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Würden Sie hier freiwillig einziehen?

In der Diskussion um die Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern taucht immer wieder das vermeintliche Argument auf, „die“ bekämen „mehr“ als „wir“, also zum Beispiel als bedürftige deutsche Bürgerinnen und Bürger, als Arbeitslose oder Hartz-IV-Empfänger. Auch im Zusammenhang mit den Landtagswahlen am vergangenen Sonntag spielte dieses Argument eine Rolle. Was sie aktuell am Leben in Bitterfeld störe, hat die Spiegel-Online-Kollegin Sandra Sperber eine Frau gefragt. „Dass viele Ausländer herkommen, die mehr Rechte haben als die Deutschen selber“, antwortete diese. „Dass die mehr Geld kriegen, und wir müssen da jetzt hinterherlaufen.“

Das mit den Rechten lässt sich schnell aufklären: Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge haben in keinerlei Hinsicht mehr Rechte als Deutsche. Was das Geld und Sachleistungen angeht, gibt es Unterschiede innerhalb Deutschlands, die vor allem von den Bundesländern abhängen. Beispielrechnungen kann man hier und hier nachlesen. Besser versorgt als deutsche Bedürftige werden Flüchtlinge aber grundsätzlich nicht, auch wenn man zum Beispiel mit den Standardsätzen für Essen pro Kopf allerlei rechnerischen Unfug anstellen kann.

Ich halte allerdings grundsätzlich nichts davon, Gruppen von Menschen gegeneinander auszuspielen. Ich kann verstehen, wenn etwa Wohnungslose Sorge haben, weniger Spenden und Hilfsleistungen zu erhalten, weil viele sozial eingestellte Menschen in der aktuellen Lage lieber an Flüchtlinge spenden.

Ich kann sogar gedanklich nachvollziehen, dass es Menschen gibt, die sich subjektiv im Vergleich zu den Flüchtlingen schlechter und ungerecht behandelt fühlen. Allerdings sollten diese Menschen in ihrem eigenen Interesse besser keine Gleichbehandlung mit Asylbewerbern verlangen. Ich bin sicher, dass sie nicht wirklich tauschen möchten. Ich bin überzeugt, dass sie ihre Einstellung überdenken würden, wenn sie aus eigener Anschauung wüssten, wie viele Flüchtlinge untergebracht sind.

Das unten stehende Foto habe ich vergangene Woche in einer Turnhalle in der Nähe von Berlin aufgenommen. Es handelt sich um eine sogenannte Notunterkunft für Flüchtlinge, die eigentlich vorgesehene Verteilung auf andere Einrichtungen stockt allerdings. Die Menschen werden wohl noch Monate lang hier hausen müssen. Wohnen kann man das jedenfalls nicht nennen. Es gibt dort über 130 Bewohner, darunter viele Kinder. Aber es gibt keine einzige Wand, keine Tür, die man mal zumachen könnte. Der einzige Schutz der Privatsphäre sind aufgespannte Laken zwischen den Betten der verschiedenen Familien.

Tatsächlich ist es schlicht und ergreifend so: Den allermeisten Flüchtlingen in Deutschland geht es schlechter als den allermeisten Deutschen in Deutschland. Mehr muss man dazu eigentlich gar nicht sagen.

Foto

 

Handgranate + Flüchtlingsheim = Neonazi?

„Baden-Württemberg: Unbekannte werfen scharfe Handgranate auf Flüchtlingsheim“, titelt Spiegel Online.

„Unbekannte werfen Handgranate auf Flüchtlingsunterkunft“, lautet die Headline bei den Kollegen von ZEIT ONLINE.

Ich finde, die Zeile müsste eher lauten: „Versuchter Terroranschlag in Baden-Württemberg“. Denn wer eine Handgranate entsichert und auf das Gelände eines Gebäudes wirft, in dem 170 Menschen leben, handelt wie ein Terrorist. Das gilt meines Erachtens auch, wenn sich herausstellen sollte, dass die Handgranate zwar Sprengstoff enthielt (was sicher zu sein scheint), aber keinen Zünder (was noch unklar ist). Man muss sich nur mal vorstellen, selbst in dem Gebäude zu leben. Terrorismus leitet sich von dem lateinischen Wort für Schrecken ab, nicht von dem Wort für Morden oder Mordversuch. Weiter„Handgranate + Flüchtlingsheim = Neonazi?“

 

Drei Vorschläge, wie man über Köln reden kann

„Es gibt so Wochen, da hört man vor lauter Gebrüll kaum seine eigenen Gedanken“, hat die Kollegin Carolin Emcke gestern getwittert. Die Diskussion darüber, was an Silvester am Kölner Hauptbahnhof passiert ist, ist wichtig. Aber sie ist auch laut, in Teilen überlaut, und sie verdient in manchen Ecken auch den Namen Diskussion nicht mehr: nämlich dort, wo Informationskrümelchen nur noch als Munition verwenden werden, um Ressentiments gegen Flüchtlinge, Migranten, Muslime, Araber loszuwerden.

Wer Nachdenklichkeit einfordert, den Mangel an gesicherten Informationen beklagt oder nicht zu jedem Aspekt sofort eine knallharte Meinung hat, gilt dann plötzlich als feige oder naiv oder als Apologet aller nur denkbaren Verbrechen. Ich will mich aber nicht in die Defensive drängen lassen. Ich bin, ganz im Gegenteil, davon überzeugt, dass man vernünftig über Köln diskutieren kann, ohne in eine dieser vermeintlichen Fallen zu tappen.

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Bitte etwas nüchterner, Herr de Maizière!

Zu den Stärken von Bundesinnenminister Thomas de Maizière gehört gemeinhin, dass er beruhigend nüchtern über bedrohliche Szenarieren referieren kann. Zusammen mit Angela Merkels betont unhysterischer Art ergab das einen Regierungs-Soundtrack, der – auch im Angesicht der Flüchtlingssituation und allen an ihr hängenden Unwägbarkeiten – so etwas wie Zuversicht ausstrahlte.
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#HelpTheHelpers

Ich habe an diesem Wochenende eine Übergangsunterkunft für eine Gruppe von sogenannten UMFs besucht – das sind „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“. Ich war nicht als Reporter dort, sondern weil diese Einrichtung in der Nähe meines Wohnortes liegt, weil ich Arabisch spreche und unter den UMFs einige Syrer sind, und weil ich sehen wollte, ob ich beim Übersetzen helfen kann.
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Merkel unplugged, bitte!

Ich weiß nicht, wer Angela Merkels Reden schreibt. Ebenso wenig, wie viel Hand sie selbst an ihre Manuskripte anlegt. Sicher bin ich nur, dass eine Kanzlerin, die so lange fast nichts zu brennenden Asylbewerberheimen gesagt hat, und dann (am morgigen Mittwoch) doch noch nach Heidenau reist, nachdem ihr Vizekanzler Sigmar Gabriel bereits dort war („Pack!“) – dass eine Kanzlerin, die sich also zu diesem Schritt entscheidet, eine gewisse Fallhöhe aufgebaut hat. Weiter„Merkel unplugged, bitte!“