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Deutschland – Italien 1:1

 

Das war es. Endstand 1:1. Es wurde doch nichts mit dem ersten Sieg gegen Italien seit 16 Jahren, obwohl es über eine Stunde danach aussah. Besonders in der ersten halben Stunde zeigte sich das Team von Joachim Löw in Südafrika-Form, dominierte Spiel und Gegner. Das Ergebnis dieses Übergewichtes war ein prächtig herausgespieltes Tor über die Stationen Özil, Müller und Klose. In dieser Zeit aber suchten und fanden die Italiener auch Lücken im deutschen Defensivspiel. Immer wieder tauchten sie in Überzahl auf den Außen auf, auch weil Podolski und Müller ihren Abwehrkollegen mitunter wenig Beistand leisteten. Nach dem Wechsel begann dann das Wechseln. Löw tauschte viermal, sein Kollege Prandelli gleich sechsmal, das Spiel wurde etwas fahriger. Die größte Orientierung in dieser Phase zeigte der eingewechselte Guiseppe Rossi, der mit diesen Namen gar nicht anders kann, als Tore zu schießen. Er traf zum 1:1. Am Ende ein, wie heißt es so schön, gerechtes Unentschieden in einem der intensiveren Freundschaftsspiele der letzten Zeit.

Bei Italien gefällt der Torschütze, Guiseppe Rossi. Wirkt so flink und behände wie Ruby, Berlusconis Nachwuchs-Tänzerin.

83. Minute: Jetzt wird’s noch mal flott. Podolski (!) klaut Özil (!) den Ball. Warum macht der das?

81. Minute: Tor, 1:1, Rossi. Giuseppe, nicht verwandt oder verschwägert mit Paolo, steht nicht im Abseits. Neuer hält den ersten Schuss, aber nicht den Zweiten.

75. Minute: Chiellini mit einer Grätsche, die nicht einmal ein Niederländer im WM-Finale auspackt. Schiedsrichter Braamhaar (ja, ja) lässt weiter laufen. Klose ist so geschockt, er geht gleich raus. Für ihn kommt Großkreutz.

Schweinsteiger wollte grad den Pirlo machen: nach ner Ecke nolookmäßig durchstecken. Sein Reenactment scheiterte (via Twitter).

Die Reformen des italienischen Trainers Cesare Prandellis sollen ganz tief in der italienischen Fußballkultur ansetzen. Arrivederci Catennacio, es soll offensiver werden. Wenn er schonmal dabei ist, kann er sich ja auch gleich um Zeitspiel, das Fordern von Elfmeter und Pomade im Haar kümmern.

67. Minute: Neuer stellt sich vor, die Italiener trügen BVB-Schwarz-Gelb und hält famos einen Schuss von Boriello.

65. Minute: Deutschland hat sich jetzt entschieden, das Spiel eher zu kontrollieren. Das geht auf Kosten des Risikos. Aber egal, ist ja nur ein Freundschaftsspiel. Macht das Sinn?

58. Minute: Kollege Fritsch im Stadion bemängelt via Twitter völlig zu Recht die fehlende Defensivunterstützung von Podolski und Müller.

Podolski mit rechts ist wie Lahm mit Kopf, Özil mit Knie, Löw ohne Schal.

50. Minute: Sind Götze, Lahm, Özil die deutschen Xavi, Iniesta und Messi? Zumindest von der Körperhöhe her ja.

Nun kommt Mario Götze, der in diesem Stadion jeden Grashal jedes Matschloch kennt.

Halbzeit: Die Italiener forderten in den letzten Minuten etwa dreieinhalb Elfmeter. Gut: Keiner wurde gepfiffen. Schlecht: Gefährlich war es trotzdem. Insgesamt ein flottes Spiel. Endlich einmal, nach den ganzen Aserbajdschans, Kasachstans und Schwedens, wartet so etwas wie ein echter Gegner. Zum Großteil macht das deutsche Team auch eine bella figura, die Anfälligkeit über die Außenbahnen aber gefällt nicht.

Hat Gianluigi Buffon die langen Unterhosen von Arjen Robben stibitzt?

35. Minute: Deutsche Elf hat durch die Führung Passsicherheit und Raumaufteilung zurückgewonnen, enthält den Italienern derzeit den Ball vor (via Twitter).

32. Minute: Mesut Özils Beruf ist der des Täuschers. Ihn auszuwackeln schaffen nur wenige. Einer heißt Cassano.

Wer es verpasst hat: Hier ein sehr schönes Interview mit Nello di Martino, der das italienische Team bei der WM 2006 betreute. Er räumt mit dem Vorurteil auf, dass die Italiener auf eine Sperre von Torsten Frings drängten und redet über deutsche Sticheleien vor dem Halbfinale.

16. Minute: Tor Klose, 1:0. Großartige Hackenvorvorlage von Özil, ebenso großartiger Querpass von Müller und Klose macht, was er am Besten kann. Den Ball über die Linie kämpfen.

9. Minute: Manuel Neuer bekommt jetzt etwas zu tun. Kein Problem für ihn, er kennt das ja aus seinem Heimatverein.

Vorteil für Italien? Der Rasen in Dortmund erinnert an eine versteppte Weide im Mezzogiorno.

4. Minute: Das deutsche Team fängt da an, wo es im Jahr zuvor aufhörte. Es geht nach vorne. Özil, Podolski und so.

Die Hymnen liefen glatt. Musikalisch ohnehin ein Klassenunterschied zwischen beiden Nationen (via Twitter).

So, es geht dann los. Das Nationalmannschafts-Jahr 2011 ist eröffnet.

Das Stadion in Dortmund ist nicht ganz ausverkauft. Sind wir ein Volk von Sommerfußball-Freunden?

Das Abtippen der italienischen Mannschaftsaufstellung ging schwerer von der Hand als erwartet. Wer oder was ist Ranocchia, Bonucci, Pazzini?

Sehr zu empfehlen heute auch die Twitterei meines Kollegen Oliver Fritsch live aus dem Westfalenstadion.

So werden sie spielen:

Deutschland: Neuer – Lahm, Mertesacker, Badstuber, Aogo – Schweinsteiger, Khedira – Müller, Özil, Podolski – Klose

Italien: Buffon – Cassani, Ranocchia, Chiellini, Bonucci – Motta, de Rossi, Montolivo – Cassano, Mauri – Pazzini

Vorbemerkungen:

Vor zwei Tagen erschien Jogi Löw etwas zu spät zur Pressekonferenz in der Sportschule Kaiserau. „Die Mannschaftssitzung hat länger gedauert, weil wir gegen die Italiener 16 Jahre nicht mehr gewonnen haben – da war es nötig“, entschuldigte er sich. Ob das ernst gemeint war oder nicht, man hörte es nicht heraus.

Fakt ist: Selten standen die Chancen so gut, den fast zwei Jahrzehnte anhaltenden Apenninen-Malus zu beenden. Es lief zuletzt sehr rund bei der deutschen Elf. Einem herausragenden WM-Sommer folgte ein makelloser EM-Qualifkations-Herbst. Die Squadra Azzurra schied in Südafrika als Gruppenletzter (und Titelverteidiger) aus, was in Italien als Katastrophe pompejischen Ausmaßes wahrgenommen wurde, und mühte sich unlängst zu einem 0:0 in Nordirland.

Es hat sich eine Menge verändert seit dem beinahe schon mythischen WM-Halbfinale 2006 an gleicher Stelle, als Pirlo auf Grosso passte… Beide Mannschaften entwickelten sich nach diesem Spiel in die entgegengesetzte Richtung. Während das DFB-Team damals noch vor den Großen bibberte, darf es sich mittlerweile selbst dazu zählen und dabei mitleidig auf die Probleme des vierfachen Weltmeisters Italien schauen: Das WM-Team von 2010 war überaltert, ausländische Stars stehen in der heimischen Liga jungen Talenten im Weg, anständige Nachwuchsförderung gibt es nicht. Der Trainer Cesare Prandelli übt nun die Revolution. 48 Spieler nominierte er seit seinem Amtsantritt im August. Die Mannschaft soll offensiver, leidenschaftlicher, jünger werden. Kennen wir irgendwo her.