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Im Nachtbus nach Rio de Janeiro

Busarmada an der Raststätte nachts um drei Uhr
Busarmada an der Raststätte nachts um drei Uhr (Foto: Christian Spiller)

Ich fliege nicht gern. Ich hasse die Starts, mag keine Landungen und dazwischen ist es auch nicht viel besser. Leider ist dieses Brasilien verdammt groß und ich habe mein WM-Büro in Rio de Janeiro bezogen, in jener Stadt, auf deren Inlandsflughafen man nach einem der irrsten Landeanflüge der Welt aufsetzt. Sie können das ja mal googlen, Santos Dumont heißt der Flughafen, die Startbahn ist kurz und der Zuckerhut im Weg, weshalb die Piloten kurz vor der Landung eine fiese Kurve fliegen müssen. Nichts für mich, wirklich nicht.

Also fahre ich Nachtbus.

Nachtbusse sind in Brasilien die Flugzeuge des kleinen Mannes. Fliegen ist zwar billig hier, aber Nachtbusse sind billiger. Eine Nacht gibt es schon für 30 Euro, so günstig ist kein WM-Hotel. Die Busse sind modern, sauber, in vielen gibt es sogar Fleecedecken, Nackenkissen, Knabberzeugs und Kopfhörer gratis. Sie sind zudem überaus pünktlich und fahren überall hin, kreuz und quer durch das ganze Land. Das Herz einer brasilianischen Provinzstadt ist der Busbahnhof. Wer genug Sitzfleisch hat, kann von Porto Alegre im Süden bis nach Belém im Norden fahren. 4.000 Kilometer in 64 Stunden, ein Drei-Nächte-Bus sozusagen.

Trotzdem ist eine Nachtbusfahrt die Hölle. Vielleicht bin ich ein mitteleuropäisches Pinzchen. Aber immer wenn ich im Morgengrauen aus einem Nachtbus falle, fühle ich mich nicht, als ob ich in einem gefahren wäre, sondern er über mich drüber. Nicht nur einmal, sondern 64 Stunden lang.

In Brasilien ist jeder Ayrton Senna

Das liegt vor allem am Fahrstil der Busfahrer. Jeder einzelne von ihnen möchte das Vermächtnis seines Landsmanns Ayrton Senna fortführen, des größten Rennfahrers aller Zeiten. Und so prügeln sie über brasilianische Landstraßen als säße ihnen Alain Prost im Nacken. Kaum eine Kurve, die nicht voll ausgefahren wird. Gebremst wird erst, wenn die Räder auf der Kurveninnenseite die Bodenhaftung verloren haben. In Verbindung mit den Lombadas, das sind brasilianische Bodenwellen aus Beton, die all die Pseudo-Sennas zur angemessen Geschwindigkeit erziehen sollen, wird der Passagier im Bus umhergeschleudert wie eine Socke in der Waschmaschine.

Der nächste Killer: die Klimaanlage. Immer volle Pulle. Wenn sich wieder einmal ein brasilianischer Fußballer in Deutschland über den strengen Winter beschwert, ist er wahrscheinlich nie Fernbus gefahren. Die Busse sind mit Sicherheit die kühlsten Orte im ganzen Land. Es sind auch die einzigen, an denen ich Brasilianer mit Daunenjacken gesehen habe. Kein Scherz, die Jungs und Mädels sitzen mit Winterjacken im Bus, wahrscheinlich sind die Klimaanlagen eine Erfindung der Jackenindustrie.

Schön sind auch die regelmäßigen Pausen. Klar, die Fahrer müssen sich erholen, die Passagier aufs Klo und an den Futtertrog. Doch nachts um drei vom grellen Neonlicht einsamer Raststätten aus den einzigen zehn Minuten Schlaf in den nächsten sechs Stunden gerissen zu werden, ist wenig erbaulich. Ich schwanke dann der Meute hinterher, die zuerst geschlossen auf die Klos trippelt, die riesig wie eine Turnhalle sind.

Anschließend wird man durch das angeschlossene Restaurant mit Buffet gelotst. Sie glauben gar nicht, wie viele Menschen sich mitten in der Nacht den Bauch vollhauen. Weil die Brasilianer verrückt nach Bohnen sind, können Sie sich auch vorstellen, wie es nach sechs Stunden in so einem Bus riecht.

An der Raststätte nachts um drei Uhr (Foto: Christian Spiller)
An der Raststätte nachts um drei Uhr (Foto: Christian Spiller)

Wer nicht pennt, weckt andere

Nach dem Essen ist es dann oft gar nicht so einfach, den richtigen Bus wiederzufinden. Weil Nachtbusfahren in Brasilien hipper ist als Sambatanzen, stehen dort manchmal 20 Busse nebeneinander. Meist sehen sie gleich aus, weil sie von derselben Busgesellschaft sind. Jedes Unternehmen hat seine Lieblingsraststätten, in denen es sicherlich auf jede verspeiste Bohne ein bisschen Provision gibt. Wer im durchgeschleuderten Zustand nicht aufpasst, landet wieder am Ausgangsort.

Ein großer Spaß sind auch die anderen Mitfahrer. In dieser Hinsicht sind sich Flugzeug und Nachtbus gleich: Schon beim Einsteigen hofft man, dass der etwas kräftigere, schnaufende Bluthochdruckpatient nicht derjenige ist, dessen Körper in den kommenden sechs Stunden über die Armlehne quillt. Des Öfteren spürt man einen Kopf, der nächtens übermüdet auf die eigene Schulter fällt. Das ist nur in absoluten Ausnahmefällen ein schönes Erlebnis.

Doch auch ich, der Deutsche, bin ein Ärgernis in solch einem Nachtbus. Weil ich nicht schlafen kann, wälze ich mich hin und her und habe damit schon manchem Sitznachbarn tiefe Ringe unter die Augen gegraben. Neulich ist mir beim Wälzen mein Handy aus der Hosentasche gefallen. Es landete auf dem Boden, mit einem Scheppern, das mitten in der Nacht einem startender Düsenjet nahe kam. Sofort waren alle wach, meine Sitznachbarn und deren Nachbarn und deren Nachbarsnachbarn. „Desculpa„, sagte ich und lehnte mich in die nächste Kurve.

Ein Brasilien-Blogger hat kürzlich zehn Gebote zum Busfahren aufgeschrieben. Zum Beispiel, auch nicht ganz unwichtig: Du sollst nicht in Nähe der Toiletten sitzen. Er resümiert mit dem zehnten, den letzten Gebot: Du sollst fliegen. Amen. Ich werde mir Santos Dumont nochmal genauer anschauen.

 

Spitznamen in Brasilien: Shampoo und die Ameise

Der brasilianische Spitznamengenerator.
Der brasilianische Spitznamengenerator

Ich würde Spillaldo heißen, meine Kollegen Dobbimo und Fra, mein Chef Wegnson. Angela Merkel wäre Merkaldo und Wladimir Putin, festhalten: Puta. So sagt es zumindest der brasilianische Spitznamengenerator im Netz, der mit einem Mausklick Exotik ausspuckt. Schon fast sechs Millionen Leute haben ihn ausprobiert. Weil er aus einem Karl-Heinz Müller einen Müllerauro macht.

Unwiderstehlich sprechende Spitznamen sind eines der brasilianischen Geschenke an die Welt. Die Brasilianer pfeifen auf Förmlichkeit wie Nachnamen oder so einen Quatsch. Sie sind stolz auf ihre Spitznamen, weil es in ihrem Land doch persönlicher und lockerer zugeht als im Rest der Welt. Jeder wird spitzgenannt: der Pförtner, der Professor, selbst Staatspräsidenten. Luiz Inácio da Silva, bis 2011 im Amt, nahm seinen Spitznamen Lula sogar in seinen offiziellen Namen auf.

Und natürlich die Fußballer: Fast niemand kann etwas mit Edson Arantes do Nascimento anfangen, fast alle mit Pelé. Manuel Francisco dos Santos kennt jeder nur als Garrincha, benannt nach einem etwas zerrupft aussehenden Vogel, weil Garrincha mit einem X- und einem O-Bein nicht den elegantesten Eindruck machte.

Ricardo Izecson dos Santos Leite war eindeutig zu kompliziert für dessen kleinen Bruder, der sich das für deutsche Ohren nicht ganz stubenreine Kaká einfallen ließ. Carlos Caetano Bledorn Verri litt unter seinem Onkel; der dachte, der kleine Carlos wachse nicht mehr und benannte ihn deshalb nach dem siebten und kleinsten Schneewittchen-Zwerg: Dunga.

Hmm, vielleicht doch Ähnlichkeiten mit einem Schneewitchen-Zwerg? Carlus Dunga, Ex-Spieler und -Trainer der brasilianischen Nationalelf (Foto: Martin Rose, Getty Images)
Hmm, vielleicht doch Ähnlichkeiten mit einem Schneewitchen-Zwerg? Carlus Dunga, Ex-Spieler und -Trainer der brasilianischen Nationalelf (Foto: Martin Rose, Getty Images)

Doch es geht auch weniger subtil. Es gab Fußballer, die hießen Formiga (Ameise), Bigode (Schnurrbart), Boquinha (kleiner Mund). Ein anderer hieß Manteiga (Butter), weil seine Pässe weich wie selbige waren. Selbst vor Hautfarben machte niemand halt. Ein Kicker heiß Escurinho (kleiner Dunkler), ein anderer Petroleu (Öl), der nächste Meia Noite (Mitternacht). Pretinha (kleines schwarzes Mädchen) spielte 1996 für Brasilien bei den Olympischen Spielen in der Frauenfußballnationalelf.

Bei der WM 1990 spielte der Stürmer Luis Antoni Correa da Costa, der sich einen ganz besonderen Künstlernamen wählte: Müller. Sein Vorbild war übrigens Gerd, nicht Thomas.

Es gibt sogar Überlieferungen von Fußballern, die nach Zahlen benannt wurden. Einer hieß 84, der nächste 109, ein anderer Duzentos (Zweihundert). Airton Beleza (Airton hübsch) soll es eher nicht so gewesen sein. Ein Fußballer bekam den Namen Shampoo verpasst, weil er nebenher als Frisör arbeitete. Einen seiner Söhne nannte er Shampoozinho, den kleinen Shampoo.

Spitznamen, ein Symbol der ewigen Jugend

Woher dieser Hang zum lockeren Namen kommt, ist nicht ganz klar. Die einen sagen, die Portugiesen sind Schuld, weil ihr Namenssystem viel zu kompliziert ist. Die Kolonisatoren kamen meist nicht ohne vier Namen aus: einen Vornamen, den eines Heiligen sowie den Nachnamen der Mutter und des Vaters. Da tat ein wenig Reduktion not.

Andere halten Spitznamen für ein Überbleibsel der Sklavenzeit, also vor allem für ein Mittel der Repression. Wieder andere sehen in den Spitznamen ein Symbol der verlängerten Jugend. Wer sich mit Spitznamen anredet, ist ein Kumpel. Ein Nationalteam voller Spitznamen zeigt, dass die Jungs genauso gut auch noch am Strand oder im Park kicken könnten.

Aus dem aktuellen WM-Kader haben 17 Spieler ausgedachte Namen. Der exotischste: Hulk. Wie er zu seinem Namen kam, darüber gibt es verschiedene Erzählungen. Er sieht ein wenig so aus wie der grüne Superheld, aber vor allem soll er so heißen, weil er als Kind schon gerne Comics las.

Doch, kommt hin: Hulk halt (Foto: Buda Mendes, Getty Images)
Doch, kommt hin: Hulk halt (Foto: Buda Mendes, Getty Images)

Auffällig auch: Torhüter oder Verteidiger haben seltener Spitznamen als offensive Spieler. Die Brasilianer lieben nun einmal ihre Offensivkünstler um einiges mehr als die Kaputtmacher. Für einen Defensiven ziemen sich Künstlernamen nicht, sie sollen gefälligst arbeiten. Die Innenverteidiger Thiago Silva und David Luiz klingen für brasilianische Verhältnisse auch anständig bodenständig.

In den sechziger Jahren versuchte der brasilianische Radiokommentator Edson Leite eine Kampagne zu starten, die die echten Namen durchsetzen wollte. Pelé sollte Edson Arantes heißen und Garrincha lieber Manuel Francisco. Es klappte nicht, die Magie wäre weg.

Oft sind ja auch die Eltern Schuld. Sie geben ihren Kindern gleich von vorneherein die absurdesten Namen. Wo in Deutschland jeder Standesbeamte vor Schreck umfallen würde, grinst er hier nur. So gibt es Fußballer, die heißen Michael Jackson, Allan Delon oder Michael Douglas. Ein anderes Talent heißt Kierrison, benannt nach Keith Richards und Jim Morrison.

1970 wurde ein Baby Tospericagerja genannt, das so viele WM-Helden wie möglich in seinen Namen vereinigen sollte: Tostão, Pelé, Rivelino, Carlos Alberto, Gérson und Jairzinho. Es gibt auch Berichte von Kindern die Gol, also Tor, heißen. Manche auch Gooooool. Vielleicht ist das in neun Monaten ja wieder ein beliebter Name.

 

Schland am Strand

Kinder vor der Strandbar "Tor" (Foto: Christian Spiller)
Kinder vor dem Strandkiosk „Tor“ (Foto: Christian Spiller)

Vielleicht ist es die Sonne. Sie glänzt hier ganz besonders. Oder die Brise, die vom Meer herüberweht. Oder die Aussicht auf den sichelförmigen Sandstrand auf der einen und die Felsen auf der anderen Seite. Auf deren Spitzen scheinen die grünsten Palmen der Welt zu wachsen. Oder alles zusammen. Auf jeden Fall ist es an der Copacabana viel zu schön, um blöd herumzugrölen.

Ich hatte einiges befürchtet. Einen der bekannten Strandkioske hat das deutsche Generalkonsulat während der WM-Wochen gemietet. Zum öffentlichen Fernsehgucken, wie es seit einigen Jahren arg angesagt ist. Wo sonst die Cariocas entspannt ihr Bierchen schlürfen und schöne Menschen am Strand beobachten, wollen die Deutschen nicht ganz so schönen Menschen auf einem fernen Fußballplatz zugucken. Dafür hingen sie schwarze, gelbe und rote Luftballons auf und verteilten aufblasbare Klatschhilfen und Hawaiiketten. „Tor“ nannten sie ihren Kiosk auch noch. Oje.

Für jedes deutsche Tor, so war es versprochen, würde es zudem Freibier geben. In Kombination mit der Mittagssonne, Anpfiff gegen Portugal war um 13 Uhr Ortszeit, ließ das nichts Gutes erahnen. In dieser Zeit kocht die brasilianische Sonne mit großer Freude mitteleuropäische Großhirne weich. Zumal ich mich unwohl fühle auf Fanfesten, all die scwharz-rot-güldene Seligkeit macht mich oft schon ohne Sonne ganz schummrig. Ich hasse Hawaiiketten. Und ein paar Schland-Deutsche und Fanmeilenprollos würden es sicher bis nach Rio de Janeiro schaffen. Ist doch klar.

Und dann kamen Leute wie Erika Schmidt. Erika Schmidt hatte sich an diesem Tag die Farben der deutschen Fahne auf die Wangen gemalt. Sie hatte extra ein schwarzes Top und goldene, in diesem Fall halt gelbe, kurze Hosen angezogen. Erika Schmidt ist für Deutschland, doch das einzige deutsche Wort, das sie halbwegs sicher beherrscht, ist – sorry – „Scheiße“. Sie spricht es so schön weich aus, wie „Scheise“.

Es geht an diesem Nachmittag herrlich unprollig zu. Das Publikum ist tendenziell jung und weiblich, was die Zahl der deutschen Bürstenhaarschnitte in einem überschaubaren Rahmen hält. Ebenso die Zahl öder „Deutschlaaaaand-Deutschlaaaand“-Choräle, ich vermute da einen Zusammenhang. Bei der Hymne bleiben fast alle sitzen. Gesungen wird, wenn überhaupt, nur der Refrain.

Erika Schmidts Großvater kam aus Deutschland, der andere aus Portugal, was die Sache an diesem Tag aber nicht verkomplizierte. „Scheise“, sagte sie, als in der siebten Spielminute der Fernseher ausfiel und alle im Tor das Erste von Thomas Müller verpassten. Einer aber hatte immerhin ein Handy mit Zimmerantenne dabei, als er jubelte, jubelten einfach alle mit. Es kam zu ersten spontanen Freibier-Sprechchören, die sich noch öfters wiederholen sollten.

Tatsächlich hatte niemand mit Thomas Müller gerechnet. Schon zur Halbzeit, 3:0 stand es da, waren die Torjubel fast routinemäßig in Freibier-Forderungen übergegangen. Doch die Biervorräte waren aufgebraucht. Ein deutsches Fanfest ohne Bier – das ist wie Public ohne Viewing.

Vor dem Strandkiosk "Tor" (Foto: Christian Spiller)
Vor dem Strandkiosk „Tor“ (Foto: Christian Spiller)

Auch Paul aus Australien ist etwas besorgt ob der zu Ende gehenden Getränkevorräte. Er trägt ebenfalls schwarzrotgold auf der Wange, weil die Deutschen ein großartiges Team haben. Er erzählt, wie angenehm er es hier findet. Ich erzähle ihm von meinem Problem. Er sagt, er wisse, was ich meine. Vor einiger Zeit ließ er sich ein Australien-Tattoo stechen, weil er sein Land so liebe. Später hörte er, dass in seiner Heimat einige Australier auf Muslime losgingen. Und viele von denen ließen sich jetzt dasselbe Tattoo stechen. Er würde seines am Liebsten wieder wegmachen. Doch ein Tattoo wird man fast ebenso schwierig los wie seine Nationalität.

Hier und heute aber ist alles harmlos. Das deutsche Fanfest kommt als Campusparty daher, zu der man ein paar Tonnen Sand herangeschafft hat. Das Spiel läuft so nebenher. Auf dem Bürgersteig bilden sich Grüppchen, die entspannt plaudern. Vom Strand kommen ein paar Beachboys mit freiem Oberkörper und wollen sehen, warum die Leute auf den Fernseher schauen statt auf sie. Kleine Kinder spielen mit Deutschland-Fähnchen im Sand.

Brasilianisches Fernsehteam in der Strandbar "Tor" (Foto: Christian Spiller)
Brasilianisches Fernsehteam im Strandkiosk „Tor“ (Foto: Christian Spiller)

Als es wieder Bier gibt, habe ich nur noch ein Ziel: All den Fernsehkameras aus dem Weg zu gehen. Vier oder fünf Teams sind da, aus Brasilien und Deutschland, sie wollen Jubelbilder und blöderweise sitze ich in der ersten Reihe, weil ich mal wieder zu spät kam und woanders nichts mehr frei war. Ich versuche mich, bei den Toren extra wegzuducken, aber es fallen ja so viele, am Ende vier.

Kurz nach dem Spiel bekomme ich eine Nachricht. Ich wurde im Fernsehen gesehen. Beim Torjubel. Mit einer schwarz-rot-goldenen Hawaiikette. Ich denke, so etwas kann schon mal passieren.

 

 

Durch die WM mit der brasilianischen Wunderbeere

Baskets of acai berries sit on a truck waiting to be taken to market in Abaetetuba
Die Beere in Reinform (Foto: Paulo Santos/Reuters)

Sie werden lachen, aber so eine WM ist eine anstrengende Sache. Das Turnier hat noch nicht einmal begonnen, schon hat mich der brasilianische Alltag so gut wie verschlissen. Dass ich mit meiner Wohnung in Rio de Janeiro auch zwei Katzen gemietet habe, kann ich, obwohl eher Hundetyp, noch verschmerzen. Sie verheddern sich am liebsten in meinen mitgebrachten Ladegeräten, von denen eines (Smartphone) problemlos in brasilianische Steckdosen passt, das andere (Notebook) jedoch nicht. Ein technisches Rätsel, das ich wohl bis zum Finale nicht gelöst haben werde.

Schon anstrengender: Für den Erwerb einer brasilianischen SIM-Karte sollte man sich als Ausländer mindestens einen halben Tag Zeit nehmen. Nur das geballte Wissen von etwa sechs SIM-Karten-Verkäuferinnen kann am Ende des (halben) Tages weiterhelfen. Wer dann fröhlich aus dem Laden läuft und träumend eine erste SMS in die Heimat tippt, der wird durch die Gefahren des Straßenverkehrs wachgerüttelt. Autos und Busse brettern durch Rios Straßen, dass einen der Fahrtwind fast vom Bürgersteig fegt.

Und selbst am Strand, dem Sehnsuchtsort jedes Teutonen, ist alles nicht so einfach. Schon von Weitem fallen wir auf, mit unseren blassen, schlappen Körpern. Die Brasilianer sitzen breitbeinig daneben, grinsen und streicheln über ihre braun gebrannten, öligen Muskeln. Wer es dann noch wagt, ein Buch in die Hand zu nehmen, braucht sich nie wieder hintrauen. Ein Buch! Am Strand! Wo es da doch so viel zu sehen gibt. Gehst du auch mit einem Buch ins Fußballstadion? Das fragte mich mal ein braun gebrannter, öliger Muskelmann.

Ja, sie raubt schon jetzt Kraft, diese WM. Doch es gibt Hilfe. Eine kleine, dunkelblaue Beere wird mich durch das Turnier tragen. Eine wahre Wunderbeere, ohne die in Rio de Janeiro schon längst nichts mehr geht. Sie ist eine natürliche Droge, Rios Red Bull, bloß ohne Dosen. Vergessen Sie die Strände, den Samba, den Jesus. Der einzig wahre Grund in diese wundervolle Stadt zu reisen heißt: Açaí.

Vor 20 Jahren kannte die kleine, dunkelblaue Beere außerhalb der Amazonas-Region noch niemand. Sie wächst nur dort auf den sogenannten Kohlpalmen. Mittlerweile ist sie Teil der brasilianischen Strandkultur. Jede Saftbar, jeder Sandwichladen, der sie nicht im Angebot hat, kann eigentlich dicht machen. Die Beere macht stark, gibt Energie und soll auch als Aphrodisiakum wirken. Es gibt Erzählungen, wonach sich der Kinderwunsch bei einigen brasilianischen Paaren erst nach regelmäßigem Açaí-Konsum eingestellt hat.

Dabei sieht das Zeugs zunächst einmal aus wie ein Haufen Schlamm. Açaí wird halbgefroren als eine Art Sorbet gelöffelt. Der Geschmack erinnert an eine Mischung aus Himbeeren, dunkler Schokolade und einer Handvoll Mutterboden. Erst nach einem halben Becher fängt es an, zu schmecken. Nach zwei Bechern ist man süchtig.

acai
Die Beere zum Löffeln (Foto: Christian Spiller)

Açaí soll vor Herzinfarkt und Krebs schützen. Die Beere strotzt vor Vitaminen und hat Kalorien ohne Ende. Oft gibt es sie mit viel Zucker, geschreddertem Müsli und anderen zermanschten Früchten. Die großen Becher nennen sich dann Açaí Bombada oder Super Energético. Wie gemacht für die körperbessenen Cariocas, die Einwohner Rios. Tim Wiese würde es lieben.

Das Schöne an der Beere: Sie verdirbt schnell, weshalb sie in ihrer echten Form nicht weit über Brasilien hinauskommt. In den USA gab es vor ein paar Jahren mal einen Boom, allerdings mussten die Amerikaner sich mit der Pulverform begnügen. Ein toller Anachronismus im Zeitalter der Globalisierung: In einem Teil der Welt wollen es alle, in einem anderen hat man noch nie etwas davon gehört.

Darauf ein Buch am Strand.

 

Die Tops und Flops von Sotschi

Eine kleine Bilanz nach 16 Olympia-Tagen:

Tops

– Carina Vogt gewinnt das erste olympische Skisprung-Gold.

Die Slopestyler, die Figuren des neuen, modernen Olympias. Wie sie mit Niederlagen umgehen, wird zwar dem Klischee gerecht, steht aber im größtmöglichen Gegensatz zu der beinahe militärischen Verbissenheit der traditionellen Wintersportarten.

– Twitternde Sportler. Durch das (fast) neue Medium Twitter haben wir erfahren, dass Sportler auch lustig sein können. Besondere Erwähnung: der Biathlet Martin Fourcade.

 

Schwanensee bei der Eröffnungsfeier

– T.J. Oshie, der Penalty-Schütze, der die Eishockey-Russen fast allein besiegte.

– Steffi Böhler, deutsche Skilangläuferin, bei der 2012 Schilddrüsenkrebs diagnostiziert wurde und die in Sotschi sensationell sechste, vierte und dritte wurde.

– Das Eishockey-Finale der Frauen, ein dramatischer knapper Sieg für Kanada gegen die USA mit zwei kanadischen Last-Minute-Toren, die die erst die Verlängerung möglich machten und den Siegtreffer in der Verlängerung. Beste Werbung für den Sport, der auf der Streichliste der IOC landen könnte, weil nur zwei Teams konkurrenzfähig sind: Kanada und die USA. Aber dann würde uns so was entgehen.

Die Gold-und-Silber-Buckelpisten-Schwestern

– Das warme Wetter, endlich mal kein gefrorener Speichel an Langläufer-Kinnen.

– Dieses Foto-Finish

 

– Bogdana Mazozka, die ukrainische Sportlerin, die aus Solidarität mit den Demonstranten in ihrer Heimat abreisen wollte.

Flops:

Die Toten in Kiew

– Manipulationsvorwürfe beim Sieg der russischen Eiskunstläuferin Adelina Sotnikowa über die Koreanerin Yuna Kim. Ein Jurymitglied ist die Frau des Präsidenten der Russischen Eiskunstlauf-Union. Ein zweites war schon mal in einen Absprachen-Skandal in Salt Lake City 2002 verwickelt. Das IOC schweigt. Katharina Witt: „Ich war komplett fassungslos und sauer auf unseren Sport, da muss man sich nicht wundern, wenn sich die Leute abdrehen.“

Die verfehlten Medaillenziele der deutschen Sportler.

– Das Weichspülprogramm der Öffentlich-Rechtlichen (Zitat aus einem Porträt über den IOC-Chef Thomas Bach: „Ein Bach in der Menge, dem mächtigsten Sportfunktionär, ganz nah.“)

– Etwas peinliche Hysterie in westliche Medien, weil mal eine Gardinenstange abgefallen ist. Höhepunkt: Ein falscher Wolf macht weltweit Schlagzeilen.

– Evi Sachenbachers Dopingfall und die schnellen verharmlosenden Aussagen (Michael Vesper: „Leute, wir sprechen nicht über Heroin oder Epo oder solche Drogen“, Athletensprecher Christian Breuer: „Von einem Doping-Fall spreche ich nicht. Ich nenne es für mich zunächst eine positive Probe“, Maria Höfl-Riesch: „So wie ich die Evi kenne, kann ich mir unmöglich vorstellen, dass sie was gemacht hat. Es ist für uns Sportler natürlich immer wahnsinnig schwierig, wir müssen viele Zusatzpräparate nehmen, Vitamine, Mineralstoffe, um den Haushalt im Gleichgewicht zu halten… Da ist leider eben immer die Gefahr da, dass man etwas Verunreinigtes erwischt.“)

– Doppeltes Trauerflor-Verbot des IOC (Norwegen, Ukraine)

– Zu viele, teilweise absurde Disziplinen, was bitte soll ein Team-Rodel-Wettbewerb?

Langsame deutsche Bobs („Trabis“), das schlechteste Bobergebnis seit 50 Jahren inklusive Tränen.

Braves, taubes, stummes IOC inklusive des Chefs Thomas Bach angesichts der Probleme der Putin-Spiele.

– Kosaken

Und Sie? Was waren Ihre olympischen Tops und Flops?

 

Unser Unbehagen mit Sotschi

Der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy rief gestern in der FAZ dazu auf, Sotschi zu verlassen. Er schrieb über die Absurdität dieser Olympischen Spiele. Von der Gleichzeitigkeit der Bilder aus Sotschi und jenen vom Maidan. Von dem IOC, das in Sotschi weilt und taub und blind ist: „Spüren sie nicht, dass ihre Medaillen nach Blut schmecken?“

Auch wir spüren dieses Unbehagen. Es fühlte sich seltsam an, ein Interview übers Bobfahren zu führen, während nur ein paar Hundert Kilometer von Sotschi entfernt etwas Furchtbares geschieht. In Kiew wurde auf Menschen geschossen. Damit ist ein Konflikt eskaliert, in dem auch Wladimir Putin eine wichtige Rolle spielt. Genau der Mann, der sich in Sotschi im Glanze seiner Spiele sonnen möchte.

Dürfen wir mit unserer Berichterstattung Putin noch eine Bühne geben? Ist es nicht verlogen, über seine Eishockeyspieler oder Eiskunstläufer zu schreiben, während er Machtpolitik betreibt? In einem ersten Reflex haben wir überlegt, die sportliche Berichterstattung einzustellen.

Andererseits: Warum gerade jetzt? Putins Politik wurde schon vor den Spielen lang und breit diskutiert. Man wusste, worauf man sich einlässt. Wo zieht man die Grenze? In Syrien ist Putin auch Akteur, dort starben und sterben noch mehr Menschen. Zudem ist nicht klar, ob es wirklich die ukrainische Regierung war, die am Donnerstag die Situation auf dem Maidan eskalieren lassen hat.

Und ist es nicht wohlfeil, den Sport zu ignorieren? Jetzt, zwei Tage vor dem Ende der Spiele? Und was ist eigentlich mit den Sportlern? Würde man sie um den Lohn ihrer Arbeit bringen? Wir wünschen uns mündige Sportler, ein Recht auf sie haben wir nicht.

Im alten Griechenland herrschte während der Olympischen Spiele Friedenspflicht. Wer Krieg führte, durfte nicht mitmachen. Das sollte sichere Wettkämpfe und eine gefahrlose An- und Abreise der Teilnehmer garantieren. Auch wenn der olympische Friede schon damals mehrmals gebrochen wurde, hat sich die Völkerverbindungs-PR bis heute gehalten. Das olympische Feuer war als Symbol des Friedens gedacht. Während der Wettkämpfe sollten die Waffen ruhen. Diese Symbolik wurde oft missbraucht, zuletzt 2008, als Russland während der Spiele von Peking in Georgien einmarschierte. So unpassend wie damals ist die Friedenspflicht auch heute.

Was folgt daraus? Es wird noch ein paar Medaillen geben, aber die werden nicht mehr glänzen. Vielleicht hilft es schon, dieses seltsame Gefühl einmal zu formulieren. Wir werden versuchen, auch in den letzten Tagen der Spiele noch mehr als bisher über den politischen Aspekt dieser Veranstaltung zu berichten.

Und möchten eine Frage stellen: Wie geht es Ihnen mit diesem Thema, liebe Leser?

 

777 Millionen Tausendstelsekunden Olympia

Können Sie sich vorstellen, wie lang eine Tausendstelsekunde dauert? Also klar, eine Tausendstelsekunde oder 0,001 Sekunden, aber wie lang soll das genau sein?

Wir haben mal nachgeschaut: Der Schall kommt in einer Tausendstelsekunde, auch Millisekunde genannt, etwa 34 Zentimeter weit. Das Blitzlicht einer Kamera dauert etwa eine Tausendstelsekunde, der Wimpernschlag des menschlichen Auges etwa 300 bis 400 Tausendstel. Wissenschaftler haben mal herausgefunden, dass man eine Pause von einer Millisekunde zwischen zwei Tönen nicht als Pause wahrnimmt. Die Reizschwelle beträgt drei Tausendstel. Das entspricht auch dem Flügelschlag einer Stubenfliege.

Was das alles soll? Drei Tausendstelsekunden, also die Musikreizschwelle und der Stubenfliegenflügelschlag, trennten am Wochenende die Eisschnellläufer Zbigniew Bródka aus Polen und Koen Verweij aus den Niederlanden. Bródka gewann Gold, Verweij Silber, weil er drei Tausendstel oder umgerechnet auf die 1.500-Meter-Strecke knapp vier Zentimeter eher im Ziel war. Verweij ärgerte sich etwas, und freute sich über die Anteilnahme.

 

Im Wintersport gibt es immer wieder knappe Entscheidugen. Das inspirierte etwa die Kollegen der New York Times vor vier Jahren zu einer netten Spielerei, in der sie alle Zeitabstände bei den Winterspielen akustisch darstellten. Heraus kam eine Art olympisches Musical.

Auch wenn es überall knapp zugeht, Tausendstelsekunden werden nur in einigen Disziplinen gemessen. Beim Abfahrtslauf der Damen gab es zum ersten Mal Doppelgold, Tina Maze aus Slowenien und Dominique Gisin aus der Schweiz fuhren beide bis auf die Hundertstel die gleiche Zeit. Die Tausendstel, also ein Sieger, wurden zwar auch erhoben, aber nicht veröffentlicht. So sind die Regeln.

Im Eisschnelllaufen führte man die Tausendstel erst 1998 ein, als das deutsche Frauenteam bei den Olympischen Spielen in Nagano mit 0,02 Sekunden vor Japan Gold gewann. Auch im Rodeln entscheiden die Tausendstel, seitdem 1972 in Sapporo der Thüringer Doppelsitzer von Horst Hörnlein/Reinhard Bredow sowie Paul Hildgartner/Walter Plaikner aus Italien ihre Rennen auf die Hundertstel zeitgleich beendeten und beide Teams mit Gold bekamen. Zur bisher knappsten olympischen Entscheidung kam es 1998, als die Oberhoferin Silke Kraushaar in Nagano mit nur zwei Tausendstelsekunden vor ihrer Teamgefährtin Barbara Niedernhuber Gold gewann.

Und weil das alles viel zu schnell ging, hier einmal 178.000 Tausendstelsekunden im Video.

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Gut eine Woche, oder etwa 777.600.000 Tausendstelsekunden, laufen die Olympischen Spiele jetzt. Und es ist etwas ruhig geworden rund um die Sotschi-Dauerthemen (Menschenrechte, Umweltschutz, Putin). Der Sport regiert, und viele, die genervt sind vom medialen Dauerfeuer meinen, das sei auch gut so. Aber weg sind die Probleme natürlich nicht. In diesen Tagen wird wieder viel über den Fall von Jewgenij Witischko geredet.

Der 40-jährige Geologe war derjenige, der am stärksten die Umweltsünden der Olympischen Spiele anprangerte. In der vergangenen Woche bestätigte ein Gericht die Strafe, die er erhalten hatte, weil er einen Zaun beschmierte, der rings um die Villa des Regionsgouverneurs errichtet wurde: Drei Jahre Lagerhaft. Oder 315 Milliarden Tausendstelsekunden. Witischko sitzt in seiner Heimatstadt im Arrest und muss nun täglich befürchten, abgeholt zu werden.

Nun hat sich auch Deutschland in diesen Fall eingeschaltet. Bei einem Besuch in Sotschi am Sonntag sagte der Innenminister Thomas de Mazière: „Das Strafmaß bei einem Protest am Zaun eines Gouverneurs ist nach unserer Rechtsordnung ziemlich unverhältnismäßig. Keine Frage.“

Das IOC dagegen fühlt sich nicht bemüßigt, einzugreifen. „Nach unseren Informationen hat er gegen geltendes russisches Recht verstoßen“, sagte Präsident Thomas Bach.

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Was passiert, wenn man sich nur eine Tausendstel-Olympia-Sekunde lang gehenlässt, zeigen diese Schnappschüsse: Gesichter des olympischen Eiskunstlaufes.

 

Olympia-Splitter VII: Bayern besser als der Rest der Welt

Was wären Olympische Spiele ohne den Medaillenspiegel? Für die einen das Wichtigste überhaupt, weil sie sich in dem Tableau der Medaillen so schön spiegeln können. Für die anderen stumpfer Nationalismus. Andere wiederum finden es unfair, dass im Medaillenspiegel nur Medaillen zählen, während ein vierter Platz genau viel wert ist wie Platz 20, nämlich gar nichts. Und auch, dass der Medaillenspiegel nach Goldmedaillen sortiert ist und nicht nach der Gesamtzahl von Bronzesilbergold, ist Wasser auf die Mühlen derer, die das The-Winner-takes-it-all-Prinzip kritisieren. Das der Spiele, des Sports, ja des ganzen Lebens.

Ein paar lustige Spielchen lassen sich mit dem Medaillen aber auch anstellen. Hier sei noch einmal auf unsere interaktive Medaillengrafik verwiesen, die alle deutschen Medaillen seit 1952 auf einen Blick zeigt, geordnet nach Sportarten und Jahren. Ein nettes Spielchen ist es auch, die Sotschi-Medaillen auf die deutschen Bundesländer herunterzubrechen.Dann erkennt man zum einen schnell, dass sich die deutschen Medaillen bisher auf gerade mal vier Bundesländer verteilen (Bayern, Thüringen, Baden-Württemberg und Sachsen). Und: Bayern regiert die Welt, nicht nur im Fußball.

Mit fünf Goldmedaillen war der Freistaat zu Beginn dieses Olympia-Samstags eine echte Weltmacht. Wäre Bayern eine eigenständige Nation, wäre sie die Beste. Im Laufe des Tages kam bisher noch eine Silbermedaille für Maria Höfl-Riesch und eine viertel Bronzemedaille dazu (Langlauf-Staffel der Damen). Mia san mia, auch im Schnee.

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Dass dieser Schnee überhaupt noch liegt, ist ein mittleres Wunder. Sotschi, 19 Grad, herzlich willkommen bei den Olympischen Frühlingsspielen:

 

 

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Temperaturen wie gemacht für Felix Neureuther. Der Mann ist zwar Skifahrer, aber sagt: „Ich brauche jetzt Wärme und viel Ruhe.“ Neureuther wollte eigentlich am Freitag nach Sotschi fliegen, wurde aber unsanft an den alten Spruch aller Anti-Flugangst-Kursleiter erinnert: „Das Gefährlichste am Fliegen ist der Weg zum Flughafen.“ Auf eben diesem touchierte Neureuther mit seinem Wagen eine Leitplanke. Er konnte nicht verreisen, musste zum Bayern-Arzt Dr. Müller-Wohlfahrt, der ein Schleudertrauma und eine Zerrung des Bandapparats diagnostizierte. Zu allem Überfluß leitete die Staatsanwaltschaft München II auch noch ein Ermittlungsverfahren wegen Fahrerflucht ein, weil Neureuther am Unfallort nicht die Polizei rief.

Nach Sotschi fahren darf er dennoch. Am Samstag probiert er es noch mal. Vielleicht nimmt er sich ja ein Taxi.

 

Borussia Dortmund vs. Real Madrid 4:1

Fazit: Wo soll man nach so einem Spiel anfangen? Wahrscheinlich bei Robert Lewandowski, den nun auch der letzte Bolzplatzkicker Europas kennen dürfte. Vier Tore, davon eines abgezockter und rotziger als das andere. Und das gegen Real Madrid, ist ja keine Laufkundschaft. Doch der Pole war in bester Gesellschaft. Auch seine Teamkollegen liefen Real nieder. Mit ihrem wilden, manchmal auch vogelwilden Fußball konnten die Madrilenen überhaupt nichts anfangen. Durch den Sieg ist ein deutsch-deutsches Champions-League-Finale wahrscheinlich. Ja, ein deutsch-deutsches Champions-League-Finale. Gibts doch gar nicht! Was für eine verrückte Woche für den deutschen Fußball. Was für grandiose Abende für den deutschen Fußball. In Spanien versteht man gerade die Welt nicht mehr. Und auch die Finalgastgeber aus England befürchten Schlimmstes.

Im Angesicht der deutschen Fußballglückseligkeit an dieser Stelle noch ein Programmhinweis: In der Sport-Debatte von ZEIT ONLINE wird am Donnerstag darüber diskutiert, ob es nicht ein wenig zu viel Fußballmanie in diesem Land gibt. Der Sportphilosoph Gunter Gebauer sagt, die Politik überlässt den Fußball die Emotionen. Dadurch verblöden wir ein Stück weit. Der Politiker Wolfgang Bosbach (CDU) hält dagegen. 18.30 Uhr, Askanischer Platz 1 am Anhalter Bahnhof, Berlin. Anmeldung hier.

93. Minute: Madrid nochmal, Varane, Vorbei. Und dann ist auch Schluss. Borussia Dortmund gewinnt tatsächlich 4:1 gegen Real Madrid. So was gibts sonst nur daheim auf der Playstation.

85. Minute: Dortmund hat noch immer nicht genug. Spielt weiter nach vorne, warum auch nicht. Madrid erschreckend schwach. Fürth ginge noch.

79. Minute: Das Ergebnis muss Mourinho auch in dieser Höhe bekannt vorkommen. Hat den BVB ja auch beim 6:1 in Fürth gesehen.

75. Minute: Oli Schmitt machte heute am ZDF-Mikro einen guten Job. Bis er von den Hash-Takes auf Twitter redete. Buy one, tag two. Oder besser:

73. Minute: Vielleicht liegt es der spanische Schlamassel ja an der langen Unterhose des Real-Torwarts Diego Lopez. Eine blitzinvestigative Recherche ergibt folgendes Wetter in Dortmund: 17,8 °C, leicht bewölkt, Westwind 10,8 km/h (2 bft), Relative Feuchte 56 %, Luftdruck 1023,8 hPa, Sicht 45 km, Taupunkt 7.2 °C. Bei so einem Wetter trägt eigentlich nur noch Arjen Robben lange Unterbüx. Und er hier:

@HippoTaine, Späßchen, natürlich, deshalb sind wir doch hier.

Diese Frage stellen wir uns auch gerade.

Elfmeter für Dortmund Xabi Alonso rennt nur halb so starken Marco Reus über den Haufen. Da braucht man nicht diskutieren. Es tritt an: Robert Lewandowski – und trifft. Tooor, 4:1! Genau in die Mitte, macht fast das Netz kaputt. Was für ein Kerl! Lewandowski 4, Madrid 1.

62. Minute: Nächste Chance für den BVB. Gündogan lässt zwei Madrilenen stehen wie sonst nur die Einlaufkinder. Schießt dann nur knapp drüber. Beeindruckende Vorstellung des BVB. Ach so, Deutschland – Spanien 7:1.

55. Minute Toooor für den BVB von Robert Lewandwoksi Und was für eines! Noch ein Tor, noch ein Tanz. Lewandowski zieht sich den Ball mit der Sohle zurück und drischt ihn unter den Giebel. Reals Pepe kanns kaum glauben. Lewandowski dagegen wird mit jeder Minute dieses Spiels teurer. Uli Hoeneß muss erstmal in der Schweiz anrufen.

Da ist sie, die Slomo. Reus knödelt aufs Tor. Lewandowski, der mit dem Ball tanzt, saugt die Kugel an, dreht sich mit ihm in einer einzigen Bewegung herum und vollendet mit dem rechten Außenrist. Doch kein Abseits. Die ungefähr erste richtige Abseits-oder-Nicht-Abseits-Entscheidung der vielen, vielen Uefa-Unparteiischen in diesem Frühjahr.

50. Minute Toooor für den BVB Robert Lewandowski Eine Zeitlupe wäre schön. Sah nach Abseits aus.

Halbzeit Guter Start der Dortmunder. Spielten flott und gut nach vorne, das Tor von Lewandowski war verdient. Dann beruhigte sich das Spiel und leider auch die Dortmunder. So sehr, dass sich Mats Hummels in den Schlaf wog. Sein Fehler ermöglichte den Ausgleich. Es war nicht sein erster in einem wichtigen Halbfinale. Oli Fritsch im Stadion würde jetzt am Liebsten runter in die BVB-Kabine.

43. Minute Tooor für Real Madrid Cristiano Ronaldo trifft nach dickem Patzer von Mats Hummels und macht dann vor der Borussia-Südkurve auf dicke Hose. Vorher noch eine durchaus elfmeterreife Szene im Madrid-Strafraum, als Reus hinfiel. Muss man aber nicht geben.

Magnus Carlsen, kommender Schachweltmeister und Model, outet sich als Real-Madrid-Fan. Ronaldo weiß gar nicht, wie man Schach schreibt.

24. Minute: Sven Bender spielt trotz aktiver Schambeinfugenarthrose, weiß Oliver Schmitt von ZDF. Eine Krankheit, für die es nicht einmal einen Wikipedia-Eintrag gibt. Habe extra nachgeschaut.

20. Minute: Real Madrid fällt nichts ein. Xabi Alonso wird zugestellt, Özil schaut traurig, Ronaldo steht kurz vor dem Hader-Modus. Es läuft für den BVB.

13. Minute: Nur zur Erinnerung für einen gewissen Jogi L. aus Fr. i. Br.: Deutschland – Spanien 5:0

Wir wollen ja nicht…aber doch…eigentlich schon…

8. Minute Tooooor für Borussia Dortmund Als würden die beiden Begehrten hier mitlesen. Götze flankt, Robert Lewandowski macht den Müller und fuhrwerkt den Ball über die Torlinie. Heiterkeit.

7. Minute: Starke Aktion von Reus, Lewandowski lässt den Ball etwas unglücklich an sich vorbeilaufen. Müller hatte ihn reingegrätscht.

5. Minute: Der BVB spielt, als sei Götze schon bei den Bayern. Noch kein Ballkontakt, oder?

20.45 Uhr Los geht es. Madrid bekommt den Anstoß an den Mann. Kein gutes Zeichen für Dortmund.

Unser Mann im Stadion ist Oliver Fritsch. Er träumt allerdings noch immer von gestern, und den Salzletten-Beinen von Thomas Müller.

20.36 Uhr Die Redaktions-Public-Viewing-Gemeinschaft fühlt sich durch den Flaum Mesut Özils an René Weller erinnert. Armer Kerl, der Boxer.

20.30 Uhr Klopp, Welke und Kahn diskutieren noch einmal über die undichte Stelle beim Götze-Transfer, in Fachkreisen auch #pummelleaks genannt. „Wenn wir an Transfers beteiligt waren, ist es immer ein Geheimnis geblieben, bis wir wollten, dass es rauskommt“, sagt Klopp.

20.23 Uhr Liebes ZDF, hatte die „Küstenwache“ schon jemals so eine gute Quote wie genau jetzt? Sagt uns bitte morgen Bescheid, ja?

20.20 Uhr Die Aufstellungen sind auch schon da. So geht es los.

Dortmund: Weidenfeller – Schmelzer, Hummels, Subotic, Piszczek – Gündogan, Bender – Reus, Götze, Blaszczykowski – Lewandowski
Real Madrid: Diego Lopez – Coentrao, Pepe, Varane, Ramos – Xabi Alonso, Khedira – Ronaldo, Modric, Özil – Higuain

20.07 Uhr Für alle, die die Wartezeit bis zum Anpfiff sinnvoll überbrücken wollen ein paar Lesetipps:

Die Kollegen vom Tagesspiegel haben noch einmal alle Aspekte zum Wechsel von Mario Götze zusammentragen. Wir stellen uns am Beispiel Götze die Frage, woher nur die ganzen Aggressionen gegen Fußballer kommen. Der Kollege Tobias Escher (11 Freunde) greift zur Taktiktafel und erklärt, wie Dortmund Real schlagen kann.

Und weil auch gestern gespielt wurde. Die ultimative Lobhudelei von Oliver Fritsch auf Thomas Müller. Und Sid Lowe vom Guardian sah gestern in München einen gefühlten Machtwechsel.

19.50 Uhr Man muss sich nur zu helfen wissen.

Vorbemerkungen

Schon wieder Fußball, schon wieder Champions League, schon wieder ein Besser-Geht’s-kaum-Spiel. Man kommt ja gar nicht mehr hinterher. Monatelang, so zwischen August und März muss man vornehmlich mit fußballerischer Bückware Vorlieb nehmen, und dann zwei solche Köstlichkeiten hintereinander. Wer denkt sich das nur aus?

Am Dienstag hat der FC Bayern vorgelegt und einfach mal den FC Barcelona, den vermeintlich besten Klub der Welt, überrannt. Messi und Co. boten dabei kaum mehr Gegenwehr als Nürnberg, Wolfsburg und Hannover, die letzten Bayern-Opfer. Das war so beeindruckend, dass es ein wenig rätseln lässt, was denn bitte Pep Guardiola beim FC Bayern soll. Wurde er nicht geholt, um dem FC Barcelona die Stirn bieten zu können? Wäre es nicht sinnvoller, wenn Jupp Heynckes jetzt nach Barcelona geht?

Doch darum geht es heute nicht. Sondern um den BVB und Real Madrid. Und um Mario Götze, den Dribbler mit dem Babyspeck. Ein wenig schade, dass sein Wechsel vielen Dortmund-Fans ein Stück weit die Vorfreude auf das wichtigste Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte raubt. Gut möglich, dass es auch Pfiffe gibt. Obwohl Jürgen Klopp in einer außergewöhnlichen Pressekonferenz vorsorgte.

Sein Kollege José Mourinho wirkt in diesen Tagen dagegen etwas müde. So richtig Lust scheint er nicht mehr zu haben, vor allem weil er, der Menschenfänger, bei einigen seiner Spieler nicht mehr so richtig ankommt. Szenen wie diese scheinen jedenfalls selbst nach einem gewonnen Champions-League-Finale ausgeschlossen.

 

FC Bayern – Borussia Dortmund 1:0

  • Robben macht das Tor
  • Revanche geglückt
  • Dortmund fehlte Hummels

Fazit Chapeau, FC Bayern, das war großer Sport. Wie die Münchner diesen Pokalsieg gegen den BVB herunterspielten, ist nicht hoch genug einzuschätzen: unaufgeregt und ruhig, gleichzeitig aber auch aggressiv und leidenschaftlich. In der Abwehr standen mit van Buyten und dem nicht nur wegen seines Afros alles überragenden Dante zwei Holzschränke im Weg. Vorne fielen den Offensiven die vielen Diagonalbälle vor die Füße, mit denen die Münchner geschickt das Dortmunder Pressing aushebelten. Die BVB-Innenverteidigung um Subotic und Santana schien mit diesen Bällen überhaupt nichts anfangen zu können, Mats Hummels fehlte an alle Strafraumecken und -enden. Auch im Aufbauspiel, dort wirkten die Dortmunder einfallslos wie lange nicht. „Mit diesem Spiel haben wir die Vormachtstellung im deutschen Fußball zurück, die deutschen Verhältnisse sind geklärt“, tönte Uli Hoeneß nach der Partie. Ach, wie haben wir es vermisst.

Vorbei, Schluss, Aus! Der FC Bayern steht nach einem souveränen Sieg im DFB-Pokalhalbfinale. Und hat einiges fürs Selbstwertgefühl getan.

92. Minute Doch noch einmal die Dortmunder. Flanke auf Schieber, der aber nunmal Schieber heißt und nicht Köpfer. Er köpft den Ball deshalb drüber.

91. Minute Der FC Bayern wechselt noch einmal. Wetten, dass das nicht jedem Münchner gefällt?

85. Minute Der FC Bayern spielt die Veranstaltung hier sehr souverän runter. Völlig nochchalant, sie verlieren nie die Ordnung, große Klasse. Wer soll die eigentlich noch schlagen? Real Madrid? Verlor gegen den heutigen Gegner. Barcelona? Verlor gegen Real Madrid. Ach, wie ich Überkreuz-Überkreuz-Vergleich liebe.

80. Minute Reus geht raus, Schieber kommt. Dortmund hat das Spiel also aufgegeben.

76. Minute Nach einen van-Buyten-Kopfball wieder mal eine Chance für Borussia Dortmund. Gündogan aber zieht vorbei. Das Spiel jetzt in einer seltsamen Phase. Sieht eher nach 116. Minute aus, als nach der 76. Die Bayern führen, sie soll es nicht stören. Dem BVB scheint aber heute auch der letzte Biss zu fehlen (siehe Kahn-Herrlich-Bild unten).

Zeit für ein wenig unnützes Wissen: Heute vor genau 113 Jahren wurde der FC Bayern gegründet. In einem Restaurant namens „Gisela“.

66. Minute Jetzt, wo der BVB will, merkt er: Viel mehr als in der Defensive, fehlt Mats Hummels im Aufbauspiel.

Große FCB-BVB-Szenen der Vergangenheit. Teil 2:

"Biss zum Abwinken" Foto: Bongarts/Getty Images
„Biss zum Abwinken“ Foto: Bongarts/Getty Images

56. Minute Der BVB kommt etwas besser ins Spiel. Gleich drei Bälle flogen in Richtung Manuel Neuer. Der muss zum ersten Mal in dieser Saison mitspielen. Die Bayern jetzt in akuter Lätschert-Gefahr. Apropos: Folgendes soll Jürgen Klopp mal über Matthias Sammer gesagt haben: „Nach der Meisterschaft mit Stuttgart hat Matthias Sammer als einziger in der Dusche gesessen und sich nicht gefreut. Da hab ich mir gedacht: Wenn sich das so Scheiße anfühlt, will ich das nicht haben.“

Kleine Aussprachehilfe für Steffen Simon und andere.

50. Minute Das Spiel geht weiter. Eine Frage bleibt: Spielt Robert Lewandowski heute Abend noch bei Dortmund oder schon bei Bayern?

Halbzeit Der FC Bayern führt verdient mit 1:0. Die Bayern sind, von einem Verschnaufer gegen Mitte der Halbzeit abgesehen, beständig und engagiert angerannt. Die wollten hier etwas beweisen. Der Dortmund-Stachel aus den vergangenen Jahren muss wirklich sehr tief gesessen haben. Es ging vor allem über außen und lang auf die Dortmunder Innenverteidigung. Santana und Subotic wirken da sehr unsouverän. Der BVB noch ohne echte Torchance.

43. Minute: Tooor für den FC Bayern, Arjen Robben. Santana versucht einen Brustpass im Strafraum, Schmelzer pennt. Robben schnappt sich den Ball und zirkelt ihn wie früher mit links oben links in den Winkel.

41. Minute: Der FC Bayern macht jetzt gehörig Dampf. Der Dortmunder Abwehr geht Mats Hummels doch mehr ab als vermutet. Subotic und Santana wackeln heftig.

35. Minute: Bester Mann auf dem Platz ist Bayerns Dante. Ihm möchte man ja sowieso immer die Perücke vom Kopf zerren und rufen: „Lucio, ich weiß, dass du es bist!!!“

Das Spiel nimmt sich jetzt eine kleine Auszeit. Deswegen erinnern wir an große FCB-BVB-Szenen der Vergangenheit. Teil 1:

"Meine Augencreme ist eine Wucht" Foto: picture alliance/dpa
„Meine Augencreme ist eine Wucht“ Foto: picture alliance/dpa

25. Minute Kreuz in den Kalender: Marco Reus springt ein Ball vom Fuß.

Drüben in Stuttgart hat der VfB sein Viertelfinale übrigens gewonnen. 2:0 gegen den VfL Bochum.

19. Minute Der Dortmunder Spielaufbau ist bis jetzt so mangelhaft, dass das sogar Steffen Simon erkennt.

Auch der Kollege im Stadion sieht zunächst nur fußballerische Basisfähigkeiten.

14. Minute: Sehr seltsame Szene von Santana und Weidenfeller, die Kroos den Ball schön auflegen. Der aber tändelt den Ball so unmotiviert am Tor vorbei, als sei er im Urlaub.

10. Minute: Erster (?) Zweikampf zwischen Gündogan und Schweinsteiger. Strichliste, irgendjemand? Und wo ist eigentlich Busquets?

5. Minute Nach nicht viel passiert beim, Achtung!, deutschen Clásico wie heute immer wieder zu lesen war. Gibt es eigentlich auch einen spanischen Klassiker? Oder einen chinesischen кла́ссик?

Es geht dann los. Endlich.

20.29 Uhr Großes Rätselraten ob der Farben der Südkurven-Choreografie. Doch der große Weltenerklärer Steffen Simon hilft aus. Sind die Münchner Stadtfarben.

20.27 Uhr Robben also wie erwartet für Ribéry in der Startelf. Roman Weidenfeller frohlockt schon.

20.21 Uhr Frage Delling: „Haben Sie heute auch eine Taktik?“ – Klopp: „Ich hoffe, man sieht sie.“

20.13 Uhr Unser Mann in München ist heute Oliver Fritsch. Er hat erst vor wenigen Stunden die bayerische Landesgrenze überquert, aber ist schon im München-Modus.

20.00 Uhr Noch eine halbe Stunde bis zum Anpfiff. Zeit für etwas Lesestoff:
The Swiss Ramble hat mal die Dortmunder Finanzen durchforstet und stellt fest, dass der BVB auch in dieser Hinsicht „back in the game“ ist.
Felix Magath erklärt der Welt (also der Zeitung) das Dortmund-Trauma der Bayern. Der Mann scheint gerade sehr viel Zeit zu haben. Seine Fans beglückt er mittlerweile fast täglich mit einem Facebook-Posting. Bestimmt lädt er bald zum Farmville-Daddeln ein.
Die taz schreibt, dass es nicht unbedingt gut sein muss, wenn zwei Vereine den nationalen Fußball dominieren.
Und die Taktiknerdsgurus von spielverlagerung.de haben ihre Vorschau auf das Spiel in einen Podcast gepackt.

19.50 Uhr Der BVB darf natürlich auch mitspielen. Und zwar so: Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Santana, Schmelzer – Gündogan, Bender, Großkreutz – Götze, Reus – Lewandowski

19.42 Uhr Guck an. Markus Hörwick twittert persönlich (und mit digitaler Unterschrift) die Bayern-Aufstellung.

19.35 Uhr Der Hummels-Ausfall muss nicht mal eine Schwächung sein. Der Kerl hat doch in diesem Jahr aus Übermut durchaus den ein oder anderen Gegentreffer verschuldet. So jedenfalls muss er sich nach dem Spiel nicht für die längst vergessen geglaubte Jugendsünde rechtfertigen, die uns heute in die Hände fiel.

19:12 Uhr Mats Hummels fällt dann also wirklich aus. So schreibt er zumindest auf seiner Facebook-Seite. Die bisher schon gut 3.000 4.200 6.000 Likes sind wohl den Bayern-Fans zuzuschreiben.

Vorbemerkungen:

Die Bundesliga ist langweilig, oben und unten. Die Champions League wird sowieso erst ab März spannend. Aber jetzt kommt eines der sonst immer etwas faden DFB-Pokalviertelfinals: Bayern gegen Dortmund. Mehr geht nicht. Das Spiel des Jahres. Ein Spiel wie ein Spiegel, vor dem sich Uli Hoeneß und Jürgen Klopp wie die böse Märchenkönigin versammelt haben: Wer ist sie denn nun, die beste Fußballmannschaft im ganzen Land?

Dass man beim FC Bayern trotz 17 Punkten Vorsprungs in der Liga, trotz der besten, souveränsten, tollsten, beeindruckendsten, großartigsten Über-Bundesliga-Saison aller Zeiten am Ergebnis dieser Antwort zweifelt, liegt an der bajuwarischen Fußball-Seele, die noch immer traumatisiert ist. Zu oft wurden die Münchner in den vergangenen Jahren von den (aus ihrer Sicht) elf Fußballzwergen aus Dortmund gedemütigt. Unvergessen die 2:5-Pokalfinal-Niederlage aus dem Mai, nach der ganz Deutschland über die Bayern lachte und über Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger, die doch wirklich behaupteten, der FC Bayern sei die bessere Mannschaft gewesen.

Dieses Trauma soll heute überwunden werden. Die Münchner wollen zeigen, dass sich ihre Maßnahmen gelohnt haben: Die 70 Millionen Euro, die in den Kader gesteckt wurden, die Verpflichtung des Aufpassers Matthias Sammer und der Reputationsgewinn rund um den Coup mit dem Märchenprinzen Josep Guardiola. Entscheidungen, die ohne die Dortmunder Überflieger wohl kaum getroffen worden wären. Selbst spieltaktisch haben die Bayern den BVB plagiiert, teilweise zumindest. Sie spielen aggressiver und besonders in der Sturmspitze laufintensiver. Fragen Sie nach bei Mario Gomez.

Der BVB dagegen kann ganz gut mit der Deutung leben, der Rückstand in der Liga komme nur daher, weil man es auf den Bundesliga-Feldern ein wenig schleifen lässt, um sich ausgeruht auf die europäischen Topklubs zu stürzen. Sie haben mit Real Madrid und Manchester City in dieser Spielzeit immerhin schon zwei Big Player geschlagen, was man vom FC Bayern nicht behaupten kann.

„Bis hierhin ist es für die Bayern eine perfekte Saison“, sagte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp in den Tagen vor dem Spiel. Natürlich nicht, ohne die ersten Worte des Satzes genüsslich zu betonen. „Angstgegner können Sie vergessen“, schickte Jupp Heynckes an die Adresse des BVB. Ein echtes, auch verbales, Spitzenspiel also, bei dem zudem fast alle Stars an Bord sind. Beim FC Bayern muss nur Franck Ribéry noch für seine Rote Karte im Achtelfinale gegen Augsburg büßen. Für ihn wird Heynckes einen glatzköpfigen Niederländer namens Arjen Robben aufs Feld schicken. Und die Dortmunder bangen um Mats Hummels, der hat Husten-Schnupfen-Heiserkeit.

Los geht es um 20:30 Uhr. Wir sind gespannt, ob am Ende noch alle erhobenen Hauptes in den Spiegel gucken können und bloggen ab 20:00 Uhr an dieser Stelle live.