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Deutschland – England 4:1

Endstand 4:1 Es kann jetzt spekuliert werden, wie das Spiel ausgegangen wäre, wenn der Linienrichter in der 38. Minute nicht dem Tofik-Bachmarov-Syndrom anheimgefallen wäre? Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht – auch wenn Sie noch so sehr eine Antwort verlangen. Einigen wir uns auf 4:2? Wieder eine krasse Fehlentscheidung in dieser an Fehlentscheidungen so reichen WM. Andererseits, vielleicht sollte man sich die Szene noch mal in der Wiederholung ansehen. Eine Fortsetzung der Debatte über Torkamera und Videobeweis erwartet uns.

Die deutsche war die bessere Mannschaft, taktisch und in Sachen Spielfreude den Engländern um Längen überlegen. Nach zwei Spielen mit Abwärtstendenz relöwisierte sich die Elf wieder. Allerdings hat dieser jugendliche Stil eine Kehrseite: Er wackelt manchmal, dass die Tassen in den Schränken der nördlichen Hemisphäre zu klimpern beginnen. Die 2:0-Führung hat sie eigentlich innerhalb von einer Minute wiederhergegeben. (Mehr in der Einzelkritik.)

Die Engländer spielen einen schematischen Stiefel, formen ihre individuellen Stärken nicht zu einem großen Ganzen. Das zieht sich nun schon über Jahre, Jahrzehnte. Dazu große Abwehrschwächen, die Kette ließ sich manchesmal in die Einzelteile zerlegen. Hat man bei einer WM schon mal so einen Fauxpas gesehen wie vor dem 1:0?

Ein weiteres ereignisreiches Kapitel in der deutsch-englischen Fußballhistorie, der hohe Konversationswert dieses Spiels wird überdauern.

18:18 Unterirdisches TV-Erlebnis: ARD blendet Ballack aus Herzogenaurach ein, um ihm Raum für Schleichwerbung zu geben. Dabei fällt mir zudem ein: Ich biete gerne den Fortbildungskurs Abseitsregel für Fernsehmoderatoren an, Steffen Simon.

18:24 Ballack verteilt beim Interview mit Delling Komplimente an die Mannschaft, wirkt aber etwas angefasst.

Der Spielverlauf in umgekehrter Reihenfolge

88′ Keine Tore zählen, das machen angeblich auch die Jugendtrainer vom SC Sternschanze im Training. Reformpädagogik, Natürliches Turnen und so. Die Kids zählen dann heimlich mit.

83′ In den Kommentaren schreibt gerade jemand: „Fußball ist nur ein Spiel, und das Wort Rache ist unangebracht.“ Stimmt, wir haben ja hier auch einen moralischen Auftrag. Wie wäre es, wenn wir ab sofort keine Tore mehr zählen? Das Spiel soll schließlich allen Freude bereiten.

81′ England spielt noch mit, aber Neuer macht sich lang.

75′ Liebe Verschwörungstheoretiker in den Kommentarfeldern. Das ist doch Gegeifer, was Ihr da treibt. Wenn schon, dann mit Stil und Substanz, bitte. Sagt Euch der Name Lord Triesman etwas?

74′ Eins noch, und es ist nicht nur eine Rache für Wembley, sondern auch eine für München 2001 (bei dem im deutschen Tor bekanntermaßen eine Sporttasche stand).

72′ Trochowski für Müller, Gomez für Klose. Darf der gelb-belastete Friedrich bald gehen?

70′ Tor für Deutschland 4:1 Müller Kontertor Nach einem Ballgewinn am eigenen Strafraum schlägt Klose einen Traumpass auf Özil am linken Flügel. Der ist schneller als Barry, dringt in den Strafraum ein, tunnelt Cole, und Müller steht frei wie Cacau gegen Australien.

67′ Tor für Deutschland 3:1 Müller Kontertor, von Müller eingeleitet, von Schweinsteiger magistral weitergeführt, zieht drei bis vier Engländer auf sich und passt im richtigen Moment auf Müller. Bei dessen Schuss taucht James für meine Begriffe zu früh ab.

64′ Joe Cole kommt für Milner. Hätte ich nicht gedacht, dass Capello ihn rausnimmt.

62′ Arne Friedrich kann bislang ich gar nicht gut genug loben. Stiehlt Defoe im Strafraum den Ball und leitet den Ball elegant weiter.

59′ Die Deutschen sind nun zögerlicher als in der ersten Halbzeit, ihre Kombinationen scheinen nur noch gelegentlich durch. Sie sollten mit weiteren Taten nicht bis zum Ausgleich oder gar Rückstand warten. England spielt aber zu ungenau, nähert sich aber zunehmend Neuers Tor.

52′ Lampard schweißt einen Freistoß aus 35 (?) Metern an die Latte, Neuer reagiert wie ein Tipp-Kick-Tormann, bei dem man versehentlich auf beide Bolzen gleichzeitig drückt.

48′ Lahm gefällt mir heute nicht wie sonst. Springt unter dem Ball durch, gewährt dadurch Gerrard Raum. Dabei könnte die deutsche A-Jugend gut einen starken Captain brauchen.

46′ Es geht weiter. Die deutsche Führung ist verdient, ein deutscher Sieg wäre nun jedoch leider enorm entwertet.

I n  m e m o r i a m  T o f i k  B a c h r a m o w

Halbzeit 2:1 Es sind erst 45 Minuten gespielt, aber der Eintrag in die Geschichtsbücher ist diesem Spiel bereits jetzt sicher. Erstens weil enorm viel geschieht. Vor allem die Deutschen nehmen die Engländer spielerisch auseinander. Aber das 2:0 (und die Einfallslosigkeit der Engländer) hat die junge Elf wohl zu sicher fühlen lassen, und sie hätte fast innerhalb von einer Minute den Ausgleich hinnehmen müssen. Damit sind wir beim zweiten Punkt: Der Fußballgott vergisst nicht, auch vierundvierzig Jahre später.

Es ist auch das Duell Talent gegen Erfahrung. Es wird wohl eine enorm spannende zweite Halbzeit.

38′ Wembley ist gerächt. Ein astreines Tor von Lampard wird nicht anerkannt, obwohl der Ball von der Latte klar hinter der Linie aufspringt.

37′ Tor für England 2:1 Upson Gute Flanke von Gerrard nach kurzer Ecke, an dessen Flanke kommt Neuer nicht ran, und der Innenverteidiger Upson köpft ein.

35′ Titanenhafte Parade von Neuer gegen Lampard, nachdem Boateng Milner nicht an der Flanke hindern kann. Linke Abwehrseite bleibt die Achillesferse.

32′ Tor für Deutschland Podolski 2:0 Deutsche Offensive hebt die englische Abwehr komplett aus den Angeln. Klose auf ganz rechts, setzt Müller ein, Müller in den Strafraum, ein eigentlich etwas zu langer Pass auf Podolski. Doch der kann auch aus spitzem Winkel treffen.

31′ Beide Teams mit guten Chancen. Erst steckt Müller auf Klose durch, der schießt aber James an. Im Gegenzug scheitert Defoe mit einem Kopfball an der Latte, stand aber im Abseits.

29′ Hier spielt das Mutterland des Fußballs, das darf man nicht vergessen. Aber wie hat das Blog mit dem sensationellen Namen Volk ohne Raumdeckung neulich geschrieben: „Diese Mutter ist so lebendig wie die von Norman Bates.“

23′ Ob die englische Abwehr nicht gewusst hat, dass beim Abstoß Abseits aufgehoben ist? Steffen Simon jedenfalls musste sich gerade von seinen Assistenten aufklären lassen.

21′ In den Kommentaren hat sich gerade Torsten Frings gemeldet.

20′ Tor für Deutschland 1:0 Klose Das ist Konzept: Neuer Abstoß, englische Abwehr im Vollschlaf, Klose setzt sich durch und grätscht zum 1:0. Good morning, John Terry. Assist Mannuel Neuer.

12′ Deutsche Innenverteidiger machen einen sicheren Eindruck. Arne Friedrich hat die bisherigen Zweikämpfe gewonnen, Per Mertesacker gerade mit einem wichtigen Kopfball im Strafraum. Dafür aber Phillip Lahm mit zwei Unsicherheiten.

5′ Schweinsteiger’s got marvellous feet. Aus dem Lauf toll, ganz toll über die englische Abwehr gelupft, Özil freigespielt, der aus fünf Metern und spitzem Winkel an James scheitert.

16:00 England stößt an.

15:58 Letzte Vorbemerkung: Gestern Nacht ist mir Gary Lineker erschienen.

Aufstellungen

Deutschland (4-2-3-1)

Neuer – Lahm, Friedrich, Mertesacker, Boateng – Schweinsteiger, Khedira – Müller, Özil, Podolski – Klose

England (4-4-2)

James – Johnson, Upson, Terry, Cole – Barry, Lampard, Gerrard, Milner – Defoe, Rooney

Die exquisite Taktik-Seite zonalmarking ist der Auffassung, dass 4-4-2 dem 4-2-3-1 überlegen sei. Nun ja, kommt drauf an, wie schematisch es gespielt wird.

15:45 Schweinsteiger spielt, das ist eine sehr gute Nachricht für Deutschland. Mit Toni Kroos auf der 6 … das wäre eine, nun ja, spannende Sache geworden. Boateng spielt links, das ist wohl eine gute. Er wird als linker Verteidiger auf James Millner treffen, der das 1:0 Jermaine Defoes gegen Slowenien vorbereitete. Seine stärkste Leistung auf dieser Position zeigte Boateng (als HSV-Spieler) gegen Arjen Robben, also einen Linksfuß.

K.o.-Spiele zwischen Deutschland und England gehen meist in die Verlängerung, wenn nicht sogar, vielleicht haben Sie es mitbekommen, ins Elfmeterschießen. Irgendwo gestern im Internet gefunden: benni_live hat ein Beweisstück ausgegraben, das zeigt, dass Deutschland gut vorbereitet ist.

15:30 Hier gibt es aktuelle deutsche Titelseiten auf einen Blick. Die englische Boulevardpresse soll sich ja inzwischen gegenüber den Deutschen zurückhalten, sagen unser England-Korrespondent und noch einige andere. Also keine Spieler mehr mit Stahlhelmen, keine Bomben und Blitzkriege in den Schlagzeilen.

dogfood, fast unnötig zu erwähnen, bloggt auch live. Noch wer?

15:15 Es heißt, es ist eigentlich ein Halbfinale: Deutschland gegen England. Die Fußballgeschichte kennt viele Duelle zwischen den beiden, die historisch genannt werden dürfen. In den vergangenen Tagen sind Sie, liebe Leser, alle daran erinnert worden. Oder haben sich selbst daran erinnert. So wie ich, denn das Spiel, das mich am meisten mitgerissen hat, war das EM-Halbfinale 96. Vor allem die Verlängerung, in der beide Teams dem Golden Goal mehrfach nahe waren. Das ist auch schon wieder zwei bis fünf Epochen her. In diesem Video kann man es sehen, auch wie Paul Gascoigne das Tor verpasst. Der einmalige Gazza (man könnte aber auch sagen: Er war der letzte dicke Spieler in einem Halbfinale).

Die Leistungen beider Teams bei der WM 2010 lassen mich aber eher an die EM 2000 denken, als beide Teams Anzeichen und Belege von Dekadenz erkennen ließen.England gewann 1:0, doch schied mit Deutschland in der Vorrunde gegen Portugal und Rumänien aus. In diesem Jahr hatte England alle Mühe, sich in einer schwachen Gruppe als Zweiter zu qualifizieren. Deutschland zeigt nach imposantem Auftakt Abwärtstendenzen. Ich rechne nicht mit einem Filet. England hat große Probleme in der Ballbehauptung, die deutsche Elf wirkte zuletzt zunehmend harmloser, wenn sie sich dem Strafraum nähert.

Wir bloggen live, diskutieren Sie mit.

 

Live: Deutschland – Ghana 0:0

Aufgrund technischer Probleme geht der Blog hier weiter.

Halbzeit 0:0 Sehr nervöses Spiel der Deutschen. Die Abwehr schenkt eroberte Bälle und Räume her, vor allem Mertesacker steht neben sich. Özil bekommt viele Bälle, aber es springt nichts heraus. Vergab die Großchance zur Führung. Cacau tourt auf 5000 Umdrehungen, aber im ersten Gang. Oder steuert in die falsche Richtung. Harmoniert nicht mit Müller. Einzig Schweinsteiger in Top-Form. Ich würde jetzt Podolski bringen.

Aber alles in allem ein abwechslungsreiches Spiel. Die Deutschen müssten mehr schießen, finde ich. Banaler Tipp, was?

Ich warte übrigens noch auf den ersten Kommentar hier à la: „In Deutschland gibt es vier Millionen Arbeitslose, auf der Welt so viel Leid – und Ihr kümmert Euch um Fußball. Quo vadis, Zeit?“ Bitte, her damit! Wir brauchen das.

40′ Endlich! Endlich! Endlich die erste Gelbe Karte! WM-Feeling 2010 ist wieder da. Erst Ayew, dann Müller gleich hinterher.

37′ Schweinsteiger bester Spieler auf deutscher Seite, aktive, fehlerfreie Partie.

32′ Bröckelt nun auch die linke Seite? J Boateng fällt auf eine Flankenfinte rein, und KP Boateng streift den Ball mit dem Kopf.

26′ Beide Abwehrreihen mit schlimmen Fehlern und großen Problemen, wenns mal schnell wird. Ermöglichen Özil und Gyan große Torchancen. Özil überwindet die Abseitsfalle, steht alleine vor Kingson, scheitert. Gyan mit Kopfball nach Ecke, Lahm rettet am Pfosten. Souverän geht anders.

23′ Schlaaand!-Rufe setzen sich erstmals gegen Vuvuzelas durch. Wie haben wir sie vermisst! Bitte jetzt noch So ein Tag, so wunderschön wie heute! Dann wird es unsere WM!

19′ Lahm mit einem Rush durch alle Schnittstellen in den gegnerischen Strafraum, kann sich aber nicht zu einem Schuss entscheiden. Ein Blick auf die Blitztabelle zeigt: Noch hat sich nichts getan, Serbien vs Australien noch 0:0.

14′ Große Lücke auf der rechten Abwehrseite der Deutschen, nachdem Lahm und Mertesacker gekreuzt hatten. Bitte künftig vermeiden! Schweinsteiger verhindert das Gegentor.

9′ Fast ein Eigentor von Mensah nach einer Podolski-Flanke. Kingson mit exquisitem Reflex. Apropos Kingson, der trägt einen Overall in den Farben des Sturzhelms von Martin Schmitt. Wird ihn die Fifa gleich wegen Ambush Marketings verhaften?

6′ Deutschland mit erstaunlich viel Raum im offensiven Mittelfeld, aber noch zu nervös am Ball. Schokolade beruhigt. Hat mein Vater, mein Trainer in der E-Jugend, immer gesagt. Sagt er heute noch.

3′ Özil erstmals mit Ball und Platz im Strafraum, aber mit der falschen Idee. Ein erster Schuss von Cacau folgt.

20:27 Ghana in weißen, Deutschland in schwarzen Trikots. Perfektes Yin und Yang.

20:22 Mal so gefragt: Welche SMS wird Ballack dem Team heute geschrieben haben? Und Frings?

20:15 Jerome Boateng wird auf der linken Seite verteidigen (für Deutschland). Das hat der Rechtsfuß beim HSV in speziellen Spielen schon getan, etwa gegen Bayern und Robben. Das ging gut, liegt aber schon eine Weile her. Außerdem hieß das für ihn damals: erstmal verteidigen!

Aufstellung

Deutschland Neuer – Lahm, Mertesacker, Friedrich, Boateng – Schweinsteiger, Khedira – Müller, Özil, Podolski – Cacau

Ghana Kingson – Sarpei, Mensah, Mensah, Pansil – Boateng, Annan – Ayew, Asamoah, Tagoe – Gyan

Es bloggen auch live:

Noch wer?

20:12 Man hört von einer SMS von Jürgen Klinsmann ans Team: „Viel Spaß und Glück heute abend. Haut rein! Jürgen“ Was würden Sie dem Team schreiben?

Vorbemerkung

Die Ära Löw. Darum geht’s heute. Angeblich. Wird sie in wenigen Stunden enden? Scheidet die deutsche Elf heute aus, könnte es das letzte Spiel des Bundestrainers gewesen sein. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht hört er nach der WM aber ohnehin auf, selbst wenn er sie gewinnen sollte.

Im ersten Spiel (Australien) wurde deutlich, dass Löw einen Plan hat. Dem zweiten Spiel (Serbien) schloss sich die Frage an: Hat er auch einen Plan B? Gar einen Plan C, wie es in dem Spiel nötig gewesen wäre. Auf die Ereignisse des Spiels (Platzverweis Klose, Abwehrschwäche links) fand er nicht immer die richtige Antwort, gerade nicht mit seinen Wechseln.

Irritierend auch, dass Löw im Anschluss die Regel nicht kannte, wann die Gelben Karten gestrichen werden. Nämlich vor dem Viertelfinale und nicht, wie die DFB-Delegation dachte und wie es bislang galt, nach der Gruppenphase. Und sein Ausflug in das wilde Jugoslawien war auch ungewohnt.

In der Nachbetrachtung fand die SZ einen sehr offenen Gesprächspartner, den serbischen Spielerbeobachter Julio Moreno. Er verriet Details über die Taktik der Serben, die die Deutschen genau analysiert hatten: „Unser Ziel war es, dass der erste Pass möglichst von Mertesacker ausgeht.“ Das wird Mertesacker nicht gerne hören. Schweinsteiger haben sie auf die rechte Seite gelenkt, damit die „defensive Aufmerksamkeit auf unsere linke Seite gezogen“ wird. Sinn dieser Sache: den Raum auf rechts, also die starke deutsche Flanke mit Lahm, verengen. Die deutsche linke Seite habe die Serben weniger gekümmert, sagt Moreno, weil Badstuber nach vorne ungefährlich und Podolski nicht mehr so schnell (!) wie früher sei. Morenos Fazit: Deutschland ist zu berechenbar. Ausnahme: Özil, „unsere einzige Sorge“.

Diese Aussagen von der Siegerseite kommen etwas besserwissend daher, klingen aber nicht völlig aus der Luft gegriffen. Von „individuellen Problemen in der Abwehr“ sprach Moreno auch, und er könnte Badstuber gemeint haben. Der, wie es scheint, heute auf die Bank muss. Für ihn soll Boateng spielen, die Bild-Zeitung ist wieder mal bestens informiert. Wie es scheint. Die Story Boateng gegen Boateng wird offenbar tatsächlich bei dieser WM geschrieben. Cacau kommt, Klose bleibt draußen – für Löw eine schlechtere Nachricht als für viele Fans. Bei denen hat Klose mit seinem Australien-Tor nicht genügend Kredit gesammelt.

Noch zwei Sätze zu den Schiedsrichtern, die bei dieser WM wirklich erbärmliche Leistungen zeigen. Eine kleine privatempirische Erhebung hat ergeben: Die Zustimmungsrate für den Klose-Feldverweis lag unter Journalisten bei über 50 Prozent. Unter aktiven Fußballern unter 1. Übersehen haben die Verteidiger Undianos jedenfalls, dass er, wenn man seine strenge Linie schon gutheißt, den linken serbischen Außenverteidiger Kolraov, hätte Rot zeigen müssen – für sein Einsteigen gegen Müller von hinten.

Diesmal kann das alles nicht passieren, denn die Fifa entsendet heute einen ihrer Besten. Diesmal wird sowieso alles anders. Noch mal kann es nicht so schlecht laufen wie gegen Serbien. Bestimmt nicht. Ganz sicher nicht.

Wir bloggen ab 20.15 Uhr live, diskutieren Sie mit!

 

Der Wanst Gottes

Vorbemerkung

Oh Mama, Mama, Mama! Oh Mama, Mama, Mama! Willst Du wissen, wieso mein Herz so schlägt? Ich habe Maradona gesehen. Zugegeben, nur im Fernsehen. Doch der heilige Diego hat deutschen Boden betreten. Und Zigarre schmauchend auf der Trainerbank Platz genommen. Dass er dort jedoch an seine Spielerkarriere anknüpfen kann, ist so gut wie ausgeschlossen.

Auch wenn die Argentinier nicht in Bestform sind – für Joachim Löw ist das Spiel die Generalprobe für Südafrika. Wird er Bastian Schweinsteiger auf der 6 spielen lassen? Wer spielt neben Per Mertesacker Innenverteidiger? Gibt Löw Toni Kroos und Thomas Müller eine Chance? Als wie loyal erweist sich Kapitän Michael Ballack, dem sein Bootsmann Frings genommen worden ist? Fragen über Fragen, wer findet mit uns die Antworten?

YouTube: Napoli-Fans schlägt das Herz

Aufstellung

Deutschland Adler – Lahm, Tasci, Mertesacker, Boateng – Schweinsteiger, Ballack – Podolski, Özil, Müller – Klose

Argentinien Romero – Heinze, Samuel, Demichelis, Otamendi – di Maria, Veron, Mascherano, Gutiérrez – Higuaín, Messi

Bemerkenswert: Debüt für Thomas Müller, Miroslav Klose und Mario Gomez tauschen die Rollen aus dem Verein, Bastian Schweinsteiger spielt die 6. Oliver Kahn findet die Aufstellung der Deutschen „spannend“, sprich: zu offensiv.

20:20 Oliver Kahn gibt den Ton des Abends vor: „Zwischen Deutschland und Argentinien gibt es keine Testspiele.“

20:25 Andere Live-Blogs: Entscheidend is auf’m Platz, 11 Freunde … Wer noch?

20:30 Länderspiel in München – wäre das nicht ein idealer Ort für Jens Lehmanns Comeback gewesen? Nur so zum Spaß. Aber wir haben ja eine gute Nummer 1.

8′ Gibt es das Trikot auch in deiner Größe, Gutiérrez?

15′ Höhepunkte bislang: eine falsche Abseitsentscheidung für Deutschland und eine Rettungsaktion von Adler wie aus dem Turnunterricht: mit eingeleiteter Rotation um die x-Achse, dank Hilfestellung von Mertesacker, den „baumlangen“ (Béla Réthy).

17′ Das Münchener Publikum heute ungewohnt zurückhaltend.

22′ Lahm versucht sich mit einer Kopie seines Tores gegen Costa Rica 2006. Muss ich streichen, denn Béla Réthy sagt es in dem Moment, in dem ich das schreiben wollte.

25′ Klose versucht einen Doppelpass mit Özil, aber ohne Ball. Podolski schlägt eine Flanke auf einen Stürmer, den nur er sieht. Bezeichnende Szenen für das deutsche Angriffsspiel.

32′ Das Spiel ist so aufregend wie ein Album von Sade: Man nimmt mit leicht gesenkten Lidern davon Notiz … und fünfzehn Minuten später stellt man fest, es läuft ja immer noch.

35′ Béla Réthy heute mit ungewohnt vielen Fakten, die Wikipedia oder fussballdaten.de entstammen könnten, die wie abgelesen oder auswendig gelernt klingen.

38′ Lattenschuss der Argentinier reißt mich aus meiner Trance: di Maria, der „Portugal-Profi“ (Réthy) macht Mertesacker, Tasci und Boateng in der Telefonzelle nass, zieht vom Strafraum ab, aber Adler hält glänzend und lenkt das Spielgerät an die Latte.

45′ Tor für Argentinien Higuaín 0:1 Deutsche Innenverteidigung um Mertesacker viel zu weit aufgerückt, Adler kommt raus, kommt aber nicht in den Ball, Higuaín macht aus dreißig Metern ein „empty net goal“.

Halbzeit 0:1 Ganz maues Spiel der Deutschen: keine gelungene Aktion nach vorne, Fehlpässe, keine Abstimmung im Mittelfeld, Loch vor der Abwehr, schmalbrüstige Abwehrspieler, ganz grausamer Anfängerfehler beim Gegentor, denn die Verteidiger rückten bis über die Mittellinie auf und ermöglichten so den Argentiniern einen leichten tödlichen Pass. Stichwort Abseitsregel. Argentinien scheint fast überrascht über die Harmlosigkeit des WM-Halbfinalisten. Au Backe!

Entschuldigung, ich musste mal laut werden. Geht jetzt wieder.

Das ZDF hat den Tormann als Fehlerursache für das Gegentor ausgemacht. Ich bin seit einiger Zeit für Neuer, er hat die besten Anlagen. Aber in dem Fall kann man Adler nicht mehr als eine Teilschuld vorhalten. Das ist ein Ball für die Innenverteidigung, also Mertesacker und Tasci.

Wechsel Gomez für Klose.

49′ Mertesacker „unterspringt“ schon wieder einen langen Flugball. Was ist denn los?

51′ Ah, Podolski spielt auch mit. Der Kölner heute mit ungewohnt passivem Spiel ohne Ball.

57′ Wie leicht man den Deutschen den Ball abnehmen kann! Wird vor allem Gutiérrez denken müssen. Özil führt den Ball, als ob er mit seinem Dackel Gassi ginge.

60′ Soeben ist mir der Wanst Gottes erschienen.

67′ Cacau und Neuling Toni Kroos rein, Özil und Müller raus. Argentinien musste inzwischen zwei Verteidiger (Heinze, Demichelis) wegen Verletzungen auswechseln. Das sollte sich doch jetzt bemerkbar nachen.

70′ Messi rächt sich, nach einigen Fouls an ihm, am Kleinsten: Philipp Lahm. Der ihm bislang gar nichts getan hat. Ob sich dieser dazu in seinen bevorzugten sozialen Netzwerken äußern wird. Messi mit Gelb übrigens milde bestraft.

81′ Die Zeitschrift Neon hat eine Twitter-Rubrik „Unnützes Wissen des Tages“. Ich glaube, die füttern sie mit Béla-Réthy-Zitaten. Mit dem Protokoll von heute dürften sie bis Ostern durch sein.

86′ Pfostenstoß von Argentinien nach einer Carambolage des Balles mit Adler und Burdisso. Den Freistoß schickte Veron vom Flügel auf die Reise – und zwar um die Mauer. Adler, Mauer besser stellen!

Endstand Deutschland–Argentinien 0:1 Das. War. Nichts. Taktisch, balltechnisch und in den Zweikämpfen deutlich unterlegene Deutsche verlieren chancenlos gegen Argentinier, die sich die Aufgabe sicher schwerer vorgestellt haben. Wo anfangen? Das 4:2:3:1-Konzept von Löw mag modern sein, aber es haut nicht hin. Für Podolski geht das Spiel erst los, wenn er den Ball hat. Özil ist weit entfernt von seiner Herbstform. Klose lässt sich den Ball viel zu leicht abjagen (was heißt hier jagen?) und konnte sich nicht ein einziges Mal durchsetzen.

Die Abstimmung zwischen Ballack und Schweinsteiger passt nicht, mehr als einmal muss der linke Verteidiger Lahm das Loch im Zentrum vor der Abwehr stopfen. Der aber nach vorne heute auch nicht viel hinbekommt. Resultat in der Offensive: keine Torchance. Bloß zwei Fernschüsse des eingewechselsten Cacau und ein Fast-Angriff in Halbzeit Eins, als Demichelis Özil bremste.

Beim Gegentor, um Himmels Willen!, ist die Innenverteidigung im Modus „Italien März 2006“. Mertesacker steht etwa fünf Meter in der gegnerischen Hälfte, das ist, sorry, ein Anfängerfehler. Tasci ist in dem Moment gar nicht zu sehen. Einfacher kann man es dem Gegner nicht machen, denn Torschütze Higuaín hat beim Pass schon Vorsprung, ohne Abseits zu stehen. Und Adler ist dann eben verloren, verlassen. Ohne Diskussion und Zweifel wird er bis Sommer aber nicht durchkommen.

Kein gutes Vorzeichen für Südafrika, auch wenn das reine Ergebnis harmlos klingt. Gegen den Spieler Maradona – den Größten, nein, den Einzigen – zu verlieren, war Ehrensache. Gegen den Trainer Maradona zu verlieren, tut sicher weh. Zumal Maradona nicht nur die besseren Einzelspieler hat, sondern auch an diesem Abend die schlüssigere Taktik.

Lesen Sie morgen früh den Bericht des Kollegen Steffen Dobbert, unserem Reporter in München. Gute Nacht und danke fürs Mitspielen!

 

Deutsche Elf quält die Fans

Fazit: Deutschland hätte mit einem Sieg gegen Finnland einen Rekord aufstellen können. Neun Siege in einer WM-Qualifikation – das ist noch keinem DFB-Team gelungen. Am Ende müssen Jogis Mannen froh sein, gegen die gemächlichen Finnen nicht verloren zu haben. So stehen nach zehn Partien acht Siege und zwei Remis.

Okay, es ging um nichts mehr im letzten Qualispiel, doch solch eine schwache Leistung rechtfertigt dies nicht. Den Spielern fehlte es an der inneren Einstellung, sich anständig ihren Fans zu präsentieren. Deutschlands Fußballer zeigen meist nur dann akzeptable Leistungen, wenn sie unter Druck stehen.

Den müssen eigentlich die neu ins Team gerückten Akteure aus der zweiten Reihe verspürt haben.  Sie kämpfen noch um die Chance, nächstes Jahr in Südafrika dabei zu sein. Von ihnen hätte mehr kommen müssen. Rechtsverteidiger Andreas Beck verpasste es,  sich für weitere Einsätze zu empfehlen. Der Hoffenheimer ließ die Flanke zu, die zum 0:1 führte und agierte defensiv wie offensiv schwach. Im Abwehrzentrum präsentierte sich Arne Friedrich unkonzentriert und produzierte viele Abspielfehler in der Spieleröffnung.

Auch Thomas Hitzlsperger ist weiter von seiner Bestform entfernt und gilt als Wackelkandidat. Piotr Trochowski konnte ebenfalls keine Pluspunkte bei Joachim Löw sammeln. Sein Passspiel war schlampig und seine Flanken eine Zumutung. Cacau hätte sich sein Startelfdebüt ebenfalls anders vorgestellt. Vom Bundestrainer vor dem Spiel gelobt, enttäuschte der Stuttgarter. Als Alternative im Sturm drängte er sich nicht auf.

Joachim Löw muss also weiter testen. In diesem Jahr hat er am 14. November in Köln gegen Chile und am 18. November voraussichtlich gegen Ägypten in Gelsenkirchen die Gelegenheit dazu. Die Spieler sollten diese beiden Partien dazu nutzen,  die blamable Leistung von Hamburg wieder gut zu machen.

Abpfiff: Die Partie endet 1:1. Die 90. Minuten von Hamburg zeigen: Deutsche Spiele mit Freundschaftsspielcharakter sollte man sich nicht anschauen, sie geraten zum Langweiler. Der schwache Auftritt hätte eigentlich eine Niederlage verdient gehabt.

90′ Tor für Deutschland durch Podolski Kaum zu glauben, aber der Ausgleich fällt doch noch. Schütze Podolski muss selber über sein Stolpertor lächeln.

84′ Klose, eigentlich ein begnadeter Kopfballspieler, vergibt aus kurzer Distanz  den Ausgleich. Sein Kopfball hat zu wenig Dampf, um Finnlands Torwart Jääskeläinen zu bezwingen.

77′ Jetzt wird es in Hamburger Stadion doch noch laut: Mario Gomez wird ausgewechselt, und die Zuschauer buhen den  armen Kerl aus. Jetzt soll es Miro Klose in der verbleibenden Zeit richten.

75′ Hoppla, Deutschland hat eine Chance. Philipp Lahm, Kolumnist von ZEIT ONLINE, zieht in die Mitte und schießt gar nicht mal ungefährlich auf das Tor der Finnen.

69′ Wenn schon auf dem Feld nichts los ist, bewegen sich wenigstens die Zuschauer auf den Rängen ein wenig und intonieren: „Steht auf, wenn ihr Deutsche seit.“ Ob dieser zarte Versuch der Anfeuerung den Laufmuffeln auf dem Rasen Beine macht, darf bezweifelt werden.

57’/59′ Mario Gomez spielt auch noch mit. Der Bayernstürmer hat zwei Mini-Kopfballchancen, setzt ansonsten seine zaghaften Auftritte in der DFB-Elf fort. Der Kniff mit Cacau als Sturmpartner für den bedauernswerten Ex-VfBler ging bis hierher nicht auf.

54′ Der ARD-Reporter Gerd Gottlob erkennt einen Aufwärtstrend im deutschen Team. Wo ist er? Ich habe noch keinen gesehen.

49′ Fast das zweite Tor für die Finnen. Doch Metusalem Litmanen – der Mann ist schon 38-Jahre alt – steht bei seinem Schuss im Abseits.

46′ Löw bringt Özil und Gentner ins Spiel. Dafür bleiben Ballack und  Hitzlsperger in der Kabine. Hoffentlich bringt der koranfeste Özil mehr Esprit in das dröge deutsche Spiel.

Halbzeit 0:1 Jogi Löw marschiert mit grimmiger Miene in die Stadionkatakomben. Wahrscheinlich legt er sich die Worte für eine deftige Halbzeitansprache zurecht. Die DFB-Elf hat es bislang bestens verstanden,  die Sympathien der Fans zu verspielen. Gegen die gut organisierten Finnen fehlt es am Willen, sich zu quälen und den einen oder anderen Schritt mehr zu tun. Die Spieler haben keine einzige Torchance herausgespielt, sie verlieren viele Bälle und stellen sich beim Gegentor dilettantisch an. In der ersten Hälfte regiert der Krampf.

44′ Die Deutschen gestatten Leverkusens Abwehrkante Sami Hyypiä so etwas ähnliches wie ein Solo, das erst kurz vor dem Strafraum gestoppt wird.

41′ Die Regie der ARD blendet einen alkoholgeschwängerten Fan ein, der eine schicke Deutschland-Mütze trägt und auf den mauen Kick flucht. Vielleicht sollte er noch ein paar mehr Bier kippen, um ein schönes Fußballspiel zu sehen. Denn das wollten die DFB-Kicker ihren Fans zum Abschluss der Quali zeigen.

35′ Michael Ballack spielt endlich mal einen intelligenten Pass auf den gestarteten Podolski – doch der Abseitspiff von Schiedsrichter Martin Atkinson aus England kommt dazwischen.

Was für ein langweiliger Kick. Die Finnen gehen kein hohes Tempo – wie erwartet. Die deutschen Spieler zeigen ebenfalls wenig Lust, den Ball mal schnell in die Spitze zu spielen. Im Stadion ist es so leise, dass man die Kommandos auf dem Platz verstehen kann.

18′ Da kommen schon die ersten Pfiffe von den Fans. Das Spiel der Deutschen ist aber auch unbefriedigend. Kein Tempo, keine Ideen und gut aufgestellte Finnen: das erschwert natürlich die Aufgabe.

11′ Tor für Finnland: Johannson Au weiha, die deutsche Abwehr zeigt sich nicht gerade in WM-Form. Nach einer Linksflanke sind sich Lahm und Westermann nicht einig, und Jonatan Johannson sagt danke.

8′ Von guter Stimmung auf den Rängen ist nichts zu hören. Da hätte ich nach der Euphorie im Vorfeld mehr erwartet.

18.02 Das Spiel läuft.

17.58 Während die Kollegen Fritsch und Reitz auf der kalten Pressetribüne in Hamburg sitzen, wärme ich mich an meinem gemütlichen Wohnzimmersofa.

17.56 Jogi Löw setzt auf ein 4-3-3 mit Mario Gomez als zentralem Stürmer, unterstützt von Poldi auf Linksaußen und Cacau auf rechts. Hierbei führt er zwei alte Freunde zusammen: Gomez traf in der vergangenen Saison an der Seite von Cacau für den VfB Stuttgart wie er wollte. Vielleicht hat sich der Bundestrainer daran erinnert.

Die deutsche Aufstellung:

Adler – Beck, Friedrich, Westermann, Lahm – Ballack, Hitzlsperger, Trochowski, Podolski – Gomez, Cacau

Die  finnische Aufstellung:

Jääskeläinen – Lampi, Hyypiä, Heikkinen, Sparv – R. Eremenko, Moisander – Johansson, Litmanen, Hämäläinen – Porokara

Vorbericht

Die deutsche Nationalelf will sich nach der vollbrachten WM-Qualifikation heute Abend in Hamburg feiern lassen. Bundestrainer Joachim Löw sagt jedoch: „Mit dem Spiel gegen Finnland beginnt die Vorbereitung auf Südafrika“ und verdeutlicht: Der letzte Auftritt in der WM-Qualifikation ist kein Spaßspiel, denn nun beginnt das Gerangel um die acht bis zehn noch freien Plätze im Kader der Nationalelf. Daher schickt Löw gegen die Skandinavier eine neu zusammengesetzte Startelf auf das Feld.

Andreas Beck, Arne Friedrich, Thomas Hitzlsperger, Piotr Trochowski und Cacau wissen bereits, dass sie von Beginn an auflaufen werden. Michael Ballack, der leicht angeschlagen ist, soll nur eine Halbzeit lang spielen und könnte durch Christian Gentner ersetzt werden.

Interessant ist der Einsatz von Cacau, der eigentlich Brasilianer ist und erst seit Jahresbeginn die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Der Stuttgarter Stürmer ist kein typischer Torjäger wie Miro Klose oder Mario Gomez (der den Beweis in der Nationalelf indes noch schuldig ist).  Er spielt mehr um die Keilstürmer herum und könnte deshalb für das neuerdings bei Löw beliebte 4-3-3 eine Option sein. Der Bundestrainer schätzt an Cacau dessen „Schnelligkeit, Wendigkeit und den Ideenreichtum am Ball“.

Die deutsche Mannschaft zeigte sich in Russland taktisch reif und stabil. Sie hat in der Qualifikation noch kein Spiel verloren und strebt den neunten Sieg an. Doch es muss sich noch einiges verbessern – vor allem in der Abwehr. Die Position rechts in der Viererkette ist nicht zur Zufriedenheit besetzt. Jerome Boateng wirkte in Russland überfordert. Gegen Finnland soll nun der Hoffenheimer Beck seine WM-Tauglichkeit beweisen. In der Innenverteidigung erhält der Herthaner Friedrich eine Chance neben dem gesetzten Per Mertesacker.

Löw erwartet von seinen WM-Kandidaten volles Engagement. Auch um sich nicht noch einmal so zu blamieren wie nach der bestandenen EM-Qualifikation 2007.  Die DFB-Elf verlor damals in München ihr letztes Gruppenspiel mit 0:3 gegen Tschechien. „Das wird uns nicht noch einmal passieren“, verspricht der Bundestrainer.

 

Ballack verlässt als Sieger und mit Granulat auf der Stirn das Feld

Fazit „Blüh im Glanze dieses Glückes“, tickern die 11 Freunde (die heute nur zu zweit sind). Das war knapp und hat Löw sicher ein paar graue Haare beschert. Zwischenzeitlich deutliche Überlegenheit der Russen mit schnellen Vorstößen in die Box und einigen Schüssen in Richtung René Adler. Der müsste nach dieser Leistung schon einiges falsch machen, sollte er nicht die Nummer 1 von Südafrika sein. Glück vor allem, dass „der Schweizer“, wie Guus Hiddink sagt, und es klingt verschwörungstheoretisch, in der 88. Minute den Russen den Mittelfinger zeigte – und nicht wie es den Regeln entsprochen hätte, auf den Elfmeterpunkt.

Boateng hätte Löw früher auswechseln können, er hatte oft Probleme, den Gegnern zu folgen. Andererseits, Friedrich hat ja auch gefoult. In der spielentscheidenden Szene sah man einen sehr leichtfüßigen und wendigen Özil. Gut war auch das Mittelfeld Schweinsteiger, Ballack, Rolfes.

Allen Naseweisen ist diese heute gedreht worden, denn es war durchaus zu erkennen, dass der Boden das Spiel sehr beeinflusst hat: Der Ball wurde schnell, Klose etwa konnte vor dem Tor gar nicht zum Schuss ausholen, sondern er lief schlicht in Özils Pass. Viele, teils einfache Pässe gerieten zu lange. Bälle sprangen höher als vermutet. Und Mertesacker wird sich zu Weihnachten sicher keinen Bettvorleger aus Polyethylen wünschen. Diese Vorzeichen erhöhen freilich den Sieg des DFB-Teams, wenn man auch bedenken muss, dass die meisten russischen Spieler auch nicht täglich auf Kunstrasen trainieren und spielen.

Am Ende siegte Deutschlands „Durchschlagskraft“, sagt der Holländer Hiddink, und es klingt nach einer militärischen Anspielung. Am Ende sah man Kapitän Ballack mit Granulat auf der Stirn – der Insignie des modernen Fußballarbeiters.

Lesen Sie heute Abend die Analyse unseres Reporters in Moskau Moritz Müller-Wirth.

Endstand 0:1 Glücklicher Deutschland-Sieg.

88′ Nur weil Béla Réthy etwas sagt, heißt es ja nicht, dass es automatisch falsch ist. Das hätte Elfmeter für Russland geben müssen. Glück gehabt, Arne! Gomez für Klose.

85′ Noch fünf Minuten, Trochowski rein, Podolski raus. Es scheint, als ob das Ärgste überstanden ist. Die Russen scheinen nicht mehr an den Sieg zu glauben, nachdem sie zwischenzeitlich mächtig drückten.

73′ Da müssen wir uns aber bei Adler bedanken. Wieder. Hält einen Schuss Semschows in die lange Ecke – und hat ein wenig Glück, dass der Ball am kurzen Pfosten ins Aus geht.

Große Spannung, noch eine Viertelstunde im wichtigsten Fußballspiel des Jahres – und das ZDF macht einen Programmhinweis auf Frauenboxen. Wohin mit meiner Wut Beschwerde?

72′ Der nicht-intrigante Arne Friedrich wird für Özil eingewechselt, den wir gerne noch länger gesehen hätten.

69′ Gelb-Rot für Boateng, Deutschland wird die letzten gut 20 Minuten in Unterzahl sein. Richtige Entscheidung des Schiedsrichters. Die falsche des Bundestrainers, der den fahrigen Boateng vorher hätte auswechseln können.

65′ Luftholen angesagt beim deutschen Anhang. Und auf der deutschen Bank. Die Russen schicken einige Pfeile in den deutschen Strafraum, die aber bislang noch nicht treffen. Und Polyethylen ist nicht die Sache von Per Storch Mertesacker.

58′ Özil sendet den Ball auf einen langen Segelflug … und an die Latte.

55′ Jetzt ist Adler-Zeit. Zwei Mal pariert er Schüsse mit den Fäusten, dann landet ein Seitfallzieher Arschawins auf dem Tordach. Jetzt gehts los! Jetzt ist der Spaß vorbei!

53′ Mertesacker hat heute große Probleme, Bälle in die Tiefe zu verteidigen. Einige Male musste Boateng für ihn einspringen. Jetzt brachte Kerschakow den Ball nicht unter Kontrolle, sonst wäre er alleine vor Adler erschienen. Wechsel Russland: Pawljutschenko für Kerschakow.

Halbzeit 0:1 Beide Mannschaften mit einer sehr guten und einigen halben Chancen. Die Russen hätten in Führung gehen können, aber Adler war das Ende für Bystrow. Das Tor verdanken die Deutschen in erster Linie Özil, der sich zunächst gut löst, sich dann freiläuft und Klose, der eigentlich gedeckt ist, auflegt. In den ersten zwanzig Minuten hatten beide Teams, würd ich mal sagen, durchaus Probleme mit dem Polyethylen unter ihren Füßen.

Im Viertelfinale der U20-WM führt Deutschland durch den Twitterer Lewis Holtby mit 1:0 gegen Brasilien. Noch eine Viertelstunde zu überstehen.

42′ Ab jetzt werden keine Wetten mehr angenommen, dass Friedrich nach der Pause für Boateng kommen wird. Gelb für den Hamburger nachdem ihn Bystrow stehenließ.

35′ Tor für Deutschland Miroslav Klose 0:1 Salto Klosale! Oh, war das gut gemacht von Özil! Mit einem herrlichen Move schickt er erst seinen Gegenspieler in den Ural und nach einem Zungeschnalzdoppelpass mit Podolski zieht er zur Grundlinie und hat das Auge für Klose. Der in München ja genug Selbstvertrauen getankt hat, um den Angriff zu vollenden.

29′ Eben noch gelobt, nun hätte Boateng fast einen Gegentreffer verschuldet. Im Mittelfeld den Ball versäumt, fehlt er bei einem schnellen Angriff über Arschawin, der Bystrow in den 16er schickt. Aber Adler gewinnt das Eins gegen Eins. Die Russen drängen jetzt die Deutschen in deren Hälfte.

25′ Boateng, der Rechtsverteidiger, stiehlt Kerschakow in der Gefahrenzone Mitte den Ball. Lässig, sehr lässig.

23′ Podolski mit ner Chance im Strafraum. Normalerweise macht er die Dinger, wenn sie ihm so auf seinen Linken serviert werden.

20′ Es hat sich noch nichts getan. Beide Mannschaften ohne Präzision im Passspiel. Liegt wohl auch am Kunstrasen (keine Ironie). Man könnte aber auch sagen: Die Anfangsphase haben die Deutschen überstanden.

10′ Ui, sind die alle nervös. Beide Mannschaften. Das merkt man an den schüchternen Torschüsschen und zögerlichen Dribblings.

7′ Richtig, Mischa! Den ersten Freistoß immer Vollspann in die Mauer. Alter Kreisklassentrick.  Beim nächsten Mal ducken sich alle.

6′ Ich glaube, der Ton ist ne Sekunde vor dem Bild da. Erster Russenschuss von Kerschakow.

17:01 Die Hymnen.

Sorry, Magister Haydn. Musikalisch steht es 1:0 für Russland.

16:59 Das Spiel steht unter Leitung von Massimo „Effenberg“ Busacca (hier, auf einem älteren Bild, übt er noch).

16:57 Deutschland also mit seinen besten Kräften. Béla Réthy nicht zu vergessen, der Reporter gewordenen Wikipedia des ZDF.

Bloggt noch wer live? Ah, die 11 Freunde. Nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt.

Aufstellung Deutschland

Adler – Lahm, Westermann, Mertesacker, Boateng – Rolfes, Ballack – Schweinsteiger, Özil, Podolski – Klose.

Mutig, weil Löw einen Debütanten, Boateng, ins Rennen schickt. Folgerichtig, weil er ohne Hitzlsperger und andere formschwache Stuttgarter spielt – zu denen auch irgendwie Gomez noch zu zählen ist.

Aufstellung Russland

Akinfejew – Anjukow, Beresuzkij, Ignaschewitsch, Schirkow – Bystrow, Denissow, Semak, Syrjanow – Arschawin, Kerschakow.

Vorbericht

Nach vielen qualitäts- und ereignisarmen Spielen innerhalb der vergangenen zwölf Monate wird es heute ernst für die deutsche Nationalmannschaft: Das womöglich entscheidende Spiel der WM-Qualifikation gegen Russland steht an. Die Ausgangslage: Gewinnen die Deutschen, sind sie für Südafrika 2010 qualifiziert. Verlieren sie, müssen sie höchstwahrscheinlich in die Relegation im November. Hier wären Teufel und Lattek los, wenn erstmals eine deutsche Elf die Qualifikation zu einer WM verpassen würde. Kaum vorzustellen, dass Joachim Löw das überstehen würde – trotz aller Beteuerungen seitens des Präsidenten Theo Zwanziger. Ach ja, ein Unentschieden würde dem DFB-Team in die Karten spielen. Und die Spannung auf Mittwoch vertagen, wenn es in Hamburg im letzten Spiel gegen Finnland geht.

Wenn Sie mich fragen (aber mich fragt ja keiner) – Russland ist leichter Favorit. In der Summe haben die Russen mindestens gleichwertige Spieler, etwa das Juwel Andrej Arschawin von Arsenal, einen Typen wie Quecksilber: einfach nicht zu fassen. Sie haben den Heimvorteil. Und auf der Bank sitzt Guus Hiddink, der holländische Trainertugend, nämlich Fachwissen, pflegt und dem holländische Traineruntugend, nämlich Besserwisserei (morbus van gaalis), abgeht. Eine talentierte, aber verschüchterte Sbornaja hat er in einen selbstbewussten EM-Halbfinalisten verwandelt. Über ihn sagt ein Spieler: „Hiddink hat uns das gegeben, was wir vorher von keinem russischen Trainer bekommen haben: Freiheit.“ Im Fußball ist die Perestroika mit anderthalb Jahrzehnten Verspätung vollzogen worden. Und das von einem Holländer, der Bücher über Stalin und dessen Geheimdienstchef Berija liest.

Die deutsche Mannschaft wirft dagegen einen Mann auf dem Platz in die Waagschale: Kapitän Michael Ballack, der in Deutschland seltsamerweise in einem uneindeutigen Ruf steht. Manche sehen in ihm den einzigen Spieler von internationalem Format, andere halte ihn für einen überschätzten Schleicher. Ich halte ihn (im Gegensatz zu meinem Vater) für den dominanten Spieler … ja! Einen Führungsspieler. Auf die Gefahr hin, dass ich der Personalisierung verdächtigt werde: Es ist also ein Duell Hiddink gegen Ballack. Die sich aus Chelsea kennen und schätzen.

Einen Hinweis noch auf den Kunstrasen: Es ist ein Thema, bei dem manche sich abwenden, weil ihnen darüber zu viel berichtet worden ist. Aber er könnte in der Tat zum Nachteil für die Deutschen werden, denn, das weiß ich aus Erfahrung, er erfordert eine andere Spielweise. Und vielleicht auch anderes Schuhwerk. Hoffentlich haben die Jungs die Tausendfüßler dabei. Andererseits, auch für die meisten Russen ist das ungewohnter Boden.

 

Deutschland trifft zwei Mal öfter als Aserbajdschan

Endstand 0:2 Ein Spiel mit Niveau. Man weiß nicht, welche Notlüge man sich morgen ausdenken soll, wenn man gefragt wird, was man heute zwischen 18 und 20 Uhr gemacht hat. Analyse folgt. Widerwillig.

87′ Ich schaue mir seit 15 Minuten auf YouTube zweite philippinische Liga an.

84′ Gomez raus, Özil rein. Den jetzt Löw für immer an sich gebunden hat. Also zumindest an den DFB.

75′ Klose verlässt uns jetzt und verabschiedet sich mit einer vergebenen Kopfballchance. Cacau nun drauf. Ne Minute später Jansen (HSV) für Trochowski (HSV).

60′ Wenn ich mich an den Spannungsgehalt der Partie anpassen wollte, müsste ich nur den Wikipedia-Eintrag Aserbajdschan verlinken.

54′ Tor für Deutschland Miroslav Klose Bei der Vorbereitung war der Gegner so freundlich und assistierte. Ball kam irgendwie zu Gomez, sein Schuss lenkte der Keeper dann noch an die Latte, aber Klose steht dann vor dem leeren Tor. Ohne Salto. Bartels: „Ein Tor des Willens.“

52′ Hat Uli Stein seinem Zögling im aserbajdschanischen Tor wenigstens den Faustschlag beigebracht?

47′ Den größten Leistungsunterschied, den ich zwischen beiden Teams erkenne: Die Deutschen erkennen frühzeitig, wenn der Pass eines Mitspielers zu lang gespielt ist. Die Aserbajdschaner rennen bis ins Aus hinterher. Sowas kann spielentscheidend sein.

Die ARD setzt heute wieder mal voll auf investigativen Sportjournalismus – und versendet Hajo Seppelts Doping-Dokumentation zur Leichathletik-WM um 0 Uhr.

Halbzeit 0:1 Ne zähe Nummer. Deutschland zunächst mit Abwehrproblemen, so dass man den 96er Enke sagen hörte: „Ja, bin ich denn zuhause hier?“ Nach Schweinsteigers Führung mehr Sicherheit, aber das Offensivspiel ist dröge wie Feldweg.

45′ Eigentlich ein Pflichttor für „Schmiro“ (Werder-Slang) Klose, der nach Vorbereitung von Trochowski und Gomez aus vier Metern zum Kopfball kommt. Doch Klose macht den Gomez.

34′ Deutschland ideenlos. Stimmt nicht. Eine haben sie: Schießen aus der Distanz.

25′ Da haben wir es schon. Aserbajdschan musste eben drei Minuten mit zehn Spielern klar kommen, weil an der Hose des Elften Blut klebte. Und eine neue Hose nicht schneller aufzutreiben war. Ich glaubte, von Bertis Lippen ablesen zu können: „Ich glaube, die Fifa will nicht, dass sich Aserbajdschan für die WM qualifiziert.“

22′ Soeben erreicht mich, über Rob Alef die Übersetzung der aserbajdschanischen Hmyne: „Aserbajdschan! Aserbajdschan! O großes Land, Deine Kinder sind Helden. Wir sind bereit, für Dich gemartert zu werden.“ Sind wohl Niederlagen gewohnt.

15′ Die ersten zehn Minuten sah die deutsche Abwehr eher danach aus, als wollte sie den Meckerern in die Hände spielen wollen, wie etwa Heinz K. (70) aus Würzburg, der per Mail gerne wissen lässt, was er vom „Bundescremer“ Joachim Löw hält.

12′ Tor für Deutschland Bastian Schweinsteiger Läuft quer zur Spielrichtung, wird nicht angegriffen, schießt mit dem schwachen (pädagogisch richtig muss es heißen: ungewohnten) linken Fuß aus 18 Metern, leicht abgefälscht, Tormann noch dran.

9′ Um Himmels Willen, Enke! Komm doch raus ausm Tor!

8′ Tom Bartels, Moderator: „Die Trainer der Liga lassen nur eine Stunde am Tag trainieren. Und schenken den Spielern viel Zeit zur Regeneration.“ Das wissen wir doch. Ach so, er redet vom Gegner.

4′ Äh? Da spielt ja der Lahm! Der hat doch eben noch mit uns geredet. Ah, Fußball spielt er auch gerne. Gut zu wissen.

Aufstellung Deutschland

Enke – Schäfer, Mertesacker, Tasci, Lahm – Hitzlsperger, Ballack – Trochowski, Schweinsteiger – Klose, Gomez

Die Spieler Aserbajdschans reiche ich bei Gelegenheit nach. Bis dahin genügt zur Vorbereitung auf den Gegner dies (via René Martens), das und vor allem jenes.

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Vorbemerkung

Issa nixa Fringse! Diesen Satz hörten wir zuletzt von Marcello Lippi, nachdem die Italiener vor dem WM-Halbfinale 2006 Torsten Frings gesperrt hatten erfahren hatten, dass die Deutschen ohne ihren Besten auskommen mussten. Dieses mal wird freiwillig auf ihn verzichtet, Joachim Löw hat sich erdreistet, Frings nicht zu nominieren. Thomas Hitzlsperger sei im Moment der Bessere. Und wie reagiert Frings‘ Verbündeter, der Leader Michael Ballack? Mit Protest? Mit Meuterei? Ruft er die Wortmächtigen der alten Fußballwelt zur Verschwörung zusammen? Legt er sein Amt nieder? Nö, er findet’s ok.

Das sind mal neue Töne im in jüngster Zeit so konfliktbelasteten deutschen Nationalteam. Was es sonst noch Neues gibt, erfahren Sie ab 17.45 Uhr hier, im Live-Blog von ZEIT ONLINE. Wenn es um Punkte in der WM-Qualifikation geht. Dazu ist Löws Elf fast bis in den Orient gereist, nach Baku. Das ist Aserbajdschan und wird von Berti Vogts trainiert, ihm zur Seite stehen Uli Stein und Olaf Janßen. Mit sportlichen Niederlagen gegen dieses Land ist eigentlich nur im Eurovision Song Contest zu rechnen.

 

Wales-Deutschland 0:2

20:22 Moin, moin, heute aus Berlin, wo Zeit Online seine neue Dépendance bezogen hat. Kneipe am Prenzlauer Berg, skeptische Blicke unserer Tischnachbarn, die Jungs mit Laptop beim Fußballkucken beäugen. Vorsicht, Event-Fan-Falle! Neben mir: Matthias Bossaller, der neue Kollege, Steffen Dobbert, der Rainer Holzschuh von Zeit Online, sowie Guy Simonow, html-Knecht des indirekten freistosses.

Heute Wales, früher Stolperstein, zu Zeiten von Ryan Giggs oder Ian Rush. Hat diesen Status aber eingebüßt. Wir erwarten nicht weniger als einen Gomez-Hattrick. („F5“ drücken nicht vergessen, um unseren Ergüssen zu folgen!)

20:35 Eigentlich 11-Freunde-Redakteure anwesend? Kucken wahrscheinlich England, die alten Romantiker. Aufstellung: Enke – Lahm, Tasci, Mertesacker, Beck – Hitzlsperger, Ballack, Schweinsteiger, Rolfes – Podolski, Gomez. Jansen verletzt raus, Rolfes dafür rein.

In der ARD heißt es: eine Spitze, nämlich Gomez. Podolski also im linken Mittelfeld. Werden sehen.

20:42 Die Jungs kucken mir über die Schulter. Sehen mir zu, wie ich mein Pointenfeuerwerk zünde. Fühle mich beobachtet. Ist ein bisschen wie beim Austreten. Hoffentlich läufts!

20:45 Hymnen gesungen, Schweigeminute gehalten (wofür eigentlich? weiß das jemand?). Geht los. Kulisse wie beim Frauenfußball. Die dpa wird von einer „gähnenden Leere“ schreiben.

3′ Die Serie Gomez gegen Gomez geht weiter: Erste Flanke zu hoch, er springt untendrunter. Kurz später, sagen wir, mutiger Schussversuch. Leipzig hätte schon gepfiffen, aber hier in Cardiff ist fast keiner da zum Pfeifen.

11′ Tor Deutschland 0:1 Ballack Ein Pfeil aus 28 Metern. Steffen Simon und die Bildregie geben dem Torwart die Mitschuld. Spiel entschieden?

Neue Ansage zur Frage: Wer ist der Boss im Team? Zum zweiten Mal in vier Tagen das 1:0 durch Il Capitano, zum zweiten Mal eine Bewerbung für das Tor des Monats. Die Schuss gewordene Entschlossenheit.

Trainer Baade twittert: „Noch 4 Tore, und Ballack hat Rummenigge eingeholt. Und das als Mittelfeldspieler. Nicht schlecht.“ #ewige Torjägerliste DFB-Elf

21′ Enke verhindert mit dem Ringfinger das 1:1, Deutsche lassen den Walisern viel Platz und Zeit im Mittelfeld.

26′ Podolski hat wohl das Oberseminar „Fehlpass im Hauptstudium“ besucht.

27′ Tasci verursacht zwei halbe Elfmeter in einer Aktion (Hand und Foul), Steffen Simon addiert zu einem frühen, vorzeitlupenhaften „Strafstoß“. Das Pub ist sich einig: war nix!

32′ Gomez knapp vorbei – Mitleid oder Schadenfreude? Kurz später scheitert Podoski (heute Nummer 10), nachdem Ballack klasse aufgelegt hat. Dann Gomez im Abseits, hätte eigentlich gepasst, wenn sein Kopfball ins Tor gegangen wäre. #Pechvogel

35′ Wirkt lahm heute, der Beck. Ganz im Gegenteil zum vorigen Samstag. Hoffenheim ausgepowert?

37′ Podolski besteht das Vordiplom der Christian-Ziege-Flanken-Schule mit „gut“.

Halbzeit 0:1 Nach dem frühen Tor war eigentlich zu erwarten: leichtes Spiel. Denkste! Abwehr unterlegen im Kopfball, viel Raum im Mittelfeld für die Waliser, trotz Hitzlsperger, Rolfes und Ballack im Zentrum. Außenspieler Beck, Schweinsteiger und Podolski mit einfallslosem Spiel ohne Ball. Gomez ohne Fortune. Bleibt Ballack als herausragender Spieler. Und Enke, die grüne Spinne, die erstaunlich viel zu tun hat.

1:0 für England: Crouchy (29′). Jubel in der Schwalbe?

Korrektur: Ballacks Schuss aus 32 Metern, mit 108 km/h Speed. Nach ersten Berechnungen war der Ball also 1 Sekunde unterwegs. Gemessen von Ballacks Fuß bis zum Überschreiten der Torlinie. Nicht eingerechnet den Geschwindigkeitsverlust durch Luftwiderstand und Erdanziehung.

Unsere Umgebung hat sich übrigens an uns gewöhnt, auch wenn wir Fremde bleiben. In Kreuzberg hätten wir mit unseren Laptops schon aufs Maul gekriegt.

48′ Tor für Deutschland Eigentor Williams Die Waliser wollen wohl Gomez weitere Therapiesitzungen ersparen. Krummer ist selten ein Tor gefallen. Fallend, stolpernd, wie eine Marionette, der man die Fäden zerschneidet, sichert Gomez den Ball und schießt den Ball grob Richtung Tor. Williams besorgt den Rest. Den Abwerspieler zu einem Eigentor zwingen: Stürmerqualität.

Kneipe reagiert mit Heiterkeit.

56′ Enke macht weitere Zentimeter im Rennen um die Nummer 1 gut. Rettet die 2:0-Führung mit gutem Reflex und bügelt erneut die Fehler von Tasci und Co aus.

63′ Steffen Simon macht Fußballkabarett: „Das machen sie gut, mit viel Ruhe.“ Und das, während die deutsche Abwehr seit Minuten Blinde Kuh spielt.

Lukas Podolski beweist es: Menschen können unsichtbar sein.

Oh, jetzt betreten Eisern-Union-Fans die Bude. Muss ich mich in meinem weißen Hemd fürchten?

72′ Trochowski für Podolski. ARD zeigt Zeitlupe, in der Podolski mit Ballack aneinander gerät. #Führungsspielerdebatte

73′ Gomez-Spiele gehen weiter. Rutscht aus und schießt sich gegen das Standbein. Es ist vermaledeit.

78′ Einer der wenigen Höhepunkte des Spiels: der eingesprungene Lahm an der Eckfahne. Tiefpunkt: Hinweis auf Waldis WM-Club. #Würgereiz

89′ Noch ein Gomez! Eigentlich gute Bewegung, Mitnahme und Schuss im selben Ansatz. Doch drüber.

Endstand 0:2 Bis zur 60. Minute war Wales gleichgut. Bei Enke darf man sich bedanken, dass die Führung hielt und dass Wales nicht mehr herankam. Deutsche Abwehr, besonders Tasci, mit Flüchtigkeitsfehlern und größeren Problemen bei langen, hohen Bällen als die gegnerischen Pendants. Rolfes fahrig, Hitzlsperger dagegen sehr solide. Ballack stark, gerade in Bedrängnis sieht man seine Klasse. Und dann seine Schusstechnik! Gomez hat seine Tore für den VfB aufgehoben. Man weiß auch nicht, ob „sein“ 0:2 Linderung oder Symptom seiner Melancholie ist? Schweinsteiger sollte man das Attribut Juniorchef absprechen. Das Portugal-System (zwei 6er Rolfes und Hitzlsperger, Ballack vorgezogen, Podolski links, eine Spitze) hat heute nicht gegriffen. Andererseits, WM-Qualifikationsspiele sind keine Catwalks.

Ballack über die Handgreiflichkeit Podolskis: „Er ist ein junger Spieler und hat noch viel zu lernen.“ Würde gerne beim nächsten Training Mäuschen spielen. #Aufmüpfige abgrätschen

23:01 Im Raucherraum mokiert man sich über die müden Aprilscherze von Waldemar Hartmann und Paul „Potato“ Breitner. Darauf haben wir keine Lust mehr – und sagen Tschüs bis zum nächsten Mal.

 

Deutschland – Liechtenstein 4:0

19:46 Moin, Moin und guten Abend aus Berlin (ZEIT ONLINE ist mitten im Umzug),

das kann was werden. Liechtenstein. Die Nationalmannschaft spielt gegen Liechtenstein. Wieso kann ich mir nicht vorstellen, dass uns das Spiel begeistern wird? Gehört Teltow eigentlich zu Berlin?

1′ Oli Kahn durfte sagen, wie sehr es in ihm noch kribbelt. Das Angebot von Schalke kam jedoch zu früh. Aber geht los. Stadion voll. Deutschland mit Enke im Tor, Beck, Mertesacker, Tasci, Lahm, Ballack, Hitze, Schweinsteiger, Jansen, Gomez und Podolski. Ich vermute, dass Podolski ein Tore schießt und Gomez eines vorbereitet. Nicht die F5-Taste oder reload vergessen.

4′ Ballack drischt den Ball mit rechts direkt ins Tor. 1:0 für Deutschland. Zuvor flankte Scheinsteiger mit viel Gefühl. Eine Ecke, zwei Chancen, ein Tor. Und das nach drei Minuten.

9′ Gab es in Deutschland (oder wo war es?) eine Diskussion über Torhüter? Der Torwart von Liechtenstein lässt einen guten Schuss von Podolski abprallen. Jansen trifft zum 2:0. Ich fürchte, ich werde es nicht schaffen, alle Tore richtig zu zählen.

12′ Zweite Chance für Gomez, er fällt aber mehr, als das er schießt. Der Mann hat sich viel vorgenommen. Wenn nicht heute, wann dann? Was mir auffiel: Die Nummer 2 von Liechtenstein sieht aus wie C. Metzelder, sammelt der Spielpraxis?

18′ Was ich mich frage: Welcher Torwart soll ein „Pimpf“ sein, freifuss? Und: Nach einer Viertelstunde rollt die Laola durch das Stadion, ob der Reporter von ZEIT ONLINE auch aufspringt? (Er ist Littbarski-Fan.) Und wieso sitze ich in Teltow und schaue via DVBT? Beck und Lahm spielen stark. Ballack mit guten Pässen.

25′ Béla Réthy spricht von „Seelenruhe“ und „ersten Konzentrationsschwächen“ im deutschen Team. Nicht jeder Pass kommt an, aber wann kommt schon jeder Pass an? Hitzlsperger schießt aus der Distanz – aber der Torhüter kann auch halten.

32′ Der erste Fast-Angriff von Liechtenstein und Uli will lieber etwas trinken gehen. Ist ein Spiel gegen so einen Gegner Pflicht für einen Fußballfan oder darf man da auch mal wegschauen?

36′ Beck spielt den Ball mit der Hacke, erste Pfiffe, weil sie alle noch mehr Tore sehen wollen. #Fußballfest

38′ Schon wieder mit der Hacke: Gomez ganz geschickt auf Podolski: Der schießt aus 16 Metern ganz knapp vorbei. Ich bin mir sicher, dass er noch eines macht.

41′ Freistoß Schweinsteiger, Hitzlsperger volley aus der Luft. Réthy: „Es wäre ein herrlicher Treffer gewesen“.

42′ Podolski ans Außennetz. Er macht noch eines, ganz sicher.

45′ Halbzeitpfiff: Das war bisher ein gutes Spiel. Ballack präsent, Beck aggressiv, Podolski und Gomez mit einigen Chancen. Die spielen alle so, wie man gegen Amateure spielen kann: ganz ansehnlich. Ich brauch ein neues Bier, muss in den Keller in Teltow.

Zwischenruf: Die Uhr wird vorgestellt. Auch gut.

20:59: Oli Kahn sagt: „Zu wenig!“ Er hofft, dass die Mannschaft noch „explodiert“. Ich glaube, Kahn ist verrückt, positiv verrückt. Wenn der mal Trainer oder Manager wird. Weiter geht es.

46′ Tolle Kombination, aber Gomez verpasst. Guter Start. Ob J. Löw Ähnliches in der Pause gesagt hat, wie O. Kahn?

47′ 3:0! Schweinsteiger schubst den Ball nur noch über die Linie. Zuvor hatte Podolski aus Abseitsposition geschossen. Er macht noch eines.

49′ Das war klar: Podolski schießt sein Tor. 4:0, reingeschoben. Flanke kam von Gomez. Eines macht Podolski noch.

53′ Gomez springt quer in die Luft und verpasst im Fünfmeterraum den Ball, schade. Aber was ist das: Tiefensee, der „Aufbau-Ost-und Verkehrs-Minister“ lacht sich ins Fäustchen. (Was macht Herr Mehdorn gerade?)

58′ Jetzt weiß ich es, Freifuss: Wolfgang Tiefensee ist ein Eventfan. So sicher wie Podolski noch ein Tor schießt, schießt Tiefensee Mehdorn in der nächsten Woche aus dem Job. Gleich kommt Helmes. Noch so ein Scharfschütze.

63′ Helmes kommt für Jansen. War eine couragierte Leistung.

67′ Kahn sagt, dass ein Torhüter, auch wenn er nicht gefordert wird, wach sein muss. Der ZDF-Crew muss auch langweilig sein. Ich vermute, Kahn möchte lieber mit Schalke gegen Klinsmann Meister werden, als mit Klinsmann die Champions League gewinnen. Deutschland spielt weiterhin gut nach vorn. Gomez vergibt Chancen und wird ausgepfiffen. #Chancentod

70′ Gomez verpasst zwei Meter vor dem Tor …

73′ Jetzt was Überraschendes: Tasci bekommt Gelb. Dabei hat er bisher unsichtbar gespielt. Wegen dieser Spielweise verfolgen ihn viele Spione.

77′ Podolski mit voller Wucht, gehalten. Marin kommt für Hitzlsperger.

82′ Ich glaube, Deutschland hat den Sieg sicher. Diese Fußballhelden, wieder mal einen Zwergenstaat besiegt!

84′ Marin schickt Gomez, der macht alles richtig, gute Ballannahme, Schuss und auf die Latte …

87′ Rolfes läuft für Schweinsteiger auf das Feld.

Abpfiff: Philipp Lahm sagte am vergangenen Dienstag, das Nationalteam, werde gegen Liechtenstein gut spielen und hoch gewinnen. Vielleicht 4:0, lautete sein Tipp. Der kleine Snooker-Fan lag vollkommen richtig: Es war keine Glanzleistung, aber ein ordentliches Spiel. Béla Réthy nannte Andi Beck zwischenzeitig „Giftzwerg“. Das geht zu weit. Beck hat engagiert gespielt und sich für einen Stammplatz empfohlen. Was bleibt sonst? Die Abwehr war unsichtbar, da es fast keine Herausforderungen gab. Ballack schoss das 1:0, doll wie eine Wuchtbrumme, und zeigte eine gute Partie. Nach den beiden schwachen Spielen gegen England und Norwegen hat das gesamte Team gezeigt, was es kann. Mehr auch nicht. (Und Hartmut Mehdorn wird sich noch eine Woche im Amt halten).