erscheint als zum Zeitpunkt seiner Entstehung. Für mich stand beim Schreiben der ganze Aspekt Datenklau und Überwachung gar nicht im Vordergrund. Das war immer nur scheinbar der Kern der Geschichte. Aber jetzt installieren sich die Menschen mit Konsolen, Smart TVs und demnächst auch mit Feuermeldern von Google freiwillig Kameras ins Haus, ohne es irgendwie komisch oder absurd zu finden. Vor diesem Hintergrund finde ich es faszinierend, wie sich meine eigene Wahrnehmung der Geschichte seit der Entstehung „erweitert“ hat. Vielleicht macht es bei einigen Zuschauern ja auch „klick“, wenn sie plötzlich statt ihrem Smartphone Zack und Matthias (die Namen der Schauspieler, Anm.) als Beobachter gegenüber stehen.
Der US-Filmemacher Todd Strauss-Schulson arbeitet gerne mit Extremen. In seinem Kurzfilm Valibation aus dem vergangenen Jahr lässt er Horror auf Technologiekritik treffen: Ein Schuhverkäufer verschmilzt mit seinem Smartphone. Für seinen neuen Kurzfilm All’s Fair hat sich Strauss-Schulson auf den ersten Blick ein alltäglicheres Thema einfallen lassen: Es geht um’s Schlussmachen.
Im Mittelpunkt von All’s Fair steht Roye. Roye ist Mitte zwanzig, ein wenig unbeholfen, ein bisschen nerdig und vor allem schwer in Miranda verliebt. Doch als er ihr einen Heiratsantrag macht, bricht seine Welt zusammen: Miranda lehnt nicht nur ab, sie macht auch gleich ganz Schluss und beginnt stattdessen eine Beziehung mit Royes Freund Justin. Soweit, so Klischee.
Was macht Roye nun? Er siecht vor sich hin, er schwelgt in Erinnerungen und heuert schließlich die Prostituierte Phoenix an. Nicht etwa für Sex, sondern um die schönen Momente und Routinen, die er mit Miranda hatte, noch einmal zu erleben. Doof nur, dass er dabei ziemlich viel Geld verliert und es am Ende eben doch nicht dasselbe ist.
Wie in Valibation gelingt es Strauss-Schulson auch in All’s Fair mit dem Stilmittel der Übertreibung zu spielen. Mit gelungenen Einstellungen und cleveren Schnitten wechselt der Kurzfilm zwischen Erinnerung und Gegenwart. Die anfangs absurde Beziehung zwischen der Prostituierten und Roye führt die Zuschauer durch die emotionalen Tiefen einer Trennung, mit denen wohl die meisten vertraut sind. Wie auch mit dem Ende, als sich Roye entscheiden muss: Soll er loslassen oder weiterhin von der Vergangenheit zehren?
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Nic Wooding ist ein typischer Teenager: Ein bisschen übergewichtig, ein wenig selbstzweifelnd, mit bescheidenen Mitteln, aber großen Träumen. Nics Traum ist es, ein Badminton-Star zu werden. Es sind nur noch wenige Tage bis zum nächsten großen Turnier in seiner Stadt, und Nic muss kräftig trainieren. Er will es seinem großen Idol Bruce Lee gleichtun und als Champion aus der Halle gehen.
Die Idee für Bruce Lee Played Badminton Too kam der australischen Filmemacherin Corrie Chen im Auto auf dem Weg von der Arbeit: Sie sah einen übergewichtigen, weißen Jungen mit Badminton-Klamotten an einer Bushaltestelle neben einer Gruppe asiatischer Teenager stehen. Für Chen war diese Szene, die es auch in den Film schaffte, eine Inspiration: „Er strahlte so ein Selbstbewusstsein aus, ich wünschte ihm, dass er der beste Badminton-Spieler der Welt wird“, sagt Chen.
Deshalb ist der junge Protagonist des Kurzfilms trotz seiner körperlichen Erscheinung nicht der klassische Loser. Nic hegt Selbstzweifel, die durch seinen kritischen Vater verstärkt werden. Aber er ist auch ein cleverer und vor allem talentierter Badmintonspieler, der das große Turnier abschließend in Karate-Kid-Manier bestreitet.
Doch trotz der heiteren Story ist nicht alles Comedy in Bruce Lee Played Badminton Too. Chen, die taiwanesische Wurzeln hat, verarbeitet gerade in der Vaterfigur und dem Duell zwischen Nic und seinen asiatischen Gegnern auch einen latenten Alltagsrassismus, durch den ausnahmsweise mal der weiße Junge zum Außenseiter wird.
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Eine Atmosphäre, die sofort greifbar ist. Glaubwürdige Figuren. Und ein „unerhörter Moment“. All dies macht einen guten Kurzfilm aus. All dies erfüllt Kabeljau mit Zyankali von David Gesslbauer. Ein nervöser Mann (Nils Malten) im zerschlissenen Anzug kommt zu spät zu einem romantischen Restaurantbesuch mit seiner Freundin (Merle Collet). Auf die Nachfrage, was passiert sei, druckst er herum, bevor er sich doch entscheidet, es zu erzählen. Es folgt eine ziemlich abstruse Geschichte, die nur noch getoppt wird von der unerwarteten Reaktion seiner Freundin. Plötzlich sind die Zuschauer gefragt: Ist das alles wahr, kann das überhaupt sein? Und vor allem: wieso?
Der Film, entstanden an der Filmakademie Baden-Württemberg, ist ein Lehrstück in Sachen Reduktion: Der sofortige Einstieg, die Single-Location im Restaurant, der Dialog des Paars, der problemlos in einem Take gefilmt sein könnte, ziehen sofort rein in die Geschichte. Die Absurdität der Situation, der Kontrast zwischen dem zerzausten Protagonisten und der Kerzenlichtstimmung, rufen nach Auflösung, doch Gesslbauer gelingt es in gerade einmal sechs Minuten, mit den Erwartungen der Zuschauer gleich mehrfach zu spielen. Das Ende kommt so schnell und unerwartet wie der Einstieg – und ist auch deshalb ebenso konsequent wie gelungen.
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Alex hat das perfekte Weihnachtsgeschenk gefunden: Blinky ist klein, windschnittig, wahnsinnig freundlich, stets hilfsbereit und außerdem ein prima Spielgefährte, dem garantiert nie langweilig wird. Blinky ist ein Roboter. Neuestes Modell, absolut sicher für den Heimgebrauch. Welche Eltern können solch ein Geschenk schon ausschlagen? Zunächst läuft auch alles super zwischen Alex und der dauergrinsenden Blechbüchse. Bis der Junge herausfindet, dass Blinky tatsächlich alles tut, was er ihm sagt.
Der Kurzfilm Blinky von Ruairi Robinson gewann bei den Vimeo Awards 2012 den Preis in der Kategorie „Erzählung“. Der Regisseur ist schon lange im Animationsgeschäft, 2002 war er mit einem Kurzfilm bereits für einen Oscar nominiert. Mit einem Budget von 45.000 Euro und dem jungen Hollywoodschauspieler Max Records (Where The Wild Things Are) in der Hauptrolle, gehört Blinky zu den wenigen hoch dotierten Kurzfilmprojekten.
Doch Budget und Technik alleine machen noch keinen guten Film. Blinky überzeugt vor allem durch seine feine Balance aus Familiendrama und Roboterdystopie. Inmitten einer offenbar zerrütteten Familie bietet Blinky dem jungen Alex zunächst Halt. Doch nach und nach kippt die Stimmung. In einer bemerkenswerten Szene steht Blinky buchstäblich im Regen, verlassen von seinem menschlichen Freund. Dass der Roboter es schafft, in wenigen Minuten die Geschichte komplett zu drehen, ist die vielleicht größte Leistung Robinsons.
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Im animierten Kurzfilm WIND des Berliner Animationsfilmers Robert Löbel bestimmt der Wind das Leben der Menschen. Die scheinen sich mit der stetig steifen Brise im Gesicht abgefunden zu haben. Mit einer Mischung aus Desinteresse und Langeweile gehen sie ihrem Alltag nach und hinterfragen nicht, woher der Wind eigentlich kommt. Denn dahinter steckt nicht etwa die Natur, sondern ein tieferes Geheimnis.
Im Interview erklärt Löbel die Idee hinter WIND und wieso er sich auf die Online-Veröffentlichung gefreut hat.
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Robert Löbel: WIND ist im Rahmen meines Diplomsemesters im letzten Jahr an der HAW Hamburg entstanden. Die Idee dafür hatte ich schon länger im Kopf. Es hat aber vier bis fünf Monate gedauert, bis ich mich entschlossen habe, diese Idee umzusetzen. Das Schlimme ist, dass man in diesem Zeitraum nicht wirklich sieht, was man erarbeitet hat. Wenn ich ein Möbelstück aufbaue, sehe ich den Erfolg sofort. Beim Ausdenken von Geschichten muss man darauf vertrauen, dass sie am Ende irgendjemand gut findet.
ZEIT ONLINE: Hatten Sie von Anfang an geplant, den Film nach dem Festival-Run ins Netz zu stellen?
Löbel: Festivals sind toll und ich bin überglücklich, dass mein Film so gut ankommt. Einige Festivals legen großen Wert darauf, dass der Film noch nicht online verfügbar ist. Exklusivität ist ein großer Werbefaktor und zieht die Leute ins Kino. Jedoch erreicht man dadurch nur ein gewisses Spartenpublikum. Die große Masse findet man heutzutage im Netz. Und da WIND mein erster eigenkonzipierter Film ist, konnte ich es kaum erwarten zu sehen, wie er im Internet aufgenommen wird.
ZEIT ONLINE: Hatten Sie sich für die Online-Veröffentlichung informiert, den Film etwa vorab an bestimmte Blogs geschickt oder ihn einfach nur hochgeladen und gewartet?
Löbel: Ich habe mich nicht direkt informiert, eher die Tools genutzt, die ich vorher schon kannte. Eine große Hilfe war natürlich die achtmonatige Festivaltour, und auf Vimeo gab es vorab bereits einen Trailer. Nachdem ich den Film hochgeladen hatte, kamen die Social Networks ins Spiel. Freunde, Bekannte, Studienkollegen und Festivals haben den Film sofort geteilt – die Welle kam ziemlich schnell ins Rollen.
ZEIT ONLINE: Der Film hat trotz des Humors eine ernste, durchaus kulturkritische Message. Wie kamen Sie auf die Idee?
Löbel: Den ersten Impuls bekam ich während einer Architekturvorlesung an der TU Berlin. In der Vorlesung ging es um informelle Siedlungen und deren Strukturen und Lebensweisen. Interessant fand ich, wie die ärmste Bevölkerung der Welt es schafft, an menschenunwürdigen Orten zu überleben. Es gelingt, weil es leider ihr Alltag geworden ist. Sie müssen mit den Widrigkeiten umgehen.
ZEIT ONLINE: Wie die Menschen in WIND?
Löbel: Wenn ich dies nun übertrage und frage, wie leben wir in der zivilisierten Gesellschaft, fällt mir auf, dass wir uns an einen digitalisierten und mechanisierten Alltag gewöhnt haben. Alles läuft seine geregelten Bahnen, so wie der Wind in meinem Film ständig weht. Die Bevölkerung im Film denkt, der Wind sei natürlich, womöglich kennen sie gar nichts anderes. Sie hinterfragen es nicht mehr und machen das Beste daraus. Bis das gewohnte Umfeld ihnen plötzlich unter den Füßen weggerissen wird.