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Eurostats Hackday: „Es braucht Daten, um Politik verstehen zu können“

EU Energy Consumption Member states
Beim Hackday entstand u.a. eine Infografik über den Energieverbrauch in der EU (Link unten)

Jonathan Gray ist eine der treibenden Kräfte in der Open Knowledge Foundation, die in mehreren europäischen Ländern vertreten ist. Im Interview spricht der Philosophiestudent über die Idee des gestrigen Eurostat Hackdays und über das Potenzial offener Daten.

Herr Gray, in der Ankündigung zum Eurostat Hackday war die Rede von „nützlichen und interessanten Dingen“, die mit den statistischen Informationen angefangen werden könnten. Was lässt sich darunter verstehen?

Jonathan Gray: Die Datensätze von Eurostat beinhalten enorm viele Information über die EU-Mitgliedsstaaten – von der Menge Fische, die gefangen werden, bis hin zu der Länge aller Bahnstrecken. Viel Arbeit wurde darauf verwendet, diese Daten der Statistikämter aus ganz Europa vergleichbar zu machen. Für den Normalbürger ist es aber alles andere als einfach, einen Zugang zu den Daten zu finden und sich damit zu beschäftigen. Glücklicherweise sind die Datensätze mehr oder minder „offen“ – jeder kann sie weiternutzen für jeden Zweck, solange die Quelle angegeben wird.

Insofern drehte sich der Eurostat Hackday darum, Dinge anzustellen, die Leuten interessante Einstiegspunkte in eben diese Informationen bieten – sei es Informationen in verständlicher Sprache aufzubereiten, seien es Grafiken oder interaktive Webservices, der Daten nicht nur visuell abbilden, sondern auch erlauben, Fragen zu stellen.

Viele der Daten von Eurostat sind notwendig, um die aktuelle Politik der EU zu verstehen. Beispielsweise haben wir gestern die Energiesparvorgaben für 2020 in den Zusammenhang von bisheriger Nachfrage und Angebot gestellt. Andere haben sich auf Migrationsdaten konzentriert. Weiter„Eurostats Hackday: „Es braucht Daten, um Politik verstehen zu können““

 

Lesestoff zu OpenData

Icon Open government dataBislang ist die Literaturlandschaft zu OpenData recht übersichtlich – vor allem in deutscher Sprache. Um so besser, dass vor kurzem ein 30-seitiges Gutachten zu  Open Government Data – frei verfügbaren Daten des öffentlichen Sektors erschienen ist (pdf ).

Der Autor, Jörn von Lucke, forscht an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen (Bodensee). In besagter Arbeit fasst er verständlich den Stand der Dinge zusammen, führt kurz in Teilaspekte ein und bietet so einen Einstieg für jeden, der Interesse an offenen Daten hat. So widmet er sich der Frage, welche Datensätze von Bund, Ländern, Kommunen und Städten überhaupt von Interesse sind. Auch geht es um den Kulturwandel in den Verwaltungen, der mit einer Öffnung einhergehen muss.

Thema sind neben dem Gewinn durch Open Government Data auch Risiken und Schwächen – die sogenannte SWOT-Analyse: Strength, Weaknesses, Opportunities, Threats. Die ein oder andere Redundanz der Schrift mag dem Umstand geschuldet sein, dass es sich um ein Gutachten handelt, das Impulse für das Verwaltunghandeln einer Stadt geben will.

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Europaweite OpenData Umfrage

Linked Data Map
Ausschnitt aus dem Netz von Linked Data

Noch bis Ende dieser Woche läuft eine europaweite Umfrage zur Nutzung von OpenData. Die englischsprachige Online-Erhebung nimmt etwa 15 Minuten Zeit in Anspruch. Sie ist sowohl für unmittelbare Anwender von OpenData – etwa Programmierer gedacht -, aber auch den reinen Nutzer. Die Umfrage startete vor gut einem Monat . Der 17. Dezember ist der letzte Tag für eine Teilnahme.

Koordiniert wird die Erhebung vom „Linked Open Data“ Konsortium LOD2. Dieser Zusammenschluß von 10 Universitäten, Firmen und NGO wird seit Sommer diesen Jahres mit 6,5 Millionen Euro von der EU für vier Jahre gefördert (pdf).

Ziel ist es, die verschiedenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte zu erforschen, die miteinander verbundene Datensätze hervorbringen können. „Linked data“ will intelligente Verknüpfung verschiedener maschinenlesbarer Datenbanken ermöglichen, um automatisiert Zusammenhänge herstellen zu können. Ein Versuch in die Richtung stellt die Suchmaschine Wolfram Alpha dar.

Bildquelle: Das Bild oben ist ein Ausschnitt aus dem „Linking Open Data Cloud Diagramm“ von Richard Cyganiaki und Anja Jentzsch (CC by:sa).

 

Der Beginn eines alternativen Internets

Es ist derzeit viel die Rede von einem Krieg, dem ersten wirklichen „Infowar“. Der Chaos Computer Club beispielsweise, das Urgestein der deutschen Hackerszene, rief unlängst in einer Erklärung zu den Fahnen: „Der Kampf um Wikileaks ist eine wichtige Auseinandersetzung um die Zukunft der Meinungs- und Informationsfreiheit im Netz. Wir rufen daher dazu auf, Wikileaks alle technische Unterstützung zukommen zu lassen, um diese Schlacht zu gewinnen.“

Besagte Unterstützung – und darunter verstehen einige offenbar auch die DDoS-Angriffe auf Firmen wie Mastercard – ist bereits im vollen Gange – über 1200 gespiegelte Instanzen, so genannte Mirror der Whistleblowing-Plattform, finden sich mittlerweile im Netz. Eine Übersicht darüber vermittelt eine Weltkarte (siehe oben).

Dieses Netzwerk von Spiegeln ist aber nur ein Vorgeschmack auf das, was ein zweites, ein alternatives Netz werden könnte. Diverse Aktivisten bereiten derzeit den Start einer dezentralen Netzstruktur vor. Nicht zuletzt wegen der Sperrung von wikileaks.org will man nicht mehr auf die offensichtlich politisch beeinflussbaren Webadressen-Kataloge von ICANN angewiesen sein.

Auf dot-p2p.org wird das Vorhaben vorbereitet. Ähnlich der Peer-to-Peer-Netzwerke (P2P), über die Daten getauscht werden, soll jeder, der ein kleines Programm auf seinem Rechner installiert, Domains erreichen können, die als Endung .p2p haben – also etwa www.zeit.p2p.

Das Rückgrat des Internets sind derzeit weltweit 13 Server (Root Nameserver), von denen ein großer Teil in den USA steht. Sie verwalten in letzter Instanz das so genannte Top-Level-Domain-System (TLD), sorgen also dafür, dass IP-Adressen wie 213.251.145.96 unter dem Namen wikileaks.org erreichbar sind. Für das P2P-Internet wären solche zentralen Rechner nicht mehr nötig. Ein alternatives DNS-System (Domain Name Server) entstünde.

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Die mitdenkende Wikipedia

Das semantische Web ist die Zukunft des Netzes. Das propagiert seit Jahren schon Tim Berners-Lee, der das World Wide Web einst auf den Weg brachte. Die Anwendung The Full Wiki demonstriert – bislang leider nur in englischer Sprache – was das praktisch heißt: Im „Semantic Web“ kann Software Informationen und Daten in ein Bedeutungszusammenhang setzen.

Das Beispiel oben etwa wertet die Informationen der Wikipedia über Karl Marx aus und trägt sie auf einer Karte ein: So „weiß“ The Full Wiki, dass das Geburtshaus des streitbaren Philosophen in Trier stand, und dass er viel Zeit in der British Library in London verbrachte. Außerdem werden alle Länder angezeigt, in denen eine Form von Marxismus herrschte.

Das Angebot durchdringt dazu das gesamte englischsprachige Angebot des Onlinelexikons. Doch nicht nur Karten kann The Full Wiki bauen, das Programm ist auch in der Lage, zu einem Thema automatisiert einen Quiz zu erstellen und Fakten abzufragen.

Auf welcher Grundlage die Software ihre Informationen erhält, lässt sich in den „References“ zu jedem Thema erahnen – dort listet das Webangebot alle Einträge der Wikipedia auf, die es für seien Auswertung zusammengeklaubt hat.

Gebaut wurde The Full Wiki von einer australischen Firma namens Rapid Intelligence. Die hat Erfahrung mit „mitdenkender“ Software bei einigen Projekten gesammelt, so beim NationMaster – einem Werkzeug, um statistische Länderinformationen zu erschließen.

Einen verwandten, aber etwas anderen Ansatz zu The Full Wiki geht die Suchmaschine Wolfram Alpha an. Ihre Stärken liegen eher im mathematischen Bereich, aber die Programmierer versuchen, den Nutzern einen Teil des Denkprozesses abzunehmen.

(via Floating Sheep)

 

Hackathon: „Es geht immer um Partizipation“

hackday website opendata international 2010
Alle sind eingeladen: Banner auf der Website des Hackathons

David Eaves ist einer der Initiatoren des internationalen OpenData Hackathons. Am morgigen Samstag werden weltweit in über 30 Städten von Programmierern und Designern öffentliche Datensätze zugänglicher gemacht und in neue Formen gebracht. Der kanadische Politikwissenschaftler spricht im Interview über die Idee des Hackday und wie die Lage von OpenData in Kanada ist.

Herr Eaves, auf welche Ergebnisse des internationalen Open Data Hackathons hoffen Sie?

David Eaves: Für den Hackathon gibt es zwei Gründe. Der erste ist, Gemeinschaften zu schaffen. Jede Stadt hat OpenData Fürsprecher und Entwickler, die die Gesellschaft verbessern wollen. Der Tag soll sie zusammenbringen. Und zweitens sollen in Städten, in denen noch kein OpenData verfügbar ist, solche Gemeinschaften entstehen.

Ein weiterer Grund ist: Es geht darum, Politiker und Verwaltungsangestellte zu ermutigen, sich anzuschauen, was passiert. Um zu sehen, was weltweit vor sich geht und warum das alles aufregend und ermutigend ist.

Meine Befürchtung ist, dass wir nur zusammenkommen, um miteinander zu sprechen. Doch wir müssen Dinge gestalten. Wenn wir Anwendungen bauen, wird deutlich, was wir wollen. Die Leute werden sehen: Diese Anwendungen sind nützlich, hilfreich und interessant. Davon brauchen wir mehr. So werden wir Regierungen dazu bringen, ihre Datensätze mit uns zu teilen.

Wie kam es zu der Idee des Hackathon?

Eaves: Wir haben zwar eine Art OpenData Szene in Kanada. Doch ist es schwierig, sich oft zu sehen. Es ist ein großes Land – Reisen ist teuer. Dazu kommen die zwei Sprachen. Aber in jeder Stadt gibt es eine kleine OpenData Community und die beginnen sich untereinander auszutauschen. Es gab den Vorschlag, einen gemeinsamen Hackday zu machen; es gab ein wirkliches Bedürfnis danach in Kanada. Und daraus entsprang die Idee, das international zu machen – so kam es schließlich zu dem internationalen Hackday.

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In München kommt die Demokratie in Fluss

Liquid Democracy in München
Ausschnitt der Beteiligungswebsite der Stadt München

In München startet das bislang größte Experiment in Sachen OpenGovernment in Deutschland: Seit dem heutigen Mittwoch können sich Bürgerinnen und Bürger dazu äußern, welche Online-Dienste sie von der Stadt erwarten und welche Form von politischer Beteiligung sie sich wünschen. Zudem wird gefragt, welche nützlichen Anwendungen aus dem „Datenfundus“ der Stadt erstellt werden könnten.

In der bayrischen Landeshauptstadt läuft das Ganze unter dem Motto „Münchner Open Government Day“ – MOGDy. Ende Januar 2011 sollen auf einer zweitägigen Veranstaltung – einem „Open Government Camp“ – die Vorschläge und Anregungen ausgewertet werden. Unterstützt wird die Stadt vom OpenData Network sowie dem Liquid Democracy e.V.Weiter„In München kommt die Demokratie in Fluss“

 

Wie Wikileaks inzwischen Transparenz versteht

First Intelligence Agency
Wikileaks Selbstverständnis: Nachrichtendienst der Menschen

Die Geschichte müsse neu geschrieben werde, hatte Wikileaks vor Veröffentlichung der „Embassy Files“ per Twitter verkündet. Eine hohe Erwartung. Das zentrale Problem bei der Bewertung: Wikileaks will mit den 251.000 Dokumenten vorerst nur ein Drittel der Depeschen veröffentlichen, die der Organistation insgesamt vorliegen. Die 500.000 weiteren Schriftstücke würden erst im Laufe der kommenden Monate frei gegeben, heißt es auf der dazugehörigen Website cablegate.wikileaks.org.

Das Themenspektrum und der geographische Bezug seien so weit gefasst, dass man nur mit einer schrittweisen Veröffentlichung dem Material gerecht würde. Als Vorgeschmack verwies Wikileaks auf ein Diagramm, das die Verteilung der wohl insgesamt knapp 770.000 Depeschen in 100 Themen einsortiert. Hier finden die sich als Liste.

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Karte des modernen Sklaventums

consumption slavery production
Informationen zu grausamen Arbeitsbedingungen beispielsweise in Indien

Der Titel mag drastisch klingen – aber er ist angebracht: Das Angebot von ProductOfSlavery.org basiert auf einem Report des amerikanischen Arbeitsministeriums von 2009 über Kinder- und Zwangsarbeit. Die Karte zeigt, dass sich an den Verhältnissen nichts geändert hat: Die Drecksarbeit wird nach wie vor in der so genannten dritten Welt gemacht.

Erstellt hat die Karte die Nichtregierungsorganisation Anti-Slavery International, die als älteste Menschenrechtsorganisation der Welt gilt. Gegründet wurde sie 1839 in Großbritannien.
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„Es geht bei Daten nicht um Transparenz“

where does my money go visualization
wheredoesmymoneygo.org schlüsselt den britischen Haushalt auf

Der britische Ökonom Rufus Pollock hat die OpenKnowledge Foundation mit aufgebaut. Zusammen mit Tim Berners-Lee („Erfinder“ des WWW), Nigel Shadbolt (Informatikprofessor) und Tom Steinberg (mySociety.org) sitzt er im Public Sector Transparency Advisory Board der britischen Regierung. Im Interview spricht Pollock über die Motivation der Regierung, ihre Daten zu öffnen und die Arbeit in dem Rat.

Herr Pollock, welchen Einfluss hat das „Advisory Board“ auf die Arbeit der Regierung?

Rufus Pollock: In der OpenKnowlege Foundation arbeiten wir seit 2004 zu OpenData, der Rat selbst wurde vor vier Monaten eingerichtet. Aber ehrlicherweise muss man sagen: Ideen sind billig – die Umsetzung kostet Geld. Und wie viele Ideen gibt es in dem Bereich von OpenData á la „wäre es nicht gut…“?

Vor wem ich also wirklich Respekt habe, ist Francis Maude. Der Minister für Kabinettsangelegenheiten, der den Rat einberufen hat, ist derjenige, der seine Kollegen bearbeiten muss. Es war sicher nicht einfach, die davon zu überzeugen, die Ausgaben aller Ministerien regelmäßig zu veröffentlichen. Wir haben ihn beraten, aber letztendlich muss er diese Ratschläge dann zu etwas formen, das tatsächlich passiert. Und im Hintergrund  arbeiten zahlreiche wahrhaftige Staatsdiener, die Datenverzeichnisse wie data.gov.uk mit viel Engagement möglich machen.

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