Auf kommunaler Ebene werden ständig Daten verarbeitet, die dem Alltag der Bewohner entstammen. Daher sind Kommunen die wohl wichtigste Quelle für Bewegungen wie Open Data, und sie sind der Schnittpunkt, an dem sich die positiven Wirkungen offener Daten zuerst zeigen lassen. Beleg dafür sind die vielen Anwendungen, die es inzwischen zu Themen kommunaler Verwaltung gibt.
Zum Beispiel zum öffentlichen Verkehr: Mobile Anwendungen wie „Öffi“ oder „Abfahrtsmonitor“ geben abhängig vom eigenen Standort Auskunft über nahe Haltestellen und die nächsten Abfahrtszeiten. Einen anderen Ansatz verfolgt Mapnificent: Das Projekt erlaubt, sich zahlreiche Städte weltweit anhand von Fahrplandaten zu erschließen. Von einem beliebigen Standort aus zeigt es an, wie weit man in einem bestimmten Zeitraum fahren und wohin man gelangen kann.
Mit Städten zu interagieren wird umso leichter, je mehr Informationen über die Städte zugänglich sind. Orte wie Ravensburg haben das erkannt. Die dortige Stadtverwaltung veröffentlichte vor Kurzem zahlreiche Informationen über Geschäfte, medizinische Einrichtungen und Sehenswürdigkeiten in einem maschinenlesbaren Format. Selbstlos war das nicht, hofft die Stadt doch auf Impulse für die örtliche Wirtschaft. Unternehmen sollen auf Basis der Daten Dienstleistungen entwickeln und verkaufen. Was sie auch tun, wie ein gerade vorgestellter Einkaufsführer namens lieber-ravensburg.de zeigt.
Doch das Konzept Open Data kann mehr, wenn es darf. Die spannendsten Informationen auf „mikrolokaler“ oder „hyperlokaler“ Ebene sind diejenigen, die in Echtzeit erhoben werden: Luftgüte, Verkehrsdichte auf der Stadtautobahn, aktuelle Position von Bussen oder Straßenbahnen, …
Viele dieser Informationen werden auch jetzt schon gemessen und gespeichert – nur um dann irgendwo auf einem Verwaltungscomputer zu liegen. Noch viel zu häufig ist der Zugang zu solchen Daten beschränkt oder gar nicht vorhanden. Doch was nützt es zu erfahren, wie die Luftqualität gestern oder vor einem Jahr war? Und was nützt es, wenn diese Information nur unübersichtlich aufbereitet ist? Viele Verwaltungen tun sich offensichtlich schwer mit dem neuen Datenhunger. Neben mangelndem technischen Know-how besteht nicht zuletzt die Sorge, Einnahmequellen zu verlieren, wenn Umwelt- oder Geodaten unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Dass aus diesen Daten neue Geschäftsmodelle und damit Steuereinahmen wachsen können, wird dabei nicht berücksichtigt.
Inzwischen aber gibt es auch viele positive Beispiele: So wurde am Dienstag in Wien ein Open-Data-Katalog gestartet. Und in Berlin findet am Mittwoch der erste „BODDy“ statt, der Berliner Open Data Day. Aus diesem Anlass ist die Seite OpenBerlin.net überarbeitet worden. Auf ihr finden sich Datenprojekte und -quellen aus der Hauptstadt. Berlin ist auch eine der fünf Städte des EU-Projekts OpenCities. Das will bis 2013 mit diversen digitalen Formen rund um Stadtinformationen experimentieren.
Eine Ahnung, was sich mit dem Datenwissen der Städte anstellen lässt, vermittelt das Projekt CityForward. Dort können Daten verschiedener Städte verglichen und visualisiert werden.
Der Bürgermeister New Yorks kündigte sogar vor wenigen Tagen an, seine Stadt solle die weltweit führende „digital city“ werden. Dazu soll die Internetinfrastruktur ausgebaut und aus der Stadtwebsite nyc.gov eine Open-Government-Plattform werden. Ausführlich lassen sich die Pläne im 60-seitigen Report „Road Map for the digital city“ (pdf) nachlesen.
Spielerei ist das nicht, hätten Städte mit offenen Daten doch einen Wettbewerbsvorteil, wie Marcus Dapp, der Verantwortliche der Münchner Open-Data-Bemühungen, stets betont. Städte, die für ihre Bewohner attraktiv bleiben wollen, können sich dieser Entwicklung nicht sperren. In wenigen Jahren wird es selbstverständlich sein, via Internet politische Vorgänge zu beobachten, Verwaltungsangelegenheiten zu regeln, sich über Bildungsangebote zu informieren oder die Wasserqualität des Badesees abzurufen.
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Bildnachweis: Ausschnitt aus einem Plakat für das „Festival of Ideas for a New City“ von civiccenter.cc