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Edward Snowden: The Virtual Interview

Um Edward Snowden wurde es am vergangenen Wochenende wieder etwas lauter. Zum einen hat die befreundete Kollegin Snowdens, die Dokumentarfilmerin Laura Poitras, ihren Film Citizenfour vorgestellt. Darin begleitet sie den amerikanischen Whistleblower seit den Enthüllungen in Honkong im Juni 2013, und offenbart darin einige bis dato nicht bekannte Informationen. Etwa, dass es noch einen weiteren ranghohen Whistleblower in den US-Geheimdiensten geben soll. Und dass Edward Snowdens Partnerin inzwischen mit ihm in Moskau lebt. Zum anderen hat der New Yorker im Rahmen seines jährlichen Festivals ein Interview mit Snowden geführt. Über das Internet als Livestream. Die Aufnahme gibt es hier:

 

Netzfilm der Woche: „Mouse-X“

© Paul Burrow
© Paul Burrow

Ein Mann erwacht in einem Raum. Aus einem alten Plattenspieler ertönt ein nicht weniger altes Lied. Auf dem Schoß des Mannes liegt eine Bibel, in die sonderbare Anweisungen gekritzelt sind. In den Wänden: zwei übergroße Mauselöcher. Als er in eines kriecht, kommt er wieder im selben Raum heraus – scheinbar. Doch dann merken Protagonist und Zuschauer, dass es ein anderer Raum ist, in dem immer wieder der gleiche Prozess abläuft. Es ist eine Endlosschleife, deren einziger Ausweg darin besteht, sich selbst zu überlisten.

Eine der größten Herausforderungen im Kurzfilm Mouse-X sei es gewesen, die „richtige Geografie des Sets hinzubekommen“, sagt der Regisseur und Autor Justin Tagg gegenüber dem Filmmaker Magazine. Wie kann der Film die gleiche Figur im gleichen Raum in unterschiedlichen Positionen zeigen, ohne dass die Zuschauer die Orientierung verlieren? Am Reißbrett plante Tagg für jede Szene minutiös, wie sein Protagonist sich durch die Räume bewegt. Aus verschiedenen Blickwinkeln entstand nach und nach eine Geschichte, die gleichermaßen Kafka und Science-Fiction ist, gleichermaßen bedrückend und spannend.

Für Justin Tagg begann die Arbeit an Mouse-X bereits vor zehn Jahren, als er das erste Mal die Idee für einen Kurzfilm hatte, in dem es um die Auflösung der eigenen Identität ging. Nachdem Tagg mehrere Jahre lang als Dozent gearbeitet hatte, entschloss er sich 2011, wieder aktiv hinter die Kamera zu treten und dem Skript für Mouse-X eine Chance zu geben.

Die Unterstützung für das Projekt fand er unter anderem im Netz: Auf Twitter bat er seine Follower um Feedback, wie die komplexe Erzählung möglicherweise greifbarer werden könnte. Das Budget sollte per Crowdfunding zusammenkommen, wobei Tagg die Sache unterschätzte: „Du musst dein Publikum aufbauen, lange bevor du mit dem Crowdfunding beginnst“, schildert er seinen etwas blauäugigen Versuch, aus dem Nichts eine Kampagne zu starten.

Doch am Ende war sie erfolgreich und mit einigen kleineren Sponsoren kamen rund 5.000 Pfund für die Produktion zusammen. Das ist nicht viel, doch die jahrelange Planung und Liebe zum Detail zahlten sich aus: Der Film sieht nicht nur teurer aus, er hat auch bereits die ersten Interessenten für eine Spielfilm-Adaption angelockt.

 

Elektroschrott in Ghana: „Regolith“

Elektroschrott. Was hierzulande achtlos weggeworfen wird oder zumindest ohne viel darüber nachzudenken entsorgt, landet über Umwege und illegale Exporte in afrikanischen Ländern wie Ghana. Die veralteten Geräte der Industrienationen, Weihnachtsgeschenke von vor vielen Jahren und die Statussymbole der vernetzten Welt, bilden hier die Lebensgrundlage vieler Menschen. Eine gefährliche obendrein, denn der Elektroschrott enthält Gifte, die sowohl die Umwelt als auch die Menschen belasten.

Der Filmemacher Sam Goldwater hat einen der größten Umschlagplätze für Elektroschrott besucht: Agbogbloshie in Ghanas Hauptstadt Accra. Seine Dokumentation Regolith erzählt dabei keinerlei Hintergründe, sondern folgt lediglich einer Gruppe Jugendlicher bei ihrer täglichen Arbeit: Sie nehmen Elektronik wie alte Bildschirme auseinander und verkaufen die Einzelteile zu Kilopreisen. Die Sticheleien der jungen Männer untereinander überlagern die Bilder und machen Regolith zu einer ebenso persönlichen wie ungewöhnlichen Momentaufnahme.

 

25 Jahre Couch-Gags bei den „Simpsons“

Der sogenannte Couch-Gag gehört zu den Simpsons wie Duff Bier und Krusty Burger. 554 Episoden der Serie gibt es mittlerweile und ebensoviele individuelle Intros. Der Couch-Gag der vorletzten Folge, animiert von Don Hertzfeld, gilt schon jetzt als ein Klassiker. Doch wie schneiden die anderen 553 im Vergleich ab? Ein YouTube-Video lässt einfach mal alle gleichzeitig laufen, was zu einer irgendwie faszinierenden Kakofonie führt.

 

Bier aus einem Wal-Fossil brauen

Der Hype um das Craft Bier nimmt bisweilen kuriose Züge an. Die Braumeister experimentieren mit Hopfensorten, mit Aromen und neuen Zutaten, um möglichst einzigartige Biere zu erschaffen. Einzigartig dürfte das Bone Duster Paleo Ale der Lost Rhino Brewery in jedem Fall sein, denn die Hefekulturen stammen von einem ausgestorbenen Wal, dessen Fossilien in einem Sumpf von Virginia entdeckt wurden.

Kein Witz: Ein Forscher (und Bierliebhaber) hat auf einem Wal-Fossil Hefe-Organismen entdeckt, diese vom Knochen abgekratzt und sie an einen befreundeten Mikrobiologen (und Bierliebhaber) geschickt. Zur Überraschung der Beiden konnten sie damit Bier brauen. Die Hefe ist zwar nicht ganz so potent und nimmt sich immer mal wieder eine Auszeit im Gärungsprozess, aber es funktioniert. Vermutlich stammt sie auch nicht aus der Zeit des Wals, sondern hat sich erst im Sumpf zu den Knochen gesellt, aber trotzdem: Fossil-Bier! NPR hat die Geschichte in ein wunderbar kurzweiliges Video gepackt.

(via)

 

Netzfilm der Woche: „La Carnada“

© Josh Soskin
© Josh Soskin

Durchschnittlich sechseinhalb Meter hoch ist der Zaun, der weite Strecken der Grenze zwischen Mexiko und den USA befestigt. Seine Länge ist beachtlich, sein Nutzen dagegen umstritten. Etwa 5.000 Menschen starben seit dem Jahr 2000 während ihres Versuchs, diese Grenze zu überwinden. Ein paar von ihnen waren Drogenschmuggler aus Mexiko im Dienst der Kartelle, die meisten Migranten, die auf dem Weg durch die Wüste verdursteten oder im Rio Grande ertranken.

Der amerikanische Filmemacher Josh Soskin greift den Drogen- und Grenzkonflikt in seinem Kurzfilm La Carnada auf. Im Mittelpunkt steht der 13-jährige Mexikaner Manny. Als seine große Schwester mit den letzten Ersparnissen der Familie abhaut und seiner Mutter die Medikamente ausgehen, sucht Manny nach Arbeit – und findet sie ausgerechnet bei einem zwielichtigen Freund der Familie. Der schickt Manny auf den Weg: durch ein Loch im Grenzzaun in die USA. Nur eine kleine Bestellung abliefern, sagt er. Einfach verdientes Geld.

La Carnada lohnt aus zweierlei Gründen. Zum einen besticht der per Crowdfunding finanzierte Film durch seine Bilder. Obwohl Soskin und sein Team auf einer gewöhnlichen Spiegelreflexkamera (wer’s genau wissen möchte: eine Canon 5D Mark III) filmten und die Körnigkeit in der Post-Produktion hinzufügten, ist die Qualität beeindruckend. Die Szenen aus Tijuana und der Wüste sowie die schauspielerische Leistung ließen auf ein höheres Budget schließen, als Soskin tatsächlich zur Verfügung hatte.

Zum anderen überzeugt La Carnada erzählerisch. In den zwölf Minuten gelingt es den Machern, sowohl die Geschichte von Manny und seiner offensichtlich zerrütteten Familie zu erzählen, als auch einen spannenden Plot aufzuziehen: Mannys Trip durch die Wüste wird mit jeder Minute beklemmender, sein Schicksal bleibt ungewiss bis zum überraschenden Ende.

 

Kurzdoku: Ein Nachruf auf den Sprayer OZ

Am vergangenen Dienstag verstarb OZ, „Hamburgs schlimmster Schmierer“, wie ihn eine Boulevard einst nannte. Für andere war der Hamburger Sprayer mit seinem bewegten Leben eine Legende. Mehr als 120.000 mal sprühte er sein Tag an die Fassaden der Stadt. Den Behörden gefiel das gar nicht, doch OZ, 1950 als Walter Fischer geboren, ließ sich nicht stoppen: „Lieber sterbe ich als dass ich mit dem taggen aufhöre“, sagt er gegenüber Vocativ, die vor nicht allzu langer Zeit ein Interview mit OZ für eine Kurzdoku führten. Und die nun quasi ein Nachruf auf den Künstler geworden ist.

 

„Crouching Tiger, Hidden Dragon“: Netflix ärgert die Kinobetreiber

© Netflix
© Netflix

Es gibt mal wieder Ärger in den amerikanischen Kinos. Der Grund sind nicht zu teure Eintrittskarten oder labbriges Popcorn, sondern die Streaming-Dienste, genau genommen Netflix. Das Unternehmen hatte unlängst bekannt gegeben, dass man sich mit dem unabhängigen Filmstudio Weinstein Company auf einen besonderen Deal geeinigt hätte: Im August 2015 erscheint der Nachfolger von Crouching Tiger, Hidden Dragon, Ang Lees preisgekröntem Wuxia-Film aus dem Jahr 2000. Und zwar nicht nur im Kino, sondern am gleichen Tag auch auf Netflix.

Crouching Tiger, Hidden Dragon: The Green Legend, so der komplette Titel, soll einer von mehreren kommenden Spielfilmen sein, die Netflix zeitgleich mit dem Kinostart in sein Angebot aufnimmt. Das ist eine mittelgroße Sache, denn die klassische Wertschöpfungskette sieht das eigentlich nicht vor. Filme von großen Studios und mit einem großen Budget kommen erst ins Kino, dann auf Blu-Ray und dann, irgendwann, darf auch ein VoD-Dienst um die Rechte buhlen.

Netflix umgeht dieses, viele sagen veraltete Modell der unterschiedlichen Veröffentlichungsfenster bewusst. Ähnlich wie es der Dienst mit TV-Serien und Dokumentationen bereits versucht und sich mit der Veröffentlichung seiner eigenen Serien gegen die traditionelle lineare Ausstrahlung widersetzt. Dass sich die größeren Filmstudios langsam den Online-Diensten öffnen, zeigte zu Beginn des Jahres der Fall von Veronica Mars. Der per Crowdfunding finanzierte Film erschien per Video-on-Demand und lief trotzdem in über 270 ausgewählten Kinos.

Zwei Kinoketten wollen den Film nicht zeigen

Es hätten mehr sein können, doch die Kinobetreiber sind hartnäckiger. Verständlich, schließlich ist es ihnen im Gegensatz zu den Studios nicht egal, ob die Menschen den Film zuhause oder im Kino gucken. Die beiden großen Kinoketten Regal Cinemas und Cinemark haben deshalb bereits angekündigt, das Sequel von Crouching Tiger, Hidden Dragon nicht in ihren Sälen zu zeigen (ebensowenig wie Veronica Mars): „Wir nehmen an keinem Experiment teil, an dem man das Produkt auf einem drei Zoll großen Bildschirm ansehen kann“, sagt ein Sprecher von Regal der New York Times.

Es ist ein Zitat, das die elitäre Einstellung der Kinobetreiber entblößt. Statt auf den Medienwandel zu reagieren, wird darüber entschieden, auf welcher Leinwandgröße die Filmfans gefälligst die Inhalte zu gucken haben. Streaming-Dienste? Nichts als Experimente.

Ob sich diese Einstellung rechnet, bleibt abzuwarten. Netflix und die Weinstein Company haben jedenfalls einen Vertrag mit Imax abgeschlossen. Das System wird in den USA wiederum vor allem in Kinos eingesetzt, die von den oben genannten beiden Ketten betrieben werden. Eigentlich darf Imax bestimmen, welche Filme auf ihrem System gezeigt werden, doch im Fall von Crouching Tiger, Hidden Dragon habe man die Rechte abgegeben, sagt ein Imax-Sprecher. Was das für den Film bedeutet, ist unklar. Für Veronica Mars hatte Warner komplette Kinos vorab angemietet.

Aber vielleicht will nächsten Sommer ohnehin niemand den Film mehr im Kino sehen. Mehr als 30 Millionen Netflix-Abonnenten in den USA sind schließlich auch ein großes Publikum. Und einige von ihnen haben bestimmt auch Bildschirme, die größer sind als drei Zoll.