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Japan – USA 5:3 n.E.

 

Sehr gutes Endspiel, hochdramatisch, temporeich, Werbung für den Frauenfußball, das Finale war, was selten vorkommt, der sportliche Höhepunkt des Turniers.

Japan ist ein überraschender und verdienter Weltmeister. Mit ihrem neuen Stil haben die Asiatinnen Maßstäbe gesetzt, die der Weiterentwicklung dieses Sports dienen werden. Körperliche Überlegenheit muss im Frauenfußball nicht der alles entscheidende Faktor sein. Auf Technik und Taktik kommt es an. Aber auch darauf, nie aufzugeben. Eine Disziplin, in der Japan den USA in nichts nachstand, wie sich heute zeigte. Und die derzeit beste Fußballerin der Welt haben sie auch in ihren Reihen: Homare Sawa, die Pässe schlägt wie Overath und Netzer zusammen.

Aber, ich hätte mir gewünscht, dass sie im Finale ihr Spiel mutiger durchziehen. Japan wurde erst nach den zwei Rückständen offensiver sowie kurz nach den beiden Ausgleichstreffern. Dass die amerikanische Abwehr Fehler macht, hat man ja gesehen. Gut, es ging auf. Und wenn sie mehr riskiert hätten, wer weiß, vielleicht hätten die Amerikanerinnen sie ausgekontert.

Heute verlor die bessere und aktivere Mannschaft. Die Amerikanerinnen haben deutlich besser Fußball gespielt als während des Turniers. Und auch besser, als ich das in der Vorbemerkung ankündigte. Sie beherrschten das Mittelfeld und zerfledderten die japanische Verteidigung, vor allem in den ersten 30 Minuten – über links, über rechts oder mit Schüssen. Doch haben sie einfach nicht oft genug das Tor getroffen. Selbst im Elfmeterschießen verschossen sie bei drei von vier Versuchen. Dabei hätte man den US-Guys gerade beim Schießen mehr zugetraut als dem Gegner. Manchmal gewinnt im Fußball der Schlechtere. So ist das halt.

Trivia

Pfiffe für Sepp Blatter bei der Siegerehrung. „Das hätte es nicht mehr gebraucht“, sagt ARD-Schmelzer. Völlig daneben, dieser Kommentar. Das ist Morbus Kerner im Endstadium. Ein Bravo für das wache Publikum! Vielleicht noch eine aktuelle Lektürehilfe.

Der Jubel der deutschen Delegation bei Japan-Toren hinterließ einen unsportlichen Eindruck. Ich kenne den Hintergrund nicht, und ich habe nicht verfolgen können, ob sie auch bei den Toren der USA aufgesprungen sind.

Jetzt, wo wir wissen, dass Deutschland gegen den Weltmeister ausgeschieden ist – verlängert Zwanziger mit Neid heute vorzeitig bis 2022?

Das Spiel

– 5:3 Kumagari, Japan ist Weltmeister
– 4:3 Wambach
– 4:2 Sakaguchi, Solo war dran
– Heath verschießt, Kaihori hält
– Nagasato verschießt, Solo hält
– Lloyd verschießt, beckhamesk drüber
– 3:2 Miyama
– Boxx verschießt, Kaihori hält

Stand nach 120 Minuten Ein hochspannendes Finale wird durch Elfmeterschießen entschieden.

120+1′ Rot für Japans Iwashimizu wegen Notbremse, aber Chance und mögliches Tor verhindert. Taktisch völlig richtig.

119′ Wambach mit der Chance zum Sieg. Knapp drüber. Tolles, rasantes Spiel.

116′ Tor für Japan 2:2 Eckball, Sawa zieht kurz, hält die Hacke hin, 5. Tor im Turnier. Distanz zum Tor: 6 Meter, Solo konnte nicht mehr adäquat reagieren. Das geht besser.

115′ Kinga mit der Chance zum Ausgleich, nachdem sie von Sawa mit einem Netzerpass eingesetzt wird. Solo kommt zu spät raus, doch Rampone muss auf der Linie klären.

114′ Die Kräfte schwinden schon seit einiger Zeit. Das Spiel ist aber noch immer schneller als die meisten anderen dieser WM.

112′ Extrem unsouveräne Abwehr der USA, auch von Hope Solo. Wenn man die unter Druck setzt …

110′ Japan versucht sich noch mal am Ausgleich. Ich hätte mir sie gerne das ganze Spiel über offensiver gewünscht.

104′ Tor für die USA 1:2 Wambach Japan kann den Ball nicht klären, über Rapinoe kommt der Ball zu Morgan, die am linken Flügel eine Flanke reinzieht. Und Abby zückt den Colt.

Bis dahin war die Kopfballspezialistin von den kleinen Japanerinnen bei den vielen Flanken gut verteidigt worden.

96′ Diese Morgan kann man schicken. Behauptet den Ball auch gegen zwei, bringt sich in Schussposition, doch der Ball rutscht ihr über den Spann.

Stand nach 90 Minuten 1:1 Glück für Japan. Das Tor war ein Geschenk aus Amerika. Die USA ist die aktivere Mannschaft, Japan dosiert seine Angriffe, aus guten Gründen. Ein gutes Finale geht in die Verlängerung.

Ich finde ja, die Fifa sollte die Wechselregel für Verlängerungen ändern: einen oder zwei zusätzliche Wechsel erlauben.

80′ Tor für Japan 1:1 Miyama nimmt einen damenlosen Ball auf, nachdem sich Buehler und Krieger angeschossen haben. Dusselig von der US-Verteidigung. Mit dem Ausgleich hab ich nicht mehr gerechnet.

Wie ist denn Silvia Neids Torjubel zu bewerten?

76′ Transparent im Fan-Block: Give US Hope in our Neidmare!

69′ Tor für die USA 0:1 Langer Pass aus der eigenen Hälfte, Morgan ist schneller, hält mit links drauf. So einfach geht’s. Wieder ein guter Wechsel von Pia Sundhage.

65′ Wambach wirft sich in einen langen Ball, aber die japanische Goalie Kahori kann mit ihren Kinderhänden den Ball über die Latte tippen.

64′ Mutig! Die USA wollen einen Meter hinter der Mittellinie auf Abseits spielen. Geht schief. Doch weil die Assistentin falsch sieht, wird Ohno, die alleine auf dem Weg zum Tor ist, zurückgepfiffen.

62′ Und Homare Sawa ist überall, eben setzt sie Kinge per Lupfer ein. Dankenswerterweise trägt sie einen Pferdeschwanz, damit die Leute an den Fernsehgeräten sie gleich erkennen. Wo auch immer sie sitzen.

56′ Megan Rapinoe (#15) kann vorzüglich fintieren und ganz vorzüglich mit dem Ball umgehen.

49′ Wieder Pfosten, Herrgottnochmal! Morgan lenkt eine flache Hereingabe von O’Reilly an den Pfosten. Morgan ist nach der Halbzeit für Cheney gekommen.

Halbzeit 0:0 Überraschender Verlauf, die USA sind deutlich überlegen, kommen immer wieder zu Chancen, anfangs im Minutentakt. Rapinoe, Lloyd, Cheney und Wambach sind heute starke Individualisten, kombinieren sich aber auch gut über die Flügel durch. Bloß das Tor fehlt. Japan hingegen wirkt verschüchtert. Die Abwehr steht manchmal zu tief, manchmal lässt sich die ganze Viererkette zur Grundlinie ziehen, dann ist der Rückraum total frei. Am Spiel aktiv teilgenommen haben die Japanerinnen erst nach 30 Minuten, dann konnte man erkennen, wie gefährlich sie über die 10er-Position kommen können. Man sieht aber auch, dass sie sich immer spielerisch befreien wollen. Das ist wichtig: Stiltreue.

Sehr gutes Spiel, zu einem überragenden kann es noch werden. Dazu müsste aber Japan gleichwertiger werden.

42′ Der Reporter Bernd Schmelzer sagt: „Hope Solo hat noch bis eine Stunde vor Anpfiff getwittert. Das muss man sich mal vorstellen.“ Muss man den Begriff nicht den Leuten erklären? Der durchschnittliche ARD-Zuschauer könnte das für eine Anzüglichkeit halten.

40′ Ich kann mich täuschen, aber dieses WM-Finale ist ein bisschen fairer als das im letzten Jahr.

36′ Endlich! Endlich wird Bibiana Steinhaus gelobt. Wie lange wollte uns die ARD noch warten lassen?

34′ Starker Header von Cheney landet auf dem Tordach.

Aus dem Wissensgebiet Druck: „Solo, Wambach, Rapinoe & Boxx all play on the same US pro team – Magicjack. Stadium capacity? 1,500!“ (via @darrenrovell, einem amerikanischen Sportjournalisten)

31′ Japan spielt auch mit. Klasse durchgesteckt, aber für Ohno ist der Winkel zu spitz. Kein Problem für Solo.

28′ Klasse Tempofußball der USA. Jetzt zimmert Wambach den Ball von der Strafraumkante mit links an die Latte.

19′ „Happy Birthday, Angela!“ steht auf einem Transparent im Fan-Block. Ist Kristina Schröder auch da?

17′ Das Angriffsrecht hat zurzeit alleinig die USA. Müsste schon längst 2:0 stehen.

Aus den Kommentaren: Kenji Yuasa ist ein japanischer Fußballtrainer und Fußballjournalist. Hat 1981 Trainerlizenz an der Kölner Sporthochschule gemacht.

Danke.

12′ Rapinoes Chance. Daneben.

11′ Rebound für Lloyd, aus 13 Metern knapp drüber.

10′ Deutlich mehr Support für die USA. Im Stadion und woanders.

8′ Noch mal eine USA-Chance über links: Rapinoe flankt auf Cheney, deren Volley geht knapp am kurzen Pfosten vorbei.

1′ Nach 15 Sekunden erste Chance für die USA: Cheney drückt ihre Gegenspielerin zur Seite, scheitert am kurzen Eck.

20:40 Kenji Yuasa: „Japan war bis zur WM 2011 ein ängstliches Team. Eigene Entscheidungen zu treffen, Verantwortung auf dem Platz zu übernehmen, entspricht nicht japanischer Mentalität.“ (via @sportschau_wm11)

Wenn ich jetzt nur noch wüsste, wer Kenji Yuasa ist …

20:37 Im ARD-Vorbericht war einiges zu erfahren über Bibiana Steinhaus, die Finalschiedsrichterin aus Deutschland, etwas über die anwesenden deutschen Nationalspielerinnen, es fielen ein paar Worte zu Angela Merkel. Über Japan hingegen nichts Nennenswertes.

20:34 Wem Schlussfeiern nichts sagen, für den haben wir zur Überbrückung noch ein paar sportliche Highlights aus dem Frauenfußball:

20:30 Einmarsch der Fischer-Chöre

20:28 „Fröhliche Stimmung im Stadion, aber nicht ausgelassen“, skypet mir gerade Christian Spiller. „Viele amerikansiche Fans mit Kriegsbemalung.“ Netzer und Delling sollen auch dort sein.

Die Aufstellungen
Japan: Kaihori – Kinga, Iwashimizu, Kumagai, Sameshima – Sakaguchi, Sawa – Ohno, Miyama – Kawasumi, Ando
USA: Solo – Krieger, Buehler, Rampone, LePeilbet – O’Reilly, Lloyd, Boxx, Rapinoe – Cheney, Wambach

Für die USA rückt die Edeljokerin Rapinoe in die Startelf, die nach ihren Einwechslungen gegen Brasilien und Frankreich je ein Tor vom linken Flügel aus vorbereitet hat. Weichen muss Amy Rodriguez.

Edeljokerin – ist das noch Deutsch? Hatte kurz überlegt, ob ich das Wort verwenden soll.

allesaussersport bloggt auch live, allerdings heute ohne Hundenahrung, stattdessen (wohl) mit Anke Groener. Wir empfehlen auch den Twitter-Account der Sportschau. Und aus dem Waldstadion in Frankfurt twittert unser Reporter Christian Spiller.

Vorbemerkung

Schöner, weil gegensätzlicher, kann ein Finale nicht sein. USA gegen Japan ist das Duell Alt gegen Neu, Athletik gegen Spielwitz, Spirit gegen Taktik, Groß gegen Klein. Zwei Fußballkulturen prallen aufeinander. Die WM war sportlich durchwachsen, aber auf das Endspiel darf man sich freuen.

Auf der einen Seite die USA, eine der fünf großen traditionellen Bastionen des Frauenfußballs. Keine der vier anderen, Norwegen, China, Brasilien und Deutschland, hat es bis ins Halbfinale geschafft. Auch der Weg der Amerikanerinnen nach Frankfurt war holprig. Fast wären sie sogar in der Qualifikation ausgeschieden. In der Vorrunde unterlagen sie den Schwedinnen, im Halbfinale gegen Frankreich wackelten sie zwischenzeitlich ordentlich. Im Viertelfinale lagen sie bis zur 122. Minute gegen Brasilien zurück. Aber sie haben alle Rückschläge überwunden. Genau das, betonen die Spielerinnen, macht ihre Stärke aus. Der Glaube an die eigene Stärke, der Spirit, ist ihr größter Trumpf.

Torschützin war Abby Wambach (sprich „Wommbäck“, das Streiflicht hat gestern das lautmalerische Potenzial dieses Namens herausgestellt). Sie repräsentiert das Spiel der USA. 1,81 Meter groß, geht sie keinem Zweikampf aus dem Weg, vor allem keinem Kopfball. Ihr 2:1 gegen Frankreich, als sie einen Eckball mit dem Schädel versenkte, war „man like„: langer Anlauf, gutes Timing, kraftvoller Absprung. Dass sie dabei gegen den Pfosten sprang, machte ihr nichts aus. „Hat sich gut angefühlt“, sagte sie.

Der größere Verdienst der schwedischen Trainerin Pia Sundhage ist: Sie hat der Mannschaft den Spaß am Spiel zurück gebracht. Im Training wird gelacht. Doch taktisch spielt die Mannschaft wie eh und je. Trotz aller Modernisierungsversuche durch Sundhage spielen die USA Kick & Rush. Eine schlägt das Ei nach vorne, Abby fängt es. Sie wissen das selbst und empfinden es als Mangel. Aber so leicht lassen sich Wurzeln nicht kappen. Außerdem hat es ja Erfolg, heute vielleicht zum letzten Mal auf diese Art.

Auf der anderen Seite Japan, eine Mannschaft, die vor dem Turnier kaum jemand auf der Rechnung hatte (falls doch, bitte melden, aber mit Beleg). Die Mannschaft von Norio Sasaki hat während des Turniers gezeigt, wie attraktiv und gut Frauenfußball sein kann. Sie lassen den Ball laufen, bieten der Ballführenden meist mehrere Anspieloptionen, sind technisch durchweg beschlagen. Und sie wissen auch zu verteidigen, auch hohe Flanken. Das 3:1 im Halbfinale gegen Schweden war ein Meisterstück, der Gegner kam selten an den Ball, das Ergebnis ist der Überlegenheit der Japanerinnen nicht gerecht geworden. Es ist zu hoffen, dass Silvia Neid am Mittwoch ganz genau hingesehen hat. Erfolgreicher Fußball lässt sich auch spielen. (Und von den Amerikanerinnen kann man vielleicht was in Sachen Lockerheit lernen.)

In Japan hat Frauenfußball wenig bis keine Tradition, wenig bis keine Bedeutung. Von wem haben die Japaner ihr Erfolgsmodell kopiert? Von den Männern wohl, und zwar von ganz bestimmten. Das Etikett „Barca des Frauenfußballs“ ist nicht übertrieben. Halt, es fehlen den Japanerinnen die herausragenden Solisten. Bis auf Homare Sawa, die 32-jährige Regisseurin lenkt das Spiel aus der Mitte und stößt auch immer wieder in den Strafraum vor. Vier Tore hat sie erzielt, drei davon übrigens mit dem Kopf.

Zusätzliche Motivation zieht die Mannschaft aus Fukushima. Angeblich zeigt der Trainer regelmäßig Videos von der Katastrophe. Nach dem Spiel bedankt sich die Mannschaft bei „der Welt“ immer mit einem Transparent.

Ich habe Japan in der Vorrunde gegen Mexiko im Stadion gesehen und war sehr angetan. Dachte aber, dass sie gegen körperlich überlegene Mannschaften den Kürzeren ziehen. Irrtum. Die USA habe ich zwei Mal in Dresden gesehen, gegen Nordkorea und im Viertelfinale vor einer Woche. Mit dem Ausgleich gegen Brasilien in der Nachspielzeit haben die US-Guys ihren Colt gezückt.

Mein Tipp: 2:1 für Japan.

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