Die Europäische Union ist ein Monstrum. Hunderte Behörden hat sie, Tausende Gremien und mindestens zehntausend unterschiedliche Normen für das Gewicht von Bananen, für die Wärmedämmungen von Hausfassaden oder für Schallschutzbestimmungen von Schwerlastzügen. Neben diesen ungezählten Verordnungen und Richtlinien gibt es mindestens ebenso viele Förderprogramme und Subventionstöpfe.
So jedenfalls die allgemeine Wahrnehmung. Die ist nicht ganz falsch, wie der Strukturfonds zeigt, eines der wichtigsten Instrumente europäischer Planungs- und Steuerungspolitik. Allein der Strukturfonds setzt sich aus fünf Unterfonds zusammen, die so attraktive Titel tragen wie Regionalfonds EFRE inklusive Interreg IV oder Landwirtschaftsfonds ELER inklusive Leader. So etwas kann durchaus von der näheren Beschäftigung abschrecken. Doch beträgt das Gesamtbudget des Strukturfonds mehr als 45 Milliarden Euro. Das ist zu gewaltig, als dass Datenjournalisten diesen Fonds ignorieren sollten.
Was sie natürlich auch nicht tun. So arbeitet Celainn Barr an einem Projekt, dass eben jenen Strukturfonds systematisch untersuchbar macht. Barr arbeitet unter anderem für die britische Non-Profit-Organisation Bureau of Investigative Journalism in London. Als Teil eines Teams des Bureau of Investigative Journalism entwickelte sie das Werkzeug in Kooperation mit der Financial Times.
Eine der eher unerfreulicheren Erkenntnisse: Der Missbrauch von EU-Geldern durch die italienische ‘Ndrangheta ist keine Seltenheit. Millionen gingen an sie. Überhaupt gibt es gelegentlich seltsame Empfänger von europäischen Fördergeldern, beispielsweise die Konzerne Coca-Cola, British American Tobacco und IBM. Andere Projekte, die durchaus sinnvoll erscheinen, wurde wie eine spanische Meerwasser-Entsalzungsanlage gefördert und gebaut, aber nie in Betrieb genommen.
Die EU-Kommission begrüßte das Projekt. Kommissar Johannes Hahn erklärte, die Untersuchung sei ein Beitrag zur öffentlichen Debatte über die europäische Förderpolitik. Zum Thema ungewollte Förderung der Mafia äußerte er sich nicht.