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Aufpumpen und so

 

Erkenntnis des Tages: Die britische Times, bei mir im Hinterkopf noch als „seriöser Inbegriff britischen Qualitätsjournalismus“ abgespeichert, kann man auch nicht mehr ernst nehmen.

Gestern berichtete die Sunday Times über eine neue Methode der Brustvergrößerung, bei der keine OP mehr notwendig ist, sondern nur ein kleiner Einschnitt in der Brustfalte, in den dann Hyaluronsäure gespritzt wird, eine Art Füllstoff, der (u.a.) überdurchschnittlich viel Wasser an sich binden kann.

Und von mir aus soll das Zeug natürlich sein und auch so schon im Körper vorkommen, blablabla. Aber ist es für eine seriöse Zeitung tatsächlich angebracht, diese neue Methode quasi als Geschenk Gottes für alle kleinbrüstigen Frauen mit OP-Angst anzupreisen?

„Stellen Sie sich vor, wie es wäre, mit nur einer Injektion von einer zierlichen Kate Moss zu einer ausladenden Scarlett Johansson anzuschwellen!“ Oder „Die Prozedur klingt denkbar einfach.“ Lauter solche Sachen stehen in dem Artikel.

Ebenso wie das Zitat einer Kundin, die Wert auf einen „gesunden Lebensstil“ legt und darauf achtet, „was in meinen Körper rein geht.“ Deshalb hat sie sich auch aufblasen lassen, denn zu diesem ganzheitlichen Lebensstil passen offensichtlich keine natürlichen Brüste.

Allmählich habe ich all diese glorifizierenden Erfolgsstorys satt, in denen Frauen erzählen, wie sie sich erst nach ihrer Brust-OP endlich als „richtige Frauen“ fühlen konnten. (Ich finde leider gerade nirgends das Cover einer gewissen österreichischen D-Promifrau, auf dem sie glücklich sagt: „Endlich bin ich Frau.“ Man will sich nicht vorstellen, was sie davor war …)

Frauen brauchen keine großen Titten, Männer keine längere Schwänze. Doch leider ist der Vergrößerungswahn mittlerweile so weit fortgeschritten, dass man vermutlich ein paar Jahre gegenrudern müsste, um diesen Irrglauben wieder aus den Köpfen (vor allem der Frauen) rauszubekommen.

Manchmal ist es eben einfacher, sich kurz aufschneiden (oder jetzt total super neu! aufstechen!) zu lassen, als die Gründe für das angeschlagene Selbstbewusstsein zu erforschen.

Aber das will ja keiner lesen.