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Musikplattform Vevo kommt nach Deutschland

(© Marc Andrew Deley/Getty Images)
(© Marc Andrew Deley/Getty Images)

Die schlechte Nachricht zuerst: YouTube-Nutzer in Deutschland werden auch in Zukunft Sperr-Hinweise vor den Musikvideos der sogenannten Major-Labels sehen. Die gute Nachricht: Schon bald gibt es diese Videos wenigstens auf einer anderen Plattform. Der US-Dienst Vevo wird bis zum Jahresende auch hierzulande starten, wie das Unternehmen mitteilte. Vevo erzielte eine Vereinbarung mit der Verwertungsgesellschaft Gema.

Vevo gehört Sony und dem weltgrößten Musikkonzern Universal Music. Der kostenlose und werbefinanzierte Dienst bietet zurzeit rund 75.000 Musikvideos und ist in zwölf Ländern verfügbar. Die Nutzer werden auf Vevo in Deutschland über die Website, die Apps für Smartphones und Tablets, Apple TV und Xbox zugreifen können – nicht aber über YouTube.

Dabei ist Vevo vor allem gerade durch YouTube bekannt. Der Hauptkanal gehört nach Angaben von Social Blade mit 3,4 Millionen Abonnenten zurzeit zu den 60 erfolgreichsten auf der Plattform. Zudem haben bekannte Künstler wie Rihanna oder Lady Gaga ihre eigenen Vevo-Kanäle auf YouTube, was die Abrufe noch um ein vielfaches steigert. In den USA gehört Vevo noch vor Yahoo und Microsoft zu den größten Online-Video-Angeboten. Nach Angaben des Wall Street Journal laufen über zwei Drittel der Abrufe von Vevo in den USA über Googles Plattform.

Dass Vevo nun in Deutschland exklusiv auf seine eigene Plattform setzt, ist wohl vor allem dem Umstand geschuldet, dass sich YouTube als Mittelmann nicht mit der Gema einigen konnte was die Kosten pro abgerufenes Video anbelangt. Das Wall Street Journal berichtet außerdem, dass sich Vevo unabhängiger von YouTube machen möchte. Schließlich müssen sie die Werbeeinnahmen auf YouTube mit Google teilen.

Allerdings: Erst im Juli hat Vevo seinen Vertrag mit YouTube verlängert. Im Rahmen des Deals hat Google zusätzlich in das Unternehmen investiert. Eine Summe von 40 bis 50 Millionen US-Dollar steht im Raum, was Google rund sieben Prozent der Vevo-Anteile sichert. Im Endeffekt scheint es also, als würde Google indirekt auch von Vevo profitieren, selbst wenn dieses in Deutschland seine Inhalte nicht über YouTube verbreitet.

Wann genau Vevo in Deutschland startet, ist noch nicht bestätigt. Es scheint aber auf das Jahresende hinauszulaufen.

(mit dpa)

 

Airbnb dreht Vine-Film per Crowdsourcing

Ich habe an dieser Stelle schon öfters über den Social-Video-Dienst Vine (und den „Konkurrenten“ von Instagram) geschrieben. Angesichts von Memes wie Ryan Gosling und sein Müsli, wirklich fantastischen Stop-Motion-Arbeiten, innovative Werbekampagnen und regelmäßigen Zusammenschnitten der besten Vines kann man sagen, dass „Microvideo“ in diesem Jahr endgültig den Durchbruch geschafft hat.

Folglich ist es auch nur eine Frage der Zeit, bis der erste längere Film kommt, der ausschließlich aus sechssekündigen Einzelclips besteht. Die Übernachtungsplattform Airbnb hat die Chance ergriffen und mit Hollywood and Vines nun einen Wettbewerb ausgerufen, bei genau so einem Film mitzumachen.

Seit dem 22. August postet das Unternehmen auf seinem Twitteraccount mehrmals täglich Anleitungen zu Einzelszenen. Diese können die Follower dann nachstellen, per Vine aufnehmen, hochladen und per Hashtag binnen 48 Stunden zurücktwittern. So entsteht nach und nach ein Film aus den jeweils besten Einsendungen.

Das Ganze ist natürlich eine Marketingnummer für Airbnb und sollte auch genau als solche betrachtet werden. Auch klingt die Idee von einem Film über „Reise und Abenteuer“ erstmal nicht sehr spannend. Die Idee dahinter aber ist es: Auch das Projekt Star Wars Uncut hat auf ähnliche Weise die Fans zu Filmemachern gemacht. Das Ergebnis war ziemlich bunt – und sehr unterhaltsam. Zumindest dürfte Hollywood and Vines auch andere, vielleicht sogar bessere, Projekte dieser Art inspirieren.

(via)

 

„A Letter From Fred“

Nach Pixelmaler Hal Lasko schickt sich nun ein weiterer Neunzigjähriger an, das Netz zu erobern. Die Geschichte von Fred Stobaugh ist jedenfalls nicht minder herzerwärmend: Das Green Shoe Studio aus Peoria in Illinois hatte einen Singer/Songwriter-Contest ausgerufen, um talentierte Künstler aus der Region kennenzulernen. Das Ganze sollte über YouTube laufen. Eines Tages aber lag ein Brief von Fred in der Post: Der 96-jährige hatte vor kurzem seine Frau verloren und den Aufruf in der Zeitung gesehen.

Also hat Fred seiner verstorbenen Gattin einen Song geschrieben. Da er aber nicht singen kann, hat er den Text kurzerhand per Post verschickt. Die Verantwortlichen fanden die Aktion so toll, dass sie Fred anschließend besuchten und ihn gemeinsam mit einem professionellen Musiker (und etwas Autotune) dazu brachten, das Lied doch selbst einzusingen. A Letter From Fred erzählt diese Geschichte. Den Contest hat Fred zwar am Ende nicht gewonnen, aber auch Oh Sweet Lorraine gibt es inzwischen auf iTunes.

(via)

 

„Buzzfeed“ über das Ende des gedruckten Wortes

In Deutschland diskutiert man gerade – wieder einmal – über die Zukunft der Zeitung, und hört dabei – wieder einmal – dieselben Warnungen, Meinungen und Prognosen. Passend dazu schmeißt Buzzfeed, das Onlineportal von Jonah Peretti, das mit lustigen Listen, viralen Inhalten und Social-Media die Werbetreibenden verzückt, dem gedruckten Wort eine Abschiedsparty. Natürlich standesgemäß auf YouTube.

Wer nun glaubt, dass es sich bei dem kurzen Video um einen hämischen Abgesang auf die gesamte Printbranche handelt, irrt. Im Gegenteil, es ist eine fast schon sentimentale Hommage an das gedruckte Wort, das es auch weiterhin geben wird – aber eben im kleineren, im persönlicheren Rahmen: Print ist nicht tot, es geht nur langsam in die – wohlverdiente – Rente. Und auch für den Journalismus gibt es Hoffnung: „Good journalism, good storytelling, these are things that transcend the mode of delivery.“ Kein Wunder, dass Buzzfeed gerade investigative Journalisten sucht, um das Longform-Ressort auszubauen.

 

Web-Projekt zur Bundestagswahl: „Eine Stimme“

Am 22. September ist Bundestagswahl. Während der Wahlkampf in die heiße Phase geht, hören wir immer mehr Stimmen und Meinungen. Die meisten davon kommen von den Politikern. In scheinbar immer den gleichen Fernsehinterviews und von Plakaten herab erzählen sie uns, wieso ihre Partei es besser kann und deshalb die Stimme der Bürger verdient hätte.

Um Stimmen geht es auch bei Eine Stimme, einer Aktion des Projekts Grundversorgung 2.0 der Leuphana Universität Lüneburg. Seit Juli veröffentlichen die Initiatoren auf YouTube Interviews mit Musikern und Künstlern. Darin erzählen die Befragten, welche Themen sie persönlich wichtig finden, was sie von der jetzigen politischen Situation in Deutschland halten und was sie sich für die Wahl wünschen. Und zwar ohne das Parteibuch zu zücken.

Zwar sind einige Standpunkte der Befragten erwartbar, etwa wenn ein Markus Beckedahl von Netzpolitik stärkeren Datenschutz einfordert, oder Steffen Geyer von der Hanfparade sich eine neue Drogenpolitik wünscht. Bisweilen stecken in diesen kurzen Gesprächen aber auch interessante neue Aspekte und Blickpunkte. So erklärt der Punk-Musiker Rummelsnuff, wieso Politik für ihn verlogen ist, und Battle-Rapper Weekend erzählt von seinem Daytime-Job als Sozialarbeiter und bekommt dabei unter anderem auf das Betreuungsgeld zu sprechen.

Letztlich geht es Eine Stimme darum: Die digitale Generation zum Nachdenken und einen politischen Diskurs, wenn auch nur im Kleinen, anzustoßen.

 

Reise durch die Filme des Jahres 2012

Wenn ich mir den folgenden Zusammenschnitt von Jorge Gonzalez Diaz ansehe, muss ich wohl noch so manchen Film aus dem vergangenen Jahr nachholen. Diaz hat für What is Cinema? einige seiner Lieblingsmomente genommen, sie mit Zitaten aus anderen Filmen versehen, und präsentiert das Ganze nun als eine Art Querschnitt durch die Filmkunst des Jahres 2012. Eine schöne Hommage, wie ich finde.

 

Hüpfen wie ein Jedi: „Star Wars Parkour“

Parkour gilt gemeinhin als ein urbanes Phänomen: Junge, akrobatische Menschen, die über Hausdächer, Zäune und Mauern hüpfen, und wie James Kingston auch nicht vor schwindelerregenden Höhen Halt machen. Die beiden Freerunner Jeremy Carpenter und Sinjin Cooper haben sich ein anderes Setting ausgedacht: Als Jedi verkleidet führen sie ihre Tricks in einer Steinwüste auf. Und irgendwie ist das auch total logisch. Im zweiten Teil soll es dann auch Lichtschwerter geben.

(Behind the Scenes hier)

 

Skate-Filme im Netz: „Die Faszination liegt im Einfachen“

Das Internet ist voller Skateboard-Filme. Doch nur wenige ihrer Macher glänzen mit einem eigenen Stil. Sebastian Linda gehört dazu. Der 29-Jährige ist selbst ein leidenschaftlicher Skateboarder. Sein erstes Feature Born to Skate lief mehrfach im deutschen Fernsehen und ist zurzeit in Ländern wie Japan und Brasilien zu sehen.

Seit einigen Jahren zeigt Linda seine Skate-Kurzfilme aber auch online auf YouTube und Vimeo, wo sie es regelmäßig in Blogs und in Listen von besten Clips schaffen. Gerade hat er mit Revenge of the Beasts seine jüngste Arbeit veröffentlicht. Mit uns sprach Linda über die Ästhetik des Skate-Films und die Unterschiede zwischen Online- und Offline-Vertriebswegen.

ZEIT ONLINE: Herr Linda, sind Sie in erster Linie ein Skater oder ein Filmemacher?

Sebastian Linda: Es ist eine Symbiose. Ich habe mit zwölf Jahren angefangen zu skaten und kurz darauf mit dem Filmen, weil ich das Skateboarden von mir und meinen Freunden festhalten wollte. Also habe ich meinem Vater die Videokamera abgeluchst. Beides ist eine Leidenschaft, die sich bis heute immer wieder verbindet.

ZEIT ONLINE: Im Netz gibt es beinahe wöchentlich neue Skate-Videos, die sich meist stark ähneln. Wie lässt sich in diesem Genre noch eine eigene Sprache finden?

Linda: Auch mich hat das eines Tages gelangweilt. Ich kann mir keine Skatevideos mehr anschauen, in denen bloß ein Trick auf den nächsten folgt. Ich habe zwar großen Respekt vor der Arbeit – manche filmen tagelang, um den perfekten Move einzufangen –, aber mir bedeutet Skateboarding mehr. Der Sakteboarder ist ja Teil der urbanen Welt, der Straße und dort passiert immer etwas. Die Faszination des Skatens liegt auch oft im Einfachen: Nämlich darin, dass man mit einem Holzbrett hochfliegt, es dreht und mit seinen Füßen wieder auffängt. Eine Kamera kann das auf ganz unterschiedliche Weise einfangen.

ZEIT ONLINE: Die Teile der Beasts-Serie unterscheiden sich stilistisch voneinander.

(© Sebastian Linda)
(© Sebastian Linda)

Linda: Der erste Film, Beasts from the East, ist relativ aggressiv und hart geschnitten, sehr schnell und hektisch. In The Epic & The Beasts geht es vor allem um die Freude und Freundschaft, um viel Emotionen und schönes Licht. Im neusten Clip wollte ich den Kampf gegen dunkle Mächte einarbeiten. Die Effekte wechseln sehr kontrastreich zwischen Licht und Dunkelheit. Die Geschichte handelt davon, dass man seine Kindheitswelt zurückholen möchte, der Weg dorthin aber immer wieder bedrohlich wird. Erst am Ende „fliegen“ alle und der Fluch ist gebrochen.

ZEIT ONLINE: Alle drei Kurzfilme sind sehr erfolgreich. Inwiefern hilft dieser Erfolg im Netz Ihrer Karriere?

Linda: Ich glaube, dass die Freiheit im Netz für einen ganz neuen Ansporn und letztlich auch für neue Inhalte sorgt. Für mich als kleinen Filmemacher ist es eine große Chance, wenn ein Publikum darüber entscheidet, ob es meinen Film sehen möchte, und nicht etwa die Jury eines Filmfestivals. Das fördert die kreative Arbeit, über die dann auch neue Kunden, etwa aus der Werbung, an mich herantreten.

ZEIT ONLINE: Ihre Netzfilme sind also auch eine Form der Akquise?

Linda: Zum Teil. Aber ich akquiriere meine Werbeaufträge nicht einzig dadurch. Viele möchten nämlich gerne eine Kopie dessen, was sie gesehen haben. Das funktioniert jedoch nicht, denn das Netz vergisst nicht und man darf den Zuschauer nicht für dumm halten. Sobald plötzlich ein Werbe-Zusammenhang besteht, merkt er, dass es mit dieser Arbeit nicht um Erkenntnis geht, sondern um Kommerz. Deshalb ist die Beasts-Reihe auch ohne kommerziellen Hintergrund entstanden.

ZEIT ONLINE: Was war dann die Motivation abgesehen von Ihrer Leidenschaft fürs Skaten?

Linda: Meine Motivation ist es auch, zu zeigen, dass man mit weitaus geringeren Mitteln als den GEZ-Milliarden gute Filme drehen kann. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass viele deutsche Filmemacher inzwischen vor allem auf Vimeo oder YouTube bekannt sind und mit kleinem Budget Werke zaubern, von denen sich die TV-Sender eine Scheibe abschneiden könnten. Diese und andere internationale Künstler sind sowohl Inspiration als auch Konkurrenz, die mich anspornen.

ZEIT ONLINE: Wie wichtig ist das Feedback der Zuschauer auf Plattformen wie Vimeo?

Linda: Wir haben inzwischen sogar noch ein Making-Of online gestellt, weil so viele Fragen kamen. Der gesamte Prozess ist ein Säen und Ernten. Natürlich fragt man sich immer, wie viel man von seinen filmemacherischen Tricks preisgeben möchte, aber der Trend entwickelt sich dahin, immer mehr zu teilen.

ZEIT ONLINE: Das tun Sie auch in Workshops, in denen Sie erklären, wie man mit einfachen Mittel Filme drehen kann.

Linda: Ich finde es toll, wenn ein 50-Jähriger, der noch nie gefilmt hat, Filme mit seinen Kindern dreht und diese mit der Welt teilt. Den Ansatz, den ich zu vermitteln versuche, ist, dass man seine Kamera einfach laufen lässt und im richtigen Moment „da“ ist. In meinem aktuellen Film Mr. Elektro geht es um einen balinesischen Heiler, der elektrische Stöße weiterleitet. Viele fragen, wieso ich über so ein esoterisches Thema einen Film gedreht habe. Nun, weil ich die Kamera angeschaltet habe, als dieser Typ kam.

ZEIT ONLINE: Planen Sie, Mr. Elektro auch online zu veröffentlichen, vielleicht über Vimeo-on-Demand?

Linda: Ich denke, dass ich ihn irgendwann auch online stelle. Aber Mr. Elektro ist ein schwieriger Fall. Der Film arbeitet mit einigen Überraschungen und bewegt sich zwischen Wissenschaft und Glauben. Da ist ein direktes Kinoerlebnis sowohl für den Zuschauer als auch für mich lohnender, als den Film online zu veröffentlichen. Man sieht auch an den Klickzahlen des Trailers, dass das Thema viral nicht so gut funktioniert wie ein Clip aus der Beasts-Reihe. In diesem Fall könnte ich eine 40-minütige Version erstellen, zwei Euro dafür verlangen und es würde wohl laufen.

ZEIT ONLINE: Es gibt also weiterhin gute Gründe für Online- und Offline-Vertriebswege?

Linda: Man kann die gar nicht mehr so klar trennen. Unser erstes Feature Born to Skate war auf illegalen Plattformen ziemlich erfolgreich. Wir fanden das zunächst nicht so geil, aber letztlich war es diese Fanbase, die den Film zum Fernsehen getragen hat. Denn als er das erste Mal auf ZDF Kultur lief, hatte er sogar eine messbare Quote – und das nur, weil ihn so viele bereits von Streaming-Plattformen kannten. Da denkt man natürlich hinterher schon darüber nach, welcher Weg der beste ist.