Wieder eine neue Studie! Diesmal geht’s um des Deutschen Weihnachtstradition, nämlich ums Weihnachtsgedicht. Früher war es Pflicht: Entweder ein paar festliche Zeilen, oder Knecht Ruprecht packt die Rute aus. Und nun, ach Schreck: Stirbt es aus? Lernen wir keine Gedichte mehr? Lenken uns die Geschenke, die Süßigkeiten und die Blinkbeleuchtung des Nachbarn derart ab? Oder sind alle Kinder inzwischen so geraten wie das Kind aus dem Loriot-Sketch, das mehr als „Zicke, Zacke, Hühnerkacke“ nicht herausbringt? Dies nun zu untersuchen, gab ein Schokoladenhersteller in Auftrag, dachte sich sechs Fragen aus und heraus kam dieses:
78,4 % stimmen Weihnachtsgedichte auf die Advents- und Weihnachtszeit ein
91,8 % kennen ein Weihnachtsgedicht
66,2 % können aus dem Stegreif eins aufsagen
Bei 41,9 % werden im Umfeld Weihnachtsgedichte vorgetragen und
77,5% fänden es schön, wenn diese Tradition wieder belebt würde.
In der Pressemitteilung stand dann noch jenes: Der Wunsch nach einem „Comeback des Weihnachtsgedichtes“ sei „bei mehr als drei Viertel aller Befragten, insbesondere Familien mit Kindern (82,2 %)“ groß. Schön. Doch worauf warten die denn noch? Auf eine Comeback-Fernsehshow zur Vorweihnachtszeit? Fangen Sie doch daheim damit an! Zum Üben geb ich Ihnen allen gern mein Lieblingsweihnachtsgedicht, mit dem Sie nebenbei auch noch manch einen Kommunisten erfreuen können:
Nikolaus erzählt
„Als ich auf den Kalender sah,
Rief ich: Ei, der verhexte!
Die Stiefel her! Die Zeit ist da!
Heut ist ja schon der sechste!
Mein Schlitten brachte mich zum Pol
Und mein Mercedes Benz
Entlang die lange Küste wohl
Westskandinaviens.
Und als ich hinterher zu Schiff
Nach Deutschland reisen wollte,
Ein Mensch nach meinem Sacke griff:
Habn Sie was zu verzollen?
Da riß mir die Geduld geschwind,
Ich zog die Stirne kraus:
Mich kennt, du Schafskopf, jedes Kind.
Ich bin der Nikolaus.“
(Aus: Peter Hacks „Die Gedichte“, Edition Nautilus, Hamburg 2000. © Eulenspiegel Verlag)