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Wir basteln uns ein Baby

 

Das Ende des 20. und der Beginn des 21. Jahrhunderts werden wohl als jene Ära in die Geschichte der Sexualität eingehen, in der Kinder zunehmend nicht mehr mit Liebe, sondern mit Technik gezeugt wurden. Entsprechend haben sich die Ideen zur Geschäftemacherei weiterentwickelt. Und wenn das alles nicht so absurd (bis ärgerlich) wäre, müsste man vor soviel Kreativität eigentlich den Hut ziehen.

Dies hier ist das Conception Kit, ein Ding, das jene Aufgabe erledigt, die ich bislang eigentlich immer dem Penis zugeschrieben hatte.

Zuerst – ähm – gibt man das Sperma in ein spezielles Kondom und von dort aus in die „Conception Cap“, die sozusagen als gepanzertes Taxi für die Spermien dienen soll, damit sich die nicht den ganzen Weg durch die Vagina bis zum Muttermund durchkämpfen müssen.

Die Conception Cap wird in die Vagina bis zum Muttermund eingeführt, von wo die Spermien dann nur noch aussteigen und zur Eizelle spazieren müssen. Das soll vor allem den nicht so aktiven Samenzellen helfen, doch noch ans Ziel zu gelangen. Außerdem sei der manchmal „feindliche“ ph-Wert der Vagina kein Problem mehr. Oder wenn sie eine Kurve mache. Und wie wärs einfach mit Vögeln in der Missionarsstellung? Die Distanz bis zum Muttermund sollte eigentlich auch jeder durchschnittliche Penis großteils überbrücken können. So gebogen kann eine Vagina eigentlich gar nicht sein.

Wer von all dem verschont geblieben ist, kann sich dafür aussuchen, welches Geschlecht sein Baby haben soll. GenSelect ist ein sauteures Paket (199 US-Dollar für einen Monat!), in dem nichts anderes ist als ein Fieberthermometer (schon gesehen um 5,90 Euro), 5 Ovulations-Teststäbchen (7 Stück kosten ca. 30 Euro), ein Plastikfläschchen als Vaginaldusche und Nahrungsergänzungsmittel, über deren Zusammensetzung die Homepage sich ausschweigt.

Das Prinzip ist altbekannt: Je nach Ernährung, Säuremilieu der Vagina sowie Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs soll man die Wahrscheinlichkeit für das Geschlecht des zu zeugenden Kindes beeinflussen können. Diese Theorie ist allerdings durchaus noch umstritten. Besonders interessant ist, bei GenSelect das Kleingedruckte zu lesen. Die 96-prozentige „Garantie“, die sie geben, bezieht sich wohlweislich nicht auf ihr eigenes Angebot, sondern nur auf ähnliche „Prinzipien“.

Allmählich würde mich eine Langzeit-Studie interessieren, wie das Verhältnis von solchen „angestrengten“ Eltern später zu ihrem Kind ist. Sind das dann solche, die jedes Spielzeug desinfizieren und das Kind bei Regen nicht aus dem Haus lassen?