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Was ist ein Überwachungsstaat?

„Überwachungsstaat“ – das Wort hört man dieser Tage oft. Nach den Enthüllungen über das Spähprogramm Prism und seine zahlreichen Ableger fand etwa am Wochenende in vielen deutschen Städten die Demonstration „Stop Watching Us!“ statt, bei der Bürger unter anderem gegen genau diesen Überwachungsstaat demonstrierten. Doch trotz der zahlreichen Empörungen – vor allem im Netz – in den vergangenen Wochen hat das Thema die breite Bevölkerung noch immer nicht erreicht. Stattdessen hört man häufig, dass „wer nichts zu verbergen habe, auch nichts befürchten müsse.“

Was kann da helfen? Aufklärung. Der YouTube-Comedian und -Cartoonist Manniac hat jetzt eines der beliebten Erklärvideos zum Thema Prism und Überwachungsstaat gezeichnet, damit vielleicht auch die Schwiegermutter, die Oma und Onkel Walter von nebenan die Ausmaße und Folgen der Überwachung verstehen.

 

Netzfilm der Woche: „The Pixel Painter“

Hal Lasko hat ein besonderes Hobby. Der 97-jährige, den alle nur Grandpa nennen, malt Bilder. Nicht irgendwelche, sondern digitale Bilder mit Microsofts Software Paint. Stundenlang sitzt Lasko vor dem Bildschirm und erweckt seine Ideen Pixel für Pixel zum Leben. In seiner Kurzdokumentation The Pixel Painter begleitet der Filmemacher Josh Bogdan den Künstler bei der Vorbereitung seiner ersten Ausstellung.

Während des Zweiten Weltkrieg zeichnete Lasko unter anderem Wetterkarten, später arbeitete er als Typograf und entwarf unter anderem Schriftzüge für Firmen wie Goodyear. Seit seiner Pensionierung in den siebziger Jahren machte es ihm eine chronische Augenkrankheit zunehmend schwer, klassische Bilder zu malen.

Sein Sohn schlug im vor etwa 15 Jahren vor, MS Paint zu benutzen. Mit Hilfe des Programms konnte Lasko erstmals die Bilder so stark vergrößern, dass er auch mit seiner Sehbehinderung daran arbeiten konnte. Seitdem schiebt er fast täglich und mit viel Geduld Pixel hin und her. Bis zu zwei Jahren sitzt er an einigen Werken. Die stellen laut Lasko eine „Kollision aus Pointillismus und 8-Bit-Art dar“ – und sind durchaus sehenswert. Wie auch The Pixel Painter, das ein wundervolles Porträt eines Mannes und seiner Leidenschaft ist.

 

Kurzdoku über den Compton Cricket Club

Grantland hat eine interessante Kurzdoku über den Compton Cricket Club aus Los Angeles veröffentlicht. In den Neunziger Jahren begannen Obdachlose und Sozialarbeiter in der Dome Village mit dem Cricketspielen, das in den USA bis heute nahezu unbekannt ist im Vergleich zum artverwandten Baseball.

Auch nach dem Ende der Dome Village blieb das Team zusammen, und nahm im Verlauf auch Mitglieder der Latino-Gangs auf, um Spannungen innerhalb des multikulturellen Viertels abzubauen, und jungen Menschen eine Perspektive zu geben. Heute ist der CCC einer der bekanntesten US-amerikanischen Cricketclubs.

(via)

 

Hybride Kurzfilme: „Zewdu“ und „Radio Amina“

Zewdu the Street Child von Enrico Parenti beginnt wie eine Dokumentation über ein Kind auf den Straßen der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Doch nach wenigen Minuten erkennt der Zuschauer, dass es sich um eine fiktionale Geschichte handelt – jedenfalls teilweise.

Einen Hybridfilm nennt Parenti seine Arbeit. Hybrid in dem Sinne, dass die Darsteller allesamt tatsächlich „von der Straße“ stammen und ein tatsächliches gesellschaftliches Problem, in diesem Fall die zahlreichen Waisenkinder Äthiopiens, behandeln. Auf der anderen Seite ist Zewdu aber eine stilisierte Version einer persönlichen Geschichte, wie sie möglicherweise hundertfach in Äthiopien auftritt.

Zewdu erinnert an einen zweiten Kurzfilm aus dem vergangenen Jahr mit ähnlichem Ansatz. In Radio Amina von Orlando von Einsiedel geht es um die 12-jährige Amina Dibir, die in der nigerianischen Stadt Kano über einen Radiosender mit den Menschen in Kontakt tritt. Je länger der Film dauert, desto deutlicher wird die Nachricht: Aminas Durchsage ist ein Aufruf zur Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen in Nigeria. Wie auch in Zewdu, haben die Macher die Darsteller/innen direkt vor Ort ausgewählt.

Beide Filme sind sehenswert und dürfen doch diskutiert werden: Ist diese Verbindung aus Fiktion und Dokumentation in diesem Fall hilfreich? Funktioniert das Format oder lenkt die kreative Ausgestaltung der Macher von den echten Einzelschicksalen der Hobby-Darsteller ab? Hätten sie nicht doch eher einen klassisch-dokumentarischen Ansatz wählen sollen, um auf die Missstände noch deutlicher aufmerksam zu machen? Ich persönlich bin unentschlossen.

 

Verkopfte Kurzfilmgeschichte mit The Dissolve

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Seit zwei Wochen gibt es nun The Dissolve, ein neues Online-Filmmagazin aus dem Hause Pitchforkmedia. Im Jahr 1995 gestartet, ist Pitchfork eine der ältesten und renommiertesten Websites im Bereich der Indie-Musik. An diesen Erfolg möchte The Dissolve, zu dessen Autoren mehrere ehemalige Redakteure des AV Club gehören, anknüpfen.

Der Schwerpunkt von The Dissolve liegt beim klassischen Film und Fernsehen und möchte Rezensionen und Features mit einem kulturhistorischen Dreh anbieten. Mit Webvideo hat das, bis auf Rezensionen von Streaming-Titeln, zunächst nicht viel zu tun.

Es gibt jedoch ein Format, dass mir ins Auge stach: In „Shortcuts“ (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen deutschen YouTube-Kanal) stellt die Redaktion einmal wöchentlich jeweils einen älteren und einen neuen Kurzfilm zu einer bestimmten Thema oder Technik vor und analysiert diese filmhistorisch.

In der aktuellen Ausgabe etwa geht es um recycled oder auch found footage, also Material, das nicht vom Filmemacher selbst gedreht wurde. In den experimentellen Kurzfilmen These Hammers Don’t Hurt Us (2010) und Manufaktur (1985) zeigen sie, wie sich dieses Material künstlerisch-abstrakt in Kurzfilmen verwenden lässt – mit zahlreichen Verweisen auf die Kurzfilmgeschichte. Es ist, vielleicht auch dem Anspruch der Website geschuldet, etwas verkopft. Aber ich bin gespannt, was die folgenden Ausgaben bringen.

 

Sad YouTube

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Kommentare auf YouTube genießen keinen guten Ruf. Zwar sind sie dank der Voting- und Spamfunktion in den vergangenen Jahren etwas erträglicher geworden, in vielen Fällen aber sind die Kommentare, vor allem auch im Vergleich zu Vimeo, eine Mischung aus Anfeindungen, rassistischen und sexistischen Bemerkungen und Klugscheißerei.

Dass es natürlich auch Ausnahmen gibt, beweist bereits seit September das Tumblr Sad YouTube. Hier sammelt der Betreiber besonders traurige oder persönliche Kommentare, die vorzugsweise unter Musikvideos auftreten. Schöne Idee, die einem zumindest etwas Vertrauen in die YouTube-Kommentarkultur zurückgibt.

Ein Beispiel:

„My Grandfather used to sing this to my grandmother while she was cooking, she would say o bobby not in front of the grand kids„ It was a wonderful time i will never forget it, Miss you grandpa„ Shelly“

– Michelle Berne, „Dean Martin ‘Everybody Loves Somebody’”

 

Slow Mo Guys: Pistolen unter Wasser

Alle, die mit mittelprächtigen Actionfilmen und Ego-Shootern aufgewachsen sind, haben sich vermutlich schon einmal die Frage gestellt: Funktionieren Pistolen eigentlich im Wasser oder will uns die Unterhaltungsindustrie einmal mehr für doof verkaufen? Im Jahr 2013 und dank Google ist die Frage natürlich schnell beantwortet: Ja, moderne Handfeuerwaffen funktionieren auch unter Wasser. Die Patronen sind wasserdicht und die Treibladung benötigt keinen zusätzlichen Sauerstoff. Trotzdem sind Pistolen unter Wasser weitestgehend unbrauchbar: Das Wasser bremst die Projektile nicht nur rasant ab, es verändert auch ihren Weg.

Wie genau das aussieht, zeigen die Betreiber der YouTube-Kanäle der Slo Mo Guys und SmarterEveryDay. In einem gemeinsamen Experiment haben sie das Abfeuern in spektakulären 27.000 FPS aufgenommen, quasi in Super-Super-Zeitlupe. Die Kamera, die dabei zum Zuge kam, ist eine Phantom V1610, deren Preis bei circa 100.000 US-Dollar liegt.

Und weil das Ganze nicht so aussehen soll, als ginge es hier nur um Ballerei zum Spaß, erklären sie auch gleich noch, wieso die Projektile unter Wasser so interessante Effekte verursachen. Spoiler: Es liegt unter anderem an der Bernoullischen Energiegleichung.

(via)

 

Filmen im Geheimen mit #littlesecretfilm

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Wer einen Film fürs Netz produzieren möchte braucht vor allem gute Publicity. Viele Filmemacher begleiten ihre Projekte deshalb immer häufiger schon von Beginn an mit Videos, Blogs, auf sozialen Netzwerken. Klar, je mehr Menschen am Ende auch zuschauen, desto besser.

Die Initiatoren von #littlesecretfilm verfolgen einen anderen Ansatz. In einem Manifest formulieren sie klare Regeln für die Entstehung und Distribution ihrer Filme. Dazu gehört, dass der Film vor seiner Premiere nicht angepriesen werden darf. Außerdem muss der komplette Film in 24 Stunden gefilmt sein, darf einzig vom Regisseur finanziert werden und es dürfen nicht mehr als zehn Menschen daran beteiligt sein. Und das vielleicht wichtigste: Das Ergebnis wird anschließend frei ins Netz gestellt – mit dem entsprechenden Hashtag.

Was unnötig einschränkend klingt, soll natürlich der Kreativität und Unabhängigkeit der Filmemacher dienen. Ähnlich wie die zahlreichen Wettbewerbe, in denen Filme in einem begrenzten Zeitraum entstehen oder anderen Einschränkungen unterworfen sind, geht es auch bei #littlesecretfilm darum, mit Improvisationstalent, Risiko und auch Zufall zum Ziel zu kommen.

Bis jetzt scheint #littlesecretfilm fast ausschließlich eine spanische Angelegenheit zu sein, weshalb ich an dieser Stelle nichts über die tatsächlichen Filme schreiben kann, von denen es immerhin schon fast zwanzig gibt. Als Experiment ist die Sache dennoch interessant.