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Kleingeistiges aus der großen weiten Welt

 

Dies ist eine wunderbare Geschichte über Heuchelei und Doppelmoral. Und Doppelmoral innerhalb der Doppelmoral. Aber alles der Reihe nach.

Das Bild, das Sie oben sehen, ist ein Werbeplakat für die amerikanische Firma Surprise Parties. (Die neue, überarbeitete Website ist derzeit hier geparkt.)

„Surprise Parties“ macht seit rund zwei Jahrzehnten sozusagen Tupperware-Partys für erotische Spielsachen: Massageöle, Federn, Dessous, etc. Das Vertriebsprinzip basiert ebenfalls auf haupt- oder nebenberuflich arbeitenden Frauen sowie Gastgeberinnen, die für diese „Surprise Ladies“ kleine Partys geben, bei denen dann alle bei Käseigel und Sprudelwein kichernd Tangas herumreichen.

„Surprise Parties“ hat nur ein kleines Problem: Die Firma sitzt in Nashville, Tennessee, was sozusagen die Gürtelschnalle des so genannten Bible Belt ist. Und dort wollte man nun auch einmal Plakatwerbung machen, mit dem oben abgebildeten Sujet. Jedoch: Seit zwei Monaten bemüht sich das Unternehmen, diese Werbung irgendwo unterzubringen! Zwei der größten Außenwerber haben sich geweigert, diesen Auftrag anzunehmen, u.a. mit der Begründung, das Plakat sei „zu kontroversiell„, wie Nashville Scene berichtet.

Eines dieser Unternehmen hat allerdings kein Problem, Hooters-Plakate aufzuhängen, das andere ist ein Tochterunternehmen von Viacom, einem Medienkonzern, dem u.a. MTV gehört, das ja nun auch nicht gerade Radio Vatikan ist.

Dabei ist „Surprise Parties“ für hiesige Verhältnisse harmloser als Toys R Us: Man betont, dass man „Romantikverstärker“ vertreibt, also alles, was das (eheliche) Liebesleben wieder in Schwung bringt. Der Topseller sei ein herzförmiges Kissen, das sich erwärmt und ganz toll für Massagen sein soll.

Dass eine Frau auch allein mit den Sachen Spaß haben könnte, ist bei „Surprise Parties“, glaube ich, nicht wirklich vorgesehen, auf jeden Fall nicht erwähnenswert. Alles für den sauberen, partnerschaftlichen Sex. (Immerhin spielt „Stop Faking It“ darauf an, dem Gatten nicht mehr sexuelle Erfüllung vorzuspielen und ihm dadurch „schlechte Technik“ anzugewöhnen.)

Donna Wittrig, die Vize-Chefin von „Surprise Parties“, hat jedenfalls dem Autor des Artikels in „Nashville Scene“ einen empörten Brief geschrieben, dass man noch nie „auch nur einen einzigen Dildo“ verkauft hätte, und schon gar nicht irgendetwas, das „zwei Enden“ hätte. (In dem Artikel waren beidseitig verwendbare Dildos angedeutet worden, die gern von – huch! – zwei Frauen gleichzeitig verwendet werden.) Und dass es nur das Gehirn eines Mannes zustande brächte, etwas „leicht Unschuldiges in Perversion“ zu verwandeln.

Ich glaube, das ist der verklemmteste Erotikhandel, von dem ich je gehört habe. Nicht, dass Sex immer schmutzig, wild und unter Einsatz von schwerem Gerät stattfinden muss, aber dass jemand eine so scharfe (und leicht willkürliche) Grenze zwischen Gleitcreme (gut) und Dildos (bööööse) zieht? Schon auch lustig, irgendwie.

PS: Eine Freundin von mir macht ähnliche Partys in Wien und musste verdammt aufpassen, dass sich dafür nicht die Bezeichnung „Fuckerware Party“ einbürgert. Da waren die Plastikverkäufer richtig sensibel.