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Spitznamen in Brasilien: Shampoo und die Ameise

Der brasilianische Spitznamengenerator.
Der brasilianische Spitznamengenerator

Ich würde Spillaldo heißen, meine Kollegen Dobbimo und Fra, mein Chef Wegnson. Angela Merkel wäre Merkaldo und Wladimir Putin, festhalten: Puta. So sagt es zumindest der brasilianische Spitznamengenerator im Netz, der mit einem Mausklick Exotik ausspuckt. Schon fast sechs Millionen Leute haben ihn ausprobiert. Weil er aus einem Karl-Heinz Müller einen Müllerauro macht.

Unwiderstehlich sprechende Spitznamen sind eines der brasilianischen Geschenke an die Welt. Die Brasilianer pfeifen auf Förmlichkeit wie Nachnamen oder so einen Quatsch. Sie sind stolz auf ihre Spitznamen, weil es in ihrem Land doch persönlicher und lockerer zugeht als im Rest der Welt. Jeder wird spitzgenannt: der Pförtner, der Professor, selbst Staatspräsidenten. Luiz Inácio da Silva, bis 2011 im Amt, nahm seinen Spitznamen Lula sogar in seinen offiziellen Namen auf.

Und natürlich die Fußballer: Fast niemand kann etwas mit Edson Arantes do Nascimento anfangen, fast alle mit Pelé. Manuel Francisco dos Santos kennt jeder nur als Garrincha, benannt nach einem etwas zerrupft aussehenden Vogel, weil Garrincha mit einem X- und einem O-Bein nicht den elegantesten Eindruck machte.

Ricardo Izecson dos Santos Leite war eindeutig zu kompliziert für dessen kleinen Bruder, der sich das für deutsche Ohren nicht ganz stubenreine Kaká einfallen ließ. Carlos Caetano Bledorn Verri litt unter seinem Onkel; der dachte, der kleine Carlos wachse nicht mehr und benannte ihn deshalb nach dem siebten und kleinsten Schneewittchen-Zwerg: Dunga.

Hmm, vielleicht doch Ähnlichkeiten mit einem Schneewitchen-Zwerg? Carlus Dunga, Ex-Spieler und -Trainer der brasilianischen Nationalelf (Foto: Martin Rose, Getty Images)
Hmm, vielleicht doch Ähnlichkeiten mit einem Schneewitchen-Zwerg? Carlus Dunga, Ex-Spieler und -Trainer der brasilianischen Nationalelf (Foto: Martin Rose, Getty Images)

Doch es geht auch weniger subtil. Es gab Fußballer, die hießen Formiga (Ameise), Bigode (Schnurrbart), Boquinha (kleiner Mund). Ein anderer hieß Manteiga (Butter), weil seine Pässe weich wie selbige waren. Selbst vor Hautfarben machte niemand halt. Ein Kicker heiß Escurinho (kleiner Dunkler), ein anderer Petroleu (Öl), der nächste Meia Noite (Mitternacht). Pretinha (kleines schwarzes Mädchen) spielte 1996 für Brasilien bei den Olympischen Spielen in der Frauenfußballnationalelf.

Bei der WM 1990 spielte der Stürmer Luis Antoni Correa da Costa, der sich einen ganz besonderen Künstlernamen wählte: Müller. Sein Vorbild war übrigens Gerd, nicht Thomas.

Es gibt sogar Überlieferungen von Fußballern, die nach Zahlen benannt wurden. Einer hieß 84, der nächste 109, ein anderer Duzentos (Zweihundert). Airton Beleza (Airton hübsch) soll es eher nicht so gewesen sein. Ein Fußballer bekam den Namen Shampoo verpasst, weil er nebenher als Frisör arbeitete. Einen seiner Söhne nannte er Shampoozinho, den kleinen Shampoo.

Spitznamen, ein Symbol der ewigen Jugend

Woher dieser Hang zum lockeren Namen kommt, ist nicht ganz klar. Die einen sagen, die Portugiesen sind Schuld, weil ihr Namenssystem viel zu kompliziert ist. Die Kolonisatoren kamen meist nicht ohne vier Namen aus: einen Vornamen, den eines Heiligen sowie den Nachnamen der Mutter und des Vaters. Da tat ein wenig Reduktion not.

Andere halten Spitznamen für ein Überbleibsel der Sklavenzeit, also vor allem für ein Mittel der Repression. Wieder andere sehen in den Spitznamen ein Symbol der verlängerten Jugend. Wer sich mit Spitznamen anredet, ist ein Kumpel. Ein Nationalteam voller Spitznamen zeigt, dass die Jungs genauso gut auch noch am Strand oder im Park kicken könnten.

Aus dem aktuellen WM-Kader haben 17 Spieler ausgedachte Namen. Der exotischste: Hulk. Wie er zu seinem Namen kam, darüber gibt es verschiedene Erzählungen. Er sieht ein wenig so aus wie der grüne Superheld, aber vor allem soll er so heißen, weil er als Kind schon gerne Comics las.

Doch, kommt hin: Hulk halt (Foto: Buda Mendes, Getty Images)
Doch, kommt hin: Hulk halt (Foto: Buda Mendes, Getty Images)

Auffällig auch: Torhüter oder Verteidiger haben seltener Spitznamen als offensive Spieler. Die Brasilianer lieben nun einmal ihre Offensivkünstler um einiges mehr als die Kaputtmacher. Für einen Defensiven ziemen sich Künstlernamen nicht, sie sollen gefälligst arbeiten. Die Innenverteidiger Thiago Silva und David Luiz klingen für brasilianische Verhältnisse auch anständig bodenständig.

In den sechziger Jahren versuchte der brasilianische Radiokommentator Edson Leite eine Kampagne zu starten, die die echten Namen durchsetzen wollte. Pelé sollte Edson Arantes heißen und Garrincha lieber Manuel Francisco. Es klappte nicht, die Magie wäre weg.

Oft sind ja auch die Eltern Schuld. Sie geben ihren Kindern gleich von vorneherein die absurdesten Namen. Wo in Deutschland jeder Standesbeamte vor Schreck umfallen würde, grinst er hier nur. So gibt es Fußballer, die heißen Michael Jackson, Allan Delon oder Michael Douglas. Ein anderes Talent heißt Kierrison, benannt nach Keith Richards und Jim Morrison.

1970 wurde ein Baby Tospericagerja genannt, das so viele WM-Helden wie möglich in seinen Namen vereinigen sollte: Tostão, Pelé, Rivelino, Carlos Alberto, Gérson und Jairzinho. Es gibt auch Berichte von Kindern die Gol, also Tor, heißen. Manche auch Gooooool. Vielleicht ist das in neun Monaten ja wieder ein beliebter Name.

 

Schland am Strand

Kinder vor der Strandbar "Tor" (Foto: Christian Spiller)
Kinder vor dem Strandkiosk „Tor“ (Foto: Christian Spiller)

Vielleicht ist es die Sonne. Sie glänzt hier ganz besonders. Oder die Brise, die vom Meer herüberweht. Oder die Aussicht auf den sichelförmigen Sandstrand auf der einen und die Felsen auf der anderen Seite. Auf deren Spitzen scheinen die grünsten Palmen der Welt zu wachsen. Oder alles zusammen. Auf jeden Fall ist es an der Copacabana viel zu schön, um blöd herumzugrölen.

Ich hatte einiges befürchtet. Einen der bekannten Strandkioske hat das deutsche Generalkonsulat während der WM-Wochen gemietet. Zum öffentlichen Fernsehgucken, wie es seit einigen Jahren arg angesagt ist. Wo sonst die Cariocas entspannt ihr Bierchen schlürfen und schöne Menschen am Strand beobachten, wollen die Deutschen nicht ganz so schönen Menschen auf einem fernen Fußballplatz zugucken. Dafür hingen sie schwarze, gelbe und rote Luftballons auf und verteilten aufblasbare Klatschhilfen und Hawaiiketten. „Tor“ nannten sie ihren Kiosk auch noch. Oje.

Für jedes deutsche Tor, so war es versprochen, würde es zudem Freibier geben. In Kombination mit der Mittagssonne, Anpfiff gegen Portugal war um 13 Uhr Ortszeit, ließ das nichts Gutes erahnen. In dieser Zeit kocht die brasilianische Sonne mit großer Freude mitteleuropäische Großhirne weich. Zumal ich mich unwohl fühle auf Fanfesten, all die scwharz-rot-güldene Seligkeit macht mich oft schon ohne Sonne ganz schummrig. Ich hasse Hawaiiketten. Und ein paar Schland-Deutsche und Fanmeilenprollos würden es sicher bis nach Rio de Janeiro schaffen. Ist doch klar.

Und dann kamen Leute wie Erika Schmidt. Erika Schmidt hatte sich an diesem Tag die Farben der deutschen Fahne auf die Wangen gemalt. Sie hatte extra ein schwarzes Top und goldene, in diesem Fall halt gelbe, kurze Hosen angezogen. Erika Schmidt ist für Deutschland, doch das einzige deutsche Wort, das sie halbwegs sicher beherrscht, ist – sorry – „Scheiße“. Sie spricht es so schön weich aus, wie „Scheise“.

Es geht an diesem Nachmittag herrlich unprollig zu. Das Publikum ist tendenziell jung und weiblich, was die Zahl der deutschen Bürstenhaarschnitte in einem überschaubaren Rahmen hält. Ebenso die Zahl öder „Deutschlaaaaand-Deutschlaaaand“-Choräle, ich vermute da einen Zusammenhang. Bei der Hymne bleiben fast alle sitzen. Gesungen wird, wenn überhaupt, nur der Refrain.

Erika Schmidts Großvater kam aus Deutschland, der andere aus Portugal, was die Sache an diesem Tag aber nicht verkomplizierte. „Scheise“, sagte sie, als in der siebten Spielminute der Fernseher ausfiel und alle im Tor das Erste von Thomas Müller verpassten. Einer aber hatte immerhin ein Handy mit Zimmerantenne dabei, als er jubelte, jubelten einfach alle mit. Es kam zu ersten spontanen Freibier-Sprechchören, die sich noch öfters wiederholen sollten.

Tatsächlich hatte niemand mit Thomas Müller gerechnet. Schon zur Halbzeit, 3:0 stand es da, waren die Torjubel fast routinemäßig in Freibier-Forderungen übergegangen. Doch die Biervorräte waren aufgebraucht. Ein deutsches Fanfest ohne Bier – das ist wie Public ohne Viewing.

Vor dem Strandkiosk "Tor" (Foto: Christian Spiller)
Vor dem Strandkiosk „Tor“ (Foto: Christian Spiller)

Auch Paul aus Australien ist etwas besorgt ob der zu Ende gehenden Getränkevorräte. Er trägt ebenfalls schwarzrotgold auf der Wange, weil die Deutschen ein großartiges Team haben. Er erzählt, wie angenehm er es hier findet. Ich erzähle ihm von meinem Problem. Er sagt, er wisse, was ich meine. Vor einiger Zeit ließ er sich ein Australien-Tattoo stechen, weil er sein Land so liebe. Später hörte er, dass in seiner Heimat einige Australier auf Muslime losgingen. Und viele von denen ließen sich jetzt dasselbe Tattoo stechen. Er würde seines am Liebsten wieder wegmachen. Doch ein Tattoo wird man fast ebenso schwierig los wie seine Nationalität.

Hier und heute aber ist alles harmlos. Das deutsche Fanfest kommt als Campusparty daher, zu der man ein paar Tonnen Sand herangeschafft hat. Das Spiel läuft so nebenher. Auf dem Bürgersteig bilden sich Grüppchen, die entspannt plaudern. Vom Strand kommen ein paar Beachboys mit freiem Oberkörper und wollen sehen, warum die Leute auf den Fernseher schauen statt auf sie. Kleine Kinder spielen mit Deutschland-Fähnchen im Sand.

Brasilianisches Fernsehteam in der Strandbar "Tor" (Foto: Christian Spiller)
Brasilianisches Fernsehteam im Strandkiosk „Tor“ (Foto: Christian Spiller)

Als es wieder Bier gibt, habe ich nur noch ein Ziel: All den Fernsehkameras aus dem Weg zu gehen. Vier oder fünf Teams sind da, aus Brasilien und Deutschland, sie wollen Jubelbilder und blöderweise sitze ich in der ersten Reihe, weil ich mal wieder zu spät kam und woanders nichts mehr frei war. Ich versuche mich, bei den Toren extra wegzuducken, aber es fallen ja so viele, am Ende vier.

Kurz nach dem Spiel bekomme ich eine Nachricht. Ich wurde im Fernsehen gesehen. Beim Torjubel. Mit einer schwarz-rot-goldenen Hawaiikette. Ich denke, so etwas kann schon mal passieren.

 

 

Sperrgebiet Traumstrand

Der DFB ist in Brasilien in einem Dilemma. Einerseits soll sich die Nationalelf in Ruhe auf das WM-Turnier vorbereiten. Andererseits versteht sich der Verband als Botschafter Deutschlands. Der DFB wolle ein Teil Brasiliens sein, sagte Oliver Bierhoff während der Eröffnungspressekonferenz am Montag: „Wir wollen das zweite Team der Brasilianer sein.“

Das Dilemma führt zu rhetorischen Anstrengungen. Die Delegation und die Mannschaft hätten sich von der brasilianischen Lebensart beeinflussen lassen, sagte Bierhoff. Sie hätten sich darauf vorbereitet, sich zu arrangieren. Das eine oder andere „Problemchen“ sei bereits gelassen gemeistert worden. „Mit Widrigkeiten muss man in Brasilien klarkommen“, sagte der Manager des Nationalteams.

Deutschlands neue Mauer
Deutschlands neue Mauer (Copyright O. Fritsch für ZEIT ONLINE)

Als ein Journalist wissen wollte, welche Widrigkeiten er meine, antwortete Bierhoff: „Da fließt mal das Wasser nicht, und da geht die eine Steckdose nicht.“ Und verwies auf die allseits bekannte Anekdote vom Vortag, als der Reisebus des DFB zunächst nicht die Fähre verlassen konnte, die den Fluss Joao de Tiba überquert.

Das klang ein bisschen nach Abenteuer im Urwald. Das klang dem ehemaligen CDU-Politiker Friedrich Merz, der seine bürgerliche Sauerländer Jugend nachträglich mit wilden Storys frisieren wollte, mit angeblichen Fahrten auf dem Moped.

Helmut Sandrock, der Generalsekretär, sagte auf der gleichen Pressekonferenz: „Wir sind freundlich begrüßt worden – von Menschen, Frauen und Kindern.“ Ein Versprecher, freilich, aber vielleicht bezeichnend dafür, dass uns Deutschen die diplomatische Eleganz nicht im Blut liegt. Zur Frage, ob die sozialen Proteste und das Fifa-Desaster die WM in Brasilien beeinträchtigen könnten, sagte Sandrock: „Dazu werden wir uns zu gegebenem Zeitpunkt äußern.“

Der DFB hat sich zur Mission Titelgewinn in eine Traumwelt zurückgezogen, manche sagen in eine Parallelwelt. Er hat nicht eins der Quartiere gewählt, das die Fifa vorgeschlagen hat, sondern eins, das erst gebaut werden musste: das Campo Bahia in Santo André. Zugänglich ist der Abschnitt nur über eine Fähre. Andere Teams residieren in den Metropolen Rio und Sao Paolo (und werden nun mit U-Bahn-Streiks bestraft). Der DFB hat sich in ein Nest am Atlantik einquartiert, das keine tausend Einwohner zählt. Sie leben an einem Traumstrand. Manche von ihnen leben aber auch in armen Häusern und an Sandstraßen. Einige Läden sind in Garagen untergebracht.

Santo André erlebt nun staunend die Invasion der Deutschen. Am nördlichen Ende des Orts hat der DFB einen Trainingsplatz mit perfektem Rasen und Flutlicht bauen lassen, mitten im Naturschutzgebiet. Das Teamhotel ist abgeschirmt. Davor stehen Militärpolizisten mit Gewehren. Sie bewachen auch den Trainingsplatz während des Trainings, ihn umgibt ein Zaun mit Sichtschutz. In den wenigen Restaurants spricht man nun Deutsch.

Die Leute im Ort sind den Fremden gegenüber zwar aufgeschlossen, das sah man beim Empfang am Sonntag. Bloß bietet sich ihnen ein ungewohntes Bild. Sicherheitskräfte sehen sie hier sonst selten. Und der kolonnenhafte Verkehr der riesigen deutschen Delegation samt einem riesigen Appendix namens Presse provoziert irritierte Blicke, auch Ansätze von Trotz. Auf dem Mittelstreifen der einzigen asphaltierten Straße bewegt sich ein schwarzer Hund auch dann nicht vom Fleck, wenn von zwei Seiten Autos auf ihn zufahren (was nie passieren dürfte, wenn nicht gerade WM ist).

Manche Leute in Santo André merken nun, dass sie für die nächsten Wochen in einem Sperrgebiet leben werden. Einwohner bestimmter Zonen müssen sich ausweisen, wenn sie ihr Haus betreten wollen. Kinder fühlen sich auf dem Weg zur Schule behindert, es gibt einige Facebook-Einträge dazu.

Spricht man mit Einheimischen, ist augenzwinkernd die Rede von der Invasion der deutschen Armee. Folha, eine der wichtigsten Zeitungen Brasiliens, schreibt: „Deutschland baut die Mauer wieder auf.“ Das ist weit übertrieben. Doch eine Straßenverkäuferin, die in der Nähe der Deutschen wohnt, lässt sich in dem Artikel mit den Worten zitieren: „Ich empfinde es als demütigend. Wer sich hier auszuweisen hat, sind die Zugereisten, und nicht ich. Ich bin hier geboren.“

Die Spieler bekommen davon wohl nichts mit. Sie sollen ja auch ein Fußballturnier gewinnen. Am Montag gab es eine nette Geste gegenüber den Einheimischen. Zu Besuch waren die Pataxó, ein indigenes Volk. Sie kamen mit Federschmuck und Pfeil und Bogen. Sie feierten Miroslav Klose, der Geburtstag hatte, mit einem Ständchen. Von Journalisten sammelten sie Autogramme und ließen sich zu „Deutschland, Deutschland“-Chören verleiten. Lukas Podolski machte eine Art Polonaise mit ihnen, vielleicht auch weil er sich wie beim Karneval in Kölle fühlte.

 

Beim Empfang am Sonntag wirkten die deutschen Profis in ihren schwarzen Hemden und hinter dunklen Sonnenbrillen noch nicht voll akklimatisiert. Man wünscht ihnen eine Spur der Leichtigkeit, die man etwa den Holländern nachsagt, und von denen es heißt, sie spielten in Rio am Strand. Sie kommt sicher auf dem Platz.

Am Dienstag fragte eine argentinische Journalistin auf der Pressekonferenz Philipp Lahm und André Schürrle nach ihrer Meinung über den Artikel in Folha. Die beiden Spieler schwiegen kurz irritiert, dann antwortete ein Sprecher des DFB, das Sicherheitskonzept sei mit den lokalen Behörden abgestimmt – und bevor Lahm etwas zu sagen wollen schien: „Nächste Frage, bitte.“

 

Kurz dachte Löw, die Kasachen wären Schweden

Fazit Deutschland verlässt die „asiatische Steppenlandschaft“ (Rethy) als Sieger. Doch auch das Spiel war eine Öde. Die Kasachen konnten in der ersten Halbzeit nicht ihr gewohntes Flügelpiel aufziehen. In der zweiten erweckten sie plötzlich ein paar Minuten lang den Eindruck, sie wären Schweden. Doch die Deutschen hatten zwar keinen Stürmer, aber einen Torwart und eine Torlatte. Der Rest war klares deutsches Übergewicht. Die falsche 9 – spannendes Thema, aber Antworten lassen sich heute nicht geben. Zwei Höhepunkte: die Parade Neuers und der Assist Wolfgang Amadeus Özils vor dem 3:0. Mehr gibt es nicht zu sagen. Doch: Am Dienstag gibt es die Neuauflage in Nürnberg. Puh!

Großer Sieger des Abends: der Kahn-Ersatz Michael Ballack. Gute Analyse, wieder verstärkt sächselnd, verbindlicher Auftritt, spricht sich für den Stürmer aus, sagt noch 2008-mäßig „Schweini“, souverän im Duett mit Löw. Sollte wiederkommen, aber das ist wohl vergebliche Hoffnung.

„Sie in den Medien wollen immer eitel Sonnenschein.“ (Ballack über die Frage nach der Versöhnung mit Löw)

Quizfrage: Welchen Versfuß hat der Blog-Titel?

Endstand 0:3

82′ Khedira und Müller raus. Rein Schürrle und Gündogan.

An Gündogan soll ja Barca dran sein. Hä? Was wollen die denn mit dem?

Wie? Xavi ersetzen? Ach so, ok, das hat natürlich Sinn.

E-Jugend
E-Jugend

Weil einige gefragt haben: Das Teil (siehe links) hat schon einige Sportplätze gesehen, der Mantel der Geschichte sozusagen. Rechts Trainer Fritsch senior. Und dazu auch der Junior im Trikot des Kreismeisters TSV Laufdorf (1981).

Keine Frage, wir standen damals im Licht, wir waren Rock’n’Roller.

74′ Tor für Deutschland Müller 0:3 Eine mozarthafte Vorlage Özils findet Müller zentral im Strafraum.

69′ Denkt hier jemand an Schweden? Innerhalb von drei Minuten ein Lattenkracher der Kasachen und ein Schuss aus kurzer Entfernung, den Neuer sportlich aus dem Winkel holt. Haben sich die Kasachen bislang totgestellt? Die Mine Löws verzieht sich. Und Schweinsteiger weiß, wann man sich die Gelbsperre abholt.

62′ „Die Nacht von Astana“, „Kasachenzipfel“ (echte Rethys).

don_king

Ich stand früher mit diesem Stück (links) am Spielfeldrand, Erbstück aus den 60ern, bekam von meinen Spielern den Spitznamen „Don King“. Damit könnt ich aber mal locker Kasachstan trainieren.

Und in Charlottenburg fällt man damit auch nicht auf.

Ich hab das Teil auch in Weiß.

54′ karl-ton fragt in den Kommentaren: „Wo issn der Olli? Ist der auch verletzt oder hat der jetzt Konkurrenz auf seiner Position bekommen und muss jetzt auch auf die Kritik erstmal reagieren?“

Der Mischa vertritt ihn richtig stark. Kahn ist aber auch kein Gegner für Ballack.

52′ Salzletten statt Beine: Thomas Müller.

49′ Ah, es geht weiter. Ich wurde von einem Ächzer Bela Rethys geweckt.

Halbzeit 0:2 Mein Kommentar:

Das spannendste an diesem einseitigen „Spiel“ ist: Wird Schweinsteiger das Tor aberkannt, zu Gunsten Müllers, der mit dem Bauch noch dran war? Ich fänd das fast schon respektlos.

42′ Eine Nachricht aus dem internationalen Fußball:

36′ Nutzen wir die Gelegenheit, um auf Neuigkeiten bei der Fifa hinzuweisen. Sepp Blatter hat eine Scheinreform inszeniert. Ok, das ist nicht unbedingt eine Neuigkeit, aber jetzt ist es sozusagen amtlich. Fast alles, was der Chefreformer Mark Pieth gefordert hatte, wurde vom Exekutivkomitee abgelehnt. Ich empfehle die Blogs von:

Und mittendrin Theo Zwanziger, der die ganzen Gaunereien verteidigt. Appeasement.

32′ Kasachstan lässt jetzt mit seinem Pressing ein wenig nach.

27′ Herr Mertesacker beliebt zu scherzen und schickt Lahm mit einem Lupfer in ein Kopfballduell.

20′ + 22′ Tore für Deutschland 0:1 Schweinsteiger, 0:2 Götze Podolski drin und schon läufts.

18′ Hätte Gomez den gemacht? Der falsche 9er Götze verzieht freistehend. Draxler muss leider schon raus, nachdem er mit einem echten kasachischen Schädel Bekanntschaft machte. Aber bis zum Sportstudio-Termin nächste Woche ist er wieder fit.

9′ Konterchance für Kasachstan. Aber Gott sei Dank, es war ein Fürther.

Wer sehen will, was Balotelli gestern fabriziert hat, schaue hier. Ich dachte erst: Wow, der kanns auch mit links. Dann sah ich: ist spiegelverkehrt, damit die Youtube-Zensur nicht greift. Aber immer noch wow.

5′ Die Deutschen haben sichtlich Anpassungsprobleme an den Kunstrasen, eine kasachische Spezialmischung aus Мәңгдай und досынілік.

18:58 Eigentlich eine berechtigte Frage: Was der Kollege aber nicht weiß, der Kasache an sich ist eher eher der mediterrane Typ.

Oh du mein Land, oh du mein Land,
Ich bin die von dir gezogene Blume,
Ich bin das auf deinen Lippen klingende Lied, oh Land!
Meine Heimat ist mein Kasachstan!

Schön.

Vorbemerkung

Eigentore sollte die deutsche Nationalmannschaft heute in Kasachstan nicht nötig haben. Die Kasachen sind Außenseiter, haben noch nichts gerissen, da dürften ein paar Tore den deutschen Stürmern leicht fallen.

Doch halt, ähhh Stürmer, die gibts ja nicht mehr. Joachim Löw hat diese Woche in einem Impulsreferat festgehalten, dass die Zeit der physisch starken Stürmer zu Ende gehe. Er hat ein Herz für die Kleinen. Das war ein Gruß an Mario Gomez. Der ist allerdings ohnehin verletzt, er hat eine Zerrung. Eine Verletzung die, wie Gomez, ein wenig angeblich aus der Mode geraten ist. Heute hat man ja eher Adduktoren.

Das ist die Elf: Neuer – Lahm, Mertesacker, Höwedes, Schmelzer – Khedira, Schweinsteiger – Müller, Özil, Draxler, Götze (gleich zwei Schalker)

Für das Spiel in Astana hat der DFB eine Art Zeittunnel gegraben. Den Zeitunterschied von fünf Stunden will er schlicht ignorieren. So isst die Delegation mitternachts Ortszeit zu Abend, geht um 3 Uhr ins Bett und frühstückt um 12. Oliver Bierhoff hat zudem für alles gesorgt: Damit der Biorhythmus der Nationalspieler nicht durcheinander gerät, hat er die Zimmer verdunkeln lassen, eine künstliche Sonne ist im Einsatz, zudem hat der Service Manager des DFB einen Hahn in zweijähriger Feinarbeit so dressiert, dass er, der Hahn, auf Befehl krähen kann.

Um 24 Uhr Ortszeit ist Anstoß, dem deutschen Fernsehen wird es nicht unrecht sein. Vorher müssen wir Miesepeter natürlich auf die Situation der Menschenrechte in Kasachstan hinweisen. Justizwillkür und Korruption sind wohl weit verbreitet. Apropos, auf das Thema Fifa werden wir im heutigen Live-Blog auch hinweisen. Diskutieren Sie mit!

 

Frankreich – Deutschland 1:2

  • Erstes Länderspiel des Jahres
  • Gündogan top
  • Löw ist doch kein „romantischer Verlierer“

Kurzanalyse Alors, was für ein unterhaltsamer Fußballabend! Die deutsche Mannschaft gewinnt mal wieder und Joachim Löw kann durchpusten, kein 4:4 weit und breit. Die Franzosen taten den Deutschen den Gefallen und griffen fröhlich an, das bot Raum für die Umschaltspezialisten Gündogan, Müller und Özil, die allesamt einen großen Tag erwischten. Vor allem an dem so unwirklich ballsicheren Gündogan wird Löw in Zukunft nicht mehr vorbeikommen. Mängel gab es vor allem in der Defensive. Mats Hummels gab ab und an den Bruder Leichtfuß, Philipp Lahm erfuhr auch einmal, wie es ist, gegen Franck Ribéry spielen zu müssen. Das Highlight des deutschen Spiels: Der Pass von Mesut Özil vor dem 2:1 auf Khedira. Ein Kunstwerk, ab in den Louvre damit!

"Le Tor, c'est moi" Foto: Andreas Gebert/dpa
„Le Tor, c’est moi“ Foto: Andreas Gebert/dpa

C’est fini. Deutschland gewinnt in einem tollen Spiel 2:1 in Paris.

90. Minute: Özil auch zu fortgeschrittener Stunde noch leichtfüßig wie eh und je. Hat nachher noch einen Autritt im Moulin Rouge.

Bei unser Kommentatorin Frau Ke hat diese Woche sichtbare Spuren hinterlassen: „Wer schaut noch diese Sportart? Korrupte Möchtegernjungmillionäre hoppeln lustlos übers satte Grün und wussten wahrscheinlich heute Morgen beim Nutellabrot schon den Endstand.“

84. Minute: Die deutsche Elf lässt Ball und Gegner laufen. Die Franzosen traben müde hinterher, halten es wohl schon mit Sartre: „Les jeux sons faits“

74. Minute: 1:2, Tooor für Deutschland. Olé statt oh la, la. Ein Zauberpässchen von Mesut Özil auf seinen madrilenischen Vereinskollegen Sami Khedira. Der hält nur noch den Außenrist hin. Zum Niederknien! Traumhaft! Tolles Tor!

71. Minute: Joachim Löw hackt auf dem eingewechselten Toni Kroos rum. Der wirkt heute, wie auch sonst manchmal, seltsam apathisch. Fast leidend. So wie er hier.

"Bitte gebt mir heute nicht den Ball", picture alliance/dpa
„Bitte gebt mir heute nicht den Ball“, picture alliance/dpa

66. Minute: Aus gegebenem Anlass zwei Tweets über Mats Hummels.

57. Minute: Toni Kroos kommt für Gomez. Ein Wechsel, der für Schnappatmung bei vielen Taktikfreaks sorgen wird. Deutschland jetzt wieder ohne Stürmer, mit falscher Neun, echtem Hasen, original verpackt. Jetzt sind die kognitiven Fähigkeiten der französischen Innenverteidigung gefragt.

51. Minute: 1:1, Tooor für Deutschland. Die Passmaschine Gündogan erobert den Ball und legt quer auf Müller. Der schießt an Lloris Kopf vorbei. Angela Merkel ballt die Fäuste, selbst Hollande klatscht.

Merkel und Hollande sind auch da.

REUTERS/Charles Platiau
„Und der da macht die besten Crêpes des Landes“ REUTERS/Charles Platiau

Jens Lehmann gibt derweil Rätsel auf. Er twittert, scheint aber doch kein Internet zu haben.

Halbzeit Für einen Testkick ein ziemlich flottes Fußballspiel mit leichten Vorteilen für die deutsche Mannschaft. Wir halten es mit Godard und sind alle noch etwas „Außer Atem“. Beim Gegentor träumt Mats Hummels vor sich hin. Ansonsten noch auffällig: Per Mertesacker, der mit seinen langen Gaken alles wegputzt. Was heißt „big fucking german“ auf französisch?

44. Minute: 1:0, Tooor für Frankreich. Benzema nagelt einen Ball an die Latte. Hummels geht nicht zum Kopfball und ein Mann namens Valbuena, kaum größer als Philipp Lahm, köpft ein.

42. Minute: Unser Mann im Stadion hat eine Fachfrage:

37. Minute: Nächste unglückliche Aktion von Höwedes. Daher: Liebe Leser, wenn Sie jemanden kennen, der schon mal mit jemanden gesprochen hat, dessen Schwager mal was von einem guten Linksverteidiger gehört hat; schreiben Sie an: Deutscher Fußball-Bund, Stichwort: Lahm II, Otto-Fleck-Schneise 6, 60528 Frankfurt/Main. Die Fußball-Nation wird es Ihnen danken.

33. Minute: Im Gegensatz zu Özil und Gündogan wirkt dieser Khedira im Mittelfeld so beweglich wie der Eiffelturm.

27. Minute: Benzema läuft auf Adler zu, Adler hält gut. Dass Benzema zwei Meter im Abseits stand, sah der Linienrichter nicht. Wo ist Europol, wenn man es braucht!?

25. Minute: Den Franzosen scheinen in den direkten Duellen etwas schwach auf der Brust. Kein Wunder, wenn sie ihren besten Zweikämpfer an Putin verscherbeln.

Römer?
Römer? Wo? Foto: Concorde Film

20. Minute: Sehr schönes Fußballspiel bis hierhin. Die Franzosen tun der deutschen Elf den Gefallen, sehr aktiv am Spiel teilzunehmen. Das gibt Platz und Zeit für das deutsche Umschaltspiel. Könnte ein netter Abend werden. Bon!

12. Minute: Podolski zeigt, was er in England gelernt hat. Huscht durchs Mittelfeld und legt dann raus auf Höwedes. Der zeigt, was er auf Schalke gelernt hat. Flankt in Richtung Sacre Coeur.

Oliver Fritsch im Stadion schwelgt noch immer in Erinnerungen.

6. Minute: Erste Torchance für die Deutschen. Özil zeigt, dass er in der Kniescheibe mehr Gefühl als andere im ganzen Körper, nimmt den Ball mit eben dieser mit, Frankreichs Torwart Lloris aber bekommt den Fuß an die Kugel.

21.00 Uhr: Le coup d’envoi (sagt Leo)

20.57 Uhr: Allons enfants…es läuft die Marseillaise. Die inoffizielle französische Hymne trauen sie sich nicht. Nichts für enfants.

20.45 Uhr: Wir sich noch ein wenig einlesen möchte: Die Süddeutsche Zeitung hat sich um Franck Ribéry gekümmert. Bei der FAZ gibt es ein Video-Interview mit René Adler. Und bei den 11 Freunden gibt es ein Interview mit Willy Sagnol, dem ehemaligen Halbfeld-Flankengott des FC Bayern und aktuellem Sportdirektor des französischen Verbandes.

20.35 Uhr: Oliver Fritsch ist unser Mann in Paris. Allerdings ist er eine knappe halbe Stunde vor Anpfiff noch besorgniserregend fußballfern unterwegs. Muss an der Stadt liegen.

 

20.30 Uhr: Lobenswerte Geste des DFB. Daniel Nivel, der bei der WM 1998 von deutschen Hooligans ins Koma geprügelt wurde, ist heute DFB-Ehrengast.

20.25 Uhr: Kommentator Thomas gefällt es bei uns, allerdings behauptet er, Löw seien bei der Frage nach den „romantischen Verlierern“ mitnichten die Gesichtszüge entglitten wie in unseren Vorbemerkungen beschrieben. Wir haben das Video dazu noch mal rausgesucht. Urteilen Sie selbst! (ab etwa -4:20)

20.10 Uhr: Die Füchse von spox kennen mittlerweile die komplette deutsche Aufstellung.

20.05 Uhr: Sky-Uli weiß Bescheid. Hoffentlich müssen die Vier nicht alleine spielen.

 

20.01 Uhr: Ein paar Worte zum Gegner: Die Franzosen sind in den vergangenen Jahren eher durch präpubertäre Plänkeleien als durch sportliche Heldentaten aufgefallen. 2010 meuterten sie gegen ihren Trainer Domenech. Auch Laurent Blanc hatte seine Truppe zwei Jahre später nur bedingt um Griff. Es kam zu kleinen und größeren Meinungsverschiedenheiten im Team, Samir Nasri flippte nach der bedeutungslosen Vorrundenniederlage gegen Schweden aus und forderte einen Journalisten auf, sexuelle Handlungen an seiner Mutter zu vollziehen. Ein Spiel später, im Viertelfinale gegen Spanien, war Endstation.

Nasri ist nun nicht mehr dabei, dafür hat Didier Deschamps gesorgt. Der neue Trainer, den nur ein Schnurrbart vom perfekten Asterix-Double trennt, räumte auf und hatte bisher Erfolg. Er schaffte zwei Achtungserfolge, ausgerechnet gegen den Deutschland-Schreck Spanien (ein 1:1 in Madrid) und den Deutschland-Schreck Italien (2:1).

Vorbemerkungen:

 

Paris! Die Stadt der Liebe, des Existenzialismus, das Fest fürs Leben. Sehnsuchtsort aller Romantiker, Kunstliebhaber und japanischer Blitztouristen. Sehnsuchtsort eigentlich aller. Nur ein paar deutsche Fußballer scheinen der Metropole nichts abgewinnen zu können. Die Kleingeister bleiben lieber im öden München (Schweinsteiger), bröckeligen Rom (Klose) oder, oh weh, in Dortmund (Götze, Reus, Schmelzer). Dabei würde besonders den Jungspunden aus dem Pott ein wenig Hochkultur guttun.

Natürlich ist die Länderspiel-Absenz des Quintetts durch mehr oder weniger hartnäckige Verletzungen zu erklären. Vielleicht aber hat auch ein Blick in den Fußballkalender eine Rolle gespielt. Es startet ja nur das Nationalelf-Jahr 2013. Ein Jahr, in dem die DFB-Männer mal wieder keinen Titel gewinnen werden, einfach weil es keinen zu gewinnen gibt. Keine WM, keine EM, nur ein wenig Testgekicke und ein paar Qualispiele.

Der Bundestrainer Joachim Löw hat 2013 daher als „Jahr der Weiterentwicklung und Konzentration“ ausgerufen. Dabei wird in den kommenden Monaten am Spannendsten sein wie er selbst mit dem meist doch arg populistisch daherkommenden Argwohn ihm und seinem System gegenüber umgeht, mit dem er sich seit dem EM-Aus gegen Italien herumschlagen muss. Löw wirkte Ende des Jahres etwas angefasst, das groteske 4:4 gegen Schweden im Oktober half nicht gerade, die Debatte zu versachlichen. Ein französischer Journalist erdreistete sich am Dienstag sogar, den deutschen Team den Titel „romantische Verlierer“ zu verpassen. Löw entglitten kurzzeitig die Gesichtszüge.

Einer der sich auf das Nationalelf-Jahr 2013 freut wie die fabelhafte Amélie auf ihr nächstes Crème brûlée ist René Adler. Unser Kolumnist wird in Paris erstmals seit 2010 wieder im deutschen Tor stehen. Sein Konkurrent Manuel Neuer aus München gab sich prompt beleidigt und stichelte in Richtung des HSV-Torwarts („Ich habe seine Entwicklung nicht verfolgt, weil ich bei Bayern München spiele“). René Adler aber hat in den vergangenen drei Jahren zuviel erlebt, um sich auf solche Kindereien einzulassen. Er blieb cool und will einfach nur Frankreichs Bälle halten. Zudem hat er ja seit kurzem auch eine fesche, neue Brille und interessiert sich für Kunst. Ein Leipziger Bohemien, der perfekt nach Paris passt.

 

Holland – Deutschland 0:0

Endstand Holland–Deutschland 0:0 Ein Spiel mit Niveau: Man kann stundenlang darüber philosophieren, welche Halbzeit langweiliger war. Vor einem Jahr schlugen die Deutschen die Holländer 3:0, das war eine Ode an den Fußball (und hat vielleicht die Deutschen zu Träumereien verleitet). Heute hat man gemerkt, dass alle Spieler in Gedanken woanders waren. Testspiel halt. So vorsichtig sah man die Holländer selten, und die Deutschen waren aufgrund der Schwedengeschichte auf Defensive aus. Dat waaren 90 Minoeden Doorststrekk, Voetbal totaal langwijl.

Da hätte ich doch lieber das Buch von Zwanziger gelesen.

cb81 wirft ein: „Übrigens, Schweden führt 4:2 gegen England. Das Spiel hätte man stattdessen übertragen sollen.“
penpirate ergänzt: „Was bleibt zu tun? Die Bandenwerbung müsste dringend angepasst werden: Beruhigungs-, Blasen- und Nierentee, Heizdecken, Angorawickel. Und am Ende des Spiels müsste ein akustischer, aber nicht zuuu schriller Weckton erschallen.“

Hier noch eene andere Qaal:

Das Stenogramm der dpa:

Holland: Vermeer (Ajax Amsterdam/26 Jahre/1 Länderspiel) – van Rhijn (Ajax Amsterdam/21/5 – 46. de Vrij/Feyenoord Rotterdam/20/2), Heitinga (FC Everton/28/85 – 46. Janmaat/Feyenoord Rotterdam/23/3), Vlaar (Aston Villa/27/14), Bruno Martins Indi (Feyenoord Rotterdam/20/6) – Nigel de Jong (AC Mailand/27/67) – Afellay (FC Schalke 04/26/44 – 59. van Ginkel/Vitesse Arnheim/19/1), van der Vaart (Hamburger SV/29/103 – 72. Emanuelson/AC Mailand/26/17) – Schaken (Feyenoord Rotterdam/30/2), Kuyt (Fenerbahce Istanbul/32/92), Robben (Bayern München/28/63 – 46. Elia/Werder Bremen/25/28)

Deutschland: Neuer (Bayern München/26/36) – Höwedes (FC Schalke 04/24/10), Mertesacker (FC Arsenal/28/85), Hummels (Borussia Dortmund/23/23), Lahm (Bayern München/29/95) – Lars Bender (Bayer Leverkusen/23/11 – 82. Sven Bender/Borussia Dortmund/23/3), Gündogan (Borussia Dortmund/22/4) – Müller (Bayern München/23/38 – 87. Schürrle/Bayer Leverkusen/22/20), Holtby (FC Schalke 04/22/3 – 87. Neustädter/FC Schalke 04/24/1), Reus (Borussia Dortmund/23/14 – 90.+2 Draxler/FC Schalke 04/19/3) – Götze (Borussia Dortmund/20/20 – 72. Podolski/FC Arsenal/27/106)
Schiedsrichter: Proença (Portugal)
Zuschauer: 51.000
Gelbe Karten
: – / –
Beste Spieler
Bruno Martins Indi / Höwedes, Gündogan

***

87′ Debüt für Roman Neustädter, noch einen Schalker. Jetzt reichts aber.

84′Müller geht, Schürrle kommt, dem hätte Löw wirklich 2 Minuten mehr geben können. Oder wollte Löw Müller ärgern?

77′ Oopjepaas! Gefährlicher Schuss der Holländer, doch Manuel Neuer lässt seine Elf nicht im Hemde stehen.

 

69′ Übrigens, kein Deutscher aus dem Osten heute auf dem Feld. René Adler hat uns ja ein Kolumneninterview dazu gegeben und seine ostdeutsche Identität betont. („Meine Muttermilch ist aus dem Osten.“) Ihm war deutlich anzumerken, wie wichtig ihm das Thema ist. Ich hatte damit gerechnet, dass er mehr Widerspruch erhält. Aber der hielt sich in Grenzen. Bloß auf Facebook gab es ein paar Kommentare, die waren aber eher Frotzeleien. Etwa so: „Als Tormann muss man ein Fan der Mauer sein.“

64′ Ein Stürmer würde dem deutschen Spiel vielleicht gut tun. Doch Gomez ist noch verletzt und Klose hat den Snuppen.

55′ Puh, was ein Kick. Ich glaub, ich werd auch gleich krank.

46′ Weiter gehts! Wie hoffe, de tweete Halvzijt weerd niet so langzaam.

Print vs TV:

Aus gegebenem Anlass: der große Ernst Happel in der NDR-Talkshow im Mai 1987, kurz vor seinem Abschied aus Hamburg.

45′ Da war der Keeper schon geschlagen, doch Heitinga klärt Gündogans Schuss auf der Linie. Pause. Eine Halbzeit ohne Aufreger. Ich geh mal zum Tagesspiegel-Buffet.

Hier ein paar Takte Musik:

41′ Die DFB-Elf spielt ja heute ohne Neun. Die Herbstgrippe, Sie wissen schon. Schlimme Sache. Hatschi! Hat denn Löw ein Attest gefordert? „Das letzte Mal, dass sich neun Deutsche geweigert haben, aufs Spielfeld zu gehen, war die zweite Halbzeit gegen Schweden.“ (Harald Schmidt)

39′ De Reus kerkt et Ballje en ze Posten.

36′ Ein Augenzeuge berichtet: „Das Blasorchester, das offizielle für die Hymne, war hier. Das lassen sie jetzt leider nicht mehr spielen. Und im Fanblock haben sie hier wie drüben von Tuten und Blasen keine …“

Was ist denn Tuten?

30′ Arjen van Stolperen – Chance vertan. Wat e draama!

26′ Wat e scheen Passje von Gündogan op Höwedes!

20′ Erster Torschuss Oranje. Das Spiel hat ein sehr moderates Temperament. Ganz wohltuend nach den beiden Heißrednern Zwanziger & Roth.

9′ Die deutschen Schlachtenbummler singen das Weltmeister-Lied der Ach so Böhsen Onkelz, das ist eine Art Kreuzung aus den Toten Hosen und Ralph Siegel. Musikalisch geben uns also nur die Holländer Hoffnung. Ist das Blasorchester da?

4′ Spiel läuft, und ich bin jetzt auch da. Theo Zwanziger signiert im Foyer Bücher.

Im Stadion von Amsterdam twittert der Kollegen Steffen Dobbert:

 

Zwischenschub Theo Zwanzigers Buchvorstellung

19:58 Ende Teil 1 der Veranstaltung. Zwanziger ist weiter angriffslustig, verteidigt sich in allen Punkten, ist noch immer leicht reizbar. Inhaltlich wirkt er an einigen Stellen nicht überzeugend, vor allem in Sachen Fifa.

Teil 2 folgt nun: Fußballgucken in großer Runde.

19:50 Publikumsrunde. Erste Wortmeldung: ein weißhaariger Claqeur aus dem Berliner Fußballverband für Theo.

Dann eine gute Frage an Zwanziger, den angeblichen Präsidenten der Amateure: „Warum haben Sie als Präsident zugelassen, dass es sonntags, dem Tag der Amateure, Live-Spiele bei Sky gibt?“ Zwanziger antwortet, ohne etwas zu sagen.

Zwanziger erzählt, dass er sich mit einer Protestgruppe (gegen die Sonntagsspiele der Bundesliga) der Amateure im Jahr 2009 getroffen habe, um sich im gleichberechtigten Dialog auszutauschen. Ich hab mich damals mit Vertretern der Protestgruppe unterhalten. Reiner Grundmann (SC Schaffrath), einer von ihnen, stellt das anders dar:

Die Treffen mit Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Harald Stenger fanden insgesamt in angenehmer Atmosphäre statt. Doch inhaltlich sind wir uns nicht näher gekommen. Zwanziger könne uns verstehen, hat er gesagt, doch er hat den neuen Spielplan als alternativlos hingestellt. Der DFB habe auf die Entscheidung keinen Einfluss, und es gebe wirtschaftliche Zwänge. Außerdem flossen ja Millionen an die Amateure zurück. Doch was, frage ich mich, bleibt denn davon für den einzelnen Verein übrig?

Zwanziger hat zudem versucht, den Spieß umzukehren: Wenn wir nämlich unseren Protest durchsetzen würden, wären wir schuld daran, wenn Stars wie Franck Ribéry nicht mehr in der Bundesliga spielen würden. Selbst einen möglichen Niedergang der Nationalmannschaft wollte er uns anlasten. Das ist zu viel der Ehre für uns. Vor allem war es hanebüchen.

19:45 Jens Weinreich zu verklagen, sei ein Fehler gewesen, sagt Zwanziger. „Ich habe überdreht. Ich wollte juristisch vorgehen, ich hätte das kommunikativ lösen sollen. Inzwischen haben wir uns mehrfach getroffen und gemerkt, dass wir ganz gut miteinander können.“

Sein größter Fehler als DFB-Präsident sei die gescheiterte Vertragsverlängerung mit Joachim Löw vor etwa drei Jahren gewesen.

19:28 Zwanziger stellt sich wieder auf die Seite Joseph Blatters, der in Deutschland einen ungerechtfertigten schlechten Ruf habe. „Ich erlebe es in jeder Sitzung, dass Blatter den Reformprozess der Fifa vorantreibt.“ Zwanziger sagt auch: „Blatter ist ein starker Förderer des Frauenfußballs.“

Zwanziger spricht einen wahren Satz: „Manchmal leben wir in einer Scheinwelt.“ Damit will er beschreiben, wie einseitig die deutsche Öffentlichkeit Blatter angeblich verurteile. Ist er der einzig Sehende unter Blinden?

„Ich bin ein halber Privatmensch“, sagt der Fifa-Reformer Zwanziger.

Aufstellung Deutschland

 

19:20 Schätzungsweise 150 Gäste hier, darunter (noch mehr geschätzt) etwa 30 Journalisten. Vom DFB dabei: Horst Schmidt (DFB-Schatzmeister), Hans-Georg Moldenhauer (alias Kurt Straube, Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbands), Walter Desch (Präsident des Fußballverbands Rheinland-Pfalz).

19:10 Zwanziger wirkt sehr aufgewühlt, redet sich in Rage, schlägt einen missionarischen Ton für seine Politik an: soziales Engagement, Antirassismus, Kampf gegen Rechts. Schon mehrfach Applaus aus dem Publikum, ein Bravo-Ruf, aber auch Kopfschütteln und genervte Seufzer. Dem eindringlichen Zwanziger zuzuhören, kann schnell anstrengend werden.

Ide spricht die heiklen Punkte der Debatte an, hakt nach. Das ist keine Gute-Laune-Veranstaltung.

19:00 Auch Claudia Roth verteidigt Zwanziger. „Ich kenne Uli Hoeneß gut. Ich verstehe nicht, warum er sich so aufregt.“ Sie habe das Buch fast zu Ende gelesen, sagt sie. Zu mehr sei sie nicht gekommen, weil sie in den letzten Tagen noch mit anderen Dingen beschäftigt gewesen sei.

18:55 Der Sportchef des Tagesspiegels, Robert Ide, moderiert und konfrontiert Zwanziger mit den jüngsten Aussagen von Uli Hoeneß, Matthias Sammer und Wolfgang Niersbach. Zwanziger verteidigt engagiert sein Buch. „Ich lobe Hoeneß mehrheitlich, nur an wenigen Stellen kritisiere ich ihn.“ Dass das zu einer solchen Debatte geführt habe, sei auf selektives Zitieren zurückzuführen.

18:50 Claudia Roth, das Maskottchen die Umweltbeauftragte des DFB, ist auch da. Günter Netzer, der zugesagt hatte, hat abgesagt, er hat eine „diskursive Grippe“, sagt der Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt. Theo Zwanziger sagt, Netzer habe ihm per Fax abgesagt.

18:45 Tagesspiegel-Gebäude, Askanischer Platz, Berlin: Theo Zwanziger stellt sein Buch vor. Ich bin dabei, ein paar Eindrücke gibts hier im Blog.

Vorbemerkung zum Spiel

Der Bundestrainer hat ein paar schwere Momente hinter sich: EM-Aus, Schweden, der Kreditverlust bei vielen Fans. Sehen wir Jogi Löw wieder mal lachen? Heute ist nur ein Testspiel, zudem sind einige Spieler spontan erkrankt. Doch gegen Holland kann man immer was gewinnen (und verlieren), da kann man ein bisschen was gutmachen.

Frotzeleien lieferte er sich mit „King Louis“ van Gaal, dem Trainer der Holländer. Als Trainer braucht man Titel, sagte van Gaal in Richtung Löw. Als Trainer musst Du Dich für ein Turnier qualifizieren, entgegnete Löw. Van Gaal schied vor elf Jahren in der WM-Qualifikation aus und ermöglichte den deutschen Fans den Schmähsong „Ohne Holland fahrn wir zur WM“. So angriffslustig darf es heute gerne auch auf dem Platz zugehen.

Doch der 14. November 2012 ist vor allem deswegen ein denkwürdiger Tag, weil es der 20. Todestag von Ernst Happel ist. Um es mal deutlich untertrieben zu sagen: Happel war einer der bedeutendsten Trainer der Bundesliga-Geschichte. Mit dem HSV gewann er 1983 sensationellerweise den Europapokal der Landesmeister. Mit Holland wurde Happel 1978 Vize-Weltmeister.

Hier ein Clip einer seiner legendären Siege als Vereinstrainer, dem 4:3-Sieg nach 1:3-Rückstand in München, April 1982, der Grundlage für die folgende Meisterschaft des HSV:

Happel kommt kurz zwei Mal zu Wort – und verursachte jeweils lautes Lachen unter den Journalisten. Auch im Beitrag: Rainer Werner Fassbinder als Bayern-Fan und (ganz finster) der Hamburger Walther Leisler Kiep.

 

Deutschland – Schweden 4:4

Toni Kroos gegen Andreas Granqvist Foto: Boris Streubel/Getty Images
Toni Kroos gegen Andreas Granqvist Foto: Boris Streubel/Getty Images

Fazit

So, durchatmen, nachdenken, und mal ganz langsam. Spieler und Trainer waren nach diesem Spiel völlig ratlos. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, war am Häufigsten zu hören. Das trifft es. An dieses Spiel wird man sich noch lange erinnern, steht es doch für die zwei Seiten der derzeitigen Nationalelf. Für großartigen Fußball und für Kopflosigkeit, Verzagtheit. Nach 60 Minuten führte die DFB-Elf mit 4:0, spielte besser als je zuvor in diesem Jahr, berauschte, kombinierte, doppelpasste – ach, wie war das schön. Dann fiel das erste Gegentor, dann das Zweite und es ging dahin. Die deutsche Mannschaft bekam es mit der Angst zu tun, machte einfache Fehler, gewann keine Zweikämpfe mehr, fing das dritte Tor und in der Nachspielzeit fast folgerichtig den Ausgleich. Viermal schossen die Schweden aufs Tor, viermal trafen sie. Punktetechnisch tut das nicht weh, die Mannschaft wird sich sicher für Brasilien qualifizieren, dafür ist sie einfach zu gut. Aber das 4:4 wird die Charakterdiskussion wieder anheizen, so viel ist sicher.

Selbst der große Gary Lineker fühlt sich genötigt, seinen berühmten Satz zu modifizieren.

Schluss, vorbei, aus 4:0 ein 4:4. Ein Spiel, das in die Geschichtsbücher eingehen wird.

93. Minute Es kommt wie es kommen muss. Tor für Schweden. Rasmus Elm macht das 4:4. Kann völlig frei aus elf Metern abschließen. Und die deutsche Abwehr schaut zu, bevor sie verstört zu Boden sinkt. Ich glaub das nicht, ich kann nicht mehr.

88. Minute So schlimm steht es schon. Philipp Lahm bekommt eine Gelbe Karte wegen eines verzögert ausgeführten Einwurfes. Zittern nach einer 4:0-Führung. Wie absurd.

85. Minute Riesenchance für die Schweden. Neuer bekommt den Ball im Strafraum nicht zu fassen, Sana kommt frei zum Schuss, haut aber übers Tor. Glück.

83. Minute Die deutsche Elf scheint sich wieder zu fangen. Kroos schießt an den Außenpfosten, Özil trifft auf das Tor. Herr Bartels von der ARD weiß, dass eine deutsche Mannschaft noch nie einen Vier-Tore-Vorsprung hergegeben hat. Aber was ist in diesem DFB-Jahr schon normal?

76. Minute: Tor für Schweden, 4:3, kaum zu glauben. Boateng steht schlecht, Mertesacker eskortiert seinen Gegenspieler nur und Johan Elmander macht den Anschlusstreffer. Die werden doch nicht… Ich wollte ihn ja heute echt nicht bringen, aber jetzt geht es nicht anders: Alter Schwede!

71. Minuten Bei schwedischen Ecken geht es im deutschen Strafraum zu wie in der Villa Kunterbunt.

68. Minute Gerade wollte ich die große Eloge auf das deutsche Spiel schreiben, da fällt fast das dritte Gegentor innerhalb von vier Minuten. So etwas wäre einer alten deutschen Mannschaft nicht passiert. Die vier Tore davor allerdings auch nicht. Also alles kein Problem. Noch. Götze kommt.

64. Minute: Wieder Tor für Schweden, 4:2, Lustig, der Rechtsverteidiger. Alles sehr seltsam hier. Der zweite schwedische Torschuss dieser Halbzeit, das zweite Tor. Badstuber unterschützt einen langen Ball. Lustig trifft, Mikael, nicht Peter – Neuer kann gar nicht lachen.

62. Minute: Tor für Schweden, 4:1, natürlich Zlatan Ibrahimovic. Müller verliert den Ball im Mittelfeld, sah es wie ein Foul, und dann geht es schnell. Flanke aus dem Halbfeld, Ibrahimovic, bis dahin abwesend, köpft ihn rein. Das obligatorische Gegentor der deutschen Mannschaft. Reicht dann auch.

56. Minute: Tooor für Deutschland, 4:0, Mesut Özil. Die Schweden sind nun etwas aufgerückt, aber Deutschland kann auch kontern. Müller flankt auf Özil, der im Strafraum Zeit hat, sich den Ball runter zu nehmen, den Torwart zu fragen, in welche Ecke er den Ball haben will, um ihn dann neben den langen Pfosten zu setzen.

50. Minute Es geht dann mal weiter. Wieder beginnt die Hälfte mit einer Müller-Chance. Deutschland also bestimmt die Partie, Schweden sucht noch immer nach der Aufbauanleitung für das eigene Spiel. Und dann haben sie scheinbar auch noch die kleinen Inbusschlüssel aus ihren Möbelhäusern vergessen.

Lukas Podolski macht sich einen Spaß und drischt die Pausenbälle auf den kommentierenden Mehmet Scholl. Mario Gomez ist noch nicht dabei.

Halbzeit Ja, hallo! Die deutsche Elf macht da weiter, wo sie in Dublin vor allem in der zweiten Hälfte aufgehört hat. Sie spielt nach vorne, sie spielt schön, sie trifft. Ein großartiger Marco Reus bereitet Kloses Tore vor, dann trifft auch noch Per Mertesacker. Die Schweden etwa so brav wie Tommy und Annika. Kleiner Schönheitsfehler: Klose scheint vor dem 3:0 den Ball mit dem Arm berührt zu haben. Ausgerechnet heute. Wird ihm der Fair-Play-Preis gleich wieder weggenommen?

39. Minute: Da ist es! Tooor für Deutschland, 3:0, Per Mertesacker, was?, ja, Per Mertesacker! Der lange Ball kommt auf Müller, also Thomas, der legt ab und Mertesacker prügelt den Ball ins Netz. Sein zweites Länderspieltor im 84. Länderspiel. Ja hier ist ja was los! Trifft nachher noch der Busfahrer?

Der Kollege im Stadion ist reif für das nächste Tor.

32. Minute Schweden hat nun erkannt, dass sie so hier keinen Blumenkasten gewinnen, wenn sie so weitermachen. Sie greifen jetzt früh an, und schon muss die deutsche Abwehr den langen Ball auspacken. Nur Ibrahimovic presst nicht mit, kratzt sich lieber am Kopf.

25. Minute Und nun klärt Klose an der eigenen Eckfahne. Als Stürmer! Was passiert als nächstes? Özil grätscht? Badstuber verliert einen Zweikampf? Ballack wird eingewechselt?

23. Minute Die deutsche Mannschaft bislang fast fehlerlos. Sie spielt so gut, dass selbst Boateng sich in die Offensive einschaltet. Schon gegen Irland lungerte er öfters vorne am gegnerischen Strafraum rum. Er will sein ersten Länderspieltor.

15. Minute: Wieder Toooor für Deutschland, 2:0, wieder Miroslav Klose. Und was für eines. Reus-Kroos-Reus-Müller-Reus-Klose. Ein doppelter Doppelpass und dann wieder Reus‘ Rückpass auf Klose. Fußball wie aus dem Lehrbuch. Schweden staunt. Und nur noch ein Tor bis Gerd Müller.

12. Minute Schönes Zusammenspiel von Lahm und Reus da vor dem Tor. Wenn der Hoeneß-Uli das gesehen hat, muss ihm doch das Herz geblutet haben. Und dann trifft auch noch Klose, obwohl es gar nicht gegen Liechtenstein geht.

8. Minute: Tooor für Deutschland, 1:0, Miroslav Klose. Reus kommt völlig blank über links, spielt zum Elfmeterpunkt auf Klose. Der macht sein 66. Länderspieltor. Noch zwei bis Gerd Müller.

2. Minute Gleich einmal eine dicke Chance für das DFB-Team. Müller mit der Hacke an den Torwart, dann noch mal richtig an den Pfosten. Vorarbeit übrigens von Boateng.

Gedenkminute für Helmut Haller.

Unser Mann im Stadion ist Oliver Fritsch, und er scheint in guter Gesellschaft:

20.44 Uhr Gottseidank. Die Hymnen doch heute wieder von der üblichen Militärmusikkapelle. Keine Dudelsäcke, keine Alphörner, keine Schifferklaviere.

20.42 Uhr Nun wird Miroslav Klose geehrt. Er bekommt den Fair-Play-Preis dafür, dass er zugab, ein Tor mit der Hand erzielt zu haben. Was macht eigentlich Thierry Henry gerade?

20.37 Uhr Heute hat Mehmet Scholl Geburtstag. 42 Jahre alt, alles Gute! Aber ihr Löws, Lahms und Schweinsteigers! Falls Mehmet nach dem Spiel wieder etwas zu schlau daherredet, fragt ihn einfach, was da los war vor kurzem gegen den VfL Frohnlach.

20.15 Uhr Wer sich die Zeit bis zum Anpfiff etwas verkürzen will, kann etwas über den Gegner lesen, ein paar Schwedenhappen sozusagen:

Die 11 Freunde versuchen elf wissenwerte Dinge über Schweden zusammentragen, ohne Ikea zu sagen und scheitern schon im Untertitel.

Hier ein Stück aus der Frankfurter Rundschau über Zlatan Ibrahimovic, in dem sogar seine Rektorin zitiert wird: „„Er war der Prototyp eines Jungen, mit dem es böse endet. Er war einer der unruhigsten Schüler, die ich je hatte, einfach ein Krawallbruder.“

Es wird Ibrahimovic egal sein, solange sie weiter Lieder für ihn singen.

Auch ganz nett, wenn auch unschwedisch, das Interview heute mit Philipp Lahm in der Süddeutschen Zeitung (leider nicht online). Er sagt, die Mannschaft muss sich wieder an die Basis, die Spielkontrolle nämlich erinnern. Er sagt, die Stimmung im Team war schon mal besser als bei der EM und räumt aber mit dem Vorurteil auf, Dortmunder und Bayern könnten sich nicht riechen. „Bayern- und Dortmund-Spieler sitzen hier sogar gemeinsam am Katzen Kartentisch.“

Noch ohne Karte? Gibt noch Tickets, twittert der DFB. Wer in Berlin-Charlottenburg wohnt, schafft es auch noch bis zum Anpfiff um 20.45 Uhr.

20.03 Uhr So wollen sie spielen. Deutschland: Neuer – Lahm, Badstuber, Mertesacker, Boateng – Schweinsteiger, Kroos – Reus, Özil, Müller – Klose

Schweden: Isaksson, Lustig, Olsson, Granqvist, Elm, Larsson, Ibrahimovic, Elmander, Wernblom, Safari, Holmen

#19.50 Uhr Kleiner Exkurs in die Welt der Jüngeren: Die U21 hat gerade in der Schweiz 3:1 gewonnen und sich damit für die EM 2013 in Israel qualifiziert. Die Torschützen: Lewis Holtby (8.), Lasse Sobiech (20.) und Sebastian Polter (45.).

Vorbemerkungen:

Zum ersten Mal seit dem Märchensommer 2006, residiert die Nationalelf wieder im Grunewald, Schlosshotel, Brahmsstraße. Damals herrschte im noblen Südwesten Berlins Ausnahmezustand, in diesen Tag verirren sich nur ein paar Fans in die Gegend, wie der Tagesspiegel zu berichten weiß. Es hat sich eben einiges geändert in den vergangenen sechs Jahren. Nicht nur personell, damals war Joachim Löw ja nur zweiter Mann hinter dem Motivatorentrainer Jürgen Klinsmann.

Wunderschönen Fußball hat die Mannschaft in der Zwischenzeit gespielt, blieb in den drei Turnieren unter Löw aber stets ohne Titel. In Brasilien 2014 folgt der nächste Anlauf, vielleicht ja sogar Joachim Löw letzter? Es wurde viel geredet und geschrieben in den vergangenen Wochen über die Nationalelf. Jeder durfte mal, und wenn Beobachter über eine eventuelle Amtsmüdigkeit des Bundestrainers schrieben, dann konnte man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass Löw spätestens amtsmüde werden musste, wenn er alle Aussagen und Berichte gelesen hat.

Es wird also Zeit für Fußball. Gegen Irland ging es ja nach den dürftigen Auftritten gegen Färöer und Österreich wieder aufwärts. Auch wenn die Iren spielten wie Guinessglas leer. Nun also geht es gegen Schweden (Anpfiff: 20.45 Uhr), ein Team, dass schon nach der EM-Vorrunde nach Hause fahren musste. Es gibt einen neuen Trainer, Erik Hamren, und die alten fußballerischen Probleme. Die Siege gegen Kasachstan (2:0) und Färöer (2:1) waren ein ziemliches Gewürge. Ihre Hoffnungen ruhen auf der vielleicht letzten Diva des Weltfußballers, dem Hochbegabten Zlatan Ibrahimovic. Laut Süddeutscher Zeitung ähnelt er dem Italiener Mario Balotelli. Was insbesondere für den deutschen Kapitän Philipp Lahm keine gute Nachricht sein dürfte.

 

Irland – Deutschland 1:6

Endstand 1:6 (0:2) Ein hoher Sieg, ein dröger Sieg der deutschen Nationalmannschaft in Dublin. Denn die Iren waren so unterlegen wie die Deutschen es im Gaelic Football gewesen wären. Oder im Guiness-Heben. Mit dem 0:1 war das Spiel eigentlich entschieden. Die Iren verteidigten einfach weiter, aber eben halt nicht gut.

Die Deutschen mussten für ihre Tore gar nicht viel tun. Ein bisschen den Ball laufen lassen, ein bisschen quer, vielleicht mal aufs Tor schießen. Und schon gabs wieder Anstoß.

Viele Chancen, die nicht in Tore mündeten, gab es übrigens nicht. Die Torschussstatistik: 4:8. Aus meiner Sicht ist ein 1:6 ein wenig zu hoch. Es fühlte sich eher an wie ein 0:3. Aber es gibt auch nichts zu meckern, und vielleicht lasse ich mich in meinem Urteil von Sympathien für die Iren leiten. Aber Mitleid bringt ihnen ja auch nichts. Die DFB-Elf jetzt mit 9 Punkten aus drei Spielen (die Highlights des Spiels im Video).

Joachim Löw wirkt im ZDF-Studio sehr, sehr missmutig. Man hatte jetzt auch nicht den Eindruck, dass zwischen ihm und Marcel Schmelzer alles ausgeräumt ist. Oder: dass sich Löw nicht allzu große Mühe gibt, das Problem zu beheben.

Dafür ist Oliver Kahn heute galant wie nie.

Trapattoni spricht von einem „verdienten Sieg“ für Deutschland. Mit einem solch hohen Sieg war gegen die Elf des Defensivgurus aber nicht zu rechnen. Nein? Denkste!

Jedenfalls war das eine würdige Kondolenz für Helmut Haller. Ein letzter Gruß (ich könnts mal wieder bügeln):

Vintage
Vintage

92′ Tor für Irland 1:6 Keogh Das Tor kommt wohl zu spät für die Iren.

91′ Neuer ist so herzlos.

82′ Tor für Deutschland 0:6 Kroos Fernschuss. Und von der deutschen Bank springt keiner auf!

79′ Schuss Boateng, erste deutsche Chance, aus der kein Tor entstand.

78′ Eschenholz, Fußballsport (Réthy)

70′ Es wär ja schade, wenn sich die Iren nicht für Brasilien qualifizieren würden. Schon wegen der Fans, die in Polen zur Völkerverständigung beigetragen haben.

Hätte man nicht Irlands Fans den Friedensnobelpreis zuerkennen können?

Schürrle, Podolski rein. Reus, Klose raus.

61′ Tor für Deutschland 0:5 Kroos Ein Rebound von Toni Kroos vom 16er. Jetzt wirds hart für Trap.

Die Iren trampeln im engen Kreis, wie Gefangene im Hof, sie schaun betrübt.

58′ Tor für Deutschland 0:4 Klose Pässchen Schweinsteiger, Klose schob so sanft, so sanft wie möglich. Klose 65, noch 3 bis Gerd Müller.

55′ Tor für Deutschland 0:3 Özil Foulelfmeter Beinschere gegen Klose. Unnötig. Özil kühl wie Balotelli.

50′ Erste Aktion Kroos: steht beim Reus-Schuss im Weg.

Das 0:1 im Video
Und das 0:2

46′ Zweite Halbzeit fängt an. Wir begehen sie wie die erste, in Gedenken an Haller:

Kroos für Khedira (verletzt?)

Halbzeit 0:2 Zwei Chancen, zwei Tore durch den Hänfling Reus. Deutschland dominiert, hat aber kaum Zug zum Tor. Die Iren können sich selten aus der Umklammerung lösen. Viel mehr gibt es nicht zu sagen. Noch zwei Tore bis zu den Fields of Athenry.

Höhepunkt I: Béla Réthy imitiert Poldi.
Höhepunkt II: „Die Iren spielen mit zwei Fünfer-Reihen, dazwischen bewegt sich Walters.“ (User blauboff hat mitgezählt)

40′ Tor für Deutschland 0:2 Reus Erst mit rechts, jetzt mit links. Reus nutzt seinen Raum, dringt in den Strafraum ein und zieht, verdeckt für den Tormann, ins lange Eck.

37′ Reus hat grad so seinen Trouble mit Elfern. Er wurde von O’Shea schon gehalten. Schwalbe? Den von letzter Woche in Hannover fand ich aber klarer. Aber ich bin ja nur ein Blogger.

30′ Tor für Deutschland 0:1 Reus Reus-Time. Erst Gelb wegen angeblicher Schwalbe, dann pfeift das Publikum, doch Reus kontert mit einem Schuss aus dem grün-weißen Dickicht um den irischen Fünfer.

Und Béla Réthy hat’s prophezeit: „Es gibt Spieler, die werden von Pfiffen motiviert.“

24′ Bislang sehr dürftig. Deutschland noch ohne Torschuss. Die Iren stehen inzwischen hinten. Sehr langsames Spiel.

18′Die SZ hat sich umgehört, wie die EM der Iren gelaufen ist: „Hinter vorgehaltener berichten Reporter, dass der eine oder andere Fußballer während des Turniers Trost am Tresen suchte.“ Trost am Tresen – wäre auch ein guter Titel für die Gesammelten Werke von Gunter Gabriel.

10′ Die Iren offensiver als erwartet. Das ist gar kein Trapattonifußball. Im Juni trafen wir in der Danziger Werft ein paar irische Fans. Da fiel der Satz: „Trapattoni ist der Einstein des Fußballs.“ Sie mögen ihn halt:

20:46 Fiese Verwirrungstaktik der Iren: die deutsche Hymne mit dem Dudelsack. Es gibt elegantere Instrumente, auch pathetischere. Wie sollen unsere Jungs denn da mitsingen?

Das gibt im Rückspiel Rache.

20:40 Deutschland trägt Trauerflor. Gestern starb Helmut Haller. Fünf Tore schoss er bei der WM 66. „Gol! Gol! Haller! Mehr muss ich ja nicht sagen“, rief Rudi Michel im Finale, als Haller das 1:0 schoss. Nach Erhard Wunderlich beklagt Augsburg den zweiten Tod eines Sportstars innerhalb einer Woche.

20:33 Oliver Kahn wünscht sich mehr Gelassenheit, führt an, dass sich zur Nationalmannschaft zu viele zu Wort melden.

Im Stadion in Dublin ist der Kollege Christian Spiller:

Aufstellungen

Irland Westwood – Coleman, O’Shea, O’Dea, Ward – McCarthy, Andrews, Fahey – Cox, McGeady – Walters

Deutschland Neuer – Boateng, Mertesacker, Badstuber, Schmelzer – Khedira, Schweinsteiger – Müller, Özil, Reus – Klose

Vorbemerkung

Wichtiges Spiel heute, denn es ist WM-Quali. Doch, Hand aufs Herz, wer hat Lust auf die deutsche Nationalmannschaft? Das macht zurzeit nicht so viel Spaß wie … ja wie wann eigentlich? Die Niederlage gegen Italien wird Joachim Löw noch lange in seinen taillierten Hemden stecken. Und die Mannschaft bequemte sich jüngst zu einem duseldeitschn 2:1-Sieg in Wien.

Heute heißt der Gegner Irland, sympathisch aber ihr Spiel ist nicht frei von Biederkeit. Bei der EM hinterließen die Iren einen starken Eindruck, allerdings nur die Fans. Wer erinnert sich nicht an das siebenminütigen „Fields of Athenry“. Die Iren lagen aussichtslos 0:4 gegen Spanien zurück, schieden somit aus, da erhob sich eine grüne Wand und stimmte das irische Volkslied an:

Zweifellos der ergreifendste Moment dieses Turniers. Ich war im Stadion, man konnte nach Abpfiff in den Gesichtern der Spanier ablesen, wie beeindruckt und um Fassung ringend sie von dem vieltausendkehligen Chor waren, vielleicht auch weil sie spürten, dass er zur Ehre des Siegers gereichen sollte. Auch der Trainer del Bosque rühmte vor Journalisten die Iren: „Das ist das, was Fußball ausmacht.“

Auch erzählenswert ist das, was man über John Delaney, den Präsidenten des Irischen Fußballverbands (FAI), von Raphael Honigstein im Tagesspiegel von heute liest.

Beliebt wurde er mit einem denkbar simplen wie genialen Trick: Er spendiert den Fans bei jeder Gelegenheit Freibier. Als Irlands EM-Qualifikationsspiel in der Slowakei von Bratislava nach Zilina verlegt wurde, zahlte die FAI 800 mitgereisten Fans die Zugreise und ließ für 5000 Euro Alkohol verteilen. Delaney selbst feierte fröhlich mit und torkelte auch einen Tag nach der EM-Niederlage gegen Kroatien im Juni umringt von Sympathisanten über den Marktplatz von Sopot – um halb vier Uhr morgens. Er hatte für gut zwei Dutzend Iren die Getränkerechnung übernommen, zum Dank hievten die Fans ihn in die Höhe und zogen ihm die Schuhe aus. Einer trank sogar Bier aus den Tretern.

Die SZ druckt den gleichen Text. Dort sind die Treter aber Budapester. Wir können nur mutmaßen, warum die Berliner Kollegen an dieser Stelle nicht so konkret wurden wie die aus München. Sind denn Budapester in Berlin nicht bekannt, trägt man in der Hauptstadt nur Mauken von Quickschuh und Deichkind?

 

Knapper Sieg für die Duseldeitschn

Fazit Zweites Spiel, zweiter Sieg für die Piefkes vom DFB-Team. Ein sehr knapper Sieg für die Duseldeitschn. Wieder 2:1 in Wien, wie im Vorjahr verliert die bessere Mannschaft. Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit?

Die Österreicher waren stark erwartet worden, aber dass sie so überlegen sein sollten, wie sie das zwischenzeitlich waren – das hat uns alle überrascht. Doch die Wuchtel wollte nur ein Mal ins deutsche Türl. Herrschaftn, da kamma nix machen, was sollma machen? Die Deutschen mit einem Badkickerl, aber sie machten aus einer Chance zwei Tore – die Herren Reus und Özil, was habts Euch dabei gedacht? Unverschämt, Ihr sollts jetzt schnell Meta mochn.

Tobias bringt das Fachliche auf den Punkt: „An und für sich hätte Deutschland die Partie locker herunterspielen können. Österreich mit viel Leidenschaft, aber auch wenig Genauigkeit im Spiel nach vorne, zumal im Sturmzentrum die Anspielstation fehlte. Dass wir alle nägelkauend an den Fernsehern saßen, haben wir den deutschen Außenverteidigern zu ‚verdanken‘. Lahm und Schmelzer spielten unglücklich, was Löws Philosophie nicht zugutekam – er forderte vor der EM, dass Abwehrspieler Situationen im Eins gegen Eins, ohne Doppeln, lösen sollten. Arnautovic sagte Danke und leitete das 1:2 ein, am Ende fehlte nach dem anstrengenden Pressing der ersten Hälfte aber die Kraft.

Fazit: Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Ballesterer jagen 90 Minuten lang einem Bämmerl nach, und am Ende gewinnen die Piefkes.“

Wir geben den Usern das Wort:

penpirate: „In der Pflichtnote mal wieder ein glatter Punktsieg, in der Kür … da schweigt man lieber.“
reineke: „So schauts aus: Der Gegner spielt, Deutschland gewinnt.“
Stefan Röxeisen: „Tja, glücklicher Sieg für Deutschland. Wie wawerka schon geschrieben hat, alles wie immer.“
die tafelrunde: „Das mit Abstand schlechteste Spiel der Deutschen seit gefühlten Ewigkeiten!“
@BlueFoxAtTheSea: „Wer war noch einmal dieser Felix Austria? Scheint mir eine völlig unbekannte Größe zu sein.“

Und dann noch Marko Arnautovic: „Ich will mich entschuldigen beim ganzen Land. Es war mein Fehler. Ich muss den Ball reinmachen. Scheiße.“

Noch ein wichtiges Lemma aus dem Fußballuniversallexikon:
Steirergoal: ein durch Torwartfehler verursachtes Tor, auch als Eiergoal bezeichnet (österr.)

Analyse Joachim Löw: „Wir hatten in offensiven Aktionen nicht die Klarheit. Wenn man den Ball im offensiven Mittelfeld den Ball verliert, hat der Gegner die Räume. Wir haben das nicht gut gelöst. Wenn man den Ball im offensiven Mittelfeld verliert, hat der Gegner die Räume. Wir haben das nicht gut gelöst.“ In den vergangenen Jahren habe das Trainerteam versucht, Spielzüge und Kombinationen einzutrainieren. Nun sei es an der Zeit, mehr Fokus auf defensive Mechanismen und das Pressing zu legen.

Revolution im deutschen Fernsehen: ein Fieldreporter, der nachhakt.

Jö schau! Herrschaftn, genehmigts Euch noch ein Viertel im Hawelka!

87′ Einszuzwei noch. Bittschön aufpassn, Herrschaftn! Jetzt noch an Häusl, und dann … aber der Arnautovic tut uns net den Gfalln. Wenn es nicht geht, da kamma halt nix machen undsoweiter undsoweiter. Und wir wolln auf alle Fälle die Gerechtigkeit, die Gerechtigkeit, wo gibts die schon, aber wir hoffen noch, denn. Na fürchterlich, Gotteswilln.

77′ Wer mag mal zappen? In der ARD spielen die Deutschen von rechts nach links, im ORF umgekehrt. 1:2 stehts bei beiden. User Stefan Röxeisen fügt hinzu: „Kommentar beim ORF ist amüsanter.“

72′ Ja, Herr Lahm, werns narrisch? Da können Sie sich bei Neuer bedanken. Christian ergänzt: „Gottogott, das mit dem zweiten Lahm nehm‘ ich zurück.“

70′ Ein Frotzler von Christian: „Österreich wieder über rechts. Löw wird völlig irre da draußen. Glaube, der würde seine ganze Nivea-Kollektion für einen zweiten Lahm geben.“

A geh, was an Schmäh.

63′ Ein Hinweis von Christian: „Der Spieler, nach dessen Aktionen sich Löw am häufigsten bedrohlich neben der Seitenauslinie aufbaut: Marcel Schmelzer.“ Gegen Arnautovic sah Schmelzer vor drei Wochen in der Bundesliga schon kein Leiberl.

57′ Tor für Österreich 1:2 Junuzovic Arnautovic streichelt das Balli, dann Stanglpass, Junuzovic hält den Fuß hin, also schöner kammas gar net machen, da da da – da fehln mir die Worte, da müsst ich ein Dichter sein. Und die deutsche Abwehr schaut bleed aus der Wäschn.

Tobias erläutert: „Seit Spielbeginn bleibt Arnautovic auf rechts weit vorne und spekuliert auf Eins-gegen-Eins-Situationen. Nach knapp einer Stunde geht die Rechnung auf, Schmelzer lässt sich düpieren.“

@fussballwurst twittert: „Österreich mit dem Anschluss“ (Hüstel)

55′ Abseitstor Götze nach Pass von Özil – die beste deutsche Aktion bislang. Deutsche Fans singen: „In Europa kennt euch keine Sau!“

51′ Tor für Deutschland Özil 0:2 Kavlak, wos mochst’n? Foult den Müller. Und der Özil mit dem Penalty.

Christian meldet: „Es ist jetzt sehr still in Wien.“

46′ Reus muss raus. Götze rein, noch so an Primgeiger bei die Deitschn.

Halbzeit 0:1 Die Deutschen schienen nicht mehr als ein Jausengegner für die rot-weißen Burschlis. Aber das Fetzenlaberl wollte nicht zwischen die Stangen. Nur auf der Gegenseite. Ists zu fassen? Auf Facebook meckert ein Semperer: „A Glück habt’s, liebe deutsche Freunde. Sagenhaft unverdient.“

Christian schreibt dazu: „Wir sind uns auch einig, dass man diesen Ball halten kann, wenn man nicht gerade Ersatztorwart von Fortuna Düsseldorf ist, nicht wahr?“

Tobias analysiert: „Das Wahnsinnstempo, was die Österreicher mit ihrem Pressing vorlegten, können sie (naturgemäß) nicht halten. Dennoch kommt die DFB-Elf selten durch. Offensiv fehlt die Bewegung völlig. Niemand, der sich in die (durchaus vorhandenen) Räume zwischen den gegnerischen Viererketten wagt.“

Des is die Muada der unverdienten Führung.

User wawerka urteilt gnadenlos: „Naja, bitte, es geht doch….ein bisserl mitspielen lassen und dann erbarmungslos zuschlagen. Einen Stürmer, der Pässe spielen kann wie Klose, den haben die Österreicher nicht und einen, der die Dinger so kühl versenkt wie Reus, den ebenfalls nicht. Hier paart sich Löws Schule der schönen (Fußball-)künste mit altdeutschem Dusel und schon ist der Erfolg garantiert. Bei diesem Ergebnis darf es gerne bleiben, ist ja schon seit 1982 ein gerngesehenes Result zwischen Deutschland und Österreich. Da können die Deutschen danach generös über ein „ganz schweres Spiel auf Augenhöhe“ faseln und die Ösis sich im Selbstmitleid suhlen („Soooo knapp war mer dran!“)…und alles ist wie immer.“

Also, liebe Leutln, bittschön reißts euch zsam!

44′ Tor für Deutschland 0:1 Marco Reus Klose Assist, Reus spielt einen aus, sein Weg zum Tor ist nicht mehr weit. Christian twittert: „Marco Reus, von dem bis dahin außer seinem Hahnenkamm aber mal gar nichts zu sehen war. Österreich kratzt sich am Kopf.“

36′ Österreich lässt die Wuchtel viel besser durch die Reihen laufen, nun mit doppelt so vielen Torschüssen wie die Deutschen. Harnik eben mit einem Wuzzlertrick: Neuers Schuss blocken.

31′ Aus Anlass des 67. Geburtstags unserer Majestät, des Hochehrwürdigen Kaisers – Mats Hummels mit einem Franz-Beckenbauer-Gedächtnis-Dribbling.

27′ A Schwalberl vom Harnikburschli

25′ Ein Edi-Finger-Gedächtnis-Zitat: „Die Deutschen sind nervös, und im Augenblick drücken die Österreicher unheimlich aufs Tempo. Und jetzt brauch ma a bißl a Maß noch, denn es geht jetzt um Sein oder Nichtsein.“

14′ Welt! Ein Fallrückzieher von Junuzovic aus der eigenen Hälfte als Pass. „Die deutsche Mannschaft lässt sich von der Stimmung hier beeindrucken“, twittert Christian. „Ist aber auch laut. Da fliegt glatt der Käse aus den Krainern.“

Tobias: „Das Duo Kroos-Khedira hat einen Nachteil: Eigentlich sind beide gewohnt, die schematisch höhere Rolle in einer Viererkette zu spielen. Bisher war dies deutlich zu spüren, die Absicherung des Raums vor der Viererkette ist nicht gegeben. Gepaart mit ungewohnten Abspielfehlern von Lahm & Co. ergibt das ein optisches Übergewicht für den Außenseiter.“

Jogi, lies mit!

Aber unser Trainer hat die Ruhe weg. Die Twitter-Userin @EinAugenschmaus, bekannt als Lippenleserin, meldet: „Jogi beim Trinken:“Vorne bleiben, vorne bleiben.“ Dann zu Hansi Flick:“Das klappt schon …““

12′ Chance für Harnik, schon sein dritter Torschuss.

11′ Ein Zeugma von Christian: „Der Ball fällt Müller vor die Füße, aber dem nichts ein.“

10′ O-Ton Österreich: „Wer nicht hüpft, der ist ein Piefke!“ Pfff …

7′ Eine Schnellanalyse von Tobias: „Marcel Koller stammt aus der Schweizer Schule, genau wie Löws Taktik-Souffleur Urs Siegenthaler. Nach Österreich hat der ehemalige Coach von Köln und Bochum das Pressing und die hohe Viererkette gebracht – genau wie Löw und Siegenthaler einst nach Deutschland. Die Viererkette der ÖFB-Elf steht weit vorne, Harnik und Ivanschitz stören vorne früh.“

Also nix mehr mit Scheiberlnfußball, wenn ich das richtig verstehe.

4′ Chance für Österreich: Khedira Hummels, Hummels spielt auf Abseits, Harnik frei durch, probierts mit einem Schupferl, doch Badstuber rettet, rettet.

20:34 Erster Grantler von Tobias: „Als Scholl gerade geredet hat, sind mir spontan vier Artikel-Ideen eingefallen, um ihm zu widersprechen.“

Christian: „Dass man auch immer wieder den größten Balljungen vor Philipp Lahm stellt …“

Die Österreicher spielen die Musik aus der Bonduelle-Werbung:

Und der Text der deutschen Hymne wurde eben mal in „Fair Play, Fair Play“ umgedichtet.

Aufstellung

Österreich Almer – Garics,  Prödl, Pogatetz, Fuchs –  Baumgartlinger, Kavlak – Junuzovic, Ivanschitz, Arnautovic – Harnik
Deutschland Neuer – Lahm, Badstuber, Hummels, Schmelzer – Khedira, Kroos – Müller, Özil, Reus – Klose

Sandalen
Ein Tweet von Herrn Spiller: "Wo wir schon bei Klischees sind. So wirbt das ORF für das Spiel"

 

 

 

 

 

 

 

Vorbemerkung

Nach dem 3:0-Sieg gegen Färöer steht Deutschland mit einem Bein in Brasilien. Was kann jetzt noch passieren? Zumal der nächste Fußballzwerg auf dem Plan steht: Österreich.

Das ist natürlich ein Witz das mit Brasilien, so würde nicht mal Franz-Josef Wagner bloggen. Joachim Löw jedenfalls erwartet heute ein Duell „auf Augenhöhe“, der neuen Modemetapher im Fußball. Für die Gastgeber treten viele Bundesliga-Spieler an, etwa Martin Harnik, Emanuel Pogatetz und Christian Fuchs. Angeleitet von einem ehemaligen Bundesligatrainer, Marcel Koller.

Doch Koller ist Schweizer, das weckt den Argwohn manches österreichischen Veteranen, die den Job gerne selbst übernommen hätten. Toni Polster nennt es eine „unglückliche Entscheidung“ (Spiegel), weil Koller Ausländer, aber kein „Kapazunder“ sei, also keine Kapazität. Zudem hat Koller zwar Bundesliga trainiert, aber halt Köln und Bochum, das klingt auch nicht in österreichischen Ohren nach großer Fußballwelt.

Die Deutschen hingegen haben derzeit Probleme, das Tor zu treffen. Die Chancenverwertung wurde jedenfalls als größter Mangel ausgemacht, auch im Rückblick auf die EM. Selbsts den Färinger Keeper schossen sie zum Helden. Setzt Löw auch noch einen von zwei Torschützen auf die Bank, kommt für Mario Götze Toni Kroos? Hier gibt es eine Taktikvorschau aus Österreich.

Christian Spiller ist unser Mann in Wien, zwitschernd. Ab 20.15 Uhr bloggen wir, Oliver Fritsch und Tobias Escher, von Berlin aus live. Seien Sie dabei, diskutieren Sie mit!

 

Deutschland – Argentinien 1:3

Endstand 1:3 Trotz einer Niederlage, die zwischenzeitlich sogar höher auszufallen schien, gab es Applaus für die Mannschaft. Es war aber auch ein Spiel, über das das Ergebnis wenig sagt. Denn die Deutschen spielten gut, Reus, Klose, später Schürrle und Götze harmonierten, kombinierten. Aber Hummels verletzt, Rote Karte und Eigentor – das war zu viel aus der Rubrik „Blöd gelaufen“, um gegen Argentinien zu bestehen.

Das Frankfurter Publikum fühlte sich jedenfalls bestens unterhalten. Gutes Zeichen: Wir leben nicht in einer Ergebnisdiktatur. Und: Die Fans stehen hinter Mannschaft – und Trainer. Das war ja vorher nicht völlig klar. Das Spiel war ja eine Art Stimmungstest nach dem enttäuschenden, ernüchternden Aus gegen Italien.

Tobias Escher analysiert abschließend: „Bis zur Roten Karte war Deutschland im Pressing gut und kombinationsstark. Nach dem unglücklichen Rückstand musste das deutsche Mittelfeld weiter aufrücken, um mehr Druck zu ermöglichen. Argentinien hatte dadurch viele Freiräume im Zentrum, sobald sie die erste deutsche Verteidigungslinie umspielten. Diese Räume nutzen sie zu öffnenden Pässen nach Außen und in die Spitze. Kurz vor Schluss kam wieder Belebung ins deutsche Spiel, Reus wusste in der Rolle als ‚falscher 9er‘ zu gefallen. Fazit: Ein Muster ohne Wert. Wer auch immer sich diesen Satz ausgedacht hat, wird ein Spiel wie dieses im Kopf gehabt haben.“

Wie ich höre, gehen die Agenturen und Oliver Kahn mit der Mannschaft hart ins Gericht. Das sehen wir nicht so. Aus diesem Spiel kann man wenig gegen Löw ableiten. Aber meine Skepsis bleibt, Stichwort Italien, eitle Aufstellung. Da hatte sich Löw über das Spiel erhoben. Er hat nun zwei Jahre Zeit zu zeigen, dass er daraus gelernt hat.

Gutes Omen? Mit einem 1:3 gegen Argentinien begann 1984 der Teamchef.

90′ Ein Flitzer, nicht nackt, spaziert aufs Feld, macht High Five mit Messi und geht wieder. Cool! Sehr entspannte Reaktion der Security, die ihn gar nicht stört, sondern abklatscht.

82′ Tor für Deutschland 1:3 Höwedes Das schönste Tor des Abends. Götze findet zwischen sechs Abwehrspielern die einzige Anspielmöglichkeit: einen hohen Grundlinienrückpass auf Höwedes, der mit einem Flugkopfball vollendet. Erinnert mich an das 1:0 von Silva im EM-Finale, nur besser.

So schön, dass der Stadionsprecher das Tor wohl nur Götze zutraut, denn den nennt er. Muss sich dann kleinlaut entschuldigen.

Tobias Escher meldet: „Götze, Reus und Schürrle harmonieren gut. Auch ohne echten Stürmer ist die Spitze immer besetzt, die drei wechseln sich ab und rochieren viel.“

79′ Das Publikum ist sehr gnädig, wenn auch deutlich leiser nun. Messi fast mit dem 0:4. Ab welchem Ergebnis kippt die Stimmung?

Tor für Argentinien 0:3 di Maria Das waren mal über 30 Meter. Zu überraschend für ter Stegen. Die Abendzeitung aus München meldet: „Das hat Stenger nicht verdient.“

Götze für Bender. Letzter Wechsel.

70′ Özil und Khedira raus, Kroos und Gündogan rein. Nur Götze sitzt noch. Hm, aber Löw wird ihn doch hoffentlich noch bringen, oder? Götze war ja bei der EM ziemlich stinkig.

Das Publikum geht nach wie vor gut mit, vor allem Schürrle bekommt viel Applaus. Keine Spur von Enttäuschung trotz 0:2.

68′ Zwei sehr gute Aktionen von Schürrle: Pass auf Höwedes, Schuss aus 25 Metern.

65′ Messi erweist sich als guter Gast. Anschließend Dialog mit ter Stegen, inklusive Gesten. Muss nachher mal fragen, worum es ging.

62′ Schürrle für Klose. Reus orientiert sich nach vorne. Der älteste deutsche Spieler auf dem Feld ist nun Khedira mit 25 Jahren.

Tobias Escher: „Undanbkares Spiel. Die DFB-Elf liegt hinten, muss mehr Spieler nach vorne bringen, ist aber ohnehin in Unterzahl. Dadurch hinten Lücken.“

55′ Khedira fehlt heute das Feintuning.

52′ Tor für Argentinien 0:2 Messi Higuain mit Grundlinienrückpass auf Messi, der aus zwölf Metern einschiebt. Boateng nicht ganz auf der Höhe.

Tobias Escher mailt: „Messis Körperspannung beim Schuss ist seine größte Stärke. Dazu hat er seinen Kopf immer oben und schaut, welche Ecke vom Torhüter nicht abgedeckt wird.

Version #2 Escher: „Messis Körperspannung beim Schuss macht ihn so torgefährlich. Dazu hat er seinen Kopf immer oben und schaut, welche Ecke vom Torhüter nicht abgedeckt wird.“

Version #3 Escher: „Messi hat eine unglaubliche Körperspannung, egal ob er dribbelt, passt oder schießt. Dazu hat er seinen Kopf beim Torschuss immer oben und schaut, welche Ecke vom Torhüter nicht abgedeckt wird.“

Ist mir wichtig, alle Varianten zu überliefern. Für die historisch-kritische Ausgabe.

49′ Pfostentreffer, Abseitstor – das Spielglück ist nicht auf deutscher Seite. Dafür aber die Zuschauer, die die Klatschpappen längst zur Seite gelegt haben. Ist aber auch aufregend.

Halbzeit 0:1 Mehr passiert als gedacht. Vor allem aus der Rubrik „Dumm gelaufen“.

Tobias Escher skypet mir: „Deutschland agiert zu Spielbeginn flüssig und schnell. In der Offensive wird rochiert, Klose und Özil stören früh. Erst als sich Deutschland etwas weiter zurückzieht, findet Argentinien zum Kombinationsfluss. Eine Rote Karte und ein gehaltener Elfmeter später muss Deutschland auf 4-4-1 umstellen und tiefer stehen.“

Ich denke, ich profitiere sehr von der Unterstützung unseres Taktikexperten. So wie Bela Rethy beim olympischen Hockey-Turnier, als Ex-Nationalspieler Philipp Crone sein Co-Moderator war. Einmal wie Bela Rethy fühlen.

45+1 Tor für Argentinien 0:1 Khedira (Eigentor) Eigentlich eine schwache Ecke, Khedira kickt den Ball unbedrängt ins kurze Eck. Sehr pietätvoll vom Stadionsprecher, den Namen des Schützen zu verschweigen. Frankfurt, eine Stadt mit Stil. Die Nachricht dieses Gegentors ist: Boateng hatte nichts damit zu tun.

Tobias Escher analysiert: „Khedira! Der hat die Hymne nicht gesungen!“

42′ Schöner Konter über Reus und Schmelzer, aber dessen Querpass war zu gefühllos, Klose rutscht vorbei. Immer wenn Reus und Klose was gelingt (und das ist nicht selten), muss ich mir einen Gedanken unterdrücken, der mit dem Trainer und einem Spiel gegen Italien zu tun hat.

35′ Die Stimmung auf den Rängen ist in wenigen Minuten vom La-Ola-Eventmodus auf giftiges Pfeifkonzert umgeschwenkt. Für ein Testspiel geht’s ganz gut zur Sache. Der Pressesprecher Harald Stenger, heute bei seinem letzten Einsatz, begibt sich schon mal auf den Weg nach unten. Vermutet er, dass sein Körpereinsatz wieder gefragt sein wird, wie im 2006-Viertelfinale gegen Argentinien?

Wenn das stimmt, was Bela Rethy sagt, ist Zieler der erste Torwart in der DFB-Geschichte, der Rot bekommt. Wohlgemerkt Rot bekommt, nicht Rot verdient.

32′ Was für ne Story! Der gerade eingewechselte Marc ter Stegen hält den robbenesken Elfer von einem gewissen Messi. Sehr, sehr lauter Jubel in Frankfurt.

30′ Der Schiri muss sich an die Regeln halten: Rot für Zieler nach Foul an Sosa, Elfmeter für Argentinien. Das ist so bedauerlich wie richtig. In der Kreisliga hätte man bei einem Freundschaftsspiel ein Auge zudrücken können, da wäre es auch erwartet worden.

Müller im Pech. Aber zum letzten Mal für heute, denn er muss für ter Stegen weichen.

24′ Hummels muss nach einem Zusammenstoß mit Higuain verletzt raus, Höwedes, der einzige Verteidiger auf der Bank, kommt rein. Boateng rückt nach innen, Höwedes auf rechts. Bela Rethy stellt eine Gehirnerschütterung fest.

19′ Müller im Pech (diesen Satzbaustein hatte ich noch aus der letzten Saison als Short Cut im Zwischenspeicher).

15′ Tobias schreibt: „Argentinien ist bis jetzt ein dankbarer Gegner. Die Abstände zwischen Mittelfeld und Sturm sind groß, Deutschland kann vom Zentrum aus zu schnellen Kontern ansetzen. Phasenweise erinnert das Spiel an das WM-Viertelfinale 2010.“

11′ Klose in Spiellaune, bereitet eine Chance für Özil vor. Das ging in den letzten Tagen ein wenig unter:
Klose macht weiter, das stand ja keineswegs fest, der Typ ist 34. Und besser als die kleine Konkurrenz, wie ich finde.

3′ Erste starke Kombination von Klose und Reus. Reus hätte aber schießen statt ablegen müssen.

20:40 Jetzt die spielentscheidende Szene: die Hymne. Schade. Ich hätte fast damit gerechnet, dass heute kein Spieler die Hymne mitsingt. Aus Trotz oder Solidarität oder einfach so.

20:35 Über den sportlichen Wert dieses Spiels lässt sich streiten, über den finanziellen nicht. Die FAZ hat errechnet, dass der DFB selbst aus Testspielen neun Millionen Euro erwirtschaften kann. Eine Debatte über Fördergelder von der Politik und Zielvereinbarungen steht dem deutschen Fußball offenbar nicht bevor.

Aufstellungen

Deutschland 12 Zieler – 20 Boateng, 5 Hummels, 14 Badstuber, 3 Schmelzer – 6 Khedira, 16 L Bender – 13 Müller, 8 Özil, 21 Reus – 11 Klose
Argentinien 1 Romero, 3 Rojo, 4 Zabaleta, 5 Gago, 6 Garay, 7 Di Maria, 8 Sosa, 9 Higuain, 10 Messi (C), 14 Mascherano, 17 Fernandez

Vorbemerkung

Willkommen aus Frankfurt am Main! Wir bloggen heute das erste Spiel der deutschen Nationalmannschaft nach dem EM-Aus. Es sind besondere Vorzeichen für ein sportlich bedeutungsloses Testspiel: Joachim Löw und die Mannschaft haben für die Niederlage gegen Italien in Warschau viel Kritik einstecken müssen. Stichwort: Memmen, die nicht mal singen, ein Trainer, der die Singpflicht nicht durchsetzt und so weiter. Diese Boulevard-Debatte ignorieren wir. Und erneuern stattdessen den Vorwurf an Löw und seine sehr fragwürdige Aufstellung. Und damit auch ihm Wohlgesonnene irritiert hat. Mich zum Beispiel.

Argentinien ist der Gegner, der unter dem neuen Trainer Alejandro Sabella offenbar wiedererstarkt ist. Und Lionel Messi hat diesmal tatsächlich deutschen Boden betreten. Grüße nach Hamburg, das ja heute mit der Anwesenheit von 87 deutschen Medaillengewinnern genügend für Messis Schwänzen Absage beim Testspiel vor drei Wochen entschädigt wurde.

An meiner Seite, in Berlin, um genau zu sein, welch fachliche Unterstützung, none other than Tobias Escher, einer der Gründer der Kultseite Spielverlagerung (und derzeit Hospitant im ZEIT-ONLINE-Team). Ich brauch also heute gar nicht von denen abschreiben, das geht praktisch von selbst.

Viel Spaß und gerne mitdiskutieren.