Lesezeichen
 

Verhütung ins Museum?

In Wien gibt es jetzt ein Verhütungsmuseum. Leider etwas holprige Homepage, aber interessantes Projekt. Falls die österliche Faulheit nicht zuschlägt, kommt vielleicht später noch ein Lokalaugenschein.

Im Bild oben ist übrigens der Haut Spray Nestorone MDTS(R) zu sehen. Vielleicht wird’s auf der Homepage ja irgendwann ein bisschen mehr darüber zu lesen geben.

 

Sex sells – im TV

Morgen um 21 Uhr in 3sat: Sex sells das lukrative Geschäft mit der Prostitution

Eine Millionen deutscher Männer nehmen täglich professionelle sexuelle Dienstleistungen in Anspruch. Die rund 400.000 Prostituierten, die in Deutschland arbeiten, tragen dabei nach Auskunft von Psychologen nicht unerheblich zur Entspannung des sozialen Klimas bei. Das hat eine traurige Tradition: Bereits im Dritten Reich nutzte Heinrich Himmler die Prostitution als Mittel zur Motivation und Leistungssteigerung. Heute erwirtschaften die deutschen Prostituierten, die in der Gewerkschaft „Verdi“ als „besondere Dienstleisterinnen“ organisiert sind, rund sechs Milliarden Euro pro Jahr.

Seit 2002 regelt in Deutschland das Prostituiertengesetz sexuelle Dienstleistungen. Faktisch sind die Arbeitsbedingungen der Prostituierten jedoch höchst unterschiedlich und ein einheitlicher gesetzlicher Schutz kaum gewährleistet. Die Frauen arbeiten als Selbstständige und Angestellte, als Wander- und Gelegenheitsprostituierte sowie als sogenannte „Edelnutten“. Kaum einzuschätzen sind Anzahl und Arbeitsbedingungen der aus ihrer Heimat verschleppten Zwangsprostituierten. Das Prostituiertengesetz stellt zwar eine erste Verbesserung dar, doch weitere Schritte sind notwendig. Kritisch und kaum kontrollierbar ist beispielsweise auch die Rolle der Prostitution bei Einsätzen von Kampf- oder Friedenstruppen. Während französische Truppen bei ihren Einsätzen im Ausland ganz offiziell von Prostituierten „begleitet“ werden, wird das Thema bei der deutschen Bundeswehr tabuisiert. Doch wie gehen Soldaten im langen Auslandseinsatz mit dem Problem um?

„delta“ fragt nach, wem die Dienste von Prostituierten nutzen, was sich in Hinblick auf gesetzliche Regelungen in Sachen „Sexarbeit“ noch dringend ändern müsste, und welches Selbstverständnis die Sexdienstleisterinnen von ihrer Arbeit haben.

Gert Scobel diskutiert mit:
Sabine Grenz, Genderforscherin / Humboldt-Universität Berlin
Lisa Moos, Ex-Prostituierte und Unternehmerin / Spanien
Valentin N. J. Landmann, Strafverteidiger und Milieuanwalt / Zürich

 

Ist Kuschelsex ein Beziehungskiller?

„Die neue Partner-Psychologie sagt uns, dass nur Paare langfristig guten Sex miteinander haben können, die ihre Erotik bewusst inszenieren. Kuschelsex, bei dem immer nur Zärtlichkeit und Nähe gefordert wird, ist eher kontraproduktiv.“

Das sagt der Trendforscher Matthias Horx laut der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ in seinem „Trendreport 2007“. Ganz abgesehen davon, dass ich mich immer wieder frage, woher die Leute das wissen, ist hier natürlich auch das spannende Thema: Könnte er damit recht haben? Oder ruft Horx hier etwas, das zur erotischen Allgemeinbildung gehört, zum Trend aus?

Dass langjährige Beziehungen oft unter zu eingespieltem Sexleben leiden, weiß man seit Jahrzehnten. Früher hieß es dann eben: „Deponieren Sie die Kinder bei den Großeltern und machen Sie sich ein romantisches Wochenende!“ Heute heißt das „Erotik inszenieren“. Kann auch, wenn man nicht so auf Inszenierungen steht, ganz schön anstrengend werden: „Du, Schatzi, wie legen wir`s denn heute an?“

Horx meint auch, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis es „einen Jamie Oliver der Erotik-Kultur gibt, wahrscheinlich eine Frau“. Die Parallele zur Esskultur ist zwar ganz stimmig (verschafft Genuss, macht Flecken und fallweise dick), aber was Horx vergisst, ist: Gab es schon! Sogar mehrere. Matthias Frings und Andrea Thilo hatten in „Liebe Sünde“ genau den leichten, unverkrampften Ton drauf, der dem Thema Sex hierzulande fehlt. (Beide werden im TV der Nuller-Jahre, das wirklich zum Schmuddel-TV verkommen ist, schmerzlich vermisst.) Und man kann von Lilo Wanders halten, was man will. Aber in seinen Anfangszeiten hat auch „Wa(h)re Liebe“ nicht nur von Pornodrehs berichtet, sondern auch durchaus was für die erotische Bildung des deutschsprachigen TV-Publikums getan.

Was beide Sendungen wohl nie über die Bildschirme bekommen hätten, ist der Satz „Kuschelsex ist kontraproduktiv“. Mit solchen apodiktischen Feststellungen Vorschriften setzt man just jene unter Druck, die bislang mit Kuschelsex absolut zufrieden waren und nie auf die Idee gekommen wären, dass ihnen etwas fehlt. Von denen gibt es weit mehr, als uns diverse TV-Magazine (und Trendforscher) einzureden versuchen. Wäre schön gewesen, wenn Horx den Trend „In der Sexualität werden keine Vorschriften mehr gemacht, was normal ist und was nicht“ ausgerufen hätte.

 

War der Sex im Osten wirklich besser?

Ja – zumindest war das der Grundton der recht amüsanten MDR-Dokumentation „Liebte der Osten anders?“ gestern Abend.

Als der Leipziger Soziologe und Sexualwissenschaftler Kurt Starke 1980 seine Studienergebnisse zum Sexualleben der Ostdeutschen vorlegte, rieben sich seine Kollegen im Westen verwundert die Augen. Die Diktatur schien der Libido keineswegs abträglich. Im Gegenteil. Die Gruppe der sexuell Aktiven, die mehr als viermal pro Woche mit ihren Partnern verkehren, war mit 38 Prozent in der provinziellen DDR genau doppelt so hoch wie im Westen.

Natürlich wurden hier wie da auch ein paar Klischees rausgekramt. An einer Stelle im Film sagte Kurt Starke: „Wenn eine Ostfrau mit jemandem sexuell zusammen ist und grad mal keinen Orgasmus hat, dann ist die nicht blitzböse, sondern sagt: Na, das nächste Mal klappts schon wieder.“ Als ob die Westfrau für den Rest des Tages geschmollt hätte.

Doch es wurde schön erzählt, wie es zu den unterschiedlichen sexuellen Freiheiten in Ost und West gekommen war. Im Osten waren Männer nach dem Krieg Mangelware, weil die Kriegsheimkehrer lieber in den Westen heimkehrten. Der Staat brauchte die Frauen und tat alles, um ihnen ein Arbeitsleben zu ermöglichen. Ein kleines Propagandafilmchen pries die Betriebskindergärten und die betriebseigenen Wäschereien und – die Frau per se: „Die Frau konnte ihre ganze Kraft in den Dienst des Plans stellen.“

Im Westen dagegen fördern Kirche, Politik und Medien den Trend zur häuslichen Idylle. Gerade noch auf sich allein gestellt und selbstständig, gehen Frauen jetzt in Bräuteschulen und „werden wieder zum Mündel des Mannes, verlässlich und duldsam, am Herd und im Bett“.

Die Kirche übernahm die moralische Ausbildung, sprich: nichts. Ein schöner Kontrast der Dokumentation war dann eben auch, quasi nicht vorhandene Westaufklärung mit den Sendungen im Ostfernsehen zu vergleichen, die so schöne Titel hatten wie „Fragen, die dein Kind dir stellt“ (1962). Darin wurde progressives Gedankengut verbreitet wie. Wenn der Sohn onaniert, solle man „erst dann eingreifen, wenn es zur Sucht und gegenseitig betrieben wird.“

Im Westen gab es bis Mitte der 60er Jahre keine Institution, die sich um die Aufklärung der Jugend kümmerte.

Dies in Kombination mit dem ziemlich unterschiedlichen Frauenbild führte – laut den befragten Experten – zu einem weit freieren Umgang mit der Sexualität. Starke sagt im Film: „Auf keinem Gebiet ist die Emanzipation der Frau so weit fortgeschritten wie in der Sexualität. Im Bett geht es nach der Frau, das war sehr DDR-typisch.“

Der Kulturwissenschaftler Dietrich Mühlberg sagt in der Dokumentation: „Frauen haben eine andere soziale Stellung eingenommen, waren selbstständiger, und dies dehnte sich auch auf ihre sexuellen Wünsche aus.“

Die Pille war im Osten kostenlos, Abtreibung bis zur 12. Woche wurde bereits 1972 legalisiert. „Allerdings fand im Gegensatz zum Westen keine öffentliche Diskussion statt“, sagt die Historikerin Gisela Staupe, „sondern ganz plötzlich hat die Volkskammer den Frauen ein Geschenk offenbart, nämlich die Legalisierung der Abtreibung. Das war eindeutig an die Adresse des Westens gerichtet: Seht uns an, wir sind besser, wir sind schneller, wir ermöglichen Frauen ein besseres Leben.“

Allerdings galt man dort mit 25 auch bereits als „Spätgebärende“.

Ein interessanter Film, und wie sagt man hier immer? Es war nicht alles schlecht?

 

Arte-Themenabend: Porno

Hier noch schnell ein kleiner Tipp für einen anregenden Fernsehabend für alle, die nicht ohnehin schon was noch Besseres vor haben.

Arte
23.40 Uhr
Nördlich von Eden
Aus dem kühlen Norden, vor allem aus Schweden und Dänemark, kamen die ersten Impulse zur sexuellen Befreiung. In einem fantasievoll gestalteten historischen Abriss und mit dem Porträt eines der einflussreichsten Pornoproduzenten der 60er- und 70er Jahre geht der Themenabend der Frage nach, warum die sexuelle Revolution gerade in den skandinavischen Ländern ihren Anfang nahm.

23.40 Uhr
Ich, der King of Porn
Dokumentation, Deutschland 2000
Regie: Thorsten Schütte

Der Film erzählt die Geschichte von Lasse Braun, der in den 60er Jahren ein maßgeblicher Kämpfer für die Legalisierung der Pornografie war und dann zu Europas führendem Pornoproduzenten wurde. Erstmals seit seinem Rückzug aus der Pornobranche gewährt Lasse Braun Einblick in sein bewegtes Leben.

00.55 Uhr
More sex please, we are Scandinavians!
Dokumentarfilm, Dänemark / Großbritannien / Deutschland 2002
Regie: Ghita Beckendorff, Torben Skjodt Jensen

Der Dokumentarfilm erzählt die Geschichte der sexuellen Revolution. Er zeigt anhand von Archivaufnahmen, Ausschnitten aus Spielfilmen und Werbespots, warum gerade die Bedingungen in Skandinavien einen freieren Umgang mit der Sexualität erlaubten.

Der Film Reitkunst par Excellence um 20.15 Uhr gehört übrigens trotz anderslautender Gerüchte noch nicht zum Themenabend …