Gangsta Rap ist eine Webdoku der französischen Autorin und Regisseurin Sandy Lakdar über die amerikanische Rap-Szene. Bereits im Jahr 2006 war sie zwischen Los Angeles und New York, den Geburtsstätten amerikanischer Rap-Kultur, unterwegs, um bewusst einmal nicht die bekannten Namen und Stars der Szene vorzustellen. Stattdessen kommen talentierte Musiker und MCs auf den Straßen Comptons und Queensbridge zu Wort, für die Rap nicht bloß Unterhaltung, sondern vor allem eine Zukunft jenseits des tristen Alltags verspricht.
Die Protagonisten der sechs Folgen erzählen von ihrer Jugend, von Begegnungen mit Kriminalität und Staatsgewalt, aber auch von ihrer Einstellung und Hoffnung an Musik und Texte. Durch seine direkte Herangehensweise gibt Gangsta Rap damit einen überraschend ehrlichen und unverfrorenen Einblick in die Rap-Szene, die auf ihre Weise immer schon ein Gradmesser der amerikanischen Gesellschaft war.
Alle sechs Folgen gibt es auf arte.tv (mit deutschen Untertiteln)
Framed von Maël Sevestre ist ein Kurzfilm, der komplett mit der Kamera des iPhone 4S aufgenommen wurde und damit einmal mehr beweist, dass teures Equipment längst keine Voraussetzung mehr für gute Aufnahmen ist. Seinen Charme bekommt Framed aber vor allem dadurch, dass ausgerechnet ein alter Kamera Fotoapparat im Mittelpunkt des Films steht. Vielleicht ist das ja auch eine Form der Huldigung – analoges Equipment, digital gefilmt.
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Am 28. Februar 2008 erfuhr der damals 26-jährige Benjamin M. Piety aus Los Angeles, dass er mit dem HI-Virus infiziert ist. Noch am gleichen Tag begann er, zunächst anonym, darüber zu bloggen. Fast auf den Tag genau ein Jahr lang schrieb er von hoffnungsvollen Arztbesuchen, von seinen Ängsten, von zerrütteten Beziehungen mit Freunden und ehemaligen Liebhabern. Two Twenty Eight wurde in kurzer Zeit zu einem der bekanntesten und persönlichsten Blogs, die sich um das Thema HIV und Aids drehten.
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Drei Jahre später geht es Piety gut. Seine Viruslast ist weiterhin unauffällig, er ist gesund und arbeitet als Filmemacher. Kurz, er hatte Glück: Sein Leben geht weiter – auch mit der Krankheit.
In der Webserie 2/28 greift Piety seine eigene Geschichte – und die seines Blogs – nun erneut auf. In einer Mischung aus Dokumentation und Fiktion verfolgt die Serie das Leben des Erzählers vom Zeitpunkt der Diagnose an. Die einstigen Blogeinträge bilden dabei den Rahmen. Sie werden, größtenteils im Original-Wortlaut, aus dem Off vorgelesen. Zwischen die Blog-Passagen ist eine fiktionale Geschichte verwoben, in der es für den Erzähler, gespielt von Daniel Taylor, ein zusätzliches Problem zu lösen gilt: Ein kleiner Junge tritt, ähnlich wie die Krankheit, in sein Leben – plötzlich, ungefragt und scheinbar ohne Logik. Der Erzähler muss sich auf beide unerwünschte Gäste einstellen, die im Kern das gleiche Problem darstellen.
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2/28 ist eine ebenso experimentelle wie nachdenkliche Serie, die auf kreative Weise die emotionalen Auswirkungen einer HIV-Diagnose auf den Betroffenen zeigt. Ursprünglich als Spielfilm gedacht, hat sich das Format der Webserie für Piety als ideales Medium entpuppt: Das Episodenhafte spiegelt die Entwicklung des Blogs und die Erfahrung des Erzählers wider und lockert die längeren Monologpassagen auf, die nie ermüdend wirken, sondern ähnlich eindringlich sind wie seine Blogeinträge.
Und natürlich ermöglicht die Veröffentlichung im Netz den direkten Austausch mit Zuschauern. Denn letztlich geht es Piety nicht bloß um Vergangenheitsbewältigung. Die Serie soll vor allem auch über die Krankheit und deren Verarbeitung informieren. Schon das fantastische Intro zeigt, welch wichtiger Beitrag 2/28 zu einem noch immer schwer zu behandelnden Thema ist.
Bislang sind sieben von 25 Episoden erschienen. Alle bisherigen und künftigen Folgen gibt es auf der Website oder im Vimeo-Kanal.
Wer sagt eigentlich, dass die großen Filmemacher von der Szene im Netz nichts mitbekommen? Vor zwei Wochen hat der Animationskünstler James Curran ein eigenes Intro für Steven Spielbergs Tim & Struppi-Verfilmung auf Vimeo hochgeladen, in dem Szenen aus allen der 24 Comicbücher vorkommen. Spielberg hat die Idee offenbar so gut gefallen, dass er Curran kurzerhand zur Londoner Premiere einlud und ihm einen Job für seinen nächsten Film in Aussicht stellte. Glückwunsch, James!
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In der Regel werden Filme mit 24 FPS (Bildern pro Sekunde) aufgenommen. Für eine Zeitlupe wird die Bildwiederholfrequenz erhöht – je höher, desto langsamer. Das folgende Video von Chris Bryan wurde mit 1000 FPS aufgenommen – nur wenige Kameras ermöglichen überhaupt solche Aufnahmen; circa 100.000 US-Dollar kostet das hier verwendete Modell einer Phantom HD. Dafür sind die Bilder auch entsprechend beeindruckend. Auf Bryans Website gibt es noch weitere Hochgeschwindigkeitsaufnahmen.
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Dass auch etablierte Filmemacher immer häufiger Inhalte für das Web drehen, beweist einmal mehr Spike Jonze. Der Regisseur, der vor allem für seine Musikvideos und Feature-Filme wie Being John Malkovich und Where the Wild Things Are bekannt ist, hat schon im letzten Jahr mit seiner Roboter-Romanze I’m Here für Aufsehen im Netz gesorgt. Sein aktueller Kurzfilm Mourir Auprès de Toi ist in Zusammenarbeit mit Simon Cahn und der Handtaschen-Designerin Olympia Le-Tan entstanden. Gefilmt im Pariser Buchladen Shakespeare & Company, in dem schon Hemingway und Joyce verkehrten, betrachtet er die „sanftere Seite des Todes“ in Form einer etwas anderen Liebesgeschichte.
Hier noch ein kurzes Making-of:
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Ein Besuch auf YouTube kann durchaus unterhaltsam und informativ sein. Er kann einen aber auch an der Zukunft der Menschheit zweifeln lassen. In jedem Fall ist YouTube ein Beispiel für die Demokratisierung einer Kultur, in der es weder exklusive Mittel noch lange Vertriebswege braucht, um die eigene Kreativität einem Publikum zu präsentieren. Everyone’s an artist – oder etwa nicht? Die Dokumentation PressPausePlay geht der Frage nach: Leben wir in einer Zeit der Mittelmäßigkeit, in dem die Masse schlechter Inhalte noch die letzten Talente erstickt? Oder hat es tatsächlich nie einen bessere Gelegenheit für Kunst und Künstler gegeben?
Fast zwei Jahre lang reiste das Team um die beiden Regisseure David Dworsky und Victor Köhler für die Dokumentation um die Welt. Dabei trafen sie zahlreiche Künstler und Kulturschaffende. Zu den Gästen zählen unter anderem Musiker wie Moby, Robyn und Lykke Li, Autoren wie Seth Godin, der Napster-Co-Gründer Sean Parker, sowie mehrere Blogger und Journalisten. Sie alle sind, ob direkt oder indirekt, Teil der digitalen Kulturindustrie. Doch nicht alle teilen die gleichen Ansichten. Die einen, wie der junge isländische Komponist Ólafur Arnalds, dessen Geschichte sich durch den ganzen Film zieht, hätten es ohne YouTube und Twitter womöglich nie geschafft. Die anderen leiden unter den Auswirkungen dieser Entwicklung wie Raubkopien und finanzieller Unsicherheit.
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Genau in dieser ambivalenten Haltung zum Thema liegt die Stärke von PressPausePlay. Immer wenn der Film Gefahr läuft, sich mit ästhetisch schönen Porträts, kurzweiligen Animationen und Konzertaufnahmen in Selbstgefälligkeit zu verlieren, stellen kritische Stimmen das veränderte Verständnis von Kunst und Kultur infrage. Die lauteste hat dabei der Netzkritiker Andrew Keen. Er ist der Ansicht, dass das Web 2.0 vor allem den Narzissmus seiner Nutzer bedient, während Klickzahlen immer häufiger jeglichen künstlerischen Anspruch ablösen. Nicht alle äußern sich so extrem, aber auch zwischen den Zeilen der Befürworter digitaler Kultur finden sich nachdenkliche Anmerkungen: „Wenn jeder nur mittelmäßige Musik macht, wird das Mittelmaß zur Normalität“, sagt der Elektronik-Künstler Moby.
Doch führt die Demokratisierung der Mittel wirklich unweigerlich in die Mittelmäßigkeit? Eine Antwort bleibt PressPausePlay schuldig. Der Film hinterfragt ebensowenig die Aussagen wie er sich in Analysen versucht. Das ist nicht schlimm, denn vielleicht ist der Film selbst der beste Gegenbeweis – er wäre ohne das Internet nicht möglich gewesen und ist damit selbst ein Produkt der digitalen Kultur. Und er zeigt gleichzeitig, dass nicht nur die Mittel entscheidend sind, sondern immer auch die Menschen dahinter. Und nur wenn beides aufeinander trifft, entsteht etwas Großartiges.
Nicht nur inhaltlich ist PressPausePlay gelungen, auch die Präsentation ist dem Thema und Anspruch angemessen. So gehen die Macher eben nicht die klassische Vertriebswege, sondern bieten den Film gleich im Netz an. In mehreren Auflösungen kann man ihn über Bittorrent gratis herunterladen (das passende Programm gibt es hier). Eine zweite, interaktive Version enthält zudem alle ungekürzten Interviews sowie zusätzliches Material in Form von Musikvideos und Animationen. Und wie es sich gehört, gibt es auch zahlreiche Bilder von der Entstehung.
PressPausePlay gibt es auf der Website zum Download (benötigt Bittorrent) oder als interaktive Version zum Streamen (benötigt Adobe Air).
Der folgende Artikel von Nina Pauer ist in der ZEIT 41/2011 erschienen.
Sie leiden unter Neurosen? Ab ins Netz damit! Ein paar Klicks, das mentale Problemchen geht online und – verschwindet. „Ihre Neurosen sind der Star!“, propagiert die Expositionsmaßnahme nach Verbier, die die klassische Methode der Konfrontation mit den eigenen Spleens nun um die Zurschaustellung im Internet erweitert und als neuestes Heilsversprechen der modernen Psychotherapie bereits nach einigen Wochen im Netz beachtliche Erfolge zu verbuchen scheint.
Wie genau die virtuelle Spontanheilung funktioniert, macht ihr ominöser Erfinder, der Kölner Therapeut Dr. Hanno Verbier persönlich vor. Auf Facebook und auf YouTube demonstriert der Doktor mit Glatze und Cordanzug, wie sein Methodenmix aus Gesprächs-, Verhaltens- und Experimentaltherapie bei Gert, dem „Patienten Null“ anschlägt. Einmal die Woche wird an ihm exerziert, was die Demonstrationsfilmchen auf Verbiers Website versprechen: Der Mensch überträgt die Auseinandersetzung mit seinem Leiden per Video ins Internet, wo es sich langsam – „im Verhältnis 1:Bodensee“, wie die sonore Stimme Verbiers die Infografik erläutert – auflöst.
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Nicht gerade gering war die Verwirrung, als das von der Film- und Medienstiftung NRW geförderte Onlinekunstwerk des Pseudotherapeuten Dr. Hanno Verbier, dargestellt vom Schauspieler Hanns Zischler, erstmals online ging. So seriös ist sein Internetauftritt inszeniert, dass Zischler für eine wahre Figur gehalten und seine Methoden in Psychologieforen ernsthaft diskutiert wurden. Mittlerweile sind Verbier und sein Patient Gert allerdings als fiktiv entlarvt worden und dafür zu Webstars avanciert. Elf Sitzungen gibt es bereits online zu sehen, von der Konfrontation mit der Höhenangst, die sich in der nächsten Sitzung als „Höhlenangst“ (die Urangst vor der Mutterhöhle) entpuppte, bis zur hypnotischen Reise ins gemeinsam gebaute Fantasieland. Pannen sind dabei Standard: Gerts Abgrenzung zum eigenen Vater scheitert fast daran, dass der Therapeut vor lauter Sympathie mit dem Alten vergisst, seinen Patienten daran zu erinnern, wie gesund es wäre, den Kontakt zu ihm für immer abzubrechen.
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Zischlers Filmchen beflügeln das neue Genre der Webserie. Ihre Stärke liegt in der gnadenlosen Ernsthaftigkeit. Der Klamauk wird unvorbereitet eingestreut, nie zuckt auch nur der Mundwinkel der Schauspieler, die mit dem Kontrollverlust der eigenen Psyche Pingpong spielen. Verbier, der Onlinetherapeut, schafft es nicht nur, den zeitgenössischen Pathologisierungs- und Therapierungswahn auf die Schippe zu nehmen, indem er das humoristische Potenzial im Psychologenvokabular ausspielt. Er karikiert auch das ewige Ausstellen der User im Netz, der „Weltgemeinde WWW“, wie er sie nennt, wobei ihm gerne mal ein „W“ zu viel rausrutscht. Es ist dieser zwischen Pseudoprofessionalität und völligem Irrsinn changierende Tonfall, der Verbiers Therapie so komisch und die Neurosen tatsächlich zum Star macht. (Nina Pauer)
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