Am Donnerstag feiert die polnische Stadt mit großem Programm den bevorstehenden 80. Geburtstag ihres berühmten Sohnes Günter Grass. Höhepunkt ist eine Podiumsdiskussion am Donnerstag mit dem deutschen Literaturnobelpreisträger. Daran nehmen auch der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker, der ehemalige polnische Arbeiterführer und Präsident Lech Walesa und der polnische Ex-Außenministers Stefan Meller teil. Es geht um die Zukunft der Beziehungen zwischen Polen und Deutschen nach den Erfahrungen der Vergangenheit. Grass wurde am 16. Oktober 1927 in Danzig geboren.
Vorgesehen sind außerdem eine Konferenz über Literatur, Kunst und Politik im berühmten Artushof in der Danziger Altstadt, die
Uraufführung eines polnischen Theaterstücks, das auf Grass‘ Roman Die Blechtrommel basiert und ein Jazzkonzert mit zu dieser Gelegenheit komponierten Stücken des Danziger Komponisten Mikolaj Trzaska. Außerdem gibt es zwei Kunstausstellungen mit Werken des Nobelpreisträgers, der neben seiner literarischen Arbeit als bildender Künstler Zeichnungen, Grafiken, Lithographien, Aquarelle und Skulpturen schafft. Unter anderen werden mehr als 50 Grafiken gezeigt, die Grass seiner Heimatstadt geschenkt hat.
Pünktlich zur vorgezogenen Geburtstagsfeier ist die polnische Übersetzung der Grass-Autobiografie Beim Häuten der Zwiebel erschienen. Das Eingeständnis des Autors, zum Ende des Zweiten Weltkrieges einige Monate bei der Waffen-SS gedient zu haben, bevor der im April 1945 verwundet wurde, hatte im vergangenen Jahr in Polen zunächst für Aufregung und Empörung gesorgt. Einige Stadtväter verlangten, er solle auf die Ehrenbürgerschaft der Hansestadt verzichten. Diese Diskussion wurde jetzt im polnischen Wahlkampf mit seinen stark antideutschen Tönen weitergeführt. So haben die Stadtverordneten der Regierungspartei der Brüder Kaczynski «Recht und Gerechtigkeit» (PIS) demonstrativ die Einladungen zu Veranstaltungen mit Grass abgelehnt. Der Stadtpräsident von Danzig Pawel Adamowicz, der Grass eingeladen hat, gehört zur wichtigsten Oppositionspartei der «Bürgerplattform» (PO).
Grass hatte letztes Jahr in einem Brief an die Stadtverwaltung erklärt, dass er 1944 nicht freiwillig in die Waffen-SS eingetreten,
sondern eingezogen worden sei. Daraufhin veranstalteten die Stadtväter eine Umfrage. Darin erklärten 52 Prozent der Einwohner der Stadt, Grass brauche nicht auf die Ehrenbürgerschaft zu verzichten, 20 Prozent waren der Meinung, man soll ihm die Ehrenbürgerschaft wieder entziehen.
Am 20. Oktober feiert Grass übrigens in Göttingen eine Riesenparty. John Irving kommt, Westernhagen auch. ZEIT online wird erzählen, wie es war.
(mit dpa)