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Deutschland – Argentinien 1:3

 

Endstand 1:3 Trotz einer Niederlage, die zwischenzeitlich sogar höher auszufallen schien, gab es Applaus für die Mannschaft. Es war aber auch ein Spiel, über das das Ergebnis wenig sagt. Denn die Deutschen spielten gut, Reus, Klose, später Schürrle und Götze harmonierten, kombinierten. Aber Hummels verletzt, Rote Karte und Eigentor – das war zu viel aus der Rubrik „Blöd gelaufen“, um gegen Argentinien zu bestehen.

Das Frankfurter Publikum fühlte sich jedenfalls bestens unterhalten. Gutes Zeichen: Wir leben nicht in einer Ergebnisdiktatur. Und: Die Fans stehen hinter Mannschaft – und Trainer. Das war ja vorher nicht völlig klar. Das Spiel war ja eine Art Stimmungstest nach dem enttäuschenden, ernüchternden Aus gegen Italien.

Tobias Escher analysiert abschließend: „Bis zur Roten Karte war Deutschland im Pressing gut und kombinationsstark. Nach dem unglücklichen Rückstand musste das deutsche Mittelfeld weiter aufrücken, um mehr Druck zu ermöglichen. Argentinien hatte dadurch viele Freiräume im Zentrum, sobald sie die erste deutsche Verteidigungslinie umspielten. Diese Räume nutzen sie zu öffnenden Pässen nach Außen und in die Spitze. Kurz vor Schluss kam wieder Belebung ins deutsche Spiel, Reus wusste in der Rolle als ‚falscher 9er‘ zu gefallen. Fazit: Ein Muster ohne Wert. Wer auch immer sich diesen Satz ausgedacht hat, wird ein Spiel wie dieses im Kopf gehabt haben.“

Wie ich höre, gehen die Agenturen und Oliver Kahn mit der Mannschaft hart ins Gericht. Das sehen wir nicht so. Aus diesem Spiel kann man wenig gegen Löw ableiten. Aber meine Skepsis bleibt, Stichwort Italien, eitle Aufstellung. Da hatte sich Löw über das Spiel erhoben. Er hat nun zwei Jahre Zeit zu zeigen, dass er daraus gelernt hat.

Gutes Omen? Mit einem 1:3 gegen Argentinien begann 1984 der Teamchef.

90′ Ein Flitzer, nicht nackt, spaziert aufs Feld, macht High Five mit Messi und geht wieder. Cool! Sehr entspannte Reaktion der Security, die ihn gar nicht stört, sondern abklatscht.

82′ Tor für Deutschland 1:3 Höwedes Das schönste Tor des Abends. Götze findet zwischen sechs Abwehrspielern die einzige Anspielmöglichkeit: einen hohen Grundlinienrückpass auf Höwedes, der mit einem Flugkopfball vollendet. Erinnert mich an das 1:0 von Silva im EM-Finale, nur besser.

So schön, dass der Stadionsprecher das Tor wohl nur Götze zutraut, denn den nennt er. Muss sich dann kleinlaut entschuldigen.

Tobias Escher meldet: „Götze, Reus und Schürrle harmonieren gut. Auch ohne echten Stürmer ist die Spitze immer besetzt, die drei wechseln sich ab und rochieren viel.“

79′ Das Publikum ist sehr gnädig, wenn auch deutlich leiser nun. Messi fast mit dem 0:4. Ab welchem Ergebnis kippt die Stimmung?

Tor für Argentinien 0:3 di Maria Das waren mal über 30 Meter. Zu überraschend für ter Stegen. Die Abendzeitung aus München meldet: „Das hat Stenger nicht verdient.“

Götze für Bender. Letzter Wechsel.

70′ Özil und Khedira raus, Kroos und Gündogan rein. Nur Götze sitzt noch. Hm, aber Löw wird ihn doch hoffentlich noch bringen, oder? Götze war ja bei der EM ziemlich stinkig.

Das Publikum geht nach wie vor gut mit, vor allem Schürrle bekommt viel Applaus. Keine Spur von Enttäuschung trotz 0:2.

68′ Zwei sehr gute Aktionen von Schürrle: Pass auf Höwedes, Schuss aus 25 Metern.

65′ Messi erweist sich als guter Gast. Anschließend Dialog mit ter Stegen, inklusive Gesten. Muss nachher mal fragen, worum es ging.

62′ Schürrle für Klose. Reus orientiert sich nach vorne. Der älteste deutsche Spieler auf dem Feld ist nun Khedira mit 25 Jahren.

Tobias Escher: „Undanbkares Spiel. Die DFB-Elf liegt hinten, muss mehr Spieler nach vorne bringen, ist aber ohnehin in Unterzahl. Dadurch hinten Lücken.“

55′ Khedira fehlt heute das Feintuning.

52′ Tor für Argentinien 0:2 Messi Higuain mit Grundlinienrückpass auf Messi, der aus zwölf Metern einschiebt. Boateng nicht ganz auf der Höhe.

Tobias Escher mailt: „Messis Körperspannung beim Schuss ist seine größte Stärke. Dazu hat er seinen Kopf immer oben und schaut, welche Ecke vom Torhüter nicht abgedeckt wird.

Version #2 Escher: „Messis Körperspannung beim Schuss macht ihn so torgefährlich. Dazu hat er seinen Kopf immer oben und schaut, welche Ecke vom Torhüter nicht abgedeckt wird.“

Version #3 Escher: „Messi hat eine unglaubliche Körperspannung, egal ob er dribbelt, passt oder schießt. Dazu hat er seinen Kopf beim Torschuss immer oben und schaut, welche Ecke vom Torhüter nicht abgedeckt wird.“

Ist mir wichtig, alle Varianten zu überliefern. Für die historisch-kritische Ausgabe.

49′ Pfostentreffer, Abseitstor – das Spielglück ist nicht auf deutscher Seite. Dafür aber die Zuschauer, die die Klatschpappen längst zur Seite gelegt haben. Ist aber auch aufregend.

Halbzeit 0:1 Mehr passiert als gedacht. Vor allem aus der Rubrik „Dumm gelaufen“.

Tobias Escher skypet mir: „Deutschland agiert zu Spielbeginn flüssig und schnell. In der Offensive wird rochiert, Klose und Özil stören früh. Erst als sich Deutschland etwas weiter zurückzieht, findet Argentinien zum Kombinationsfluss. Eine Rote Karte und ein gehaltener Elfmeter später muss Deutschland auf 4-4-1 umstellen und tiefer stehen.“

Ich denke, ich profitiere sehr von der Unterstützung unseres Taktikexperten. So wie Bela Rethy beim olympischen Hockey-Turnier, als Ex-Nationalspieler Philipp Crone sein Co-Moderator war. Einmal wie Bela Rethy fühlen.

45+1 Tor für Argentinien 0:1 Khedira (Eigentor) Eigentlich eine schwache Ecke, Khedira kickt den Ball unbedrängt ins kurze Eck. Sehr pietätvoll vom Stadionsprecher, den Namen des Schützen zu verschweigen. Frankfurt, eine Stadt mit Stil. Die Nachricht dieses Gegentors ist: Boateng hatte nichts damit zu tun.

Tobias Escher analysiert: „Khedira! Der hat die Hymne nicht gesungen!“

42′ Schöner Konter über Reus und Schmelzer, aber dessen Querpass war zu gefühllos, Klose rutscht vorbei. Immer wenn Reus und Klose was gelingt (und das ist nicht selten), muss ich mir einen Gedanken unterdrücken, der mit dem Trainer und einem Spiel gegen Italien zu tun hat.

35′ Die Stimmung auf den Rängen ist in wenigen Minuten vom La-Ola-Eventmodus auf giftiges Pfeifkonzert umgeschwenkt. Für ein Testspiel geht’s ganz gut zur Sache. Der Pressesprecher Harald Stenger, heute bei seinem letzten Einsatz, begibt sich schon mal auf den Weg nach unten. Vermutet er, dass sein Körpereinsatz wieder gefragt sein wird, wie im 2006-Viertelfinale gegen Argentinien?

Wenn das stimmt, was Bela Rethy sagt, ist Zieler der erste Torwart in der DFB-Geschichte, der Rot bekommt. Wohlgemerkt Rot bekommt, nicht Rot verdient.

32′ Was für ne Story! Der gerade eingewechselte Marc ter Stegen hält den robbenesken Elfer von einem gewissen Messi. Sehr, sehr lauter Jubel in Frankfurt.

30′ Der Schiri muss sich an die Regeln halten: Rot für Zieler nach Foul an Sosa, Elfmeter für Argentinien. Das ist so bedauerlich wie richtig. In der Kreisliga hätte man bei einem Freundschaftsspiel ein Auge zudrücken können, da wäre es auch erwartet worden.

Müller im Pech. Aber zum letzten Mal für heute, denn er muss für ter Stegen weichen.

24′ Hummels muss nach einem Zusammenstoß mit Higuain verletzt raus, Höwedes, der einzige Verteidiger auf der Bank, kommt rein. Boateng rückt nach innen, Höwedes auf rechts. Bela Rethy stellt eine Gehirnerschütterung fest.

19′ Müller im Pech (diesen Satzbaustein hatte ich noch aus der letzten Saison als Short Cut im Zwischenspeicher).

15′ Tobias schreibt: „Argentinien ist bis jetzt ein dankbarer Gegner. Die Abstände zwischen Mittelfeld und Sturm sind groß, Deutschland kann vom Zentrum aus zu schnellen Kontern ansetzen. Phasenweise erinnert das Spiel an das WM-Viertelfinale 2010.“

11′ Klose in Spiellaune, bereitet eine Chance für Özil vor. Das ging in den letzten Tagen ein wenig unter:
Klose macht weiter, das stand ja keineswegs fest, der Typ ist 34. Und besser als die kleine Konkurrenz, wie ich finde.

3′ Erste starke Kombination von Klose und Reus. Reus hätte aber schießen statt ablegen müssen.

20:40 Jetzt die spielentscheidende Szene: die Hymne. Schade. Ich hätte fast damit gerechnet, dass heute kein Spieler die Hymne mitsingt. Aus Trotz oder Solidarität oder einfach so.

20:35 Über den sportlichen Wert dieses Spiels lässt sich streiten, über den finanziellen nicht. Die FAZ hat errechnet, dass der DFB selbst aus Testspielen neun Millionen Euro erwirtschaften kann. Eine Debatte über Fördergelder von der Politik und Zielvereinbarungen steht dem deutschen Fußball offenbar nicht bevor.

Aufstellungen

Deutschland 12 Zieler – 20 Boateng, 5 Hummels, 14 Badstuber, 3 Schmelzer – 6 Khedira, 16 L Bender – 13 Müller, 8 Özil, 21 Reus – 11 Klose
Argentinien 1 Romero, 3 Rojo, 4 Zabaleta, 5 Gago, 6 Garay, 7 Di Maria, 8 Sosa, 9 Higuain, 10 Messi (C), 14 Mascherano, 17 Fernandez

Vorbemerkung

Willkommen aus Frankfurt am Main! Wir bloggen heute das erste Spiel der deutschen Nationalmannschaft nach dem EM-Aus. Es sind besondere Vorzeichen für ein sportlich bedeutungsloses Testspiel: Joachim Löw und die Mannschaft haben für die Niederlage gegen Italien in Warschau viel Kritik einstecken müssen. Stichwort: Memmen, die nicht mal singen, ein Trainer, der die Singpflicht nicht durchsetzt und so weiter. Diese Boulevard-Debatte ignorieren wir. Und erneuern stattdessen den Vorwurf an Löw und seine sehr fragwürdige Aufstellung. Und damit auch ihm Wohlgesonnene irritiert hat. Mich zum Beispiel.

Argentinien ist der Gegner, der unter dem neuen Trainer Alejandro Sabella offenbar wiedererstarkt ist. Und Lionel Messi hat diesmal tatsächlich deutschen Boden betreten. Grüße nach Hamburg, das ja heute mit der Anwesenheit von 87 deutschen Medaillengewinnern genügend für Messis Schwänzen Absage beim Testspiel vor drei Wochen entschädigt wurde.

An meiner Seite, in Berlin, um genau zu sein, welch fachliche Unterstützung, none other than Tobias Escher, einer der Gründer der Kultseite Spielverlagerung (und derzeit Hospitant im ZEIT-ONLINE-Team). Ich brauch also heute gar nicht von denen abschreiben, das geht praktisch von selbst.

Viel Spaß und gerne mitdiskutieren.