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Personalisierte Propaganda

Gilad Lotans Analyse von Twitter-Accounts zum Thema Gaza-Konflikt. Proisraelische Twitterer (hellblau), propalästinensische Twitterer (grün) und internationale Medien (grau). Quelle: Medium
Gilad Lotans Analyse von Twitter-Accounts zum Thema Gaza-Konflikt. Proisraelische Twitterer (hellblau), propalästinensische Twitterer (grün) und internationale Medien (grau). Quelle: Medium

In Konflikten wie dem in Gaza geht die Meinung darüber, was bei den Kämpfen passiert, weit auseinander. Beide Seiten beschuldigen sich immer wieder der Desinformation und beide werfen Medien vor, parteiisch zu sein. Ursache dafür ist ein Phänomen, das Eli Pariser die Filter-Blase genannt hat – beide Seiten informieren sich aus unterschiedlichen Quellen und es gibt kaum Informationslieferanten, die von allen genutzt werden.

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Graph TV gibt Einblicke in die Fernsehkultur

Nein, wir möchten an dieser Stelle nicht zu viel spoilern, aber sagen wir so: Hochzeiten sind in der Serienwelt von Game of Thrones ein gefährliches Pflaster; unvergessen ist die vorletzte Folge der dritten Staffel, in der gleich mehrere Hauptfiguren das Zeitliche segneten.

Selten hatte eine einzelne TV-Episode für so viele unterschiedliche Reaktionen im Netz und bei den Zuschauern gesorgt; der Begriff Red Wedding ist für viele Serienfans längst ein geflügeltes Wort. Umso überraschender ist, dass die Episode mit einer Nutzerwertung von 9,9 in der Internet Movie Database (IMDb) ziemlich nah dran ist an dem perfekten Ergebnis, wie die Datenvisualisierung Graph TV von Kevin Wu zeigt.

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Adressen der Berliner Arztpraxen sind ein Geheimnis

Die Adressen aller Arztpraxen in vier Städten zu besorgen, wie kompliziert kann das schon sein? Immerhin stehen sie in jedem Telefonbuch. In Hamburg, Köln und München war es auch kein Problem, für unser Projekt zur Praxisdichte von den zuständigen Stellen eine Liste aller Ärzte der jeweiligen Stadt zu erhalten. Es genügten einige Telefonate, dann schickten die Kassenärztlichen Vereinigungen ein entsprechendes Excel-Dokument per E-Mail.

Nur in Berlin weigerten sich Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung (KV) standhaft, die Adressen der niedergelassenen Ärzte herauszugeben. Beide berufen sich auf den Datenschutz. Von der Ärztekammer heißt es zusätzlich am Telefon, die Presse bekäme solche Daten “schon mal gar nicht”.

Wir stellten daher am 4. März an Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung einen Antrag nach dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz und baten darum, uns die Daten in digitaler Form zu übermitteln.

Von der Ärztekammer hörten wir erst einmal gar nichts. Nach zwei Wochen fragten wir nach, was aus unserer Anfrage wurde, eine weitere Woche später kam die erste Reaktion. Von Datenschutz ist nun nicht mehr die Rede. Man sei nicht zuständig sondern allein die KV, heißt es in der E-Mail. Im Übrigen weise man darauf hin, “dass die von Ihnen erwünschte Information auf der Homepage der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin verfügbar ist (Arztsuche der KVB)”.

Angesichts der erklärten Open-Data-Strategie Berlins ist das ein befremdliches Verhalten. Ja, die Daten werden sowohl als kostenpflichtiges Buch „Der Arzt – Handbuch des Berliner Gesundheitswesens“ als auch als öffentliche Suche der KV und unter Ärzte-Berlin als Suche angeboten. Warum also nicht einfach ein Excel-Dokument verschicken, oder die Daten gleich für alle zum Download anbieten, wenn sie doch offensichtlich elektronisch vorliegen? Schließlich bedeutet Open Data auch, Daten zur weiteren Verarbeitung bereit zu stellen.

Vielleicht weiß die KV mehr? Die Kassenärztliche Vereinigung meldet sich immerhin eine Woche nach unserer Anfrage per Brief. Der Datenschutzbeauftragte der KV schreibt: “Für eine derartige Datenübermittlung von Informationen, die dem Sozialdatenschutz unterliegen, besteht keine Rechtsgrundlage und somit keine Übermittlungsbefugnis.”

Das Argument ist absurd. Die Daten haben keine datenschutzrechtliche Relevanz. Nicht einmal die Namen der Ärzte werden genannt. Es geht um die Adressen der Arztpraxen – also um eine durchaus wichtige Information für jeden Bürger, der sich krank fühlt.

Das sieht auch der Berliner Datenschutzbeauftragte so. Seine Sprecherin sagt, sie wisse nicht, was aus Sicht des Datenschutzes gegen eine Veröffentlichung sprechen solle.

Noch dazu, da diese Daten als Buch angeboten werden. Womit der Eindruck entstehen könnte, die Daten würden nur deshalb zurückgehalten, um das Geschäftsmodell des Verlages zu schützen. Der verlangt für jedes gedruckte Exemplar der Ärzteliste 53,50 Euro.

Nebenbei: Nach dem Berliner IFG Paragraf 4 Absatz 2 darf eine öffentliche Stelle keinen Vertrag mit einem privaten Anbieter schließen, der dem IFG entgegen steht. Die Daten können zwar verkauft werden, sie dürfen dadurch aber nicht für die Öffentlichkeit unzugänglich werden. So soll verhindert werden, dass Verwaltungen Geschäftsmodelle von Unternehmen schützen.

Aber auch die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit hat keine Handhabe gegen die Ärztevertreter. Man könne daran leider nichts ändern, lautet ihre Antwort. Zumindest lässt man im Senat durchblicken, dass man über das Verhalten nicht erfreut sei.

Die Geschichte hat leider kein happy end. Auch nach einem Monat haben sich die Berliner Ärztevertreter nicht bewegt. Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit prüft die Ablehnung unserer IFG-Anfrage. Ausgang unklar.

Wir haben die Berliner Praxisdaten letztlich gescrapt, also mit einem Programm automatisch aus der Website der Arztsuche ausgelesen. Genauso wie die Daten der Berliner Zahnärzte – deren Vertreter wollten uns zwar auch nichts schicken, meinten aber immerhin, sie hätten nichts dagegen, wenn wir die Datenbank selbst auslesen würden.

Damit andere das nicht wieder tun müssen, wenn sie eine Idee haben, wie sich diese Informationen noch sinnvoll einsetzen lassen, stellen wir sie hier in einem öffentlichen Googledoc zum Download bereit.

 

Neues Wissen aus alten (Telefonbuch-)Daten

Umzugskarte von Berlin, blaue Bezirke haben eine hohe Abwandererqoute, braune viele Zuzügler, Quelle: mappable.info
Umzugskarte von Berlin, blaue Bezirke haben eine hohe Abwandererqoute, braune viele Zuzügler, Quelle: mappable.info

Daten verbrauchen sich nicht. Mit neuen Fragen lassen sich auch aus alten Daten immer wieder neue Erkenntnisse gewinnen. Patrick Stotz und Achim Tack liefern dafür mit ihrem Projekt Mappable ein Beispiel.

Sie haben alte Telefonbücher aus den Jahren 2004 bis 2012 gekauft und die Daten aus Berlin genutzt, um darin nach Menschen zu suchen, deren Adresse sich im Laufe der Zeit geändert hat. 50.000 haben sie eindeutig identifizieren können, schreiben sie in ihrem Blog zu dem Projekt. Die Umzüge dieser 50.000 innerhalb der Stadt haben sie anschließend auf einer Karte visualisiert. Die Karte zeigt nun, wohin die Menschen in Berlin ziehen.

Das erzählt einiges darüber, wie die Stadt funktioniert.

Demnach ziehen aus den Bezirken Kreuzberg und Neukölln die meisten Menschen weg. Beide sind auf der Karte tiefblau, was für eine hohe Netto-Abwanderung spricht. Gleichzeitig schrumpft die Bevölkerung dort jedoch nicht und aus Berlin selbst ziehen wenige Menschen dorthin. Was bedeutet, dass beide so etwas wie ein Hafen für Einwanderer sind. Offensichtlich ziehen viele, die nach Berlin kommen, erst einmal dorthin. Kreuzberg und Neukölln gelten als spannend, bunt und zentral, die Mieten sind insgesamt trotzdem vergleichsweise niedrig. Entweder verdrängt der Zuzug viele der Alteingesessenen, oder die Neubewohner überlegen es sich später anders und wandern in andere Bezirke weiter.

Den größten Netto-Zuzug in Berlin hat Zehlendorf, ein reicher und ruhiger Bezirk im Südwesten. Die meisten Zuzügler kommen aus Wilmersdorf, Charlottenburg und eben aus Kreuzberg. Das würde die These des Einwanderer-Hafens stützen.

Das ist ein für viele Großstädte klassisches Muster: Junge Menschen ziehen in die Innenstadt, wenn sie für Beruf oder Studium kommen. Wenn sie älter werden, suchen sie ruhigere und auch teurere Bezirke am Rand. Mappable belegt diese Theorie. Und die Telefonbuchdaten erlauben es sogar, das genauer zu tun als die offizielle Statistik. Die kennt als kleinste Ebene nur den Stadtbezirk. Mappable bricht die Daten auch auf Ortsteile herunter und kann damit ein granulares Bild zeichnen.

Blaue Pfeile zeigen Menschen, die aus Kreuzberg wegziehen, braune Pfeile zeigen Zuzügler, Quelle: mappable.info
Blaue Pfeile zeigen Menschen, die aus Kreuzberg wegziehen, braune Pfeile zeigen Zuzügler, Quelle: mappable.info

Es ist nicht das erste Mal, dass Telefonbücher als Datenquelle genutzt werden, um soziologische Aussagen zu treffen. Aber die Umzugsanalyse ist ein interessanter Ansatz. Die beiden Entwickler sind optimistisch, dass sie mit ihrer Idee eine neue Datenquelle erschlossen haben. In ihrem Blog schreiben sie:
„To sum things up: we are quite enthusiastic about the potential of phone directories as a data source and there are definitely more research questions that can be answered with these data sets besides only migration patterns (e.g. monitoring gentrification processes, identifying ethnicity patterns).“

 

Big Data aus dem Weltall

Mikrosatellit SkySat-1 der Firma Skybox, der Livevideos aus dem All liefert. Quelle: Skybox
Mikrosatellit SkySat-1 der Firma Skybox, der Livevideos aus dem All liefert Quelle: Skybox

Für alle zugängliche Satellitenbilder? Daran haben wir uns längst gewöhnt. Noch vor ein paar Jahren konnten sich nur Geheimdienste und Regierungen so etwas leisten, inzwischen aber gibt es sie dank Google Earth und anderen Diensten kostenlos für jeden – zumindest statische Aufnahmen der Erde aus dem All.

Nun jedoch sind Satelliten und Kameras so klein und vergleichsweise billig geworden, dass es sich für Unternehmen lohnt, sogar Livebilder aus dem Weltraum anzubieten. Nicht kostenlos, aber für jeden, der bereit ist, dafür Geld zu zahlen.

Zwei Unternehmen arbeiten derzeit daran, eine Flotte von Mikrosatelliten zu starten, um anschließend Fotos und auch Videos von jedem Punkt der Erde auf Bestellung zu verkaufen.

Skybox Imaging ist ein Unternehmen in Palo Alto, Kalifornien. Seit 2009 hat es ungefähr 100 Millionen Dollar Wagniskapital ausgegeben und Satelliten entworfen. Insgesamt 24 will man starten, der erste ist inzwischen im All. Er liefert auf Bestellung 90 Sekunden lange Videos von jedem gewünschten Ort.

Das Sichtfeld der Kamera ist zwei Kilometer mal ein Kilometer groß. Die Auflösung beträgt zwischen 90 und 110 Zentimetern und genügt, um fahrende Autos zu erkennen oder Flugzeugen beim Landen zuzusehen. Für ein Werbevideo ist die Firma beispielsweise über Nordkorea geflogen und hat eine Atomanlage gefilmt.

Looking Down From 600 km Above The Earth’s Surface with HD Video from Skybox Imaging on Vimeo.

Doch das sind nicht die entscheidenden Bilder. Vielmehr machen solche Unternehmen eine neue Form der Datensammlung und Datenauswertung möglich und liefern damit neue Erkenntnisse über den Zustand der Welt und der Wirtschaft.

Natürlich können damit Umweltverschmutzung und Katastrophen genau verfolgt werden: Brandrodung beispielsweise oder Ölteppiche auf dem Meer. Aber solche Themen dürften nur ein eher unbedeutender Teil des Geschäftsmodells sein.

Skybox wirbt damit, beispielsweise den Füllstand von großen Öltanks in Häfen und Raffinerien feststellen und überwachen zu können. Diese Tanks haben ein bewegliches Dach, sind sie voll, ist das Dach weit oben, sind sie leer, ist es unten. Skybox-Kameras schätzen die Füllhöhe und ermöglichen so eine Analyse über Handelsvolumen und Reserven in Ölhäfen.

Skybox wirbt damit, den Containerumschlag in Häfen beobachten zu können und die Zahl von Autos auf einem Parkplatz. Große Firmen und große Einkaufszentren haben große Parkplätze, die Menge der Autos dort sagt etwas über die Höhe der Produktion und die Stärke der Kaufkraft. Auch das Wachstum auf Getreidefeldern könne überwacht werden und damit die Höhe der Erntemengen.

Werden solche Daten zusammengefasst, dürften sie ein ziemlich genaues Barometer der Wirtschaftskraft eines Landes darstellen – in Echtzeit. Wirtschaftskrisen erkennen, Lieferengpässe vorhersagen? Kein Problem. Noch dazu gibt es kaum einen Weg, solche Informationen flächendeckend zu verschleiern. Für Börsenhändler, Finanzberater, Investmentbanken sind solche Daten besser als Gold. Kein Wunder also, dass Skybox viel Kapital sammeln konnte und dass es bereits eine zweite Firma gibt, die das gleiche anbieten will.

Planet Labs hat sogar schon zwei Satelliten gestartet und will insgesamt 28 ins All bringen.

Zusammen mit Drohnen, die ebenfalls immer leichter verfügbar werden, liefern fliegende Kameras völlig neue Einblicke in die Welt. „Big Data. From space„, lautet denn auch einer der Werbesätze von Skybox. Das kann zum Schlechten genutzt werden, zur Überwachung von Bürgern, aber auch zum Guten, um Warenkreisläufe zu verstehen und Probleme vorherzusagen.

Via Wired und @lorz.

 

Wer wie viele Waffen hat, geht die Öffentlichkeit nichts an

Sportschütze. Quelle: Lars Baron/Getty Images
Sportschütze. Quelle: Lars Baron/Getty Images

Oft beginnt eine Recherche mit einer simplen Frage: In welchen Städten und Landkreisen gibt es eigentlich die meisten Schusswaffen? Und dann stellt man zum eigenen Erstaunen fest: Das weiß in diesem Land keiner so genau – und die einzige Behörde, die die Daten haben könnte, rückt sie nicht heraus.

Seit Januar 2013 müssen alle Städte und Kreise die in ihrer Region registrierten Waffen von Jägern, Sammlern und Sportschützen an das Nationale Waffenregister (NWR) beim Bundesverwaltungsamt in Köln melden. Allein das ist bereits komplizierter als es klingt, denn die Struktur der Meldebehörden ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In manchen Landkreisen gibt es eine solche Behörde, in anderen mehr als zehn. Insgesamt arbeiten daher in Deutschland gut 550 Waffenbehörden.

Ihre Daten liegen dank des Nationalen Waffenregisters beim Bund gesammelt vor, die oben gestellte Frage müsste sich also einfach beantworten lassen. Doch der Öffentlichkeit will die Behörde (sie sagt: kann), keine Angaben aus dieser zentralen Datenbank zur Verfügung stellen. Das sei im Gesetz leider nicht vorgesehen, lautet die Antwort. Man dürfe lediglich die Kriminalämter und Innenministerien mit Statistiken aus dem Waffenregister beliefern, die Öffentlichkeit aber nicht.

Auch ein Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes wird abgelehnt. Auf eine von vielen E-Mails antwortet das Bundesverwaltungsamt der ZEIT: „Bitte betrachten Sie unsere Ablehnung nicht als unhöfliches Vorgehen. Wir sehen leider keine Möglichkeiten, Ihrem aus öffentlichen Interesse erwachsendem Anliegen geeignet zu entsprechen.“ Lediglich zwei Zahlen darf man erfahren: 5,5 Millionen legale Schusswaffen gibt es in Deutschland, sie sind verteilt auf 1,45 Millionen Besitzer. Wer wo wie viele hat, bleibt geheim.

27 Tote durch registrierte Waffen

Wir wenden uns an die nächste Ebene, an die 16 Bundesländer und fragen, ob diese uns Zahlen zu Schusswaffen zur Verfügung stellen können. Typisch für den deutschen Föderalismus: Es gibt einzelne Länder, wie Bayern, das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern, die die Daten sofort rüberschicken; andere dagegen, wie Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen, sehen sich dazu nicht in der Lage. Bei diesen Bundesländern müssen wir noch eine Ebene tiefer gehen und die Landratsämter und Rathäuser einzeln anmailen und abtelefonieren – ziemlich nervig und angesichts eines Nationalen Waffenregisters auch irgendwie absurd.

Nach zwei Monaten haben wir endlich alle Daten zusammen. ZEIT ONLINE hat daraus diese Waffenlandkarte erstellt, auf der zum ersten Mal detailliert die regionale Verteilung legaler Pistolen, Revolver und Gewehre in Deutschland sichtbar wird. Wie viele illegale Waffen es wo gibt, weiß naturgemäß niemand.


Zusätzlich haben wir auf dieser Karte noch Todesfälle durch registrierte Schusswaffen im Jahr 2013 eingezeichnet. Wir haben dafür alle in den Medien bekannt gewordenen Fälle aufgegriffen und im Zweifelsfall bei den Staatsanwaltschaften nachgefragt, ob die Waffe legal war oder nicht.

Eine exakte Wissenschaft ist das nicht. Denn die Behörden haben hier überhaupt keine Statistik parat. Weder das Statistische Bundesamt noch das Bundeskriminalamt erfassen, ob bei tödlichen Schüssen eine legale oder eine illegale Waffe verwendet wurde.

Es ist erstaunlich, auf welch dünner Grundlage in diesem Land öffentliche Debatten geführt werden.

Unser Ergebnis: Mindestens 27 Menschen starben im Jahr 2013 durch registrierte Schusswaffen – Selbstmorde ausgenommen. In 27 weiteren Fällen war die Waffe entweder illegal oder ihre Herkunft ist bisher ungeklärt. Die Hälfte der Schusswaffentoten im vergangenen Jahr war also Opfer legaler Pistolen, Revolver oder Gewehre.

 

Wenn die Temperatur sinkt, steigt der (Porno)-Traffic

Pornografie ist im Internet der „elefant in the room“, wie man im Englischen sagt: riesig und unübersehbar, trotzdem redet kaum jemand über ihn. Auch, weil es kaum Daten gibt, die etwas darüber aussagen, wie riesig der Elefant wirklich ist.

Dabei sind solche Daten nicht uninteressant, wenn es sie denn mal gibt. Schließlich galt die Pornobranche lange Zeit als wichtiger technischer Vorreiter im Netz, auch wenn sie in dieser Rolle inzwischen von Sozialen Netzwerken abgelöst wurde. Der Anbieter Pornhub bietet solche Zahlen. Seit Sommer 2013 betreibt er ein Blog namens Insights, auf dem unter anderem Statistiken veröffentlicht werden.

Eine davon zeigt, wie die Amerikaner auf die jüngste Kältewelle reagiert haben: Sie haben mehr Pornos geguckt. In Maine, Michigan und Florida zum Beispiel waren es rund 40 Prozent mehr als sonst im Januar.

Nicht immer und überall bringt der Winter einen erhöhten Pornokonsum mit sich: Japan ist die einzige Region, in der das Weihnachtsfest keine Auswirkung hat (Siehe unter Holidays, Christmas Eve). Und Silvester muss einer der schlechtesten Tage für die Branche sein, da interessiert sich offensichtlich kaum jemand für sie.

Eine andere Statistik zeigt, wie verbreitet die mobile Internetnutzung in welchen Ländern ist: Deutschland ist demnach noch immer Desktop-Land. Nur sieben Prozent nutzen Tablets, nur 21 Prozent Smartphones (bei ihrem Pornokonsum). International ist das wenig, in den USA oder Großbritannien ist die mobile Nutzung bereits sehr viel verbreiteter.

Mobile Nutzung der Pornoseite Pornhub in verschiedenen Ländern 2012 und 2013. Quelle: http://www.pornhub.com/insights
Mobile Nutzung der Pornoseite Pornhub in verschiedenen Ländern 2012 und 2013. Quelle: http://www.pornhub.com/insights

Noch also haben deutsche Unternehmen etwas Zeit, sich auf mobile Geräte einzustellen. Allerdings nicht sehr viel. Die Desktop-Nutzung ist in Deutschland von 2012 auf 2013 um zehn Prozentpunkte gefallen.

Weltweit gilt: Montag ist Pornotag, dann hat Pornhub die höchsten Zugriffe, an Sonntagen die geringsten. Offenbar wird genau das dann am Montag nachgeholt.

Dauer der Pornonutzung in den USA sortiert nach der Höhe des Einkommens. Quelle: http://www.pornhub.com/insights/high-vs-low-income-cities/
Dauer der Pornonutzung in den USA sortiert nach der Höhe des Einkommens. Quelle: http://www.pornhub.com/insights/high-vs-low-income-cities/

Auch die Frage, ob in ärmeren oder in reicheren Gegenden länger Pornos konsumiert werden, kann das Portal beantworten. Es sind vor allem die Bewohner ärmerer Städte, die länger schauen.

PornHub gehört wie Youporn und viele andere Netzangebote zu dem Firmengeflecht von Mindgeek, einem Unternehmen mit Sitz in Luxemburg, das bis 2013 Manwin hieß. Und selbstverständlich ist das Veröffentlichen solcher Trafficdaten auch eine Form von Marketing, wie das amerikanische Magazin Slate anmerkt.

 

 

Deutschland und das dicke Geschäft mit afrikanischem Land

Deutsche Investoren sind an acht von 356 transnationalen Verträgen beteiligt, die für die Verpachtung von Land in Afrika geschlossen wurden und insgesamt eine Fläche von etwa 171.000 Hektar umfassen. Dies geht aus einer Recherche in der Datenbank Land Matrix hervor. Diese Datenbank erfasst großflächigen Landerwerb und wurde von vier internationalen Forschungsinstituten, unter anderem dem GIGA (German Institute of Global and Area Studies) und der GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) entwickelt. Ein eher geringer Anteil, verglichen mit den führenden Investorenländern – allein die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate, das Vereinigte Königreich und Saudi-Arabien kontrollieren zusammen 9.6 Millionen Hektar Land auf dem Afrikanischen Kontinent. Trotzdem war Deutschland bereits Gegenstand harscher Kritik bezüglich Kaweri, einer Kaffee Plantage in Uganda, die Teil der Neumann Kaffee Gruppe Hamburg war. Die im speziellen an den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, gerichteten Vorwürfe, ähneln denen, die sich an andere des „Land Grabbing“ Verdächtigte richten. Der Begriff „Land Grabbing“ bezeichnet die Aneignung riesiger Landflächen in Entwicklungsländern bei gleichzeitiger Verletzung der Menschenrechte lokaler Gemeinschaften.

Deutschlands wichtigste Landgeschäfte in Afrika

Aus den zum jetzigen Zeitpunkt von Land Matrix erfassten Verträgen geht hervor, dass die acht von deutschen Investoren in Afrika abgeschlossenen Verträge sich auf eine Fläche von insgesamt 171.000 Hektar belaufen. Fünf Projekte haben offensichtlich bereits mit der Produktion begonnen, wohingegen drei sich offenbar erst in der Anfangsphase befinden. Die 2500 Hektar, die von Uganda an die Kaffee Gruppe verpachtet wurden -1802 davon werden genutzt- gehören offenbar zu denjenigen Projekten die bereits angelaufen sind. Vier der acht Investitionen dienen offenbar dem Anbau von Jatropha, einer Pflanze aus der Öl für die Produktion von Biodiesel gewonnen wird. An das Biotreibstoffgeschäft gekoppelt ist auch die größte Investition von 120,000 Hektar in Sambia, die sowohl an die Deutsche Firma Mann Ferrostalla als auch an Deulco, eine südafrikanische, auf erneuerbare Energien spezialisierte Firma verpachtet wurden. Letztere ist das einzige Projekt, welches auch als „Industrie“ aufgeführt ist und sich damit höchstwahrscheinlich auf die Jatropha-Öl Umwandlungsanlagen bezieht. Die anderen vier Investitionen setzen sich aus Plantagen zum Zweck der Nahrungsmittelgewinnung zusammen: Reis, Getreide, Erbsen, Korn und Kaffee.

German_land_Acquisitions

Groß angelegter Landerwerb in Afrika

Wie viele Hektar sind seit dem Beginn des „Landrauschs“ insgesamt verpachtet worden? Jeder Versuch sich dem Umfang dieses Phänomens zu nähern, sieht sich unweigerlich mit einer Vielzahl widersprüchlicher Zahlenangaben konfrontiert. Die Weltbank führt 56 Millionen verpachtete Hektar allein für die Zeit zwischen 2008 und 2009 infolge der Preisexplosion bei den Nahrungsmitteln an. Das International Food Policy Institute und das Oakland Institute kommen auf 15-20 Millionen Hektar im Zeitraum von 2006 bis 2009. 2011 berechnete die erwähnte „Land Matrix“ die Größe des verpachteten Landes seit dem Jahr 2000 auf die riesige Fläche von 227 Millionen Hektar (Zum Vergleich: Deutschland umfasst 35,7 Millionen Hektar). Errechnet von nicht immer vertrauenswürdigen Quellen, wurde diese Einschätzung, nach einem Relaunch der Datenbank im Juni 2013, auf 33 Millionen Hektar, die durch unterschriebene Verträge nachgewiesen werden konnten, verringert. Dies entspricht einer Fläche etwa acht mal so groß wie die Niederlande.

„Es ist schwer zu sagen, ob diese Zahlen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit korrekt sind“, sagt Andrea Fiorenza, Forscher der International Land Coalition und Co-Autor einer Reihe von Studien, genannt Commercial Pressure on Land, denn „manche Projekte fangen an, sehen sich dann diversen Problemen gegenüber und laufen aus und werden abgebrochen, oder ganz im Gegenteil, dehnen sich über die legalen Grenzen hinweg aus.“ Darüber hinaus verhindert mangelnde Transparenz der Regierungen in Entwicklungsländern ein klareres Bild der Situation. Das Ziel der „Land Matrix“ Datenbank ist jedoch nicht, die endgütige Datenlage zu präsentieren, sondern „Trends zu erkennen, aus verschiedenen Quellen zu schöpfen und auf dem Laufenden zu bleiben.“

Erkunden sie die globale Debatte über den „Landrausch“

Für detaillierte Informationen über den groß angelegten Landerwerb wurde eine interaktive Karte erstellt, auf der Artikel zur Debatte über den Landrausch in Afrika gesammelt werden. Hier sind Dokumente der akademischen Welt, Berichte der internationalen Zivilgesellschaft, journalistische Recherchen und Stellungnahmen von Unternehmen und Institutionen zum Thema verlinkt. Außerdem ist es möglich, der Karte neue Artikel hinzuzufügen, indem dieses Formular ausgefüllt wird.

Erkunden sie die Karte durch Klicken auf die Markierungen und beteiligen sie sich an der Diskussion, indem sie die Karte, unter Angabe von Link, Ort und Quelle, mit weiteren Dokumenten verlinken, die sie für relevant in der Auseinandersetzung um Landverpachtungen auf dem Afrikanischen Kontinent halten.

Über das Projekt

Jacopo Ottaviani ist Journalist und Entwickler, spezialisiert auf Datenjournalismus. Er arbeitet für italienische und internationale Medien, unter anderem The Guardian und Al Jazeera International.Folgen Sie ihm auf Twitter: @jackottaviani

Dieser Beitrag für ZEIT ONLINE ist Teil des Innovation in Development Reporting Programms des European Journalism Centre (EJC). Zur Projektentwicklung haben außerdem Andrea Fama, Cecilia Anesi und Isacco Chiaf beigetragen. Hier geht es zur englischen Version des Beitrags.

 

Germany and the land deals in Africa: the data perspective.

Germany is the main player in 8 of the 356 transnational contracts signed between governments and investors for the lease of land in Africa, for a total of about 171,000 hectares. This is what arises from a query made by Land Matrix, the database collecting all land deals worldwide (Land Matrix, 5 Nov 2013). A rather low percentage, if compared to the United States, the United Arab Emirates, the UK and Saudi Arabia, which lead the ranking of investing countries with 9.6 million hectares under their control in the African continent. However, after the case of Kaweri, the coffee plantation in Uganda which was part of the Neumann Kaffee Gruppe of Hamburg, Germany has also been the object of harsh criticism. These accusations towards Germany, and in particular towards the former Minister of Economic Cooperation and Development Dirk Niebel, are the same that have been directed towards others accused of “land grabbing”, the acquisition of vast quantities of land in developing countries, while violating the human rights of local communities.

Main German land deals in Africa

According to the contracts recorded by the Land Matrix database, as of writing, the 8 land deals in Africa driven by German investments amount to a total of 171,000 hectares. Five projects prove to have begun production, while three turn out to be in their start-up phase. The 2500 hectares leased by Uganda to the Kaffee Gruppe, 1802 of which prove to be operational, appear to be among the projects that are already under way. Four of the eight investments appear to be connected to the biofuel business through the cultivation of jatropha, a plant from which oil for biodiesel production is extracted – these include the largest investment, 120,000 hectares in Zambia co-assigned to German company Mann Ferrostalla and to Deulco, a South African company specialized in renewable energies. The latter is the only project to also be listed as “Industry”, most probably referring to the jatropha oil transformation plants. The other four investments consist of plantations for food purposes: rice, cereal, peas, grain and coffee.

German_land_Acquisitions

Explore the global debate on the “land rush”

For more on large-scale land acquisitions, an interactive map has been developed collecting stories participating in the debate on the land rush in Africa. The map displays all players involved in the discussion, showing documents from the academic community, reports from the international civil society, journalistic investigations and participations of companies and institutions. Furthermore, the map allows the submission of new articles by filling in a crowdsourcing form.

Explore the map by clicking on the markers and join the discussion by submitting articles you consider relevant to the argument of land leases in the African continent, indicating the link, the location and the source.

Credits

Jacopo Ottaviani is a journalist and developer specialized in data-driven journalism. He contributes to Italian and International media, including The Guardian and Al Jazeera International. Follow him on Twitter: @jackottaviani
This post for ZEIT ONLINE is part of the Innovation in Development Reportingprogramme operated by the European Journalism Centre (EJC). The project development also saw the contribution of Andrea Fama, Cecilia Anesi and Isacco Chiaf.

 

Wortkarrieren in den Koalitionsverträgen

Der frisch ausgehandelte Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ist bereits umfangreich zu den einzelnen Themenbereichen bewertet worden. Wir haben uns die Frage gestellt, ob sich der Text auch als Datensatz auswerten lässt, um Themenschwerpunkte zu erkennen. Dazu wurden zunächst alle Substantive aus dem Text extrahiert und nach Häufigkeit in ein Wordle verwandelt. Diese Textwolke zeigt die Top150:
Koalitionsvertrag2013_Wordle

Im nächsten Schritte interessierte uns, wie häufig einzelne Substantive im neuen Vertrag vorkommen. Spannend ist dabei der Vergleich zum Koalitionsvertrag aus der vergangenen Legislaturperiode (CDU/CSU und FDP 2009-2013). Julian Stahnke hat diesen Vergleich für ausgesuchte Wörter in einer experimentellen Grafik visualisiert: