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Aus Klappentexten 3

Jan Kossdorff kannte ich bislang nicht. Jetzt kam hier ein Prospekt des Milena-Verlags an und darin wird er mir vorgestellt. Sein neuer Roman heißt SPAM!, und das wäre in Ordnung, stünde da nicht im Untertitel folgende Genrebeschreibung: „Ein Mailodram“.

Jetzt warte ich auf den ersten „Psycho-Twitter“.

 

Madame Bovary I

„»Ich habe einmal ein Stück gesehen,« sagte Binet, »es hieß: ‚Der Pariser Taugenichts.‘ Darin kommt ein alter General vor, wirklich ein hahnebüchner Kerl. Er verstößt seinen Sohn, der eine Arbeiterin verführt hat; zu guter Letzt aber….«

»Gewiß«, unterbrach ihn Homais, »gibt es schlechte Literatur, genau so wie es schlechte Arzneien gibt. Aber die wichtigste aller Künste deshalb gleich in Bausch und Bogen zu verurteilen, das dünkt mich eine kolossale Dummheit, eine groteske Idee, würdig der abscheulichen Zeiten, die einen Galilei im Kerker schmachten ließen.«

Der Pfarrer ergriff das Wort:

»Ich weiß sehr wohl: es gibt gute Dramen und gute Theaterschriftsteller. Aber diese modernen Stücke, in denen Personen zweierlei Geschlechts in Prunkgemächern, vollgepfropft von weltlichem Tand, zusammengesteckt werden, diese schamlosen Bühnenmätzchen, dieser Kostümluxus, diese Lichtvergeudung, dieser Feminismus, alles das hat keine andre Wirkung, als daß es leichtfertige Ideen in die Welt setzt, schändliche Gedanken und unzüchtige Anwandlungen. Wenigstens ist das zu allen Zeiten die Ansicht der kirchlichen Autoritäten.«

Er nahm einen salbungsvollen Ton an, während er zwischen seinen Fingern eine Prise Tabak hin und her rieb. »Und wenn die Kirche das Theater zuweilen in Acht und Bann getan hat, war sie in ihrem vollen Rechte. Wir müssen uns ihrem Gebote fügen.«

»Jawohl,« eiferte der Apotheker, »man exkommuniziert die Schauspieler. In früheren Jahrhunderten nahmen sie an den kirchlichen Feiern teil. Man spielte sogar in der Kirche possenhafte Stücke, die sogenannten Mysterien, in denen es häufig nichts weniger als dezent zuging….«

Der Geistliche begnügte sich, einen Seufzer auszustoßen. Der Apotheker redete immer weiter:

»Und wie stehts mit der Bibel? Es wimmelt darin – Sie wissens ja am besten – von Unanständigkeiten und – man kann nicht anders sagen – groben Schweinereien….« Bournisien machte eine unwillige Gebärde. »Aber Sie müssen mir doch zugeben, daß das kein Buch ist, das man jungen Leuten in die Hand geben kann. Ich werde es nie zulassen, daß meine Athalie….«

»Das sind ja die Protestanten, nicht wir,« rief der Pfarrer ungeduldig, »die den Leuten die Bibel überlassen!«

»Das kommt hier nicht in Frage«, erklärte Homais. »Ich wundre mich nur, daß man noch in unsrer Zeit, im Jahrhundert der wissenschaftlichen Aufklärung, eine geistige Erholung zu verdammen sucht, die in gesellschaftlicher, in moralischer, ja sogar in hygienischer Beziehung die Menschheit fördert! Das ist doch so, nicht, Doktor?«

»Zweifellos!« erwiderte der Arzt nachlässig. Entweder wollte er niemandem zu nahetreten, obgleich er dieselbe Ansicht hegte, oder er hatte hierüber überhaupt keine Meinung.“

 

Fußball und Literatur

Die dpa schreibt im Ernst:

„Herta Müller verspürt keinen Erfolgsdruck“

Als sei Literatur die Fußballbundesliga und der Literaturnobelpreis der Meistertitel.

 

Macht die Moderne rückgängig

Ich muss ständig an ein iPhone denken. Das macht mich wahnsinnig. Ich lege mich ins Bett, lese eine Seite, werde müde, knipse das Licht aus und muss – ehrlich – an ein iPhone denken.
Wie es wohl in Weiß aussieht? Schon einmal jemanden mit einem weißen iPhone in der Hand gesehen? Wie viel Musik geht da wohl drauf? Könnte vielleicht wirklich praktisch sein. Sieht auch toll aus. Ich habe sogar Angst, dass es Lieferengpässe gibt, dass der Vorrat nicht reicht. Dass es sich um ein limitiertes Angebot handelt.

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Ich will es nicht wollen

Das ist die reinste Qual. Ich hasse es. Ich will nicht an das bescheuerte, dumme, kleine, Scheiß-iPhone denken. Es vernebelt mir den Kopf. Es kocht mein Gehirn weich. Ich will es nicht. Ich darf es auch nicht wollen. Aber jeder hat jetzt ein flaches, buntes, multifunktionales Superbooster-Internet-und-alles-sonst-auch-mit-drin-Telefon. Man unterhält sich über iPhone-Dinge, und ich bin nicht dabei, sondern träume in der Nacht davon, verliere auch die Lust am Trinken und Reden, während andere ein Thema haben, das sie zusammenschweißt.
Ich werde neidisch, ich werde missgünstig. Ich verbringe sehr viel Zeit damit, darüber nachzudenken, welcher Neuheit ich mich noch nicht anschließen konnte. Verpasse ich gerade etwas wichtiges? Das ist, zugegebenermaßen, absolut peinlich. Ich verachte mich, weil ich auch ein neues Telefon haben will. Ich hasse es überhaupt, darüber nachzudenken, was ich HABEN will. Ausgerechnet mir passiert das jetzt, wo ich doch am liebsten jede Einkaufspassage mit Beton aufgießen will und die moderne Gesellschaft generell ablehnt. Wäre es so schlimm, ein paar Dinge einfach rückgängig zu machen. Schon aus ästhetischen Gründen wäre das nicht nur von Nachteil. Die ganze zwanghafte Moderne könnte bei der Gelegenheit überdacht werden. Rückgängig? fragen Sie sich? Ja. Weg damit! Wir haben entsetzliche Sehnsucht, einen Liebeskummer nach dem distinguierten Alten.

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Und da wären wir auch schon bei dem Stadtschloss. Am Sonntagmittag wurde in der Schaubühne mit größter Erregung darüber gestritten, ob man nun das Schloss mit seinen barocken und renaissancehaften Fassadenelementen bauen soll, das so aus unserer Zeit herausgefallen sei. Das hätte es im 19. Jahrhundert auch nicht, nicht einmal unter Philistern gegeben, dass man eine Diskussionsrunde auf Sonntag 12 Uhr legt. Haben die denn keine Manieren, keinen Anstand, keine Haltung? Auch das sollte man sich einmal überlegen! Es sei typisch deutsch, sagte jemand am Sonntag in der Schaubühne, dass man nicht einmal auf die Idee kommt, moderne Architektur auf diesem freien Platz zu versuchen. Typisch deutsch ist es, mit „typisch deutsch“ zu argumentieren.
Es wäre sicherlich reizvoll, die Welt aus Stahl und Glas und Regen um eine weitere graue Sachlichkeit zu erweitern. Damit würde man auch an das Erfolgskonzept von Walter Ulbricht mit dem Palast der Republik anknüpfen. Indes lässt sich auch am Potsdamer Platz, in Berlin-Mitte und an jedem Kaufhaus die architektonische Schönheit und moderne Einzigartigkeit bestaunen.

Raubkunst im Schloss

Aber das Publikum war ganz erhitzt, denn im Stadtschloss werden nicht nur 500.000 Milliarden Euro plus Mehrwertsteuer verpulvert, vermutlich auf Kosten des Steuerzahlers. Hier wird auch noch angeblich Raubkunst von Indianern und Afrikanern ausgestellt. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Hermann Parzinger weiß eine Antwort: „Man kann jederzeit in die Ausstellung gehen und sich die Exponate ansehen.“
Aber die Afrikaner, so eine engagierte Dame in der ersten Reihe, können sich das eben NICHT leisten, aus Afrika anzureisen, um sich IHRE EIGENE Kultur anzuschauen. „Nichts ist perfekt!“, erwidert Parzinger und hat, wie er da den Kopf rabenartig eingezogen vor seiner sehr gründlich erarbeiteten Powerpointpräsentation (mit kleinen Animationen) krümmt und vom Publikum heftig zur Rechenschaft gezogen wird, meine ganze Sympathie.
Ja, baut dieses Schloss! Kehrt der Moderne den Rücken und baut wieder Schlösser! Verpulvert das ganze Geld für eine garantiert übertriebene Renaissance der Renaissance. Es wäre ein diskretes Augenzwinkern, eine schmale Erinnerung, eine Liebeserklärung an die Anmut des Alten, die den Passanten einigermaßen verwirren dürfte. Ihr Schritt verlangsamt sich, sie spüren, dass sie in der Gegenwart ungewohnter visueller Vornehmheit geraten sind. Hier gibt es nichts zu kaufen. Hier muss man niemanden bezahlen! Hier kann man vielleicht, wenn man Glück hat und sich Parzinger das mit seiner eigensinnigen ethnologischen Kolonialgeschichte noch einmal überlegt, auch irgendwann einmal ganz große Kunst anschauen. Und ich müsste nicht ständig darüber nachdenken, ob ich ein IPhone brauche.

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Der liebe Strindberg

August Strindberg war nicht für seine Frohnatur bekannt. Seine Stücke sind düster, finster, hoffnungslos, tiefschwarz. Doch nun stellen Sie sich vor, Strindberg würde heimgesucht von einem rosafarbenen, pausenlos quietschenden, gutgelaunten, naja, Ball. Da muss man doch mit dem armen Strindberg lachen.

Kind: Whats wrong with you, daddy?
Strindberg: My soul is empty, I am dead to the world…
Rosa Heliumball: I am dead, too!

http://www.strindbergandhelium.com

(Dank an Tamara)

 

Rilke über das Leben

Rilke schreibt im Requiem Für Wolf Graf von Kalckreuth gewissermaßen auch zu uns, die wir Herbst und Winter noch vor uns haben: „Die großen Worte aus den Zeiten, da Geschehn noch sichtbar war, sind nicht für uns.
Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles.“

Übrigens empfiehlt sich auch in arg nassen Momenten oder jenen, während diverser Rendezvous entstehenden Geschlechtsfragen, das Requiem an eine Freundin, dass Rilke im Anflug des Requiem-Schreibens wenige Tage zuvor geschrieben hatte, und zwar in Paris, wo sonst, im November – wann sonst – des Jahres 1908:

„Denn dieses Leiden dauert schon zu lang,
und keiner kanns; es ist zu schwer für uns,
das wirre Leiden von der falschen Liebe,
die, bauend auf Verjährung wie Gewohnheit,
ein Recht sich nennt und wuchert aus dem Unrecht.
Wo ist ein Mann, der Recht hat auf Besitz?
Wer kann besitzen, was sich selbst nicht hält,
was sich von Zeit zu Zeit nur selig auffängt
und wieder hinwirft wie ein Kind den Ball.
Sowenig wie der Feldherr eine Nike
festhalten kann am Vorderbug des Schiffes,
wenn das geheime Leichtsein ihrer Gottheit
sie plötzlich weghebt in den hellen Meerwind:
so wenig kann einer von uns die Frau
anrufen, die uns nicht mehr sieht und die
auf einem schmalen Streifen ihres Daseins
wie durch ein Wunder fortgeht, ohne Unfall:
er hätte denn Beruf und Lust zur Schuld.
Denn das ist Schuld, wenn irgendeines Schuld ist:
die Freiheit eines Lieben nicht vermehren
um alle Freiheit, die man in sich aufbringt.
Wir haben, wo wir lieben, ja nur dies:
einander lassen; denn daß wir uns halten,
das fällt uns leicht und ist nicht erst zu lernen.“

 

Dan Browns CO2-Bilanz

Ein paar läppische Fragen zum Herbst:

– Kann man David Foster Wallace‘ Infinite Jest eigentlich jemals durchlesen? (Seite 837…)

– Warum in aller Welt wurde Pu der Bär fortgeschrieben?

– Wäre Der Turm nicht besser ein Sat.1-Zweiteiler?

– Schneuzen oder hochziehen?

– Wann wird endlich auf Klappentexte verzichtet, in denen „wunderbar“, „herrlich“, „Weltliteratur“ und/oder „Meisterwerk“ steht?

– Wie viele Bücher wurden in diesem Jahr auf Buchmessen geklaut?

– Wie sieht Dan Browns CO2-Bilanz aus?

– Sind Geheimbundromane nicht schon seit dem 18. Jahrhundert aus der Mode?

– Wer hat Angst vor dem E-Book?

– Warum liest in Deutschland eigentlich niemand Kurzgeschichten?

– Warum beginnen so viele Rezensionen mit „Um es gleich vorweg zu nehmen“?

Jaja, der Vorhang zu und alle… Sie kennen den Rest.

 

Heidi Klums gewachstes Auto

Ein Buch, ein Buch. Aber von vorn: Heidi Klum kennen Sie bestimmt. Das ist die stählern lächelnde Dame, die in fast allen deutschen Werbespots mitspielt und auf einem Privatsender junge Mädchen mit viel zu hohen Absätzen und Wünschen durch Studiosperrholz scheucht. Damit macht sie unfassbar viel Geld, und das wäre auch in Ordnung, wenn nicht Zeitungen und Fernsehsendungen pausenlos versuchten, hinter das Geheimnis ihres Erfolgs und Aussehens  zu kommen. Dazu genügt oft ein nichtiger Anlass, etwa das Erscheinen von Frau Klums neuem Fotoband Heidilicious. So jüngst geschehen auf Spiegel Online. Ganze zwei (!), als Rezension eines Fotobands (!!)  getarnte Seiten voller funkelnder Erkenntnisse. Nämlich so:

„Heidi lächelt ihre Neider in Grund und Boden, und was sie anfasst, wird zu Gold. Heidi Klum ist der Midas im Model-Business – und ein gutgelaunter noch dazu.“

Weil nämlich der Midas im antiken Business gar nicht gut drauf war, er wäre fast verhungert, und ihm wuchsen Eselsohren. Heidi hingegen…

“…ist leutselig, frohsinnig, ein ökonomisches und biologisches Wunderwerk. Heidi Klum bekommt Kinder wie nebenbei.”

Sag bloß! Echt wahr? Ein biologisches Wunderwerk.

“Alles ist ihr unheimlich wichtig. Und so scheint sie uns so unheimlich zu sein wie die Grinsekatze aus Alice im Wunderland. Unheimlich unheimlich sozusagen.“

Sozusagen.

„Die Kritik perlt an ihr ab wie saurer Regen auf einem frisch gewachsten VW Tiguan…”

Achso, saurer Regen, der war groß in den Achtzigern. Und was ist jetzt mit den Bildern?

“Abwechslungsreich sind die Bilder allein deswegen, weil Rankin sein Lieblingsmodel zu verschiedenen Zwecken fotografierte.”

Weil sowas kommt immer von sowas.

“Manches sind Werbebilder, andere wurden für Modestrecken produziert. Genaueres erfährt man jedoch nicht, denn Angaben zu den Aufnahmen sucht der Leser vergeblich.“

Manno. Aber:

„Hübsch anzusehen sind sie in jedem Fall: Klum posiert mit Schokolade übergossen…”

… die süß ist und trotz frisch gewachster Beine nicht abperlt.

“… trägt ein durchsichtiges Tuch über dem Nichts…”

Wo?

“… wie einst Marilyn Monroe, leckt an ihrem Tattoo auf dem Unterarm, sie steht am Pool im Bikini-Höschen und High-Heels.”

Im High-Heels, klar.

“Mal reckt sie den Hintern in die Kamera, mal den Busen. Hier steckt sie sich einen Finger ins Bustier, dort in den…”

Pfui Deibel!

“… Slip.”

Puh.

“Im Interview, das der Fotograf mit seinem Model führte (…), antwortet sie: ‚Ich schätze, manche Menschen haben einfach mehr Energie als andere.‘ Das ist zweifelsohne richtig. Manche Sätze haben auch einfach mehr Inhalt als andere.”

Und weil das so ist: Zeigt das nächste Mal doch einfach nur die Bilder.

 

Kleine Messe-Benimm-Regeln

Ich habe inzwischen alle Peinlichkeiten auf der Messe ausprobiert und kann Ihnen nur empfehlen, sich ähnliches zu ersparen. Deshalb hier folgende Tipps:

1. Vermeiden Sie typische, dumme Messekonversation wie diese:

Ich sagte gestern zu Sebastian Koch: „Ja, natürlich kenne ich Sie. Ich bin ein natürlich ein großer Fan. Spätestens seit dem Film Mephisto.“
Er bedankte sich sehr freundlich. Doch heute morgen fiel mir ein, dass der Film „Mephisto“ mit Sebastian Koch gar nicht existiert.
Oder auch dieses schöne zweite beobachtete Beispiel. Jemand, ich weiß nicht mehr, wer es war, denkelte verschlafen über Kathrin Schmidt nach: „Diese Andrea Schmidt. Kenn ich natürlich alles. Die hat doch den Buchpreis bekommen.“

Tragen Sie deshalb verschiedene Lexika bei sich: Kindlers Literaturlexikon (In der Taschenbuchausgabe sind die 22 Bände etwas leichter), aktualisiertes Schauspieler- und Filmlexikon, Sportergebnisse der letzten Jahre, Geschichtsbuch.
Vielleicht haben Sie aber auch schon ein Telefon mit eingebautem Internet…

2. Empfänge, Messepartys, Menschenmenge

Versuchen Sie auch vor Verlagspartys in diversen Clubs und Bars niemals mit dem Türsteher zu diskutieren, sich vorzudrängeln, eine eigene Schlange zu bilden, sich generell auch ohne Einladung eingeladen zu fühlen. Ich habe das schon alles für Sie ausprobiert und kann Ihnen immer nur ans Herz legen, Abstand zu Türstehern zu halten und deren hässliche Regeln niemand versteht und für Sie selbst nur erniedrigend sind.

Zum ersten Mal in diesem Jahr feierte der Piper-Verlag ein rauschendes Fest im Velvet-Club, wo sich eine lange Schlange vor der Tür bildete, sich um die Säulen schlängelte, wo dann auch der eisige Wind durchfegte und durch die ganzen Drehungen um Säulen und Menschen noch etwas Rauer wurde. Wie Eingangs bereits angedeutet, war ich auch ohne Einladung, spazierte aber trotzdem munter und peinlich an der Schlange vorbei. Ich war die Andrea-Hünniger-Schlange. Ich lachte im vorbeigehen noch Kollegen aus, die frierend ihre Mäntel noch etwas weiter zuknöpften und rote Nasen von qualvollen Minuten im Frankfurter Winter erzählten. Leider scheiterte ich an dem Türsteher, er verwies mich „ganz nach hinten in die Schlange“. Als ich mich ungefähr mittig einreihte, kam er persönlich noch einmal und sagt: „Du“, wie ein Kampfschrei, „Du gehst hier raus und stellst dich wieder ganz nach hinten in die Schlange!“
Im übrigen sind immer Leute in der Schlange, die Sie kennen und vermutlich diese Vorkommnisse weiter erzählen oder gleich mit dem Telefon filmen.

3. Viren

Haben Sie ein Desinfektionsspray zur Hand, um sich nach Kontakt mit Menschen gleich alle Viren von Gesicht und Hand zu sprühen. Krankheiten treiben sich hier herum, angefangen von Unhöflichkeit bis zum unerträglichen Messeschnupfen.

4. Haben Sie immer Ausreden parat und tuen Sie sehr geschäftig

Polizei: „Machen Sie mal bitte Ihren Koffer auf.“
Ich: „Ich bin beruflich hier.“
Polizei: „Na und?“
Ich: „Ich bin auch zu müde, um den Koffer zu öffnen.“
Polizei: „Na gut, dann gehen Sie durch.“

5. Bücherklau

Jeder denkt daran. Beinahe jeder hat es schon getan. In der Grauzone der Messe weiß man eigentlich auch gar nicht, ob das überhaupt verboten ist. Nun denn.
Wenn Sie das schon vorhaben, dann sollten Sie das auch geschickt tun:
Gehen Sie zu einem Stand, schauen Sie interessiert und kritisch die Bücherregale an. Nehmen Sie ein Buch, blättern Sie, schauen Sie doch mal zwischendurch auf Ihr Telefon. Begrüßen Sie doch jemanden am Stand, den Sie natürlich nicht kennen. Entfernen Sie sich langsam.
Greifen Sie nicht wahllos zu, denn diese Bücher muss man auch wegtragen können und vermutlich auch lesen.